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Ein Soldatenleben
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 01 Apr 2018 19:21    Titel: Ein Soldatenleben
Antworten mit Zitat

Ein Soldat kennt kein Wenn und Aber.
Ein Soldat gehorcht und fragt nicht Wieso und Warum.
Ein Soldat kennt keine Zweifel, keine Angst und keine unüberwindbaren Grenzen.
Ein Soldat bleibt Soldat, sein Leben lang.


Du bleibst immer der, zu dem du geboren wurdest. Dein Name bleibt an dir haften, wie auch deine Bestimmung. Du bist, was du bist. Ändern kannst du es nicht, denn dein Schicksal ist besiegelt. Jedes mal wurde es dir gesagt, jeden Tag aufs Neue. Und du glaubst es, weil du es nicht anders kennst: „Tristoban, du bist ein Nichtsnutz. Zu tumb, zu schwach, zu langsam. Du wirst höchstens einmal ein Fuß Soldat und beim zweiten Aufmarsch gegen den Feind sterben. Aber mach dir nichts draus... Dienst ist Dienst und der Tod ist ein Teil davon.“
Die Worte machen Sinn, du kennst sie nicht anders. Von klein auf hast du sie gehört. Immer und immer wieder wurde dir klar gemacht, wo deine Position sein wird im Leben: Soldat sein. Das Schwert in der Hand als dein Weg, um Reich und Krone zu schützen. Dein Leben zählt nicht, weil du dafür anderes schützen musst. Du bleibst immer der, der du sein sollst.

Eine Ohrfeige formt den Charakter.
Nur wer den Körper spürt, weiß, was er am Tag getan hat.
Gehorche und frage nicht; es gibt andere, die für dich denken.
Sei höflich! Kenne deinen Platz!


Da war diese Zeit, in der du schmächtig warst. Ein Strich in der Landschaft, fiebrig und immer bleich. Die Zeit, in der deine Bestimmung getroffen wurde: „Ich zweifel manchmal, dass du durch mich entstanden bist, Tristoban. Wie soll aus dir ein Hauptmann werden, wenn ein Schnupfen dich fast umbringt? Heute wird nicht gestorben, verstanden?!“ Befehl ist Befehl. So fügst du dich gehorsam und bleibst am Leben. Jeden Tag aufs Neue, bis zu dem Tag, an dem du gehorsam jede Strecke trabst, gehorsam jede Liegestütz ausführst. Wo du am Gutshof ein Teil des alltäglichen Leben wirst, im Stall zur Hand gehst, das Wasser in die Küche bringst und anpackst, wo es etwas Schweres zu tragen gibt. Du lernst deinen Platz kennen, du bleibst in der Position, die dir angedacht ist. Du fragst nicht, du mischst dich nicht ein. Und keiner fragt dich danach.

Jahreslenze vergehen, du wächst und gedeihst, du spürst deinen Körper und dessen Beschaffenheit. Die Zeit der Krankheit und Fieber nur noch ein Schatten deiner Vergangenheit. Befehl ist Befehl, du hast gehorcht und dies hinter dir gelassen. Du wirst älter und begreifst langsam, dass dies Leben bald der Vergangenheit angehören wird. Das Leben als Soldat wartet auf dich, die Zeit ist reif. „Ich kann dir nichts mehr beibringen Tristoban. Du nimmst hier Platz weg, du taugst nicht zum Leibwächter des edlen Herrn. Geh und such dein Glück bei der Armee.“ Befehl ist Befehl und so packst du deine Sachen, das wenige Hab und Gut, was dir gehört und verlässt den Ort, an dem du aufgewachsen bist. Weg von dem Hof und Gut, an dem dir jedes Gesicht bekannt ist von klein auf, in dem du die ersten Übungen mit dem Holzschwert absolviertest und du dich mit dem Stallburschen einst geprügelt hattest. Doch was würde dich hier halten? Das hübsche Gesicht der Dienstmagd? Wohl kaum, so schenkt sie doch jedem dieses Lächeln und du weißt innerlich, du könntest auch nie ihr geben, was sie sich eigentlich wünscht. Du verlässt den Gut, fügst dich dem Befehl des Vaters, der mehr Ausbilder für dich war als alles andere. Durchquerst für Tage die Abgeschiedenheit, durch Wälder und an Wiesen vorbei bis zum nächstgrößeren Ort mit einem Hafen. Du findest ein Schiff, dass deine Arbeitskraft und das wenige Geld von dir annimmt und dir anbietet, dich auf Gerimor abzusetzen.

Du wirst Soldat werden.
Du wirst Soldat bleiben.


Zuletzt bearbeitet von Tristoban Schnellwasser am 29 Apr 2018 16:09, insgesamt einmal bearbeitet
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 05 Apr 2018 22:19    Titel:
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Und dann stehst du auf dem Schiffsdeck und dir wird bewusst, dass das Auf und Ab der Wellen dir völlig fremd ist. Drei Tage lang will nichts im Magen bleiben und du denkst dir, völlig auf Nahrung zu verzichten sei doch viel sinnvoller, als endlich so etwas wie eine stille Vereinbarung zwischen dem Meer und deinem Selbst getroffen wird. Die latente Übelkeit wird zwar nie vorübergehen, doch endlich kann man die versprochene Arbeitskraft anbieten und wie vereinbart mithelfen. Deck schrubben, Segeltaue überprüfen und Netze flicken. Die Kleinigkeiten, die tagtäglich anfallen, werden irgendwann zur Routine. Es fällt dir nicht schwer, sich dem anzupassen. Irgendjemand erklärt die Handgriffe. Alles, was du gelernt hast, ist den Anordnungen zu folgen.

Du hast nicht zu widersprechen.
Du folgst jeder Anweisung, ob sinnig oder nicht.
Du legst dein Vertrauen in jene, die es besser wissen.
Du bist und bleibst, wozu du geboren wurdest.


Der Seegang ist ruhig, der Wind steht günstig und die Männer und Frauen an Deck reden genauso ungern wie du. Es herrscht ein stilles Übereinkommen, dass man einander duldet, da jeder seinen Platz an Deck hat. Man kennt seine Aufgabe und ist sich zugleich bewusst, wie jeder weitere Einzelne gebraucht wird. Wie in der Armee: Es braucht die Kameraden, um den Feind in der Schlacht zu schlagen. Jeder hat seine Position, seine Aufgabe. Die Routine hilft, sie bringt inneren Frieden. Du setzt dich nicht auseinander mit dem, was dich erwarten wird auf dem neuen Eiland; zu weit entfernt scheint die neue Zukunft mit all seinen Herausforderungen. „Ein Soldat sieht nicht zurück, Tristoban. Du musst stets nach vorn schauen, sonst steckt dir das Schwert bis zum Heft in den Rippen.“ Es fällt schwer, nicht an den Gutshof zu denken, wenn die Gedanken so frei schweifen dürfen. Die Arbeiten sind nicht tagesfüllend, das Grübeln macht dich trübselig. So beginnst du mit Körperertüchtigungen, machst Liegestütze oder Kniebeugen, um in Form zu bleiben. Bloß nicht zu viel nachdenken, das Denken stimmt dich traurig und hoffnungslos. Noch nie hattest du den vertrauten Boden verlassen, warst nicht weiter weg als in dem Weiler einige Meilen entfernt, wenn es darum ging, den Heiler zu holen oder dergleichen. Das Meer scheint endlos, die Reise ins Ungewisse ebenso. Du weißt, du wirst deinen Platz einnehmen müssen. Und zugleich ist da diese riesengroße Ungewissheit, ob du dafür geschaffen worden bist, diese Erwartungen zu erfüllen. Auch wenn es kleine Erwartungen sind, kaum der Rede wert. Schließlich wirst du ein einfacher Fußsoldat werden; für höheres ist dein Geist und dein Körper nicht geschaffen. „Ich hätte zwei Söhne bekommen sollen, vielleicht hättest du dann mehr Ansporn, Tristoban.“

Ein Soldat zögert nicht, wenn man ihm befiehlt.
Ein Soldat hat keine Angst.
Ein Soldat sieht niemals zurück.
Ein Soldat hat Soldat zu bleiben.


Wochen vergehen, bis die Rufe erklingen, dass Land in Sicht kommt. Die Aufregung an Bord springt nun auch auf dich über und gebannt stehst du an Deck und siehst dem Eiland entgegen, dass künftig deine Heimat werden soll. Eine prachtvolle Stadtmauer, mit einem ebenso großem Hafen. Ein Schiff neben das andere reiht sich ein und du erfährst, dass die Stadt Adoran heiße und selbst der König dort zuweilen residiere. Die Flaggen fallen dir bald auf und die Wappen, die an den Zinnen der Stadtmauern hängen. Du versuchst sie dir zu merken, wirst sie aber bald wieder vergessen, so sehr versucht dein Geist alles Neue zu verarbeiten, was er erblickt.

Und dann stehst du auf neuem Grund und Boden und bist dazu gezwungen, deiner Pflicht zu folgen.

Du wirst Soldat werden.
Du wirst Soldat bleiben.


Zuletzt bearbeitet von Tristoban Schnellwasser am 29 Apr 2018 16:11, insgesamt einmal bearbeitet
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 06 Apr 2018 23:35    Titel:
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Ein Soldat erbringt jede geforderte Leistung.
Ein Soldat ist körperlich gesund und kräftig.
Ein Soldat hat die Lunge eines Zugtieres.
Ein Soldat kennt keine körperlichen Grenzen.


Wie schnell du auf einmal merkst, dass in der Stadt alles anders ist als dort, wo du herkommst. Da sind Regularien, die dir völlig neu sind. Auflagen, die es zu erfüllen gilt, Fragen, die einem gestellt werden. Wieder und wieder erklärst du dich, geduldig und gehorsam, wie es von dir erwartet wird. Du findest Obdach, ein kleines Zimmer, doch noch nie hast du dich so fürstlich gefühlt mit dem wenigen Hab und Gut. Überhaupt scheint es überall von Prunk und Glanz nur so zu wimmeln und du suchst vergeblich nach Hunger und Armut. Als junger schmächtiger Bub hast du einmal eine schlechte Ernte erlebt und weißt, wie sehr der Hunger an einem zehren kann. Hier aber scheint es alles im Überfluss zu geben und wer nichts hat, erhält im ansässigen Glaubenshaus zu essen, anzuziehen und sogar eine Möglichkeit zu schlafen. Es ist ungewohnt für dich, das schlicht anzunehmen, ohne etwas dafür geben zu müssen. Du kennst es anders und innerlich wehrt sich alles in dir dagegen an, dass du es so hinnehmen musst. „Dir wird nichts geschenkt auf Erden Tristoban. Und wenn dir jemand etwas in die Hand drückt, so sei dir sicher, er nutzt dieses Geschenk eines Tages als Druckmittel, dass du ihm was schulden würdest. Wir müssen immer dafür bezahlen, egal, auf was wir uns einlassen, denk daran.“
Du hattest angenommen, es sei einfacher, in den Dienst zu treten. Bei dir daheim kamen die Soldaten damals durch den Weiler, machten die ältesten Söhne betrunken und überredeten sie, ihr Kreuz unter den Vertrag zu setzen, der sie fort von Familie und Heimat zwang. Du warst zu jung damals und hast die Geschichten nur gehört, aber es schien keinen Unterschied zu machen, ob du noch alle deine Zähne hast oder nicht. Hier aber, in dieser Stadt die so glänzt, sehen sie dir in den Mund, prüfen deine Zähne wie von einem Reitpferd und lassen dich Runden rennen. Du wirst geprüft, befragt und untersucht und weißt nicht genau, ob du dich wie ein Tier oder ein Mensch fühlen sollst. Fragen, woher man kommt, Fragen, warum man etwas machen möchte, Fragen über die Hintergründe und das Wissen. Du bist dir sicher, dass du dein Leben lang noch nicht so viel gefragt wurdest wie in diesen ersten Tagen in der neuen Stadt. Doch dann bekommst du endlich deine Uniform und das Schwert in die Hand und in dir macht sich eine Erleichterung breit.

Soldaten beschweren sich nicht.
Soldaten stehen immer stramm und ordentlich.
Soldaten leiden nicht.
Soldaten bleiben stark.


