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Mit dem Wind im Rücken und der Sonne im Gesicht
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Mit dem Wind im Rücken und der Sonne im Gesicht
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 17 Aug 2017 06:10    Titel:
Antworten mit Zitat

» Von verdrehten Wahrheiten «

Es waren unglaublich anstrengende Wochen gewesen, die nicht nur körperlich, sondern auch seelisch an ihr gezerrt hatten. Das Fieber hatte sie mehrere Tage gar regungslos an das Bett gefesselt... Tage, in denen sie ihre Umgebung kaum wahrgenommen hatte. Nur selten drangen Umgebungsgeräusche durch das dichte wabernde Grau vor ihren Sinnen und jedes dieser Geräusche, jedes Gefühl, welches sich durch den Nebel kämpfte, ließ sie schlussfolgern, dass die Möwe nicht von ihrer Seite wich. Die Umläufe, nachdem sie aus den Fieberträumen erwacht war, waren jedoch fast noch schlimmer – das Bewusstsein war klarer, die Auffassungsgabe wieder geschärft, jedoch wollte der Körper nicht so, wie sie es gerne würde. Stechende Schmerzen und zehrendes Pochen erfüllte ihre rechte Flanke, dort wo die Wunde nun nach und nach zu heilen begann, jedes Mal wenn sie eine falsche Bewegung tätigte. Die Bewegungseinschränkungen waren eine Sache, die leidenschaftliche Zweisamkeit mit ihrer Möwe ob dessen jedoch zu meiden, eine andere und das machte sie fast wahnsinnig. Sie sah es in seinen Blicken und Reaktionen, wie schwer es ihm ebenfalls fallen musste – „Nur noch ein paar Tage.“ Sagte sie sich immer wieder, als wäre es ein neues Mantra, welches ihr weiterhelfen würde.
Sie konnte auch nicht so richtig beurteilen oder schlussfolgern, woher das plötzliche Fieber kam, welches die Kräfte der Möwe schließlich zu verzehren schien. Konnte jemand krank vor Sorgen werden? Wenn ja, war es vermutlich ihre Schuld, dass die Münze sich gedreht hatte, sodass nun er derjenige war, der in einem Art Fiebertraum gefangen zu sein schien. In gewisser Weise gab sie sich letztendlich die Schuld dafür, weswegen sie kaum einen Moment von seiner Seite wich – eine niemals versiegende Müdigkeit überwältigte sie, schlicht, weil sie Angst hatte, es könnte etwas Schlimmes passieren, wenn sie nicht bei ihm war oder die Augen schloss.

Umso seliger und erholsamer war der Schlaf, als er die ersten Anzeichen der Besserung kenntlich machte, sodass sie sich auch wieder Gedanken über andere Dinge machen konnte. Das Gespräch mit Xen’draxol hatte sie bis zu einem gewissen Punkt einfach verdrängt – schlicht, weil erst ihre, dann Seine, Krankheit den Hauptfokus einfach auf etwas anderes legte, dann, weil ihr ungutes Magengefühl einen Effekt der Verdrängung mit sich brachte. Verdrängung war jedoch keine Lösung, spätestens an dem Abend, als sie zum Gespräch mit dem Statthalter musste und sie hoffte, betete gar, das jener nichts herausgefunden hatte, was ihn auf die Spuren ihrer Vergangenheit bringen würde, musste sie sich Gedanken darüber machen, was sie ihm erzählen konnte.
„Die besten Lügen befinden sich nahe an der Vergangenheit.“
Sie erinnerte sich an die Worte, die sie damals auf der Silbermöwe vernommen hatte und doch fühlte sie sich unwohl dabei, auch nur ansatzweise etwas preiszugeben, was wirklich mit ihr in Verbindung gebracht werden konnte. Sie hatte schon erzählt, dass sie im alatarischen Reich aufgewachsen war, es war einfach die simpelste Erklärung, warum sie sich dem Reich näherte, obwohl sie auf LaCabeza lebte. Auch Seranyth war so groß, dass sie sich anfangs keine Gedanken darum machte, dass die Erwähnung ihres Geburtsortes zu Schwierigkeiten führen könnte. Xen’draxol wusste, dass Rin nicht ihr richtiger Name war, was sie nicht sonderlich überraschte – verfolgte man nur den Namen zurück, würde man sie mit keinem Ereignis in Verbindung bringen können, welches länger als zwei Jahresläufe zurücklag. Sie konnte ihm jedoch auch schlicht nicht ihren Geburts- oder angeheirateten Namen nennen, auch wenn er deutlich machte, dass er jenen spätestens beim Bürgerbrief wissen müsste.
Aber er bohrte nicht nach und das war unglaublich erleichternd. Eine weitere Hürde war geschafft und es blieb aus, mit dem Tempel und der Garde für Unterrichtseinheiten in Kontakt zu treten. Unterricht.... etwas, womit sie nichtmal im Ansatz Probleme hatte, aber sie konnte nicht leugnen, dass sie sich bei Tom Gedanken machte. Da war natürlich so ein kleiner Funke Sorge, das seine cabezianische Art dem im Wege stehen würde, auch wenn er in Vergangenheit bewiesen hatte, dass er sich hervorragend verstellen konnte.

Unabhängig von diesen Sorgen, die sich tief in ihr festgesetzt hatten, keimten hier und dort doch die Hoffnungsschimmer auf. Körperlich ging es ihr immer besser, auch Tom hatte die Krankheit abgelegt und das Begleiten der rahalischen Gemeinschaft auf den größeren Jagden war mit Sicherheit auch etwas, was sich positiv auswirken würde. Hoffentlich.
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 22 Aug 2017 14:18    Titel:
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» Von Leiden und unerwarteten Wegen «

Diese Wochen, in denen erst die Blume, dann Tom ans Bett gefesselt waren, fühlten sich wie ein niemals enden wollender Albtraum an. Die Sorgen, die er sich um sie machte und die Vorwürfe, dass er sie zu jenem Ort führte, welcher dafür verantwortlich war, dass es zu jenem ‚Unfall‘ kam prägten seine Gedankengänge im Alltag. Es wurde mit der Zeit gar so schlimm, dass er nicht mal mehr zu seinem erholsamen Schlaf kam, da die Gedanken ihn einfach zu sehr beschäftigten.
Es war also alles andere als verwunderlich, als Tom nach Rins allmählicher Genesung selbst Opfer eines starken Fiebers wurde. Begonnen hatte es mit einem einfachen Schüttelfrost, welches ihn zwar zum frösteln brachte, aber seinen Verstand nicht gross beeinträchtigte. Doch es dauerte nicht lang, da zogen auch schon die ersten Fieberschübe nach. Erst relativ normal, leichte erhöhte Temperaturen, doch mit den Stunden stiegen die Temperaturen immer weiter an und somit verlor er nach und nach die Fähigkeit, klare Gedanken zu formen.
Es gab Momente, in denen er es schaffte, seinen Verstand ein wenig zu klären, doch nur so weit, dass er am Rande mitbekam, wie die Blume sich um ihn kümmerte, denn die meiste Zeit über verbrachte er in diesem tranceartigen Zustand, welchen seinen Körper und die Gedanken einnahm. Unzählige Träume - Albträume - durchlebte er in jener Zeit, an denen er sich jedoch nach dem Aufwachen nicht mehr erinnern konnte. Alles war er mitbekam, war wie er plötzlich wieder einige Tage später aufwachte, zusammen mit dem Gefühl etwas vergessen zu haben.
Obwohl ihm der Gedanke der Schwäche, die mit dem Fieber in direkter Verbindung stand, und den Vorwürfen, eine zu grosse Last für sie in den Tagen gewesen zu sein, da sie sich selbst noch erholen musste, wichen die Ersten bereits relativ schnell. Ein Lächeln ihrerseits reichte aus, um diese Gedanken einfach beiseitze zu schieben, deren Wichtigkeit herunterzusetzen und sich auf sie zu konzentrieren – voll und ganz. Denn die Leidenschaft der Beiden, die sonst immer äusserst ausgeprägt war, litt unter den Verletzungen und auch wenn er erst noch seine Kräfte sammeln musste, war es an der Zeit, einiges nachzuholen.

Die letzten Tage vergingen im Vergleich zu den vorherigen Wochen wie im Flug. Ereignisreiche Tage, in denen viel geschehen war. Bekanntschaften wurden geschlossen und Wege eingeschlagen, von denen er niemals dachte, dass er auf jenen wandeln würde. Und dennoch waren die Erfahrungen, die er in jenen Tagen gemeinsam mit der Blume machen durfte, recht erfrischend.
Dem Gespräch mit dem Statthalter konnte er leider aufgrund der mangelnden Kraft, die ihn noch an das Bett fesselte, nicht beiwohnen, doch wurden ihm die nächsten Schritte von der Blume mitgeteilt. Gut, dass er gewisse Bedenken bezüglich jener Punkte hatte, konnte man ihm ansehen, doch war er sich recht sicher, dass auch diese ‚Prüfungen‘ - ja, in seinen Augen waren solche Aufgaben Prüfungen – mit einem kleinen Aufwand bestanden werden konnten.
Tom konnte von Glück sprechen, dass Rin sich die Zeit nahm, um ihn über die Gebote Alatars zu unterrichten, obwohl er dem Unterricht recht abgeneigt war. Die waren immer so langweilig. Uninteressant. Zum Einschlafen. Und doch lauschte er aufmerksam ihren Worten. Immerhin tat er das Ganze auch ihr zuliebe.
Er musste sich aber auch eingestehen, dass er es ohne ihre Hilfe niemals geschafft hätte, die Fragen der Templer zu beantworten. Bei den plötzlichen Fragen, die sich auf die Gebote bezogen, hatte er etwas Panik bekommen. Zwar liess er es sich nicht anmerken, doch brauchte er etwas länger, um eine passende Antwort aus dem Ärmel zu schütteln. Schlussendlich klangen die Worte aber recht überzeugend, was durchaus auf seine schauspielerischen Talente zurückzuführen war. Er selbst war der Meinung, dass er erfolgreich den Eindruck vermitteln konnte, dass er es ernst meinte. Zumindest waren die Worte der Templerin, dass sie eine Empfehlung ausstellen würde, ein Zeichen dafür. Was ihn aber etwas mehr verunsicherte oder zumindest zum Grübeln brachte, waren die Blicke der Blume. Was schwirrte ihr in jenem Moment durch den Kopf? Hatte sie noch immer Bedenken, waren die Worte doch nicht so überzeugend, wie er dachte? Oder war es ein ganz normaler Blick, welchen er jedoch aufgrund der Situation einfach falsch einschätzte? Er nahm sich öfters vor, sie darauf anzusprechen, doch bisher ging es immer vergessen. Doch nachfragen würde er ganz sicher noch – wenn er es nicht wieder vergessen wird.

Es war immer wieder witzig, was für Zufälle es gab. Die Eingliederung in das westliche Reich war für Tom früher immer ein Ding der Unmöglichkeit. Dass sie aber durch Zufall in eine grössere Jagdgruppe, welche aus Menschen, Letharen und Rashar bestand, glitten, war in Anbetracht der bevorstehenden Befragung ein Segen. Nicht nur konnten sie sich so besser und einfacher in das Reich integrieren und Kontakte knüpfen, nein, sie bekamen auch die Möglichkeit, sich zu beweisen. Zu zeigen, dass sie einen Wert für das alatarische Reich hatten. Denn so unscheinbar die Piraten wirken konnten, waren die Blume und Tom nützliche Mitstreiter.
Dass sie es ernst meinten – oder zumindest so wirken liessen, konnte man auch in Bajard sehen, als der Grossteil des Regiments einer Gruppe von alatarischen Streitern, deren die beiden sich angeschlossen hatten, gegenüberstanden. Es war nicht nur die Chance, sich zu beweisen, die ihn zu dieser Entscheidung trieb. Er hatte auch nach gewissen Vorkommnissen einen Groll gegen die Lichtenthaler entwickelt, welche er nur zu gerne an ihnen ausgelassen hätte. In gewisser Weise ärgerte er sich darüber, genauso wie die Blume, dass es nicht zum Kampf kam, doch das Wissen, dass ein Kronritter, welcher eine jahrelange Ausbildung genoss und zur Elite des östlichen Reiches gehörte innert weniger Sekunden von der Magierin zu Boden gebracht wurde, brachte ihm eine gewisse Genugtuung und Schadenfreude.

Nebst jenen abwechslungsreichen Tagen, konnten die beiden sich über den langsam wieder normal werdenden Alltag erfreuen. Die Schmerzen waren weg, jegliche Bedenken seines Fehlschritts beiseitegeschoben, die leidenschaftliche Zweisamkeit zurückgekehrt und die Bänder, aufgrund der erlebten Dinge, fester zusammengeknüpft als zuvor. Ja, er liebte die Blume und mit jedem gemeinsam verbrachten Tag bestärkte sich das Gefühl umso mehr. Nur noch eines fehlte; Eine Herausforderung, auf die er sich breitwillig einliess, selbst mit dem Wissen, dass er vermutlich kläglich verlieren würde.


