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[Q] Spieglein, Spieglein....
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » [Q] Spieglein, Spieglein....
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 24 März 2024 21:25    Titel: [Q] Spieglein, Spieglein....
Antworten mit Zitat

-Jeder kann eine Leiche im Keller haben, man sollte sie nur tief genug vergraben, damit sie nicht eines Tages an die Oberfläche kommt-


Tief unterhalb der Erde Grenzwarths, verborgen vor fremden Blicken, saß Victoria an ihrem Schreibtisch. Wenige, schmucklose Möbel füllten die Leere in dem ohnehin schon kleinen Raum. Die Bücherregale waren nur mager gefüllt mit ein paar eigen erstellten Schriftstücken und eine handvoll verschiedenster Lehrbücher. Auf einem kleinen Tisch in einer Ecke standen Phiolen in den unterschiedlichsten Rottönen, die eindeutig mit dem Lebenssaft ihrer Opfer und auch noch ganz anderen Flüssigkeiten gefüllt waren. Eine Kohleschale, die auf einem Konstrukt aus Schädeln und Gebeinen gefertigt war, erhellte die kleine Räumlichkeit mit ihrer zarten Glut.

Die Fingerspitzen drehten den zarten Hals des Weinglases immer wieder hin und her, während ihr Blick auf dem Spiegel ruhte, den sie vor sich auf dem schmalen Pult platziert hatte und so den Raum hinter sich beobachtete. Stunden verstrichen und man konnte kaum sagen, ob es gerade Tag oder Nacht war. Nur das leise und klägliche Jammern und Wimmern, welches wie eine vom Unheil gezeichneten Symphonie hinter ihr erklang, durchbrach die Stille. Dunkelblondes Haar, dass ihm nicht gänzlich bis zum Kinn reichte, die Iriden von einem dunklen blau erfüllt wie das Meer, kurz bevor die Sonne unterging und ein zarter Bart der die markanten Gesichtskonturen des Mannes einrahmte. Ein ansehnlicher Mann mit mehreren Gesichtern. Doch wie die meisten trug auch er seine Masken.

Mit seiner Verlobten lebte er nahe der Grenze zwischen neutralen Boden und dem östlichen Reich. Victoria hatte das für die Außenwelt unscheinbare und glückliche Paar in den letzten Monden oft in ihrem Federkleid aus den Baumkronen heraus beobachtet. Die junge Frau war dem Mann stets gehorsam und vor Besuchern, ob Freund oder Familie, wirkte es fast so als wäre auch er ein Mann der seine Geliebte auf Händen trug. Doch wie man wusste trügt der Schein oft und auch hier gab es keine Ausnahme. Hinter verschlossenen Türen wechselte die Fassade eines liebenden Mannes zu der einer Bestie, die sich am Leid seines Weibes labte und erfreute, während er sie erniedrigte. Insgeheim war er eine verdorbene Seele, ein gefundenes Fressen und ein passendes Opfer für ihren Herren und so war nun seine Zeit gekommen um zu leiden und die Qualen seiner Verlobten zu teilen.

Leidenschaft… die Leiden schafft.

Inmitten der Nacht, als nur noch die wenigsten Lichtlein in den Häusern brannten und die wenigen Fenster erhellten, öffnete sich die Holztür mit einem leisen Klagelied, als die alten Scharniere plötzlich knarzten. Mit einem Glimmstängel zwischen den Lippen und zwei Pyriansteinen trat er in die Kälte hinaus und schlug die Steinchen so lange aneinander, bis ein paar Funken zu erkennen waren die schließlich das Rauchwerk entzündeten.