Die Rüstung ist schwer und ungewohnt. Daheim hattest du so etwas nicht, durftest nur das alte Leder des Vaters tragen, wenn es an die Übungen am Holzschwert ging. Du beschwerst dich nicht, du klagst nicht und erträgst still das Gewicht auf deinem Körper. Bei allen anderen sieht es auch so leicht aus, wieso sollte es bei dir anders sein? „Denk daran: Eine Armee kann nur stark sein, wenn selbst das schwächste Glied darin seinen Nutzen hat. Mach dich nützlich Tristoban!“ Die Aufgaben fallen dir schwer, es wird viel erwartet: Befehlsstrukturen, Ansprachen, Titularien. Bis heute will dir nicht der ganze Name des Königs einfallen, der allen anderen so flüssig von den Lippen geht. Langsam wird dir bewusst, wie viel du doch nicht weißt, was du alles verpasst hast in deiner eigenen, friedlichen kleinen Welt. Hier gelten andere Ansprüche: Man muss gebildet sein, man muss alles wissen. Bisher konntest du nur einer Person anvertrauen, dass dir selbst Buchstaben so fremd sind wie eine einfache Zahlenreihe. Wenigstens musste man hier keinen Vertrag unterschreiben, sodass der Umstand nicht auffiel, denn du hättest wie die vielen Bauern und betrunkenen Söhne wohl schlichtweg mit einem X unterschrieben. Und so gibst du dir Mühe, einfach nicht aufzufallen und deinen Dienst zu verrichten. Regelmäßige Torwachen, in denen du dir immer wieder die Gesetze aufzählen lässt von den Kameraden. Gespräche mit dem Lageristen, der dich auf die Dienstanordnung hinweist, in der dieses und jenes steht. Nach und nach erschließt du dir die Relevanz und Anforderungen, im Zweifel werden Gespräche beim Umziehen belauscht, wenn bei Schichtwechsel über die letzten Berichte und neuen Anschläge an den Tafeln gesprochen werden. Von je her war das Zuhören dir lieber, das Reden ist anderen bestimmt. Du bist nur Rekrut, du wirst es bleiben. Dein Platz wird irgendwann in den vorderen Reihen sein, wenn der Feind aufwartet und euch begegnen wird. Und du wirst einen ehrenwerten Soldatentod sterben. Das Streben nach höherem gehört jenen, die dafür geboren wurden.

Du bist Soldat.
Du bleibst Soldat.


Zuletzt bearbeitet von Tristoban Schnellwasser am 29 Apr 2018 16:13, insgesamt einmal bearbeitet
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 29 Apr 2018 16:39    Titel:
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Ein Soldat hat keine Zweifel.
Ein Soldat hat keine Unsicherheiten.
Ein Soldat hat keine Angst.
Ein Soldat hat zu funktionieren.


Erwartungen können unterschiedlichster Natur sein. Manches Gemüt hat keinerlei große Erwartung, lebt in den Tag hinein, andere wissen vor lauter Anspruch nicht mehr, wann ein Moment des Durchatmens zustande kommt. Und dann gibt es jene, die einen dazu antreiben, ihren Ansprüchen und Erwartungen zu genügen. Jeder Tag aufs Neue ist eine Überraschung für dich. Du fühlst dich viel zu unwissend für jene, die vor dir stehen und die neue Welt erklären. Es muss die Stadtluft sein oder das Leben in dieser, dass sie so viel in das Gegenüber setzen. Erwartungen, die nicht deinem Ideal entsprechen, die nicht aus dir kommen. Dein Geist ist bescheidener Natur und du erwartest nicht viel vom Leben. Es könnte jeden Tag zu Ende sein, sobald ein Krieg ausbricht. Der Tod macht dir keine Angst, die Konfrontation mit dem Feind ebenso wenig. Doch die vielen Fragen, das Nachhaken und immer weiter währende Bohren hinterlässt in dir bohrende Gedanken und Fragen. Du verstehst diese Stadtgedanken nicht und abends sehnt sich das Herz in den heimatlichen Weiler, gen Gutshof. Zu jenen, die einen nahmen, wie man war und ihren Platz in der Welt kannten. Wo das Leben einfach und gut war.

.....

„Rekrut, erteilt die entsprechenden Befehle.“
„Gardistin, solltet ihr nicht lieber...?“
„Wovor fürchtet ihr euch, Rekrut?“

.......

„Aber selbst ihr könntet, wenn ihr euch beweist, irgendwann Schwertadel werden oder Adelig. Seine Majestät vergibt solche Ränge aus Respekt und Ehrung.“

„Wenn ich fragen darf... wozu sollte jenes mein Streben sein, Edle?“

......

„Aber nun, Herr Schnellwasser. Wir können uns im Leben sehr vieles vornehmen und doch wird
das Leben nicht immer Rücksicht darauf nehmen und die Dinge kommen doch anders.“


....


Dein Leben lang war deine Welt eine andere. Man hatte zu gehorchen vor dem edlen Herren, den Kopf zu neigen und still seine Pflichten zu verrichten. Dein Vater erinnerte dich wieder und wieder, wo dein Platz auf dieser Welt war. Bis zuletzt hattest du ihn nicht im Übungskampf besiegen können, trotz seines eingeschränkten Beines. „Tristoban, du bist zu nichts nütze. Zu dumm, um Leibwächter zu sein, zu langsam und tumb, um Offizier zu werden. Sei froh, wenn der Soldatentod an vorderster Front dich ereilt und du nicht beim Würfelspiel abgestochen wirst. Dann war wenigstens nicht Alles vergebens.“ Nie genug, nie den Ansprüchen genügend, die Erwartungen erfüllt. Du verbirgst die Schande, akzeptierst dein Schicksal als jenes, das es sein soll. Du bist Soldat. Träumereien sind zu verbieten, sich einlullen lassen von Versprechungen und falscher Zukunft steht dir nicht. Du kennst deinen Platz und wirst jenen gewissenhaft erfüllen. Um einmal den Ansprüchen zu genügen und das zu erwarten, was dir Anerkennung einbringen wird: Der ehrenhafte Tod auf dem Schlachtfeld.

Ein Soldat kennt seine Aufgabe.
Ein Soldat dient treu Reich und Krone.
Ein Soldat stirbt in Ehren für sein Vaterland.
Ein Soldat fürchtet den Tod nicht.


Die Rüstung wird langsam Gewohnheit und wird zu deinem Schutzpanzer. In ihr weißt du, wie du die Zeit verbringen sollst, kennst deine Aufgaben und die Anforderungen. Die Handgriffe zum Anlegen der Rüstteile werden routinierter, die Pflege der Waffen stets sorgsam ausgeführt. Innere Ruhe erfasst dich in diesen Momenten, wenn du der Gewohnheit nachgehen darfst. Als wäre dies deine Natur. Andere Aufgaben stellen dich vor größere Herausforderungen und vor einer Ungeduld, wie du sie lange schon nicht mehr kanntest. Längst hast du es aufgegeben, den Federkiel zu halten, als dir der dritte durchbrach und die Tintenflecke sich auf dem Papier verteilten. Der Kohlestift taugt dem tumben Gemüt mehr, auch wenn deine Lehrerin es anders verlangt. Nur die Schildmaid allein weiß, woher sie diese Geduld hat, dir wieder und wieder etwas zu erklären, ist die Zeit von ihr doch so begrenzt und kostbar, dass du dich fast schämst, jene in Anspruch zu nehmen. So schreibst du Linien in den Boden mit dem Stock, wenn du dich vom Holz hacken einige Momente ausruhst und versuchst, das zu begreifen, was dir gelehrt wird. Ein steiniger Weg, der Kopf ist so vieles anderes gewohnt als die Geduld am Schreibplatz und möchte sich lieber der gewohnten Routine hingeben. Du bist kein schlauer Mann, nur ein einfacher Soldat, der annahm, er könnte sein Leben lang die Buchstaben meiden. Doch hier sind die Anforderungen andere; du lebst nicht in einem Feldlager, sondern dienst in einem Stadtregiment. Und so gehören die täglichen Stunden am Buche nun ebenso zu deinem Tagesablauf wie das morgendliche Holz hacken und das neuerliche Versorgen deines Reittieres. Eine Sache, die dir gewohnt ist, hast du doch auch manches Mal die Arbeiten daheim im Stall übernommen. Du kommst zurecht mit den Tieren und weißt, wie man jene versorgt. Routine gibt dir Ruhe und so wechselst du den Tag zwischen Gewohnheit und Herausforderung. Jeden Tag aufs Neue.

Du bist Soldat.
Du bleibst Soldat.
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 25 Mai 2018 22:59    Titel:
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Ein Soldat folgt jeder Order.
Ein Soldat hinterfragt keine Worte.
Ein Soldat hat nicht zu denken.
Du beginnst trotzdem, nachzudenken.


Ador Segenus Corbidian Viktor der I. von Alumenas, seine Majestät. Ador Segenus Corbidian... Viktor?
Die langen Dienste haben ihr Gutes. Tagein, Tagaus auf den Wehrgängen, die Umgebung im Blick behaltend. Den Geist zu schulen und wach zu halten mit Namen, Titeln und Lehensbeschreibungen. Einige Kameraden beobachten dein Gemurmel manchmal argwöhnisch, doch antworten sie, wenn du dich noch einmal versicherst und nachfragst. Wer hat die Verantwortung für Schwingenstein? Wer verwaltet Berchgard nochmal? Welches Titular trägt jene und diese Person? Du bist begierig zu lernen und es endlich zu wissen. Ein innerer Ansporn, ein guter Soldat zu werden. Du weisst selbst, wie viele Dinge du dir auch daheim merken musstest und wie es sich auch ohne Buchstaben lebte. Dein Schopf hatte stets zu tun, aber es kam dir so gewohnt und alltäglich vor, dass du nicht die Besonderheit darin sahst. Doch hier, in der neuen Stadt, mitsamt den Anforderungen und Gesetzesmäßigkeiten, wird das Gewöhnliche zum Besonderen. Man beginnt aus der Not eine Tugend zu machen und übt sich in der Wiederholung: Baron Thelor von Gipfelsturm, Baron von Gipfelsturm, Freiherr zu Schwertfluren... Nyome von Thronwall, Verwalterin der Stadt Adoran und Freiin zu Thronwall... oder war es doch Freiherrin? Die Wiederholung hält wach und schult das Gehirn. Es rattert und rotiert in dir, du spürst, wie der Geist sich belebt und erfreut an der neuen Aufgabe. Immer und immer wieder arbeitest du im Geiste mit den Namen, jonglierend wie ein Schausteller immer wieder einen in die Höhe werfend, um das passende Gegenstück dazu zu finden.

„Tristoban, mach keinen Helden aus dir. Du bist und bleibst der, zu dem du geboren wurdest.“
Es ist schwer, das rechte Gleichgewicht zu finden. So sehr die Anforderungen hier gänzlich andere sind, so bescheiden versuchst du, deinen Weg zu finden. Die neue Feder in der Hand fühlt sich wesentlich sicherer an und auch die Flecken werden weniger. Doch noch immer mühst du dich mit den Buchstaben ab. Wie viel einfacher wäre es dir, ein Buch Zeile für Zeile auswendig zu lernen, wenn es dir jemand mehrere Male vorlesen würde, statt es selbst zu lesen. Doch die Zukunft erfordert Buchstaben; bereits jetzt wurden Berichte versäumt und Meldungen aufgrund der Dienste auf dem Wehrgang, auf denen andere Themen wichtiger waren als die Aushänge am Brett der Umkleideräumlichkeiten. Mühsam, so elendig mühsam scheint das Vorankommen im Erlernen jenes, was deiner Gastgeberin so einfach scheint. Jedes Mal kommt es dir so vor, als habe sie alle Geduld der Welt, um dir den rechten Wortlaut zu erklären oder einen Bogen bei einem Buchstaben zu korrigieren. Ohne Schuldzuweisung, ohne Kritik und ohne Bloßstellung. Die Lernmethoden in diesen Landen sind dir so fremd, dass du ihnen kaum trauen kannst, doch scheinen sie mehr verbreitet als die Methoden, die dein Vater dir nahe brachten: Disziplin, Gehorsam, Strafe bei Missachtung oder Fehlern. „Die Ohrfeige reicht dir nicht! Auf den Boden, zwanzig Liegestütze! Ich zähle an!“ Manchmal erwartest du sie immer noch, rechnest direkt damit, stur deine Zahl an Zusatzübungen auszuführen, doch dann folgt etwas gänzlich anderes. Rekruten dürften Fehler machen, nur dadurch könne man lernen, dafür sei diese Zeit und dieser Grad da. Das Begreifen in dir fehlt im gewissen Maße und doch bestärkt es dich nach und nach, auch Fragen zu stellen. Nicht mehr nur bei deiner Lehrerin der Buchstaben und Worte, sondern auch im Regiment.

Du beginnst zu fragen.
Du beginnst zu denken.
Du beginnst zu grübeln.
Du beginnst zu lernen.


Die neuen Erfahrungen zeigen dir neue Verhaltensmuster auf an dir selbst. Doch beruhigen dich auch jene, die noch so alt und vertraut in dir reifen und aus dir machen, wer du bist: Das morgendliche Reinigen der Feuerstelle, das Schichten des Holzes und der täglich neue Strauß an Blumen in der Küche. Bald werden die heißen Tage den Sommer einläuten und hauptsächlich Gräser wachsen. Vielleicht wirst du dann anderes hinstellen auf dem Tisch, aber noch prangen immer neu farbige Blüten die Vase. Die Routine dessen schenkt dir das Gefühl, einen Teil von Daheim mitgebracht zu haben und still weiter führen zu dürfen.

