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Maheen - die Zweige geben von der Wurzel kund
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Maheen - die Zweige geben von der Wurzel kund
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Maheen Ayat Azeezah





 Beitrag Verfasst am: 31 Okt 2023 15:20    Titel:
Antworten mit Zitat

"Maheen Ayat Yazir.
Adals Name wurde lange nicht gehört, sein Antlitz lange nicht gesehen.
Es wurde alles was angemessen und möglich war unternommen,
doch muss man davon ausgehen, das uns die Wüste diesen Anaan geraubt hat.
Im Namen der Allmara löse ich den Bund zwischen dir und Adal Yazir und gebe dir die Möglichkeit zu trauern.
Tu, was du für richtig erachtest, beweine ihn, wie es einem guten Mann zukommt
und bewahre seine Erinnerung in deinem Herzen.
So lautet mein Urteil über Adal Yazir.
Abeer Eluv'."

🌢


    In stiller Einkehr und mit dem Rückzug vom öffentlichen Leben hatte sie sich einige Tage Zeit genommen, um die Worte des Erhabenen und die damit verbundene Tragweite sacken zu lassen. Sie war nun eine Witwe, erneut. Die Bande zur eingeheirateten Familie wurden gekappt, erneut. Sie wusch sich und legte das Trauerweiß an, um ihres Ehemannes zu gedenken, auch erneut. Doch diesmal hatte sie keine zwei Schwestergemahlinnen an ihrer Seite, die zusammen mit ihr die beschwerlichen Schritte zusammen gingen wie in ihrer ersten Ehe. Diesmal musste sie alleine den Pfad beschreiten: Sie war Adals einzige Frau gewesen.

    Doch es war nicht in ihrem Wesen verankert herumzusitzen und dumpf zu brüten. Sie kompensierte es, indem sie ruhelos im Haus umherschritt, um zu kehren, zu putzen, auszusortieren und schließlich sogar ihre beachtliche Rüst- und Waffenkammer zu polieren und zu schärfen. Sie hielt eine der Klingen schräg in das Licht der abendlich hereinbrechenden Sonne. Ihren ersten Mann und sie hatte die Pflicht der Familie und des Nachwuchses zusammengehalten, in der sie auch Zuneigung und Halt fand. Mit Adal hatte sie jedoch keine Kinder bekommen - in stillem Einverständnis. Sie teilten sich aber viele andere Leidenschaften und Gemeinsamkeiten und die Waffenkammer war eine von ihnen: Der wehrhafte Wall und die vorpreschende Speerspitze des Volkes sein, um der Mara, dem Erhabenen und dem feurigen Haus Yazir Ehre zu machen. In solchen Idealen hatten sich ihre Seelen sprichwörtlich verbunden und ineinander einen vertrauten Geist gefunden.

    Sie wusste, dass sie dem standhaften Wüstensohn kaum ehrenvoll betrauerte, indem sie ihm ihre Tränen oder ihren Kummer schenkte. So war Adal nicht, so war auch sie nicht. Keine Träne verließ ihre Augenwinkel, um perlend die Wangen hinabzugleiten. Nicht etwa, weil sie sich nicht solche vermeintliche "Schwäche" erlauben würde, sondern weil es ihr demnach in seinem Andenken schlicht nicht richtig erschien:
    Sie hatte stets sein eisernes Schweigen bewundert in Situationen, wo sie schon die scharfe Zunge schwang. Er wusste, wann es angemessen war den Mund geschlossen zu halten: Vorerst Enttäuschung, Wut oder Schmerz zurückzuhalten und fokussiert zu bleiben. Immerhin lebte mit Sahid Adals verwandtes Gemüt fort und sie würde orientierend zu ihm sehen können...

    Als schließlich alle Rüstungen makellos glänzten, der letzte Staubkorn aus Uniformen und Ornatsgewändern gebürstet war und jede Klinge frisch geschärft schimmerte, ertönten die Alarmrufe.
    🗡


    Sie beschattete ihre Augen mit einer Hand, während sie zurück gen Stadt sah. Ein dumpfes Gefühl lag ihr schwer im Magen, seitdem die ersten Lichtblitze und Wolken in der Durrah im Norden aufgetaucht waren. Auf die weite Distanz konnte sie es nicht recht fassen und einordnen, was dort vor sich ging, doch ihre Erfahrung und Intuition sagten ihr, dass es ein klerikaler und kein arkaner Eingriff in die Schöpfung war. Als die Janitschare in ihrem Rücken die ausgeprägt fluchtfreudige Dame ein zweites Mal unsanfter dazu 'überredeten' nicht durch die Gegend zu hüpfen, gab der Erhabene den Befehl wieder gen Osttor vorzurücken: Still und leise wie ein Schatten der Durrah.

