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Der Schmerz ist ein großer Lehrer.
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Der Schmerz ist ein großer Lehrer.
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 28 Mai 2019 22:52    Titel: Von Vater gezeichnet.
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    > Nur die Sache ist verloren, die man aufgibt. <



    Müdigkeit. Mitten in der Nacht aufgewacht, tastete ich erschreckend schnell nach dem Leib des Letharfen neben mir. Mein Körper war aufmerksam und gespannt um jede Regung wahrzunehmen und erst als ich seinen ruhigen Atem vernahm, beruhigte ich mich wieder. Ich fühlte mich träge und ausgesaugt, als hätte man mich für diese Nacht meiner Stärke beraubt. Und vielleicht hatte man das auch, wenngleich auch nur kurzzeitig. Am letzten Abend hatte ich meine Beherrschung über meine Empfindungen verloren und das ganz ohne Vorwarnung. Ich hatte die Made vorgewarnt, würde dem Lethrixor etwas passieren.. würde ich dasselbe auch mit ihm anstellen. Und ohne jegliche Vorahnung hatte ich plötzlich den letzten Atemzug meines Letharfen ausmachen können. Den Rücken komplett aufgerissen und zerfetzt hatte er dagelegen und sein Leben eingebüßt. Plötzlich hatte der Hass meine Adern überschwemmt, meine Venen zum zerbersten gefüllt um sich eiskalt und furchteinflößend zu entleeren. Ohne mein Zutun hatte sich meine Waffenhand erhoben und ich war auf den Runenlosen zugegangen um ihm meinen geballten Zorn entgegenzuschmettern.
    ''Ich habe dir gesagt was passiert.. Du kleines und jämmerliches Stück Dreck und Nutzlosigkeit!!'' Meine Klinge hatte ich in seine Richtung geschlagen, mit aller Kraft die ich hatte aufbringen können. Erst als ich sah dass sie durch sein Kettenhemd schnitt um eine Wunde auf seiner Brusthöhe zu verzeichnen, ließ ich meine Klaue fallen und sank vor dem Leib meines Letharfen auf die Knie. Es war beängstigend, doch ich wusste für einen kurzen Augenblick was die Menschlinge empfanden wenn sie jemanden sterben sahen. Ich fühlte die kurzzeitige Leere und den Verlust.. nicht für einen meiner Geschwister, sondern für den Letharfen mit dem ich mein Leben geteilt hatte. Ich wusste ich durfte soetwas nicht empfinden, nichts als Gleichgültigkeit spüren.. doch ich fühlte es allzu deutlich. Und obwohl der Meister sich bereits mit dem Ableben des Lethrixors abgefunden hatte, legte ich meine nackten Hände auf dem blutenden Körper ab und sammelte all meine verbliebene Kraft und Konzentration, vertrieb den Schmerz meiner Eingeweide und fokussierte mich auf Vater. Die Wahrheit, dass niemand außer Vater selbst etwas ausrichten konnte, verdrängte ich gezwungen und sprach in leisem, immer wiederkehrenden Rhythmus seinen Namen. ''Vater..'' Ich spürte Nichts. Weder einen Herzschlag, einen Atemzug, noch einen leisen Widerhall meiner Gabe. Doch ich hatte nicht aufgeben wollen, die Wahrheit und die Entgültigkeit nicht erkennen wollen. Erst als sich die Kristallsplitter langsam vom Boden anhoben und in kleinen Wirbeln zu tanzen begannen, erst als ich das tiefe und grollende Knurren des Panthers vernahm, glomm der leise Funke eines unbekannten Gefühls wie Hoffnung in meiner Brust auf. Die dunkle Gestalt schlich um uns herum und betrachtete uns wie seine nächste Beute, fletschte die Zähne und sprach eine lautlose Drohung aus. Einen kurzen Moment glaubte ich er wäre nur gekommen um sich am Blut und der Essenz eines Letharen zu laben, doch er hob seine Pranke und setzte sie kurzzeitig auf der Wunde des Lethrixors ab. Meine Hoffnung schwand als er sich abwandte und meinen schreienden Gedanken, dass das hier nicht das Ende war, ignorierte. Die Stille breitete sich aus und ich strich ein letztes Mal durch das verfilzte Haar meines Letharfen. Ich wusste genau wie sie rochen und bereute, dass ich beim letzten Mal nicht besonders darauf geachtet hatte. Ich dachte darüber nach wie die roten Iriden sich in die meinen bohrten, wenn er voller Zorn oder Begierde in meine Richtung sah und noch während ich mir diese Gedanken das letzte Mal in Erinnerung rief, hörte ich das Schmatzen seiner Wunde. Langsam und wie in Zeitlupe festigte sich seine Haut und wanderte zusammenwachsend aufeinander zu und schloss den blutigen Riss unter sich ein. Einzig und allein eine lange und gruselig dreinblickende Narbe blieb an der Stelle seiner Verletzung zurück. Ich hatte einen tiefen Luftzug in meine Lungen gesogen und auf eine Reaktion seines Köpers gewartet und erst als sein Herz tatsächlich einen ruhigen und kräftigen Schlag von sich gab, ruckte mein Augenpaar zum Runenlosen hinüber und ließ ihm einen sengenden und versprechenden Schmerz zukommen, welcher sich brennend in seinem Inneren verdichten sollte. Nachdem ich mich emporgedrückt und meine Glieder zur Bewegung überredet hatte wandte ich mich kurzzeitig ab als mir klar wurde, dass ich zwar meine Verbindung zu Vater genutzt hatte, jedoch ebenso versagt hatte. Ich war nicht nur Junglethoryxae gewesen nein, ich war ein Weibchen gewesen welches ihren Letharfen verloren hatte. Wütend, entbrannt und voller Zorn und Schmerz. Bereit alles niederzureißen was mich daran hindern würde noch Stunden an seinem Leib zu sitzen und auf verschlossene Weise zu trauern. Ich versuchte meine Gesichtsregungen unter Kontrolle zu bringen und setzte meinen Helm zurück auf den Kopf. Erst dann wandte ich mich erneut Zyd'arak zu um mich zu versichern, dass er tatsächlich wieder Leben in seinem Körper trug. Doch erst als ich die grün schimmernde Klinge in seinen Händen ausmachen konnte begriff ich zumindest teilweise was geschehen war. Er hatte schon längst meinen Respekt genossen.. doch ich neigte meinen Kopf tief vor ihm hinab und versuchte meine heiserne und brennende Stimme zur Vernunft zu überreden. ''Mael'Qil..'' Mehr Worte konnte ich für den Moment nicht finden und dennoch wusste er ebenso gut wie ich, was ich mit diesem Titel aussagen wollte. Und hier lag ich nun, den Arm um meinen Mael'Qil geschlungen um sicherzugehen, dass er an Ort und Stelle blieb. Der einzige Gedanke der sich mit in mein Unterbewusstsein schlich war: Würde Vater auch mich eines Tages für nützlich genug erachten? Das würde wohl nur die Zeit und vor allem meine Geduld und meine Stärke zeigen. Für diese Nacht jedoch schloss ich meine müden Augen wieder und konzentrierte mich auf den Atem meines Letharfen.



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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 03 Jun 2019 21:59    Titel:
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    > Beherrsche die Sache - dann folgen die Worte von allein. <
    Aus ''Die Zeichen und viele Vergangenheiten''


    Ich blinzelte angestrengt als ich die Luft zwischen den Federn spüren konnte. Sie wandt sich hindurch, ließ mich jedoch keinen Augenblick straucheln. Ich konnte das unter mir liegende Gebiet haargenau erkennen und so benötigte es kaum Anstrengung etwas auszumachen. Doch mein Leib kribbelte, ich konnte Vater wahrnehmen als durchspühle er meinen Körper vollends mit dem warmen roten Lebenssaft. Ganz genau so wie es nun einmal war. Ich spürte das Beben noch immer als würde es durch meinen eigenen Rumpf fahren. Dort, wo eben noch alles von dichtem Wald besäumt war, bildete sich plötzlich eine weite Grasfläche und gab den Blick auf die Lichtung frei. Und während ich meine Kreise um diesen Punkt drehte und als wenn Vater meine Überlegung wahrgenommen hatte, konnte ich die Krallen einer Tatze ausmachen, welche sich sehnsüchtig gen Himmel aus dem Erdboden gedrängt hatten. Ich setzte meinen Weg fort und konnte noch viele dieser Zeichen aus dem Erdenreich ausmachen.. hervorgetan ohne sich irgendwelchen unwichtigen Lehensgrenzen zu beugen, weiter und weiter. Ich wollte meinen Flug hinabsenken um mich den ersten Krallen zu nähern doch...


    .. ich erwachte plötzlich nass geschwitzt mit dem Kopf an der Schulter meines Letharfen. Mein Gesicht schien angestrengt zu sein denn er dämmerte langsam aus seinem Schlaf und besah mich durchdringend und fragend, als wolle er wissen was in meinem Kopf vorging. Doch ehe ich darüber nachdenken konnte versank ich einem tiefen Schlaf der mich erst am nächsten Abend wieder aufwachen ließ. Ich zog meine Robe hastig über den Leib und verließ das leere Fell. Erst in der Nähe von Bajard stieß ich auf die Lichtung, welche ich in meiner Vision gesehen hatte. Mein Letharf, der Mael'qil' war bereits in Begleitung des Runenlosen vor Ort und so konnte ich mich sogleich, in Sicherheit wissend, dem Zeichen nähern. Selbst als Lethra besah ich die Schöpfung mit dem Gedanken an etwas wunderschönes. Die Klauen hatten sich ihren Weg aus der Erde gebohrt und ihre Form glich der makellosen Form einer Panthertatze. Nachdem ich mit den Fingern über das Material gefahren war, war mir klar, dass es sich um eine Art Metall zu handeln schien - völlig glatt und kaum reflektierend. Ich ließ mich in die Hocke sinken und horchte auf einen inneren Widerhall, die Finger dabei auf dem Metall abgelegt. Ich konnte ihn spüren, ja. Schwächer als im Tempel aber spürbar stärker als an anderen Orten. Erst diese Nähe zu meinem Schöpfer ließ mich ein kurzes Gebet sprechen ehe ich den umwandelnden Schemen weiter in Augenschein nahm, welcher stolz und überheblich umherwanderte, als könne ihn nichts davon abhalten. Doch der Pantherschemen wechselte seine Richtung und hob des massiven Kopf um in meine Richtung zu schnuppern, vielleicht gar um sich seiner neusten Beute bewusst zu werden. Nur einen kurzen Augenblick verblieb er vor mir, ehe er sich wieder in Bewegung setzte und meinen Körper deutlich striff, als habe er mich erkannt. Eine feine Gänsehaut zog sich über meinen Hals hinweg als mich das Gefühl nicht loslies, dass es diesen Schemen und das Gebilde zu stärken galt. Und nachdem ich versucht hatte ihn mit meinen eigenen klerikalen Energien zu speisen, kam ich auf eine andere Idee. Rasch wendete ich mich dem Ahad und dem Leutnant zu um die üblichen Umstehenden um das Zeichen Vaters zu sammeln. Auf einen Hinweis hin streifte ich meine Handschuhe hinab und ergriff einen Dolch aus meiner Halterung. Und während ich ein Gebet sprach, laut und für alle hörbar, schnitt ich mir ohne zu zögern in die Handflächen und legte sie auf dem roten Metall ab. Die konzentrierten Gesichter der Anderen vernahm ich nur in einem vagen Augenblick ehe ich die eigenen Augen schloss und weitersprach. Als meine Worte leise verhallten und Stille einkehrte konnte ich plötzlich den Widerhall etwas deutlicher pulsieren spüren, als hätte ich meine Verbindung mit dem Zeichen Vaters soeben vollführt. Doch es fühlte sich keinesfalls vollendet an, was eine stille Unruhe in meinen Körper schlug. Bevor ich mich jedoch erhob um die Hände mit den Blutresten an meiner Robe abzuwischen, meinte ich unter meinen Händen eine gewisse Wärme zu spüren. Doch nur Vater wusste ob die Wärme durch mein Blut, mein Gebet oder nur durch meine Einbildung und die Wärme meiner Hände enstanden war..




Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 04 Jun 2019 10:22, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 02 Jul 2019 19:02    Titel:
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    > In der Respektlosigkeit begegnen sich Arroganz und Ignoranz. <



    Noch immer konnte ich mein Blut pulsieren spüren wenn ich an diesen Abend im Menschentempel dachte. Nicht nur dass ich noch immer der Meinung war, dass Messen der von Vater selbst auserwählten Templerschaft allein zustehen sollten, war ich in meiner Ausbildung stets darauf gedrillt worden Vater Respekt zu zollen! Während ich auf den Tempelfliesen kniete und meine Hände flach auf dem Stein abgelegt hatte, fragte ich mich und auch Vater ob dies eine weitere Prüfung für mich sein sollte. Die Krallen meiner Handschuhe bildeten bereits unangenehme Geräusche auf dem Untergrund als ich auch die Zähne zusammenbiss. Weswegen hatte ich mich eigentlich so darauf versteift dem Tempel der Menschlinge zu dienen? Was hatte ich mir davon versprochen? Doch nein, das waren die falschen Gedanken denn schließlich sollte ich darüber nachdenken was Vater davon hatte. Ich hatte vorgehabt die Menschlinge etwas näher an den fanatischen Glauben der Letharen zu bringen, ihnen klarzumachen weswegen wir handelten wie wir handelten oder auch um unser Verhalten in Zukunft besser zu deuten. Ihnen zu erklären dass man sich nicht von Schwächen wie Liebe oder Mitleid, Barmherzigkeit oder Angst leiten lassen sollte. Wie konnten nun also Themen wie Exkremente in heilige Hallen des All-Einen gelangen?! Ich begriff es beim besten Willen nicht und war mir sicher dass dieser Denkfehler nicht bei mir lag. Ich wusste, dass die Tetrarchin mich für meinen Einwurf nicht gerügt, auch dass sie mir das Wort nicht verboten hätte. Doch wo bei Vater war sie wenn man sie brauchte um seine Gedanken zu ordnen? Ich brauchte meine Beherrschung zurück, diese eine Eigenschaft die den brodelnden Zorn in mir zurückhalten würde - doch im Moment konnte ich meinen Kopf einfach nicht ausstellen. Ich hatte drei Stunden Zeit verschwendet um einem Vortrag zu lauschen der alles, aber keine Messe war. Eine Diskussion über Stärken und Schwächen der Menschen, die nichts neues waren, schon garnicht für uns Letharen. Auch wir waren nicht frei von Fehlern.. das eigentliche Thema war jedoch knapp um zwei Stunden verfehlt worden. Und ich hatte meinen Mund lediglich gehalten weil der Tetrarch vom Festland neben mir stand. Wo war die Predigt über unseren Gottkönig geblieben, wo das Gebet und wo der Abschlusssegen? Seitwann betrachtete man einen Unterricht als heilige Messe? Gewaltvoll schob ich all diese Überlegung von mir und hob die verkrampften Hände vom Boden ab um sie in meine Robentaschen sinken zu lassen. Ich drückte alles von mir, fokussierte mich allein auf Vater und meinen Zorn, welchen ich deutlich in meinen Venen randalieren spürte. Die Worte des Gebetes verließen meine Lippen lautlos jedoch mit einem angewiderten Gesichtsausdruck, welchen ich nur schwer unterdrücken konnte. Ich konzentrierte mich darauf was ich hörte, roch, fühlte.. und wurde durch ein ungewöhnliches Gefühl in meiner Robentasche abgelenkt. Mit gefurchter Stirn zog ich hinaus, was zwischen meine Finger gekommen war und besah es kritisch. Das Blut am Taschentuch der Ritterin war bereits getrocknet - nichtsdestotrotz war es das Blut der Ritterin. Im selben Moment ließ ich von meinem Gebet ab und starrte eine ganze Weile auf den gefleckten Stoff. Wieso nicht meinen Zorn und meine Wut in etwas anderes lenken? Es war viel zu lange her, dass wir die Lady in ihrer Burg besucht hatten.. Wo waren noch meine Bücher zu den Flüchen? Ich erhob mich von meinem Platz und ging mit gezielten Schritten zur Höhle, die ich nun schon lange Zeit mit meinem Letharfen teilte. Ich erinnerte mich noch immer daran, wie er sie mir eines Abends gezeigt und gesagt hatte, dass ich meinen Übungen hier nachkommen könne. Damals war ich noch ein jämmerliches Stück Nichts gewesen, welches auf dem Teppich genächtigt hatte. Nach einiger Zeit hatte ich auch meine Bücher, die ich über die Weile gesammelt hatte, mitbringen dürfen - ehe ich zusammen mit meiner Rune ganz in der Höhle blieb. Ich hatte mit meinem Einzug auch meine Opferschale mitgebracht, welche ich brauchen würde. Und auch den beiden Letharfen würde ich dieses Vorgehen zeigen können. Eine Schnur, das Taschentuch, einen dicken Wälzer aus meinem Regal, das ein oder andere Kraut welches ich zusätzlich aus meinem Aufzuchtbeet pflückte. Zu guter Letzt meine Opferschale, welche noch immer mein ganzer Stolz war, da sie aus den Händen Xen'draxols stammte, und meinen Ritualdolch. Schließlich sollte ich selbst bei diesem Unterfangen nicht außer Acht bleiben. Die Ideen sprudelten nur so über und trieben meine Gedanken vom Menschentempel weg, hin zu meinem Ursprung - eine Lethra und damit ein Kind Alatars zu sein. Mit vollbepackten Händen und Armen stieß ich die Tür der Höhle wieder auf und schritt voller Tatendrang zum steinernen Tempel des Leth'Axorns.



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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 19 Jul 2019 00:58    Titel:
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    > Vater, erhöre unsere Gebete.. <
    Aus ''Die Zeichen und viele Vergangenheiten''


    Ich hatte alles haargenau durchdacht. Dieses Mal war ich weder unvorbereitet an das Mal Vaters getreten, noch hatte ich einen Funken des vorher Durchdachten preisgegeben. Die Worte meiner Predigt flossen mir durch den Kopf, hallten immer wieder in den Tiefen meines Bewusstseins nach. Und erst als die Gläubigen sich mehrten und in die stickige und für uns heimische Luft des Axorns traten, verriet ich, dass die letharische Messe auf keinen Fall unter der Oberfläche stattfinden würde, sowie ich es auf all den Aushängen angekündigt hatte. Ich würde nicht nochmals den Fehler machen und dem Osten einen Vorsprung verschaffen. Nachdem ich alle Anwesenden angewiesen hatte sich zu rüsten ehe wir losziehen würden, kehrten sie nach und nach zum Axorn zurück. Ein ruhiger und vor allem freier Weg nach Bajard. Lediglich das Gesocks von Banditen und Dieben kreuzte unseren Weg. Ich hob die Kralle meines Zeigefingers und deutete auf einen leblosen Leib am Boden.
    "Letharf.. nimm einen von ihnen mit zum Gebilde!", kam es streng und ohne den Ton einer Bitte aus meinem Mund und ließ den Runenlosen sogleich kehrt machen. Er wagte es nicht mir zu widersprechen, was zumindest vermuten ließ, dass er lang nicht so dumm war wie er aussah. Ich kniete mich vor das Zeichen und legte meine Hand zum Gebet auf dem Metall ab. Ich konnte noch immer den stummen Schrei nach Stärke vernehmen, welcher von der Pranke ausging. Ein sehnsüchtiges Ziehen fast. Als ich mich jedoch erhob, spürte ich bereits die lauernden und gebannten Augen auf meinem Gesicht. Viele von den Anwesenden klebten an meinen Lippen, und das obwohl ich noch nicht einmal etwas gesagt hatte. Stattdessen nickte ich dem Letharfen an meiner Seite zu und bedeutete ihm anzufangen. Ich erinnerte mich daran, dass auch ich vor einiger Zeit in seiner Haut gesteckt hatte, mich das erste Mal auf eine Messe vorbereitet und sogar mit einem gewissen Grad Nervosität an den Altar des Tempels getreten war. Diese Unsicherheiten waren jedoch seid langer Zeit verschwunden und hatten eine gewisse Kälte und Bestimmtheit in mir zurückgelassen. Und während er zum Gebet ansetzte, schritt ich emotionslos auf den leblosen Leib zu und zog meinen Dolch aus der Halterung. Zwei gezielte Schnitte über die Unterarme des Leibes - und schon floss der alles bedeutende Lebenssaft, welcher höchstwahrscheinlich noch warm war. Ich betrachtete, wie das Blut sich seinen Weg auf das Metall suchte und sich dickflüssig zu einer kleinen Pfütze sammelte. Dann jedoch schloss ich mich dem Gebet an und streckte meine Konzentration nach dem Mal aus. Die Schemen waren zu völliger Wachsamkeit erstarrt und nur der peitschende Schweif zeugte noch von einer Art Leben in ihnen. Ich ließ die Worte des angehenden Junglethoryx verhallen, beantwortete die Gebete der Anderen noch eine ganze Weile mit schweigen, ehe ich selbst die kratzende Stimme erhob. "Wieviele verschiedene Ansichten es doch vom Begriff „Ehrfurcht“ gibt. Ein Wort, oder besser gesagt eine Emotion die etwas wie „Scheu“ oder schlichte „Achtung“ in den Schatten stellt und etwas viel größeres ankündigt. Es beinhaltet nicht nur die Verehrung sondern auch den damit einhergehenden Respekt. Wo aber liegt der Unterschied zur ketzerischen Demut, die nie müde wird erwähnt zu werden?" Meine Augen wanderte einen Moment fragend durch die Gesichter, betrachteten die Regungen darin. Die ein oder andere Bewegung zeugte von einem Ansetzen zur Antwort, doch meine eigene Stimme beendete die Überlegungen. "Eigentlich eine einfache Frage, die ebenso einfach beantwortet werden kann. Der Demüte erkennt und akzeptiert aus freien Stücken seinen Platz und dass es etwas Höheres, Unerreichbares gibt. Er wird in unterwürfiger Haltung zu seinem Herren aber auch nichts dagegen tun und tatenlos damit leben – wie uns die Verblendeten immer wieder beweisen. Auch der Ehrfürchtige erkennt seinen Platz, er weiß dass es etwas Höheres und Mächtigeres gibt, er akzeptiert es. Jedoch wird ihn diese Position nicht davon abhalten auch weiterhin nach Mehr und Besserem zu streben, sich fortzuentwickeln um voranzukommen. Er sieht aber vor allem seinen Stärken und Schwächen entgegen, er verfällt nicht in den falschen Hochmut zu glauben, dass er niemals Verfehlungen an den Tag legen würde. Er prahlt nicht mit seiner Ehrfurcht, denn das würde ihn nur als Stolz und nicht als Ehrfürchtig enttarnen." Wieder folgte eine Pause meinerseits, indem ich das Gefühl, welches meinen Nacken emporzog durch ein seichtes Schulterkreisen vorerst von mir schob. "Vater gab uns den freien Willen um über die Züge unseres Seins zu bestimmen, jedoch gab er uns ebenso die Gebote um uns daran zu erinnern, die Stabilisation zu wahren und sie nicht zu gefährden. Ein Wille um sich nicht der elenden Demut in ewigem Stillstand hinzugeben. Einen Willen um sich von falschem Stolz und falschem Hochmut abzuwenden und allen Fehlgeleiteten zu zeigen, dass es einen anderen Weg gibt. Niemand muss auffallen um ehrfürchtig zu sein, niemand wird übersehen nur weil er unscheinbar ist. Ehrfurcht ist eine Erkenntnis, die wir ebenso bewusst treffen wie Vater zu dienen. Seine Wesenszüge und Fähigkeiten in gnadenloser Ehrlichkeit zu erkennen und in dieser Wahrheit seine wirkliche Stärken zu finden - denn manchmal ist auch der Unscheinbarste unter uns der Mächtigste. Es gibt ein Zitat, welches tief in den Wurzeln der Letharen verankert ist: „Wenn ich in deine Augen sehe mein Schüler, so sehe ich mich und all meine Brüder. Ich sehe ihre Eigenschaften in dir vereint, angelegt um in Perfektion aufzublühen.“ Natürlich spielte ich auf Erqual'sidar an, nur dass es niemand außer meiner Geschwister verstehen würde - was auch genauso sein sollte. Dieser Feiertag war tief in unseren Ältesten verankert und wurde an dieser Stelle nicht vorsetzlich für die Menschlinge genutzt, sondern um dem Gebilde Stärke zuzuführen. Macht die es füllen und schützen sollte. "Niemand wird gut genug sein, wenn er allein gegen ein Heer zieht. Keiner wird vorankommen wenn er nicht durch die Erfahrungen seiner Vorgänger lernt. Niemand wird sich weiterentwickeln wenn er denkt, bereits alles in völliger Perfektion zu können. Vor allem aber wird niemand lange leben, wenn er der Dummheit verfällt, dass er niemanden außer sich selbst bräuchte. Eine stabile und funktionierende Gemeinschaft wird es allerdings nur in vorhandener Ehrfurcht geben. Einen Ort an dem ein jeder seinen Platz, seine Eigenschaften und seine Mitstreiter begreift und vor allem versteht, dass dieses Konstrukt kein Grund ist innezuhalten und nachzugeben", beendete ich meine Predigt und sah in die Gesichter der Anwesenden, welche sichtbar nach mehr verlangten. Dennoch galt es nun die Opfer für Vater zu fordern, welche allein für ihn erarbeitet worden waren, gleich welcher Natur. Regung kam in die Menge als einzelne Menschen sich erhoben und mit leisen Worten ihre Gaben am Mal platzierten. Gebetsbücher, ehemaliges Leben, Knochen, sogar Essen fand hinauf und zu guter Letzt auch das Blut meiner Geschwister und mir. Fast synchron schnitten wir uns in die Handflächen und ließen das Blut 'seiner Kinder' auf das Gebilde tropfen. Mit dem dunklen Lebenssaft aus unseren Venen ließ ich mich nochmals auf die Knie sinken und legte die Hände in der Blutlache vor mir ab. Sie alle wussten dass ich sie stumm dazu aufforderte mit mir zu beten. Manche von ihnen erhoben sich erneut und knieten sich neben mir nieder, andere von ihnen sanken lediglich von ihrem Stamm zu Boden oder senkten ihr Haupt. "Vater, erhöre unsere Gebete. Voller Ehrfurcht rufen wir Dich an, denn wir haben uns an Deinem Zeichen geeint um Deinem Weg zu folgen. Lass uns blind und voller Vertrauen die Wege gehen, die Deine sind. Lass uns Deine Nähe und Anwesenheit begreifen, hüll uns ein in die schützenden Schatten Deiner Pranken. Atmet ins uns, auf das wir Deinen Willen verinnerlichen. Denn Du allein bist es, der uns beseelt, der uns antreibt, uns anleitet unsere Ziele zu erreichen und nicht nachzugeben. Treib unser Innerstes an, damit wir unsere Schwächen überwinden. Schütze uns, um Deinen Glauben zu bewahren, denn Dein Hass durchfließt unser aller Adern und wird alles was sich Dir in den Weg stellt mit sengenden Flammen verbrennen. Lass uns Deine Präsenz spüren um diesen Ort und all Deine ehrfürchtigen Gläubigen zu stärken." Ich hörte nicht darauf, ob die Anderen Teile meiner Worte wiederholten oder nicht. Völlig hingebungsvoll konzentrierte ich mich auf meine Verbindung zu Vater. Wieder kroch es meinen Nacken empor und durchfuhr meinen Körper als ich das Knurren in der Umgebung vernahm. Zusammen mit dem Geräusch nahm ich ein kurzes Beben der Erde wahr und unterdrückte das Gefühl meine Augen zu öffnen. Die Schwärze überfiel meinen Kopf als glitt ich in eine Art Ohnmacht, welche ich schon oft in meinem Leben durchgemacht hatte. Die Bilder vor meinen inneren Augen begannen jedoch zu flackern und gaben eine Vision preis, die so deutlich ausfiel, als würde ich selbst dort stehen und aus anderen Augen beobachten. Ein Panther.. dessen Farben im Herzschlagtakt flackerten. Ein riesiger Vogel mit menschlichem Gesicht und ein Kampf, welcher den Tod Getares besiegeln sollte. Ich spürte das Knurren in meiner eigenen Kehle, als wolle mein Leib die eben gesehen Szene mit voller Überzeugung unterstreichen, ihr zustimmen. Doch das Flackern der Bilder ließ nach und zog mich in die Wirklichkeit zurück. Mit dem Öffnen meiner Augen wurde mir ein anderes Bild zuteil. Die Krallenstruktur hatte sich weiter an die Oberfläche gedrückt und einen Teil des Erdreiches mit empor gezogen. Steinerne Säulen umsäumten die Panthertatze.. und nicht zuletzt konnte ich nun drei der Pantherschemen erkennen, welche schützend ihre Kreise um das Mal zogen. Etwas wankend erhob ich mich aus meiner ehrfürchtigen Starre und erhob ein letztes Mal an diesem Abend meine Stimme voller Inbrunst:
    "Für Alatar!".. Xrul Qual xu Atar, fügte ich im Geiste hinzu und senkte mein Haupt ein weiteres Mal hinab.