Ankommen – so langsam wird es greifbar. Zukunft. Eine Option, die immer mehr ein Weg wird, der sich vor dir öffnet. Die Anstellung bei Hochwürden ein erster Schritt und zugleich wieder ein wohliges Gefühl der Sicherheit. Die kleine Kammer reicht dir, sie wirkt auch weitaus sicherer als ein ganzes Heim. Lohn genug sind dir das Obdach und der Unterricht, der zäh seine Früchte voranbringt. Es wird dauern, bis die Ernte sich dessen lohnen wird, doch immerhin hält die neue Feder deine Pranken aus.
Ungewohnt ist es, weiter zu denken als bis zum kommenden Morgen. Du vergisst sogar ab und an, dass du eigentlich nur für den Krieg geschaffen wurdest und deine Aufgabe die des ehrenhaften Soldatentodes sei. Doch dir absolut sicher, ob jenes nun gut oder schlecht ist, bist du noch gänzlich nicht.

Du bist Soldat.
Du bleibst Soldat.
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 14 Jun 2018 11:58    Titel:
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Ein Soldat hat nichts zu empfinden.
Ein Soldat lässt weder Angst, noch Wut, noch Liebe zu.
Ein Soldat steht treu zu seiner Truppe.
Auch ein Soldat hat das Recht auf ein Feierabendbier.


„Was immer auch in euch schlummert: Weckt es auf.“ - Ein seltsamer Befehl, sofern es wirklich einer war. Wie oft wurde dir hier schon gesagt, dass du nicht nur den Dienst leben, sondern auch das Leben genießen sollst. Jeden Morgen stehst du auf, absolvierst deine Übungen, nimmst dein Frühstück zu dir. Du atmest jeden Tag die Luft um dich herum ein und aus. Doch das ist nicht das, was sie vom Leben erwarten; man sieht das höhere Ideal und strebt nach Träumen: Du bist, was du werden willst.
„Tristoban, du musst schneller werden, wacher im Geist und stärker im Schildarm, wenn du es einmal zu etwas bringen willst.“ Lange, so unendlich lange war die Geduld da, der Glaube, du könntest einmal etwas erreichen. Doch die Erkenntnis trifft unbarmherzig ein und hinterlässt nicht mehr als die bloße Wahrheit, egal, wie schön oder hässlich sie sein mag. „Du wirst es nie lernen. Meine Zeit wurde an einen Fußsoldaten vergeudet.“

Was ist das Leben?
Wenn Tag und Nacht einander sich begrüßen und im gleißenden Farbenspiel des Sonnenuntergangs für wenige Momente vereinigen, wie zwei Liebende, denen nur ein kurzer kostbarer Augenblick bleibt und alsbald sich verabschieden müssen. Den Duft des Morgens einatmen, der dir einen neuen Beginn verspricht und stets die Hoffnung weckt, es könne an jenem Tage besser werden in den Übungen. In jeder Jahreszeit die Schönheit zu entdecken, allen voran im Frühjahr, wenn die Blumen blühen und jeden Tag ein neuer Strauß seinen Weg in die Stube findet. Ein kühles Bad im See, der so still und versteckt auf dieser kleinen Lichtung stand, die du einst als Knabe gefunden hattest... es kam eine Ritual gleich, dass du vor allem im Sommer damals stets jeden Abend dort schwimmen warst, wenn der Tag arbeitsreich und mühsam war. Die einfachen Dinge, die einem so viel Frieden, so viel Genuss geben konnten. Doch du bist nicht mehr daheim, nicht mehr auf dem Gutshof und auch nicht am Weiler, wo ein jeder sich nahm, wie man war.

„Euer Leben wurde euch geschenkt, ihr habt nur dieses eine. Ihr habt nur eine gestundete Zeit, in der ihr euch aus dem Schlaf erheben könnt, in der ihr etwas verbessern könnt...in der ihr eure eigene Geschichte schreiben könnt.“

Ein Soldat schreibt keine Heldengeschichten.
Ein Soldat zählt nur so viel wie seine Kompagnie.
Ein Soldat lebt für den Dienst am Reich.
Ein Soldat kennt stets sein Tun und Sein – und du suchst nach dir selbst.


Du warst fünf, vielleicht auch sechs, als du langsam lernen musstest, wo dein Platz im Leben zu sein hatte. Du durftest nicht mit den Kindern der Gäste spielen; bis heute erinnerst du dich an das erste brennende Gefühl der Ohrfeige, die dir diese Lektion einbrachte: „Du bist nicht wie sie, Tristoban. Sie stehen weit über dir. Bleib fern von ihnen, sprich sie nicht an und benimm dich!“ Du bist, wer du bist; so wurde es dir stets gesagt und du hast es geglaubt. Ein Schatten, nicht mehr als das hattest du zu sein. Stets still, stets unscheinbar und nur handelnd und in Erscheinung tretend, wenn die hohen Herrschaften es befahlen... tief in dir, da war ab und an das Fragen, die Verwirrung darüber, wieso dein Herr Vater so viel mehr tat als er es dir zugestand. Doch das Wort eines Vaters zweifelt man nicht an, schon gar nicht eines ehemaligen Hauptmannes. Er hatte so viel Erfahrungen, weitaus mehr, als du sie vielleicht je haben würdest, hat Kriege mit gekämpft, sich empor gearbeitet und war mehr, als du je sein würdest. Ein Leibwächter durch und durch, der seine Aufgabe mit Stolz erfüllte und stets ernst nahm.

Und du fragst dich, wer du bist.
Suchst nach neuen Wegen, ohne die alten Pfade verlassen zu müssen.
Hälst dich an Idealen fest.


Die Prüfung steht bald an und statt Skepsis schlägt dir Zuversicht entgegen. Man traut dir zu, dass du sie bestehen wirst, zum Gardisten werden kannst. Und wie stets sehen sie auch Höheres in dir, doch du strebst bescheiden den Weg an, den du als vorgegeben siehst. Da sind immer noch Situationen, in denen dein Handeln so fremd scheint, als seien Sitte und Tradition vergessen worden. Doch langsam kommen auch jene Augenblicke dazu, in denen du dich entspannen kannst und auch durchatmest. Erste Freundschaften entstehen, erste Vertrautheiten. Orte, wo du dich zurücklehnen und auch lachen kannst. Mensch sein darfst... diese zarten Augenblicke sind noch selten, doch jeder kostbare Moment wird geschätzt und genossen. Mensch sein. Es gibt auch jene eine Situation, in der du noch nicht weißt, wohin der Weg gehen soll. Wo du mehr bist als nur Mensch, wo dein Herz sich einmischen will und dein Kopf nicht weiß, was er davon halten soll. Ein Kampf zwischen Vernunft und Gefühl. Es ist lange her, dass du ein Mädchen geküsst hast und auch, wenn der Soldatentod in weite Ferne gerückt ist, so ist da dieser Zweifel. Was soll daraus werden, was genau erhoffst du dir daraus? Zukunft? Es würde keine Zukunft haben, wenn du bleibst, wer du bist.

Ein Soldat hat keine Träume.
Du beginnst aber Luftschlösser aufzubauen.
Ein Soldat kennt seinen Posten.
Du denkst langsam über den Gardisten hinaus.
Ein Soldat kennt nur Mut, Stolz und Ehre.
Du spürst ebenso dein Herz, das sich mit einmischt.


Hochzeiten stehen an und du hast seit langem mal wieder einen Kater. Trotzdem stehst du morgens auf und gehst zum Dienst. Müde, mit Kopfschmerzen stehst du an der Wehr und siehst in die Ferne, während deine Gedanken abschweifen. Die Zukunft ist auf einmal so lang für dich und endet nicht morgen im Krieg. Vielleicht ist es auch der restliche Alkohol, der dir einredet, du könntest doch vielleicht auch einmal ein guter Befehlshaber sein, ein guter Ausbilder. Doch dann kommt von irgendwoher ein Ruf und ein Gardist bellt dir einen Befehl von der Seite zu. Und du gehorchst, so, wie es schon immer war.

Du bist Soldat.
Du bleibst Soldat.


Zuletzt bearbeitet von Tristoban Schnellwasser am 14 Jun 2018 12:08, insgesamt einmal bearbeitet
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 11 Jul 2018 13:53    Titel:
Antworten mit Zitat

Ein Soldat ist nie müde.
Ein Soldat zeigt stets Beherrschung.
Ein Soldat verliert nie die Fassung.
Ein Soldat ist und bleibt ein Soldat.


Gardist. Der Rang ist dir noch immer so fremd auf der Zunge wie die neuen Abzeichen an Rüstwerk und Ausgehuniform. Und doch trägst du innerlich mit Stolz diese an dir. Ein guter Rang, ein ehrbarer Rang, der an einem haftet. Verantwortungen werden nun ebenso dazukommen und neue Hindernisse, die es zu bewältigen gilt. Doch irgendetwas in dir sagt dir, dass du daran wachsen wirst statt klein beizugeben. Wachsen. Ein ungewohnter Begriff, der vielleicht auf Pflanzen zutrifft, auf Tiere und kleine Kinder. Du wurdest zeit deines Lebens immer wieder zurecht gestutzt, in die rechte Bahn gezwungen. Eingebunden zwischen Fesseln der Ordnung, der Zucht, des Anstandes und der Tradition. „Du wirst Soldat, Tristoban. Deine Aufgabe ist es, unserem Namen auf dem Kriegsfeld Ehre zu bringen. So wollte es mein Vater und dessen Vater davor und vermutlich dessen Vater zuvor auch. Ein Schnellwasser ist und bleibt Soldat.“ Du hast stets diesen Worten vertraut und ihnen allen Glauben geschenkt. Sicher, da waren auch jene auf dem Landgut, die dich gern da behalten hätten, die dein ruhiges Gemüt so schätzten und deine Geduld. Doch auch sie sahen, was dein Vater aus dir gemacht hatte und so ließen sie dich ziehen. Hinaus in die Welt, in der du eigentlich den raschen Soldatentod finden solltest.

„Sein Wort war stets Halt für mich. Seine Worte Lehre und Vertrauen zugleich.“

„Dann ist er wie die Erde und ihr wie der junge Baum... die Erde wird den Baum immer halten, wird immer das wichtigste Element sein und dennoch braucht es zum Leben auch Sonnenschein, den einen oder anderen Regenschauer ab und an.“


Die Tage fliegen an dir vorbei und ein Dienst jagt den nächsten. Du fühlst dich nicht anders als zuvor, nur die Ansprache scheint nun anders. Doch tief im Inneren kreisen die Gedanken, immer und immer wieder. Du bist nicht mehr nur dienstbeflissen, du denkst zu viel nach über jenes, was dort draußen außerhalb den Wachgängen geschieht. Da war die Taufe als Beispiel, die einen weiteren wichtigen Schritt im Ankommen darstellte. Und zum ersten Male seit langem so viele Blicke auf dir. Dein einziger Halt... die sich verinnerlichten Worte des Taufversprechens. Immer und immer wieder hattest du sie geübt und wiederholt; manchmal mit deinem Taufpaten und Freund, oft aber auch allein. Du warst lange schon nicht mehr so nervös gewesen, das letzte Mal sicher bei jener Bauernhochzeit, als Mirelle dich aufgefordert hatte. Dir hatte ihre Forschheit gefallen, das freche Zwinkern und ihr Lächeln. Eine kluge junge Frau zugleich und doch so unerreichbar damals, da sie deinem Freund versprochen war. Du hast schlicht kein Glück in der Liebe, die Hindernisse und Prüfungen ziehen sich durch deinen Lebenslauf. Selbst hier hast du dir die höchste Hürde auserwählt, auf jener Insel. Als würde dich jenes anziehen, auf eine ganz eigene Art und Weise. Was genau dies in dir auslöst, weißt du nicht, doch dein Herz schleicht dir nach und nach in den Schopf und will einfach nicht der Vernunft Einhalt gebieten.

Ein Soldat sucht stets Rationalität.
Ein Soldat hat Ordnung zu halten.
Ein Soldat achtet auf sich und sein Gepäck.
Ein Soldat hat Haltung zu bewahren.


Der Mantel liegt ordentlich zusammengefaltet am Boden deiner Schublade. Er kommt dir so fremd vor wie das Schwert in dem Waffengurt, das wohlwissentlich darunter gelagert wurde. Noch nie durftest du dergleichen anfassen, gar wagen daran zu denken. Hermelin steht für Adel, für das blaue Blut und all dem, was du nie sein kannst, nie sein darfst. Diamant... so viele sprechen hier über jenes Material, als wäre es schlichtes Eisen. Doch du kommst aus einem Haus, in dem man nur über jenes wertvolle Gut sprach, wenn man über Königsschmuck schwärmte oder alte Geschichten sich abends erzählte, in denen Diamant stets voll Edelmut und hoher Würde seinen Anteil fand. Du scheust dich, es als selbstverständlich zu betrachten, willst jenen Teil deines Lebens nicht ablegen. So bleibt der gute Stoff an seiner Stelle, sowie die Waffenscheide mitsamt Klinge. Verborgen im Dunklen, als fürchtest du Entdeckung. Vor was, weißt du selbst nicht so genau.

