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Das Grundlegende der Kunst…
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Das Grundlegende der Kunst…
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 16 März 2017 22:41    Titel:
Antworten mit Zitat

... ist die Konsequenz weiterzumachen.

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Die Zeit verstrich ohne dass ihr ein passender Vergleich dafür in den Sinn gekommen wäre. In all den letzten Wochen und Monaten hatte es bedeutende Eckdaten gegeben, welche die Zeitspanne aufzuteilen versuchten, begreiflicher machten. Aber an sich fühlte sich dieses Jahr wie eine große Dunstwolke an, die ständig weiter zog, mit neuen Aufgaben und Zielen. Die langgeplante Hochzeit der Lenjars war abgeschlossen, eine liebreizende kleine Tochter war dem Paar geschenkt worden, zwei weitere in Johannas Leben präsente Menschen kamen mit einem Vermählungswunsch zu ihr. Und auch die Hochzeit von Lady Helisande und Sir Thelor stand direkt vor der Haustür. Wieder ein großer Meilenstein, dem im Reich ein großes Aufatmen folgen würde. Daneben standen noch immer die fahlen Schatten vergangener Scheidungen und die grauen Wolken der Trauerzeit für andere Verbliebene.
Und natürlich die Klosterwache. Noch im letzten Jahr hatten die verbliebenen Geweihten mit Wehmut darüber gesprochen, ob sie das Projekt der Klosterwache einstellen sollten und sich dafür Bedenkzeit genommen. Doch war dies nun in Wohlgefallen aufgegangen. Treue, gut ausgebildete aber auch ganz bescheidene, humorvolle Charaktere stehen nun in den Farben des Klosters den Geweihten zur Seite. Johanna hatte sich redliche Mühe gegeben auch Angebote der Beschäftigung zu stellen und ihre Vorstellungen davon waren durch den Einsatz jedes einzelnen übertroffen worden. Beispielhaft hatten sie Johanna bei ihrer von Temora erteilten Aufgabe zur Seite gestanden und ihre Reihen auch für Johannas Bekannte und Freunde geöffnet. Das war ein gutes Zeichen, die gereichte, einbindende Hand bei gefestigtem Stand. Auch wenn sie sich hier noch einmal ein paar Positionen klären sah.
Vieles war aber auch nicht leicht gewesen und ihr doch mehr zugesetzt, als sie es wahr haben wollte. Es äußert sich teilweise in einer missgestimmten Launenhaftigkeit, die ihr Nachbar eher milde erfreut als „normale Menschlichkeit“ bezeichnet hatte. Sie war enttäuscht gewesen ob vieler sich summierender Dinge großen und kleinen Ausmaßes. Sei es ein nachts ausartender Streit mit einer Freundin, den die Freundschaft der Herrin sei dank überstanden hat, schriftliche absurde Anschuldigungen, die Pflichterfüllung wirklich undankbarer Aufgaben, nicht eingehaltene Termine, Beschwichtigungen, angelogen worden war sie auch. Aber das gehörte dazu und ging vorbei. So musste sie nur besten Gewissens versuchen im Sinne der Tugenden und in einigen Angelegenheiten im Namen der Kirche richtig zu reagieren. Das machte es nicht einfacher, aber einfach war der Weg nie gewesen, den sie sich gewählt hat. Es war nicht einfach die undankbaren Aufgaben zu übernehmen, die unangenehmen Sachen zu formulieren, Entscheidungen zu treffen und konsequent für sie einzustehen, selbst wenn man es für eine Institution tat. Es sorgte weder für das Gefühl der Erhabenheit, noch für Freude oder Schadenfreude. Im Kloster konnte vor allem Aurea das nachvollziehen.
Neben all dem ging beinahe unter, dass sie vor etwa fünf Wochen unter vielen Glückwünschen ihre dritte Weihe erhalten hatte. Die Aufgaben hatten sich nicht geändert, aber ihre Möglichkeiten, aus denen sie tiefen Glaubens schöpfte. Umso mehr griffen nun die Tugenden des Kodex der Ritterlichkeit.

Das alles war es wert.


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Alsamar


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Bleistiftzeichnung / Mehr auf ihrem Charakterprofil)
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 04 Apr 2017 15:08    Titel:
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... ist der Zusammenhang.

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Die kleine Katze war eine Herumstreunerin. Schon seit Johanna mit Alvrina in den ursprünglichen Umrissen des Hauses gewohnt hatte war die Katzendame häufig zu Besuch gekommen, zeigte sich aber dennoch etwas scheu und skeptisch. Oft lag sie zu den Füßen der kleinen Veranda oder versuchte sich in den Keller zu schleichen. Im Winter verbrachte sie viel Zeit in und bei der Taverne und ab und an glaubte Johanna sie auch zwischen den Gemäuern des Klosters entdeckt zu haben. Während des Umbaus des Heimes war das Tier lange fort geblieben. Aber der Frühling war wohl die rechte Zeit es sich wieder im Haus bequem zu machen. Wieder. Die Rothaarige ging irgendwie davon aus, dass die Vorbesitzer bereits das Tier an diesen Ort gewöhnt hatten. Die Katze schien so etwas wie ein Erbe zu sein. Sie ließ sich nicht oft streicheln, aber es sich immer öfter gefallen. Mittlerer Weile schlief sie sogar an Johannas Fußende, wo die Decke schön warm, weich und muckelig war. Johanna hatte schon öfter Scherze darüber gemacht sich Katzen anzuschaffen um die Einsamkeit aus den Räumen zu bannen. Das war noch bevor sie das freie Zimmer an einen mittellosen Schreiberling vermietet hatte. Sie merkte durchaus, dass sie einen Untermieter hatte. Nicht, weil er störte, laut war oder Chaos verursachte. Nein, er half sogar ein wenig im Haushalt aus. Eine enorme Erleichterung in Anbetracht der Pflichten, der auch mit dem Kloster einhergingen. Auch das pflegte sich nicht von allein. Es gab durchaus Momente, in denen die Priesterin die Zofen und Mägde vermisste, die einen Teil dieser alltäglichen Arbeiten übernommen hatten. Meistens waren es Töchter oder Witwen aus den umliegenden Dörfern gewesen, sogar solche, die einfach nie geehelicht hatten. Einige blieben bis zu ihrer Hochzeit, andere viele Jahre, bis sie nicht mehr fortzudenken waren. Es wäre hochmütig gewesen zu glauben, dieses Leben würde sich in Schwingenstein so fortsetzen lassen. Putzen, Tragen, Reinigen, Verräumen, im Beet kratzen, Töpfe spülen. Sie ließ sich in alles einbinden und wusste sich dennoch zu behaupten, wenn es um Grenzen ging. Gebete, Lernen, Hausbesuche, Messen, Weihen, Seelsorge, eigene Studien, hier und dort ein wenig privates Leben mussten sich unterbringen lassen. Aber dafür waren sie ja auch eine Gemeinschaft. Da gerade der neue Novize und der zurückgekehrte Akoluth eben noch nicht in die hohen Pflichten eingebunden waren, würden sie vermutlich mehr eingespannt werden. Vor allem im Garten. Das Kloster kennen lernen nannte es sich. Die nächsten Wochen würden es wohl allgemein zulassen, dass man sich besser kennen und einzuschätzen lernte. Und das war auch wichtig, gerade in den anstehenden Zeiten. Wendel hatte oft zu seiner Frau gesagt, dass Politik ein böses Geschäft sei, in dem es um Macht und Recht ginge. Vor allem um Recht zu haben und gefühlte Gerechtigkeit, seinen Stand zu wahren oder zu erhöhen. Er beschrieb dies nicht einseitig und nicht durchzogen negativ. Begründen konnte ihr der Ritter des Königs durchaus die eine oder andere Handlungsweise, sogar mit den Tugenden. Aber auch hier galt eben das rechte Maß. Jetzt war ihr Mann schon bald drei Jahre Tod und offenbar hatte sich daran nichts geändert. An der Politik. Als die Klosterwache das besudelte Banner und die Siegelring tragende Hand vor dem Kloster fand, hatten die Anfeindungen zwischen den weltlichen Fraktionen – aus welcher Richtung auch immer sie zu kommen schienen – auch die Kirche angegriffen und involviert. Zumindest sehr eindeutig das Kloster. Es schockierte die Priesterin schwer, dass einer der treuen Wächter vom Südturm verletzt wurde. Offenbar nicht in Tötungsabsicht, aber doch angegriffen und verwundet. Und irgendwo gab es einen Seele, der eine Hand abgeschlagen wurde. Nun arbeiteten Regiment und Klosterwache zusammen und Johanna konnte die Gedanken um dies alles nicht einfach abwerfen. Diese ganze Vorgehensweise erschien ihr als Laie so absurd. Beinahe schon, als wären drei Parteien im Bunde, von denen eine aus welchem Grund auch immer einen Konflikt zwischen zwei weiteren hervorrufen wollte. Denn wer sollte schon so vorgehen… oder etwa doch? Das Ganze konnte einfach nicht spurenlos vorbei ziehen....