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 03 Jan 2018 14:39, insgesamt 6-mal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 25 Sep 2017 00:19    Titel:
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»Von neuen Möglichkeiten«

Das schwache Licht der Öllampen brachte flackernde Abbilder an die Wände des kleinen Zimmers, dessen schwere Vorhänge das Sonnenlicht darin hinderten das Innere zu erhellen. Die Einrichtung war schlicht, aber nicht spärlich oder ärmlich – alles, was sich im Zimmerchen befand, war von einer gewissen handwerklichen Qualität und doch machte es sehr den Eindruck, als hätte sich der Bewohner weniger Gedanken um das "Schöne" gemacht – es zwar zweckdienlich. Keine Bilder, keine Kisschen oder andere dekorativen Stücke, umso merkwürdiger wirkte wohl die schlanke Vase mit dem kleinen Blumenstrauß, welche ihren Platz auf dem Schreibtisch gefunden hatte.
Eben an jedem Schreibtisch, auf welchem diverses Schreibmaterial ausgebreitet war, saß die Schwarzhaarige vor einem Stück Pergament. Wahrscheinlich mochte es für Außenstehende so wirken, als würde sie, während sie auf das Pergament starrte, angestrengt über das Nachdenken, was sie schreiben wollte – doch eigentlich waren ihre Gedanken ganz wo anders.

Es war nun einige Umläufe her, dass sie sich auf die Reise nach Seranyth gemacht hatte und eigentlich hatte sie nur "kurz" etwas in Sinael, der Hafenstadt ihrer Heimat, besorgen wollen – aber wie es nun mal so mit Dingen ist, die "mal eben schnell" erledigt werden sollten, so hatten sich doch einige Dinge ergeben, die sie doch länger an ihre alte Heimat banden, als ihr lieb war – als der Möwe wahrscheinlich lieb war, welche sie mit jedem Tag mehr vermisste.
Allerdings war diese Gelegenheit, die sich in Sinael ergeben hatte – die ihr wie vom Schicksal in die Hand gelegt wurde, zu wichtig, als das sie jene einfach hätte ignorieren können. So hieß es bleiben, bis sie alles erledigt hatte, und hoffen, dass ihr Weg sie in naher Zukunft zurück nach Gerimor führte.

Mit einem kleinen Seufzen löste sie den Blick vom unbeschriebenen Pergament, um mit einer zähen Bewegung zur Feder und dem kleinen Tintenfässchen zu greifen. Eine der schwarz gefärbten Strähnen wurde sorgfältig hinter das Ohr geschoben, ehe sie auch schon die ersten Tintenworte zustande brachte – allerdings schrieb sie nicht so, wie sie es normalerweise tun würde, sie war vorsichtig. Wahrscheinlich argwöhnischer, als sie sein musste und so würde sie gewisse Dinge einfach nicht niederschreiben können – auch wenn sie der Möwe unfassbar dringlich davon erzählen wollte. Aber falls... und möge das "falls" noch so unwahrscheinlich sein, die Nachricht in falsche Hände geraten würde, dann hätten sie beide wohl ein Problem.

Das fertig beschriebene Pergament wurde schließlich zusammengerollt, mit dem Fingerhut-Abbild versiegelt und während der Abenddämmerung einem Boten in Sinael übergeben, der es sicher nach Rahal bringen würde – von da aus, sollte ein weiterer Bote die Nachricht bis nach Cabeza zu Tom bringen. Wäre das Siegel nicht schon verräterisch genug, so würde spätestens die Handschrift ein deutlicher Hinweis auf den Urheber sein.


    24. Searum 260
    Sinael, Seranyth

    Liebster Tom,

    ich weiß, ich sagte, mein Vorhaben in Seranyth würde nur wenige Umläufe in Anspruch nehmen. Tatsächlich habe ich mein Hauptanliegen auch innerhalb dieser Angabe erledigen können, allerdings ist mir hier etwas anderes in die Hände gefallen, was meine volle Aufmerksamkeit benötigt.

    Ich habe meine Tante, mütterlicher Seite, getroffen – mehr unbeabsichtigt, als dass ich sie gesucht hätte – aber erstaunlicherweise ist sie, trotz der Umstände mit meiner Mutter, recht pflegeleicht im Umgang. Ich werde diese Familie wohl nie verstehen.

    Du kannst dir vielleicht denken, welche Wege dieser Aufenthalt somit für mich bereiten könnte und so habe ich beschlossen, auch wenn ich dich furchtbar vermisse, noch ein wenig länger zu bleiben, um das Band zu stärken.

    Es ist kalt hier. Ich weiß nicht, ob es eine irrationale Empfindung ist oder vielleicht, weil ich mich schon zu sehr an das Leben in wärmeren Gefilden gewöhnt habe, auf jeden Fall verfluche ich den fehlenden Karmin in meinem Zimmer hier und habe von meiner Tante einen Haufen Decken bekommen. Du würdest dich wahrscheinlich lustig darüber machen, wenn du mich so sehen würdest.

    Kalt, laut, voll. Deutlicher denn je wird mir vor Augen geführt, wie sehr ich mich verändert haben muss und an manchen Tagen frage ich mich, warum mich diese und jene Dinge nicht schon vor Jahren gestört haben. Ich befürchte, gestern glitt mir die Beherrschung ein wenig durch die Fänge, als wir auf dem überfüllten Marktplatz waren und einer dieser miesen Hafenarbeiter den gefüllten Korb meiner Tante über das Pflaster verteilte. Ich denke, alle Beteiligten konnten froh sein, dass ich nicht bewaffnet war. Auch einer dieser Punkte, die mich überraschten – wie sehr man sich an das Gewicht einer Waffe an seiner Seite gewöhnen konnte und wie unsicher man sich fühlen kann, wenn dieses Gewicht plötzlich nicht mehr vorhanden ist. Meine Tante möchte aber, dass ich nicht schummel – ich weiß gar nicht, wie sie auf die Idee kommt, ich würde so etwas in Betracht ziehen.

    Ich hoffe, ich verpasse nicht zu viel. Ich habe ein wenig die Befürchtung das bei meiner Rückkehr sich auf der Isla und in Rahal so viel ereignet haben wird, dass ich wieder von vorne anfangen kann – wahrscheinlich auch irrational. Letztendlich kann mir das aber auch recht egal sein, solange es dich – oder besser gesagt uns – nicht im negativem Sinn beeinflusst und solange ich irgendwann wieder in deinen Armen liegen kann.

    Lass mir den Faro stehen, leg dich nicht mit jedem Straßenköter an und pass auf dich auf. Ich hoffe, dass noch genügend Rum da ist, wenn ich wiederkomme – alles andere wäre ziemlich unerfreulich!

    Ich denk an dich, mein Herz
    gez.
    Arina


Zuletzt bearbeitet von Arina Erlenhain am 25 Sep 2017 00:20, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 27 Sep 2017 00:19    Titel:
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»Von seinem grössten Nemesis - Geduld«

Die letzten wärmenden Sonnenstrahlen schwebten über die Tropeninsel hinweg, bis die Sonne mit einem kurzen Aufleuchten des 'grünen Blitzes', hinter dem Horizont verschwand und nur noch den rötlichen Abendhimmel für einige Momente zurück liess. Immer stärker werdende Windböen traten gleichzeitig auf, die neben dem salzigen Geruch des Meeres, sich aufbauende Wolken hinter sich herzogen, die langsam den roten Schleier des Abendhimmels verschlangen und mit einem tiefen Schwarz der Dunkelheit austauschten.
Nur schwerlich lösten die Augen, die der Farbe des Meeres an einem hellen Tag auf die Nuance genau glichen, sich von diesem Anblick. So oft hat er dieses Naturphänomen bereits mitverfolgen dürfen und doch konnte er in diesen ruhigen Momenten einfach nicht wegsehen. In gewisser Weise hatte es etwas Nostalgisches an sich, denn es erinnerte ihn an die Zeit unter Capitano Federicos Kommando, in der er abends genau diese Erscheinungen beobachtete.

Die Stirn kräuselte sich kurz in einer nachdenklichen Geste, in der er über die Schulter zur Tür des Faros blickte, ganz so als beschleiche ihn das Gefühl, dass er etwas vergessen hatte. Erst als er die rechte Hand emporhob und Anstalten machte, sich am Hinterkopf zu kratzen, fiel ihm der Briefbogen wieder auf, welcher er die ganze Zeit über in der Hand hielt und ihm kurz am Ohr entlang strich. Ein leises Seufzen quittierte die typische Vergesslichkeit, oder aber den Fakt, dass er sich ablenken liess. Er war sich in dem Moment selbst nicht sicher, doch das war ihm egal. So schnell ihm der Gedanke in den Sinn kam, verschwand er auch wieder. Nach einem letzten Blick in Richtung des Meeres, verschwand er hinter der Eingangstür des südlichen Faros der Isla.
Mit einem erleichternden Ausdruck im Gesicht, entledigte er sich von den schweren Lasten der Ausrüstung, die er den ganzen Tag mit sich schleppte. Die einzelnen Stücke landeten seitlich auf dem Stuhl neben dem Eingang, wo sie bis zur nächsten Gelegenheit in Vergessenheit gerieten. Es folgte ein Griff zur Öllampe hin, dessen Ventil ein wenig aufgedreht wurde, sodass sich der vage Lichtschimmer im inneren des Untergeschosses ausbreiten konnte und so den Raum zumindest ein wenig beleuchtet wurde.
Gemächlich liess er sich anschliessend auf einen der Kissen nieder, während er einen Glimmstängel zwischen die Mundwinkel schob. Die Kerze auf dem Tisch wurde kurzerhand als 'Feuerzeug' missbraucht, dann zog er auch schon genüsslich an seinem Zigarillo. Das Meeresblau ruhte dabei nachdenklich auf dem Wachssiegel und obwohl er die Blume schon länger nicht mehr sah, bildete sich das für ihn gewöhnliche, matte Lächeln auf den Lippen. Mit einem leisen Seufzen, welcher vermutlich darauf zurückzuführen war, dass er seine bequeme Position aufgeben musste, griff er mit einer trägen Bewegung nach dem Brief. Ohne lange zu zögern, brach er das Siegel und rollte das Stück Pergament auf.

Die Beine unter dem Tisch ausgestreckt und an den Knöcheln übereinandergelegt, den Kopf an die Holzwand gelehnt, den Glimmstängel im Mund und den Brief in der Linken, wanderte das Augenpaar genaustens über die niedergeschriebenen Zeilen. Die Fingerspitzen der rechten Hand tippten beiläufig im Takt über den Oberschenkel, als die ersten drei Absätze von einem 'Mierda...' quittiert wurden. Ein tiefes Brummen entwich seiner Kehle, als er den Kopf in den Nacken legte und die Augen für wenige Herzschläge schloss. Er vermisste sie mindestens genauso sehr und zu erfahren, dass er noch länger warten müsste, machte es nicht wirklich einfacher. Naja zumindest hatte die längere Abwesenheit einen Grund – einen den seine Laune für den Moment etwas anhob. Und auch wenn es ihn nicht besonders erfreute, wäre er enttäuscht gewesen, wenn sie diese Chance nicht ergriffen hätte. Dennoch, es war einfach zu lange und die fehlende Nähe machte sich jeden Tag immer bemerkbarer.
Tatsächlich entlockten die nächsten Worte ihm ein amüsiertes Lachen, wusste er doch um ihre Abneigung gegenüber Kälte bestens Bescheid. Vielleicht war es aber auch nur die Vorstellung, die just in dem Moment durch seinen Kopf schwirrte. Oder beides. Ja, vermutlich beides. Dass etwas Schadenfreude dabei war, konnte man alleine seinem Gesichtsausdruck ansehen, welcher aber selbstverständlich von einem mitleidvollen Blick abgelöst wurde. Alsbald das Meeresblau über die nächsten Zeilen wanderte, wich das amüsierte Lächeln einem sanfteren. Sie hatte sich in den Monatsläufen, in denen die beiden Zeit miteinander verbrachten, durchaus ein wenig geändert – oder ihm zumindest Dinge offenbart, die ihm zuerst nicht auffielen. Es gab natürlich noch einige Dinge, die an ihr altes Leben erinnerten, doch es schien so, als würde sie immer mehr zur Cabezianerin werden, was ihm ein schiefes Lächeln entlockte. Die letzten Worte des Absatzes wirkten wie eine Bestätigung dafür.
Sein Zigarillo war bereits fast aufgeraucht und so erreichte er letztendlich die letzten Zeilen des Briefes, welche er etwas langsamer las, da die Gedanken in seinem Kopf ihn davon abhielten, sich völlig auf das Lesen zu konzentrieren. Er musste sich gestehen, dass er trotz dem Wissen, dass sie sich problemlos verteidigen könnte und es keinen Grund zur Sorge gab, eben das tat – sich Sorgen machen. Etwas Menschliches. Man tut es, ob es der anderen Person gefällt oder nicht, spielte dabei keine Rolle. Solange alles erfolgreich verlief und er sie - in hoffentlich naher Zukunft – wieder in den Armen halten könnte, würde er jedoch geduldig Abwarten und Tee Rum trinken. Gut, geduldig vielleicht nicht - eher das Gegenteil, aber was blieb ihm schon anderes übrig?
Der kümmerliche Rest des Glimmstängels wurde zwischen Zeigefinger und Daumen eingeklemmt und in einem Aschebecher ausgedrückt, ehe er sich mit einem leisen Seufzen erhob. Einen Moment lang dachte er daran, einen Brief aufzusetzen und diesen nach Seranyth zu schicken, doch in der nächsten Sekunde wischte er den Gedanken beiseite. Die Wahrscheinlichkeit, dass Rin diesen erhalten würde, war schwindend gering - zumal das Risiko ohnehin zu gross wäre. Das Ventil der Öllampe wurde langsam zugedreht, während die Worte "Pass auf dich auf, mi corazón." über die Lippen drangen und das Licht langsam von der Dunkelheit verdrängt wurde.