„Ich will keineswegs unhöflich erscheinen Lady oder den Anschein erwecken, ich würde dies nicht würdigen.“

„Das tut Ihr nicht. Ihr versteht nur nicht, dass dieses Schwert Euer Schwert ist.“


Die jahrelange Wirklichkeit sah anders aus. Ein Schwert durftest du nie tragen, nur bei den Übungen mit dem Vater reichte er dir in seltenen Fällen einmal eine richtige Klinge. Um dich an das Gewicht zu gewöhnen. Du wurdest zur Demut hingeleitet und solltest lernen, das Einfache zu akzeptieren. Ein Soldat braucht keinen Tand, er lebt mit dem, was ihm gegeben wird. „Die Sachen des hohen Herren werden nicht angefasst, Tristoban! Deine Hände würden sie dreckig machen und entehren. Das einzige, was du anfassen sollst und darfst, ist der Krug Wein zum nachschenken, wenn die hohen Herrschaften es verlangen, verstanden?“ Ein Schatten, jahrelang warst du einer von ihnen. Und hier sehen die Leute dir ins Gesicht, fragen und beobachten dich. Die Aufmerksamkeit ist dir fremd, doch der Gehorsam gebietet dir zu antworten.

Ein Soldat verweigert keinen Gehorsam.
Ein Soldat sagt stets die Wahrheit.


Der Bürgerbrief in deiner Tasche fühlt sich fremd und neu an. Du musstest nichts unterschreiben, doch dein Name steht deutlich und klar auf jenem. Fehlerfrei konntest du ihn lesen, auch wenn du beim Schreiben noch immer Probleme mit deinem Nachnamen hast. Die Feder wird nie dein Freund, auch wenn du dich zum regelmäßigen Üben zwingst. Als Gardist wirst du es eines Tages können müssen, man wird Berichte erwarten und wer weiß, wie lange die Kameraden noch aushelfen werden. Du vertraust ihnen und eine Meldung nach oben hin wäre schon lange keine Schande mehr, da du es bereits gemeldet hast. Doch stehen bleiben ist keine Option für dich. Du hast den Drang, es dir selbst zu beweisen. Und du bist dir sicher, irgendwann den ersten Brief einmal schreiben zu können. Genauso, wer ihn erhalten soll. Doch das Ziel ist weit und so lange haben die Kinder aus der Gegend einen guten Auftraggeber in dir. Sie merken sich die Dinge und lernen im Eifer ihre ersten eigenen Fähigkeiten schätzen. Ihr Grinsen erinnert dich gern an daheim und der Erntezeit, wenn alle anpacken mussten. Am eifrigsten waren die Kinder, gleichzeitig so bescheidener Weise in dem, was sie dafür erhielten. Wie sehr freuten sie sich über die Süßigkeit, die es dann einmal im Jahresraum dafür gab.
Die Erinnerungen werden blasser und du spürst langsam, aber sicher, dass du dich nicht mehr gänzlich an jenen festhältst. Du kommst an, weiter und weiter, in dieser Stadt und jener Gefilde. Und nur allein die Schildmaid weiß, was sie mit dir vorhat.

Du bist Soldat.
Du bleibst Soldat.
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 06 Aug 2018 16:41    Titel:
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„Ihr seid mir aufgefallen. Eure ruhige und besonnene Art, die beinahe absurde Höflichkeit, die meiner eigenen so ähnlich erscheint. Im Moment versuche ich herauszufinden, ob es mir gelingt Euch die Scheu vor mir und meinen Titeln zu nehmen...
Ich suche einen Leibwächter.“


Auf einmal so viele Weggabelungen und Abzweigungen, die man beschreiten kann. Neue Pfade führen zu Entdeckungen, um nach und nach neue Markierungen auf der zuvor so leeren Karte zu setzen. Da sind Menschen, die sehen etwas in dir. Sehen mehr, als es eigentlich sein sollte. Und du weißt immer noch nicht, ob dein Vater stolz auf dich wäre oder die Ritterin auslachen würde. So wenig weißt du also über den Menschen, der dich aufgezogen und ausgebildet hat. Was er nur sagen würde, wenn er dich hier sehen würde? Mit neuen Hemden, neuen Waffen an dir und der Verpflichtung, loyal einem Hause gegenüber zu stehen. Das eigene Leben nicht mehr nur für das Reich einzusetzen, sondern auch seines zu geben, um eine andere Person zu schützen. So, wie dein Vater es dir vorlebte, so willst auch du jener Aufgabe gerecht werden und zwingst dich noch mehr zu Disziplin und Übungen. Ein neuer Tagesrhythmus, in den du dich schnell einleben kannst. Es macht dir nichts aus, dir ist es lieber, viele Aufgaben zu haben als keine. Das Wort Langeweile ist dir zumindest fremd.

Ein Soldat kennt seine Aufgaben.
Ein Soldat weiß, was er zu tun hat.
Ein Soldat vergeudet keine Zeit.
Ein Soldat erfüllt seine Pflichten zuverlässig.


Da gibt es auch jene Zeiten, in denen du schlicht als du selbst unterwegs bist. Die ersten sehen dich so, wie du auch sein kannst ohne strammer Haltung und dem Dienst im Rücken. Das Lachen fällt dir wieder leichter, die Scheu legt sich nach und nach bei jenen, denen du vertraust. Dir fehlt die Rauferei mit deinen Freunden manches Mal, du erinnerst dich noch gut an Abende, wo man einander einfach rempelte und spaßeshalber sich in den Schwitzkasten nahm. Man rauft und dann trinkt man zusammen, so war es stets und hätte es bleiben können, wärest du noch dort. Hier entstehen die ersten Banden und Knüpfungen erst, auch wenn du dich wahrlich schon fast geprügelt hättest. „Einem Fräulein ist stets Respekt entgegenzubringen, Tristoban. Lege einmal falsche Hand an einer Frau an und du wirst deines Lebens nicht mehr froh durch mich! Nur wenn sie dir als Feind gegenüberstehen, gilt keine Gnade.“ Du kennst den Unterschied zwischen Feind, Kamerad und der zivilen Natur. Du konntest gar nicht anders, als die Schwägerin deines Freundes hier zu schützen und ihre Ehre zu wahren, auch wenn du sie kaum kennst. Doch die Fäuste blieben ohne Schramme, die Nasen heil, da eine Entschuldigung folgte. Weißer Ritter... Du weißt nicht, was du davon halten sollst, so genannt worden zu sein und es wäre so einfach, es schlicht zu vergessen und als erledigt zu betrachten. Du kanntest den Kerl nicht mal, weißt bis heute seinen Namen nicht wirklich und trotzdem spukt dir der Abend noch ab und an im Schopf herum. Fehlt es hier wirklich so an Anstand, dass dein Verhalten so auffällig ist? Oder gelten auf Gerimor andere Sitten, wenn es um die Damenwelt geht?

Ein Soldat kennt nur Mut und Entschlossenheit, sonst kein Gefühl.

Dieses Gefühl zwischen Nervosität, Unsicherheit und plötzlichem Mut. Dem wilden Herzschlag in deiner Brust und der Moment der Sprachlosigkeit, wenn dir die gänzliche Schönheit vor dir wieder bewusst wird. Du stehst diesem Gefühl machtlos gegenüber, dein Verstand kann dir noch so viel dazu sagen und raten, er kommt nicht gegen dein Herz an. Ewig wird der Mond nun für etwas Besonderes stehen und nur du kennst die Bedeutung, die für dich darin liegt. Was so fern scheint, kann doch erreicht werden, es benötigt nur den rechten Schubbs in die richtige Richtung. Erzählungen aus Burschenjahren tragen auf einmal neue Werte in sich und du siehst mehr in diesen alten Worten, als sie einst für dich hatten. Irgendwann... ja, eines Tages wirst du auch darüber sprechen können, doch solange bleiben die Worte weiterhin Gedanken, bleiben Träume der Zukunft.

Ein Soldat hat Geduld.
Ein Soldat bleibt geduldig.
Ein Soldat wartet auf seine Befehle.
Ein Soldat hört nur auf das Urteil seines Befehlshabers.


Du lernst auch die andere Seite kennen, die der Dienst auf sich bringt. Eine Stadtwache, eine städtische Armee ist mehr als an Gesetze gebunden. Politik spielt eine Rolle, von der du aber keine Ahnung hast. Stattdessen streifen dich nun auch verurteilende Blicke, spucken Leute vor dir auf den Stein, um zu behaupten, es wäre keine Absicht gewesen. Es fehlt nur noch der böse Blick einer alten Frau und du würdest dir sofort einen Schutztalisman holen, wie du es von daheim kennst. Politik, was sollst du auch schon darüber wissen? Du kennst die Gesetze auswendig und einiges anderes, was du lernen musstest für den Dienst und den Bürgerbrief, doch wie welche Kultur hier lebt, ist die unbekannt. Fehlender Respekt ist eine Sache, doch hatte nicht viel an jenem einen Abend gefehlt, um einen wütenden Mob um sich herum zu haben. Es macht dich nachdenklich, wenn du daran denkst. Und doch siehst du keine Lösung, erkennst keine Logik in dem Vorgehen an jenem Abend. Du zweifelst an Entscheidungen... und das macht dich unsicher. Dir wurde beigebracht, Befehle zu akzeptieren und nicht in Frage zu stellen. Das größere Ganze kannst du nicht sehen, du redest es dir ein, um deine Welt der Ordnung aufrecht zu halten. „Ich will das Beste für dich, Tristoban. Gehorche und dir wird es gut gehen, glaube mir.“ Die Welt schien einst so einfach und ist es nicht mehr. Weiter drängen sich Fragen in dir auf, die keinen Raum zur Beantwortung finden; zu viel zu tun, zu wenig Zeit. Du könntest es dir anlesen, wenn die Buchstaben nicht so ewig mit dir ihren Zwist hätten. Noch immer fällt es dir schwer und nur wenn du dich wirklich konzentrierst und jeden Laut tönend über deine Lippen gleiten lässt, erschließt sich langsam ein Bild des Verstehens. Doch die Geduld fehlt dir und das Vorlesen lassen spart so viel an Zeit und Raum. Im Herbst spätestens, nimmst du dir vor, muss es flüssiger gehen. Eine Reise wird dich fortführen von der Insel und ein Brief soll geschrieben werden in dieser Zeit. Ein einziger, für den du sicher eine ganze Nacht dann brauchen wirst... oder mehr.

„Irgendwo tief in Euch steckt Temperament.“


Der junge unbeschnittene Hengst beweist, dass er deutlich mehr Temperament hat als du. Er bockt, er springt nun sogar. Etwas vorsummen sollst du ihm, sagte man dir. Der Ritter dagegen gab nur den Hinweis, dass man zeigen müsse, wer der Reiter sei. Vorstellig werden darfst du erst wieder bei ihm, wenn du dich länger als fünf Minuten auf dem Tier halten kannst... ohne Zügel. Und jeden Tag aufs Neue spielst du aufs neue das Spiel mit dem jungen Kerl, der entweder denkt, er sei ein Stier oder dich wirklich nicht für etwas hält, was auf seinen Rücken gehört. Du hältst dich im Sattel, die Zeit daheim im Stall hat durchaus geholfen, doch die Zügel sind straff gezogen und können kaum gelockert werden, ohne dass das Bocken wieder beginnt. Vielleicht hast du dich wirklich überschätzt mit dem Tjosten. Vielleicht sollte es wirklich nur für die hohen Herrschaften bestimmt sein. Doch du willst auch den Sir nicht enttäuschen. Und so gehst du Tag für Tag in den Stall und holst das Tier heraus, um ihn müde zu bekommen und vielleicht den Kampf zu gewinnen um die Vorherrschaft. Und wenn es sein muss, wirst du ihm auch etwas vorsummen. Irgendwann.

Du bist Soldat.
Du wirst es bleiben, auch als Leibwächter.
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 04 Sep 2018 17:06    Titel:
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Und dann ist da der Krieg. Schonungslos und in seiner ganzen Härte zeigt er dir, was es bedeutet, ein Soldat zu sein. Nichts weiter als ein gehorsames Glied einer Reihe von Menschen, einer Kette gleich, die zusammen gehört und einander zu stützen hat. Doch da ist mehr in dir; ein Nachdenken, ein Zweifeln, ein Suchen. Du hinterfragst, obwohl du es nicht sollst. Du willst mehr wissen, obgleich es dir egal sein sollte. Es rattert in deinem Schädel, vor allem in der Zeit im Lazarett, wo nur der Kopf beschäftigt werden kann und der Körper ruhen soll.

Ein Soldat sollte nicht zweifeln.
Ein Soldat sollte nicht widersprechen.
Ein Soldat sollte nicht selbst denken.