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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 15 Mai 2017 21:35    Titel:
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Es tat gut, an diesem Abend dem Alkohol zu frönen. Es geschah selten, es geschah nur in Gesellschaft und kannte seine Grenzen, aber diese Nacht war ihr einmal ein leichter Rausch erleichternder als ein Gebet. Sie hatte Temora bereits erzählt, was ihr durch den Sinn ging, welche Gedanken, Sorgen und auch Selbstvorwürfe sie plagten. Johanna glaubte es verstanden und erkannt zu haben und wurde deshalb nicht in Verwirrungen geworfen. Und so konnte sie auf und ab zitieren, warum sie am Tag des Ritterschlages Beklemmungen verspürte. Nichts desto trotz hatte sie ihren Teil der großen Aufgabe erfüllt und ihren Beitrag geleistet, damit die Zeremonie einen runden, angenehmen Ablauf bekäme. Die Gratulation im Konsens des 'Wirs' zu sprechen gehörte dazu. Wir, die Kirche, wir, die Geweihtenschaft. Ein Dank für den Abend kam nur von der Ritterin, die ihren Knappen durch die Ausbildung gebracht hat, und von seiner Exzellenz von Eulenburg. Vermutlich hatte die Ritterin in den letzten Jahren graue Haare bekommen, die sie geschickt in ihrem Zopf zu verstecken wusste. Johanna war nicht überzeugt und sie hatte eine lange Geschichte von Situationen, auf die sie zurückblicken konnte. Aber das Herrschaftswissen, welche Rolle der Knappe nun als Sir erfüllen würde, wie seine Entwicklung ihren Lauf nehmen könnte, hatte sie nicht und mit Prognosen war sie vorsichtig. Ihre Bewertung war nicht unvoreingenommen. Sie hatte ein Vorbild vor Augen, mit dem sich einfach jeder messen musste. Und wer konnte schon mit dem Bild eines Verstorbenen konkurrieren? Und jetzt war der Ritterschlag für einen treuen Soldaten des Reiches, treu zur Krone, ein wichtiges Zeichen. Was das betraf, gab es nicht den geringsten Zweifel. Über andere Dinge womöglich.
Vielleicht lag es am aufgerufenen Kriegszustand, an der Wahl des Tages, aber das Fest war nur karg besucht und in der Messe fehlten viele Gesichter, vor allem die der Nachbarvölker. Johanna selbst war noch einen Moment länger in der Kirche geblieben um die Herauseilenden zu verabschieden, hatte sich aus Anstand noch für ein paar Minuten an den Tisch gesetzt und dann im Anschluss den Versuch der Aufheiterung gewagt. Es war natürlich ein geringes Risiko Weinflaschen unter der Robe verschwinden zu lassen, wenn das Mitnehmen der reichlichen Speisen und Getränke für eine Stärkung unterwegs erlaubt wurde. Doch Lyx gab ihr Rückendeckung und flötete grüßend jeden Namen, der sich der Essensauslage annäherte. Noch ein paar Käsewürfel in die Tasche und die Gruppe aus Schwingenstein war bereit für den Aufbruch. Und wenn sie ehrlich waren gebot es sich auch nicht wesentlich später aufzubrechen. Die Nacht war mit den lungernden Soldaten der goldenen Faust nicht die sicherste Zeit zu reisen. Für niemanden. Eine unglückliche Zeit war das, gezeichnet von Entbehrungen, Einschränkungen und einer unsicheren Zukunft. Umso erstaunlicher, dass Johanna während all dessen etwas Neues auf sich zukommen sah. Aufwühlender, berührender als eine Weinflasche im Ärmel.


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Abendlicht


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Aquarell / Mehr auf ihrem Charakterprofil)
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 26 Jul 2017 15:41    Titel:
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"Wenn Ihr es zulassen möchtet, dann nehmt meine Hand."


Die tiefe, finstere Nacht war über sie eingebrochen. Die Regenwolken, die bereits den ganzen Abend schon dünne Bindfäden herabließen, hatten sich zu dieser späten Stunde noch immer nicht aufgelöst. Keine Sterne erhellten das Dorf, das in Trübnis und Grau getaucht wurde.
Auch Lucien blieb nichts anderes übrig als der Priesterin im Duster hinterher in ihr privates Wohnhaus am Fuße des Klosters zu stolpern. Die Tür zu Lyx gemieteten Zimmer im Untergeschoss wurde von Johannas ausgestreckten Hand aufgestoßen und erst im Raum ließ sie zu, dass der Heiler sie überholen konnte. Laut krachte es, als sie ungeahnt der dafür nötigen Kraft die schwere Eichenholzbank aus dem Weg geräumt hatte um Platz für Lucien und sich zu schaffen. Nur eine einfache kleine Kerze stand einsam auf dem Schreibtisch, gezeichnet von den Nasen herunterlaufenden Wachses, der sich auch auf seinem Siegelstempel wiederfinden lassen würde.

"Bete für mich..."
"Bitte... hol einen Heiler..."


Johanna erinnerte sich nicht mehr, ob sie etwas sagte und was diese Worte ausdrücken sollten. Womöglich hatte sie Lucien angetrieben und gefragt was hier passiert. Sie wusste nur noch wie sie unter aufkommenden Tränen den leblosen Körper auf die Seite rollte und mit der zunächst letzt geglaubt Kraft in dieser Position festhielt. Derweil hatte Lucien in vollkommener Kontrolle einen Spiegel hervorgeholt und vor Lyx blutige Lippen gehalten. Während sie noch einen schwachen Atem auszumachen vermochten verbrachten beide den am Boden Liegenden in eine halbwegs aufrechte Position und lehnten seinen Rücken gegen das Bettgestell. Wieder erschütterte ein Husten den Körper des Schreiberlings und ein Schwall Blut ergoss sich in feinen Spritzern auf Luciens und Johannas Gewandung, so wie breitflächig auf dem breits besudelten Boden. Durch den Schleier ihrer hilflosen Tränen hindurch drückte sie ihre Hände gegen Lyx Schultern und stämmte sich mit ihrem Gewicht dagegen, da ihr nichts anderes blieb um ihn in jener Position zu halten.
Immer wieder sprach sie zu Temora und erbat ihre Kraft. Sie betete darum, Lyx ihre zu geben, wenn seine nicht mehr ausreichte. Doch er reagierte nicht mehr. Das eingeflösste Gegenmittel rann vermengt mit Speichel rosa verfärbt aus seinem Mundwinkel. Seine letzte Regung war ein groteskes Lächeln, als er das letzte Mal Temoras Licht in der irdenen Welt erblickte. Dann war es still und die Welt hörte auf zu rumoren.

Langsam ließ sie seinen Oberkörper zur Seite fallen und fing ihn in ihren Armen auf, gestützt auf ihrem Schoße. Ohne ein Wort hervorzubringen ließ sie die salzigen Tränen aus ihren Wimpern frei und strich nur eine ganze Weile seine roten Haare sanft zurück. Sie tat es auf eine Weise, wie man jemanden trösten und versichern würde, dass alles wieder gut wird.

Nur seine letzten Worte an sie standen noch im Raum. So unerwartet wie der Ausbruch seines letzten Kampfes.