Es war Zeit für etwas Rum zum Einschlafen. Nein, viel Rum. Irgendwie musste die Zeit ja überbrückt werden.


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 03 Jan 2018 14:39, insgesamt 5-mal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 30 Okt 2017 10:58    Titel:
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»Wogen der Winde«

Mit geschlossenen Augen lauschte sie dem ruhigen und regelmäßigen Herzschlag ihrer Möwe, während sie selber nicht so wirklich Schlaf finden konnte. Den Kopf, wie so oft, auf seiner Brust platziert, dass sie den Herzschlag förmlich spüren konnte, fühlte sie, wie selbst jetzt, im Schlaf, die starken Arme um sie geschlungen wurden und es gab ihr, zusammen mit der wohligen Wärme, das Gefühl von Geborgenheit, wie auch Sicherheit. Langsam drehte sie ihren Kopf um die Lippen in einer stummen Geste der Zuneigung auf seine Haut zu drücken, selbst wenn sie sich durchaus im Klaren darüber war, dass er sie in seinem Schlaf nicht registrierte und während ihre Fingerspitzen an seiner Flanke entlang wanderten, schweiften ihre Gedanken wieder ab, verfingen sich auf den zahlreichen Ereignissen der letzten Wochenläufe.

Cabeza war eindeutig ihre Heimat geworden, daran konnte niemand etwas ändern. Es war schlicht da Gefühl angekommen zu sein, an einem Ort, an den man hingehörte, bei Leuten die einen akzeptierten – wie man war, mit all seinen positiven und negativen Seiten. Umso schader war es, dass die kleine Isla mit der Zeit immer träger zu werden schien, ein wenig einschlief, als würde sie einen Winterschlaf halten. Viele Gesichter, die sie zu anfangs oft gesehen hatte, tauchten nicht mehr oder nur noch sehr selten auf. Vielleicht hoffte sie das der neue 'Bund' mit dem rahalischen Reich auch wieder für ein wenig mehr Leben sorgen würde? Schwer zu sagen, aber ihr war es irgendwie wichtig, dass es funktionierte. Umso schwerwiegender war wohlmöglich das kleine Missgeschick, welches sich in Bajard wenige Umläufe bevor abspielte.

Eine kleine Falte schob sich auf ihre Stirn, während sie sich ob des Gedankens ein wenig auf die Unterlippe biss. Die Finger hielten in ihren Bewegungen inne, verharrten seitlich auf dem Bauch der Möwe, während sie vorsichtig Anstalten machte sich mit dem Oberkörper aufzudrücken – möglichst ohne ihn zu wecken. Sie erntete ein kleines, fast unwillig wirkendes Grummeln, was ihr jedoch im nächsten Moment nur ein kleines Schmunzeln entlockte. Langsam pendelte ihr silberblaues Augenmerk an der Gestalt hinab und verfing sich letztendlich auf der Schnittwunde – ein stillschweigender Zeuge des kleinen Unfalls in Bajard.

Hätten sie nur gewusst, dass es sich bei der Rothaarigen um eine Bürgerin Düstersees handelte, hätten sie das Gespräch vermutlich nicht so eskalieren lassen. Es machte ihre Beleidigungen zwar nicht weniger schlimm oder frech, jedoch hätten sie sich vermutlich keine Kugel gefangen. Es half auch nur bedingt weiter, dass Korlay so durchscheinend wie ein Stein war. Zwar hatte man ihm ansehen können, als sie wenige später zum Berichten... oder auch Beichten... bei ihm waren, dass er weniger erfreut darüber schien, aber das Maß war nicht auszumachen.
Ritter.
Warum waren Ritter immer so schwierig?
Sie hatte noch nie einen kennengelernt, der nicht in irgendeiner Art und Weise schwierig oder nervtötend war, was ihre Gedanken unweigerlich zu Ilyas schweifen lies und ihr direkt noch ein kleines Seufzen entlockte. Sie dachte nicht oft über ihre Vergangenheit nach oder über ihre Heimat, aber wenn dann pendelten die Erinnerungen sich immer auf Ilyas oder ihrem Bruder ein und manchmal fragte sie sich wirklich, wie es ihnen gehen würde. Sie bedauerte gar, dass sie weiterhin in ihrem starren Alltagstrott und den alatarischen Regeln gefangen wären, denn beide waren im Kern eigentlich nie schlechte Menschen gewesen. Ilyas war nie ein schlechter Mann, ihr Bruder nie ein schlechter Bruder gewesen... wenn man berücksichtigte, dass sie sich schlicht an gesellschaftliche Richtlinien und ihre alatarische Erziehung hielten.

Noch immer harrte die kleine Falte auf ihrer Stirn, während sie den Blick wieder an ihrer Möwe hinaufgleiten ließ, wo er sich letztendlich in seiner Mimik verfing. Ein kleines Lächeln löste die Falte schließlich ab und mit einem kleinen Kopfschütteln, als würde sie die ganzen störenden Gedanken wegschieben wollen, ließ sie sich wieder gänzlich nieder um sich an ihre Wärmequelle zu schmiegen. Fast automatisch schlossen die Arme sich wieder um sie, während sie ihr Gesicht zurück auf seine Brust bettete. Sie würden einfach auf den Gardisten warten, den Korlay angekündigt hatte... und dann schauen, wie Enomis handelte. Die Augen schließend versuchte sie sich einfach auf die ruhige Atmung Tom's zu konzentrieren um einfach selber die nötige Ruhe zu finden, um endlich einzuschlafen. Immerhin konnte nichts schlimmes passieren, denn das Schlimmste wäre nur, wenn sie ihre Möwe verlieren würde.
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 07 Nov 2017 12:09    Titel:
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» Seefeuer «

Ein Brennen, welches die Kehle langsam und zäh hinabwandert, als würde es sich dort auf ewig verankern wollen. Eine wohlige Wärme, die sich wie ein Feuer aus dem tiefsten Inneren ausbreitet und ein Kribbeln, welches durch die Glieder wandert, jene im gleichen Maß unbeschwert leicht, aber auch merkwürdig träge, erscheinen lässt. Gedanken, die nur schwer sortiert werden können, als wären sie, wie freie Möwen die in unbekannten Bahnen ihre Wege durch den Hafen ziehen. Immer weiter weg, bis eben jene Gedanken, die man begraben wollte, davon getragen wurden. Manchmal bringt das Leben Wendungen mit sich, die einen vor einem scheinbar unlösbaren Problem stellen. Jeder Ansatz für eine Handhabung dieser Sache scheint dann unausreichend, mangelhaft, als würde man einfach nicht auf einem grünen Zweig kommen und Worte, in Liebe gesprochen, wurden verdreht, sodass man sich seinen eigenen Reim daraus machte. Das eigene Unvermögen, schlicht nicht nicht nachdenken zu können, wurde dann mit etwas bekämpft, von dem man glaubte, seine Macht wäre größer und mit Zufriedenheit wurde registriert, wie das Feuer die wirren Möwen verbrannten.
Unnötig zu erwähnen, dass ein solches Feuer immer ein Nachspiel hatte. Verbrannte Erde, die erst wieder eine Weile brauchte, um sich zu regenerieren und dann, wenn die Möwen wieder lernten zu fliegen, kamen mit den Flügelschlägen auch wieder die Gedanken. Es war keine Lösung das Feuer als Mittel zur Bekämpfung zu nutzen, es funktioniert für eine Nacht, vielleicht für einen Tag – doch sobald nur noch Glut verharrte, konnte man die Schwingen schon in weiter Ferne hören... und dann? Fing alles wieder von vorne an, bis man einen Grund hatte, dem Feuer keine Chance mehr zu geben.

Die letzten Umläufe waren eine Mischung aus Panik, Ärger und Resignation, die den gewohnten Alltag durcheinanderbrachten, wie die Flut den Strand. Doch waren es kein Treibholz, keine Muscheln oder tote Kadaver, die angespült wurden und somit für Unordnung sorgten, sondern eine Verwandte. Eine Verwandte, die in dem Wissen geschickt wurde, Rin würde in Rahal das brave Leben einer alatar gläubigen Bürgerin führen. Unnötig zu erwähnen, dass dies nicht der Fall war, was beim Erhalt der Ankündigung eine ungeahnte Panik in ihr hinaufstiegen, ließ – sie liebte ihre Möwe dafür, dass jene selbst in solchen Situationen ruhig war, wie ein Gegenpol, der dafür sorgte, dass sie nicht in vollkommener Hysterie verfiel.
Zugegeben, es war noch lange nicht so schlimm, wie wenn Ilyas oder ihre Mutter sie gefunden hätten, aber Rin's Übervorsicht führte dazu, dass sie kurz den Gedanken hegte, ihre Cousine einfach über die Planke laufen zu lassen und sie wusste, dass Tom da auch nichts gegen einzuwenden hatte. Naemi stellte sich jedoch gleich zu Anfang als durchaus umgänglich heraus (was hieß, dass sie bei dem Wort Piraten und Isla nicht in Panik verfiel) und immerhin schuldete Rin ihrer Mutter noch etwas für die Hilfe in Sinael. Es war auch nur eine Frage der Zeit, bis sie ihr eigenes Heim in Rahal hatte und im Faro wieder die gewohnte (Un)Ordnung herrschen würde. Es hieß also die Tage nun irgendwie zu überstehen, sei es mit eben jenem Feuer oder aber mit dem Versuch diese Person, die sie als ihre Schwester bezeichnen musste, näher kennen zu lernen. Zudem hatten sie erst kürzlich die Entdeckung gemacht, das ein Räucherschälchen Wildkraut neben Naemis Schlafstätte sie so tief und selig schliefen ließ, dass sie sich ungestört ihren nächtlichen Aktivitäten widmen konnten – das hob immerhin ein wenig die Laune.

Die kleine Weißhaarige hatte ein Talent dafür Dinge anzusprechen, über die weder die Möwe noch Rin sprechen wollten. Da war dieses eine Thema, welches die beiden schon den ganzen Wochenlauf zu verfolgen schien. Hartnäckig und ungnädig, als würde das Leben sie zu etwas zwingen wollen. Erst bei Fidelias, kaum ein Tag später bei Tara und Lanaya – es war unangenehm und bei den Gedanken daran zog sich Rins Magen schmerzhaft zusammen. Diese ersten beiden Erwähnungen konnten jedoch vom Schweigen und Feuer gut bekämpft werden, sodass das Thema nicht wieder zur Sprache kam... bis Naemi es natürlich, mit all ihrer offenbar nicht vorhandenen Sensibilität, ansprach.
Feuer.
Wieder verbrannte die Erde und ließ die schwirrenden Möwen nicht zum Landen kommen, sodass sie ihren Zweck erfüllen konnten. So konnte man spät in der Nacht durchaus drei betrunkene Personen über den Strand Cabezas wanken sehen. Dieses Feuer jedoch würde ein übles Nachspiel haben – aber darüber machte sich wohl keiner in den Moment Gedanken.


Zuletzt bearbeitet von Arina Erlenhain am 07 Nov 2017 12:13, insgesamt einmal bearbeitet
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 07 Nov 2017 22:54    Titel:
Antworten mit Zitat

» Glück – Nicht allgegenwärtig «

Rum - Es war nicht nur praktisch, um sich von jeglichen Gedanken zu befreien, sich der Leichtigkeit hinzugeben, die mit einer guten Flasche daherkam, nein es war auch eine relativ wirksame Art, sich schlicht zu beruhigen, wenn es denn mal nötig war. Das scharfe Brennen im Rachen, nach einem jeden Schluck, welches von einer wohligen Wärme abgelöst wurde, der Eigengeschmack des 'Diablo del mar', gemeinsam mit der Note an Wildkraut, all das machten jeden Schluck wieder zu einem unvergesslichen Genuss, der selbst die schlimmsten Stürme vergessen liess. Bis… das Pochen begann.
Ein Pochen im Kopf, so stark, dass es sich auf keine Weise ausblenden liess. Ein Pochen, so deutlich, aber dennoch nicht lokalisierbar, so dass es einen langsam in den Wahnsinn trieb. Schmerzen, die kamen und gingen, wie sie es gerade für richtig hielten. Ein Auf und Ab der Laune. Oh, wie sehr er diesen Kater hasste – und doch irgendwie auch liebte.

