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Die Eigenheiten von Landgängen
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » Die Eigenheiten von Landgängen
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Jaron Sylva





 Beitrag Verfasst am: 25 Jul 2014 10:32    Titel: Episode 42 - Wir lagen vor Schwingenstein und...
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Episode 42 - Wir lagen vor Schwingenstein und...

Cirmiasum 257
Auf La Cabeza und in Markweih, Südgerimor



War ich vor kurzem noch erschüttert und ernüchtert über den verlotterten Zustand der Mannschaft an Bord der Toro, die kaum, dass ich eine Weile ans Bett gefesselt war, ein chaotischer Haufen geworden, sah das Bild an Land anders aus.
Genauer gesagt hatte es sich im Zuge des neuerlichen Pakts mit Rahal ergeben, dass wir nun schon seit deutlich über einer Woche mit den Pantherdienern und ihren spitzohrigen Schoßhunden vor Schwingenstein lagen. Ein kleiner Ort im äußersten Südwesten des alumenischen Reiches, in Markweih, ein kleiner Ort zwar, aber ein ideologisch wertvoller für die Anhänger der temorischen Hure. Nicht, dass mich das vor allem interessiert hätte, insbesondere hoffte ich doch auf Beute.
Nur aus Nächstenliebe hatten wir schließlich das Bündnis mit Rahal nicht geschlossen, wir brauchten die Landratten an sich ja nicht. Aber es war besser, sich einen Feind näher zu halten, als den anderen. Und im Moment waren die Rahalis sogar eine Art von 'Freunden'. Ein gemeinsamer Feind verband uns, und ein Vertrag.
Was immer die Landratten auch von meinen Jungs halten mochten, sie hielten sich an Abmachungen, welche die Pereras schlossen. Zumindest, solange es sich lohnte. Und momentan tat es das in vollsten Zügen!

Mein einstiger Stellvertreter im Gouverneurssessel, Sebastiano, hatte mich in der Zeit meines Siechens als Gouverneur abgelöst. Ich trauerte dem Posten nicht allzu sehr nach, beinhaltete er doch neben dem Papierkram, den ich an Bord zu bewältigen hatte, noch - mehr davon.
Als Stellvertreter der Perera-Familie hatte ich indes natürlich trotzdem ein Auge auf den Jungen, wenn er seine Sache einmal nicht mehr gut machte, musste er schließlich ausgetauscht werden. Der Alte wollte immer schon Effizienz, egal, was sein lütter Sohnemann Felipe sagte - am Ende war Rauls Wort das letzte. Und ich sein Wille.
So viel Negatives ich auch seit meiner Rückkehr in den aktiven Dienst als Pereras 1. Offizier gesehen und gehört hatte: seit wir im Feld Seite an Seite mit den Rahalis standen, machte der Junge wieder eine gute Statur. Sebastiano gefiel mir hier; er war 1. Kanonier an Bord, vielleicht lag es daran, dass er sich bei der Landkriegsführung heimisch fühlte. Mir war sie als eingefleischter Seemann zugegeben trotz so mancher Plünderungen, Brandschatzungen und Schatzsuchen am Ende der 30er immer noch ein wenig fremd, fühlte sich nicht ganz richtig an.
Doch dafür hatte ich ja den Sebastiano! Führen hieß auch, zu delegieren, die eigenen Leute machen zu lassen, wenn sie wussten, was sie taten. Also hielt ich mich, seit wir vor Schwingenstein lagen, größtenteils im Hintergrund und erfreute mich an meiner Mannschaft.