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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 07 Aug 2019 12:01    Titel:
Antworten mit Zitat


    > Was ist schon bleierne Müdigkeit gegen den eisernen Willen. <
    Aus "Die Zeichen und viele Vergangenheiten"



    Müde.. ich war so unsagbar müde und ausgelaugt. Hätte mir jemand erzählt, man hätte eine Lethra um all ihre Kraft beraubt - ich hätte es nicht geglaubt, doch ich konnte es spüren. Es zog sich bleiern schwer meine Arme empor und trieb in meine Beine hinab. Meine Augen fühlten sich geschwollen an, während ich angestrengt zum Altar sah, hinabgesunken auf meine Knie, die drohten mich nicht länger halten zu wollen. Kämpfe um Kämpfe, Unterrichte, Termine, Briefe oder menschliche Unwichtigkeiten wie Hochzeiten.. und wieder von Vorn. Die kleinen Blitze aus Schmerz und Peinigung zogen durch meine Schläfen und ließen mich den Kopf einziehen. Schmerz.. etwas das ich schon lang nicht mehr fürchtete und dennoch war es, als wäre ich sensibilisiert worden - je ausgelaugter ich wurde. Das Blut der Feinde war in meine schwarze Robe gesickert und hatte sich dort mit den Fasern gleichgemacht und war getrocknet. Jetzt, hier, konnte ich den eisernen Geruch des Lebenssaftes vernehmen. Ich schätzte ihn. Er zeugte von Regung und Fortkommen, erzählte Geschichten von Siegen. Er erinnerte mich an das verfilzte Haar meines Letharfen, eine verdrehte Art von "Zuhause sein". Niemand würde mich in diesem Zustand sehen. Niemand außer Vater selbst und der Mael'qil, wenn ich mich später an unserem Schlafplatz niederlassen würde um höchstwahrscheinlich im Sekundenbruchteil in die Ruhe zu versinken. Diesen kurzen und versteckten Moment der eigenen Schwäche gönnte ich mir und ließ das Kinn auf meine Brust hinabsinken, schloss meine Augen und lauschte auf das Knistern der Kohleschalen und der Kerzen. Wo waren sie, all die "treuen" Diener Vaters? Wo war die Erhabene wenn man sie brauchte um das Wirrwarr in seinem Kopf zu bändigen, wo war der großkotzige Vicarius abgeblieben der immer am lautesten gepredigt hatte? Wohin waren die Letharentempler verschwunden, die immer voller Strenge unterrichtet hatten? Wo war die Clerica, mit welcher ich die letzten Mondläufe so gut gearbeitet hatte? Ja, wo waren sie?! Hier saß ich also.. "das Abschäumchen".."die schwächlichste aller Lethrae".. und war allein übrig geblieben. Treu und standhaft für Vater. Alles war auf meinen Schultern abgelegt worden, samit runenloser Maden und Menschlingen, die glaubten diesem Dienst ebenfalls standhalten zu können. Ich hatte noch immer absolut keine Ahnung wie wir diesen heutigen Kampf hatten gewinnen können. Ich versuchte mich an die Gesichter meiner Mitstreiter zu erinnern. Der Meister, der Mael'qil, mein Bruder Jyn'drar, die Made Py'trax, Ne'mia, De'mian, Ro'drik. Eine ausgezeichnete Truppe aus Kämpfern. Dann schwenkten meine Gedanken zum Menschentempel und wurden von einem weiteren Zwicken in meinem Kopf unterstrichen. Was würde aus dem Zeichen Vaters werden? Wieviel Zeit würde vergehen bis eine Seite schlussendlich siegreich sein würde? Ich schüttelte die Gedankengänge meines schmerzenden Kopfes ab. Schlafen, ich musste dringend die Augen schließen und ruhen. Nur ein paar wenige Stunden. Ich wollte mich erheben, doch meine Glieder versagten mir kurze Zeit den Dienst, als griffen die Schwaden meines Hasses nun nach meinen, statt den Beinen des Ketzerpferdes. Doch das Gefühl wandelte sich und wurde zu einer Art Anschmiegen, begleitet vom zufriedenen Schnurren eines Panthers in meinen Ohren. Ich drehte meinen Kopf, blinzelte gegen die Dunkelheit und besah das Tempelinnere genauer - Nichts. Die flüchtige Anwesenheit Vaters, ob eingebildet oder nicht, war bereits wieder verblasst. Ein zweites Mal weigerten sich meine Beine jedoch nicht und ich begradigte meinen Körper gezielt in den Stand. Ich drückte meinen Rücken durch, streckte die Schultern in die aufrechte Position zurück und nahm meine gewohnte Haltung wieder ein. Schwäche war in gewissen Maßen in Ordnung - der kurze Moment war allerdings soeben verstrichen. Weitermachen.. immer weiter. Es gibt keinen Einhalt und.. es würde ihn nie geben. Für mich nicht.


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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 09 Aug 2019 10:33    Titel:
Antworten mit Zitat


    > Besser an Dreck gewinnen als am Glauben verlieren. <
    Aus "Die Zeichen und viele Vergangenheiten"



    Ohja, ich spürte das Unbehagen. Doch wahrscheinlich in einem anderen Ausmaß als ein Mensch es empfand. Es war wie der Matsch an meinen Kampfstiefeln, der Eiter einer Wunde, den man mit einem gezielten Dolchstich aus der Wunde drücken würde. Es war das Brennen einer Wunde, dass irgendwann verblassen würde, Säure auf einem Peitschenhieb, die nur noch mehr anstachelte etwas zur Wehr zu setzen. Ich konnte spüren wie die mithrilldurchzogenen Steine an der Kraft des Mals zerrten, sie langsam und zäh an sich zogen. Doch im Gegensatz zu den meisten Menschlingen fühlte ich kein Selbstmitleid oder andere Dinge wie eine Ernüchterung in mir aufkeimen. Ich spürte Wut, gleißenden Hass der sich wie ein Leuchtfeuer durch meine Adern zog und sich immer wieder bis zu meiner Halsschlagader emporwandt. Zwei Jahresläufe lebte ich nun im Axorn, vierundzwanzig Monde hatte ich miterlebt wie Vater immer wieder auf meine Gebete reagiert hatte, einhundertvier Wochen war ich Zeuge von Alatars Macht in mir selbst gewesen, die sich weiter und weiter ausgebreitet hatte. Siebenhundertdreißig Tage an denen ich mich gefragt hatte, wie man die Schwäche besitzen könne sich vom Glauben an den Gottkönig abzuwenden, ihn in Frage zu stellen und sich feige zurückzuziehen. Ja, die Ernüchterung, die Müdigkeit und die Schwäche hatte auch bei mir zwischenzeitlich Einzug gehalten - doch was für ein Kind Alatars wäre ich, würde ich auf- und nachgeben? Wer würde dafür sorgen dass der Glaube nicht vergessen würde? Im Moment hegte ich die meiste Hoffnung in den angehenden Junglethoryx, auch wenn Hoffnung das falsche Wort war. Sein Schicksal war gewiss. Entweder würde er sich nützlich zeigen oder ich würde ihn persönlich, und kopfüber in die Lavagrube hängen. Doch ich war keine Made mehr, hatte mir meinen Respekt mittlerweile verdient und rechnete damit dass er alleine springen würde, sobald ich mit dieser Intention auf ihn zuging. Nichts desto trotz fragte ich mich, was die Ketzer die übrige Zeit machten. Während ich hier im Dickicht saß und auf die Baumriesen des Elfenwaldes starrte, saßen sie vermutlich zusammen und gaben sich etwas zeitverschwenderischem wie familiärem Frühstück hin. Während ich die brennenden Augen auf einen verhassten Vettern legte, striegelten sie ihr Vieh im Stall. Und während wir Nägel mit Köpfen machten.. würden sie vermutlich darüber reden wie sie am besten in einer Reihe standen, bloß keine Miene verzogen oder welche Hecke die nützlichste wäre um sich dahinter zu verstecken. Doch auch mich kosteten diese Gedanken Zeit. Ich konzentrierte mich auf den Ort, welcher mich am nähesten zu meinem Schöpfer bringen würde und so riss es meine feste Gestalt bereits vom feindlichen Wald hinfort und ließ den Umriss in roten, wabbernden Partikeln meiner Robe zurück. Umpfangen wurde ich von der dunklen und schumrigen Umgebung des heimischen Tempels. Dolch, Opferschale und auch mein dunkelblaues Kästchen standen vor dem Altar, warteten gierig darauf genutzt zu werden. Ein paar wenige Steine des Bannkreises hatten sie bereits entfernt um den Fluss zu schwächen und zu unterbrechen. Doch wie die Erfahrung es gezeigt hatte, brauchte das Metall der Kieselfresser nicht sehr lange, bis es sich verflucht in den Händen der Letharen veränderte. Bevor ich mich dieser Angelegenheit zuwenden würde, musste ich mich einer weiteren Templermade annehmen, aufdass sie Vater in Zukunft dienlich sein würde und lernte, nicht in Schwächlichkeit zu vergehen oder gar zu zweifeln. Die richtige Zeit würde schon bald kommen.