Die letzten Tage waren sehr ereignisreich, chaotisch, anstrengend und doch auf seine eigene, verworrene, Art und Weise sehr erfrischend. Zum einen war da dieses dreckige Weib von Landratte, Verena. Eine rothaarige Bäuerin - wovon es im alatarischen Reich übrigens viel zu viele gab, da verlor man schnell mal den Überblick – aus Düstersee. Ein Mundwerk, so gross, wie man es sonst nur von Strassenkindern kannte – oder von den Insulanern. Es war ziemlich naiv dumm von ihr zu denken, dass sie die Piraten beleidigen könnte, ohne mit irgendwelchen Konsequenzen zu rechnen, mochten sie noch so klein sein. Wenn die Mythen und Geschichten, Überlieferungen und Rufe der Piraten nicht ausreichten, um den Respekt zu erhalten, den einem zustand, musste man dafür sorgen, dass solche Personen diesen Fehler nicht ein zweites Mal begehen würden. Man erteilt ihnen eine Lektion, wie es so schön heisst. Die Pistole wurde langsam angehoben, der Lauf auf eines der Beine gerichtet…
Und Schuss! Was einst ein Beinschuss sein sollte, wurde aufgrund des Rumgezapple der Bäuerin zu einem direkten Treffer in den Unterleib. Hätte sie sich nicht so sehr dabei bewegt, würde in der Zukunft bei einer Schwangerschaft keine Gefahr bestehen, dass es zu Komplikationen kommt, doch …man kann nicht immer Glück haben.

Dieses Gefühl, ein Gefühl der Genugtuung und dem Wissen, dass die Bäuerin jedes einzelne Wort in diesem Moment bereuen musste, entlockten ihm das typisch, matte Lächeln. Eine innerliche Zufriedenheit erfüllte seinen Geist – die ‚Macht‘, eine so tödliche Waffe zu führen und von jener auch Gebrauch zu machen, war etwas, dass ein unbeschreiblich gutes Gefühl in ihm auslöste.
Unpraktisch war nur, dass ausgerechnet Capitano Perera sich um die Verwundete kümmerte, dabei …hätte es so viele Probleme nicht gegeben, wenn die Landratte einfach an Ort und Stelle verblutet wäre. Aber gut, sich den Problemen zu stellen, war das kleinste Problem. Rin machte sich zwar Gedanken …zu viele, aber er schaffte es zumindest sie mit seiner unbeschwerten Art ein wenig zu beruhigen, was zwar ein wenig an Überzeugungskraft brauchte, schlussendlich aber ganz gut gelang.

Ein wehleidiges Seufzen drang über die Lippen, als das Pochen sich langsam wieder zurück schlich, sich im Kopf ausbreitete und den Piraten unsanft aus dem Schlaf riss. Blinzelnd wurde das Augenpaar geöffnet, eine Weile lang irrte es orientierungslos an der Höhlendecke umher, ehe mit der Zeit die Klarheit wieder zurückfand und er das Meeresblau langsam über Rin wandern liess, wo sich jener nach einigen Herzschlägen auf Rins Mimik einpendelte. Der Oberkörper neigte sich in ihre Richtung und der Hals wurde ein wenig gestreckt, sodass die Lippen zu ihrer Stirn fanden und dort in einer stummen Geste der Zuneigung aufgelegt wurden. Es folgte noch ein tiefer Atemzug, ehe er seinen starken Arm um sie legte und das Haupt wieder -nach einem kurzen Blick in Naemis Richtung, die sich in ihrem Rausch zum falschen Schlafplatz verirrte- auf das Kopfkissen bettete.

Seit der Ankunft von Rins Cousine, Naemi, wurden die Tage etwas anstrengender. Nicht nur kam der Brief ihrer Mutter viel zu spät bei Rin an, nein, sie hatte deshalb kein Schlafplatz und so mussten die beiden sie bei sich aufnehmen – was …zu gewissen Konsequenzen führte, die den beiden nicht besonders zusagten. Mal abgesehen davon, dass sie rein gar nichts über ihr Piraten-Sein wusste. Doch wie sich herausstellte, war sie doch umgänglicher, als erwartet. Keine strenggläubige Alatari, ein Glück für sie, denn für Tom wäre die Antwort klar gewesen, hätte die Kurzhaarige irgendwelche Probleme bereitet; Ein Schuss, ein Treffer. Gut, er musste sich schon gestehen, dass er sie bei der Erwähnung _jenes_ Themas am liebsten erschossen hätte, aber ansonsten schien sie ganz in Ordnung zu sein – wenn man ein Auge zudrückte. Vielleicht auch beide.
Hach, dieses elendige Thema. Irgendwie fühlte er sich von den Göttern – sollte es die denn wirklich geben, was er noch immer bezweifelte – richtig verarscht. So oft, wie diese Sache in den letzten Tagen angesprochen wurde, obwohl die beiden in dieser Richtung noch nichts erwähnten, konnte man durchaus das Gefühl bekommen, dass irgendwelche Götter sich auf ihre Kosten amüsierten. Sicherheitshalber widmete er dem Himmel seinen prächtigen Mittelfinger – wenn sie da oben waren, würden sie es schon sehen.
Es war abzuwarten, was folgen würde. Erstmal war es aber wichtig, diesen verdammen Kater loszuwerden. 'Schlafen, ay'… 'ne Runde faul sein wird schon nich' schad'n…'


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 03 Jan 2018 14:39, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 17 Nov 2017 16:56    Titel:
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» Die eigene Bürde «

~Eng legte sich das starre Korsett um ihre schlanke Taille, raubte ihr bei manchen Bewegungen gar ein wenig die Luft, während der Rest des seidenen Stoffes sich, mit ungeahnter Leichtigkeit, an den Körper schmiegte. In einer ruhigen Geste wurde der hochgeschlossene Kragen zurecht gezuppelt, während sie den steinernen Bogen passierte. Sie betrat einen mit Blumen bedeckten Vorgarten, der einen nur mit Eindrücken überhäufte und doch kannte sie jede kleine Ecke von ihm. Sie kannte hier jede Blume, jede Pflanze – zu viel Zeit verbrachte sie den Gärtnern bei der Pflege zuzusehen. Einen Moment betrachtete sie gedankenverloren einen großen Azaleenbusch, der mit einem Dutzend bunten Schmetterlingen bedeckt war, die sich flatternd um diesen tummelten. Normalerweise würde jener Anblick ihr ein Lächeln auf die Lippen zaubern, doch ihre Gedanken waren zu sehr mit den vergangenen Stunden beschäftigt. Es war nicht unbedingt das Korsett, welches ihr die Luft zuschnürte, eher der Gedanke an das Gespräch, welches sie zu führen hatte.
Mit einem Seufzen wandte sie sich vom Azaleenbusch ab um den Weg zum Haus weiter zu beschreiten. Bei den steinernen Stufen angekommen, die zur Haustür führten, strich sie mit der rechten Hand über den Kopf der Pantherstatue, welche dort schon viele Jahre ihren Platz gefunden hatte. Ein Hochzeitsgeschenk, sie wusste noch ganz genau von wem. Zögernd lenkte sie das Silberblau über die Fassade, wo es an vielen vertrauten Dingen hängen blieb. Das gewaltige Schild mit dem Pantherwappen, welches stets neben der Tür lehnte, sowie die ledernen, fast schwarzen Männerstiefel – die ihr die Gewissheit gaben, dass Ilyas Zuhause war. Die rötliche Öllampe und das Büchlein auf dem Tischchen neben der, vom Schatten des Hauses bedeckten, Bank, auf welcher sie nur zu gerne saß.
Zögernd zog sie ihre Schuhe aus, jene zur Seite schiebend, ehe sie die Tür öffnete, um die Schwelle ihres Heimes zu übertreten. Das leicht knarzende Geräusch reichte wohl aus, damit sie die Aufmerksamkeit auf sich zog.
»Aireen?«
Ehe sie jedoch antworten konnte, erblickte sie den Mann, der aus einem der Zimmer den Eingangsbereich des Hauses betrat. Der Wappenrock der Garde schmückte noch die breite Brust, was ein Hinweis dafür war, dass er noch nicht lang zu Hause sein musste – vermutlich war er ebenso erst vom Dienst zurückgekehrt. Ein erfreutes Lächeln prägte die vertrauten Gesichtszüge und doch lag ein besorgter Ausdruck im Haselnussbraun der Augen, was ihr direkt ein kleines Seufzen entlockte.
Zäh schob sie ihre Umhängetasche von der Schulter und verfrachtete diese an die Garderobe ehe sie die wenigen Schritte zu Ilyas in Angriff nahm. Ob des Seufzens schob sich eine Falte auf die Stirn des Mannes und der Kopf neigt sich ein wenig zur Seite, was gar fragend in seiner Haltung wirken könnte. Die Hände wurden sogleich um die Taille von Rin gelegt, als jene nah genug dafür war und das Lächeln, welches sie ihm zukommen ließ, konnte den besorgten Ausdruck nicht wegschieben.
»Alles in Ordnung? Was hat der Heiler gesagt?«
Und da war es auch schon, das Thema, über welches sie eigentlich nicht reden wollte, denn so wie es an ihm nagte, so nagte es auch an ihr.
Kinder.
Jeder hatte seine Aufgaben im alatarischen Reich um den Herrn zu dienen und zu stärken. Aireens Familie war geprägt von Kämpfern, die sich alle in den Reihen der Garde bewährt hatten und so erschien es wohl ihren Eltern damals nur für sinnig, dass auch ihre Kinder so stark sein würden. Vor vielen Jahren schon – als sie beide noch Kinder waren - wurde sie Ilyas versprochen, der sich mit der Zeit bewiesen hatte und Ritter des All-Einen wurde.
Starke Kinder für die Armee Alatars zeugen. Eine Aufgabe, die sie sich wirklich wünschte, erfüllen zu können, nicht nur um ihre Pflicht zu erfüllen, sondern auch weil sie wirklich Kinder haben wollte. Jedoch waren sie bisher nicht so erfolgreich damit gewesen und wahrscheinlich war es das beharrliche Schweigen, welches Ilyas die Antwort gab und ein schweres Seufzen folgte nun von ihm.
»Wieder nicht, mh?«
Sie schüttelte den Kopf, die Lippen aufeinander pressend und widmete ihren Mann einen entschuldigenden Blick.
»Nein... Herr Zatula konnte mir auch nicht sagen... warum.«
Eine Teilwahrheit. Tatsächlich erinnerte sie sich genau an den Blick des Heilers, als er ihr sagte, dass vielleicht Sie oder auch Ilyas, nicht in der Lage dazu wären, Kinder zu zeugen. Aber sie brachte es nicht übers Herz ihm diese Eventualität um die Ohren zu hauen. Wahrscheinlich interpretierte er in ihren grübelnden, schuldbewussten Blick einfach nur hinein, dass es ihr unendlich leidtat – was ja auch durchaus der Fall war - denn statt zu antworten, nahm er in einer sanften, vertrauten Geste einfach ihr Gesicht zwischen seine Hände um die Lippen in einem liebevollen, Trost spendenden Kuss, auf die ihren zu legen. Für einen flüchtigen Moment hatte diese Geste auch durchaus die Wirkung, dass sie diese quälenden Gedanken verdrängen konnte – aber halt nur für den kurzen Moment des Kusses.
»Schon gut Liebling. Wir werden es einfach weiter versuchen, wir sind jung, wir haben die Zeit und wir haben uns.«
Trotz der Worte, die sie vernahm, konnte sie genau sehen wie Ilyas zu zweifeln begann, denn nach fünf Jahren hatte es andere Gründe als einfach nur Pech.~


Nun hatten sie endlich darüber geredet. Nun war wieder ein Stückchen der Vergangenheit in die Gegenwart geholt worden. Nun war wieder ein Teil von ihr offenbart, welchen sie lieber verborgen hätte. Sie hatte nicht erwartet, dass sie ihre Möwe ausgerechnet bei diesem Thema falsch einschätzen würde, umso schmerzhafter war der Stich, ihm niemals das geben zu können, falls er es irgendwann mal sehnlichst haben wollen würde.
Natürlich waren die beruhigenden Worte, welche gar optimistischer Natur waren, wie Balsam für ihre Seele, doch kam sie nicht drum herum, gewisse Zweifel zu hegen. Sie waren noch jung, er mehr als sie. Wenn er jetzt schon wusste, das er irgendwann gern mal eine Familie gründen wollte, wie würde es in einigen Jahren aussehen?
Sie schob den Gedanken beiseite, dort wo er nicht ihren Alltag beeinflusste und doch weckten die Besuche wie bei Tara oder Fidelias immer wieder diesen Gedanken.
Lästig.
Als nicht so lästig stellte sich allerdings Naemi mit der Zeit raus, denn der weißhaarige Chaosschopf weckte langsam aber stetig geschwisterliche Gefühle in Rin und sie glaubte auch, dass Tom sich zäh, ein wenig holprig, an die Anwesenheit von Naemi gewöhnte. Mittlerweile wusste sie, dass sie ihrer 'Schwester' vertrauen konnte und so hatte sie jene auch die meiste Zeit gern in ihrer unmittelbaren Umgebung – das Zimmerchen, welches sie ihr einrichteten, war nur ein weiterer Beweis. Auch wenn das natürlich nicht ganz ohne Hintergedanken umgebaut wurde.
Dann war da noch das kleine Häuschen, welches sie sich direkt am Hafen auf der Isla geholt hatten und nach und nach zum Kontor umbauen wollten. Es brachte einiges an Arbeit mit sich den Platz effektiv zu nutzen und alles richtig einzulagern, was sie letztendlich verkaufen wollten, auch der Transport vom Faro zum Kontor brachte einige Zeit in Anspruch – aber es lenkte ab, gerade dann, wenn wieder Zukunftsgedanken kamen, die sie eher nicht haben wollte.
Weniger schnell ging es mit der Verena-Sache voran. Obwohl sie vor einigen Umläufen zum Aussagen bei der Garde waren, wo unzählige Fragen zum Ablauf des Vorfalls gestellt wurden, wussten sie noch immer nicht mehr, als dass man sich bei ihnen melden würde. Nervig. Ätzend. Nervenaufreibend. Normalerweise war Geduld durchaus eine Tugend von ihr, aber gerade bei jener Sache, wünschte sie sich einfach, dass es schnellstmöglich vorbei war. Es zerrte einfach an den nerven, auch wenn sie es versuchte zu verbergen. Verbergen, ja... da war sie manchmal wirklich gut drin.
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 26 Nov 2017 21:33    Titel:
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» Verworfene Wünsche «