"Ich liebe dich, Johanna..."



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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 02 Aug 2017 16:36    Titel:
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Trockene Tränen
Der ritterliche Mensch nimmt auch schreckliches Schicksal an und versagt nicht im Angesicht der Not.


Mit ihrem Freund und Nachbarn hatte sie in dieser unheilvollen Nacht den geschützten Rahmen gehabt Schock und Trauer freien Lauf zu lassen. Aber es mochten nur Momente gewesen sein, kaum wert sie auf einem Ziffernblatt anzuzeigen und ihnen eine Zahl zukommen zu lassen. Luciens Pragnatismus ließ auch wieder ihren zurückkehren und so gab sie die entsprechenden Anweisungen weiter. Die Nacht war kaum an Schlaf zu denken gewesen, doch die Zeit, dass man sich um ihre Trauer kümmern würde – so wusste sie – wäre mit dem ersten Morgengrauen vorbei. Eine Dienerin der Herrin zu sein war mehr als ein Beruf, eine Arbeit: Es war ihr Leben. Und der Grund, warum sie bei Lyx gezögert hatte und seine Gefühle nicht so hatte erwidern können. Johanna wusste, sie war als Person noch vorhanden, aber dieser Mensch hatte jetzt wieder zurückzustehen.
Für eine Weile war sie unschlüssig, ob die Todesnacht selbst oder das Gespräch mit der Familie am Folgetag ihr mehr zu Herzen ging. Als die Familien der gefallenen Soldaten ins Kloster kamen und sich mit ihr unterhalten hatten, waren es vorwiegend Fremde gewesen, die bereits mit der Kunde durch die Pforten schritten. Die Landerwals aber ahnten noch nichts und würden von ihr in ein Loch gestürzt werden. Ja, davor hatte sie Angst gehabt. Dass sie vor ihren Augen stürzen würden, sie die falschen Worte wählte und die Wunde noch tiefer zog. Und ja, sie hatte sich auch vor den Vorwürfen gefürchtet, dass Temora und sie ihn nicht gerettet hätten. Nichts davon kam so wie erwartet, aber das innere Elend blieb beim Anbetracht der Verzweiflung, des Kummers und der Hilflosigkeit, welchen die jungen Menschen ausgesetzt waren. Während die einen sich hielten, musste der andere aus dem Kloster eilen. Und sie verstand ihn, wenn er auch nicht für immer davor weglaufen konnte. Sie musste diese Weisheit nicht bei einem Priester in ihrer Ausbildung erlernt haben: Jeder trauerte auf seine Weise. Und manchmal lebten sich Menschen auch deshalb auseinander. So wie Wendel und sie.
Auch nach diesem bedrückenden Tage war alles weitere eingeleitet worden. Die Obduktion, die Kontaktaufnahme zum Regiment, die Totenwaschung, die Aufbahrung... Es fehlte nur noch die Absprache mit der Familie bezüglich der Beisetzung.
Sein Zimmer hatte sie seitdem nicht mehr betreten.
Die Nacht seines Ablebens haftete an ihrem Wohnhaus, was es ihr nur schwer erträglich machte viel Zeit darin zu verbringen. Knarrte der Wind an den Schindeln und Dielen, hatte sie manches Mal geglaubt Lyx leidvolles Husten darin zu hören. Und sie hatte nur die Katze, um es ihr zu erzählen, so wie das Gefühl der Schuld.
Johanna würde noch Zeit brauchen, bis auch für sie wieder Frieden einkehrt. Auch eine Woche nach dem Vorfall war die Geweihte noch immer von etwas Unsteten erfüllt, was zu keinem rechten Ausdruck kam. Beisetzungen, Hochzeiten, Friedensmessen, Einzelschicksale, Beratungsgespräche, Briefe, Mappen, Akten, Trauerbegleitung, Einkäufe, die Klosterverwaltung... Sie konnte voll und ganz darin versinken und die Aufgaben annehmen... doch da war noch etwas anderes in ihr heran gewachsen. Ein leiser Wunsch...

Diese Erkenntnis kam ihr schleichend, als sie mit einem Mann, einem Würfelbecher und einer Flasche Wein in Bajard saß.

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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 14 Aug 2017 20:16    Titel:
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"Er wäre stolz auf dich gewesen."


Das kleine Geheimnis konnte nicht lange aufrecht gehalten werden. Der kleine Trug, die zierliche List. Für einen Abend war es Johanna ein Bedürfnis gewesen in ein Gesicht zu blicken, in dem kein Erkennen lag. Für ein paar Stunden wollte sie nur eine Frau sein, eine Unbekannte ohne Titel und Name, und die Süße eines erforschenden Gesprächs genießen. Aber auch in einem solchen Gespräch kam es unweigerlich zu dem Punkt, wo es auf den Glauben hinauslief. Und da wusste Johanna, dass selbst wenn sie schwieg und ruhte, doch die Seelen stets zu ihr kommen würden und ihre Dienerschaft zum Strang aller schicksalhaften Fäden gehörte. Es gab keinen Abend ohne dies, keine Nacht, keinen Morgen.
Und als wäre dies der Auftakt gewesen, da kam die Schwemme an Aufgaben über sie hinweggefegt wie eine rollende Schlammlawine. Den Anliegen und Wünschen versuchte Johanna so koordiniert wie möglich zu begegnen. Nicht allen Angeboten und Nachfragen konnte sie zeitnah gerecht werden und manches Mal musste sie auf Termine warten, wie im Falle der Beiseitzung von Lyx. Soetwas machte es für sie schwer ihre abendlichen Treffen zu koordinieren. Doch auch dies gehörte einfach dazu und bedurfte etwas mehr der Rücksichtsnahme.
Der betrogene Spieler, der sie schließlich doch schon bald entlarvt hatte, hatte ihr kurzweilig böse Absichten unterstellt, ihr gar durchaus grässliche Attribute zugesprochen. Aber es hatte nicht lange gebraucht um den Mann mit den Würfeln doch durchaus friedlich zu stimmen und offenbar arrangierte er sich damit, dass das blasse Mädchen eine blasse Priesterin war.
Es war immer ihr Wunsch gewesen, Teil dieser Gemeinde zu sein, und er ging mit jedem Jahr weiter auf. Doch bedeutete dies auch, statt einem Problem den Mittelpunkt des Alltags zu schenken - nämlich dem eigenen - die Probleme vieler Menschen zu teilen. Manchmal hatte sie Sorge, nicht jedem einzelnen genügend Aufmerksamkeit zu schenken und gab sich so zumindest dem Versuch hin die Zeit, die sie mit ihnen hatte, möglichst sinnvoll auszuschöpfen und sie wertvoll zu gestalten. Gerade wieder, wo sie darin beinahe selbstvergessend aufging, holte sie etwas mit einem Handgriff in ihren Nacken aus diesem Tagewerk heraus.
Ein Gesicht aus ihrer Vergangenheit war in ihre Gegenwart getreten und hatte in einem Augenblick ihr altes Leben mit diesem in Verbindung gebracht. Und sie war für die Dauer eines Gesprächs wieder einfach nur Johanna.

"Familie."


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Mohnwiese


(ooc: Bilder von po-Johanna Hohenhain, im RP vorhanden, Original: Acryl / Mehr auf ihrem Charakterprofil)
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 04 Sep 2017 23:26    Titel:
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"Ihr müsst das nicht allein ertragen."