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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 11 Aug 2019 02:15    Titel:
Antworten mit Zitat


    Lasst vergehen, was vergeht!
    Es vergeht, um wiederzukehren,
    es altert, um sich zu verjüngen,
    es trennt sich, um sich inniger zu vereinigen,
    es stirbt, um lebendiger zu werden.


    Aus "Blick hinter das Wesen der Dinge"



    Die Dunkelheit der Höhle umfing mich wie ein feuchtes Tuch auf einer offenen Wunde. So wohltuend war es für meine Augen. So angenehm für meine Nase, den heimischen Schwefelgeruch mit einer Art Sicherheit zu verbinden. Mein Kopf schmerzte, es hämmerte gar unter der Oberfläche an meine Schädeldecke. Müdigkeit. Ausgelaugtheit. Erschöpfung. Schwäche. Seit einigen Tagen schon war ich mir nicht sicher, wie genau ich mich auf den Beinen hielt. Alles um mich herum schien über meinem Kopf einzubrechen und mich unter sich zu begraben. Doch das war nur das Gefühl welches sich nach Innen zog, etwas das nur aufmerksame Augen an mir erkennen konnten. Ich umgriff meinen Stab fester und hinterließ auf dem Erdboden die Vertiefungen des Stabendes, wenn ich mich auf ihn stützte. Ich gab alles was ich besaß für Ihn - meinen Schöpfer. Und nach all den Monden des Durchhaltens gab auch er mir etwas. Ich erinnerte mich dunkel, wenngleich es nur zwei Tage hergewesen war, dass ich im Tempel am Boden kauerte und meinen Körper nach letzten Kraftreserven durchstöberte. Immer wieder verschwamm mein Blick und täuschte meine Sinne, verunsicherte mich und ließ mich wahrlich daran glauben am Ende meiner Stärke angekommen zu sein. Doch kaum dass ich diesen Gedanken gefasst hatte, wurde mir ein zuerst verschwommenes, dann deutlicheres Bild zuteil. Ich sah einen Wald.. einen, nein, mehrere Bäume und konnte dennoch den kalten Stein des Tempelbodens unter mir fühlen. Ich sah eine Schatulle, welche in den Farben meiner Haut schimmerte. Nachtblau, durchzogen von kleinen, kaum sichtbaren Maserungen von Holz. Ich verspürte den Drang danach zu greifen, es an mich zu nehmen.. doch ehe ich auch nur eine Regung von mir geben konnte war das Bild verblasst. Eine Illusion die wahrscheinlich die Müdigkeit in meinen Kopf gepflanzt hatte.

    Der Abend am Zeichen Vaters sollte der Illusion Lügen strafen. Ich striff um das Gebilde herum und übersah die Umgebung. Betrachtete die Bäume nachdenklich und dachte darüber nach in welche Sackgasse ich mich verfangen hatte, als ich den Blick des durchscheinenden Schemen auf mir spürte - eindringlich, auffordernd, lauernd. Ohne mein Zutun setzten sich meine Beine in Bewegung und auf den Pantherschemen zu. Ich folgte ihm, ich spürte dass ich es wollte. Und dort, im Dickicht des Waldes schnupperte der Panther am Fuß eines Baumes und ließ mich den Spiegel meiner Haut erkennen. Verdeckt vom Gestrüpp und einer losen Baumwurzel lag es da. Makellos. Perfekt. Der Schemen entfernte sich zufrieden und ließ mich mit der Schatulle zurück, die wie ich feststellen musste, weder Öffnungen noch Schlösser besaß. Nichts. Ich hatte nicht viel Zeit daran herum zu probieren oder meinem ewiglichen Gedankenfluss nachzukommen. Ich erhob mich und wendete mich dem Aufbau zu.

    Ein weiterer Abend und eine weitere Nacht voller Schlaflosigkeit und offener Pläne verging. Termine, das Gebrabbel von Menschlingen welche nicht im Stande waren einem Templer Respekt zu zollen, mehr Termine, Ketzer.. Weihen. Es brodelte hinter meinen Schläfen und ließ meinem Kopf keine Ruhe. Ich wusste was ich wollte und dieses Etwas lag verborgen hinter einem lebendigen Wald. Um die Energien der Verblendeten zu vertreiben wollte ich einen Vetter. Gefangen in der ewigen Monotonie seines Lebens, dazu verdammt ein endloses Leben zu führen und sich hinter marmornen Wänden zu verstecken. Gülden, als hätte man ihn zu lange an einer Münze gerieben, widerlich harmonisch und stolz - zu stolz. Doch ich hatte meinen Plan zurecht gelegt und bediente mich einer Masche, die schon Jahrhunderte in den Adern meiner Geschwister verborgen lag. List und Täuschung. Es gab keine Pause für mich, diese hatte es nie gegeben und vor allem war ich nicht mit dem Ziel des Ausruhens in das Leth'Axorn gekommen. Wie ein wandelnder Schatten wurde ich von einer Fledermaus und meinem Bruder begleitet. Im Wind baumelnd, gesellte sich das Mäuschen zu den übrigen Tieren und bot die perfekte Tarnung. Das Vorhaben ging schneller als gedacht über die Bühne. Eine auf dem Boden kauernde Frau, eine verstellte Stimme und eine Blutphiole, welche ich über dem jämmerlichen Menschenfetzen vergossen hatte. Erst als die meisterliche Fledermaus ein grün schimmerndes Portal in den Wald riss und von einem Pfeil durchlöchert wurde wusste ich, dass es schnell gehen musste. Ich stieß den betäubten Elfen durch den Spalt und landete stolpernd, jedoch auf der anderen Seite, auf seinem Körper. Erst als er in Hexenstahlketten hinter einer Gittertür angekommen war, umschlungen von der schützenden Dunkelheit des Axorns, atmete ich zufrieden auf. Ich wusch die Malerei von meiner Haut und kümmerte mich um die verwundete Fledermaus.

    Jetzt, einen Tag später fühlte ich mich wie zwei Tage zuvor. Müde. Ausgelaugt. Erschöpft. Schwach. All meine Energie hatte ich in die Verbannung der Ketzergötter gelegt, während noch immer das Blut des Elfen an meinen Fingern klebte. Vielleicht war es auch mein eigenes, ich wusste es nicht. Doch ich war mir sicher dass die Unterstützung der Dienerin und der Rasharii mich davor bewahrt hatten, alles meiner Essenz zurück an Alatar zu geben. Ich war dazu geboren ihm bis zum Ende meiner sterblichen Hülle zu dienen, dazu geschaffen worden alles von mir zu opfern, wenn es von Nöten war. Eines jedoch hatte sich verändert.. das makellose Kästchen hatte sich geöffnet und mir seinen Inhalt preisgegeben. Ein schmaler, scheinbar ebenso perfekter Armreif welcher aus flüssigem Runenfeuer zu bestehen schien. Runen welche ich nicht zu entziffern vermochte, begleitet von einem Drang ihn um mein Handgelenk zu legen. Vielleicht war es unvorsichtig von mir - doch viel unvorsichtiger als ich die letzten zwei Jahresläufe mit meiner Hülle umgegangen war, hätte ich wohl nicht werden können.


    Des Nachts lag es schmückend und umarmend um mein Handgelenk. Hob sich nur allzu deutlich von meinem nackten, dunklen Leib ab und sank gemeinsam mit mir in einen lang ersehnten Schlaf, welchen ich schon viel zu lange hatte aufgeschoben. Nur Vater wusste, was er mit diesem Reif bezwecken wollte - doch ich war gemacht um ihm zu dienen und keiner seiner stillen Anweisungen zu trotzen.





Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 11 Aug 2019 02:26, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 06 Sep 2019 10:30    Titel: Der wahre Pfad
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    Wann greift der Pfad auf dem wir wandeln nach unseren Schritten?
    Wann wird der Weg zu einem Fluss der nur eine Richtung kennt?
    Der Tod erwartet uns alle,
    aber kann man ihm entgehen?


    Aus "Blick hinter das Wesen der Dinge"


    Meine Sinne wollten und wollten nicht klarer werden. Hatte ich eben noch Selbstzweifel enpfunden, empfand ich einen Augenblick später Angst und jetzt plötzlich etwas wie Zuneigung und den Wunsch nach Berührungen. Ich wusste nicht was stärker war.. mein Ekel mir selbst gegenüber oder die Sehnsucht nach meinem Letharfen. Mein Herz flatterte wie ein kleiner Vogel umher und mir vielen Sachen auf, die mich grundsätzlich einen Scheiß interessierten. Die strahlenden Augen, ein besonders glatt geschorener Kopf oder der Körperbau eines Letharfen. Meine Haut war nicht mehr nur blass, sie war fast weiß geworden. Anstatt dass sie fahl und aussagelos blieb, entwickelte sie aber immer mehr den Schimmer von Mondschein. Ich war mir nicht sicher ob es von dem Reif um mein Handgelenk kam, welcher sich immer stärker um mein Handgelenk zog oder dem Kuss des Vettern, welchen er mir mit unverständlichen Worten an den Pantherhelm gedrückt hatte. Doch ich hatte entschlossen dass ich diesen Armreif, diese Schwäche in mir, loswerden musste. Meine Haut löste bei umstehenden Geschwistern eine Art Schrecken aus, waren sie sich alle nicht mehr sicher wem sie gegenüber standen - schon garnicht wenn es um mein Verhalten ging. Dennoch hatten die angehende Letherixae und der angehende Junglethoryx sich in den Kopf gesetzt das Armband zu durchtrennen, wenngleich der Meister angeboten hatte für den Notfall auch meine Hand zu durchtrennen. Ich erinnerte mich an den Rückstoß der Lethra, als sie sich dem Reif genähert hatte, doch ich war in diesem Moment zu benommen gewesen um klar zu denken. Ich sah den Letharfen vor mir und vernahm eine Stimme in meinem Ohr welche so streng und doch so einhüllend und schmeichelnd war. Eine Stimme deren Klang ich nicht verblassen hören wollte.
    "Anwa'qulae.. erinnere dich -wem- deine Hingabe gilt und zeige es - Schwaechlinge werden nicht gebraucht!" Ich wusste wem meine Hingabe gehörte, auch wenn ich stetig den Namen 'Zyd'arak' in meinem Unterbewusstsein wahrnahm. Dennoch spürte ich trotz der Zweifel, trotz der Angst und der anderen Empfindung seit meiner ersten Rune Seinen Wiederhall. Ich spürte noch immer wie Sein und mein Zorn sich einen Weg durch meine Adern bahnte und auch in meinem jetzigen Zustand immer wieder durchdrang. Meine Finger kribbelten wenn ich mich auf ihn konzentrierte und die dunklen Schwaden meines Hasses zogen langsam aus meinem Körper. Die Stimmen um mich herum blendete ich aus und fokussierte mich mühsam auf meinen Schöpfer, welcher mir über die Jahre hinweg all meine Macht gegeben hatte. Und während ich mich auf das besann, was ich am besten konnte und wofür ich geschaffen worden war, merkte ich nicht wie der Reif um mein Handgelenk an Festigkeit verlor. Ich spürte lediglich wie ich mich mehr und mehr wieder wie Ich selbst fühlte. Stark, mit einer düsteren Mauer um all meine Empfindungen aufgebaut, kräftig, mit einem eisernen Willen meinem Vater auch weitere Jahrzehnte zu dienen. Selbstbewusst, sicher in meinem Tun und meinen Handlungen. Ja.. es flammte von Neuem in mir auf und verdichtete sich zu Entschlossenheit und ungebrochenem Willen. "ANWA'QULAE - WEM GEHOERST DU UND DEINE HINGABE?!" Mein Kopf senkte sich ehrfürchtig weiter zu Boden hinab, während meine Ohren unter der Stimme in meinem Kopf zuckten. Ich verehrte meinen Vater, ich empfand bedingungslose Zuneigung für Ihn, ich lebte und ich würde eines Tages für Ihn sterben. "Dir Vater, Dir allein!", antwortete ich ohne zu zögern und seit langer Zeit wieder mit fester Stimme. Die aufkommende Stille wurde durch das Abfallen des Armreifen durchtrennt. Klirrend und abschließend fiel er auf den Steinboden hinab und verlor sein stetiges Glimmen. Doch ich nahm noch etwas anderes wahr. Eine Präsenz welche ich stärker nicht fühlen hätte können, ein Knurren welches nur einen Ursprung haben konnte.. und dann diese Stimme, welche sich scheinbar durch unser aller Köpfe bohrte. "So kann sie nicht bleiben... es ist eine Schande. Du weisst, wer dir dieses... Geschenk... vermacht hat?'" Oh, ich hatte eine leise Vermutung, denn ich hatte diesen Vettern mit eigenen Händen umgebracht. Ich hatte ihm das geliebte unendliche Leben genommen um das Zeichen Alatars zu stärken. Ich nickte stumm, denn ich wusste dass Vater meine Gedanken schon lange Zeit vernahm. "Ich kann dir das nicht nehmen. Dabei bist du alleine.'" Ich schluckte einmal, bedacht darauf die richtigen Worte zu finden. "Wenn dass das Opfer ist was ich bringen muss um Dir nützlich zu sein, dann sei es so." Ich konnte die bernsteinfarbenen Augen auf mir spüren.. sie starrten mich an und bohrten sich in meinen Kopf. "Magst du dich denn dem Ganzen stellen? Ich brauche nur ein Wort..'" Dieses Mal zögerte ich keinen Moment. "Ich werde mich allem stellen, was man mir entgegensetzt Vater." Ich hörte das Knurren und sah aus den Augenwinkeln wie der Panther zum Sprung ansetzte. Ja, ich zog den Kopf ein wenig ein, doch ich war auf alles gefasst.



