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Noemi Piratentochter
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Noemi Dumont





 Beitrag Verfasst am: 21 Jan 2017 22:09    Titel: Noemi Piratentochter
Antworten mit Zitat

Wenn du die Augen schließt, verdunkelt sich der Himmel..“, ihre Stimme hatte sie lange im Sinn. Ihren Duft vergaß sie als Erstes, danach wie sie war: Wie sie sich bewegte. Das Lächeln blieb ihr, blitzend weiß in einem dunklen Gesicht. Sie wurde geboren als einer der Ersten auf der Isla Cabeza. - Herzlichen Glückwunsch – Einige bekamen in der Zeit Nachwuchs, ein paar Seemänner nutzten die erfolgreiche Übernahme um sich zu vergnügen. Cabezianerin, etwas was die Tochter eines Piraten früh in die Wiege gelegt wurde und ewig begleiten würde.

Sie war vier. Kaum einen Tag älter. Da ging die schöne Stimme und das weiße Lächeln fort. Ihr Vater war hellhäutig, hellhaarig, blaue Augen. Ihre Mutter das Gegenteil, dunkle Haut, schwarzes Haar, schwarze Augen. Sie war ein Mischling, wie ein Köter auf der Straße. Und irgendwann wohl nicht mehr wert als eben diese. Weshalb ihre Mutter starb? Sie bekam einen zweiten Bastard, bräunliche Haut, helle Augen, helles Haar – Glückwünsch zum zweiten Cabezianer-. Wenn sie gewusst hätte wohin das alles führt, ob sie ihren Kindern das Leben geschenkt hätte? Noemi überlegte sich das häufig in ihrer Jugend. Sie tendierte eher zu Nein. Denn sie entschied sich niemals in ihrem Leben Kinder zu bekommen. Keiner sollte als Cabezianer geboren werden. Es war anders, wenn man von woanders her kam. Man hatte Wurzeln, konnte zurück. Aber wenn die Wurzeln hier begannen.. - Glückwunsch, wie erwähnt -.

So wuchs das schwarzhaarige Mädchen in den entstehenden Gassen Cabezas auf. Die Häuser wurden Jahr für Jahr höher, weil auf die Enge der Bucht nur wenig Platz war. Sie lernte mit ihresgleichen umzugehen. Zudem lernte sie früh, wo es etwas zu holen gab. Ihr Vater war mit zwei Kindern und ohne Frau überfordert, zudem konnte er nicht mehr auf See fahren und war deshalb extrem mies gelaunt. Er war Pirat, kein Kindersitter. An Tagen wo eine Dame auf Noemi wartete, mit ihrem Bruder in den Armen, wusste sie wo Vater war – und das es nichts warmes mehr zu essen gab die nächste Woche. Minfay verlangte viel. Sie trug Jahrelang die gleichen Kleider, bis sie schon halb an ihrem Leib zerfielen. - Oh armes Mädchen -. Ihr war es Recht, sie konnte viel mehr von Händlern, die sich wegen Wildkraut und Rum auf die Isla verirrten erbetteln, wenn sie auch arm aussah. Früh genug begriff sie jedoch, dass ihr Vater das erbettelte und gestohlene nicht für sie oder ihren Bruder ausgab, sondern für sich. Somit versteckte sie die Münzlein. Aber natürlich nicht alles, damit es ja ihr Vater nicht bemerkte.
Kind, komm' her.“ Sie hörte, ungern wollte sie sich eine kassieren. So zog sie sich auf den Hocker und sah zu dem hellbärtigen Mann, den sie ihren Vater nannte. „Hab' da ein Angebot für dich. Bei Roma am Hafen.“ Er drehte sich gerade einen Stängel zusammen. „Zwei Kronen, ist also ordentlich. Da musst ein wenig Deck schruppen und sowas..“ Sie engte die Augen zusammen. Zwei Kronen war viel, da war bestimmt ein Haken dran. „Morgen früh stehst du da auf der Matte, sonst gibt’s Ohrensausen, klar?“ Er steckte sich den Stängel in den Mundwinkel. „Klar.“, kam es knapp von Noemi. Sie hatte keine Lust auf Schmerzen, keine Lust auf lautes Geschrei und einen weinenden Bruder. Schnell verkroch sie sich in ihre Nische, für zwei Kronen – Für sie wohlgemerkt – musste das morgen ein anstrengender Tag werden.

Früher als jeder der versoffenen Landratten stand sie beim Schiff. Der erste Maat kraulte sich gerade seinen zerzausten Morgenbart und schickte mit einem Poklapps die zwei Mädchen aus seiner Kabine als ihm das schwarzhaarige Mädchen auffiel. „Hey!“, gellte er zu diesem rüber. „Komm rüber, musst Noemi sein.“ Sie setzte sich trottend in Bewegung und hüpfte nach den verlassenden Damen an Bord. „Muss Deck sauber machen.“, sagte sie direkt und sah sich auf dem, relativ sauberen, Deck um. „Ne, sicher nicht.“ Der helle Blick rückte zu ihm hoch. „Du setzt mit uns nach Bajard über.“ Einen Moment überlegte sie, dann kam ein stilles Nicken. Die Schläge ihres Vaters taten weh, und sie wollte nicht ohne die Kronen nach Hause kommen. „Sorg' schon dafür, dass dir nichts passiert.“ Er grinste sie breit an und offenbarte eine verfaulte Reihe Zähne. Noemi nahm sich vor niemals solche Zähne zu haben, sie fand sie widerlich. Sie war daher auch erfolgreiche Süßigkeitenverweigerin und rieb sich täglich die Zähne mit der ekligen Paste von Mir'ha ein. Eine Wahrsagerin und Tinkturmixerin die ihr sagte, es sei Wunderwerk für gute Zähne. - Es schmeckte scheußlich und lies sie jeden Morgen würgen -. Ein Schulterrütteln ließ sie aus den Gedanken aufschrecken: „Na Bote!“, kam es von einem betrunkenen Seemann, der sich dann über die Rehling ins Hafenbecken erleichterte. „Bote?“ Der erste Maat winkte ab: „Wirst schon sehen. Wenn du den Rand hältst und machst was wir dir sagen, ist alles gut.