    Diese Aufgabe überließ sie überaus freiwillig den Begabteren und Jüngeren, die sich eher darauf verstanden sich neugierigen Blicken zu entziehen, während sie in der Nachhut die vorgezeigten Wege und sichtschutzbietenden Positionen nachging. Auch wenn sie, wie oft zur Verschleierung ihrer Identität und dem sprichwörtlichem Aufgehen in der Masse, die Offiziersuniform eines Jijkban trug, überließ sie die Delegation und Weiterreichung der Befehle des Erhabenen anderen Jijkbans, die sich noch bewähren wollten oder schon teilweise bewährt hatten. Sie schwieg, denn es gab keinen Anlass ihrerseits für überflüssige Worte auf dem Schlachtfeld. Sie sparte sie sich nebst Atem und Kraft für die Momente, wo sie gebraucht wurden.

    Erst als die Hand Saifs sich signalisierend erhob, nachdem sie sich an die Alatarier herangepirscht hatten und sie ins Visier nahmen, griff Maheen auf die für sie nahezu selbstverständliche Quelle der Macht zurück, die sie andererseits jedes Mal aufs Neue tief berührte: Die urtümliche und dualistische Kraft der Schöpferin, mit der sie eng verwoben war. Stumm, um keine Aufmerksamkeit auf die noch unentdeckten Wüstenkinder zu ziehen, bewegten sich ihre Lippen untermalend zu ihrem Segen. Mit führenden Fingerspitzen webte sie die Vergänglichkeit des dunklen Aspekts in die Bolzen und Pfeile, die von den Janitscharen eingespannt wurden, um deren Durchschlagskraft zu erhöhen.

    Als die erste Salve der Menekaner in die zahlreichen Reihen der Feinde ging, die zuvor noch durch eine Sandwolke verdeckt gewesen waren, drückte sich Maheen schutzsuchend tiefer hinter den Tisch eines Standes, um eine eine mögliche Antwort des Feindes mit einer vorzubereitenden Schutzliturgie abzumildern. Die Weise der Oase - Schutz, Heilung und Licht - lag ihr schon immer näher als das Brüllen des nächtlichen Sandsturms. Ein Umstand, der wohl viele überraschen würde, die in ihr das Bild der unbezwingbaren Menekanerin vieler Schlachten und Jagden sahen. Doch diese Neigung ruhte schon immer stark in ihr und wurde bei ihrer Erwählung zur Erzpriesterin durch Eluive offenbar - als sie vom hellen Aspekt beseelt wurde und nicht seinen dunklen Zwilling verkörpernd in sich aufnahm.

    Ein rascher Blick über den Tisch hinweg verriet ihr, dass die schützende Hand der Mara hier überflüssig war - der ungebetene 'Gast' zog sich zurück. Sirrend schlugen die Pfeile in eine Vielzahl von Häretikern ein, die sich unvermittelt in Luft auflösten: Eine Illusion, ein geschickter Schachzug, wie sie anerkennend bemerken musste. Sie drückte sich aus ihrer Deckung auf und faltete die Hände, die sie eben noch zu einer Schutzliturgie heben wollte, vor dem Bauch zusammen. Man sollte stets die Ruhepausen nutzen, die einem vergönnt waren. Nur diese hielt nicht lange an.

    "Sie sind in den Minen!", tönte es von den wehrhaften Mauern der goldenen Stadt. Im selben Moment verkrampften sich wieder ihre Eingeweiden und sie meinte ein sinistres Flüstern im Wind zu hören.
    Die kurze Ruhepause war wohl schon wieder vorbei.

    Der Stoßtrupp mit den jüngeren und schnelleren Beinen eilte unter Führung des Erhabenen zu den Minen.
    Auf das Alter zu schimpfen ist nur verschwendeter Atem, meinte sie Adals Stimme zu hören:

    Also presste sie die Lippen aufeinander und folgte - ohne zu klagen.

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Maheen Ayat Azeezah





 Beitrag Verfasst am: 31 Okt 2023 15:21    Titel:
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    Blut, vergossen im heiligen Berg Cantar - Frevel!