    Ein dunkler Gang in dem man das Wasser rauschen hörte, bildete sich vor meinen Augen ab. Es dauerte einen Moment bis ich mich an die Schwärze gewöhnt hatte und sich vor mir ein weiter Tunnel erstreckte, welchem ich instinktiv folgen wollte. Ich spürte, dass ich nicht mehr im Diesseits wandelte und war mir für einen Augenblick nicht sicher, ob so das Ende aussah. Das Ende meines Dienstes, das Ende meines Lebens. Dennoch schritt ich den langen Gang entlang und ließ mich von dichtem Nebel umfangen, welcher mir den Atem und die Sicht nahm. Erst als der Nebel sich einen Moment lichtete, sah ich die Gestalt, welche mir so unähnlich nicht mehr war. Meine blasse Haut glich der seinen, ebenfalls vom absurden Schimmer des Mondes überzogen. Es durchzog meinen Körper angewidert als ich den Kuss des Vettern spürte, als wäre er gerade eben erst passiert.
    "Du bist hier, Mornedhel.. endlich. Willkommen!" Ich brauchte einen Moment um meine Stimme kontrolliert zu sammeln. "Wo genau.. ist hier, Vetter?", fragte ich um mir einen Blick über meine Situation zu verschaffen. "Hier.. ist das Ende einer Existenz." Ich nickte langsam, genau zuhörend und schlussfolgerte weiterhin entschlossen. "Deiner Existenz... Du hast mir meine Farbe entzogen. Warum?", kam ich sogleich auf den Punkt, denn ich war mir mittlerweile mehr als sicher, dass dieses 'Geschenk' von ihm ausgegangen war. "Ich habe dir etwas gegeben. Etwas, das dir einst in die Wiege gelegt ward. Als deinesgleichen noch im Licht des Tages wandelten, Mornedhel. Eine Erinnerung. Ein Andenken." Der Elf kam näher und machte Anstalten mich berühren zu wollen. Nachdem meine Haut aber bereits ihre heimische Farbe verloren hatte, wich ich nicht zurück und ertrug den Schmerz, welcher sich wie kleine Blitze über meine Haut zog. "Man sollte nie vergessen was geschehen ist, egal wieviel Zeit vergangen ist. Doch irgendwann wird es Zeit seine eigenen Erinnerungen zu machen und nicht mehr in die Vergangenheit zu blicken." Ich hob mein Kinn ein wenig an um seinem Griff möglichst zu entkommen, ließ dabei die Rebellion in meiner Stimme deutlich verklingen. Sein Ausdruck hingegen wurde vom liebevollen, welches er zuvor besessen hatte, zu einem weniger friedlichem. "Oh, Mornedhel, so glaub mir.. Du wirst niemals vergessen." Nun war ich es, die ein überlegenes Grinsen aufsetzte und ebenso lieblich auf seine Worte hin antwortete: "Oh Vetter.. ich habe auch nichts davon gesagt das ich vergessen werde oder will, nicht wahr?" Ich konnte keinerlei Reaktion in seinen Augen lesen, während seine Hand weiterglitt und durch meine langen Haarsträhnen strich. "Dann wird es dir sicher nichts ausmachen, mein Andenken für immer zu bewahren.", erklang es gar triezend, ein gewisser Unterton in der Stimme. Natürlich war es mir egal, wie meine Hülle in Zukunft aussehen würde. Aber auf keinen Fall würde ich mich mit einem Vettern gleichsetzen wenn ich Alatar diente. "Ich bin ein Kind Alatars. Vor langer Zeit mag es eine Strafe gewesen sein, doch heute ist es mein Wille mich von Euresgleichen zu unterscheiden und sichtbar als Sein Kind angesehen zu werden. Im Gegensatz zu Euch leben wir den freien Willen, welchen ich an dieser Stelle einfordere!", ich hörte mich selbst im Nachgang knurren um die Worte zu unterstreichen. Er lehnte sich jedoch vor und trat plötzlich in seiner geisterhaften Erscheinung durch mich hindurch. Ich hörte seine Stimme nun nur noch in meinem Kopf, wie ein Flüstern fremder Worte, welche ich insgeheim schon immer verstanden hatte. Sie waren mir nur fremd geworden, eben wie diese helle Haut. "Wir werden sehen Mornedhel, wir werden sehen. Und nun Lebewohl." Ein eisiger Hauch zog durch meinen Körper und regte scheinbar die Zellen meines Körpers an die dunkle Farbe Vaters wieder freizusetzen. Meine Finger wurden dunkler und als ich das Gefühl hatte, die richtige Farbe zu besitzen, wurden sie abermals dunkler. Nur der silberne Schein blieb wie ein Netz aus Mondlicht auf meiner Haut zurück. Der Nebel lichtete sich nach einigen Momenten und ich war wieder allein im dunklen Gang dieser Höhle. Als auch die Stille sich ausbreitete, konzentrierte ich mich auf den einzigen Ort an dem ich sein wollte, stellte mir den dunklen Stein des Bodens vor, auf dem ich soviele Monde gekniet hatte. Und wieder riss meine Verbindung zu Vater mich fort und platzierte mich an dem einen, wahren Ort. Den Tempel des Leth'Axorns. Die Müdiglkeit der letzten Wochen saß in meinen Knochen und ich ließ mich zu Boden sinken, meinen Kopf gen Altar geneigt, als ich die einhüllende Stimme ein weiteres Mal wahrnahm: "Du bist auf dem richtigen Pfad, mein Kind, mein Werkzeug, meine Lethoryxae." Und mit diesen Worten meines Vaters wurde ich mir seiner Anwesenheit bewusster als je zuvor. Ich spürte ihn um mich herum und vor allem in mir. Besser und stärker hatte ich mich nie gefühlt. "Umea Vrylxum xu Atar.", flüsterte ich in die Tempelhalle und drückte mich zielstrebig in einen festen Stand empor.


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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 09 Nov 2019 09:42    Titel:
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    Wandere, während du weilst..



    Stunden, Tage, Wochen oder Monde.
    Das erste Mal in meinem Leben hatte ich etwas wie Zeitgefühl völlig hinter mir gelassen. Auch das Gefühl für meinen Körper war verloren gegangen, denn ich spürte meine Beine schon einige Zeit nicht mehr, während ich vor meinem Altar kniete. Ich hatte mich allem entzogen. Sowohl den Maden, welche nie zu mehr bestimmt sein würden als ewigliche Maden zu bleiben, als auch den Unterweisungen, welche ich an die Letharfen vermittelt hatte. Vor allem aber hatte ich mich den Blicken aller und erst Recht meines eigenen Letharfen entzogen. Ob es der verhasste Vetter oder Vater selbst gewesen waren welche mir seinen Namen in den Kopf gepflanzt hatten, oder ob es sich dabei nur um meine zu geringe Standhaftigkeit gehandelt hatte, wusste ich noch immer nicht. Was ich jedoch wusste war, dass ich mich von solcherlei Schwäche in Zukunft fernhalten musste. Ich musste damit aufhören etwas befremdliches wie Hoffnung gegenüber neuen Schülern zu empfinden, an etwas zu glauben was möglicherweise erst garnicht vorhanden war. Am Ende würden sie alle ihren Weg alleine finden müssen - ob er in den Händen Vaters oder in der Lavagrube enden würde.

    Abgeschottet hatte ich mich, um meine verlorene Stärke und Kraft wiederzufinden. Nein, nicht die meines Kopfes, sondern die meines geschundenen Körpers. Den silbernen Glanz auf der sonst so nachtblauen Haut hatte ich allerdings noch immer nicht eingebüßt und würde es wohl auch erst tun, wenn ich mein Leben an meinen Schöpfer zurückgab. Ich hatte viel überlegt.. woher diese schwächliche Ader kam, welche seit einer großen Weile in den Reihen der Letharen Einzug gehalten hatte, wer sie gesäht und was genau damit bezweckt hatte. Diese jammernden Gestalten von Menschen konnten und durften uns, den Kindern Alatars, kein Vorbild sein. Woher also kam diese Schwäche, dass man sie alle kaum eines strafenden Blickes würdigen durfte um die arrogante und überhebliche Hülle zum zerbarsten zu bringen? Und wie schwer würde es werden, wenn man sich ob seines Äußeren nicht mehr nahtlos in ein Volk einfügen konnte? Obwohl ich mir schon immer sicher gewesen war, dass nur Schwächlinge sich hinter einem Volk und seiner Gleichheit versteckten. Wie auch sonst, wenn nicht durch Narben oder Zeichnungen, sollte man den Weg einer Hülle erkennen, seine Errungenschaften und Erfahrungen?

    Ja, ich hatte mich von all dem vergangenen Ärger abgeschottet und nach der Ruhe gesucht. Doch erst jetzt, mit den Überlegungen die das Blut in meinen Adern zum pulsieren brachten, schien mein Körper die Regung zu vollziehen auf die ich seit vielen Wochen gewartet hatte. Meine Sinne schärften sich mit dem zunehmenden Schlag meines Herzens. Einen Moment begann es zu rasen ehe es sich wieder beruhigte, doch ich konnte den Zorn in meinen Venen spüren. Vater selbst hatte mich zur Lethoryxae erhoben - und es war Zeit meinen neuen Platz einzunehmen und den Maden Gehorsam und Respekt beizubringen. Ein letzter Atemzug, ehe ich mich erhob und die fast staubige Robe an meinem Leib mit einem Klopfen hinabstrich. Die Zeit, Vater zu dienen, war gekommen - für mich und auch für all die anderen.





Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 09 Nov 2019 09:44, insgesamt einmal bearbeitet
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 14 Nov 2019 17:37    Titel:
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    Klarheit schmückt tiefe Gedanken.