Was sein sollte, ist dir nur allzu klar. Du hast es so gelernt, eingetrichtert bekommen. Jeden Tag aufs Neue, immer und immer wieder. Doch die kleine Flamme, die so lange nicht entzündet worden war, loht auf einmal flackernd in dir auf. Gedanken und der Wunsch, mehr zu wollen als nur Soldat zu sein. Vielleicht ist es doch der Teil in dir, der nach deinem Vater schlägt, jedoch mit mehr Herz und Gefühl. Woher du jene gefühlvolle Ader hast, ist auch dir klar, doch konntest du diesen Menschen nie kennenlernen. „Das kannst du nicht von mir haben, Tristoban. Dein Herz hat auf dem Schlachtfeld nichts zu suchen!“ Und doch klopfte es jedes Mal wild in deiner Brust auf, mischte sich mit ein in jede Entscheidung, die du getroffen hast in den Tagen des Krieges: Die Meldung der Kameradin, um jene zu schützen vor ihrem Starrsinn und unüberlegtem Handeln, das abendliche Beten vor dem wenigen Schlaf an den Abenden, die Flut an Gefühlen, die dich in der vermeintlichen Stille der Wacht beschäftigten. Da ist so viel, was in dir rumort: Gedanken, Pläne, Wünsche. Du willst gehört werden und weißt nicht wie. Zu lange war es Normalität, im Hintergrund zu stehen. Ungefragt und unbeachtet, stets nur reagierend, wenn es so befohlen wurde. Jetzt willst du gefragt und gehört werden. Du musst Sprossen erklimmen, die erst gebaut werden müssen. Leitern, die sich noch im Aufbau befinden. Zu viele Gedanken, zu viele Wünsche...

„Mhm... du möchtest Ritter werden, hm?“

„Ich dachte erstmal an Korporal.“


Die Naht an der Schulter. Sie machte dir bewusst, wie schnell es vorbei sein könnte. Fast ging der Wunsch des Vaters in Erfüllung und der ersehnte Brief in die Heimat geschrieben, gesiegelt und versendet worden. Doch die Heiler kannten ihr Handwerk, erkannten die Gefahr und taten ihr Bestes, um dich wieder auf die Beine zu bringen. Bald würden die Fäden raus müssen, bald würde die Narbe und das gelegentliche Ziehen dich daran erinnern, dass du die Weisung deines Vaters missachtet hast. Und es ist wohl das erste Mal, dass es dir egal ist und weder Reue noch Scham darüber aufkommt. Du hast eine Entscheidung getroffen. Dein Kopf ist ebenso wie dein Herz bereit dafür, doch würde es noch seine Zeit brauchen, bis du auch so Handeln kannst. Eingeschliffenes Verhalten zu ändern dauert und selbst dir ist bewusst, dass eine Feste nicht an einem Tag erbaut wird. Ein Unterrichtskonzept reift in deinem Kopf, die Kameradin bot Hilfe an und gemeinsam würde man sicher einen Weg finden, die Kameraden dafür zu begeistern. Ein erstes Annähern an das Ergreifen von Verantwortung, ein erstes Austesten des Weges, den du gehen möchtest.

Ein Soldat sollte seinen Platz kennen.
Ein Soldat sollte sich stets fügen.
Ein Soldat sollte zufrieden sein mit dem, was er hat.


Sind es vielleicht die weißen Pferde? Was ist es, dass dir an diesem Abend einen leichten Stich in Mark und Bein fahren ließ, als du weiterhin im gewohnten Muster geblieben warst? Verhalten und Verstand in diesem nun beginnenden Kampf, um Altes und Neues. Du weisst, dass es nicht die Pferde sind, du weißt, dass es hier um mehr geht. Um Ehre, um Tapferkeit, um Respekt und um Liebe. Ein Innehalten erlaubt dir dein Kopf nun nicht mehr. Du kannst diesen Leben nicht führen, wie dein Vater es vorgesehen hat. Du willst weiter voran, um Entscheidungen treffen zu dürfen. Um nicht mehr unwissend in etwas hineingeschickt zu werden. Du willst wissen, wofür du siegst, verlierst... oder stirbst. Es gibt sicher jenen einen wundervollen Grund, der dein Herz beflügelt. Ein Gesicht, das du am liebsten Tag für Tag erblicken würdest. Verheißungsvolle Lippen und ein Lächeln, das dir manches Mal wie ein unausgesprochenes Geheimnis zu sein scheint. Du bist dir mehr und mehr sicher, dass du jenes Lächeln nie wieder missen willst.
Und so kämpfst du weiter den Kampf in dir, um aus dem gewohnten Trott herauszukommen. Doch der Kampf beginnt erst und du weißt am wenigsten, wie er ausgehen wird.

Du bist Soldat.
Du bist Leibwächter.
Du willst aber mehr.
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Helisande von Alsted





 Beitrag Verfasst am: 07 Okt 2018 17:17    Titel:
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Mocca schnaubte angesichts des Schiffes und schüttelte sich einmal von vorn bis hinten durch. Schiffe hießen immer nichts Gutes für ihn. Tagelang in einer engen Buchte angebunden werden, kein Hafer und dieses Geschaukel, wenn Pferde sich erbrechen könnten – er würde es sicherlich tun. Bereits im Vorfeld schon. Seine Reiterin jedoch wirkte voller Vorfreude und brachte ihn mit einer Selbstverständlichkeit in seiner Reisebehausung unter, dass ihm nur noch ein ergebenes Schnauben entfleuchte. Die Ritterin selbst schaut sich nach ihrem Pagen um und winkte ihn zu sich. Auch sein Pferd wurde gut untergebracht, dann die Kabinen bezogen. Wobei sie eine für sich bekam und er vermutlich eine sehr bequeme Hängematte unter Deck in der Nähe der Luke bekommen würde. Sie bot ihm an seine wertvollere Habe bei ihr in der Kiste unterzubringen. Das Gepäck für die Reise war leicht und recht ballastfrei gewählt. Während der ruhigen Überfahrt ging die junge Adlige immer wieder die Grußworte ihres Gattens für seine Tocher und den Schwiegersohn durch. Er würde erst zu einem späteren Zeitpunkt zu ihnen reisen, da einige Verwaltungsaufgaben sein Augenmerk noch brauchten. Ihr Angebot noch zu warten und ihn zu begleiten war von ihm abgelehnt worden. Immerhin würde Sir Philip auf das Haus Gipfelsturm zählen, bei dem Turnier, dass er ausrichten durfte.
Turnier…
„Wehe ich muss für dich tjosten...wehe.“
„Ja, was dann wehe? Mh?“
„Das weiß ich sobald der Fall von ‚Wehe dir‘ eintritt!“
„Mh“

Unbeeindruckt war er. War da nicht dieses freche Aufglimmen eines verschlagenen Schurkenlächelns? Abwarten. Die Überfahrt verging mit Gedanken an das Enkelkind und den Geschenken dafür, sowie Gesprächen mit Tristoban recht zügig. Er versuchte immer noch gut zu kaschieren, dass er sich mit Lesen und Schreiben schwertat. In dem jungen Mann ruhte jedoch ein eigener Stolz und eine eigene Beharrlichkeit, die ihm zum einen Haltung verschaffte, es ihm aber auch fast unmöglich machte in diesen Dingen um Hilfe zu bitten. Sie flocht also ihr Angebot beiläufig ins Gespräch ein und gab ihm den ersten Arbeitsbogen. Da ihre Handschrift klar, schnörkelfrei und auf eine zwanghafte Art militärisch genormt war, hatte sie auf dem Bogen Begriffe mit Buchstaben und Bildern verbunden. Ein klares und übersichtliches Blatt, soldatische Grundsätzlichkeiten dargestellt ohne ins kindliche Alberne abzugleiten.
Vielleicht würde sie den Bogen bearbeitet zurück erhalten und den nächsten ausgeben. Vielleicht auch nicht. Das Leben bestand in der Regel aus solchen Entscheidungen. Der Page hatte seinen eigenen Takt und sie würde diesen so weit es ging respektieren. Vor allem da der gleiche junge Mann als Leibwächter ein Segen für ihre Nerven darstellte.

Endlich durfte er raus aus dieser Unterkunft. Vor lauter Freude über die frisch gewonnene Freiheit kanterte Mocca über den Steg und bockte am Pier im Hafen erstmal vor sich hin. Das Satteln und Beladen ließ er sich jedoch wieder gutmütig gefallen, ebenso das Aufsitzen seiner vertrauten Reiterin. Nur mit dem moderaten Reisetempo zum Sitz der von Wellenbergs konnte er sich nicht anfreunden. Erst nach einem frischen Gallopp und Streckung im Trab wirkte er wieder wie das gewohnt stoisch veranlagte Schlachtroß. Natürlich dachte die Ritterin nicht daran ihn am Ziel angekommen in den Stall zu bringen, sondern verfrachtete ihn direkt nach dem Abreiben auf die Weide. Dort tummelten sich schon einige Pferde. Großartige Vollblüter und Halbblüter mit glänzendem Fell und fester Bemuskelung.

„Lady Helisande! Willkommen in Wellenberg!“

Sir Philip kam ihr entgegen geeilt mit einem freudigen Lächeln im Gesicht und dem Anzeichen der Schlaflosigkeit eines stolzen Vaters um die Augenwinkel herum. Nach den Begrüßungsworten stellte sie Tristoban als Pagen vor, der direkt von Sir Philips Knappen belagert und beäugt wurde. Der Knappe wurde angewiesen dem Pagen alles zu zeigen, auch die Unterkunft für Pagen und die Ritterin wurde zur Stieftochter geführt, die gerade ihrer mütterlichen Pflicht nachkam.
Natürlich musste sie den kleinen Miracell auf den Arm nehmen. Keine Ausrede half, auch nicht der Schmutz von der Reise oder die Tatsache alle Geschenke noch im unausgepackten Gepäck verstaut zu haben. Noch bevor sie blinzeln konnte hatte sie den propperen Säugling auf dem Arm. Ein tiefes Seufzen brandete auf, dann fand sie sich mit ihrem Schicksal ab. Mochten andere Frauen in diverse in verschiedenen Tonlagen gequietschen ‚Ahhs‘ und ‚Ohhhs‘ aufgehen beim Anblick eines Windelkindes, sie konnte sich beherrschen, wenn reisaus nehmen nicht mehr im Bereich des Machbaren lag. Dennoch hielt sie den Jungen mit einem offenbar geübten Griff im Arm, ganz so dass er gemäß seines Alters von 6 Monaten und der angeborenen Sehnsucht nach der Mutter sich umschauen konnte. Ihr Körper begann sich hin und her zu wiegen, während sie mit Marie die Neuigkeiten austauschte. Wobei Marie natürlich ausführlich über die Entwicklung des Sohnes berichtete.
„Ach und wo ist Papa?“
„Er lässt sich entschuldigen und bestellt die besten Grü...“
„Er schickt dich ins Turnier?!“
„...ße. Verwaltungsaufgaben der Baronie. Wir hatten da einen Feldzug mit ein wenig Kollateralschaden.“
„Er schickt dich ins Turnier.“
„Muss ich tjosten?“
„Natürlich!“

Sir Philip hatte nicht mit der Wimper gezuckt bei ihrer Eröffnung und schlicht den Brief des Sir von Gipfelsturm studiert, den sie ihm überreicht hatte. Die Ritterin rechnete es ihm hoch an, dass er nicht enttäuscht darüber wirkte keinen Kronritter für diesen Festakt im Streiterfeld zu haben. Nur eben sie. Lady Helisande, die Frau von.


So saß sie auf Mocca in der Tjostbahn. Tristoban reichte ihr die Lanze an und war mal wieder schwer durchschaubar in Mimik und Gestik. Der gestrige Tag war mit einem gemütlichen Mahl im Kreise der Familie zu ende gegangen. Knappe und Page hatten serviert, eine hübsche häusliche Szene. Doch jetzt saß sie auf ihrem Pferd, das sich heute unter ihr irgendwie widerborstig anfühlte. Zuvor hatte sie schon einen Kampf ausgestanden ihre Halsberge zu schließen. Sie musste die Riemen weiter schnallen und auch der Brustpanzer hatte über dem Gambeson schon mal besser gesessen. Es war einiges an Umschnallen und Umpolstern nötig um sich nun wieder wohl in dem Rüstwerk zu fühlen.
Ihr Gegner lies sein Pferd am anderen Ende der Bahn tänzeln. Ein prachtvolles Gespann die beiden. Offenbar ein reines Tjostpferd und der Reiter ein geübter Streiter in dieser Kampfbahn. Sie selbst dagegen hatte nur ihre schwarze Adelsfarbe mit Drache und Löwe in Gold und das vermutlich hässlichste Pferd im Dienste eines Ritters. Mocca war zu groß, zu breit und zu kompakt gebaut. Sein Blick und seine Ohren deuteten fast immer auf Wachsamkeit und immer auf Eigensinn hin. Über die Flanke zog sich die Spur einer alten Verletzung, die gut versorgt worden war. Die Narbe alterte gut, würde aber nicht mehr flacher werden. Auch am Kopf und am Hals erblickte man mehrere Schmisse, die sich wie helle Rinnen in das dunkelbraune Fell eingefressen hatten. Er war kein Tjostpferd. Kein Pferd für Turniere und Paraden. Gemeinsamkeiten.
Der Herold sang seine Litanei hinunter, dann fiel Maries Taschentuch zu Boden und sie ritten an. Kurz vorm Kontakt der Lanzen schnaubte Mocca und tauchte im Anritt so ab, dass die Lanze ihres Gegners sie vom Pferd fegte ohne sie auf einer Trefferfläche zu touchieren.
Sie war raus.
Im ersten Gang.
Mocca parierte durch, trabte zu ihr und blieb stehen als ob nichts gewesen sei. Tristoban sammelte seine Ritterin auf und brachte sie zu den Heilern. Außer ihrem Stolz war nichts verbeult worden. Außer vielleicht Tristobans Mimik, als sie ihm eröffnete, dass er am morgigen Buhurt mitkämpfen sollte. Der Sir war nicht mitgekommen, also fehlte ein Kämpfer.