Familie. Eine natürliche 'Institution', das Fundament einer jeden Gesellschaft, ohne die es zugrunde gehen würde. Eine Schule für gross und klein, die Wichtigste die es gibt. Die Schule der Liebe und des Friedens, in der man geformt wird und die spätere Persönlichkeit und gar das Leben davon massgebend beeinflusst wird. Besonders die Beziehungen in diesen Familien wirken sich auf das Leben der Beteiligten aus. Was man in den Familien mit den Angehörigen erlebte, prägt unser Umgang mit den Menschen in der Gesellschaft. Für Kinder ist das elementar, um Kompetenzen zu entwickeln und Handlungspotential zu erwerben. Es ist also alles andere als verwunderlich, dass Tom, der aus einer Familie kommt, deren Zusammenhalt mit dem Tod seines Vaters zusammenbrach - man bedenke, dass er da noch ein kleiner Junge war - gewisse Schwierigkeiten aufwies, wenn es darum ging, sich im Umgang mit Menschen richtig zu verhalten. Es fehlte an manchen Stellen schlicht an Sensibilität und Feinfühligkeit, was es nicht immer einfach machte, sich mit ihm zu unterhalten.

Der Stellenwert einer Familie variierte auch bei jeder Person, wobei die Zugehörigkeit zu den Reichen schon immer eine grosse Rolle spielte. So kam es im alatarischen Reich schon oft vor, dass Ehen nur geschlossen wurden, um aus dieser Bindung neue Streiter für den All-Einen hervorzubringen. Denn nur wenn man starke Familien hat, kann man auch eine starkes Reich haben.
Selbstverständlich gab es auch solche Familien, die aus Liebe geschlossen wurden oder zumindest Ehen, in denen sich die Gefühle über die Zeit entwickelten - keine Frage. Wie sehr diese verbreitet waren, wusste er aber nicht. Eigentlich wusste er beinahe gar nichts darüber. Viel eher beschränkte sich das Wissen auf die Dinge, die die Blume ab und an über ihre vergangene Ehe erzählte. Dass sie dabei unausweichlich auf Ilyas zu sprechen kam, störte ihn aber kaum, auch wenn es für Aussenstehende bei gewissen Themen vielleicht merkwürdig hätte wirken können.

Für Tom war es bis zum Punkt, an dem er auf Cabeza ankam und das Verhältnis zu seiner Schwester immer schlechter wurde, etwas Allgegenwärtiges. Von klein auf war ihm die Familie sehr wichtig. Sie war so gut wie die ganze Zeit präsent, ob in der Schule, unterwegs oder zuhause machte keinen Unterschied.
Erst als das Schicksal oder die Götter, wie man es nimmt, seinen Vater das Licht nahmen, führte das unweigerlich dazu, dass die Beziehungen zu seinen Mitmenschen drunter litten. Spätestens als er sich selbst die Aufgabe auferlegte, den Platz seines Vaters einzunehmen, um diesen zu ersetzen, festigten sich seine Gedanken und Beziehungen wieder und nahmen ‚normale‘ Masse an, auch wenn eine Wunde zurückblieb, die nicht mehr geschlossen werden konnte. Dennoch setzte er sich ein Ziel vor Augen, welches er irgendwann einmal erreichen wollte – eine Familie gründen.
Umso mulmiger wurde das Gefühl in seinem Bauch, als es zu dem Gespräch kam, welchem er am liebsten aus dem Weg gegangen wäre. Ständig daran erinnert zu werden, wenn sie bei Tara oder Fidelias waren, war bereits nervig genug, doch das Anschweigen, die Blicke, die bei dieser Thematik die jeweils andere Person trafen, waren so verunsichernd, dass er sich einfach dazu entschloss, die Karten auf den Tisch zu legen und zu offenbaren, wie er dazu stand.
Seine Gedanken auszusprechen, das war schon immer ein Problem, dass er hatte. Ein Gespräch darüber zu führen, ob man Kinder haben möchte oder nicht, war jedoch viel unangenehmer. Unzählige Gedanken schwirrten in diesem Moment durch seinen Kopf. Ein Kerngedanke, verbunden mit mehreren Fragen, hob sich deutlich hervor. Warum hatte sie trotz ihrer Ehe mit Ilyas noch keine Kinder? War es nicht die Aufgabe einer alatarischen Familie für Nachwuchs zu sorgen? Würde ein Ritter einfach darüber hinwegsehen oder gab es einen anderen Grund dafür? Mit einem schweren Seufzen wurden die Gedanken einfach beiseitegeschoben und der Fokus auf die Blume gelegt. Da sass er, vor der Frau, die er liebte, nicht wissend, wie sie zu dieser Sache stand. Ein anstrengender Moment. Nervosität, Unsicherheit und ein Unwohlsein breiteten sich aus, umgarnten ihn wie ein dunkler Schatten, welcher zweifelnde Worte in seine Ohren raunte, als wäre eine Stimme da gewesen, die ihn davon abhalten wollte. Schlussendlich begann er damit, seine Ansicht dazu in einer umschweifenden Erklärung darzulegen, um den ersten Schritt zu wagen und das Gespräch voranzubringen. Qualvolle Minuten, in denen er ihre Blicke ertragen musste, ohne zu wissen, was in ihrem Kopf vorging. Ein Umstand, der ihn belastete, zumindest für den Moment.
Die Mimik der Blume sprach Bände, als sie seine Worte vernahm. Sie hätte höchstwahrscheinlich nicht erwartet, dass so einer wie er, ein 'Frauenheld', wenn man so will, irgendwann einmal eine Familie gründen möchte. Er konnte es ihr nicht verübeln, immerhin sprach alles was er tat und sagte - gut vielleicht nicht alles, aber einiges - gegen einen solchen Wunsch. Dennoch war es so. Und das machte es für sie unfassbar schwer, ihm sagen zu müssen, dass sie ihm diese eine Sache vermutlich niemals geben könnte. Schwer zu beschreiben, was da in seinem Kopf vorging. Es war eine Mischung aus diversen Gefühlen. Mitleid – zu wissen, dass sie selbst den Wunsch hatte, diesen aber nicht erfüllen könnte. Verständnis – weil es ein Teil seiner Fragen beantwortete. Enttäuschung – weil er Seinen genauso wenig erfüllen könnte, wenn er mit ihr zusammenblieb, aber auch Zuversicht. Zuversicht, dass es vielleicht doch eines Tages klappen könnte – und wenn er dafür ein Opfer an einen der vermeidlich existierenden Götter bringen müsste.
Nichtsdestotrotz änderte es nichts an der Sache, dass er mit ihr zusammen glücklich war. Das war ohnehin das Wichtigste für ihn. Bei ihr sein. Träume und Wünsche loslassen, um bei der Person zu sein, mit der man seine Zeit verbringen wollte. Das war auch der Grund, warum er die beruhigenden und optimistischen Worte an ihr Ohr führte, während er die starken Arme fest um ihren Körper schlang. Es war nichts, was er brauchen würde, um glücklich zu sein, so lange er sie hatte. Schlussendlich musste er sich damit abfinden, aber an ihrer Seite sein zu können, reichte ihm vollkommen und dafür verwarf er liebend gern seine Wünsche. Was ihm viel mehr zu schaffen machte, waren die Sorgen, die er sich um die Blume machte.

Zumindest war die kurzhaarige ‚Hexenschwester‘ eine erfrischende Ablenkung, wenn auch die Beziehung zu ihr nicht gerade prickelnd war. Ein stetes Auf und Ab mit kleinen Punkten, wo die beiden aneinandergerieten und sich 'attackierten', doch gewohnte er sich langsam an ihrer Anwesenheit, wenn auch nur störend – so als würde man sich damit abfinden, dass irgendein Parasit sich eingenistet hat.
Glücklicherweise gab es aber auch noch andere Dinge, die für genug Ablenkung sorgten. Zum einen der Vorfall mit der Bäuerin und das Vorhaben mit dem Kontor. Ja, das Kontor verschluckte viel Zeit. Zeit, die es sich aber zu investieren lohnte. Stück für Stück nahm es immer mehr Formen an, erst das Obergeschoss, dann das Lager, die Arbeitsfläche und schlussendlich der Rest der Höhle. Die nahe Zukunft hatte noch einige Dinge für die bereit – langweilig würde es jedenfalls nicht werden.


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 03 Jan 2018 14:40, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 29 Dez 2017 16:57    Titel:
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» Dunkler Nebel über hellem Meer «

»Ich bin nicht blutrünstig.«
Mit Nachdruck hatte sie diese Worte geformt, eben so als würde sie großen Wert darauf legen und obwohl sie sich auch wirklich wünschte, dass diese von Grund auf wahr wären, so war da dieser gewisse Zweifel, der von wirren Gedankengängen genähert wurde. Da konnte sie es so oft wie sie wollte aussprechen, da konnte ihre Möwe ihr so oft er wollte zustimmen – es änderte nichts daran, dass diese Gedankenkreise immer wieder kehrten, aber wie kam es überhaupt dazu?

Die Vergangenheit loszulassen, war keine einfache Sache, wohl für die wenigstens und noch weniger für Rin – dabei waren es keine allgegenwärtigen Gedanken, sondern vielmehr welche die mit den Träumen oder in ruhigen Momenten kamen. Diese eine Sache, die sie immer wieder zum Grübeln brachte und sie nicht loslassen wollte. Sie konnte sich fast sicher sein, dass sobald sie Zeit für sich hatte und ihre Gedanken baumeln ließ, es sich letztendlich um diesen einen Kernpunkt drehen würde.
Ilyas.
Sie wusste, dass ihr Mann aus Seranyth sie weiterhin suchen würde, dazu war er viel zu besitzergreifend und vernarrt in sie, als dass er ihre Abwesenheit hinnehmen würde. Er war jemand, der sich nichts wegnehmen ließ – egal auf welche Art und Weise. Wie lange würde es also dauern, bis er, wie auch immer, davon erfuhr, dass die Möglichkeit bestünde, Rin würde sich auf Gerimor aufhalten? Es war nicht einmal das Einzige was sie unbedingt beschäftigte und diese andere Sache war wesentlich nerviger, da sie mit ihrer Erziehung zusammenhing, welche sich unweigerlich auf ihre Überzeugung auswirkte. Kaum einer auf der Isla glaubte an einen der Götter, egal ob Alatar, egal ob Temora oder Eluive. Was verständlich war, da viele Bewohner ihre schlechten Erfahrungen mit den Anhängern verschiedener Glaubensrichtungen gemacht hatten – oder weil sie schlicht so frei und ungebunden geboren waren. Rin konnte es nicht gänzlich ablegen, es war viel zu tief verankert in ihrem Wesen und dabei war es nicht einmal so, dass sie den alatarischen Richtlinien folgte, ganz im Gegenteil. Manchmal erfreute sie sich einer gewissen Genugtuung, wenn sie eines der Gebote gebrochen hatte, nur um im nächsten Atemzug aber ein annähernd schlechtes Gewissen zu haben. Wobei es vielmehr ein ungutes Magengefühl, als ein wirklich detailliertes schlechtes Gewissen war und es auch keinesfalls kontinuierlich auftrat – manchmal jedoch, erwischte sie sich dennoch dabei.
Sie wusste um Alatars Existenz, so gesehen stand sie auch mehr auf seiner Seite, als auf jener seiner Widersacher – aber sie sträubte sich dieses Leben zu führen, welches für einen Alatargläubigen vorgesehen war. "Möge Ihm gefallen, was er sieht" – eine dämliche Floskel und beim Anblick von Rins Leben würde der Panther wahrscheinlich einen Wutanfall bekommen, wenn er sich für unwichtige Individuen interessieren würde. All das änderte aber nichts daran, das sie vor eben diesem Panther mit Ilyas verbunden war – verheiratet. Das war auch der Punkt den sie ihrer Möwe 'verheimlicht' hatte, dieser Bund, der sie mehr nervte, als er eigentlich müsste. Sie schob ihr Verhalten immer auf die Angst, man würde sie in Gerimor finden, als ihm zu sagen, dass sie diese Ehe einfach aufgelöst sehen wollte.
Es ging hier ums Prinzip, um die simple Tatsache, dass sie vor einem Gott mit einem Mann verbunden war, der zu ihrer Vergangenheit gehörte – selbst wenn sie ihrer Möwe immer wieder sagte, dass er ihr Mann wär und nicht mehr Iylas. Nicht aber vor den Göttern. Aber was interessierten Tom Götter? Nicht mehr als die Asche seines Glimmstängels oder der Boden seiner leeren Rumflasche.
Wie aber löste sie die Ehe mit einem Ritter des All-Einen auf, wenn Scheidungen zu einem nicht infrage kamen und zum anderen diese auch gar nicht zu bewerkstelligen wäre?
Der Gedanke 'Mord' drängte sich während dieser Grübeleien in ihr Gedächtnis und allein die Tatsache, dass sie an diese Möglichkeit dachte, machte ihr doch mehr zu schaffen, als das es ihr lieb war. Sie war nicht so blutrünstig, dass sie einfach einen Mann ermorden konnte, den sie mal geliebt hatte und gegen den sie keinen Groll hegte... ein Mann mit dem sie über 10 Jahre ihres Lebens verbracht hatte. Oder konnte sie es doch? Hätte ihr Bewusstsein es nicht sonst gar nicht erst in Betracht gezogen? War es vielleicht gar keine Blutrünstigkeit oder kein Egoismus, sondern einfach ein Gedanke geboren aus der innigen Verbundenheit, die sie zu ihrer Möwe spürte? Natürlich würde sie jeden Schatten und jedes Hindernis hinter sich bringen, wenn es dabei um ihn ging – aber es machte ihr Angst. Angst, weil sie diese Gedanken nicht von sich kannte und auch Angst, was diese Tat oder allein der Gedankengang über jene, aus ihr machen würde.
War das gerechtfertigt? War es eventuell nur ein weiterer Schritt auf dem Weg durch und durch cabezianisch zu werden? Ein weiteres Hindernis auf den Weg der vollkommenden Freiheit?