    Vergangenheit.
    Immer wieder dieses Thema, immer wieder diese Erwartungen.
    Viele Monde waren vergangen seitdem ich das Weibchen, welches in Wirklichkeit meine Tochter gewesen war, aus meinem Körper entlassen und in andere Hände gegeben hatte. Monde in denen ich zu neuer Stärke gefunden und die jämmerlichen Empfindungen aus Menschenader verdrängt hatte. Doch es war nicht genug gewesen das ich über zwei Jahresläufe dieses 'Ding' in mir getragen hatte. Nicht gut genug um das Nest zu verlassen und meinen eigenen Weg zu beschreiten. Wenn Vater mich eines Tages als würdig empfinden würde, würde ich ihm im Tempel dienen. Dem Ziel näher, meiner Mentorin Ery'ae auf ihrem Weg zu folgen, ihr nachzueifern und mehr zu werden, als sie alle mir zutrauten. Und wie ich es gedacht hatte, hatte der Meister des Nestes aufs neue einen Nachkömmling gefordert. Männlich sollte er sein, stark und dazu in der Lage ein ungebrochenes und hartes Werkzeug Alatars zu werden. Und wieder sollte Kaa'nyr, der Lethrixor, sich meiner annehmen, obwohl sie alle wussten wie er mit mir umging. Eine runenlose Lethra behandelte man nicht gut und wenn man diese schlecht behandelte, so war ich nicht einmal eine runenlose Lethra. Die dunklen Flecken auf meiner ohnehin dunklen Haut sammelten sich und nahmen unschöne Farben an, mein Gesicht glich einem blutig geschlagenen Feind und selbst während der zweiten Schwangerschaft behandelte er mich nie, wie es einer tragenden Lethra gebührte - gleich welchen Stand sie trug. Der Meister hatte einen starken Zögling gewollt und mich einem entstellten Letharfen zugewiesen, sodass sich mein Blut um jeden Preis hatte durchsetzen müssen.

    Gegenwart:
    Und hier war ich angekommen. Am Ziel meines Wunsches.
    Bekommen hatte ich nicht nur ein Weibchen, sondern viele Jahre später noch ein Männchen welches mir meine Ausbildung erkauft hatte. Sein Gesicht war entstellt gewesen und bis heute war ich mir sicher, dass man diese Ähnlichkeit zu Kaa'nyr kaum verbergen konnte. Entrissen hatte man ihn mir und damit keine Träne in meinem Gesicht hinterlassen, sondern nur Erleichterung. Erleichterung auch den letzten Fetzen des Lethrixors von mir weisen und das Nest verlassen zu können. Vergangenes Vergangenes sein zu lassen. Nie hatte ich diesem Weg viel Beachtung geschenkt und kein Bedürfnis noch einen Wunsch darin gesehen. Doch jetzt, nachdem Vater mich ein weiteres Mal gezeichnet und erwählt hatte, krochen die Gedanken um ein Geschenk für Vater zurück in meinen Kopf. Welches Leben konnte stärker sein als entstanden durch den giftigen Hass eines Mael'qils und dem entschlossenen und starken Willen einer Lethoryxae? Ich strich über meinen völlig flachen Bauch hinweg als mir klar wurde, dass ich mich an nichts davon mehr erinnerte, weil ich es bewusst verdrängt hatte. Die Spur meines Letharfen auf meiner Haut hatte bereits nachgelassen - seine warmen Finger waren zu kühlen Abdrücken einer Erinnerung verblasst und ich musste mir ganz im stillen eingestehen, dass seine Nähe mir fehlte. Erst wenn etwas verloren ging, erinnerte man sich besonders gut an die scharfe Klinge oder den glänzenden Griff. Seitdem ich mich zurückgezogen hatte konnte ich fühlen, dass auch er sich mehr und mehr den Aufgaben Vaters widmete und ich zurückblieb. Ja, ich hätte es genauso getan und nur das war der einzige wahre Pfad zu dienen - dennoch hatte ich mich mit den Jahren an diesen Letharfen gewöhnt, ihn zu schätzen gelernt und vielleicht sogar etwas wie tiefe Verbundenheit zu ihm empfunden. Anders als es die Menschen taten, gewiss, dennoch nicht weniger geprägt von Vertrauen und einer dumpferen Art von Leidenschaft. Und mit der Zeit hatte ich ihn als selbstverständliches Gegenstück zu meiner Selbst gesehen, wenn auch deutlich rationaler und abgehärteter. Ich hatte mich gegen diesen Gedanken gewehrt und ihn jedes Mal aufs Neue aus meinem Körper verwiesen. Wie ein Gift, welches man aus seinem Leib vertreiben wollte, wenn man nur fest genug daran glaubte. Jetzt jedoch war dieser Gedankensprung nicht mehr völlig absurd, sondern eine Möglichkeit, welche ich offen gelassen hatte um Vater ein noch besseres Werkzeug zu sein - vielleicht auch den Mael'qil auf gewisse Art und Weise ein Stück näher bei mir zu behalten, selbst wenn ich meinen Aufgaben nachging. Ein tiefer Atemzug fand in meine Lungen als ich beschloss noch eine Weile darüber nachzudenken. Ich wickelte mich in die Decke, welche er stets unter seinem Kopf zerknüllte. Ich konnte eine Spur des vertrauten Geruchs noch daran vernehmen. Schwefel, Blut, frischer Staub, Erde.. Ungewohnt aber beruhigend strich ich über die Rune an meiner Hüfte hinweg und wog mich so selbst in den Schlaf. Die Hoffnung dass er in dieser Nacht in die heimische Höhle zurückkehrte blieb, ich erwachte jedoch am Morgen abermals allein. Zumindest vorerst.



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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 14 Feb 2020 20:25    Titel:
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    AM ANFANG WAR DIE SAAT, DANN KAMEN DIE KRÄHEN.
    Aus "Akt I - die Stille"

    Das Grollen des Himmels, das ewige Aufbäumen des Sturms und auch die Feuchtigkeit des Hagels waren unter der Oberfläche zu spüren, welche an Stalagmiten, Felsen und dem Gemäuer immer wieder zu beben begann. Ein Geräusch, welches mich an etwas Mächtiges erinnerte. Statt mich jedoch im Tiefen des Axorns zu verschanzen, stand ich, die Arme vor der Brust verschränkt, auf den Stufen der Quuypoloth und sah in die unergründbare Dunkelheit des Himmels empor. Dort wo sich der Riss aufgetan hatte, sah ich keine einfache Zerstörung, sah nicht nur das Verschwinden des Alkas, nein, ich sah die Spur einer Pantherklaue, seiner Krallen. Dort wo die schwächlichen Ausgeburten von Menschen von Wahnsinn sprachen, sah ich das nicht zu beugende Schicksal eines Erzlethyren oder Ala'thraxors.



    NAIVITÄT. Oh ja, sie alle und auch ich hatten gesehen, wie Isidor von dunklen Nebelschwaden hinfort gezogen worden war. Vom Erdboden, oder besser dem Himmel verschluckt, die Pranke des Gottkönigs über sein Haupt gelegt - ob zum Tod oder zum Leben. Sie feierten den Sieg ihres Königs, säuselten ihre Gebete an die Schwerthure, bettelten armselig, dass sie kommen und helfen möge. Was sie jedoch nicht sahen war, dass ihr König von seiner Göttin zurückgelassen worden, Isidor jedoch in die Pranken seines Schaffers zurückgekehrt und geborgen war. Was auch immer es für den Alka bedeuten würde, ob er zurückkehrte oder nicht, seine Essenz würde zurück zu Alatar finden und ihn nur stärker, mächtiger machen und ein neues Leben, durchzogen vom Wissen der ersten Sieben, würde einen weiteren Alka erfüllen.


    FEIGHEIT. So sehr sie alle sich auch einbildeten, dem Glauben ihres Gottes zu folgen, in seinem Namen zu handeln und zu schreiten. Sie alle.. hatten sich auf die Seite des Feindes gestellt und ihre Waffen gegen ihre Verbündeten, die Letharen und auch den Alka, erhoben. Sie alle hatten nicht verstanden, was es bedeutete, voller Hingabe einem Ziel und einem Glauben zu folgen, nicht verstanden was es hieß, wahrlich in den Krieg zu ziehen und alles daran zu setzen, es aus völliger Leidenschaft zutun. Stattdessen hatten sie Ihn betrogen, vielleicht sogar sich selbst betrogen, und dabei vergessen, wessen Macht ihre Hülle eigentlich füllte. Wessen Willen den Alka in seinem Wahnsinn antrieb und, dass sie nur noch nicht aus dem Leben gerissen worden waren, weil Alatar es so wollte. VERRAT.


    MISSTRAUEN. Dort wo die Menschen in ihrer verblendeten Wankelmütigkeit reine Besessenheit sahen, was uns Letharen anging, konnten sie ein Leben voller Aufopferung nicht verstehen. Wir waren dazu erschaffen worden, allein unserem Vater zu dienen, dazu sein Ziel voranzutreiben. Ich, als Werkzeug des Einen, hatte allem anderen abgeschworen. Niemals Einhalt gebieten, an meinem Glauben festzuhalten und meine Finger niemals darum zu lösen. Und noch immer erwählte Er seine Werkzeuge in unseren Reihen, noch immer sah er wieviel Kraft wir in unseren Essenzen sammelten. Mit erhobenem Haupt sah ich zum Himmel empor, besah die Blitze, wie sie miteinander spielten und sich gegenseitig verschlangen und war stolz, stolz dass ein weiterer Templer unter uns auserwählt worden war.


    ANGST. Wer Angst hatte, seine eigene Macht eines Tages abzugeben, der hat nie wirkliche und zu kontrollierende Macht besessen. Wer herrschen will, muss knien lernen. Willst du eine Leiter erklimmen, so musst du lernen auf der untersten Sprosse zu verharren. Natürlich sagte nie jemand etwas vom Fall die Treppe oder Leiter hinab - aber es gab ihn, da war ich mir gewiss. Und war man erst die vielen Stufen empor gestiegen, so würde der Fall schmerzhafter dennje sein. Wer sich fürchtete, seinen Verbündeten auch in schweren Zeiten beizustehen, der war nie ein Verbündeter gewesen - nichts anderes als ein Verräter, oder auch ein schlechter Verlierer? Niemand auf diesen Welten konnte immer nur siegen. SCHWÄCHE.


    ERKENNTNIS. Ich hatte mich vom Anfang meines Lebens an, meinem Vater und Schöpfer verschrieben - nie jedoch den Menschen. Wenn sie dachten, dass man einem Letharen über Nacht ein Messer in den Rücken rammen konnte, ja, dann hatten sie unser Wesen wahrlich nicht begriffen. Sei es nur, weil sie nicht dazu im Stande waren, oder es einfach nicht wollten. Abermals straffte ich meine Haltung und besah den düsteren Schleier, der nach einem Untergang aussah. Auch wenn der Alka seinen Tod gefunden haben sollte, Alatar war noch dort. Sollten die Gewöhnlichen reden was sie wollten, denn ich hatte nicht nur Erkenntnis gefunden, sondern auch ein anderes, ganz neues Gefühl gegenüber meiner menschlichen Seite, die ich zum aller ersten Mal verabscheute. GLEICHGÜLTIGKEIT. Ich würde bis zum Schluss an der Seite meines Vaters stehen, geborgen in die Kraft, die ich nur durch seine Hand erfahren würde. Würde das Ende kommen, so wäre ich bereit.




Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 14 Feb 2020 20:26, insgesamt einmal bearbeitet
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 16 Apr 2020 22:50    Titel: Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.
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    Grau wie der Himmel steht vor mir die Welt.



    Grau, wahrlich grau hing der Himmel wie eine Wolke über meinen Empfindungen, die mir ohnehin von Kindheitsbeinen, taub aus den Adern flossen. Ich war begraben, tief in der Erde, ich konnte die feuchte Erde und die Dunkelheit riechen, als wäre ich eines dieser ausgeblichenen Menschlinge, die sie voller Verschwendung unter den Erdboden schaufelten, in guter Hoffnung das ihre Seele befreit würde. Geborgen in das Leben von Natur, beerdigt unter einem Haufen von liebloser, lauwarm feuchter Erde. Hier saß ich also, Wochen, Monde und hatte mein Leben dem Einen verschrieben. Ich lebte das Leben, welches für mich vorgesehen war, nur dass ich mich Ewigkeiten nicht mehr vom Altar wegbewegt hatte. Meine Knochen und mein Körper fühlte sich steif an, ich fühlte mich alt, als wären die Lebensjahre der Menschen in mich übergesickert. Doch etwas zog an mir, zupfte an meinen Haarspitzen oder grub an meiner Robe. Ein Drang, welchem ich nachkam, als ich mich erhob und mit bitterer Miene feststellen musste, dass einer der Wege zu Vater verschüttet worden war - verschüttet wegen der Dummheit der Menschen, wieder einmal. Die ganze Oberfläche bestand aus nichts als Unüberlegtheit. Hätte ich einen nutzlosen Letharenschädel gefunden, ich hätte ihn im Nacken ergriffen und ihn gegen den Felsen des Aufganges geschlagen, nur um zuzusehen wie er blutend am Boden kriecht, und einen Stein nach dem anderen wegschafft.