Und diese Halsberge. Sie würde sich bis morgen etwas einfallen lassen müssen.
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 10 Okt 2018 18:57    Titel:
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„Ihr schlagt doch die Ritterlaufbahn ein, wenn ich nicht irre?“

„Ich... ich bin Page, Fräulein Reger. Und kein Knappe.“

„Und ihr wurdet Page, um ewig einer zu bleiben?“

„Ich... ahrm...Nein... natürlich nicht. Aber..“

„Herr Schnellwasser! Ihr wurdet sicher nicht Page, um euer Leben lang Schwerter zu zählen und bei Tische anzureichen. Ihr werdet aufsteigen, und eines Tages seid ihr Ritter. Eines Tages steht ihr vor einem Haufen Idioten, um ihnen zu erklären, warum sie einen anderen Haufen Idioten im Namen von etwas, was sie womöglich nicht verstehen, töten sollen...“


Und auf einmal bist du mit der harten Realität konfrontiert. Das Leugnen wird schwer, wenn nicht sogar unmöglich. Ihr werdet aufsteigen... und eines Tages seid ihr Ritter. Die Worte hallen nach, bleiben haften in dir und deinen Gedanken. Es wird Zeit, zu akzeptieren, dass der Wunsch nicht nur noch ein Gebilde ist, sondern erste zaghafte Wurzeln geschlagen hat. Man beobachtet dich, schätzt dich ein. Und wie es scheint, ist da kein Zweifel, sonder das pure Vertrauen in deine Fähigkeiten. Allein deine eigene Reserviertheit macht es dir schwer, dich aus deiner Skepsis zu lösen. Und doch wächst langsam aber stetig das Vertrauen in dich selbst. Du könntest, wenn du wolltest. Du willst es und suchst noch Mittel und Wege, die alten Ketten abzustreifen, die dich in einem Handeln ohne Zögern festhalten.

Ein Soldat lebt für den Dienst.
Ein Soldat überlebt solange, wie seine Fähigkeiten ihn schützen.
Ein Soldat hat stets seinen Geist und Körper zu trainieren.


Schneller als du es begreifen konntest, ist der Zeitpunkt zur Abreise da. Die Nacht zuvor war kurz, zu kurz. Die Mühe und Arbeit eines Briefes, der so knapp an Inhalt und doch die Nacht in Anspruch genommen hat, weilt nun an besonderer Stelle, für ein besonderes Herz. Dein Ansporn, sich mit den lästigen Buchstaben zu beschäftigen, wächst wohl nur aufgrund dieses Herzens, mit dem das deinige versucht, in einem Takt zu schlagen. Wie oft du wohl von dem Gesicht träumen wirst? Dir ist bewusst, dass du tagsüber keine Zeit zum träumerischen Missen haben wirst, doch der Moment vor dem Einschlafen wird dir sicher eine Probe sein. Wenn die Gedanken Zeit haben, zu streifen, ohne jegliche Richtung und Erfordernis nach Richtig oder Falsch.
Du nutzt die Zeit an Bord, um dich weiter körperlich ausdauernd zu halten, packst an, wo es gefordert wird. Doch viel ist es diesmal nicht an Arbeit. Allein die offizielle Vorstellung der Besatzung als Page und Leibwächter lässt sie dich anders anblicken als damals, als du das erste Mal auf einem Schiff weiltest. Und so ist die Zeit doch freier, um sich mit den Arbeitsblättern der Lady zu beschäftigen. Du nutzt die Abende, die Nachmittage, die Morgende... all jene Phasen, in denen es ruhig ist und die Langeweile dich übermannen könnte. Und langsam wird klar, dass du eigentlich es bereits in dir verinnerlicht hast, durch das stetige Üben des Lesens, dem Zuordnen von Bild und Wort, dem Auftragen der Worte bei den Schreibern und Beobachten ihrer Handgriffe. Du verschweigst jedoch deinen ersten eigenen Brief und gibst brav jedes Blatt ab, das dir gereicht wurde. Das klare Schriftbild der Lady hilft dir in Erledigung dieser; deine Flecken und unsaubere Schriftweise zerstört ein wenig die Ordnung. Jahrelang musstest du deine Kleider in Ordnung halten, die Rüstung deines Vaters polieren und einfetten. Akribisch faltest du bis heute noch jedes Stück Stoff zusammen, doch die Ordnung auf dem Blatt zu halten, ist dir noch fremd. Doch immerhin liegt diese innere Beharrlichkeit in dir, die eines Tages hoffentlich zu einem besseren Ergebnis führen wird. Sie bringt dich so weit, dass die Fehler nur flüchtiger Natur sind; es ist dir wichtig, das alles stimmt, was dort steht.

Die Fahrt bleibt ansonsten ruhig. Keine Stürme, keine Flaute an Wind. Das Meer meint es gut mit dir und Milady und man erreicht das dir fremde Lehen im berechneten Zeitrahmen. Auf dem Ritt gehst du innerlich noch einmal die Namen durch, samt der Titularien. Für die Überfahrt hast du Semborel gewählt, seine ruhige Natur ein kompletter Gegensatz zu dem Ross Miladys. Auch wenn der schwarze Hengst in der Heimat sich bereits reiten lässt. Noch eine Sache, die es anzugehen gilt, noch eine Aufgabe neben vielen, die dir immer wieder einfallen...

Ein Page beobachtet, lernt und bildet sich stets weiter.
Ein Page sieht in jeder Aufgabe eine Grundlage zu Lernen.
Ein Page hat sein Ziel stets im Blick.


Sir Philip strahlte die permanente Müdigkeit eines frisch gewordenen Vaters aus, ebenso schien er eine höfliche Natur innezuhaben, die dir bereits auf Gerimor bei manchem bekannt ist. Diese absurde freundschaftliche Ader wirkt auf dich immer noch so fremd, dass du sie nicht recht fassen kannst. Eine allzu gute Arbeit deines Vaters an deinem Benehmen und ein fester Schliff, den er dir verpasste als junger Knabe. „Beug den Oberkörper, verhalt dich still! Hör ich nur ein Wort, ein Husten oder ein einziges Knarzen einer Diele, dann wird der Übungslauf morgen dir den Makel austreiben, versprochen Tristoban!“ Er kannte wohl kaum Gerimor und die vielen Namen und Gesichter, die es anders verlangten. Die wollen, dass du ihnen in die Augen siehst und deine Gedanken mitteilst. Die dich sehen, beobachten und darauf warten, dass du handelst. Wer kann schon wissen, was die Lady auf jener Reise von dir erwartet. Innerlich hast du dir den Plan zurechtgelegt, den man dir vorher anempfahl: Dich in der Küche beliebt machen und die Zeit zu nutzen, um das Leben an einem Hofe zu beobachten. Doch bereits als die ersten Blicke zwischen dir und dem Knappen ausgetauscht werden, weißt du, dass sich das Gutstellen schon hier als schwierig erweisen würde. Dir fällt der arrogante Zug auf, die latente Art des abschätzigen Beobachtens. Deine Gabe der Beobachtung wird hier zum Prüfstand und gleichzeitig zum gnadenlosen Fluch, als sich diese bestätigt. Denn kaum dass die hohen Herren sich entfernen und du auf dich allein gestellt bist, wirst du auf den Prüfstand genommen seitens des Knappen. Du stellst dich den Fragen in Ruhe, beantwortest neutral die Umstände nach deiner Anstellung als Page und der fragwürdigen Doppelbelegung als Leibwächter der Lady. Deine Geduld ist eine Tugend, so sehr, dass du als harmlos und unbedeutend genug eingestuft wirst vom Knappen, sodass dieser nun mit seinen ruhmreichen Geschichten beginnt. Wie viele Namen er dir um die Ohren wirft, kannst du bald nicht mehr zählen. Er spricht von Ehre, von Duellen und von dem Nervenkitzel vor jedem Aufeinandertreffen der Klingen. Er beobachtet dich in deiner Reaktion, wohl um auszutarieren, ob du dich zu einem nächtlichen Gerangel überreden lassen würdest. Es ist deine Bescheidenheit, die dich auch jenes aussitzen lässt, ohne Erfolg für den Burschen. Er erinnert dich in Zügen an die Beschreibung des edlen Herren daheim, als jener wohl mal jung und ebenso ehrgeizig war. Heute trägt er nur noch diesen distanzierten Charakter in sich und lässt keinen an sich heran. Außer deinen Vater.
Die Herrin der Küche scheint ein gewohntes Bild: Jene Dame mit der resolutesten Stimme und dem eindruckvollsten Unterton in jener lässt die Leute durch die Küche hetzen, damit alles perfekt ist für den Abend. Hier zumindest fühlst du dich wohl und schaffst es auch durch ein beherztes Anpacken, zumindest eine duldsame Toleranz dir einzuholen seitens der Küchenherrin. Nicht ohne einen seltsamen Kommentar des Knappen dir einzuholen, bevor ihr zusammen euch fertig macht für das abendliche Servieren. Die stille Musterung euer beider scheint weiterhin anzudauern. Wie zwei Hunde umkreist ihr einander und taxiert, beobachtet den anderen. Ihr duldet euch, doch riechen könnt ihr euch nicht, schnell wird dies klar. Und doch wahrt ihr die Miene und benehmt euch ordentlich, höflich an dem Abend, während die hohen Herren einander sich unterhalten.

Ein Page weiß, wie man am Hofe sich benimmt.
Ein Page achtet die Etikette.
Ein Page kann nur durch Beobachten lernen.


Der Tag des Turnieres und der Tjost regt in dir wieder die Neugier und das Aufflammen für jene Form des Wettbewerbes. Du kannst nicht anders, als dir selbst zumindest so ehrlich zu sein, gerne selbst dort auf einem Tier zu sitzen und loszureiten. Doch dein Stand erlaubt es nicht, dein Wissen darüber umso weniger. Und allein der Gedanke bleibt erst einmal, was er ist: Ein Gedanke, ein Wunschgebilde. Doch die Worte des Fräulein Regers haften immer noch in dir, selbst hier in Wellenbergen: Eines Tages könnte es Wirklichkeit werden und du musst nicht heimlich und als Freizeitvergnügen die Lanze führen. Umso bewegter du innerlich darüber bist, umso mehr zwingst du dich zu einer ruhigen Miene, allen voran, da die Lady unkonzentriert scheint. Irgendetwas ist anders, du kannst es allerdings nicht benennen. Noch immer ist dir diese Frau mehr Geheimnis als Offenbarung, doch überrascht es dich mehr, dass so viele andere auch diese Siegel nicht öffnen konnten. Vielleicht der Baron, doch du würdest nie auf die Idee kommen, ihn deswegen zu fragen. Auch er scheint dir noch viel undeutbarer als die Lady selbst. Eines Tages wird sie deine Meisterprüfung und du hoffentlich genug wissen, um ihr den entsprechenden Schutz zu gewährleisten. Doch am Turnier versuchst du nur, eine gewisse Ruhe auszustrahlen, ihr die Lanze anzureichen und an der Seite zu harren, bis die Runde vorbei ist. Das Krachen überrascht dich, der Flug ebenso und du selbst weißt eigentlich gar nicht mehr genau, wie du so schnell direkt an ihrer Seite sein konntest, um ihr die Stütze zu geben und sie samt Pferd von der Bahn zu bringen...

„Wir brauchen noch einen Mann für den Buhurt.“
Ja, die Züge entgleiten dir bei den Worten und die Überraschung steht dir allzu sehr in die Miene geschrieben. Du, die Lady und der Knappe, samt einigen anderen sollen zusammen kämpfen. Stumpfe Waffen, Ausdauer und taktisches Denken Voraussetzung, um lange genug auf den Beinen zu bleiben. Und trotzdem wirst du den schalen Geschmack nicht los, dass mehr daran hängt, als das bloße Draufhauen. Und die Entscheidung, in der Nacht noch einmal in Ruhe die Schwerstriche zu üben, ist allzu schnell getroffen...