    Maheen tauchte ihren Zeige- und Mittelfinger in den Tiegel mit dem geweihten Kaktusblutenöl und zeichnete fürsorglich das Sonnenrund auf die Stirn der gefallenen Streiterin, die mit anderen Janitscharen zur Bewachung des großen Geschenkes der Mara abgeordnet gewesen war. Saif hatte der eben Verstorbenen vergeben, dass sie beim Schutz der Tränen der Göttin gescheitert waren und überrumpelt wurden. Trotz der erschütternden Situation, die sie vorgefunden hatten - den gefallenen Janitscharen und der schreckensbringenden Armee aus erhobenen Untoten, die soeben durch Hiebe und Schüsse der Menekaner fielen - hatte sich der Emir der Sterbenden zugewendet und sie mit ruhigen, leitenden Worten zur Schwelle des Todes begleitet. Auch wenn Saif kaum mit Abbas im Kampf zu vergleichen war, dafür kämpften sie auf zu unterschiedliche Weise, imponierte Maheen das Charisma des derzeitigen Auserwählten Eluives, der die Werte des Glaubens ebenso gut in Worte fassen konnte wie er beflügelnde Ansprachen hielt - weltliche und geistige Führung wie ein Erhabener sie verkörpern sollte.

    Sie führte ihre flache Hand symbolisch von Fuß bis Scheitel der frisch Verstorbenen und hüllte sie in einen kaum wahrnehmbares, weißes Schimmern - ein temporärer Grabsegen, der die unheilvollen Kräfte des Schwarzgefiederten fern halten sollte, bis sie den Leichnam den Flammen übergeben konnten. Auch die anderen Gefallenen feite sie vor dem Zugriff Kra'thors, während sich der kurze, heftige Angriff auf die widernatürlich erweckten Ahnengrab-Untoten dem Ende zuneigte und der letzte wankende und stöhnende Leib unter dem flammenden Schlag eines Janitschares fiel.

    Es fühlte sich an, als wäre der Ort beschmutzt worden, entweiht und besudelt. Die Sonnenpriesterin musste unweigerlich an den Schrein der Wüstenweisen denken, der vor wenigen Jahren von der gehörnten Brut ähnlich geschändet worden war. Diesmal, so beschloss sie, würde sie es nicht soweit kommen lassen.

    Während sich die Krieger des Wüstenvolkes vor dem seitlichen Mineneingang aufstellten und wohl den nächsten militärischen Schritt besprachen und durchführten, schritt die ältere Menekanerin durch die Reihen der verblichenen Kadavern der Untoten. Im Vorbeigehen berührte sie einige Untote mit der kopflastigen Spitze ihres sonnensymbolgekrönten Priesterstabs und jagte kurze Schauer goldenen Lichts in die Gefallenen, um ihre Körper in Unkenntlichkeit zerbröseln zu lassen, denn Staub konnte nicht wieder aufstehen und einem in den Rücken fallen. Als sie ein bekanntes Gesicht unter den Ahnengrab-Untoten entdeckte, erfasste sie ein kalter Schauer: Es war die Attentäterin, die den ehrenwerten Akram ermordet hatte und zur Strafe in den Gängen des Ahnengrabs angekettet wurde. An einem Handgelenk zeugten die zerrissenen Ketten von ihrer kürzlichen 'Flucht', während die verkohlten Stellen an der teils skelettierten Toten die Male der Verbrennung trugen.

    Es war ein tröstender Gedanke, dass alle ehrbaren Menekaner vollständig in den Krematorien des geschützten Tempelgrabs verbrannt worden waren und ihre Seelen sicher in die Schöpfung geleitet wurden. Sie hätte es wohl kaum ertragen einen nahen Verwandten unter der wankenden Untotenbrut zu sehen.

    Die Haatim verscheuchte die bedrückenden Gedanken und blendete auch das Treiben der Janitschare aus, die einen kleinen Stoßtrupp durch das kleine Nebentor der Mine in die Durrah schickten. Sie setzte das eherne Ende des Stabes auf den Boden und sammelte sich. Sie stieß das innere Tor zur Göttin in sich weit auf und ließ sich von ihrer Macht durchströmen, während sie ein Schutzsymbol auf den steinigen Boden nachfuhr: Ein Kreis mit Strahlen, der ein Tropfensymbol in sich trug. Die Haatim lenkte die reinigenden Kräfte in das Zeichen und reicherte es mehr und mehr an, während sie die Fäden des Lichts zu einem komplexen Muster verband.

    Sie war so sehr in ihr rituelles Wirken vertieft, dass sie die Rückkehr der ausgesandten Menekaner kaum mitbekam. Dass sie nicht alleine durch das Nebentor zurückkehrten, sondern von den Ketzern verfolgt wurden, registrierte sie nur peripher - sie hatte es gleich geschafft und der Makel der Besudelung würde weichen!