Sie hielt den Rand. Sie machte was sie sagten. Und so fand sie sich gegenüber einen schwarz berobten Mann wieder. Mit einem Brief in der Hand. Die kalte Hand, sie wirkte wie Tod – Noemi kannte Tote – streckte sich zu ihr aus. Dann legte sie sich auf ihren Schopf nieder. Sie wurde gefragt: „Kennst du den Klabauter?“, die Stimme wirkte wie aus einer surrealen Welt. Zitternd wie von einem Greis, aus dem unter der Kapuze gerade sichtbaren Mund eines jungen Mannes. „Non.“, sprach sie in ihrem unvermeidlichen Dialekt. „Ich wünsche dir, dass du ihn niemals sehen musst. So jung... so süß.“ Sie stierte an der Hand vorbei um unter die Kapuze zu sehen. Dann zog sich die Hand zurück und er schlug den Brief auf. Gerade als sie sich umwenden wollte, griff die Hand erneut voran. Doch nun nicht in tätschelnder Weise, er ergriff sie am Kragen und zog sie zu sich hoch. Nur mit den Zehenspitzen berührte sie den Boden: „Sag dem verdammten Pack mit dem du reist, dass ihre Reise nur gut verläuft wenn ich das wünsche. Sobald die Segel sich schwarz färben und der Sturm sich mehrt, werden die kentern.“ Er stieß das Gör von sich, als wäre er angewiedert von ihm und verschwand schneller als sie es der schmächtigen Gestalt zugestand. Nun verstand sie langsam die zwei Kronen.

Er..“ Kam aus dem Mund des ersten Maats und er sah sich um. „Du lebst?“ Sie blinzelte irritiert. „Ach du wolltest einen Tausch?“, erklang es nun von – auch damals gar nicht so dummen – Noemi. „Scht, sei still du dummes Gör.“ - eh ich revidiere jetzt nicht meine Aussage..! - Sie wich direkt zurück bei den Worten, da sie eine Ohrfeige oder mehr vermutete, doch es kam nichts. Wieder blinzelte sie irritierter Natur.
Hat er gesagt wie wir Kontakt aufnehmen könnten?
Non.
Gar nichts?"
Non.
Bist du dir sicher, kein Deut, kein..
Non, nichts.
Er seufzte aus. „Setz dich da vorne, vor Bajard ans Feuer.. und warte, wenn du ihm siehst, dann gebe ihm das hier..“ Sie nahm das Etwas an sich, es war verpackt. Sie interessierte sich nicht dafür. Na ja, nicht wirklich..

Zum Glück war es gerade soetwas wie Frühling in Gerimor. Zumindest fror sie nicht am Feuer. Sie begegnete lustigen Gestalten. Vor Bajard war es wie an einem Wildkrautfest bei der Plantage. Alle Naselang kam jemand, der einen anderen nicht leiden konnte, dann wurde sich geprügelt und dann ging man weiter. Einmal musste sie zurück weichen, da war so ein weiß Berobter, der sich mit einem dunkel Gekleideten nicht gut vertrug. Der Alleine und Temora. Das hörte sie, es gab wohl das im Märchen so groß ausgeschriebene gute und böse auf Gerimor. Sie lauschte und schnappte Phrasen auf. 'Temora zur Ehr', 'Des Alleinen Segen'. Sie musste Mir'ha unbedingt darüber ausfragen, Mir'ha war eh wie eine Mutter für sie. Dort war sie viel lieber als bei ihrem Vater und.. „He.“ - Da ist er wieder! - Sie schreckte bei der zittrigen Stimme unwillkürlich zusammen. „Gib es mir.“ Sie drehte den Oberkörper zurück und streckte die Hand zu dem bleichen aus. Er ergriff ihre Hand und zog ihr das kleine verschnürte etwas aus der Hand. „Wie liebenswürdig..“ - Oh es klang so falsch, faszinierend – Dann beugte er sich hinab und hauchte aus seinen bleichen, kalten Lippen einen Kuss auf die junge gebräunte Hand. „Gute Reise..“ und dann verschwand er wieder. Sie war wie erstarrt.. ein, zwei.. Minuten. Dann drückte sie sich auf und grinste breit vor sich her: „Das ist ein Kerl!“ - Ernsthaft?! - „Der hat ja Schneid!“, gut gelaunt kehrte sie zum Anlegeplatz zurück und berichtete dem Kapitän, samt ersten Maat, von der 'Guten Reise' und ihrer erfolgreichen Übergabe. Dann setzte das Schiff endlich Segel. Mit ein paar Schmugglerwaren und genug verkauften Wildkraut in den Taschen der Piraten, kehrten sie wieder nach Cabeza zurück.

Zwei Kronen... eine für dich.. eine für mich als deinen Vermittler.“ das breite Grinsen ihres Vaters ließ ihr allen Zweifel weg kehren: Er hatte hinter ihrer Hand viel mehr ausgemacht. Vielleicht sogar bis zu 10 Kronen. 10! Kronen! Sie würde verrückt werden bei dem Gedanken. Mit ihrer einen großen, ersten Krone in der Hand ließ sie sich in ihrer Nische sinken. Sie funkelte gar magisch. Ihre erste Krone. Na.. war ja gar nicht so schwer, oder?

Die folgenden Aufträge waren nicht mehr so aufregend. Sie sah auch nicht mehr ihren faszinierten Graugerobten. Ab und an musste sie Wildkraut verkaufen als Mittelsmann. Die Arbeit war ihr lieber als das Kisten schleppen und Deck säubern. Mit jungen 16 Jahren lernte sie dabei einen stattlichen Seemann kennen. Er war tollkühn, groß gebaut, breite Schultern.. wallendes Haar. Sie kam ins schwärmen – natürlich nur für sich heimlich, die Jungen hätten sie allesamt veralbert. Zwei Jahre zuvor schnitt einer der Jungen ihr die Haare ab und das nur, weil sie einen anderen Jungen einen Teil ihrer Beute gab. Aber der stand ja auch schmiere! Es wurde von der Bande aber als Liebesbeweis abgetan. Als Antwort auf ihr, mittlerweile wieder Brustlanges Haar, mischte sie dem Jungen Abführmittel in sein Essen. - der Klassiker! - Es war herrlich. Wie er aus dem Haus gejagt kam und sich die Buchse auf offenere Straße runter zog weil – seltsamerweise gerade in dem Moment - der Donnerbalken belegt war. Noemi musste bei den Gedanken bis heute auflachen. Nie wieder wagte es einer der Jungen ihr Haar anzupacken, was sie mit als einziges von einem Jungen unterschied.