Der Kälte folgte ein dichter Nebel, als die junge Dienerin die Macht ihres Herren nutzte und sich wie ein zarter Schleier über die Gegend legte. Sie sah seinen skeptischen Blick und er wurde vorsichtig als sich ihre Silhouette dem Haus näherte. Seine Augen brauchten einige Momente, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Er fluchte, drohte ihr und stockte, als plötzlich eine zarte Gestalt, wie aus einem Traum entsprungen, nur einige Meter von ihm entfernt durch die aufbrechende Nebelwand zu erkennen war. Ihre strahlendgrünen Augen, die an frische Sommeräpfel erinnerten, das blondgelockte Haar, welches im Mondschein in sanften Locken fließend über ihre Schultern fiel und ihr zartblasses Gesicht umrahmten. Ihre Stimme drang, süß, lieblich und verheißungsvoll, wie ein milder Honigwein, an sein Gehör und lud ein der blonden Schönheit zu folgen. ‘‘Sie wird nie davon erfahren…‘‘ Wie ahnungslos er doch war und wie recht Victoria mit ihren Worten hatte... Mit der Gabe ihres Herren berührte sie seinen Geist, lies sein Blut sanfte Wellen schlagen und gab ihm das Gefühl eines frohlockenden Rausches und brach so seinen Willen. Lautlos landete sein Glimmstängel im feuchten Gras, als er ihr auch schon in seinen Untergang folgte...

Es war ein leichtes ihn in Victorias verstecktes Kämmerlein zu führen, in der sie seiner Seele die letzte Würze verleihen würde. Langsam hatte das berauschende Gefühl nachgelassen und wurde durch eine aufkeimende Angst verdrängt, als die Blicke des Mannes durch den Raum streiften und er realisierte, dass sein schöner Traum ein jähes Ende fand. Die Schatten und Schemen an den Wänden bewegten sich und gaben einem das Gefühl beobachtet zu werden. Leises Wispern und Geflüster drang an seine Ohren und schürten die noch kleine Glut von Furcht und Schrecken, die ihn nach und nach verzehren würden…

Jetzt saß sie hier, beobachtete ihn stundenlang schweigend durch ihren Spiegel, hing den eigenen Gedanken nach und trank gemütlich ihren Wein, während er sich mit seinen Fingernägeln seine Haut blutig kratzte. All die Stimmen in seinem Kopf und die Halluzinationen waren eine reine Folter für ihn. Seine Augen spiegelten den Wahnsinn wider, der immer wieder wie eine Sintflut über seinen Geist hereinbrach. Erst hatte sie seinen Willen und letzten Endes seinen Geist gebrochen. Für jede Seele die sie ihrem Herren opferte brannte Victoria voller Hingabe. Sie schaffte Leid, quälte die armen, verlorenen Seelen, bis sie nur so trieften und überquollen vom Wunsch endlich von ihrem Elend erlöst zu werden. Leid genährt mit Furcht, Schmerz und einer Prise Wahnsinn, welche erst ihren Anfang nahmen, bis die Essenzen den Hüllen entrissen wurden und die Qualen in den Fängen ihres Herren ihren Höhepunkt fanden. Und doch hatten sich die Worte des Formanten noch Monde nach der letzten Messe tief in ihr Gedächtnis eingebrannt. Ihrem Herren mangelte es an wohlgenährten Essenzen. Die letzten waren schwach, viel zu schwach und gaben ihm kaum das, wonach er verlangte.

Bald, schon bald würde sich der blonde Schönling seine Eingeweide heraus gekratzt haben und sich selbst ein Ende setzen. Der Boden war bereits mit Blut besudelt und nicht nur sein Lebenssaft verewigte sich in unterschiedlichsten Mosaiken in den tiefen Furchen des Holzes. Für die meisten wäre dies ein entsetzlicher Anblick gewesen, der einen am Ende selbst in den Wahnsinn stürzte, begleitet von ständigen Alpträumen. Ein Grauen welches sich in ihrem Spiegel widerspiegelte…

Grauen… Spiegel…

Natürlich! Die Antwort stand direkt vor ihren Augen. Eine Idee wart geboren und begann sich langsam zu Formen. Etwas neues würde entstehen und der Dienerschaft und in erster Linie ihrem Herren einen großen Dienst erweisen. Tief im Inneren brodelten und kochten erste Vorstellungen an die Oberfläche und entlockten den vollen Lippen ein finsteres und vorfreudiges Lachen. Das Material musste ein besonderes sein, eines das nicht bersten durfte und den eingeflößten Energien standhalten würde. Der Rahmen aus einem Holz, der den Tod in sich barg und das Licht verschlingende Glas matt und dunkel. Allen voran waren es aber die Handwerker, die dem Werk ihre vollendete Form gaben. Victoria wusste schon wen sie mit dieser Aufgabe beauftragen würde und erhob sich von ihrem Platz. Unachtsam der Leiche stieg sie über den mittlerweile leblosen Körper und strich über die Steinmauer die sich leise aufschob und sie ihre kleine Kammer verließ.