Es war die Katze, die sie weckte. Mit ihrem Samtpfoten sprang sie elegant hinauf auf das Bett, um dann wie ein Trampel – ohne Rücksicht auf Verluste – über die Schlafende hinweg zu spazieren. Das anhaltende, fordernde und auch etwas missmutige Miau Miau sollte die zweite Hausbewohnerin an das Öffnen der Haustüre oder an ein kleines, geteiltes Frühstück erinnern.
Ausgestreckt auf ihrem breiten Bett hob Johanna die Arme lang über ihren Kopf hinweg, bis die schmalen Hände schon bald die raue Zimmerwand touchierten. Die lang gestreckten Beine wurden nur halb von ihrem zerknitterten Nachthemd bedeckt, doch blieben Johanna die Malträtierung ihrer Knie als Anblick am Morgen erspart. Nicht aber das vibrierende Schnurren und die hochtönigen Beschwerden des Tieres neben ihrem Kopfkissen. Die Katzenaugen stierten sie an, vorwurfsvoll. Johanna kam sich leicht gerädert vor, als sie sich aufsetzte und die Vorhänge des angrenzenden Fenster zur Seite schob. Bei Temora, es war alles andere als Morgen! Die Sonne stand schon kurz vor der Mittagsstunde und das Leben war selbst im Dorf schon rege geworden.
Beide Hände vor das Gesicht gedrückt hörte sie ihr eigenes klagendes Jammern nur dumpf und ohne Klarheit. Ergeben seufzend griff sie sich die ratlos lauernde Streunerin und setzte sie sich auf den Schoß. Auf die Streicheleinheiten hin schob das Tierchen schnurrend ihren Kopf unter Johannas Kinn – vielleicht auch in der Hoffnung sich dadurch Sympathien und Frühstücksschinken zu verdienen. Johanna fühlte sich ein wenig durcheinander, aber auch... irgendwie anders. Heute sogar etwas glücklich – etwas verwirrt. Die erste Phase der Erleichterung war eingetreten, als die Beerdigung ihres Untermieters vorbei war. Der Druck durch die Faust lag schon lange nicht mehr auf ihrem Gemüt. Sie besuchte wieder regelmäßig die zahlreichen Feste im Herzogtum und hatte gelernt beides zu verbinden, was sie offenbar brauchte. Ob nun Märkte oder Hochzeiten: Die erste Zeit gehörte der Priesterin, die von Tisch zu Tisch ging, über Kapellenweihen, Bibliotheken, Burgen oder Termine sprach. Auch und vor allem mit jenen, mit denen es einst Differenzen gab. Es sollten sich keine Fronten wieder verhärten und dafür brauchte es ein Entgegenkommen. Je weiter die Zeit am Abend fortschritt, desto mehr hatte sie gelernt solche Themen zurückzulassen – zu lachen und Wein zu trinken. Nyome hatte recht damit, dass Johannas Weinkonsum langsam schon auffällig wurde. Aber nur in Gesellschaft. Und Gesellschaft hatte sie. Meistens traf sie den Mann mit den Würfeln am Ausschank. Nur dass er direkt aus der Flasche trank und Johanna beim Glas blieb. Jedes Mal. Bei jeder Begegnung.
Die gestrige Hochzeit der Dynars war ein wundervoller Abend für das Brautpaar gewesen und Johanna hatte sich ehrlich mit ihnen gefreut. Sie hatten sehr viele Menschen um sich, die ihnen freigiebig dieses Glück gönnten. Auch das Nachtvolk hatte wieder wunderbare und traumhafte Darbietungen erbracht. Während des Theaterstücks hatten Elster und Fuchs ihre Vergleiche zu Schleiereule und Kautz gezogen. Gleich wo Johanna hinschaute war sie umgeben von Menschen, die sie kannte. Sie freute sich immer, wenn sie sah, was für eine hübsche junge Frau Millie geworden war, dass viele Kinder wieder das Alltagsbild bestimmten. Heute erschien ihr alles hell, von Temoras Gnade und Licht berührt. Auch wenn Lucien sie daran erinnerte, dass es vielleicht wieder nur einen Moment andauern würde. Ja, nur ein Moment.
Einen Moment zum Auskosten... wenn auch im Stillen und Geheimen.

"Ich wollte nicht..."

"Doch."

"Doch, ich wollte..."


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Karawyn


Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 05 Sep 2017 11:53, insgesamt einmal bearbeitet
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 09 Okt 2017 17:25    Titel:
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Du hast heute Nacht einen Stern vom Himmelszelt geholt,
weil dein Leben dunkel ist und du dich nach Licht sehnst.
Du hast ihn nach mir benannt, doch kann ich dir nicht gehören.

Mein ganzen Leben war ich einsam,
um tugendhaft und heilig zu sein.
Und wenn du das nicht siehst,
dann erkennst du mich nicht wirklich.

Du wirst auch weiterhin Sterne erkaufen
und du kannst sie alle vom Himmel holen,
aber es wird nicht ändern was du bist.
Du wirst weiter im Dunkeln leben.

Das ist was du bist.

Du hast heute Nacht einen Stern vom Himmelszelt geholt,
Und in deiner selbsterschaffenen Dunkelheit
ist das Licht gestorben.

Das ist was du bist.

Nach: Maria an the diamonds - Buy the Stars



Manchmal gehört das Leben in die Nacht unter den Schutz des verbergenden Deckmantels der Dunkelheit. Aber den Sternen bleibt nichts verborgen, ihr wachsamer Blick ist das Licht, dem sich andere Blicke hoffnungsvoll und sehnsüchtig entgegen strecken. In dieser Nacht saß vielleicht nicht nur die Priesterin draußen im Freien und lenkte ihren Blick den Perlen des Firmaments entgegen, den treuen Begleitern des Mondes.
Auf den kühlen Stufen vor ihrem Haus, zwischen den erloschenen Laternen sehnte Johanna sich nach glücklichen und friedlichen Gedanken, um das schmerzhafte Rauschen in ihrer Brust zu ersticken, das ihr nach dem Atem griff. Ihre schlanken Finger kneteten den Rand des Briefes, der sich fahl im Mondlicht abzeichnete, so bleich wie ihre eigene Haut zum matten Spiegel des Mondes wurde. Ihr Leben, ihre Wahl, forderte Opfer auf so vielen Ebenen, von denen viele unausgesprochen blieben und doch spürbar da waren. Manchmal war das Opfer das, was man bereit war zu geben, aber es war auch die Bereitschaft auf etwas zu verzichten: Freiwillig, aus Liebe und Hingabe und doch ein Verlust, der nicht unbemerkt bleiben konnte. Sie spürte ihn, den Verlust, aber auch die Hingabe zu ihrer Berufung.
Als sie zur ersten Nacht der Festivität noch zur späten Stunde unter dem gleichen Sternenhimmel mit Seiner Majestät Ador I. bei einem Wein zusammen saß, hatte er ihr bereits verkündet, dass der Rat der Sieben informiert sei. Doch Johanna hatte dies nicht hinterfragt, noch daraus weiterführende Schlüsse ziehen wollen. Der König selbst war offenbar ebenso im Bilde darüber, wer in diesem Konflikt was zu welcher Zeit getan oder auch nicht getan hat. Das Wissen um alles schien jedoch hintergründig verwahrt zu bleiben bis es ihm zu Nutzen war. Johanna kam nicht umher, von ihm beeindruckt zu sein und eine tiefe Anerkennung für jenen Mann zu verspüren, der tugendhaft und stark die Verantwortung eines Königreichs auf seinen Schultern trug. Ein wahres Vorbild in sämtlichen Belangen, von seiner Führung einer Konversation bis zu seinen Einstellungen. Selbst seine Güte den einfachen Fragen des einfachen Volkes gegenüber schenkte Johanna ein warmes Gefühl der Bewunderung. Und sie wünschte sich mehr Männer und Frauen eines solch edlen Charakters würden in Temora ergebener Treue das Herzogtum stützen. Auch der Page, einst noch ein Knabe, war dabei zu einem Mann jenes Vorbildcharakters zu reifen und ließ die Priesterin sich fragen, zu was für einem Mann ihr eigener Sohn heranreifen würde.
Am Folgetag wurde nach dem Markt vor der ritterlichen Feste das Volk zu einer Bühne herangerufen. Noch immer in sicher ausbleibender Ahnung hatte Johanna in Kauf genommen sich zu Verspäten und dafür in aller Ruhe den Klosterstand abzubauen, während die anderen schon vorangegangen waren. Sie erinnerte sich noch gut, wie sehr sie sich freute, Ihre Eminenz Olwenna auf der Bühne zu sehen. Ja, sie machte sogar die Novizen darauf aufmerksam, die mit ihr in der letzten Reihe hinter dem Mäuerchen standen. Es gab keinen Grund sich weiter vorzudrängen, bis man die Priesterschaft nach vorne rief. Ihre Verwunderung war groß und sie war wahrhaftig. Die höchste Instanz der Kirche und die höchste Instanz der Weltlichkeit hatte ihnen ihren Dank ausgesprochen. Und je mehr sie sich dessen bewusst wurde, desto schwindeliger wurde ihr darob. Sie fühlte sich aus tiefsten Herzen geehrt und auch dumpf drang der Applaus der Anwesenden an ihr Ohr. Schöner hätte ein unerwarteter Dank nicht sein können, nicht beflügelnder mit der Arbeit fortzufahren, wie sie begonnen wurde.
Auch der dritte Tag war von erhabenen Momenten geprägt. Die Weihe einer Kapelle war etwas besonderes und verlief bis auf Abwesende und Voreilige doch recht gesittet und primär im Rahmen der Geweihtenschaft, der Novizen und der Ritterschaft - samt Seiner Majestät und Seiner Durchlaucht. Temoras Licht und Feuer brannte in der Kapelle und ein Segen aus aller Münder hatte Temoras Blick auf diesen Ort gelenkt und sollte ihn ab nun auch hier halten. Das anschließende Bankett ging bis in die späte Nacht. Der Adel erhielt das Gespräch aufrecht, auch wenn Johanna und Lucien recht weit abseits saßen und platziert am Tischende ihre eigenen kleinen Gespräche aufrecht erhalten mussten. Überraschend war vielmehr Sir Heinrik dieser Tage gewesen. Er hatte Dank und Anerkennung über für die Diskurse zwischen ihm als Knappen und ihr als Diakonin und Priesterin, da sie in ihm etwas bewegt und berührt hätten. Und auch erst zwei Jahre später erfuhren sie von einer gemeinsamen Heimat im Norden des Reiches, sodass sie länger tanzten und sprachen, als all die anderen, die sich nach dem Mahl noch bewegen wollten. Auch wenn das Ausfragen der Tischrunde gewiss nicht nur der Unterhaltung und des Süßholzraspelns diente, waren die Gespräche etwas, die trotz des hintergründigen Nutzens eine Wohltat waren: eine willkommene Ablenkung.