Na bis sie eben fünfzehn wurde und es langsam in ihr seltsam begann sich zu verändern. Es war verwirrend für sie selbst und sie wollte es nicht wahrhaben. Mir'ha erklärte ihr die Veränderungen. Immer häufiger war sie bei ihr im Wahrsagerladen und lauschte ihren Weissagungen, beobachtete ihre Arbeit neugierig. Da fielen Münzen, es war unfassbar! Für eine Geschichte zahlten die Männer teilweise bis zu zwei Kronen! Mir'ha ermutigte Noemi in dem Gedanken an den schönen Seemann. Es war schließlich etwas normales. So beobachte sie ihn häufiger und gestand sich zu, dass es vielleicht gar nicht so übel war eine Frau zu werden.


Zuletzt bearbeitet von Noemi Dumont am 30 Jan 2017 21:37, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Noemi Dumont





 Beitrag Verfasst am: 24 Jan 2017 18:04    Titel:
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Das dumpfe Gelächter. Die übergebenden Geräusche. Das betrunkene Gemurmel. Sie hörte nichts davon als sie eines Tages spätnachts nach Hause kehrte. Ihre Grenze der Arbeit hatte sie erreicht, Tränen stiegen in den hellen Augen auf. Ihre Umgebung fühlte sich an wie ein Wattebausch, das Blut rauschte in ihren Ohren. Es war zu anstrengend, wie lang würde sie so leben können? In dem Zimmer was sie zu Hause nannte, saß ihr Vater und wartete. Er nahm sie in den Arm – Er nahm sie nie in den Arm – und tröstete sie. Irgendwann legte er sie wohl in ihrer Schlafnische und deckte sie zu. Nachdem es hell wurde, legte ihr Vater etwas auf den Tisch bevor er zum Hafen arbeiten ging. Sie drückte sich auf und sah auf das etwas.. ein goldener Armreif. Locker 20 Kronen wert. Die hellen Augen sahen es nur an. Sie rührte sich nicht. Bis ihr Bruder an ihr vorbei zu dem Reif stürmte und ihn nahm: „Boah No! Weisst du was uns das einbringt! Schnell bevor der Alte wieder kommt!“ Er ging schon zur Tür, verharrte aber als sie sich nicht rührte. Sie sah zu ihrem Bruder und hob ihre Schultern hoch, wischte sich das dreckige Gesicht mit dem dreckigen Ärmel ab. „Alles gut?“, er kam zu ihr aber sie wich aus als er sie umarmen wollte. In dem Moment schwor sie sich etwas: Nie wieder wollte sie dieses Gesicht sehen. Von Mitleid gefüllt, wie man einen humpelten Köter ansah. „Lass' uns das Ding verticken.“ kam es von ihr. Nun war ihr Bruder es der still stand als sie an ihm vorbei zur Tür ging. „Los, beweg deinen Hintern!“ Die Tür wurde zugeknallt.

Na..“, das schmierige Grinsen ließ sie vor Zorn beben. „Vielleicht 9..“ Sie schnaubte aus und hüllte das Armband schnell ein. „Das ein Witz Krit und das weißt du.“ - „Hey, ich mache die Preise nicht.. Gold ist momentan genug auf der Isla.“ Ein kurzes Kopfschütteln ihrerseits. „Wir gehen.“ Und mit den Worten wollte sie sich gerade umdrehen, als sich mit einem Handwink zwei Männer vor die Jugendlichen schoben. „10..“, kam es nun gönnerhaft. Noemi zögerte nicht und zog ihren Dolch als sie ihre Flinkheit ausnutzte und an den Beiden vorbei wollte. Einer griff nach ihr, sie Schnitt zu – irgendwo – und sie hörte einen Aufschrei als sich der Griff lockerte. Ihr Bruder kam durch einen Tritt aus dem Griff des Zweiten raus. Sie rannten gen Hafen, durch die engen Gassen die sie wie ihre Westentasche kannten. Machten jedoch eine scharfe Biegung nach rechts und mit einem: „drüber“, von Noemi kletterten sie Beide in Windeseile über abgeladene Kisten und landeten dahinter in einem alten Trog gefüllt mit Seilen. Die drei Verfolger fanden sie nicht. „Ich will das Armband der Göre.“, bekam sie noch mit als Krit seine Leute herum scheuchte. Beide wussten, nun liegenbleiben war Lebensnotwendig und so lagen sie still nebeneinander. Nun ja, fast.. denn ihr Bruder begann wieder: „Was ist nur heute los..“, sie schlug ihn gen Schulter so das er schnaufte. „scht.“ So lagen sie noch einen Stundenlauf herum.. ehe Noemi sich aus dem Trog hoch drückte und über die Ladung hinaus sah. „Freie Luft.“ - „No...“ Sie fuhr herum und ergriff seinen Kragen. „Kein Wort mehr..“ So war es dann auch, er sagte kein Wort mehr und sie verschwanden in den Gassen.

Das Armband wurde verkauft, jedoch nicht auf der Isla. Noemi nahm es zu ihrem nächsten Botengang nach Bajard mit und bot es dort einem Händler an. Sie bekam 18 Kronen dafür. Zwar nicht die erhofften 20 aber es war ihr gleich. Sie wollte dieses Ding eigentlich nur los werden. Von den 20 Kronen gab sie 10 ihrem Bruder den Rest.. spendete sie. Die Kronen wollte sie nicht haben, für nichts. Sie kehrte nicht mehr heim, wollte keine schweren Arbeiten mehr für ihren Vater verrichten, von denen sie dann nur einen Anteil sah. Sie war nun alt genug für Cabezianische Verhältnisse Selbstständiger zu sein. Ihr Bruder verstand auch, aber der Vater nicht. Er suchte nach seiner Investition. Bis er bei Mir'ha im Wahrsagerladen stand.