Ihre Schritte führten sie nördlich vom Hort des Wissens, direkt zum Galgenbaum. Sie kannte sich nicht sonderlich mit Holz aus, selbst wenn der aschfarbene Baum auf den ersten Blick für sie geeignet aussah. Die Sonne neigte sich dem Horizont entgegen und kündigte die bald einkehrende Nacht an. Das brennend intensive rot-orange ging fließend in ein zartes violett über und bildete einen Übergang zum nachtblauen Firmament. Einzelne Sterne schimmerten wie winzige Diamanten inmitten der prächtigen Farbenvielfalt. Als würde der Wald in Flammen stehen, warf die Sonne ihre letzten Lichtstrahlen für den heutigen Abend über die Baumkronen und verlieh dem Galgenbaum einen ganz besonderen Schein. Eisig wehte die Frühjahresluft über den Platz und ließ die Ketten der Käfige leise klirren, als würden die Geister vergangener Zeit zu ihr sprechen, während die übriggebliebenen Gebeine weiter ihre Zeit in ihren Gefängnissen fristen. Noch würde sie den Baum nicht mit dem Stahl ihrer Axt berühren, nicht, ohne zuvor mit Roderik gesprochen zu haben.

Als der nächste Tag angebrochen war führte ihr Weg sie nach Düstersee. Es war mehr als praktisch, dass beide Dalvonbrüder Handwerker waren und noch viel praktischer, dass sich einer der Schmiede, oder viel mehr Feinschmiedekunst widmete und der andere dem Holzhandwerk nachging. Sie würde beiden alles abverlangen was in ihrer Macht stand.

Schwarzsand… Noch nie bekam sie ein solches in seiner reinsten, rohen Form zu Gesicht. Es war selten, weil es verdammt schwer aufzutreiben war. Waghalsig und nicht ungefährlich in seiner Beschaffung. Ein einziges mal sah sie einen kleinen Handspiegel an einem korrupten Händlerstand, dessen spiegelnde Fläche dunkel war und das Licht mehr verschluckte, als es zu reflektieren. Es verschlang das Sonnenlicht förmlich. Erleichterung breitete sich in Victoria aus, nachdem sie zuerst mit Mychael sprach der, dem Herren sei Dank, sich bereit erklärte das schwarze Gold für sie zu beschaffen und den Spiegel anzufertigen und anschließend mit Roderik, welcher den Rahmen anfertigen würde. Es würde einen hohen Preis kosten, der sich auszahlen sollte.

Am Abend noch fand sie sich am Galgenbaum wieder. Mit einer einfachen Axt bewaffnet und in schlichter Kleidung getarnt. Eine ganze Weile hatte sie den Baum nach Stellen abgesucht, die sie um einige dickere Äste erleichtern konnte, ohne ihm größeren Schaden zuzufügen. Jeder Schlag mit der Axt lies die Ketten der Käfige leise und klagend klirren, gefolgt von eiskalten Brisen welche die letzten winterlichen Winde von Gerimor vertrieben. Vorsichtshalber hatte sie drei, vier Äste mehr abgeschlagen. Roderik würde das Holz erst einmal trocken lagern müssen, bevor er es verarbeiten konnte und auch sicher zur Probe einen Scheit bearbeiten. Das Holz war ganz anders von seiner Beschaffenheit als von einem gewöhnlichen Baum, viel empfindlicher und an manchen Stellen etwas spröder. Andere Stellen hingegen waren fest und massiv und bestimmt viel besser oder sogar schwieriger zu bearbeiten. Spätestens am nächsten Tag würde sie dem Baum als Tribut ein ordentliches Blutopfer zollen und den Galgenbaum mit dem Lebenssaft begießen. Wie passend, dass dessen Seele gleichsam ihrem Herren geopfert wird…

Mit den Ästen, die sie alle ordentlich in ein dickes Leinentuch gewickelt hatte, ging sie noch am nächsten Tag zu Roderik. Nun würden endlich Taten folgen, nachdem sie die letzten Details mit ihm besprochen hatte und ihm genaue Anweisungen gab, wie der Rahmen aussehen sollte. Mehrere Tage und vielleicht sogar die eine oder andere Woche würde ins Land ziehen, bis das Werk wie ein Rohdiamant nur noch darauf wartete seinen letzten Feinschliff zu bekommen. Eine letzte Politur, mit Blut und geopferten Seelen besiegelt, um alleine für ihren Herren in vollem Glanz zu erstrahlen.