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Ritterturnier
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 17 Okt 2017 12:52    Titel:
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Ein Abschied verleitet immer dazu, etwas zu sagen, was man sonst nicht ausgesprochen hätte.
- Michel de Montaigne -



Sie hatte geahnt, dass dieser Tag einmal kommen würde, wenn die ersten Wogen sich geglättet hätten und die Trauernden aus den sich überschlagenden Wellen ausbrechen konnten. Dann, wenn das Meer ruhiger wurde, konnte man wieder unter ihnen etwas ausmachen, wenn auch schemenhaft und verzerrt. Warum.
Das Warum war die Frage, die Johanna nun einholte, in Gestalt einer jungen, quirligen Frau mit ebenso leuchtend rotem Haar wie ihr Bruder. Nicht wie. Sondern warum er sterben musste. Johanna konnte Lynns Schmerz nur erahnen, aber sie konnte die tiefen Zweifel nachvollziehen, die solch eine Frage in ein Herz reißen konnte. Sie selbst wäre vor fast acht Jahren daran zerbrochen, ja, vielleicht sogar von ihrem Glauben getrennt worden, wenn sie nicht für sich eine befriedigende Antwort gefunden hätte. Aber es war dieses Mal nicht ihre Frage: Warum hat Temora nicht eingegriffen, warum hat sie es zugelassen, dass er sterben musste? Johanna hatte sich vorgenommen vor der Familie Landerwal Lyx‘ Absichten ihr gegenüber zu verschweigen und auch eine zweite Thematik wollte sie im Hintergrund belassen, um die Trauernden damit nicht zu belasten: Weil er wusste, dass er vergiftet wurde, weil er keine Hilfe suchte, weil er sogar die Abschiedsbriefe vorbereitet hat… und erst zuletzt, als es zu spät war, von seiner Angst eingeholt wurde. Er hatte es vielleicht in seinem tieferen Inneren so kommen sehen und es angenommen. Doch das würde Johanna heute nicht mehr ergründen können und seiner Familie täte sie damit keinen Gefallen. Es reichte, dass sie damit leben musste ihn nicht hatte retten zu können. Lyx war nicht gestorben, weil Temora nicht eingegriffen hat, sondern weil ein anderer Mensch von Paias dunkler Saat getrieben entschieden hat ihn durch einen solch heimtückischen Anschlag sterben zu lassen. Und umso wichtiger blieb es sich dem Licht zuzuwenden und gegen die Dunkelheit zu streiten, nicht sich von Temora abzukehren. Lynn vermisste vermutlich ihren Bruder, seine Obhut, ihm zeigen zu können, was sie aus ihrem Leben machte, ihn daran teilhaben zu lassen. Vielleicht hätte es ihm gefallen, wenn er wüsste, dass nun Johanna ab und an nach seiner Familie schaute. Unauffällig, zuhörend.
Als sie abends nach dem Gespräch im Kelpie nach Hause kam, folgte ihr Blick einem kleinen, huschenden Tierchen nach, das rasch auf einen nahestehenden Baum verschwand und nun aus dem Geäst heraus auf sie herunterblickte. Manche Menschen verlassen einen, weil sie sterben, andere, weil sie gehen wollten. Und nicht immer kann man angemessen Abschied nehmen. Ja, einige verwehren es einem sogar.
Nüsschen, das Haus bewachende Eichhörnchen, würde wohl nun in ihrer Nähe bleiben… und das Leben weitergehen.


"Opferbereitschaft heißt auch, auf etwas zu verzichten und loszulassen."
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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 06 Nov 2017 21:58    Titel:
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"Welcher Schmerz in diesem Leben voll Trübsal ist größer, als die Sehnsucht, die nicht erfüllt wird und die nicht ruht?"


Die Nacht brach über Schwingenstein ein und war so bitter und kalt, wie der Griff einer frostigen Klaue. Nur das warme Gefühl der Vertrautheit blieb und entfachte in Johannas Herz ein kleines, angenehmes Flackern, das sich nach mehr Gehör sehnte. Nach ihrer Reise, die aufgrund unvorhersehbarer Widrigen länger angedauert hatte als geplant, war sie nur erschöpft und geschwächt, kaum erholt von der Zeit des Fastens. Sie war schmaler im Gesicht geworden und das eine oder andere vom Wein und Süßem geprägte Pölsterchen war zurückgegangen, aber an ihrer weiblichen Erscheinung hatte die rothaarige Priesterin nichts eingebüßt. Im matten Schein einer vorgehaltenen Laterne ließ sie eine Klosterwache ihre Reisetasche in den schmalen Flur ihres kleinen Häuschens abstellen, während sie selbst fröstelnd und eng in ihr Schultertuch eingewickelt zum Briefkasten stapfte und spürte, wie ihr vom nassen Rasen wieder die Schuhe klamm wurden. Entsprechend eilig hatte sie es wieder zurückzukehren und ihren herzlichsten Dank zu verkünden. Die Wache zog sich noch mit einem doch eher freundlich und heiter geprägten Abschied auf den Lippen zum Kloster zurück. Bis Johanna selbst es schaffte sich in dem ausgekühlten Schlafzimmer auf das Bett zu setzen und sich etwas mehr Licht zu schaffen, verging einige Zeit, die sie beinahe die raren Schriftstücke vergessen ließen. Es war die Katze gewesen, die mit ihren Pfoten über das raschelnde Pergament auf dem Bett lief, und die übermüdete Priesterin ihrer Korrespondenz wieder gewahr werden ließ. Ihr Ziel jedoch war es vielmehr körperliche Nähe zu erhaschen und so beschäftigte sich die Streunerin vorwiegend damit schnurrend an Johannas Rücken entlang zu streifen. Zusagen… Absagen… Rechnungen… Berichte… Einladungen… Seife? Und ein Brief mit einem abweichenden Wachssiegel. Schwer blinzelten die Lider gereizt vom schwachen Kerzenlicht einige Male, bis Johanna auch dieses letzte Siegel brach und zunächst träge wahrnahm, dass ihr jemand eine Zeichnung zugeschickt hatte. Zwei Tiere, offenkundig, Wolf und Fuchs… und letzteres Wesen durfte den Blick des ersteren auf sich wissen. Für einen kurzen Augenblick glaubte sie, dass ihr Herz einen Schlag aussetzte und ein Schauer rann ihr vom Nacken die Wirbelsäule abwärts. Achtlos ließ sie sämtliche Pergamente und Hadern neben sich auf die Überdecke fallen und beugte sich über den Schminktisch um die Vorhänge zu ihrem Schlafzimmer zuzuziehen. Schwermütig sackte sie zurück auf die nachgiebige Matratze…