Mir'ha war eine geheimnisvolle Frau mit schwarzer Haut und Haar. Sie hatte die Haare zu Zöpfen gedreht und Knochenperlen darin eingeflochten. Ihre Sprache war gebrochen, den Dialekt kannte Noemi nicht. Viele hielten sie für die letzte Ureinwohnerin. Doch es hieß immer, es wurden alle ausgerottet. Vielleicht spielte Mir'ha nur mit diesem Gerücht um etwas mystisches aufzubauen. Noemi glaubte mit der Zeit immer mehr daran. Immerhin war sie ein Scharlatan. - Oh und wie – Und die beste Lehrerin für sie. Noemi schlief in ihrem Laden in einer Ecke. Sie hatte in ihrem alten zu Hause auch nicht mehr Platz gehabt. Als ihr Vater also in den Laden kam, saß sie in ihrer Ecke, durch einen Vorhang vom Ladenraum abgetrennt.
Hörte du bist jetzt die Mutter meiner Tochter.“
Ich haben geine Ahnung wovon Mann redn.
Hör auf mit dem Scheiß Mir'ha, ich schlag dir den Laden kurz und klein.
Oh Mann böse.. tzzz“, zog sie die Luft schwer ein. „Willsd du setzen, ich dir sagen Zukunfd.
Halt deine Fresse und sag mir wo sie ist.“
Wenn sie nichd bei dir, sie nichd wollen dord sein.“ Etwas schlug auf den Tisch. Noemi zuckte zusammen.
Sie ist meine Tochter.
aaaye..“, wieder wurde die Luft der Wahrsagerin schwer eingezogen, „aber nichd dein Packpferd.“ Da erstarrte Noemi. Sagte sie das wirklich? Die Tür ging.
Gibts ein Problem Mir'ha?
„Ohhh neiin neiiin.. Mann wollen gehen, haben nur gud unterhalten!“ Sie hörte ihren Vater nichts mehr sagen, nur wie schwere Schritte den Raum verließen. Dann begann sie mit dem zweiten Mann die alltäglichen Verkaufsgespräche. Weissagung durch Knochenwurf. Ein Klassiker. Noemi lehnte sich wieder zurück und las ihr Pergament - ja sie las, auch das brachte ihr Mir'ha bei -.

Mir'ha begann Noemi in der Kunst der Weissagung zu lehren. Ihr Vater fuhr zur See nach dem Vorfall im Laden. Als Noemi nach zwei Jahren hörte das Schiff würde bald wieder landen. Heuerte sie auf dem erstbesten Schiff an. Mir'ha stand mit ihrem Bruder am Hafen als das Schiff auslegte. Mit 18 Jahren hatte sie ihre erste lange Fahrt. Nicht nach Bajard, nicht mit dem Ziel zu schmuggeln. Die Crew wollte mehr. Sie wurden angeheuert für einen Auftrag der wie für sie geschaffen war: Schiffe kentern. Alles was die Schiffe der Fraktion beladen hatten, durften sie behalten. Welche es genau war, interessierte sie nicht. Sie war das letzte Glied in der Narhungskette der Crew. Jede eklige Arbeit wurde ihr und zwei anderen Neulingen anvertraut. Doch sie kannte sich mit ekliger und harter Arbeit aus: So entleerte sie die Eimer, entnahm die schon herum liegenden Fische für den Smutje und kletterte die Masten auf und ab um Seile auszutauschen oder Segel zu flicken. Keiner fasste sie an, nachdem sie am sechsten Tag einen der es versuchte den Dolch durch die Hand trieb. Da fand sie sich vor dem Käptn wieder, als er von dem Vorfall hörte, kassierte der geschundene Pirat direkt noch eine. „Sowas gibt es nicht auf meinem Schiff.“, war die klare Aussage und seither war sie für alle nur ein Kerl von vielen.

Wenige Monate auf See, natürlich mit Zwischenhalt um Proviant zu beschaffen, erschien das erste Schiff am Horizont welches auf die Beschreibung passte. Die Kanonen wurden beladen. Ohne lange zu zögern, griffen sie an. Mit einer vollen Breitseite schlugen sie Löcher in die feindliche Brigg. Nach einem Wendemanöver, dass eine Stunde dauerte, setzten sie an das fahruntaugliche Schiff über. Die mit Schwertern bewaffneten hatten keine Chance gegen die Pistolen. Noemi befand sich weiter hinten, ließ die Erfahrenen voran stürmen wie es der Kapitän befahl. Als sich jedoch von der Seite ein Feind näherte. Er wollte gerade zuschlagen, als sie abdrückte. Ein poltern in dem ausgebrochenen Kampf und dann ging er zu Boden. Erst zu Knie.. mit aufgerissenen Augen und dann fiel er zu ihr voran. Niemals wird sie ihn vergessen. - Ihren Ersten.

Mit ausgelassener Stimmung feierten sie an dem Abend die Übernahme. Sie ließ sich unter dem Geschmack vom wässrigen Rum ihren ersten Strich neben ihre Pistole am Rücken tätowieren. Eine Handvoll Matrosen boten ihre Dienste in der Crew an. Nun war sie nicht mehr die unterste Nahrungskette und die Fahrt ging Erfolgreich weiter.

Eineinhalb Jahre später liefen sie wieder in Cabeza ein. Sie sehnte sich irgendwie nach den stinkenden Gässchen. Als sie jedoch den ersten Fuß auf den Heimathafen tat, blickte sie ihm geradewegs entgegen: Ihrem Vater.


Zuletzt bearbeitet von Noemi Dumont am 30 Jan 2017 21:46, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Noemi Dumont





 Beitrag Verfasst am: 31 Jan 2017 19:52    Titel:
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Der Versuch ihrem Vater aus dem Weg zu gehen scheiterte – katastrophal sogar -. Sie wollte immer zur See fahren wenn er da war und hoffte er war weg, wenn sie zurück kam. Das sie so schnell in dem Plan scheitern würde war niederschmetternd. „Hörte du bist zur See gefahren.“ Sie schnaubte und ging an ihm vorüber. Er folgte ihr. „He, wie viel Heuer hast denn bekommen fürs erste Mal?“ Nun war das Schnauben schon verachtend und sie bemühte sich nicht zu reagieren. „Gör, ich red mit dir.“ Da zündete die Lunte und sie drehte sich herum. Gepfeffert war der Schlag, mittig in sein Gesicht. „Nenn' mich nie wieder Gör.“ Ihr Vater hielt sich die blutende Nase und stierte sie geschockt an. Den Moment der Verblüffung nutzte sie um rasch weg zu kommen.

Endlich wieder Cabezianischer Rum! Nicht mehr das Gesöff, mit Wasser gemischt, was sie auf See tranken. Die Streckung war nötig, damit der Rum auch wirklich für die lange Fahrt hielt. So war ihre erste Nacht deutlich zu süffig. Irgendwo in einer Gasse schlief sie ein und wachte auf. Der Schädel so groß wie ein Segel. - Aye, sie war wieder zu Hause -

Die nächste Fahrt blieb aus. Irgendwie hatte keiner Platz für eine weitere Person auf Schiff. So war sie gezwungen weiter in Cabeza zu leben, neben ihrem Vater. Sie ging wieder zu Mir'ha und lernte weiter das Weissagen, irgendwann war sie so gut, dass Mir'ha ihr sogar Sitzungen ganz überließ. Es dauerte kein Jahr, dann war sie schon als ihr fähiger Lehrling in Cabeza bekannt. Bis zu dem Tag, als sie aufsteigen sollte, es war von Anfang an ein seltsamer Tag..