Jetzt hieß es nur noch geduldig sein…


Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 08 Okt 2024 19:21, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Mychael Dalvon





 Beitrag Verfasst am: 25 März 2024 09:14    Titel:
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“Das Leben ist wie das Meer,
mal ruhig und sanft,
mal wild und stürmisch.
Doch egal wie die Gezeiten sich wandeln,
wir müssen lernen,
mit ihnen zu schwimmen.”




Ebbe und Flut.

Seine Jahre auf See waren durch diese beiden Worte beeinflusst gewesen. Jeden Tag auf’s Neue, wie ein Kommen und Gehen im Leben. Das Wasser zieht sich zurück, sorgt für einen Moment der Ruhe, fordert Geduld und Besonnenheit (eindeutig nicht seine Stärke). Aber am Ende kam es eben immer wieder zurück, mit neuen Herausforderungen und Chancen, bereit dazu, neue Spuren im Sand zu hinterlassen.

Er stand an der Reling als das Schiff, noch getrieben von den Ausläufern der Springflut und des anhaltenden Windes, immer mehr Fahrt gewann. Die Hände noch ein wenig verkrampft und mit erschöpftem Blick starrte er eine Weile zum abnehmenden Mond hinauf, bevor die Wolken ihn verdeckten.
Ein beschissener Zeitpunkt für die Abreise, aber unumgänglich.

Ganz sicher war er nicht, warum er diesen Auftrag angenommen hatte.

Das Gold spielte auf jeden Fall eine Rolle, das würde er kaum abstreiten. Victoria war eine gute Kundin in ihrer Werkstatt, aber auch das hätte ihn nicht abgehalten abzulehnen. Dennoch hatte er zugesagt und er musste sich eingestehen, dass es in erster Linie wohl wirklich der Drang war, wieder einmal dem Dorf zu entkommen, dass mittlerweile so etwas wie eine Heimat geworden war. Seeluft, der Wind. Er würde nie wieder lange zur See fahren, aber für diese Reise konnte er es genießen.

Er neigte schon immer dazu, sich um die Gefahren oder Risiken im Leben keine großen Gedanken zu machen. Sein erster Besuch auf der entfernten Insel lag Jahre zurück, der Vulkan dort war aktiv wie eh und je und die Wenigsten setzten den Fuß an Land. Kein Wunder, im harmlosesten Fall reichte eine Berührung an der falschen Stelle für Verbrennungen, die einem die Haut vom Fleisch brutzelte.
In den Jahren auf See hatte er Freunde gewonnen und nicht nur einer von ihnen schuldete ihm einen Gefallen.
So hatte er die Zeit nach dem Gespräch mit Victoria genutzt, um seine Pläne zu machen und dabei einen dieser Gefallen einzufordern. Die Wochen hatten gereicht, um in Kontakt zu treten und am Ende war es nur das Warten auf die Ankunft des Schiffes.

Sein Kopf drehte sich leicht, als Erik neben ihn trat, die Pfeife noch im Mundwinkel.


“Guter Wind, aye. Sind eher da als gedacht.”, er nuschelte dank der Pfeife wie immer etwas, aber Mychael war daran gewöhnt und hatte wenig Probleme ihn zu verstehen.
Er nickte als Antwort vor sich hin: “Aye, besser so. Ich hab Roderik nur nen Pergament hinterlassen, keine Ahnung wo der wieder gesteckt hat. Will ja nicht, dass er sich vor Sorgen in die Hose scheißt.” Seine Worte waren allerdings von einem breiten Grinsen untermalt und Erik lachte sogar laut auf, klopfte ihm nochmal auf die Schulter und war wieder verschwunden.
Die Welt zuhause würde eine Weile ohne ihn auskommen müssen, was sie nicht abhalten würde, sich seelenruhig weiterzuführen.