… neben ihr sackte die Kante des Bettes ein wenig tiefer, als von einem sanften Rascheln begleitet eine zweite Person neben ihr Platz fand und sanft mit der warmen Hand nach der ihren griff. Weiche Finger umfingen die ihren und drückten jene zuversichtlich, fast tröstend.
„Du musst erschöpft sein von der langen Reise…“, stellte Katharina fest und dabei war ihre Stimme der Johannas nicht ganz unähnlich. Der tiefwarme Klang war jener einer Hausherrin, erhaben und im Bewusstsein ihrer Stellung. Es war nicht zu übersehen, dass es sich bei den beiden Frauen um Schwestern handelte, gleichwohl Katharinas Haar kürzer und auch etwas dunkler war als Johannas herbstroter Schopf. Auch die Falten der älteren Schwester waren scharfkantiger, als stecke etwas Gram hinter der Zeichnung ihres Lebens. Johanna schloss ihre Augen einen Deut länger, versteckte in dieser Geste eine nonverbale Bestätigung. „Danke, dass Konstantin und ich in Eurem Haus bleiben dürfen. In Vaters Haus einzukehren, es…“ Johanna beendet den Satz nicht, er gleitet vielmehr in einem Seufzen aus und ein entschuldigendes Lächeln berührt ihre hellen Lippen. Die ältere Schwester tätschelt Johanna abermals die Hand. „Vater hat genug mit den Amtsgeschäften zu tun. Aber bei Temora, zum Glück hat er nun auch etwas mehr Vertrauen in Olfreds Tüchtigkeit gewonnen. So kann der eine sich ganz um die Stadtverwaltung bemühen und der andere die Geschäfte vorantreiben. Wie sagte Mutter immer: dann stören sie uns zumindest Zuhause nicht.“ Johanna fand nicht zur Erwiderung, ihr aufmerksamer Blick, geprägt und erfüllt von ihrem Mutterinstinkt, ließ sie zur offenen Tür blicken, die nicht nur die Sicht in den Flur des Herrenhauses derer van Dornwall offenbarte. Ein junger Bursche stand in der Tür, gerade einmal dreizehn Jahre alt und im Inbegriff alsbald schlaksig zu werden. Sie merkte ihm an, dass die Ankunft in Eschenwege, der Geburtsstatt seiner Mutter ihn aufregte. Er war sein Lebtag in Winterfall gewesen und kannte seine Werlentaler Verwandtschaft nicht. Und doch haftete ihm etwas Schweres an, dass mehr wog als Johannas eigene Trauer. Er hatte seinen Vater verloren. Und jetzt lag es an ihr alles Erdenkliche zu tun, um seine Zukunft zu sichern. Denn sie wusste mit jedem Herzschlag, dass sie ihn mehr liebte als sich selbst.


"Liebe ist wenn man über einen anderen Menschen mehr nachdenkt als sich selbst. "


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Lynn Landerwal


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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 12 Nov 2017 18:02    Titel:
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"Wer weder widerstehen will noch fliehen – wie ist dem zu helfen?"
Michel de Montaigne


Bedächtig schlug sie die pergamentenen Seiten zu und legte das Buch zu all den anderen Schriften in die Schatulle, oben auf den letzten Brief. Der Deckel sackte nieder und die beiden durch ein Scharnier verbundenen Stücke des Behältnisses fanden passgenau zu einander. Manchmal fragte sie sich, ob der Verfasser dieser Nachrichten dazu fähig war, zu begreifen, welch weitreichende Konsequenzen die eigenen Entscheidungen haben mochten. Ein jeder trug Verantwortung für sich und seine Worte, Taten und Entscheidungen. Schwerer wog dies noch, wenn damit auch das Leben anderer beeinflusst wurde. Die Schatulle rückte wieder ins Dunkel und in den Hintergrund ihrer Gedanken. Das wollende Schultertuch enger um ihre Schultern windend durchmaß sie den schmalen Raum ihres Obergeschosses mit nur wenigen Schritten. Im Schein der Öllampen vermochte sie einen Blick auf die Gemälde und Zeichnungen zu werfen, die an ihren Wänden hingen, in ihrem kleinen, geheimen Atelier. Die pastosen Höhen einiger Linien, die mit Pinsel und Ölfarbe ausgeführt worden waren, reflektierten punktiert das Licht, während andere Farbnuancen sich tiefer in die Schatten schmiegten. Warum eigentlich trat sie mit ihrer Kunst nicht weiter nach vorne? Nur ganz bescheiden brachte sie ihre Werke zu seltenen Anlässen in die Öffentlichkeit. Vielleicht, weil sie dafür nicht geschaffen waren und vielmehr zur Privatangelegenheit wurden. Die Priesterin hatte selten die Muße sich an eine grundierte Leinwand oder festes Pergament zu setzen und auch jetzt war sie getrieben von den Ereignissen des Abends. Sie hatte ihn in der Kirche verbracht, als auch am Baum des Lichtes. Ein Segen vermochte den vom Leid geplagten Kindern etwas Heilung und Kraft zu schenken, Wärme und das Gefühl von hoffungsvoller Zuversicht, die auf Tapferkeit und Treue aufbaute. Es war ein tröstliches Bild die Mädchen und Jungen wieder lächeln zu sehen und ein erleichterndes Gefühl ihrer kleinen, reinherzigen Umarmungen. Es erinnerte sie daran alsbald wieder ihrem Sohn zu schreiben und ihm Nachricht in die Ferne zu senden, in der Hoffnung Zeilen aus seiner Feder lesen zu können. Doch jetzt waren es die Kinder hier, die ihrer aller Aufmerksamkeit bedurften, gleichwohl es so schien, als müssten sie die Gefahr allein überwinden – zumindest konnten die Erwachsenen es ihnen nicht ganz abnehmen, gleichwohl es wohl jeder tun würde. Und nebenher stand die Welt nicht still und das Leben in Lichtenthal brauchte seine Stabilität, seine Geweihten.

Johanna stellte zwei liegende Borstenpinsel in den Becher, wo sie jene für gewöhnlich sammelte, und lauschte in das stille, dunkle Haus hinein. Vermutlich brauchte jeder irgendetwas, auch sie.

Mehr Katzen vielleicht?