    Ein sanfter, gongartiger Ton ertönte in Maheen Ohren, als der Reinigungs- und Schutzsegen sich voll entfaltet hatte und in alle Ecken und Ritzen der Mine kroch, um den Schandfleck der dunklen Berührung zu vertreiben. Keinen Moment zu früh richtete sie wieder ihre klerikalen und mundanen Sinne auf ihre Umgebung - zu ihrem Glück - als sie dunkel keimende Wurzeln auf sich zupeitschen sah! Im selben Moment spürte sie die zwei, nein drei Auren krat'horischer Präsenz. Zwischen den hervorbrechenden Fluchwurzeln hetzten Schattenwölfe auf sie zu. Zwei der drei Rabenkinder bündelten also ihren Angriff auf sie, während die Dritte sich (noch) zurückhielt.

    Noch recht überrumpelt, übernahmen Routine und Instinkte die Oberhand. Die Erzpriesterin nahm einen Teil der Macht des eben gewobenen, rituellen Schutzes, schleuderte es ihren Widersachern entgegen und formte eine brandende Woge aus rauschendem Licht!

    Um sie herum brachen weitere Kämpfe aus, doch davon bekam Maheen wenig mit, die sich ihren Herausforderern stellen musste. Zischend lösten sich ätzenden Fluchwurzeln auf und auch der wolfsheulende klerikale Angriff des zweiten Rabendieners begann in der rollenden Lichtwelle unterzugehen. Da! Die dritte Rabenpräsenz regte sich - Nebel wallte auf und formte sich schemenhaften Schreckgestalten. Seltsamerweise griff die dritte Krat'hori nicht direkt an - eine List?

    Kurz abgelenkt, bemerkte sie zu spät, dass einer der Schattenwölfe halbwegs unbeschadet durch die Lichtwelle brach. Die scharfen Zähne des Angriffsfluchs bohrten sich oberhalb ihres Knöchels in den Unterschenkel. Maheen biss die Zähne aufeinander, als der scharfe Schmerz durch ihren Körper zuckte und wankte. Krachend landete der Kopf des Priesterstabes auf dem Schädel der Kreatur und ließ den Fluch in einem zuckenden Lichtblitz vergehen. Von Pein erfüllt sank sie auf ein Knie herab, erlaubte sich jedoch keinen Schmerzenslaut.

    Eine Hitzewelle rauschte über sie hinweg, als der Sanjak und Shojen Farid einen Feuerball in Richtung der drei Rabendiener sandte. Sie nutze die kurze Atempause, die ihr Farid schenkte, um ihre Chancn auszurechnen:

    Die drei Rabendiener waren alles andere als schwachbrüstig, auch wenn sich keiner von ihnen wohl direkt mit ihr messen könnte. Auch wirkte es auf Maheen, als hätten sie sich wohl teilweise schon mit der Untotenerhebung verausgabt? Doch auf die Schnelle waren das nur Spekulationen. Sie wusste nur, dass sie selbst noch sehr gut bei Kräften war, auch wenn das dumpfe Pochen an ihrem Unterschenkel bereits an den ersten Hieb erinnerte, den sie kassieren musste. So oder so war sie in diesem klerikalem Duell in der Unterzahl und es würde sehr haarig werden gegen drei Rabendiener zu streiten, je nachdem, ob sie weiter auf Farids Rückendeckung vertrauen konnte. Wo war eigentlich Aliza?

    Doch das eben vage ausgerechnete Blatt wendete sich rascher, als sie gedacht hatte. Weitere Liedwirker auf Seiten der Häretiker meinten sich in das Kräftemessen einmischen zu wollen. Elektrische Entladungen prallten auf den eilig hochgezogenen Schutzschild, der bereits Risse bekam, so brutal und vielfältig konzentriert wurde sie angegangen - sie hatte kaum den Hauch einer Chance und wankte im verlierenden Abwehrkampf zurück, während ihr warmer Lebenssaft ihren rechten Fuß hinablief, den Saum ihrer Robe durchtränkte und einzelne Blutstropfen bereits den Boden der Mine benetzten.

    Doch gerade in dem Moment, als ihr schützender klerikaler Schild zersprang, erfüllte sie eine unaussprechliche Fülle purer Kraft, die sie in eine strahlende Aureole aus Licht hüllte. Sie spürte die Hände der Schöpferin klar und deutlich auf ihren Schultern ruhen. Die Botschaft war unmissverständlich:
    Dies ist der Grund und Boden der All-Mara!

    Gleichzeitig mit den Janitscharen setzte sie zum vertreibenden Gegenangriff an!

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Maheen Ayat Azeezah





 Beitrag Verfasst am: 31 Okt 2023 19:10    Titel:
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Viele Monde lang hatte sie um ihn hoffend ausgeharrt...
Viele Wochen hatte sie sich in die Farben der Trauer gekleidet, um seiner Person ehrenvoll zu gedenken...