Sie war unendlich dankbar für die Abwechslung, welche ihr aktuelles Leben ihr gaben, denn Abwechslung bedeutet, dass sie sich nicht zu oft ihren Kopf darüber zerbrechen musste. Der Kontor war fertig eingerichtet, alle Waren waren verstaut und verkaufsbereit – es fehlte nur noch die Eröffnung, die mit dem neuen Jahr dann auch stattfinden würde. Noch mehr zu tun, noch mehr zum Ablenken.
Es war sogar so viel, dass sie in letzter Zeit viel zu selten Naemi oder Tara besucht hatte, was ihr fast ein schlechtes Gewissen ins Gemüt trieb. Gerade mit ihrer 'Schwester' sollte sie wirklich mal wieder einen Abend verbringen – zu zweit, ohne Tom, das würde den Abend vermutlich nur ins Negative wenden. Fast fand sie es ein wenig schade, dass Naemi nicht mehr das Zimmerchen im Faro bewohnte, es hatte irgendwie etwas Familiäres an sich gehabt und dieses Gefühl in einer Familie zu leben vermisste sie, auch wenn sie es noch nicht zugab. Es gab viel mehr, über was sie sich Gedanken machen musste, als über Dinge, die sie ehe nicht ändern konnte. Sie würde den Weißschopf einfach häufiger aufsuchen, selbst wenn sie manchmal den Eindruck erweckte, dass sie sich weniger über die Anwesenheit von Rin freuen würde – aber so war Naemi nun mal. Empathie war für sie ein Fremdwort.


Zuletzt bearbeitet von Arina Erlenhain am 29 Dez 2017 16:58, insgesamt einmal bearbeitet
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 03 Jan 2018 14:35    Titel:
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» Die Ruhe nach dem Sturm «

Die Ruhe nach einem wütenden Sturm hatte schon immer etwas äusserst Befriedigendes. Cabeza war ein weiteres Mal das Opfer eines Naturphänomens, doch das waren sich die Bewohner schon längst gewohnt. Der Aufräum- und Wiederaufbau-Prozess der herumliegenden Objekte und beschädigten Häuser gehörte genauso wie der Rest zum Leben auf der Isla. Eben diese Tatsache, dass das Leben auf der Insel einfach weiterging und sich die Dinge wie von selbst wieder in Bewegung setzten, war befriedigend daran.
So banal es für die Insulaner auch war, verfolgte die Möwe das rege Geschehen auf dem Hafen vom Geländer des Kontors aufmerksam. Es war schon interessant, was für gewaltige Kräfte die Natur aufbringen konnte. In einem Moment schien alles perfekt und im nächsten zerstörte ein aufbrausender Wind oder Beben den ganzen Eindruck und hinterliess ein Bild der Zerstörung. Das liess sich gut auf andere Dinge im Leben übertragen – auch wenn der Aspekt der Zerstörung bei den Gedanken, die gerade durch seinen Kopf schwirrten, deutlich geringer, fast schon nicht existent, ausfiel.

Da gab es eine Sache, die ihn schon länger störte. Egal, wie oft er es auszublenden versuchte, schien es ihn aber ständig von Neuem aufzusuchen. Egal auf welchem Weg. Rins Ehemann oder besser gesagt Aireens - schliesslich legte sie diesen Namen mit ihrem vergangenen Leben ab, zu welcher Ilyas gehörte. Im Grunde interessierte er sich nicht gross für diesen Ritter Alatars. Er gehörte Rins altem Leben an und war für ihn somit auch von keiner Bedeutung. Wären da nicht die Gedanken seiner Blume, um die er wusste, auch wenn sie diese nicht aussprach, hätte er jegliche Gedanken dazu einfach ausgeblendet. Doch sie war einfach so, es war ihre Art. Egal, wie viel Mühe die Möwe sich gab, schlussendlich konnte er sie dennoch nicht davon abbringen, dieses Thema für allemal zu vergessen. Manch einer wäre in seiner Situation wohl schon längst eifersüchtig geworden, doch Tom - Tom hatte da einfach Rucksicht. Nicht zuletzt, wusste er auch um die Gedanken, die sie sich machte.
Die Antwort, auf die Frage, wie man ihr mit dieser Situation helfen könnte, kannte selbst er nicht. Die Möwe brachte zwar Vorschläge, die durchaus dabei geholfen hätten, seinem 'corazón' die Last von den Schultern zu nehmen, die mit den Sorgen einherkamen, doch waren diese von eher kaltblütiger Natur und hätten vermutlich zu anderen Problemen geführt. Sie wollte das nicht, was auch nicht verwunderlich war. Die Blume war, auch wenn sie sich über die Zeit zu einer richtigen Cabezianerin entwickelte, im Vergleich zu Tom ein Unschuldslamm. Alles andere als blutrünstig.
Trotz allem ertappte er sich immer wieder bei dem Gedanken, wie er am liebsten die Sache einfach in die Hand genommen hätte, um das Leben dieses Ritters zu nehmen und sie somit gänzlich zu befreien. Er war bereit dazu, dieses Risiko einzugehen. Mit ihr oder ohne sie. Manch einer könnte behaupten, dass es reiner Egoismus wäre, damit er sich besser fühlen könnte, doch es war ihm einzig wichtig, dass seine Blume endlich die Ruhe hätte, die sie verdiente. Keine Sorgen mehr, nichts, was den beiden mehr im Weg stehen würde. Doch was würde das schon bringen, wenn Rin am Ende von einem schlechten Gewissen geplagt werde würde? Vermutlich gar nichts – oder etwa doch? Würde das Band damit nur nochmals gestärkt werden? Könnte sie mit dem Wissen leben, eine Person umgebracht zu haben, die sie geliebt hatte? Die Möwe hätte es an ihrer Stelle vermutlich getan. Nein, ganz sicher sogar. Zu wissen, dass man doch nicht gänzlich frei ist, sondern von einer Sache aus der Vergangenheit festhalten wird, hätte ihn wahnsinnig gemacht.
So sehr ihn das Wissen, dass Rin immer wieder ihren Gedanken, jene Angelegenheit betreffend, verfiel, änderte das nichts an der Zuneigung, die er für sie verspürte. Das Band war eng miteinander verknüpft, unauflösbar und somit war es ein Leichtes, diese Dinge einfach beiseite zu schieben und jene unbekümmerte Art, die oftmals durchaus auch beruhigend auf die Blume wirkte, aufrecht zu erhalten.

Nebst diesen eher als negativ einzuordnenden Gedanken, gab es aber durchaus auch positive Nachrichten. Das Verfahren zu der Anklage der Bäuerin aus Düstersee war nach all der Zeit endlich abgeschlossen. Zu seinem Glück fiel die Strafe relativ leicht aus. Ein weiterer Punkt, der auf seiner Liste abgehakt und in die 'Erledigt-Akte' in seinem Kopf archiviert wurde. Auch wenn er sich noch bei Verena wegen der Aushilfe melden musste. Mierda Arbeit. Da wäre dem unglaublich faulen Piraten ein Peitschenhieb fast schon lieber gewesen.
Wie dem auch sei, die Sache war mehr oder weniger abgeschlossen und die Konzentration konnte auf andere Dinge verlagert werden. Wie zum Beispiel dem Kontor! Jener wurde immer voller. Die Regale waren gefüllt mit unzähligen cabezianischen Waren, von Säften und Tees, bis hin zu richtig edlem Rum, alles war dabei. Aber auch die Truhen mit den Reagenzien war gut gefüllt und somit stand die Eröffnung quasi schon vor der Tür – Vorfreude herrschte! Es gab somit noch einiges zu tun, doch mit der Eröffnung des Kontors und dem Fund des Beschützers hatten sie gleich zwei Gründe, um ordentlich zu feiern. So fand die Ruhe nach dem 'Sturm' ein weiteres mal zurück zu der Möwe.


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 03 Jan 2018 14:40, insgesamt einmal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 09 Jan 2018 16:36    Titel:
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» Unvorhersebar wie die See «

~•~
Seranyth, wenige Wochen in der Vergangenheit
Nachdenklich blickte er in sein Spiegelbild, welches ihn aus müden, haselnussbraunen Augen entgegen blickte. Müde, weil er gerade von der Garde kam und anstrengende Stunden der Ausbildung von jungen Rekruten hinter sich hatte, aber auch müde, weil er zurzeit wenig Schlaf fand – schlicht, weil er seine Hoffnung verloren hatte. Erst als vermisst gemeldet, jetzt als Tod erklärt. Es war nun schon einige Wochenläufe her, dass er diesen Entschluss gefasst hatte und diese Gedankenspiele hatten ihn Mondelang von seiner Arbeit abgelenkt. Den Schritt seine Frau als Tod erklären zu lassen hatte ihn mehr aufgewühlt, als es für seinen Stand gebührend war – immerhin hatte sie ihm keine Kinder geschenkt. Ein Punkt, den er sich ständig von seiner Mutter anhören durfte und letztendlich waren es wohl auch die drängenden Worte eben jener Frau, die ihn dazu bewegten diesen Schritt zu gehen.
"Wir finden eine andere für dich, die deiner und Alatar mehr würdig ist. Es bringt dem Reich des All-Einen nichts, wenn du auf eine Frau wartest, die dich offenbar verlassen hat. Alatar wird schon über sie richten."
Er konnte es sich nur schwer vorstellen das Aireen ihn verlassen hatte, vielmehr war er viele Monde der Ansicht gewesen, man hätte sie entführt. Doch es gab keine Forderungen, keine Hinweise auf ihren Aufenthalt – nichts. Die Spuren verloren sich am Hafen, wo sie mit einem Schiff verschwunden war. Er hatte das Schiff ausfindig machen können, doch keiner der Seemänner konnte... oder vielmehr wollte ihn etwas sagen. Er hatte das Schiff samt seiner Mannschaft niederbrennen lassen, hatte Söldner in nahe Lehen und Ländern geschickt, um dort nach Anzeichen von ihr zu suchen. Nichts. Als würde er einen Geist jagen.
Irgendwann kam die Resignation. Er hatte das 30. Lebensjahr schon längst hinter sich gebracht und hatte weiterhin keine Kinder – so ungern er es auch zugab, aber seine Mutter hatte schlicht recht.
So wurde letztendlich nach fast zwei Jahren, in denen seine Frau als 'Vermisste' gesucht wurde, bekannt gegeben das Aireen Schwarzsteyn, geborene Sonnenfels nicht mehr unter den Lebenden weilte. Der Bund gelöst, für Tod erklärt.
Nun hieß es nach Vorne schauen um das Reich des All-Einen voran zu bringen – ohne Altlasten.
~•~


Leise, eine unbestimmte Melodie vor sich her summend, saß sie auf dem Geländer des Kontors, von dem aus sie bestens das Treiben am cabezianischen Hafen beobachten konnte. Je häufiger sie an das kalte, schneebedeckte Festland reiste, um Tara oder Naemi zu besuchen, umso mehr genoss sie die Sonnenstrahlen der Isla. Die vergangenen Tage waren sehr ruhig gewesen – wenn man die Gedanken außen vor ließ, die sie sich weiterhin wegen Ilyas machte.
Sie hatte sogar schon den Entschluss gefasst, sich auf die Reise nach Seranyth zu machen, um es für alle Zeit zu klären. Schwer zu sagen, wie ein solches Gespräch... wie eine solche Konfrontation ausgehen würde und sie konnte am Verhalten ihrer Möwe auch deutlich sehen, wie sehr ihm der Gedanke missfiel, sie allein reisen zu lassen. Wahrscheinlich zögerte sie ihre Abreise deswegen noch hinaus – es würde immerhin nicht wegrennen und die Eröffnung des Kontors war immerhin auch ein wichtiger Punkt, um zu bleiben.