"Stille ist noch leiser als bloßes Schweigen."
Erhard Blanck


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Drachenberg


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 Beitrag Verfasst am: 16 Nov 2017 22:14    Titel:
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"Angst haben wir alle. Der Unterschied liegt in der Frage wovor."
Frank Thiess


Ungeordnet und chaotisch. Die Hausherrin selbst hatte Mühe überhaupt ein gewisses Maß an Disziplin in diese Runde zu bringen, in denen vorwiegend Aufregung und Angst vorherrschten. Emotionen, Gefühle, Sorgen und ein höherer Gesprächsbedarf bestimmten die Geräuschkulisse in einem nahezu unerträglichen Maß. Und dafür sorgten nicht unbedingt allein die betroffenen Kinder. Diese hielten sich bereits selbst die Ohren zu und hofften, es zöge an ihnen vorbei. Johannas Angebot etwas Ordnung in die Situation zu bringen wurde dankend abgelehnt und so hielt sie sich als Gast auch weiterhin zurück. Langsam klärte sich das Gespräch, es fand zu einem durchschaubareren Faden von Erzählungen, Diskussionspunkten und auch deutlich gehegten Zweifeln. Eine der schwersten Lasten war die dominante Rolle einer Alatar Geweihten Frau namens Treublatt. Die Kinder stellten durchaus die gerechte Frage, warum nicht auch ein Priester Temoras diesen Weg zusammen mit ihnen gehen könnte, um wahrlich ein neutrales Gleichgewicht zu halten. Doch blieb Johanna nichts anderes übrig als ihnen zu versichern, dass sie es tun würde, wenn sie es könnte. Aber es stand nicht in ihrer Macht, nur in der Temoras. Alles fühlte sich weiterhin falsch an und die Hilflosigkeit, die den Erwachsenen auferlegt wurde, war eine bittere Kost tiefsten Schwermuts. Eigentlich war keines der Kinder bei seinem leiblichen Elternteil, aber das bedeutete kaum, dass es die Herzen der Vormünder nicht zerriss. Aber nur wenige blieben absolut strickt auf den engsten Pfaden des Glaubens in Hinsicht der Sorge um die Seele der Kinder. Hingegen war sich jeder einig, dass die Kinder nicht nach Rahal spazieren dürften. Das war eine greifbare und begreifbare Gefahr, die sie einzuschätzen wussten.
So glaubte man mittlerer Weile, dass eine Frauengestalt als Herrscherin hinten ihren Dienern stand, den grausig kichernden und gemein grinsenden Finsterlingen. Und sie lechzte es nach dem Schatten es Efeukindes, der vermeintlichen Templerin aus dem Westreich. Ihre eigenen Schatten aber waren ängstlich und voller Sehnsucht zu den Kindern zurückzukehren, die gleichsam auch ihr Spiegelbild nicht mehr erkennen konnten. Sie konnten ihn im Spiegel sehen, ihren dunklen Begleiter, doch durch das Glas nicht erreichen, nicht hören. Doch was wäre, wenn viele von ihnen, vielmehr, gemeinsam vor einen Spiegel treten würden? Könnten sie dann das Portal zur Schattenwelt öffnen?

Bei all dem, was sich gerade anhäufte, was an Gedanken und Gefühlen durch die Visionen angeregt wurde, wünschte sie sich einen Halt neben der Güte Temoras. Einen weltlichen, den sie gerade nur schwer finden konnte, gleich wieviele freundliche Hände sich ausstreckten. Die reichlichen Verluste in ihrem Leben, gerade in den jüngsten Jahren, hatten dafür gesorgt, dass sie gerade nur zarte Bande aufbauen konnte, was ihr eigenes, Innerstes betraf. Den Teil der Johanna, der nicht allein für die Geweihte stand, in deren Rolle sie sich mit der Gemeinde tief verbunden fühlte. Doch Majalin hatte recht... sie brauchte dafür jemanden - einen Freund oder Vertrauten -, den sie nicht erst heilen musste.

Spät in der Nacht daheim angekommen durchkramte sie ihre Ledermappen und Zeichenbretter. Sie wusste, dass sie am Morgen nach der nächtlichen Vision noch wie in Trance und Halbschlaf Skizzen angefertigt hatte, von dem, was ihr als Eindruck verblieben war. Keine ausgefeilten Zeichnungen, aber es galt die Erinnerung festzuhalten...


"Du musst das nicht allein ertragen."
"Doch... und du weißt warum."


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Efeukind


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 Beitrag Verfasst am: 04 Jan 2018 08:21    Titel:
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"Lasst uns gehen mit frischem Mute in das neue Jahr hinein! Alt soll unsre Lieb und Treue, neu soll unsre Hoffnung sein."
Hoffmann von Fallersleben


Achtsam streifte sie die feinen Stoffe zur Seite, um ihren Beinen die nötige Freiheit zu schenken, als sie sich auf den runden, einfachen Holzhocker niederließ. Ein wenig noch wurde der Sitz korrigiert, der Rock gerichtet und die Füße auf den Steinplatten gesetzt. Mit einem milden, stillen Lächeln auf den Lippen, aufgezeichnet wie eine süße Ahnung ihres inneren Lichtes, setzte die Priesterin ihre schlanken Finger an die Saiten der hohen Harfe. Liebkosend strichen die Kuppen über die gespannten Bänder, gefertigt aus mit Säure und Asche behandelten Tierdärmen, eingespannt mit feinst geschmiedeten Schrauben. Reine, zarte Klänge begannen die Stille des Kirchenschiffes zu durchbrechen, sammelten sich zu melodischen Akkorden, die voller lieblichen Genuss und Huldigung anwuchsen und Widerhall zwischen den Kirchenwänden und steinernen Säulen fanden. Zentral des Mittelganges hatte Johanna sich vor den erhöht abgesetzten Chorbereich gesetzt, während hinter ihr die Klosterkirche sich der nächtlichen Dunkelheit fügte. Vor ihr aber, da eröffnete sich ein Meer aus Papierlichtern, die ihren samtenen Schein wie Irrlichter der Hoffnung mit ihrer Seele teilten. Das mehrere Mann hohe Fenster, dessen Scheiben in Blei eingefasst ein kirchliches Motiv in Andenken des temorischen Glaubens zeigte, wurde von eben jenem hellen Leuchten berührt. So brach das Licht auf den welligen, unebenen Oberflächen der gefärbten Scheiben, als würde es tanzen und singen.

Eine ganze Weile widmete sich Johanna allein dem geübten Spiel der Harfe und genoss ihren Wohlklang, der in der Kirche zu noch mehr Größe anwuchs. Irgendwann jedoch spalteten sich auch die rosafarbenen Lippen der Geweihten und gaben dem Gesang der Lichter eine Stimme. Weich und samtig erschallte ihr Alt vertrauensvoll durch das geweihte Haus, öffnete sich den Klängen und wusste sich leis und erhoben zu erfüllen, die Worte im Dank und Gebet an Temora gerichtet. Bis es ihr vorkam, die Lichter flackerten im Fluss der Melodie…

Und dann war auch schon die mittelalterliche Stunde überschritten und der erste Tag des neuen Jahres ward eingeleitet.


"Wir hoffen immer auf den nächsten Tag, wahrscheinlich erhofft sich der nächste Tag einiges von uns."
Ernst R. Hauschka


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Die Eule


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Johanna Hohenhain





 Beitrag Verfasst am: 31 Jan 2018 17:21    Titel:
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"Man schließt die Augen der Toten behutsam; nicht minder behutsam muss man die Augen der Lebenden öffnen."
Jean Cocteau


Es waren nicht mehr täglich ganze Stunden, die der Schneefall für sich in Anspruch nahm. Eine Grundkühle hatte sich auf Gerimor eingefleischt und hielt die Decke mit festem Griffe auf sich. Gleichwohl die Tage bereits wieder länger wurden und die Nacht sich schon immer früher von ihnen verabschiedete, so lag das Herzogtum noch immer unter einem stillen, sanften Tuch. Als Johanna diesen Nachmittag zum Adoraner Friedhof aufbrach, lagen noch immer Hauben leicht angeschmolzenen Schnees auf den Zäunen und Grabsteinen. Der Himmel war von einem strahlend, klaren Blau und die Sonne schickte ihre Strahlen warm und erhellend herab. Ja, fast schon blendete Johanna das Licht, das von den weißen Stellen widergespiegelt wurde. Die meisten Wege aber waren gekehrt worden und unter einigen Bäumen und Büschen lag noch die Erde frei. Überwinternde Vögel zwitscherten und irgendwo weiter hinten, in der Nähe der Krypta, schlug ein Reisigbesen über den Stein und kratzte Eis und Kiesel vom Fußweg. Der Ort der letzten Ruhe und Trauer war heute nicht still, kühl oder bedrückend. Der Friedhof in seiner Friedlichkeit und vom Leben umrahmt, versuchte der Priesterin eben jene düsteren Gedanken und Gefühle in ein weniger graues Licht zu hüllen. Aber die Schwere wich nicht ganz.