Sie hatte sich keinen festen Zeitpunkt gesetzt gehabt, an dem sie es für angemessen empfand, die Phase der Trauer zu beenden. In dem festen Glauben daran, dass sie es wissen würde, wann der richtige Moment gekommen sein würde.

Und jener kam in Form eines kleines Päckchens, dass (mehr oder minder) unschuldige Hände vor die Schwelle ihres Hauses getragen hatten. Ein Brief, verfasst von fremder Hand, versehen mit einem unbekannten Kürzel und ein Flakon, dass den Hauch von Kokosnuss und Himbeeren in sich trug.

Einige Tage lang verwaisten der Brief und das Flakon auf dem Küchentisch, wurden einmal gedankenverloren weiter in eine Schublade ihres Frisiertisches verstaut und schließlich bei der abendlichen Waschung wieder entdeckt.

Sie trug wahrlich nicht viel Schminke, betonte leicht ihre Wangenknochen, verlieh ihren Lippen einen etwas kräftigeren Ton oder schwärzte ihre Augenlider mit Kohle - doch vor dem Zubettgehen reinigte und pflegte sie ihre Haut wie jede Natifah.

Mit routinierten Fingerbewegungen löste sie den ordentlich gebundenen Zopf, kämmte sich die Haare und betrachtete die einzelnen ergrauten Strähnen im Spiegelbild. Keine strahlende, makellose Jugend, aber der würdevolle Abglanz des stolzen Alterns.

Sie zog die Schublade auf, um den Kamm wieder aufzuräumen, als sie mit den Fingerspitzen gegen das gläserne Flakon stieß. Sie hob es in den Kerzenschein und betrachtete es mit kritisch zusammengezogenen Brauen. Der Inhalt und das Anliegen des Briefs passten nicht zum anonymen Kürzel und der stillen Übergabe.
Erlaubte sich jemand einen Scherz mit ihr? Doch in welchem Scherz schwangen respektvolle Worte und ein Geschenk mit?

Sie öffnete das Duftflakon, Kokosnuss und Himbeere, nicht gerade die erste Wahl, die sie treffen würde. Sie tupfte sich etwas seitlich an den Hals, ehe sie in ihr Schlafgewand schlüpfte und an den Sims eines der weiten Fenster trat. Von hier aus hatte sie einen herrlichen Ausblick auf die nahegelegene Oase.

Es steckte kein heimtückischer Anschlag in dem Geschenk, dass hatte sie bereits ausreichend mit ihren umfangreichen Möglichkeiten an dem Tag geprüft, als sie es vor ihrer Tür fand. Davon abgesehen, dass es eine wenig bemerkenswerte oder einfallsreiche Methode gewesen wäre, um ihr nach dem Leben zu trachten. Die Menekanerin war sich aber bewusst, dass es leider viele einfältige Geister gab, die schneller handelten oder redeten, als das Oberstübchen zu bemühen. Aber auch solche Geschöpfe hatten ihren Platz in der Schöpfung und in jeder Gesellschaft. Sahids mildes Lächeln tauchte vor ihrem geistigen Auge auf.

War es vielleicht eine Avance, hatte jemand sein Auge auf sie gelegt und hegte gar romantische Absichten?
Es erschien ihr ebenfalls recht unwahrscheinlich, bedachte man ihr gehobenes Alter und die Fülle an unverheirateten, jungen Blüten. Andererseits war sie sich ihres Wertes als prestigeträchtige Zweit- oder Drittfrau durchaus bewusst.

So oder so wäre auch ein solches Bemühen des Unbekannten zwecklos. Sie hatte ihre ehelichen Pflichten bereits zweimal erfüllt, den erhellenden Segen des Nachwuchses erlebt und keinerlei Ambitionen in diesem Lebenszyklus erneut den Bund der Mara mit einem Wüstensohn zu schließen. Da bräuchte es schon ein Wunder oder eine höhere Macht, um sie zu überzeugen.

Der besagte Moment kam, als sie sich am nächsten Tag wohlausgeruht dem Strom der vielen Kinder der Wüste zum Badehaus anschloss, um die Morgenroutine zu begehen. Sie lauschte den Plaudereien der anderen Blüten, als sie sich abtrocknete, eincremte und schließlich wie gewohnt ihren Zopf binden wollte.
Sie zögerte, besann sich und ließ ihr graumeliert-schwarzes Haar offen. Ihre Mundwinkel hoben sich, als sie spürte, wie sich ihr Brustkorb weitete.

Aiwa, sie hatte losgelassen und es fühlte sich richtig an.
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