<<Am nächsten Abend>>





“Ich hab dir gesagt ich erledig das alleine. Was soll der Scheiß?!”, leicht genervt fuhr er Erik an, der sich neben ihm bereit machte, in das Beiboot hinabzusteigen.
“Reg dich ab, wir wissen beide, dass das noch lange nicht reichen wird, damit wir quitt sind. Und zu zweit, buddelt es sich schneller!”, brummte Erik nur und griff nach dem einen Ruder, Mychaels Knurren dabei komplett ignorierend.

In der Dämmerung ragte der Vulkan wie ein gespenstischer Riese in der Ferne auf, die dunklen Wolken waren beinahe genauso besorgniserregend wie die hellen Funken, die ein eindeutiges Zeichen dafür waren, dass die ganze Insel am leben war.

Sie beeilten sich in ihrem Tun, was nicht unbedingt einfach war. Die Schwierigkeit bei der Herstellung von schwarzem Glas lag nicht in der Beschaffung des einzelnen Rohstoffes. Würde er diesen Sand zu Glas verarbeiten, würde dunkles, graues Glas vielleicht die Konsequenz sein.
Die Herausforderung lag zum einen in der Reinheit des Sandes, zum anderen im Vorgang der Herstellung und in dem, was man beifügen musste. Das Wissen dazu war mehr Legende als Tatsache, aber er hatte nicht vor zu Scheitern.

Sie hatten eben die dritte Fuhre an Säcken auf das Schiff gebracht und die nächste war so gut wie fertig, als wieder einmal die Erde unter ihren Füßen bebte und deutlich heftiger als die letzten Male. Mit einem lauten Fluch sah er zu dem Vulkan hinauf. Es war, als würde sich die Insel beschweren.

Das unheilvolle Geräusch konnte er zuerst gar nicht zuordnen, aber im nächsten Moment bewegte sich die Erde nicht mehr nur, nein, sie brach unter ihren Füßen auseinander. Er hörte noch von fern die Schreie von Erik als der Boden unter ihm nachgab und er nach unten wegrutschte, reiner Hitze entgegen. Ein Ort, an dem er sicher nicht sein wollte.
Dann packte ihn eine Hand am Gelenk. während er die Finger der anderen Hand in den deutlich heißen Stein krallte und versuchte, sich hochzuziehen. Die Schmerzen ignorierend rutschte er mit Eriks Hilfe keuchend über die Kante des Risses hinweg und robbte von Erik gezerrt noch ein Stück weiter in Richtung rettendes Meer.

“Wir haben genug von dem Zeug! Jetzt wird's Irrsinn!”, Eriks Stimme war noch etwas zittrig, aber er musste ihm Recht geben. Noch einmal würde er keinen Fuß an den Strand setzen.
Es musste also genügen.



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Mychael Dalvon





 Beitrag Verfasst am: 26 März 2024 09:57    Titel:
Antworten mit Zitat

"Die Spiegel dieser Welt sind wie Geschichten,
die in tausend Facetten erzählt werden.
Sie reflektieren nicht nur das, was ist,
sondern auch das, was sein könnte,
und erinnern uns daran,
dass die Realität oft nur eine
von vielen Möglichkeiten ist."



Da der Wind ihnen auch auf der Rückreise im Rücken wehte, hatte er nicht viel Zeit sich auszuruhen. Er war mit einem blauen Auge davon gekommen und hatte lediglich einen komplett aufgeschürften Unterarm und eine verbrannte Hand davongetragen, die beide anständig verbunden innerhalb schnellster Zeit heilen würden.
Seine Aufmerksamkeit war bei den Säcken. Er würde sie in Rahal lagern und dort reinigen, im Haus in Düstersee war dazu nicht der Platz.

Beim Abschied am Rahaler Hafen am frühen Morgen hatte Erik ihn mit einem Arm umarmt und auf die Schulter geklopft. Die Worte waren eher gedämpft gewesen: “Hab gehört, du hast wieder ne Taverne? Weiß Alec davon?”, der fragende Unterton war von deutlicher Sorge in der Stimme des Seemanns begleitet.
Er hatte allerdings nur ausweichend genickt, die Umarmung erwidert und war von Bord gegangen.
Noch war er nicht bereit, über manche Dinge zu sprechen, vielleicht würde er es niemals sein.