Mir'ha sagte ihr, sie solle ihr einen Fisch besorgen, sie wolle aus Innereien lesen. Etwas, was Mir'ha selten tat, denn es war ihr einfach zu wider. Aber offenbar hatte ein Kunde einen speziellen Wunsch. Sie besorgte ihr den Fisch. Als nächstes bat Mir'ha sie den Abend über außer Haus zu schlafen. Das kannte Noemi, immer wenn ihre Ziehmutter Besuch hatte. So verbrachte sie den Abend bei Minfay, trank, spielte und besah sich die hübschen Frauen. Am Strand schlief sie, bis sie noch leicht benebelt erwachte und den Weg zurück zum Laden antrat.

Schon in der Gasse standen Menschen. Sie hörte Getuschel, etwas war geschehen. Als ein Körper an ihr vorbei getragen wurde, durch Jacken bedeckt, stach ihr Herz. Ohne hinzusehen wusste sie, dass es Mir'ha war. Ihre Vermutung bestätigte sich rasch als sie die Umstehenden danach befragte. Jemand hatte sie erstochen. Sie bahnte sich ihren Weg durch die Menschen, rauschen auf den Ohren wie einst.. im Laden fand sie den geholten Fisch, er war schon offen und lag auf dem Tisch, den Mir'ha für ihre Wahrsagerei verwendete. Offenbar gefiel Jemanden nicht was sie heraus las - vermutete sie -. Die Menschen wurden weg gescheucht, am Ende stand der Gouverneur im Laden. Sie wurde befragt, wer etwas gegen sie hatte, ob sie Schulden hatte, ob.. ob.. ob.. Egal wie hart Cabeza wirkte, Mord war etwas was nicht auf die Insel gehörte: Pack schlägt sich, Pack verträgt sich. Der Spruch lag immer in den Gassen. Natürlich gab es Morde.. aber sie waren alles andere als 'geduldet'. Deutlich dafür war der Galgen, an dem so mancher Cabeza-Mörder schon hing. Was außerhalb Cabezas passierte war wiederum etwas, was die Verwaltung nicht interessierte. Helfen konnte sie dieser aber hier auch nicht, sie wusste von keinen aktuellen Feinden oder Schulden. Ihr wurde der Laden überschrieben da sie Mitmieterin war. Und dann schloss sich die Tür. Der Abend war angebrochen und sie stand im Schein einer einzelnen Kerze in dem Laden, der plötzlich so leer wirkte.


Wenn sich das Meer im zarten Schein
des Mondes zierlich wellt,
Meertraudchen oft mit heiterm Sinn
steigt auf zur Oberwelt.
Und während auf den Wogen sie
das nächt'ge Meer durchzieht.
Manch Lied
der vollen Brust wie Lerchensang
und Liebesglück entflieht.

(Hellmann, 1911)

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Noemi Dumont





 Beitrag Verfasst am: 10 Feb 2017 16:55    Titel:
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Der Kopf hämmerte. Nicht vor Rum, nicht von einem Schlag: Vor hunger. Quietschend ging die Zellentür auf, ein Stück Brotrinde wurde ihr entgegen geworfen. Die Rinde war schon bläulich - mh lecker -. Sie wusste, wenn sie das nun aß, würde sie sich übergeben und dann noch mehr kostbare Nahrung verschwenden: Also ließ sie es liegen. Doch was war eigentlich geschehen? - Gute Frage -.

Drei Tage zuvor..

Sie sah ihn wieder. Natürlich tat sie das, Cabeza war nicht groß. Doch das es mit einer rauchenden Pistole endete, wusste selbst sie nicht. Ihr Vater lieferte sich erneut ein Wortgefecht mit ihr. Bedrängte sie wieder, dass sie ja seine Tochter war - vermutlich hatte er Schulden -. Doch als er sie erneut Gör nannte, ging ihr Hut hoch: Sie schenkte ihm erneut eine ein. Diesesmal schlug er aber zurück. Er zog ein Messer in der Rangelrei, schnitt ihr in den Oberschenkel. Sie zog ihre Pistole.. ein Schuss löste sich von dieser.
Sie nahm nicht reiß aus, als sie sah dass es nur sein Bein getroffen hatte. Eine eklige klaffende Wunde. Mit blutige Nase und Platzwunde am Kopf stand sie vor dem sich Windenden. Blut floss auf die dreckige Straße, er jaulte fürchterlich. Sie genoss. Sie blieb im Mondschein stehen und genoss es. Ihn so jaulen, so schmerzend zu sehen. Dann jedoch griffen Hände nach ihr. Das Ende: Die quietschende Tür einer Zelle unter dem Hafen.

Nun saß sie hier. Bisher konnte sie noch gut auf das schimmelige Brot verzichten, akzeptierte die hämmernden Kopfschmerzen. Doch wie lang würde das noch gut gehen? - nicht lang -. Die Tür ging erneut auf, doch nun kam einer von der Inselverwaltung herein. Er zog einen sauberen Schemel mit sich und ließ sich darauf nieder.

"Nora?"
"Noemi"
"Ah Noemi.. und weiter?"
"Dumont."
"Ach natürlich, wie dumm von mir.", ein breites gehässiges Lächeln. "Wie der Vater, natürlich, natürlich. Nun No-emi... wo kommt das her?"
"Von hier."
"Ach geboren hier, ah ayee ich sehe", er blätterte in seinem Pergamentstapel das auf seinen Knien lag. "Tatsache, einer der Ersten! Na sowas."
Seine unbekümmerte Art stieg ihr übel auf.
"Nun Noemi. Abschuss deiner Waffe auf einen Cabezianer, auf Cabeza.. ach unschöne Sache." Sie richtete sich etwas auf und sah ihn prüfend an.
"Lebt er noch?", war ihre kühle Frage. Sie wollte wissen ob sie wegen Mord oder nur wegen einer Prügelei hier saß.
"Na na, ich stelle die Fragen." Erneut ein gehässiges Lächeln. "Also, was war geschehen?"
Sie erzählte ihm den Ablauf, den Ablauf einer täglichen Schlägerei auf Cabeza. Sie fragte sich immer mehr, weshalb sie überhaupt hier saß. Auf die Frage, wie es zu dem Streit kam, holte sie noch weiter aus. Sie erzählte aber nur kurz von ihrer Kindheit, dass ihr Vater sie als Leiharbeiterin schon im Kindesalter arbeiten ließ während er das Gold bekam. Die Züge des Mannes konnte sie nicht deuten. Kein Mitleid. Kein Verständnis. - Zumindest dachte sie das -. So stand er auch einfach auf, nachdem sie fertig war, und klappte sein Geheft zu. "Gracias, Noemi für diese ausführliche Erklärung!" Und schon verschwand er hinter quietschenden Zellentüren.