    Der Weg die Treppen und Höhlengänge hinauf war ein langer, länger und anstrengender als sonst, viel erschwerlicher und schwerer auf mich zu nehmen, doch kein Weg zu Vater wäre in meinem jämmerlichen Zustand zu weit für mich, diese Schwäche hatte ich vor langer Zeit abgelegt. Ich spürte die überraschten und lauernden Blicke auf mir, als ich die knarzende Gittertür der Tempelhallen öffnete. Misstrauend, ob die Lethra wahrlich in den Menschentempel zurückgekehrt war oder nur einer Erscheinung glich, der man nicht trauen konnte, wollte, würde. Doch je näher ich dem Altar kam, desto mehr spührte ich alte Manieren in meinen Venen pulsieren, wie ein Sog, der unter einem Schiff entstehen würde, und der mich immer näher in den Bann meines Vaters zog. Zwei, drei Atemzüge später fühlte ich mich wie die Vicaria, die fernen Tages wie ein exotisches Geschöpf vor den Pranken Alatars gekniet hatte. Belebt, jung, weniger gebrechlich und erstarkt.

    Dieser Drang dem ich gefolgt war, hatte sich bewahrheitet, als die Clerica mich auf die Verfehlung meines Zöglings hinwies, eine Verfehlung, die offenkundig meiner Feder hätte entsprungen sein müssen, doch da täuschte man sich. Eine Lehre, für die ich viele Wochen selbst gelitten und Blut, Geduld und Konzentration gelassen hatte und welche ich mittlerweile soviel mehr als genoss. Um diese Lehre hatte er mich beraubt und würde noch am selben Abend die Konsequenz daraus ziehen. Nachdem die Tempelhallen sich geleert hatten, hatte ich den Letharfen an den Altar befohlen - kniend, den Kopf geneigt, mit beiden Händen auf dem Altar. All die zurückgehaltene Wut über die Verfehlungen der gänzlich, jämmerlichen Schöpfung und ihrer Entscheidungen, all der Zorn, den ich sonst mutwillig hervorgerufen hatte um mich noch ein wenig unberechenbarer zu machen - all diese Empfindungen schwappten wie ein Lebenselixier durch meinen Leib und wurden in einen einzigen Hieb gesetzt. Ohne zu zögern, schnell, kalt. Der Dolch verankerte sich mit einer Fuge zwischen den Steinplatten des Alars und auf seinem Weg dorthin, hatte er mittig die Hand des Letharfen durchbohrt.
    "Erinnert dich dieses Gefühl an eine deiner Lehren, Letharf?" Der Junglethoryx hatte seinen Kopf gesenkt und geantwortet: "Jawohl Lethoryxae, an die Lehren des Schmerzes." Ich hatte nicht nachgegeben und den Dolch wackelnd weiter durch die Wunde und weiter in die Verankerung des Steines getrieben. "Die Lehre des Schmerzes.. so ist es. Du, Letharf.. wirst keinem der Menschlingen je wieder anordnen, sich dieser Aufgabe zu widmen. Und solltest du dich noch einmal erdreisten, ohne Absprache mit mir, etwas solches auszusprechen..so werde ich dich deiner Schwerthand berauben. Ist das verständlich?" Wahrhaftiges Leben, ich lebte noch. "Ich habe es verstanden Lethoryxae", hatte er erwidert, während ein Menschlingsweibchen die Tempelhallen betrat und meinen ungeschwächten Zorn abbekam. "Hinaus!!" Auf dem Absatz machte sie sogleich kehrt, nickte hastig und ging schnellen Schrittes den selben Weg hinaus, den sie gekommen war. Zurückerlangte Aufmerksamkeit am Letharfen, ließ mich ein weiteres Mal durchatmen, ehe ich den Befehl meiner Strafe abschloss. "Bis in die Morgenstunden wirst du hier sitzen bleiben, in absoluter Erkenntnis deiner Verfehlung und in Ehrfurcht Vater gegenüber. Erst dann darfst du den Dolch entfernen." Abermals verstand er meine Anweisung ohne Umschweife und gab eine Bestätigung an mich wieder.

    Zu guter Letzt zog ein Männchen meine Aufmerksam auf sich. Auf der Suche nach Unschuld hatte er sich bei mir an die richtige gewandt. Unschuld.. wie naiv und fragwürdig manche Sterbliche doch waren. Was würde er durch etwas wie Unschuld erlangen wollen? Wissen, Erfahrung, Weisheit? Nichts davon würde man durch reine Unschuld erlangen, nichts außer Unwissenheit. Hätte ich nach dieser Prozedur noch genügend Kraft gehabt, so hätte ich ihn am Kragen vor das Kloster der Schwerthure gezogen. Doch wir wollten mal sehen, was man aus ihm noch machen konnte, den ersten Schubs hatte ich ihm gegeben und durch die kleine Warnung des Junglethoryx mit einem einfachen Ritualdolch unterstrichen. Was sollte man an diesem Abend anderes sagen außer - für Vater!




Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 16 Apr 2020 23:33, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 01 Mai 2020 12:41    Titel:
Antworten mit Zitat


    Jemand, der seinen Zorn nicht zurückhalten kann,
    ist wie eine offene Stadt ohne Mauern.




    Neues Leben durchzog meine Adern. Seitdem ich die heimische Höhle verlassen, und meine selbst auferlegte Meditation und meine Gebete hinter mir gelassen hatte, spürte ich ich die Kraft meines Vaters endlich in mir. Sie hielt sich an all meinen Eingeweiden fest, als wäre mein Glaube mit Heftnadeln an die Innenwände meines Körpers gesteckt worden. Nachdem ich den silbernen Schimmer meiner Haut erhalten hatte, hatte ich die Zeit der Regeneration benötigt. Neue Kraft pulsierte zwar in meinen Adern und ich fühlte mich meinem Schöpfer nah wie nie, doch die Wochen des harten Dienstes, die Wochen der menschlichen Schwäche, hatten an meinem Leib gezerrt und ihn beinahe gänzlich aufgefressen.

    All diese Schwächen hatte ich nun restlos hinter mir gelassen, sogar begriffen, dass die Empfindungen für meinen Letharfen zweitrangig waren. Ich hatte aus meiner Wut gezehrt, wie ein Panther an einem Stück rohen Fleisches, mich daran ergözt, all den gesammelten und auch neu erhaltenen Hass an gezielte Stellen zu lenken - eines Tages. Wenn ich die Augen schloss und dem Widerhall meiner Gabe lauschte, meinen Vater fast flüstern hörte oder das Knurren in meinen Ohren vernahm, so glich es einem Rausch, der nicht vergehen würde, solange ich an meinem, Seinem Ziel, festhielt. Und wenngleich ich von Wut, Zorn und Hass durchzogen wurde, als wären die silberenen Schlieren auf meiner Haut die Zornesadern, hatte ich eine Sache über die lange Zeit gelernt - Selbstbeherrschung. Diese Lethra..., ich hatte sehr viel über sie gehört, zuviel, dafür dass sie ihren Platz im Axorn verlassen hatte. Die Errungenschaften unter den Augen Alatars mochten verdient gewesen sein und ohne Zweifel hatte sie einmal mehr Kraft besessen als ich, tat es vielleicht noch immer, doch wenn sie glaubte nach Jahren des Ausruhens zurückkehren und mich befehligen zu können, so hatte sie sich getäuscht - ich und auch sie selbst, würden es schmerzlich erfahren. Doch ich ängstigte mich nicht mehr vor körperlichen Schmerzen, das war vergangen, und ein Name allein, sagte rein garnichts aus. Ich hatte Jahre mit einem kalten, und wenn er wollte, wirklich widerlichem Lethrixor und schließlich Mael'qil verbracht. Erniedrigung und Provokationen standen auf meiner Tagesordnung und lange Zeit war ich darauf eingegangen, hatte mich darin gefangen nehmen lassen und Tagelang um mein Recht gekämpft. Doch für wen? Für mich und meinen Stolz? Den Beweis dass ich es besser konnte? Das alles hatte ich nicht mehr nötig, denn die Bestätigung für meine Gabe, mein Recht auf meinen Platz, meine Errungenschaften und die richtigen Pfade, die ich gewählt hatte, stand mir mit einer runengleichen Narbe ins Gesicht geschrieben. Besiegelt hatte es nur einer, der einzige auf den es wahrlich ankam - mein Vater, unser aller Schöpfer, der Gottkönig höchstselbst. Es gab keinen Grund mehr Provokationen nachzugeben und mich in die am Boden liegende Falle zu werfen, denn ich selbst hatte das Mittel erschaffen, welches sie entschärfen würde. Mit eigenen Händen, mit Worten und mit Zeit, viel Zeit und Mühe, unkontrollierbarer Müdigkeit, mit Blut und Schweiß, Kampfeskraft und Überzeugung, Schmerzen und unzählichen Narben hatte ich dafür gezahlt. Niemand außer Vater selbst würde mir meinen Lebenshauch entziehen, und wenn es soweit war, würde ich bereitwillig an seine Seite zurückkehren, mit allem was ich hatte, mit all dem, was es zu übergeben galt und mit eigenem Willen. Bis dahin würde ich mir keine Sekunde meines Weges nehmen oder streitig machen lassen, denn mit jedem Sandkorn, dass in die Schale der Zeit gerieselt war, war ich zu dem geworden was ich war. Sollten sie alle sich dem bildlichen Zaun annehmen, wie ein räudiger Straßenköter es tun würde, wenn er den Geruch eines anderen aufgenommen hatte. Ich jedoch blieb, ebenso wie dieser Zaun, in der sprichwörtlichen Erde, meinem Glauben, verankert. Gewiss würde ich der Lethra den Respekt zollen den sie verdient hatte - doch zuvor musste sie beweisen, dass sie sich in vergangenen Jahren nicht nur auf den Lorbeeren ihrer Vergangenheit ausgeruht hatte. Gleich welcher Grund es gewesen war, das Axorn hatte Jahre der Veränderungen durchgemacht und gleichsam der Tempel. Wer aus vergangenen Tagen zurückkehren würde, hatte sich einen neuen Platz in der Vereinigung des letharischen Volkes zu schaffen. Nichts würde es je umsonst geben, nichts wurde geschenkt. Alles hatte seinen Preis und diesen galt es sich zu erarbeiten und schlussendlich zu zahlen, immer und immer wieder, denn niemals würde Vater etwas wie Stillstand dulden.

    Ein weiteres Grienen stahl sich auf mein Gesicht, wenn ich an die Blicke der Menschlinge dachte. Ich hatte es gespürt, das sengende Augenmerk auf meine Panthermaske, als ich von Loyalität gesprochen hatte. Nein, ich empfand keinen Gram über vergangene Taten, doch würde ich sie ebenso nicht vergessen. Wie ein heißes Eisen, das man unter dem Winden seines Körpers, auf die Haut gepresst bekam. Eine eingebrannte Narbe, eine brennende Erinnerung an die falsche Weggabelung, die man gewählt hatte. Gefallene Worte, die man nicht mehr im Stande war zurückzunehmen und die dennoch gesagt worden waren. Der seichte Sprung in einem Glas, der es zwar nicht zum zerbersten brachte, welchen man jedoch nur mit dem Finger anschnipsen musste, damit es zu vielen Splittern zerspringen, und an denen man sich so hässlich schneiden würde. Dinge die man nicht vergaß, weil sie wichtig waren. Für künftige Wege, Entscheidungen oder auch den Umstand, ob man jemandem traute oder sich lieber auf sich selbst verließ. Jetzt allerdings, als die Diener des Tempels aus allen Löchern gekrochen kamen, wurde mir bewusst, dass Vater mich zuvor wahrlich geprüft hatte und es wahrscheinlich noch immer tat. Beobachtete, wie ich mit neuen.. oder auch alten Herausforderungen umgehen würde, wie der Zögling, der mich jedes Mal ein wenig zu intensiv ansah, sich entwickeln würde. Wie und ob ich selbst mit diesen neuen Aufgaben wuchs, oder mich abermals den damaligen Altlasten der menschlichen Ader hingab. Jeden Schritt, jeden Gedanken, jeden Handgriff. Eines Tages jedoch würde ich bereitwillig loslassen und mich dem intensiven, verzehrenden und verführerischem Hass hingeben, ihn aus all meinen Adern platzen lassen, wie eine Made, die sich zu fett gefressen hatte. Ich würde frei sein, meine Selbstbeherrschung lösen, wenn ich erfüllt von Zorn die richtigen Feinde mit in den Abgrund zog - Vaters Abgrund, in welchem sie alle in vollendetem Schmerz vergehen würden.




Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 01 Mai 2020 12:48, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Anwa'qulae





 Beitrag Verfasst am: 28 Jun 2020 14:47    Titel: Stille
Antworten mit Zitat


    Dass du nicht enden kannst, das macht dich groß,
    und daß du nie beginnst, das ist dein Los.
    Dein Lied ist drehend wie das Sterngewölbe,
    Anfang und Ende immerfort dasselbe.
    Und was die Mitte bringt, ist offenbar
    das, was zu Ende bleibt und Anfangs war.





    Dunkelheit, wieder ein Mal. Die Stütze der schweren Steinmauer fest in meinen Rücken gedrückt, als erwarte sie, dass ich zurückkippen würde, endlich. Das pulsierende, kraftvolle Leben hatte die Särge vor mir vor langer Zeit verlassen und dennoch, ich hatte das Gefühl als könne ich die Macht in ihnen noch immer spüren. Sie durchzogen mein Blut, gleichsam wie das all meiner Geschwister. Stärker, schwächer, zornesgleich, verwegen, manche davon am Rande des Wahnsinns verzerrt. Ein Geschenk und gleichsam ein Fluch. Diese Gabe hatte mir schon viele essenzielle Bestandteile meines eigenen Willens, meiner eigenen Schwächen, meiner eigenen Selbst genommen, das was mich vor langer Zeit ausgemacht hatte. Währenddessen aber, hatte sie meine Seele, sollte ich soetwas besitzen, geformt, verstärkt und gefestigt. Dieser Raum war wie ein Vakuum, der all die Energien und einstigen Krätfe in sich verborgen hielt. Zu erreichen nur für eine Handvoll der Geschwister, verlassen genug um mich einige Zeit darin zu verbergen und nur meinem Vater, niemandem sonst, zu gehören.


    Hier und jetzt, mit Nichts als der Dunkelheit und den Überresten unseres Fundaments, konnte ich es spüren. All das, was mich jemals besessen und beherrscht hatte. Das Gefühl als würde mein Innerstes zerbersten, die Schreie zweier Nachkommen, das ewige Leid durch den Letharfen, welcher seinen eigenen Makel nicht zugestehen und stattdessen mich darunter leiden lassen wollte. Peitschenhiebe, die nicht nur meine Haut, sondern auch mein Wesen gezeichnet hatten, unendliche von ihnen. Die dunklen Striemen, die auch nach Jahren auf meiner Haut zurückgeblieben waren, als fester Bestandteil meines Leibes. Das Feuer, welches sich durch mein Gesicht gegraben und dunkle Runen zurückgelassen hatte, die mittlerweile bis an meine Schläfen reichten. Begehren und Verwirrung, durch die Nähe eines Letharfen, welcher mich zu besitzen begonnen hatte. Das stechende Brennen als die Rune seines Namens in meine Hüfte gesunken und sich eingefressen hatte - unwiderruflich, bindend. Vertrauen, welches durch den gemeinsamen Weg entstanden war, tiefe Verbundenheit und ja, auch Zuneigung und lodernde Anziehung. Ich spürte vergangene Demütigungen durch Worte und Blicke, die wie ein heißes Messer durch Fleisch schnitten, kräftezerrende Aufgaben, die ich unter funkelnden Augen meiner einstigen Mentorin hatte durchstehen müssen. Selbe, die mich meiner Kinder beraubt hatte ehe ich auch nur eine Regung ihres Gesichtes in Augenschein genommen hatte. Kinder, die möglicherweise bereits am Ende ihres Pfades angekommen waren, ich wusste es nicht. Und auch die Stiche in meinen Händen, die ich mir einstmals zugefügt hatte, gaben jetzt rote Blutstropfen frei, welche zähflüssig und tränengleich an meinen Handgelenken hinab, zu Boden rannen. Einbildung - das verschwommene Bild zwischen Wirklichkeit und Illusion. Doch nur Momente später saß ich in einer großen, roten Lache aus Lebenssaft. Meine Finger überschwemmt, meine Erinnerung an einen Moment mit dem Meister geheftet, weitere Illusionen. Aus den Schatten des kleinen Raumes konnte ich die blutunterlaufenen Augen Aron'deryls erkennen, sie kamen auf mich zu und sie würden sich noch viele Jahrzehnte in mein Unterbewusstsein bohren, es triezen oder auf verdrehte Art und Weise liebkosen. Mit seinem Griff an mein Kinn begannen die Stimmen in meinem Kopf zu surren, als hätten sie sich vereint um mich in die Knie zu zwingen. Stimmen meiner Vergangenheit und meiner Gegenwart, Vaters Stimme, scheltende Worte von Tetrarchinnen, amüsierte Worte von Ketzern, strafende meiner Geschwister, lobende, die weit verborgen in Floskeln vor mir lagen. Doch ich hatte gekniet, ich hatte sehr lange Zeit gekniet und innerlich darum gehofft nicht zu versagen. Ich hatte den Verlust meiner Gabe gespürt, Angst, Panik.. schlussendlich einen bitteren Schein von Liebe. Ich hatte Mentoren, Schüler und Runenlose kommen und gehen sehen, ich hatte sie schwach und zerbrechlich erlebt - ich hatte mich selbst schwach und zerbrechlich erlebt, und ich war müde. Nichts desto trotz war ich dem Willen meines Vaters gefolgt ohne zu straucheln oder zu zweifeln, unerbittlich, schmerz- und hasserfüllt. Immer und immer wieder hatte ich die selben Worte gesprochen um sie in die Köpfe aller Anwesenden zu brennen. Ich hatte erklärt und zu guter Letzt all meine Lebenszeit nur noch in diese besagte Gabe einfließen lassen. Und so waren auch die Erinnerungen an meinen eigenen Letharfen erschöpft. Den Geruch seiner Haare, an welchen ich mich vor langer Zeit so intensiv hatte erinnern können, das Gefühl, wenn ich des Abends mein Bein um seines geschlungen hatte, alles. Von Zeit zu Zeit war es nur die Rune, die mich daran erinnerte, dass ich noch immer sein, und auch er auf gewisse Weise mein Besitz war. Selbst der Gedanke, Vater einen weiteren starken und reinen Nachkommen zu schenken, war ob der Aufgabe in den Hintergrund gerückt, weit zurückgerudert und verglommen.


    Nun war ich endlich das, was ich vom ersten Tag meines Lebens hatte sein sollen. Eine reine Hülle. Die Marionette und die Spielfigur meines Vaters, das, wozu ich bestimmt worden war. Umgeben von der dünnen Hülle meiner Haut, einzig dazu da, all mein Wissen, meine Aufgaben, all meine Errungenschaften und Verluste im Inneren zu erhalten, damit auch ja nichts hinaussickern würde. Verborgen vor anderen, zurückgedrängt um niemals etwas wie vermeindliche Schwäche zu zeigen. Und mit der Zeit, die ich unter dem Willen Alatars auf Erden verbringen würde, würde der Platz meiner Selbst weiter und weiter schrumpfen, um anderen Dingen Platz zu schaffen - bis eines Tages nichts von mir übrig bleiben würde, außer reinem Fanatismus und Glauben. Welch Ironie.. Die Dunkelheit war wie ein Spiegel der verhinderte, dass man an ihm vorbeisah. Doch manches Mal benötigte man genau diese Schwärze um klaren Verstandes zu werden, zu erkennen worauf es ankam, was man gewonnen und verloren hatte, was man niemals wieder erlangen würde oder aber auch, welche Dinge und Erlebnisse es nicht wert waren, darüber nachzudenken. Man konnte es ohnehin nur hinnehmen. Und jetzt, da der Griff um mein Kinn zu einem liebevollen Streicheln des Meisters wurde, und ich nur noch die Stimme des Mael'qils in meinem Kopf hörte, welcher meinen Namen flüsterte, blinzelte ich mich frei. Der Raum war schumrig dunkel, nichts außer den Särgen der ersten Letharen an meiner Seite, nichts außer dem Wiederhall meines Vaters in meinen Adern - ich war allein, meine Gedanken begannen zu schweigen.
    Stille.





Zuletzt bearbeitet von Anwa'qulae am 28 Jun 2020 18:45, insgesamt einmal bearbeitet
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Zyd'arak





 Beitrag Verfasst am: 22 Jul 2020 22:37    Titel:
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Tief in der Nacht wird der Mael'Qil erneut losziehen. Nichts besonderes scheint an diesem Wehrgang, doch der ein oder andere Lethar des Axorns wird bereits feststellen können dass einiges an ihm ausbleibt. Der grelle Pantherhelm, das gebrandmarkte Mithrillschild und ein Großteil der Bewaffnung bleibt aus. Mit ihm wird lediglich die moosgrüne Giftklaue und das Ylor'qil geführt.


Nach einigen Stunden außerhalb wird er blutüberströmt zurück gen Axorn kehren. Nichts unübliches, sah er doch meist so aus wenn er von längeren Jagden zurückkehrte. Meist war es das Blut der Bestien die er erschlug.


Diesesmal jedoch schien sein Gang langsamer, die Robe weitaus zerfetzter und das sonst so grelle Rot in den Augen des Mael'Qil schien fast schon erloschen. Nichts desto trotz blieb der Weg zur Heilerhöhle aus. Vielleicht waren es die besonderen regenerativen Fähigkeiten welche ihn vom Gang dorthin abhielten. Vielleicht purer Wille. Vielleicht Gleichgültigkeit. Schmerz ist Normalität. Immerhin ist er der Lehrer, welcher wahren Zorn aufkeimen lässt und die Letharen schult jenen Zorn zu Hass kanalisieren zu lassen.
Hass der zielgerichtet gegen die Feinde Alatars gewandt werden soll. Hass, der Ursprung wahrer Stärke und Willens ist. Hass, ein solch steter Begleiter des Letharfen, dass er sich fast schon zu einem zweiten Schatten manifestieren könnte.


Der Mael'Qil setzte seinen Gang fort. Die moosgrüne Giftklinge wird wohl gleich am Bankturm an jenem merkwürdigen Kristall positioniert, der einst dafür verantwortlich war ihn entzwei zu reißen und von Alatar selbst wieder vereinen zu lassen. Als Mael'Qil zurück auf diese Welt geholt, statt die finale Reise gen Vater antreten zu können. Seine Essenz sollte weiter geformt werden.


Schlurfenden Schrittes fand er seinen Weg durch die Gemeinschaftshöhle. Erinnerungen sind es, die dir zeigen welchen Weg du bestritten hast. Aron'deryl, Vyel'tareala, Ilphrin, Szyr'dhar, Tar'xyr, Jaryan'dolor. Namen längst vergangener Lehrer dessen Gesichter nun dennoch wieder bildlich in seinem Kopf aufkeimten.


Das Rot in den Augen schon nur noch hin und wieder aufglimmend wird die mit Blut besudelte Gestalt weiter ihren Weg durch das Axorn bahnen. Vor den Stufen des Tempels angelangt wird es ihm schon deutlich schwerer fallen jene zu besteigen. Im Inneren angelangt wird der Altar eine ganze Weile lang angestarrt. Eine deutliche Blutlache wird hinterlassen.
Die Schritte werden langsamer, das Wanken wird stärker, während er in den Hinterraum des Tempels schlurft.


Die Grabstätte des Urgesteins. Die aufkeimende Saat Alatars manifestierter Kraft. Hier hat alles begonnen. Hier wird es enden. Der Reise zur ewigen Heimat ins Auge blickend wird er neben seiner Lethra zusammensacken. Unter ihm wird sich das verbliebene Blut ausbreiten, die dunkelrote Robe der Lethroyxae einen noch viel dunkleres Rot annehmen, während sie sich mit Blut vollsaugen wird.


"Und von der einzigen Heimat auf dieser Welt, werde ich die Heimreise gen Vater antreten. Dort sind wir wieder Eins."

Jene Worte werden der Lethoryxae Anwa'qulae mit den letzten Atemzügen in ihre Meditation gesäuselt, ehe das rot in den Augen vollends erlischt.
Der Mael'Qil Zyd'arak ist verblutet.
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