Abgelenkt wurde sie schließlich von einem Boten, der eindeutig nicht zur Isla passte. Die Gewänder und Farben ließen Rins Aufmerksamkeit sofort auf diesem einrasten, als wäre er eine potenzielle Gefahrenquelle. Sie beobachtete ihn eine Weile, wie er am Hafen umherwanderte, ehe sie sich mit einem Seufzen aufrichtete. Er konnte nur zu ihr wollen, alles andere war ausgeschlossen.
»Arina Erlenhain?«
»Korrekt.«
»Nachricht von eurer Mutter.«

Skeptisch zog sie die Augenbrauen hinauf, während sie mit einem Nicken jedoch das versiegelte Pergament an sich nahm und dem Boten ein paar Münzen überließ. Stirnrunzelnd blickte sie dem Mann noch einen Moment nach, ehe sie sich wieder auf den Weg zum Kontor machte, um in aller Ruhe die Nachricht von ihrer Tante zu lesen.
Tom war mit Sicherheit noch am Schlafen, deswegen lehnte sie sich im Erdgeschoss an die Arbeitsfläche der Küche um das Siegel zu brechen und das Augenmerk aufmerksam auf die Zeilen lenkte.


    Des All-Einen Segen mit dir Aireen,

    vermutlich fragst du dich, warum ich dir eine Nachricht schicke.
    Zu einem würde ich einfach gerne erfahren wie es meiner Tochter und dir so ergangen ist. Hat sich Naemi eingelebt? Wie steht es um ihre Ausbildung? Ich bin mir sicher, dass sie bisher viele neue Erfahrungen sammeln konnte.

    Außerdem habe ich auch eine Nachricht für dich, die dich vermutlich sehr erfreuen wird. Dein Mann hat dich für Tod erklären lassen, was bedeutet das nicht nur
    die Ehe für nichtig erklärt wurde, sondern auch, dass die Suche nach dir aufgehört hat.

    Dennoch würde ich dich bitten mich in nächster Zeit in Sinael zu besuchen. Es gibt hier Probleme mit dem Statthalter und den Dokumenten, die wir haben anfertigen lassen. Der Adoptionsnachweis ist offenbar nicht gültig, weil er fehlerhaft ist. Da ich weiß, wie viel dir an deiner Tarnung liegt, bekommen wir das aber auch schon wieder hin. Ich bin mir sicher Naemi sieht dich mittlerweile wie eine Schwester, so wie ich dich als meine Tochter sehe.

    Lass mir enifach eine Nachricht zukommen, damit ich weiß, wann du hier eintriffst. Du kannst deinen Tom auch gerne mal mitbringen.

    Gez.
    Elana

Sie starrte einfach regungslos auf das Pergament und wahrscheinlich hätte ein Außenstehender schnell die Auffassung erlangen können, sie wäre in einer Art Starre verfallen. In Wahrheit konnte sie das Gelesene aber einfach nicht richtig verarbeiten oder glauben, weswegen sie es immer wieder von neuen las. Das Gefühl, welches schließlich eintrat, als die Worte bis tief in ihr Gehirn vorgedrungen waren, war unbeschreiblich. Eine Erleichterung, als würde eine Steinlawine vom Herzen poltern, als würde sich das Korsett um ihre Lungen öffnen. Es brachte sie dazu, nach Luft zu schnappen, schlicht, weil ihre Atmung sich überschlug und sie nicht wusste, wie sie damit umgehen musste. Als sie nach einer gefühlten Ewigkeit die Kontrolle wieder so weit über ihren Körper erlangt hatte, dass sie sich bewegen konnte, eilte sie auch schon hinunter in die Höhle. Tom... Tom musste davon erfahren!


Zuletzt bearbeitet von Arina Erlenhain am 09 Jan 2018 18:03, insgesamt einmal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 28 Jan 2018 14:12    Titel:
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» Sonnenblumenmeere «

Der Wind zerrte an den Strähnen des dunkel gefärbten Haares, welche sich aus dem geflochtenen Zopf gekämpft hatten, um ihr wirres Eigenleben zu führen. Immer wieder strich sie diese hinter die Ohren, doch der Wind hier auf hoher See war viel zu ungnädig, als dass sie an Ort und Stelle bleiben würden. Das Silberblau wanderte einen Moment über das unruhige Wasser, dann pendelte er über das Deck der Holk, auf welchen ein geschäftiges Hin- und Hergewusel herrschte. Es war der brauchbaren Mannschaft zu verdanken, dass das Schiff zügig seinen Weg durch die unruhigen Wellen fand und Rin war froh sich nicht für die kleinere Kogge entschieden zu haben. Es würde kaum einen Umlauf noch dauern, bis sie die Hafenstadt von Seranyth anlaufen könnten und so würde es auch nicht mehr lange dauern, bis sie in Sinael Elana treffen würde. Sie hoffte ihr Anliegen und diese ganzen Pergamentprobleme mit dem Statthalter, was ihre 'getarnte' Adoption anging, waren nicht zu zeitaufwendig – sie wollte rasch wieder nach Gerimor zurück.

Die letzten Wochenläufe auf Gerimor seit der Nachricht von Elana waren nämlich geprägt von einem schwerelosen und überglücklichen Zustand, der sich selten so tief verwurzelt hatte. Das Wissen jedoch, diesem göttlichen Bund 'entkommen' zu sein, ebenso wie der Verfolgung durch ihren Ehemann, war jedoch alles, was sich Rin in letzter Zeit je gewünscht hatte. Es gab schlicht nichts mehr, was zwischen ihrer Möwe und sie stand – nichts, was sie nicht zusammen beseitigen könnten.
Sie konnte aus tiefsten Herzen sagen, dass sie wahrlich glücklich war und das war etwas, was sie lange, lange Zeit nicht laut hatte aussprechen können. Sie war zufrieden mit ihrem Leben auf der Isla und dem Kontor, mit ihrer 'Schwester' in Rahal und jeder Augenblick an der Seite ihrer Möwe war von Glück geprägt. Umso mehr störte sie der Umstand, dass sie für ein, bis zwei Wochenläufen abreisen musste, aber es war nicht nur für ihre Erlenhain-Identität wichtig, die sie in Rahal angenommen hatte, sondern auch für Elanas Sicherheit, da sie nicht wollte, dass ihre Tante als Betrügerin entlarvt wurde.
Elana war eigentlich die Schwester ihrer Mutter und so wie diese, war auch ihre Mutter eine geborene Erlenhain. Es war also grundlegend noch immer Familie für Rin, nur dass Naemi eigentlich nicht ihre Schwester war, sondern eigentlich eher ihre Cousine. Ihre Tante gehörte jedoch zu eben jenen Familienzweig, der sich abgetrennt hatte vom starren, fanatisch alatargläubigen Familienteil und mit dem Rin in ihrer Kindheit daher eher weniger Kontakt hatte. Vielleicht war auch eben diese Entzweiung der Grund, warum Elana ihr damals ihre Hife anbot, als Rin in Schwierigkeiten kam, was ihre wahre Identität anbelangte. Sie hatte Xen'draxol damals keinen erfundenen Namen präsentieren können, spätestens bei Kontaktfaufnahme mit Sinael, hätte man feststellen können, dass es diese Person nicht gab, die Rin vorgab zu sein.
'Arina Erlenhain' war demnach die von Elana adoptierte Tochter, für die gefälschte Pergamente und Nachweise angefertigt wurden – zumindest war das Rins letzter Wissensstand gewesen, denn da hatte ihre Tante sich drum gekümmert.
Offenbar aber nicht, denn wenn es damit keine Probleme geben würde, würde sie sich nun nicht auf einem Handelsschiff befinden, welches auf den Weg nach Sinael war.

Mit einem kleinen Seufzen löste sie den Blick vom Krähennest, welches eine eigenartige Anziehungskraft auf sie auswirkte, sodass sie gar dem Drang widerstehen, musste einfach hinaufzuklettern. Kopfschüttelnd wandte sie sich dem Abgang zu, sodass wenige Schritte sie unter das Deck führten, bis hin zum Versammlungsraum der Mannschaft. Sie wusste ganz genau, wo sie hier den guten Rum finden würde – irgendwie musste sie die Zeit ja totschlagen.
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 28 Jan 2018 17:09    Titel:
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» Vollkommene Glückseligkeit «

'Aufwach’n… Tom, aufwach'n! Aufwach'n! Toooom! Ich bin tot...!'. Wie aus der Ferne drangen diese Worte an sein Ohr, leise aber mit einem gewissen Nachdruck. Besonders die letzten Worte vernahm er deutlicher, als hätte sein Kopf diese, zusammen mit ihrer Stimme, nochmals hervorgehoben. So sorgten diese dafür, dass sein Schlaf immer unruhiger wurde und der Traum andere Formen annahmen, düstere, die gar dazu führten, dass er sich langsam zu räkeln begann, bis zu dem Punkt, wo er zumindest so weit aus dem Schlaf gerissen wurde, dass der Traum, an dem er sich kurz darauf bereits nicht mehr zu erinnern schien, endete.
Auf diese Weise geweckt zu werden, missfiel ihm besonders und so entwich ihm auch schon ein leises, missmutiges Brummen. So war es kein Wunder, dass er seiner Blume einen vorwurfsvollen Blick zuwarf, als diese ihn mit einem kleinen ‚Buffen‘ endgültig zum Aufwachen brachte. Er war ein wenig genervt, dass sie ihn nach wenigen Augenblicken, in denen er etwas Schlaf gefunden hatte, bereits wieder weckte. Die Augen ruhten dabei noch leicht orientierungslos auf ihrer Mimik, doch klärte der Blick sich nach wenigen Sekunden. Was er zu sehen bekam, war eine völlig aufgekratzte und aufgeregte Rin, die ihn mit grossen Augen anstarrte und hibbelig auf ihrem Platz umherrutschte. Man brauchte nicht viel im Kopf um zu erkennen, dass sie ihm etwas Wichtiges sagen wollte. Darum sah er sie auch mit einem abwartend-neugierig und forschenden Blick an, auch wenn man ihm das Fragezeichen im Gesicht deutlich ansah. Besonders, als sie wieder zu sprechen begann, verstärkte der fragende Ausdruck in seinem Gesich sich nochmals deutlich.

'Was is' so dring'nd, dass du mich aus'm Schlaf reiss'n musst?'
'Ich bin tot... Tom... tot!'
'Du bist tot.'

Die Worte seiner Blume wurden gaaaanz langsam wiederholt, gar etwas trocken, da er noch nicht ganz verstand, was sie ihm damit sagen wollte. Erst nachdem er das Meeresblau von ihrer Mimik gelöst und auf ein Pergamentstück senkte, welches sie ihm auffordernd unter die Nase hielt, verstand er allmählich, was in ihr vorging. Sie war frei. Die Ehe wurde aufgelöst, 'Aireen Schwarzsteyn' für tot erklärt. Nach all der Zeit, in der sie gesucht wurde, konnte sie das erste Mal richtig aufatmen, im Wissen, dass es endlich ein Ende gefunden hatte.
Nichts in der Welt konnte ihnen diesen Moment nehmen. Mit dem Gefühl der Erleichterung, erfüllte ihn auch ein Gefühl der Glückseligkeit. Er wusste, dass die Blume immer wieder an die Verfolgung dachte. Dass es ein Ende fand, erleichterte somit nicht nur sie, sondern auch ihn. Beide mussten sich keine Sorgen mehr machen. Sie, weil sie nicht mehr verfolgt wurde. Er, weil er sich keine Sorgen mehr machen musste, dass sie sich selbst verwehrte, 'glücklich' zu sein.
Ein überwältigender Moment. Die Gefühle, die Eindrücke, man wusste gar nicht wohin damit und so presste er sie einfach mit einem erfreuten Lachen an sich und drückte die Lippen in einer Geste der Zuneigung auf ihren Hals. Keine Ehe, keine Verfolgung. Nichts mehr stand den beiden im Weg. Sie konnten endlich glücklich sein, ohne sich Sorgen machen zu müssen. Davon war er überzeugt, denn sie sagte genau die Worte, die er schon lange hören wollte – mit dem Hintergrundgedanke, dass es auch so war.