Gegen einige Münzen konnte er vor der Miene von Rahal an der Esse in frischer Luft seiner Arbeit in Ruhe nachgehen.
Alleine das Reinigen des Sandes kostete ihn beinahe den ganzen Tag.
Am Ende war die Menge deutlich geschrumpft und dennoch brauchte er sein Packpferd, um die paar Säcke in die Werkstatt von Düstersee zu transportieren. Im Haus war es seltsam ruhig, Roderik war wahrscheinlich mal wieder im Wald unterwegs.

Nach einem ausgiebigen Bad und ein paar Stunden eher unruhigen Schlafes machte er sich an die Arbeit.
Zinn und Kupfer zu schmelzen, war nicht die Schwierigkeit. Spiegel hatte er in seinem Leben schon viele gefertigt. Aber hier wollte er keinen Schimmer an Licht, der durch die Rückseite des Spiegelglases fallen konnte. Ein perfektes Abbild ohne Verzerrungen.

Die riesigen Tonscheiben, die als Form für das Spiegelglas dienen würden, waren bereits vorbereitet und lehnten an der Wand. Es waren nicht nur zwei, sondern gleich 4 Stück geworden. Für den Fall, dass etwas schief ging.

Das wahre Geheimnis lag aber nicht nur in der Art der Herstellung, sondern vor allem in der Mischung der Legierung. Mit größter Sorgfalt machte er sich daran, den Sand zu schmelzen. Beim Auskühlen brach der ein oder andere Rohling, aber das störte ihn nicht im geringsten, denn am Ende würde er alles zerbrechen und zermahlen müssen, nur um es erneut einschmelzen.
Bis tief in die Nacht war er in der Werkstatt zu Gange. Ein Schmelzvorgang folgte dem anderen und er konnte gar nicht so oft zur Wasserflasche greifen, wie der Schweiß ihm die Flüssigkeit direkt wieder aus dem Körper trieb. Irgendwann lagen dann die einzelnen Bruchstücke vor ihm.

Die genaue Mischung.

Er musste schnell sein, aber vor allem brauchte er nun die Hilfe seines Bruders. Alleine würde er die Scheiben nicht gegossen bekommen.
Während er also den murrenden Roderik aus dem Bett holte, um die Tonformen aufrecht zu halten, begann er bereits die Legierung zu schmelzen.
Bis auf das Knistern der glühenden Kohle in der Esse, war es nun totenstill in der Werkstatt, als er mit höchster Konzentration das Metall in die Formen goss.
Dann musste es schnell gehen.
Feuchter Ton verschloss die Öffnung und gemeinsam packten die beiden Männer an, um die Form immer wieder und wieder zu drehen, damit die geschmolzene Legierung sich zwischen den beiden Tonscheiben verteilen konnte.
Sie waren beide kräftige Kerle, aber nach der letzten Form waren sie beide am Ende.
Roderik sah sich noch einmal um, als er die Schmiede verließ und meinte nur: “Dafür bist du mir was schuldig.”


Am nächsten Morgen schleppte er die Formen nach draußen und schlug vorsichtig den Ton ab, um die Scheiben anzuheben. Von den 4 Scheiben war eine komplett nicht zu gebrauchen, weil sie nicht den kompletten Hohlraum ausgefüllt hatte. 1 weitere war gebrochen, er konnte aus ihr aber immerhin kleinere Spiegel zusammenbauen.
Zwei allerdings waren perfekt und warteten nun auf den Schliff.

Auch wenn ihn Kälte nicht im geringsten störte, war er immerhin froh, dass er einen trockenen Tag erwischt hatte. Das Schleifen kostete ebenso Zeit, aber nur mit viel Sorgfalt würde die Oberfläche perfekt glatt werden. Und nur dann, würden sie für ein perfektes Spiegelbild sorgen.

Die Scheiben brachte er dann sofort wieder hinein. Am Ende blieb nur noch die Fläche mit der hauchdünnen Schicht aus Glas zu versiegeln, die ihr den letzten tiefschwarzen Schimmer geben würde.
Immer und immer wieder strich er am Ende mit einem Tuch über die Oberfläche und prüfte, welche der Scheiben am besten geraten war.
Jene blieb auf dem Tisch liegen und wartete auf ihre Abholung.
Er schickte einen Boten los nach Grenzwarth.
Seine Arbeit war getan.
Der Rest lag in anderen Händen.