Irgendwas schien sie richtig gemacht zu haben. In der Nacht nach dem Gespräch öffnete sich die Zelle. 10 Kronen Strafe für das Abschießen einer Waffe Mitten in Cabeza. 10 verdammte Kronen! Das war ihr letzter Schmuggel wert. Nur Zähneknirschend bezahlte sie. Immerhin schoß hier fast täglich einer seine Pistole ab. Entweder um Frauen zu imponieren oder um einzuschüchtern. Gut.. ihre Kugel traf, aber trotzdem empfand sie es als Ungerecht. Der erste Weg führte sie zur nächsten Spelunke. Doch sie bestelle kein Rum: Essen! Der Fischeintopf wurde verschlungen und da hörte sie am Nebentisch unweigerlich ein Gespräch mit an:
"Hast gehört, der alte Dumont hat sein Bein lassen müssen." - "Aye, läuft jetzt auf nem Holzbein." - "Das war seine Tochter.. daher würd ich nie Kinder haben wollen." - "Aye.. Aye.." Sie wollte aufspringen und laut los lachen. Wollte ihre Freude darüber, dass er etwas verloren hatte was ihm viel bedeutete in die Welt schreien. Doch sie schluckte nur ihren Fischeintopf hinab und stand auf um die Spelunke zu verlassen. Sie ging zum Strand.. wadete in ihrer Unterkleidung in das morgendliche Meer hinein und schloss ihre Augen. In der Zelle befürchtete sie, die See nie wieder sehen zu dürfen.

Einst hörte der Klabautermann,
wie er die Welt durchstrich,
Den sehnsuchtsvollen, süßen Sang;
Er schlich ganz leise sich
und ungesehen zu der Maid
zu lauschen ihrem Ton,
Denn schon
war er zu ihr in Leib entbrannt,
noch eh' das Lied entflohn.

(Hellmann, 1911)


Gerade als sie die Augen öffnete, erklang eine vertraute Stimme in ihrem Rücken. Sie lächelte auf. Doch diese Geschichte ist nicht so wichtig. Genauso wie ihre Kaperfahrten auf See, welche alle gut verliefen: Sie kam scheinbar immer lebend wieder. Noemi ging nach dem Vorfall mit ihrem Vater direkt an einem Schiff anheuern. Sie kehrte immer wieder zurück nach Cabeza, um wenige Zeit danach wieder abzulegen. Bis sie im Jahre 259 erneut am Hafen eintraf und ihre Geschichte erneute Seiten schreiben würde..


Zuletzt bearbeitet von Noemi Dumont am 22 Jul 2017 20:32, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Noemi Dumont





 Beitrag Verfasst am: 19 Jul 2017 15:45    Titel:
Antworten mit Zitat

„Du gehörst mir!“ Das blonde Haar des Piraten, jenen in den sie als junges Mädchen so verliebt war, flatterte im Wind. Ihre Knie stießen hart gegen das Fass. „Du gehörst mir!“, das schöne Gesicht wurde zu einer Fratze. Schmerz durchzog ihren Körper.



„Liebste...“, eine säuselnde Stimme, traurig, einsam, irre? Ihr Körper krampfte sich zusammen.
„Du gehörst mir.“ Die Stimme festigte sich, die Augen funkelten in der Dunkelheit.
„Du gehörst mir!“, dann zogen sich Krallen durch die Dunkelheit. Schmerz durchzog ihren Körper.


Sie fuhr Kerzengerade aus dem Bett hoch, die Hand zog direkt ihre Pistole neben ihren Kopfkissen mit hervor. Der Lauf in die Dunkelheit vor sich gerichtet. Ihre dunkle Haut von Schweiß bedeckt. Die Wade schmerzte, brannte. Mit raschem Atem sah sie geradewegs in die Finsternis, lauschte in die Dunkelheit hinein. Stille. Kein Schritt war zu hören. Nur das beruhigende Plätschern von Wasser. Langsam sank sie auf ihre Unterarme und versuchte ihren Atem zu beruhigen. „Verdammter Bastard.“, fluchte sie leise vor sich her. Sie hatte seit Jahren alles erfolgreich verdrängt. Verlies Cabeza und fuhr zur See. Wurde kälter und unnahbarer. Sorgsam baute sie um sich herum eine Mauer. Kaum einer überwand sie, viele schlugen nur dagegen und lugten durch einen heraus gebrochenen Stein kurz in das was sie eigentlich verbarg. Bisher gelang es nur Mateo einen Weg darüber zu finden. Deshalb lief sie an jenem Abend als Marius – oder wer auch immer er in jenem Moment wirklich war – ihr dies alles wieder antat, auch zu ihm. Sie rief seinen Namen während das Blut ihre Wade hinab ran. Als sie in seine Arme sank, fühlte sie sich sicher. Hier musste sie nicht darauf achten was sie tat. Er war immer da wenn sie ihn brauchte. Eine Freundschaft die es auf Cabeza wohl in diesem Ausmaß nicht mehr, oder nur sehr selten, gibt.

Die hellen Augen schlossen sich als der Abend noch einmal vor ihrem inneren Auge vorüber glitt. Eine schmerzhafte Gänsehaut zog sich über ihre Haut: „Du gehörst mir.“, erklang es erneut in ihren Ohren. Sie drückte sich hoch, die linke Wade erinnerte sich deutlich daran, dass sie nicht im Zustand war groß etwas zu unternehmen. Ihre Rache musste warten. Rache, dass er es wagte alte Wunden aufzureißen. Rache, dass er einen großen Stein ihrer Mauer mit seinen Krallen einriss. Auch wenn es Marius und auch sonst keinem, bis auf Mateo vielleicht, wohl klar war welche Auswirkung der Abend hinterließ. Sie würde ihre Rache bekommen und den Stein wieder errichten, noch bevor Jemand auch nur eine Ahnung davon bekommen konnte.