Johanna suchte sich ihren Weg zum südöstlichen Ende, bis sie am Mäuerchen unter den kahlen Ästen eines angrenzenden Baumes Lyx‘ Grab ausmachte. Mit ihren stoffbewehrten Fingern strich sie die Schneehaube von seinem verzierten Grabstein und stellte stattdessen ein Glas auf die gemeißelte Oberfläche, eine entzündete Kerze darin versenkend. Bis das Feuer sich zum Wachs gebrannt hatte, flackerte das Licht zunächst nur schwach. Sich enger in ihr Wolltuch wickelnd blickte sie schlichtweg eine unbeschriebene Dauer auf das wachsende Licht, ehe sie die Lippen einrollend ihr goldenes Augenpaar zum Himmel aufrichtete, über den zwei kleine Vögel sich zwitschernd jagten.

„Ich konnte es nicht verhindern. Bei keinem von euch Landerwals. Ich sehe dein Gesicht vor mir, aber doch weiß ich nicht, was du dazu sagen würdet…“, spricht sie leise und senkt mit einem mild traurigen Lächeln ihren Blick wieder herunter auf die Grabinschrift.
„Deine Schwester schlägt sich tapfer, doch solltest du ihr jetzt beistehen und ihr ein Licht schenken. Deine Nichte wird ebenso viel Kraft brauchen, für den Rest ihres Lebens. Wache gut über sie.“

Verabschiedend legt sie sanft ihre Hand neben das Licht auf den Stein, ehe sie mit schweifenden Blick über die vielen Namen auf Gesteinen das Friedhofsgelände wieder verließ. Die Gedanken aber nahm sie mit sich. Lynn würde es nicht leicht haben mit der Verantwortung, die immer mehr auf ihre Schultern gerückt wurden. Das Handelshaus, das Mädchen, die Möglichkeit, dass zwei ihrer nächsten Verwandten an Kra‘thor verloren gegangen sein könnten, ohne dass ihre Seelen je den Frieden im Licht erreichen könnten. Und ja, wie es dem Kind beibringen? Unweigerlich erinnerte sich Johanna an den Moment, als Konstantin vom Tod seines Vaters erfuhr und was es in ihm veränderte.

Sie dachte aber auch an all die anderen Menschen, die gerade mit Sorgen und Kummer, vielleicht gar Ängsten, versuchten ihre derzeitige Situation zu meistern und Vergangenes aufzuarbeiten, das die Zukunft zu verschleiern drohte. Soviel Hoffnung an jeder Straßenecke, soviel Sehnsucht in jedem beleuchteten Haushalt, an dem sie auf ihren Weg durch die Stadt vorbeikam.

Es brauchte noch mehr Lichter.

Und ein paar Lichter gab es auch für sie. Die Novizen hatten ihre Weihe zum Akoluthen unter Temoras wachenden Auge bestanden und ein weiterer Diakon war von einer Reise zurück ins Kloster der Lichteinigkeit zurückgekehrt. So konnte das Kloster auch wieder seinem eigenen Lehrauftrag nachkommen und die künftigen Priester ausbilden. Doch nicht allein nur auf diese Weise. Es hatte etwas Beharrlichkeit und den Beitrag aller Geweihten benötigt, doch konnte nun konnte ein lang gehegter Wunsch umgesetzt werden: Das Symposium. In ein paar Tagen würde die erste gemeinsame Lehr- und Diskussionsveranstaltung der Priesterschaften Cirmias, Temoras und sogar Eluvies stattfinden. Die Menekaner hatten sich, zumindest während Johannas Zeit im Herzogtum, etwas schwer getan auf die Fraktionen des Grünlandes zuzugehen. Man hätte es auch mit Desinteresse beschreiben können. Aber die Kirchen gingen auch im Wandel ihrer Diener. Maheen machte die Annäherung möglich und hat reichlich Arbeit in diesen Kontakt investiert. Es hatte Johanna an dem Tag, als sie in den menekanischen Tempel geladen wurde, sehr gefreut, dass Maheen auch die Anerkennung seitens des Emirs dafür erhalten hat. Künftig sollten also die drei Priesterschaften häufiger zusammenkommen und das Band stärken.


"Die edelste Art Erkenntnis zu gewinnen ist die durch Nachdenken und Überlegung. Die einfachsteArt ist durch Nachahmung und die bitterste Art ist die durch Erfahrung."
Buddah


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Der Wolf

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Zuletzt bearbeitet von Johanna Hohenhain am 31 Jan 2018 17:21, insgesamt einmal bearbeitet
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 Beitrag Verfasst am: 12 Feb 2018 20:57    Titel:
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„Magistra, wir brauchen Decken. Lady Helisande ist stark unterkühlt. Tücher!“
„Wieso sind alle Tore geöffnet, die Türen unverschlossen?“
„Wo ist das Personal, wo ist der Baron?“
„Ist sie wach? Hat sie etwas gesagt?“
„Nun bleibt bitte ruhig. Wir brauchen einen Heiler. Und sorgt dafür, dass Wachen aufgestellt werden.“
„Geht es ihr gut?“
„Lasst das Stück Holz über Nacht bei ihr, es wird sie stärken.“
„Und am Morgen noch einmal etwas von dem Antidot. Ihr denkt daran, ja?“


Johanna brauchte zwei Tage um sich von dieser Nacht in der ritterlichen Feste zu erholen. Sie war es nicht mehr gewohnt bis zum Morgengrauen zu wachen, gepaart mit der einhergehenden Aufregung, die bei solch einem Erlebnis nicht ausbleibt. Starker Arm, trockene Tränen, das rechte Maß… Als Priesterin der Lichtherrin Temora hatte sie mit Unterstützung von Earon Auenbacher und der Hilfe von Elinor Tiefenbruch die Verantwortung übernommen sich um die bewusstlose und verwundete Ritterin zu kümmern – standesgemäß zu sorgen. Die Umstände aber waren heikel und schwierig und ließen die Schwächen der Burg und deren Herren erkennen. Sowohl Elinor als auch Johanna waren über Nacht im Gemach von Lady Helisande verblieben um sie zu pflegen und zu beobachten. Ab und an trat die Priesterin nach oben um den Sonnenstand abzulesen und als jener den Morgen verkündete, wurde der Patientin mit einem Löffel vorsichtig die Medizin eingeflößt, welche laut Nathelia etwaige Gifte negieren sollte. Als Johanna abgelöst worden war, fand sie am Vormittag kaum richtigen Schlaf, was nicht allein an dem nur halb abgedunkelten Raum und der dörflichen Geräuschkulisse lag. Immer wieder vermengten sich kuriose Bilder in ihrem Dämmerschlaf.

Das Blut auf ihrer Robe. Die Scherben auf den Stufen. Maden. Der verbrannte Körper eines Liedwirkers. Ein aus unzähligen Wunden blutender Thyre, angelehnt an einem Baum. Die dunkle, halb angetrocknete Blutlache auf den steinernen Stufen. Ein Sarg, der in die Kapelle der Burg Grauklipp getragen wurde. Scherben im Fleisch der bewusstlosen Frau des Barons. Ein kleiner Leib, der in ein unwesentlich größeres Grab eingelassen wird. Lyx auf den Holzdielen, röchelnd und Blut spuckend. Tote Männer und Frauen, die auf einem Karren zum Kloster gezogen werden. Körperteile, die nicht mehr am Leibe hingen. Blutige Waschschalen. Ein toter Jugendlicher auf einem Sessel im Hort des Wissens. Eine abgetrennte Hand mit einem Siegelring am Fuße des Klosters. Leise Stimmen, die um Hilfe und Gnade bitten. Rauch und Asche.

Zur Mittagsstunde erwachte Johanna wieder und spürte, wie ihre Katze über die Beine der Geweihten spazierte, um auf der anderen Seite wieder hinunter zu steigen. Im nahen Stall wieherte ein Pferd und eine Forke ließt das Stroh rascheln. Und als sie ihren Herzschlag wieder reglementiert hatte, dankte sie Temora dafür, dass sie da war. Dass die Schwertherrin Gnade, Hilfe, Licht, Halt, Kraft und Hoffnung gewährte. Gerade in den dunkelsten Momenten.



"Es ist besser, ein einziges kleines Licht anzuzünden, als die Dunkelheit zu verfluchen"
Konfuzius


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Heilige Brynn




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