Du bist Soldat.
Du bleibst Soldat.
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Helisande von Alsted





 Beitrag Verfasst am: 13 Okt 2018 18:56    Titel:
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"Tristoban nicht zögern. Unsere Gegner haben zum Teil noch nie ein Schlachtfeld gesehen oder gerochen. Hier ist das Leben ruhig und wird nur vom Krieg belächelt. Du kennst das Schlachtfeld, den Krach, den Dreck, die Angst. Nicht zögern. Es ist schwerer einen Mann zu entwaffnen als ihn zu töten."

Die Worte wurden ohne den Belehrungstonfall einiger Ritter dem Pagen mit in den Buhurt gegeben. Die Gruppen standen fest, ebenso auch die Waffen. Sir Philip hatte als Ausrichter für alle die gleiche Waffenauswahl gestellt. Ihre Wahl war auf den Zweihänder gefallen, dem Pagen hatte sie ein Breitschwert und einen Turmschild in die Hand gedrückt. Sir Philip hatte einen Anderthalbhänder, sowie Ritterschild gewählt und sein Knappe war ähnlich ausgerüstet wie der Page. Auf der Gegenseite hatte der junge Florian von Dornwacht sich ähnlich ausgerüstet, ebenso wie zwei der Ritter, die ihn begleiteten und ein weiterer Hochedlern in den Dornwachtfarben.

Am Vorabend hatte es ein Bankett für alle Gäste gegeben. Sie hatte nur sparsam gepackt, aber ein Tageskleid und ein Kleid für solche Anlässe standen ihr durchaus zur Verfügung. Das hochgeschlossene Kleid in ihrem Drachenschwarz, enge und lange Ärmel. Aufgesteckte Haare und nur das Ritteramulett und den Ehering als Schmuck. Die anderen Damen hatten sich für den Anlass mehr herausgeputzt. Zeigen, was man hat- oder gern hätte. Ihr Page hatte sich erneut feierlich und dienstbar gewandet. Unverdrossen hatte er ihr nachgelegt und nachgeschenkt und vermutlich allerlei Gesprächsfetzen aufgeschnappt und den Tratsch des Hausstandes mitverfolgt ohne Teil dessen zu sein. Leider war keine Zeit um die Eindrücke auszutauschen und zu ordnen.

Die Zuschauer plauderten fröhlich vor sich hin und der kleine Miracell fand den gesamten Trubel offenbar ganz furchtbar und plärrte aus voller Kehle los. Marie musste sich mit ihm zurück ziehen. Sie fühlte sich nicht wohl dabei ihren Sohn der Kinderfrau zu überlassen, wenn er nicht tief und fest schlief. Somit übernahm Katharina von Fahlaue die Ehre den Buhurt zu eröffnen. Ihr Gatte kämpfte an der Seite des jungen Herren von Dornwacht mit. Beide waren schon im gesetzten Alter und der Ritter zeichnete sich daher auch durch eine gewisse Gemächlichkeit aus.
Sir Philip war nicht nervöser als Knappe und Page, er hatte zum ersten Mal eine solche Veranstaltung auzurichten und bisher war alles halbwegs gesund verlaufen. Allerdings war er durchaus gealtert und gereift und wirkten nicht mehr so grün hinter den Ohren wie bei dem ersten Besuch der Ritterin in seinem Heim.

Das Taschentuch wurde vom Wind verweht und landete auf dem Boden. Natürlich stürmte der Knappe Sir Philips vor. Sir Philip gab lästerliche Worte von sich unter seinem Helm und eilte dem Draufgänger nach. Sie selbst lief zur Seite einen Halbbogen um die die andere Gruppe, die sich nun natürlich auf die beiden Lebensmüden stürzte zu beharken. Kaum einen halben Schritt hinter ihr der Page. Der Zweihänder wurde quer gegriffen und der Dornwachter-Streiter damit abgedrängt. Sein Schwert geriet mit der Fehlschärfe ihrer Waffe in Bindung und schon hatte er keine Waffe mehr. Ein beherzter Tritt noch gegen die Beine und er war aus dem Kampf raus. Doch keine Zeit für Atempausen. Sir Philip hatte sich mit seinem Knappen in die Enge drängen lassen, während der junge Dornwacht-Herr Lunte roch und auf sie zugestürmt kam. Der Page warf sich dazwischen und wurde von ihr seinem Schicksal überlassen, denn der Knappe Sir Philips lag am Boden und Sir Philip hatte zwei Streiter am Hals. Die Reichweite des Zweihänders war nützlich, auch wenn sie jetzt einstecken musste. Der gemächliche Ritter von Fahlaue hatte Kraft und sie nur die breite Klinge zum Parieren. Er trieb sie über den Platz und ihr wurde für einen kurzen Moment schwummerig vor den Augen. Sie knickte unter einem Hieb ein und wäre nicht Sir Philip vor ihr mit seinem Gegner zu einer wenig einvernehmlichen Einigung gelangt, sie wäre vermutlich raus gewesen. Er verschaffte ihr Luft und sie zog ihrem Gegner den Griff des Schwertes unters Kinn.
Sie gewannen den Buhurt. Obwohl Sir Philip sich schon im Vorfeld Lob dafür angedeihen lassen durfte, dass er mit einer Frau und einem Pagen in den Kampf gehen würde. Er hatte sich dazu nicht weiter geäußert. Sie war auf die Knie gesunken mitten in der Kampfbahn. Der Helm vom Kopf gerissen und irgendwohin geworfen, ebenso der Gesichtsschutz.
Nicht genug Luft.
Laufen.

"Helisande, geht es dir gut? Du bist weiß wie eine frisch gekalkte Stallwand. Ich meine noch weißer als sonst.."
Marie kam ihr auf rennend zurückgelegten Weg ins Innere der Burg mit Miracell auf dem Arm entgegen.
"Wir haben gewonnen."
"Oh, wie schön. Dann wird mein Gatte den alten Karlswerder gut abkassieren. Sie haben gewettet!"

Dann erbrach sich die Lady in die mit viel Liebe und guter Züchterhand an der Mauer angepflanzten gelben Kletterrosen. Hinter ihr in der Szene angekomen der Page mit Helm und Gesichtschutz in der Hand, Zweihänder über der Schulter und einem frischen Schmiss auf der Stirn.

"Milady was tut Ihr da?"
"Sie düngt die Rosen. Ein schöner Tag, nicht war Page Tristoban? Ihr habt meinem Gatten Gold verdient!"

Später im Tageskleid mit genug Salbe auf den Blessuren des Turniers fand die Rosthaarige dann endlich die Muße ihre Dienstbücher zu durchblättern und zu zählen. Sie hatte unbeobachtet eine Weile nackt vorm Spiegel gestanden und die Stirn in Knitterfalten gelegt. Schließlich schloss sie die Augen und begann von vorn zu blättern. Normal waren alle vier Wochen vier Kringel rechts neben dem Tagesdatum. Doch sie fand ab Mitte Eluviar beziehungsweise Anfang Schwalbenkunft keine vier Kreise mehr. Nur zweimal einen durchgestrichenen Kreis. Da kreiste nichts mehr regelmäßig. Es erfolgte ein wildes Gerechne, schließlich wurde die Halsberge genauer betrachtet.

"Hast du dich ein wenig erholt, Helisande? Philip sagt du wärst eine recht kaltschnäuzige Kämpferin und ich habe es nicht gesehen!"
"Du hattest Wichtigeres zu tun als mir zu zusehen. Ohne deinen Gatten und meinen Pagen, wär ich wieder im Dreck gelandet."

Unwillkürlich zuckte die linke Hand hoch zu ihrem Bauch, die älteste und unbewussteste Schutzgeste aller Frauen, seit es sie gibt. Marie legte den Kopf schief.
"Ich habe das auch gemacht, weißt du. Wie lange willst du es noch geheim halten?"
"Wollen gar nicht. Ich habe es jetzt erst... unwichtig. Du bleibst sein erstes Kind und sein Augenstern, Marie. Hier wächst kein Konkurrenz."
"Mhh. Aber Miracell aus seinen Kleidern heraus. Ich packe welche zusammen und gebe sie dir mit."
"Ich reise morgen ab."
"Deswegen?"
"Deswegen."
"Rede mit deinem Pagen. Er ist glaub ich kurz davor eine Schlägerei mit dem Knappen anzufangen. Nicht, dass es diese Spottdrossel nicht verdient hätte mal gründlich eins auf die Nase zu bekommen. Man sorgt sich um dich, Lady."
"Mhh."


Zuletzt bearbeitet von Helisande von Alsted am 13 Okt 2018 19:10, insgesamt einmal bearbeitet
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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 16 Okt 2018 18:34    Titel:
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„Du kennst das Schlachtfeld, den Krach, den Dreck, die Angst.“


Und den Schmerz, wenn der gegnerische Pfeil dich trifft, darauf aus, dir das Leben auszuhauchen. Doch dein Körper wehrt sich, das Herz pumpt umso schneller durch Mark und Bein und so zerreißt es dein Innerstes vor Schmerz und der puren Panik. Am Leben bleiben; in diesem Moment will man einfach nur noch am Leben bleiben. Die halbe Nacht hast du im kleinen Hof geübt, der hinter der Küche einst angelegt worden war für die Abfälle aus jener. Parieren, Angriff... Ausfallschritt nach rechts, Wegducken nach links, Schildkante nach oben ziehen, um sie dem Gegner in die Kehle zu treiben oder ihn wegzudrücken, mit voller Kraft. Das, was dir einst gelehrt wurde, versuchst du wieder und wieder. Zu groß der eigene Stolz, am kommenden Tag nicht gut genug dazustehen. Diesmal willst du nicht als Erster ausscheiden, sondern mit vollem Ernst bei der Sache sein. Nur angedeutet zeigen die Ränder unter den Augen an, dass die Nacht wirklich kurz war, doch deine Höflichkeit bleibt weiterhin. Allein der Faden der Geduld mit dem Knappen wird stetig dünner. Am Abend zuvor habt ihr euch beim Servieren größtenteils gemieden, bis auf den Rempler seinerseits, als du die Karaffe nachfüllen wolltest. Das Bersten des Tones in seine Einzelteile wurde glücklicherweise bei dem Gelächter und Gerede überhört und fand außerhalb der Blicke der hohen Herrschaften statt, doch das Grinsen des Knappen hatte ihn schon verraten, bevor er sich in eine Entschuldigung zu retten suchte. Es gärt und auch im Wissen, dass er nur darauf wartet, willst du keinen falschen Eindruck erwecken. Auch wenn es dir in den Fingern juckt, dem Kerl seine Grenzen aufzuzeigen.

Ein Page hat Selbstdisziplin.
Ein Page weiß um den Anstand und die Höflichkeit, die verlangt wird.
Ein Page lernt mit seinen Herausforderungen.


Anspannung und eine Spur der Nervosität vibriert in dir, sorgt dafür, dass der Griff um Schwert und Schild sich krampfartig um das Leder legt und jenes leise knirschen lässt. Die Gegner sind dir unbekannt, ihre Namen nur Namen für dich. „Da draußen wird dir Niemand sagen, wo seine Schwachstelle ist. Schlag vor ihnen zu, traktiere sie, bis sie anfangen, Fehler zu machen. Und dann findest du schon eine Schwachstelle.“ Das Tuch berührt den Boden, der Knappe stürmt voran, hinter ihm sein Herr. Dein Blick fängt die Bewegungen auf, die eingeschränkte Sicht im Helm erschwert es, die Gesamtsituation zu begreifen. Du bleibst bei Milady, deckst ihre Flanke und suchst gleichzeitig nach günstigen Angriffsmomenten. Nicht zögern. Der junge Recke sah nicht, dass du Milady im Blick behalten hattest, sodass du dich zwischen sie und ihn drängen kannst, um seinen Angriff abzublocken. Eisen trifft Eisen, die Wucht vom Schild aufgefangen. Schild hochziehen, zur Seite drücken, den Arm des Gegners blockieren. Druck erzeugen, Enge, um ihm keinen Raum zum Atmen zu geben. Schwachstelle finden, austesten, austarieren. Du merkst die Übung deines Gegenübers, die Kraft, das Scheppern in deinen Ohren, als er dir das Schild an den Helm knallt. Doch letzten Endes kannst du ihn zu Boden bringen. Letzten Endes stehst du noch, wenngleich dir die Ohren klingeln und es die einzige Begegnung war, der du dich stellen musstest. Du hilfst dem jungen Dornwacht Burschen wieder hinauf, eine Ehrensache, um sich gegenseitig die Schulter zu klopfen und zu fragen, ob alles in Ordnung sei, zumindest halbwegs. Neben dir scheppert es mit einem Male und als du selbst deinen Helm abgezogen hast, um dir einen Überblick zu verschaffen siehst du nur noch die Sachen Miladys rumliegen.