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Roderik Dalvon





 Beitrag Verfasst am: 31 März 2024 21:51    Titel:
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Auf der Werkbank vor ihm lagen die Äste des Galgenbaums, dass dicke Leinentuch, in das sie gewickelt waren, war aufgeschlagen worden und gab nun den Blick auf das dunkle Holz frei.

„Die Gesichter sollen allerlei Schrecken und Grauen widerspiegeln. Die Augenhöhlen sollen ruhig leer bleiben, als hätte man sie den Gesichtern geraubt. Manche mit offenstehenden Mündern, manche mit verzogenen Lippen, manche weniger geöffnet.“

Roderik’s Stirn lag in Falten, er saß breitbeinig auf seinem Hocker vor der Werkbank und ließ sich die Worte von Victoria in Verbindung mit dem Anblick des Holzes wieder und wieder durch den Kopf gehen. Ein besonderer Auftrag, keine Frage. Noch nie hatte er diese Art von Holz zur Bearbeitung gehabt und schon gar nicht mit diesem, gewünschten Ergebnis.

Die Kippe wurde an das Lippenpaar geführt und das Gemisch aus Tabak und Wildkraut glomm kurz auf. Roderik nahm einem tiefen Zug, um einige Moment später die Luft über sich mit dichtem Qualm zu füllen.

Wie würde er hier vorgehen…

Der Trocknungsprozess von Holz war schon immer entscheidend, um seine Festigkeit, Stabilität und Verwendbarkeit zu verbessern. Nur eine ausgewogener Lufttrocknung, die Nutzung von Luftströmungen und Wärme konnten Risse, Verzug oder Verwerfungen des Holzes minimieren. Ein zu schnelles Trocknen könnte zu Spannungen im Holz führen, während ein zu langsamer Prozess zu Qualitätsmängeln und Pilzbefall führen könnte.

Parallel dazu würde er mit Mychael seine Werkzeuge durchgehen, sie reparieren und schärfen. Außerdem waren noch die genauen Abmaße des Spiegelglases und damit die Abmaße des zu fertigenden Rahmens zu vereinbaren. Eine gute Vorbereitung war eben Kern einer erfolgreichen Arbeit dieses Anspruchs.

Zwischen dem Spiegelglas und dem Rahmen war ein gewisser Spielraum vorzuhalten, um mögliche Ausdehnungen und Kontraktionen aufgrund von Temperatur- und Feuchtigkeitsschwankungen zu ermöglichen. Eben so viel Spielraum, um noch einen sicheren Sitz des Glases zu gewährleisten, aber eben auch die Gefahr späterer Spannungsrisse zu minimieren.

Und dann waren da natürlich noch die Verzierungen…




Zuletzt bearbeitet von Roderik Dalvon am 31 März 2024 21:53, insgesamt einmal bearbeitet
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 08 Apr 2024 21:08    Titel:
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Hier stand ich nun. Lauernd im Wald, versteckt hinter einem Zedernbaum und beobachtete den Schreiner, wie er neue Vorräte an Holz beschaffte. Allein das stete und gleichmäßige einschlagen seiner Axt durchbrach die Stille des Forstes. Der letzte Bestandteil vor dem Ritual war damit gefunden und sorgfältig ausgewählt worden. Welch Ironie doch dahinter steckte… Ein Holzhandwerker wurde zum Opfer für ein Werk, welches aus dem Holz des Totenbaumes bestand. So bekam das Holz wenigstens etwas von dem was ihm zustand. Ein geben und nehmen…

Die Haut war sanft von der Sommersonne geküsst, das Haar in einem satten rehbraun und zu einem langen Zopf geflochten. Sie hatte ein schlichtes Kleid in einem hellen pastelton gewählt, welches dem Handwerker leicht ins Auge fallen sollte und mit einem Korb und Dolch bewaffnet, bewegte sie sich nun leichtfüßig durch den Wald, um die ersten Pilze des Jahres einzusammeln.