Nachdem sie die Treppe hinauf humpelte und die Schublade mit ihrem Wildkraut aufzog, stierte sie dieses an. „Ach verdammt..“, kam es und sie haute die Schublade wieder zu. Am Ende kam ihr doch noch Jemand so nah, dass er eventuell durch die momentan brüchige Mauer sehen konnte? Er meinte, sie müsse bei Verstand bleiben und den Schmerz überstehen, es würde sie stärker machen. - Sorgt er sich etwa um mich? -Sie gab jedenfalls ihr verdammtes Wort kein Wildkraut wegen dieser Sache mehr zu nehmen. Wieso gab sie einem Mann, den sie eigentlich kaum kannte, ein Versprechen? Sie konnte tun und lassen was sie wollte! Die Faust haute kräftig auf die Kommode. - Weil er recht hat... verdammt! - So entschied sie sich die Tür zu öffnen und zum Wasserfall zu humpeln. Momentan konnte sie sich kaum fortbewegen. Wenn sie schwamm, fühlte sie sich frei. Vergaß für einen Moment das Bein welches sie behinderte. Sie liebte eh das Schwimmen und Tauchen, doch nun war es ihre einzige Beschäftigung geworden in welcher sie sich wirklich wohl fühlte. Unter Wasser schweiften ihre Gedanken endlich ab...


Zuletzt bearbeitet von Noemi Dumont am 19 Jul 2017 15:46, insgesamt einmal bearbeitet
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Hagen Bautista





 Beitrag Verfasst am: 22 Jul 2017 18:34    Titel:
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"Wenn der Teufel nicht selbst kommt, schickt er ein Weib."
N. Nolte


Er hebt die Schnapsflasche und zuckt zusammen. Verdammt. Er hat wieder vergessen, dass jede noch so hastige Handbewegungen Schmerzen in der Bauchgegend hinterlässt. Seine glasigen Augen blicken an sich herab auf den nackten Oberkörper. Er flucht leise, als er den roten Fleck auf der Bandage sieht.

Sie hat also geschossen. Was hatte er sich zuschulde kommen lassen? Die kleinen Kratzer, die er ihr verursacht hat waren doch nichts gegen den Bauchschuss. Außerdem: Ein kleines bisschen Haue hat Frauen nie geschadet, fand er. Er war zwar kein nachtragender Mensch, aber die Alte hätte ihn umbringen können.

Sein Blick wandert durch das Etablissement. Hier auf Cabeza wussten sie tatsächlich, wie man feiert. Die Seemänner schienen Beute gemacht zu haben und tranken, während die Frauen des Freudenhauses wie Fliegen um den Männerpulk kreisten wie die Fliegen um Scheiße.

Seine Hand wandert über den Tisch vor sich. Neben aufgereihten Steckbriefen, einem Beutel Wildkraut und unzähligen Rumgläsern greift er eine Postkarte mit dem gezeichneten Motiv einer Insel. Sie ist klein und nur eine Palme ist darauf abgebildet. Irgendwie fasziniert sie ihn. Die Tinte ist bereits verblichen und er fragt sich schon den ganzen Abend, woher sie stammen könnte. Vielleicht von einem armen Matrosen, dessen Kind ihn sehnsüchtig erwartete.

Auf jemanden warten. Armes Mädchen. Warten, den Blick auf den Sonnenstand richten. Sich selbst beschäftigen. Er hasst es und blickt auf das Hautbild auf seinem Unterarm. Sie hat es gestochen. Dummes Mädchen. Sie versteht nichts.

Sein Bruder Lu kommt und beugt sich über ihn. Er hat eine Wildkraut-Zigarette in der Hand. Er wendet sie, so dass die brennende Seite in seinen Mund zeigt, nur zusammengehalten mit den Zähnen. Die Hände umschließen sie und er atmet ein, um ihm aus kürzester Nähe den Rauch zuzublasen. Kopfschuss, so nennt man das hier. Er macht freiwillig mit. Es tut gut gegen den verdammten Schmerz. Luano wird wieder von den Huren weggezogen. Wieso auch nicht. Er ist der jüngste Bruder und sieht verdammt gut aus, auch wenn er dumm wie ein Ballen Stroh ist. Wer kann es den Huren verdenken. Man tauscht Ware gegen Dienstleistungen aus.

Er blickt an einen Tisch weiter. Sein Bruder Dan gestikuliert, während er sich benommen zurücklehnt. Er erzählt sicher von seinen Heldentaten. Wem er aufs Maul gehauen hat, wem er die Beine gebrochen und wer vor ihm das Weite gesucht hat. Ja, er ist zweifellos der Beste. Niemand macht ihm was vor. Er lächelt zufrieden, als eine der Huren sich auf seinen Schoß setzt.

Aroght. Was ein seltsamer Name. Vielleicht heissen sie hier im Süden so. Ihn umbringen? Ja. Nein. Lieber nicht. Sicher ein armer Kauz. Sie hat ihm sicher nur etwas vorgemacht. So wie ihm selbst. Gegeneinander ausspielen. Den Preis künstlich hoch halten. Auf teuer machen. So sind sie.

Ja, er hätte es bei der ersten Begegnung besser wissen müssen. Sie ist gefährlich. Nicht wie die anderen Frauen; bei besten Freundinnen, die er ohne Mühe gegeneinander ausspielen kann. Sie spielt das gleiche Spiel wie er. Nein, fernhalten. Das gibt nur Probleme.

Schöne Dinge vergehen schnell. Zeit ist relativ. Wenn man sich auf einen kochenden Ofen setzt, kommen einem Sekunden vor wie Jahre. Aber redest du mit einem schönen Mädchen, vergehen Stunden, als wären es nur wenige Sekunden. Ja, Zeit ist relativ. Weiter.

“Dan, Lu, wir gehen.” Seine Hand senkt sich unter den Tisch und er tastet nach dem Kinn, um ihren Kopf hochzuschieben.

Sie schaut verwirrt, als er ihr eine dicke Goldmünze in die Hand drückt. Eine Expertin, denkt er, als er sich erhebt.