Ein Page sorgt sich um die Ausrüstung der Ritter.
Ein Page weiß um die Wichtigkeit von Schwert und Rüstung.
Ein Page ist im Inneren auch stets Soldat.


Die Waffen waren schon längst wieder befreit vom Staub, die Rüstungsteile ordentlich verstaut, nachdem die Riemen und Gelenke überprüft worden waren. Die leichte Prellung an deiner Stirn nervig, aber erträglich. Weniger erträglich dafür die Worte des Knappen. Dünner wird der Faden... denn den Ruf einer Dame zieht man nicht in den Dreck.

„So wie du dich zwischen die Lady und dem Sir geworfen hast, könnte man meinen, du vergötterst sie und fürchtest um einen Kratzer deiner Angebeteten.“

„Ich habe nur das getan, was dem Sieg dienlich war.“

„Die Lady war keine große Hilfe. Eine Frau im Buhurt... pff.“

„Sie ist Ritterin und Oberst des Regimentes in Adoran, alles aus eigener Kraft und...“

„Ach was, sie hat bestimmt hier und da jemandem hübsche Augen gemacht.“


Die Faust trifft krachend die spitze Nase, die dir schon von Beginn an als herrliche Trefferfläche aufgefallen war. Der Faden gerissen, die Geduld dahin. Auch du bist nur ein Kerl, auch du hast deine Wut. Und auch du musst manchmal mit dem Gesicht im Dreck landen und dich mit einem andren Kerl in diesem hin und herwälzen, um selbst noch das Gefühl der Lebendigkeit zu spüren. Du weißt nicht mehr, wie lange ihr gerungen habt und euch traktiertet, nur noch, dass ihr irgendwann auseinandergerissen wurdet. Deine Lippe war aufgeplatzt, ein weiterer Schmiss zierte nun die Wange und auch die Rippen spürten noch die Faustschläge zuvor, die du einstecken musstest. Du siehst den Blick des Knappen und du weißt: Die Sache ist noch nicht erledigt; nicht, bis klar ist, wer der Stärkere wäre. Irgendjemand schubst dich weg, bringt dich zu deiner Kammer und erzählt dir, dass die Sachen gepackt werden müssten, da die Lady anwies, schnellstens ein Schiff zurück in die Heimat zu besteigen. Du hörst halb zu, ein wenig noch der Prügelei zuvor nachhängend. Doch später, beim Packen, fängt das Nachdenken an, das Rotieren und zusammenzählen der Beobachtungen. Du würdest fragen, auf dem Schiff. Und sie... würde sich sicher herrlich über dein Aussehen amüsieren.

Du bist Soldat.
Du bist Leibwächter und Page.
Und doch bist auch du nur ein Kerl... manchmal.
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Helisande von Alsted





 Beitrag Verfasst am: 22 Okt 2018 20:03    Titel:
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Wieder die weite See vor sich und den Pagen neben sich überschlugen sich immer noch die Gedanken in der Ritterin. Der Wind riss am fest geflochtenen Zopf und strecke auch seine Finger nach ihrem Umhang aus. Der gewittergraue Blick lag auf dem Horizont, das Gesicht zeigte noch immer eine Mischung aus Staunen, Unglauben und einer gewissen Zurückhaltung. Marie und Sir Philip hatten ihren hastigen Aufbruch voller Verständnis akzeptiert. Sie reiste mit einer Seekiste mehr ab, als sie angekommen war. Die junge Wellenbergerin hatte ihr Wort gehalten und die Sachen eingepackt, aus denen ihr Sohn bereits herausgewachsen war. Der Neffe würde knapp ein Jahr älter sein als der Onkel.

Der Page blieb ein kleines Rätsel. Gerade wirkte sein Gesicht jedoch deutlich weniger rätselhaft, dafür aber zerschlagen. Die Spuren deuteten auf eine handfeste Keilerei hin. Ihre Nase ruckelte hin und her, die Worte wurden gründlich abgewogen. Er hatte sich für sie geprügelt. Die aufkeimende Rührung wurde schlicht vom Willen bezwungen, sie kam sicherlich nur von ihrem Zustand, den sie langsam akzeptierte. Trotzdem war der bescheidene junge Mann neben ihr, Page Tristoban, der erste Mann, der sich für sie geschlagen hatte. Mit ihr prügelte man sich hingegen recht häufig. So oder so.

"Tistoban, Ihr solltet als mein Leibwächter und Page etwas wissen. Ich, also die Anzeichen deuten darauf hin... also wenn ich mich nicht geirrt habe, dann besteht die hohe Wahrscheinlichkeit, dass ich schwanger bin."

Die Information lies sie einige Wellen lang sacken, obwohl so wirklich überrascht wirkte der junge Herr nicht davon. Bevor sich jedoch zu viel Unsicherheit und Spannung aufbaute, kam das grundsolide Ablenkungsmanöver. Den Held ein wenig feiern, für seine unbewusste Ritterlichkeit.
"Wie sieht eigentlich der Knappe aus? Zwei blaue Augen?"

Sie selbst fühlte noch den Aufprallbereich vom ungeplanten Absitzen, es begann schon zu jucken. Allerdings würde sie noch einige Tage nicht sinnvoll Reiten können. Die Muskeln im Schulterbereich meldeten sich auch noch vom Buhurt. Schläge frei mit einer Klinge parieren braucht körperliche Resourcen, der Feldzug hatte jene auch schon strapaziert. So jung sie noch war, sie spürte nach kampfreichen Zeiten ihren Körper immer länger und auch deutlicher. Der Page würde das schneller überwinden, zumindest den körperlichen Aspekt. Bei der Belastung von Seele und Geist durch solche Situationen hatte sie gewisslich Vorteile. Man gewöhnt sich an Vieles, auch an die Anspannung vor einem Kampf. An Verluste gewöhnt man sich nie. Zumindest sie nicht.

Der Blick wanderte vom Horizont kurz erneut zu dem jungen Streiter neben ihr, der wohl unbewusst in der gleichen Haltung an der Reeling stand wie sie selbst. Die fast schon vergessenen Worte der Hochwürden hallten plötzlich durch ihren Kopf "eines Tages wird Euer Herz wieder weich werden, für einen jungen Kämpfer mit hohen Idealen..."
Sie hatte recht behalten.
Die Zeit würde alles weitere weisen.


Wie der Wind von der See stürmte sie vom Hafen in Adoran nach Schwertfluren, in die Burg und ins Gemach. Voll froher Erwartung ihren Gatten dort zu sehen, fror sie dennoch auf der Stelle ein, als sie ihn dann erblickte. Mit leichter Verwunderung kam er auf sie zu und wollte sie umarmen.
"Sir, ich sage dir jetzt die drei Worte, die uns auf ewig verbinden werden..."
"Ach, Milady, ich liebe dich doch auch!"
"Ich bin schwanger."
Stille.
"Oder ich sterbe an einer bisher unbekannten Krankheit. Aber ich gehe eher von einem Kind aus."
Freude.

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Tristoban Schnellwasser





 Beitrag Verfasst am: 05 Jan 2019 17:41    Titel:
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Der Winter ist geprägt von Ruhe und zu vielen Gedanken. Du denkst ständig nach: Während der Wache am Tor, bei den Patrouillen und vor allem in deiner Kammer, wenn nur das Pfeifen des Windes und das Knistern des Feuers in der Küche zu hören ist. Letztes Jahr um diese Zeit warst du noch auf dem Hof und musstest Schnee schippen, um den Weg freizuhalten für die Fuhrwerke des edlen Herren. Da war nicht viel mit nachdenken und Gedanken reifen lassen, denn das Denken sei dem einfachen Manne nicht gegönnt. Anpacken, mithelfen, zur Hand gehen. Es gab immer Etwas, das kaputt war und repariert werden musste. Irgendwo brauchte immer Jemand Hilfe und selbst wenn die Dunkelheit früher hereinbrach, so endete nie die Geselligkeit. Die Abende in der Gemeinschaftsküche fehlen dir. Das gemeinsame Erzählen, das Lachen untereinander und die schlichte Nähe von vielen Menschen in einem Raum.

Ein Mann beklagt sich nicht.
Ein Mann findet die Aufgaben und wartet nicht, bis sie anfallen...
und ein Page nimmt sie an, egal, wie sie ausfallen.


Es gibt da diese eine Nähe, die du nie mehr missen willst. Körper, die sich viel zu nahe kommen und doch dir diese Zweisamkeit Geborgenheit, Wärme, Zuneigung gibt. Du hättest nie geglaubt, so treu und selbstlos dein Herz verschenken können einst und hast es doch getan. Vielleicht geschah dies auch einst mit deinem Vater; es würde erklären, warum er nie ein böses Wort über deine Mutter sprach, von der du so wenig weißt. Und auch, wenn er stets dein Mitgefühl und dein Gefühl als bloße Verweichlichung abtat, so ist sie vielleicht auch ein Merkmal, dass deinen Vater zu sehr an jene Frau erinnerte, die euch verließ. Doch Vermutungen bleiben, was sie sind und werden nie mehr sein.
Es ist auch dein Herz und dein Gefühl, das mithandelt, wenn es um den Schutz der Lady geht. Doch sie macht es dir erstaunlich einfach und meidet jene Stellen, an denen du dich dazwischen werfen müsstest oder schlimmer, sie über die Schulter und wieder nach Hause bringen müsstest. Zu fromm, zu friedlich wirkt es und stets ist da auch eine gewisse Skepsis, da du zu oft gewarnt wurdest vor ihrer Natur. Und doch vermisst du immer noch den Drachen und siehst stattdessen viel Sanftheit, viel Verständnis und eine Weichheit, die auch gefährlich sein könnte. Gefährlich für die Lady, bietet sie doch so derzeit eine gute Zielscheibe. Das Wissen darum trägst du stets bei dir, ohne es auszusprechen. Sie weiß es sicher ebenso und ist sich dessen bewusst.

Ein Page hat seinen Blick überall.
Ein Page bleibt im Hintergrund und hört doch aufmerksam zu.
Ein Page handelt auf Weisung, ohne eigenen Ruhm.


Die Planungen sind so gut wie abgeschlossen. Bald würde das Biwak stattfinden können und zeigen, was du alles dabei vergessen hast. Mehrmals bist du deine innere Liste durchgegangen und mehrmals wurdest du das Gefühl nicht los, etwas nicht mit beachtet zu haben. Doch es würde sich zeigen, sobald die Zelte stünden und die ersten Leute die Beile in den Händen halten würden. Aushänge würden noch angebracht werden müssen und Rücksprachen gehalten... einiges, was man noch bedenken musste und doch irgendwie machbar schien. Man würde sehen, ob es den Erfolg bringt, den man sich erhoffte. Der Winter wies stets diese trügerische Ruhe auf, die einen glauben ließ, dass nur wenige Menschen hier weilten. Wer wusste schon, wer sich aus den Häusern trauen würde, um einige Tage im Kalten zu verbringen? Noch immer wäre dir das Frühjahr lieber gewesen, doch sicher war jene Aufgabenstellung bewusst so gewählt worden, um ein Hindernis mit bereit zu stellen. Vielleicht solltest du noch einige Säcke Kohlen schaufeln, um dem Verbrauch jener in den Feuerschalen gerecht zu werden.

Ein Page kann sein Leben nicht nur Page bleiben.
Ein Page wird vorbereitet auf eine weitere Zukunft.
Aus einem Pagen.. könnte ein Knappe werden.


Die Akzeptanz des Umstandes weilt schon eine geraume Zeit in dir. Das Nachdenken ist nicht immer schlechter Natur, auch wenn dies früher dir unterstellt wurde. „Tristoban, das Denken überlass den Generälen und hohen Herren. Sie wissen, wie man Krieg führt und ebenso, wie die Politik funktioniert. Du wirst gehorchen und so ein Teil des Ganzen sein.“ Die Politik scheint dir immer noch so geheimnisvoll wie unverständlich, doch es ist nicht so, dass es dich nicht interessieren würde. Du willst lernen. Du willst begreifen, um mehr von jenem zu sehen, das dir noch verborgen ist. Das bloße Akzeptieren fällt dir immer schwerer außerhalb des Dienstes und so machst du dir Gedanken, lässt den Dingen ihren Lauf und suchst nach Antworten. Wohin die Fragen dich führen, weißt du noch nicht, doch eines Tages wird ein Bild daraus werden, das dir stimmig scheinen wird. Du wählst bereits innerlich, ob du Ratschläge befolgst oder schlicht beiseite legst, mit dem Wissen, dass sie dir nicht richtig scheinen. Ein erster Schritt in eine Zukunft, die dir so viel bieten kann, wenn du der Aufgabe gerecht wirst. Und das Letzte, was du willst, ist zu versagen. Jetzt, wo du offen für mehr bist.

Du bist Soldat.
Du bist Leibwächter und Page.
Und du willst mehr.
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