Wie erhofft, dauerte es auch nicht lange, bis der Handwerker die junge Frau bemerkte. Ein zartes Lächeln auf den Lippen, fast schon schüchtern, weckte etwas in dem Fremden, der sich mit ihr zu unterhalten begann und sie vor den vielen, wilden Tieren warnte. Manchmal ging es doch so schnell und noch viel einfacher, als man erwartet hatte. Nachdem Victoria nun mehrere Wochen auf den Spiegel gewartet hatte und in keinster Weise enttäuscht von dem Ergebnis war, musste nur noch ein geeignetes Opfer her. Und hier stand er. Eine reine und unschuldige Seele die es zu verderben galt. Joris… wie sehr sie doch den winzigen und noch unentdeckten Fleck auf seiner Seele ans Licht holen würde, bis es ihn langsam wie einen Parasiten von innen verzehrte. In Victoria entfachte erneut die Glut der Hingabe zu ihrem Herren, denn sie würde Joris Geist bis in seine tiefsten Ecken und verstecktesten Winkel durchforsten und ihn in den Wahnsinn treiben, was die Opfergabe für das große Werk nur noch weiter perfektionierte. Oh diese Vorfreude!

Wie nicht anders zu erwarten, konnte der Hühne nicht anders, als die junge Frau durch den Wald zu begleiten und als hätte auch hier das Schicksal wieder seine Fäden gesponnen, führte er sie an ein kleines Lagerfeuer, direkt vor ein altes und marodes Gemäuer. Als die Sonne dem Mond wich und die ersten Sterne den nachtblauen Himmel erleuchteten, griff die junge Frau in ihren Korb und lies Joris von ihrem selbst hergestellten Tee probieren. Leicht bitter war er, doch die süßen Fruchtstücken überdeckten den speziellen Beigeschmack, welcher Joris zu seinem Ende führen würde. Langsam begann das Bilsenkraut seine Wirkung zu entfalten. Die Pupillen wurden weiter und sein Geist driftete in die Ferne.

Mit einem fast schon liebevollen Lächeln, führte die junge Dienerin ihn die Stufen zur Grabkammer hinab und raunte dabei leise an seine Lippen….
‘‘Wir haben eine sehr lange Nacht vor uns…. Und ein paar deutlich längere Tage.‘‘
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 24 Apr 2024 11:49    Titel:
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Wachse, Spieglein, wachse

Zutat 1:
Und inmitten jener Nacht
glänzt der Silberschimmer matt
auf der Axt geschärftem Blatt
als Bewegung dann erwacht.

Zack, so saust sie kräftig nieder
auf des Galgenbaumes Ast
bis ein Stück der Rinde passt
immer wieder, immer wieder.

Dann erst wird der Täter gehen
durch den dunklen Forst zurück
trägt er heim das Rindenstück,
immer weiter, bleibt nicht stehen.

Eine Zutat kommt hinein?

-*-

Zutat 2:
Der arme Tor im Mondenschein
ließ sich doch so einfach locken
ohne zaudern oder stocken
wollte wohl ein Opfer sein.

Er folgte ihr ins Nebelmoor,
das Messer hat er nicht entdeckt
bis es hat in der Brust gesteckt.
Da lag er dann, der arme Tor.

Die Seele als Opfer dargebracht
und auch das Blut, das fand Verwendung.
Sie war kein Freund von viel Verschwendung,
hat sich danach aus dem Staub gemacht.

Fing sie die Essenz doch ein!

-*-

Zutat 3:

Zaubermetall aus dunklem Erz
wirkt im Licht so schön und zart
doch die Verbindung ist hart und stark
ist des Spiegleins schwarzes Herz.

Wird die Wunde im Baum kurz klaffen,
ist ein Leben nun ausgehaucht,
hat man das Schwarzmetall verbraucht,
so ist damit nun doch der Spiegel erschaffen.

Was wird sie darin entdecken,
unter schwarzer, gläsern‘ Decke?
Weshalb gebaut, zu welchem Zwecke?
Wird sie Ungeheuer wecken?

Lass es Überraschung sein!


Zuletzt bearbeitet von Der Erzähler am 24 Apr 2024 11:50, insgesamt einmal bearbeitet
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