'Ich gehör' gänzlich dir.'

Die Nachricht, dass Rin endlich frei war, war bereits mehr als nur erfreulich. Doch dass es noch einen Grund gab, sich nebst dem Brief und der Eröffnung der Kontortaverne zu freuen, hatte er wahrlich nicht erwartet. Antonia, Toni… seine Schwester stand plötzlich vor ihm, als er sich am Strand entspannte. Sie war für Monate unauffindbar. Durch den Streit, den sie hatten, gab er sich selbst die Schuld dafür, doch wie die Möwe erfuhr, gab es einen anderen Grund für ihre Abwesenheit, losgebunden von ihrem Streit. Das zu erfahren, war für ihn eine ziemliche Erleichterung, auch wenn ihn noch gewisse Schuldgefühle plagten. Viele Dinge wurden ausgetauscht, die jeweils andere Person auf dem neusten Stand gebracht. Auch wenn sie bisher noch nicht so viel Zeit miteinander verbrachten, wie er sich wünschte, war er froh zu wissen, dass die Unstimmigkeiten zwischen den beiden nach einem längeren Gespräch endlich beiseitegeschoben war. Seine Schwester überraschte ihn sogar - mit für ihren Alter sehr erwachsenen Worten - die er sich liebend gern zu Herzen nahm, wenn das bedeutete, dass sie miteinander auskamen.

In Toms Leben gab es nur selten Momente, in dem er so zufrieden und glücklich war. Das letzte Mal war in seiner Kindheit, vor dem Tod seines Vaters. Zu wissen, dass man alles hat, was man wollte, war befreiend. Man fühlte eine Schwerelosigkeit, als würde man fliegen, als könnte nichts aber auch gar nichts etwas an diesem Zustand rütteln. Und doch gab es da etwas, was ihn störte. Rin musste für zwei Wochen nach Sineal reisen. Ausgerechnet in dem Moment, wo er sich nicht hätte besser fühlen können. Mitgehen wäre doch eine Möglichkeit gewesen? No, nicht wirklich. Tom war… durch und durch cabezianisch. Sich für zwei Wochen als Fischer tarnen zu müssen – Ja, Rin fiel im Moment, indem sie ihre Tante von ihm erzählte nichts Besseres ein, als ihn als Fischer zu bezeichnen – und so zu tun, als wäre er ein richtiger alatarischer Bürger, gläubig und eifrig, wenn es darum ging, etwas für Alatar zu tun, wäre zu viel für ihn gewesen. Dafür hat er sich schon viel zu sehr an das Leben auf Cabeza gewohnt. Somit blieb ihm nichts anderes, als zuhause zu bleiben und darauf zu warten, dass seine Blume zurückkehrte. Immerhin machte das Wissen, dass sie danach sicherer und glücklicher wäre, es ihm leichter, das auf sich zu nehmen. Die Tage würden zwar langweiliger werden, doch gab es genügen Möglichkeiten, sich zu beschäftigen. Zum einen war da die Kontortaverne, dann… die geplanten Übungsstunden mit Naemi und noch einige kleinere Dinge, über die er sich erfreute. Wie zum Beispiel, diese elenden Strand-Besucher, die Cabeza als Entspannungsoase missbrauchten, zu verscheuchen. Er würde die Zeit bis zu ihrer Rückkehr schon irgendwie überstehen.

'Dios mio… das wir nich' einfach. Ich… brauch 'nen mierda Rum.'


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 28 Jan 2018 17:15, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 05 Feb 2018 14:04    Titel:
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» Eine richtige Erlenhain «

Wie erwartet wurde sie von Elana herzlich empfangen und durfte ihr die ersten Tage erst mal in aller Ausführlichkeit berichten, wie es Naemi und Ihr in Rahal gehen würde. Sie erzählte von dem Labor ihrer Tochter und das der kleine Weißschopf sich für die Scharfschützen und in einer ehrwürdigen Gemeinschaft engagieren würde – es war nicht schwer zu erkennen, wie stolz Elana war.

»Und nun erzähl mir bitte, was du in deinem Brief mit Probleme und Statthalter meintest, ich weiß immerhin nicht, was du damals getan hast, damit ich in den Archiven als deine Adoptivtochter geführt werde.«

Elanas himmelblaues Augenmerk verfestigte sich einen Moment auf Rin, ehe sie sich wieder der Küche zuwandte und etwas Tee aus der Kanne in zwei Tassen beförderte, während Rin sie einfach abwartend betrachtet – nicht gänzlich ohne Nervosität. Eine der gemusterten Tassen mit dem dampfenden Inhalt wurde schließlich vor ihre Nase auf den Tisch gestellt, ehe ihre Tante sich ihr gegenüber niederließ. Wie gewohnt schlangen die Finger sich um die Tasse, die Hitze durchaus willkommen heißend. Ihr Blick ruhte dabei weiterhin auf Elana, abwartend und so ruhig, wie es ihr möglich war.

»Ich hab damals jemanden in der Stadtverwaltung, der mir einen Gefallen schuldig war, darum gebeten ein Dokument zu fälschen, welches dich als meine Adoptivtochter ausweist. Vermutlich wäre es auch niemals aufgefallen, wenn die Archive vor Kurzem nicht umsortiert und umgeräumt worden wären und dabei ist aufgefallen, dass die Unterschrift auf deinem Dokument fehlt. Offenbar wollte mein Bekannter die Unterschrift des damaligen Statthalters nicht fälschen.... und nun schau nicht so panisch, das ist alles halb so schlimm.«

Ein kleines Blinzeln ging von Rin aus, während sie ihre Tante ein wenig entgeistert betrachtete. Sie konnte nicht so ganz nachvollziehen, was daran nun nicht so schlimm wäre, wenn eine Dokumentenfälschung festgestellt wurde, doch offenbar sah man ihr die Frage deutlich im Gesicht an und Elana erhob wieder die Stimme.

»Der Statthalter, der zu der Zeit im Amt war, als du laut Dokument adoptiert wurdest, war ziemlich alt und für seine Vergesslichkeit bekannt, weswegen er letztendlich auch abgesetzt wurde. Die fehlende Unterschrift auf deinem Adoptionsdokument ist also einfach nur eine Altlast vom alten und verwirrten Statthalter, aber der Neue möchte den Fehler natürlich ausbügeln, sodass ich dich noch mal 'richtig' adoptiere. Bist du bereit eine richtige Erlenhain zu werden? Mit gültigen Dokumenten?«

Für den Moment starrte Rin ihre Tante einfach nur an, dann schlich sich zuerst eine kleine Falte auf ihre Stirn, ehe sich doch ein Lächeln auf den strengen Gesichtszügen formte.

»Aireen Schwarzsteyn ist vor langer Zeit schon gestorben und du bist mir mehr Mutter und Naemi mir mehr Schwester, als meine leibliche Familie es jemals hätte sein können.«

Ihre Tante... und zukünftige "Mutter" schien mehr als zufrieden mit der Antwort zu sein – so breitete sich ein gar glückliches Lächeln auf den Gesichtszügen aus und ein festes Nicken folgte im Anschluss.

»Wunderbar, dann werden wir morgen zum Statthalter gehen und alles klären. Keine Angst, das sind alles nur Formalitäten.«

Ein zustimmendes Nicken ging von Rin aus, doch konnte sie sich einer gewissen Unsicherheit in ihrem Inneren nicht entbehren, da war einfach der kleine Funke Sorge, dass die Ähnlichkeiten zwischen Elana und Ihr doch zu groß waren, als das der Statthalter glauben würde, sie wäre nur irgendein Straßenmädchen, welches Elana damals aufgenommen hätte. Trotz der gefärbten Haare. Aber es half nichts, ihre Tante war so zuversichtlich, dass sie ihr diese Enttäuschung, nach allem was sie für sie getan hatte, auch nicht geben wollte und zudem war sie auch mehr als einverstanden damit, eine Erlenhain zu werden. Ein kleines Stückchen Familie.

Am nächsten Tag

Nervös zupfte Rin an ihren Kragen der hochgeschlossenen Kleidung herum, etwas, was sie schon lange nicht mehr getragen hatte und irgendwie beengte – gerade jetzt in der Situation, wo sie vor dem Statthalter saßen, der sie eindringlich fixierte. Das fehlende Gewicht einer Waffe an ihrer Seite und der geschlossene Raum mitten in einer größeren Stadt des alatarischen Reiches, wo sie vor einem Würdenträger saß, ließ die Unruhe in ihrem Inneren nicht versiegen. Es dauerte eine gefühlte Ewigkeit, in der sie die Musterung des Statthalters über sich ergehen ließ und dabei versuchte ein möglichst ungezwungenes und höfliches Lächeln beizubehalten.

»Arina also... erzählt mir von der Adoption damals.«

Auch wenn der Statthalter sie anstarrte, wusste Rin, dass er nicht ihre Worte hören wollte, sondern die von Elana und so war es auch ihre Tante, die letztendlich wieder das Wort ergriff und dabei so selbstsicher und gelassen wirkte, das Rin gar neidisch wurde.

»Ich habe Arina damals als Straßenkind hier in Sinael aufgelesen, da sie sich sehr gut mit meiner leiblichen Tochter Naemi verstanden hat und ich schlicht noch eine helfende Hand Daheim brauchte. Ich hatte im Gefühl, dass der All-Eine diese Gabe von mir an ihr mit Wohlwollen betrachten würde, da sie letztendlich auch ihren Wert für die alatarische Gemeinschaft bewiesen hat.«

Der noch recht junge Statthalter senkte den Blick auf ein Pergament, welches vor ihm auf den absurd breiten Tisch lag und nickte verhalten, ehe die schnarrende Stimme wieder erklang und die grünlichen Augen sich auf Rin verankerten.

»Ihr lebt nicht mehr in Seranyth, sondern auf Gerimor?«

»Exakt, ich habe mich damals auf eine Reise gemacht um meine Fähigkeiten noch weiter auszubauen. Ich bin eine sehr gute Schützin und habe irgendwann entschlossen mich in Rahal niederzulassen. Ich habe dort die Bürgerschaft erlangt um das Reich im Kampf gegen das Alumenische zu unterstützen – was ich auch durchaus schon getan habe.«

»Mhm ja, Gerimor ist eine sehr konfliktreiche Insel. Gute Kämpfer kann das Reich des All-Einen dort durchaus gebrauchen.«


Rin nickte brav und warf ihrer Tante einen Seitenblick zu, der sie erkennen ließ, das Elana noch immer die Ruhe selbst zu sein schien. Beneidenswert. Stille legte sich über den weiten Raum, während der Statthalter ein paar Pergamente zusammensuchte und sortierte – erst dann wandte er seinen Blick wieder zu den beiden.

»Ich sehe keinen Grund, warum ich Euch diesen Familienbund verweigern sollte. Ich habe hier die Bürgerschaft aus Rahal vor mir liegen und das alte Adoptionsdokument... wo wir wissen, dass der Statthalter damals nicht mehr das beste Gedächtnis hatte. Bei einem Straßenkind erwarte ich auch kein Geburtsdokument. Arina, richtig?«

Ein rasches Nicken folgte von Rin, sowie ein abermaliges Anheben der Mundwinkel, als Versuch das Lächeln irgendwie echt wirken zu lassen. Ein kurzes, süffisantes Lächeln schlich sich auf die Lippen des jungen Mannes, während er zu einem Federkiel griff und diesen in ein Tintenfässchen tauchte. Das Pergament vor ihm wurde mit wenigen Strichen ausgefüllt und letztendlich über den Tisch gen Elana und Rin geschoben.

»Unterschreiben.«

Eine auffordernde Geste des Statthalters, während erst Elana, dann Rin den Federkiel an sich nahmen, um die Unterschrift unter das Dokument zu setzen. Es war eine gewisse Erleichterung, die in diesem Moment durch ihren Körper wanderte, als sie diesen neuen Namen dort auf dem offiziellen Pergament lesen konnte. Mit einem zufriedenem Nicken nahm der junge Mann das Pergament wieder an sich, setzte seine Unterschrift drunter und drückte das Wachssiegel der Stadt Sinael auf jenes.

»So... diesmal in richtig... ihr dürft offiziell den Familiennamen Erlenhain führen und seid die Tochter von Elana Erlenhain.«

Das war der Moment, wo Rin glaubte ein einigermaßen ehrliches Lächeln zustande zu bringen, zumindest fühlte sie nichts als Zufriedenheit und Erleichterung in diesem Moment. Es war ein weiterer Schritt für ihr neues Leben. Es gab Aireen Schwarzsteyn nicht mehr, sie war tot. Die Person, die sich hier im Verwaltungszimmer der Stadt Sinael befand und von so vielen "Rin" gerufen wurden, war nun offiziell Arina Erlenhain. Die Adoptivtochter von Elana, die Schwester von Naemi. Nun müsste sie sich nur noch auf den Weg zurück nach Gerimor machen, dort gesund und munter ankommen und dann, wäre alles perfekt.


Zuletzt bearbeitet von Arina Erlenhain am 05 Feb 2018 20:03, insgesamt 3-mal bearbeitet
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