Zuletzt bearbeitet von Hagen Bautista am 22 Jul 2017 18:44, insgesamt einmal bearbeitet
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Noemi Dumont





 Beitrag Verfasst am: 31 Dez 2021 18:01    Titel:
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Der Raum stank miefig nach ungewaschenen Männern und Rum. Ein Geruch an den sie sich zwar Jahre zuvor schon gewöhnte, aber ihn noch immer wahrnehmen konnte. „Du sollst ihnen verschissen noch eins einfach sagen was sie hören wollen.“ Noemi spielte mit einem Dolch herum, bohrte Astlöcher aus den Dielen, auf denen sie sich niederließ. „So funktioniert das aber nicht.“ Die Stiefel klackerten über den Boden und ihr wurde der Dolch weggerissen. „Ist mir scheißegal. Ich nehme dich mit nach Gerimor. Dafür sagst du den Männern, sie würden ihre große Liebe, Reichtum und all das andere finden und stichst Hautbilder. Das war der Deal.“ Sie zog die Brauen zusammen. „Ich kann dich auch zurückschaffen.“ – „Hey!“ Sie rückte mit dem Kopf hoch und sah den ersten Maat wütend an. „Das will ich nicht Noemi. Aber ich ging eh schon ein Risiko ein, Viente seine Wahrsagerin zu rauben. Also halte dich einfach daran.“ Ein Schnaufen folgte und sie drückte sich hoch. „Und wenn die dann auf Gerimor rumerzählen, ich würde Lügen?“ – „Ach bitte, viele der Mannen nehmen wir wieder mit, die anderen versaufen sich den Kopf am Hafen und haben die Vorhersage eh bei dem ersten Rock vergessen.“ Das war ein valides Argument. Sie betrachtete den Maat, mit den roten bauschigen Bart, noch einen Moment. Dann nickte sie. „Ist gut, ich sag ihnen was sie hören wollen.“ Da stieß ihr Gegenüber ein zufriedenes Seufzen aus. „Fang beim Smutje an, den hast du ganz schön verschreckt.“ Noemi verließ die Kajüte zähneknirschend.

Nachdem sie von Cabeza auf das nächstbeste Schiff floh, hatte sie sich ihr Leben wohl kaum so vorgestellt. Zuerst war es gar nicht so schlecht, doch ihr Leben nahm – wie so häufig – die beschissenste Route. Sie segelten nicht wie viele andere nach Gerimor, es trieb sie in den Norden. Und dort brachte ihr wiedergefundener Bruder sie in ihre auserkorene Hölle. Die Hand fuhr empor und sie rieb sich über ihre rechte Schulter. Dort prangte es nun ihr Leben lang. Ein eingebranntes ‚V‘, V wie Viente. Der Mann, der sie Jahrelang als sein Eigentum ansah. Dem ihr Bruder, durch Glücksspiel, horrende Summen schuldete. Bis der Bruder ihn Noemi vorstellte. Dann war der Deal, den er einging, ein vermeintlich guter. Zwei Jahre sollte sie Viente dienen. Zwei Jahre Hautbilder stechen und Karten legen in seiner Spielspelunke am Hafen. Wo sie schon in dieser Zeit eine Gefangene war, wurde sie es nach Ablauf dieser Zeit auch sichtbar. Wenn sie gehen würde, würde ihr Bruder sterben. Schlichte Worte, die lange ihr übriges taten. Sie hatte nicht mehr viel auf dieser Welt. Ihr Bruder war alles was ihr blieb. Irgendwann gab sie sich mit dem Leben zufrieden, eigentlich hatte sie alles. Eine Unterkunft, Verpflegung, teuerste Kleider und Schmuck. Was will man mehr? – Freiheit -, keimte es in der Cabezianerin immer wieder auf. Und mit jedem Schlag, den er ihr versetzte, weil sie als Südländerin doch nicht so spurtete wie er es wollte, keimte die Saat weiter. Ihr Bruder merkte dies, sah die immer leerer werdenden Augen, die mit Sehnsucht auf das Meer stierten und dann? Dann war er plötzlich weg. Die Sorgen und Ängste schlugen in Wut und Hass über. Alles gab sie für ihn auf und dann verschwand er wieder. Wie früher auf Cabeza. Einfach weg. Damit hielt sie nichts mehr bei Viente. Doch wie entkommen? Wie fliehen vor einem Mann, der auf jedem Schiff seine Leute anheuerte? Es musste ein fremdes Schiff sein und da kam das Freibeuterschiff aus Rahal. Eine Stadt, deren Name ihr eine Spur Heimat versprach. Auch wenn sie nie groß in Rahal war, als sie auf Cabeza lebte. Doch sie war ihr keine völlige Unbekannte. Ihre Überredung, gepaart mit etwas Mitleid, fruchtete beim jungen Maat. Als er dann noch hörte, sie käme von Cabeza, überzeugte er auch den Kapitän. Und so fand sie sich nachts plötzlich in einem Fass ein, dass gen Hafen geschafft wurde. Erst als die Wellen an das Schiff sprangen, wurde sie aus ihrem Fass befreit. Ihr Herz platzte: Meer. Freiheit. Die Luft allein war eine Wohltat. Der Blick in die Ferne versprach endlich Besserung.


"Meertraudchen, schönste Meeresmaid",
Hub er zu singen an,
"Du Lichtgestalt, so zart und fein,
Du hast mir's angetan.
Denn deine Stimme süßer Klang
Drang tief in mein Gemüt,
Dein Lied
Nahm mich gefangen, dass es mich
zu dir sehnsüchtig zieht.

(Hellmann, 1911)


Als sie den Hafen Rahals ansteuerten, war sie die erste am Deck. Sie stierte der Landmasse förmlich entgegen. Der erste Schritt auf ihrer neuen, alten, Heimat war fest und selbstsicher. Die Vergangenheit war nun nur noch ein Schatten. Selbst wenn Viente jemals von ihr, hier hörte. Wenn er Mannen schicken würde, wie er es immer versprach. Sie würde sie töten. Sie würde wieder kämpfen. Lieber dabei sterben, als erneut als Kaninchen im Stall zu enden. Der Hafen wirkte überfüllt, die Häuser, selbst die kleinsten besetzt. Zumindest in der Herberger hatte sie Glück. Mit ihrem letzten Hab und Gut, fühlte sie sich hier nun plötzlich doch wie eine Königin. Egal was nun hier passieren würde, sie würde es bestehen, auch wenn sie ihre Bambushütte und die Strände Cabezas weiterhin schmerzlich vermisste.


Zuletzt bearbeitet von Noemi Dumont am 31 Dez 2021 18:04, insgesamt einmal bearbeitet
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