Denn die 'Kinners' enttäuschten mich, im Gegensatz zur letzten Erfahrung an Bord, an Land keineswegs. Sie machten mich regelrecht stolz!
Während die rahalische Armee und Ritterschaft im Verlauf der Belagerung Schwingensteins erste Zersetzungserscheinungen erkennen ließ, bleiben die Männer und Frauen La Cabezas, das Pack Pereras, meine Mannschaft eines - nämlich geeint, stark, diszipliniert. Der alte Bartos, mein Zweiter, konnte sogar den Ruhm des ersten vergossenen Feindbluts der Kampagne für sich beanspruchen – ein ausgefuchster Hund, das war er!
Wer hätte gedacht, dass so ein kleiner Landkrieg mit Aussicht auf reiche Beute an Plündergut aus der Meute an zahlreichen jungen Neuzugängen und den wenigen verbliebenen alten Hasen schnell eine zusammengeschweißte Mannschaft werden ließ? Ich hoffte inständig, dass sie an Bord, wenn wir erst nach Vollendung der Belagerung in See stachen, ebenso eifrig, diszipliniert und einig waren. Nicht, dass sie dann noch eine Wahl hätten...
Jedenfalls war es eine Wonne, zu sehen, wie die Cabezianer das Bild eines zuverlässigen, disziplinierten Verbandes abgaben, was wir (zu meinem Leidwesen) mit den Letharen teilten, während die übrigen Verbündeten einem unorganisierten Ameisenhaufen gleichkamen.
Einer der Befehlshaber der Rahalischen Truppen, Ritter Dazen Wolfseiche, wusste um unseren Wert. Er und viele andere Landratten würden künftig sicher nicht mehr verächtlich auf meine Leute herabblicken, wie es einige Rahalis in der Vergangenheit so gerne getan hatten. Nun wussten sie vielleicht endlich, dass es sie waren, die uns brauchten - nicht umgekehrt. Ein Umstand, den ich in naher bis mittelfristiger Zukunft ausnutzen wollte.

Sei's darum. Wir hatten einen gemeinsamen Feind, und die Zersetzungserscheinungen der Rahalischen Armee waren keineswegs in unserem Interesse, bedeuteten sie doch die Schwächung der eigenen Streitkraft - kurzzeitig waren sogar die Letharen abgezogen! So war es beruhigend zu sehen, dass sowohl die Blauhäute wiederkehrten - ich glaube nicht, dass ich das jemals denken würde, aber ich war tatsächlich dankbar, diese dreckigenverfluchtenhinterlistigenniederenundgemeinensklavendespanthers wiederzusehen - als auch die in Fehde liegende Ritterschaft ihren Zwist zügig beilegte.
Mochten sie sich meinetwegen nach erfolgreichem Abschluss der Kampagne an die Gurgeln gehen, für den Moment sollten sie sich gefälligst am Riemen reißen - sonst würde ich doch mal aus dem Hintergrund treten und ihnen ordentlich übers Maul fahren!

Das würde vielleicht sogar meine Frau gutheißen. Jacky war nach langer Absenz wieder aufgetaucht. Betröppelt und von Gelbfieber ausgezehrt traf ich sie letztens im cabezianischen Gouverneurs- und Bankgebäude an, als ich etwas Nachschub für das Pack auftreiben wollte. Wir dachten beide zuerst, wir sähen Geister - waren wir beide doch vom schlimmsten ausgegangen. Jedoch muss gegen Sylvas erst noch ein Mittel erfunden werden - wir sind wie Unkraut, ay!
Stunden später fanden wir uns nach einer warmen und innigen Wiedervereinigung in der gemeinsamen Hängematte des cabezianischen Teils im Heerlager wieder. Jacky mochte zwar noch weniger ein Freund der Landkriegsführung sein als ich und hatte schwer an meinem Verlust des rechten Beins zu knabbern. Doch das war alles einerlei, schließlich hatten wir uns wieder.
Mit der Familie plündern und brandschatzen war weitaus erfüllender, als ohne sie!

_________________
Jaron "Lysander" Sylva, Kapitän der Namenlosen

"Krieg, Handel und Piraterie,/Dreieinig sind sie, nicht zu trennen."
Mephistopheles, Faust II


Zuletzt bearbeitet von Jaron Sylva am 25 Jul 2014 12:47, insgesamt einmal bearbeitet
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Jaron Sylva





 Beitrag Verfasst am: 26 Dez 2015 18:55    Titel: Re: Episode 43 - Ungebunden
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Episode 43 - Ungebunden

23. Alatner 258
Auf La Cabeza



Wie alt war mein Sohn wohl mittlerweile? Zwölf, dreizehn, vierzehn?
Oder war er das nicht schon im Eintrag voriges Jahr?
Langsam verlor ich da den Überblick, seit er auf mein Bestreben hin fast die ganze Zeit auf See war. Ein guter Freund von mir, selbst Skipper, hatte ihn an Bord seines Schiffes genommen, als er gerade groß genug war, um Taue zu schleppen. Je früher man das Handwerk, die Seemannschaft lernte, desto besser, wollte man einmal erfolgreich sein.
Jüngst hatte ich Seepost bekommen, auf einer schnittigen Schaluppe war der Schmuggler in die cabezianische Bucht gekommen. Der raubeinige Südländer - man munkelte, er sei eigentlich Menakaner - fuhr regelmäßig Schmuggelfahrten für uns, brachte Sklaven.. oder verschlüsselte Briefe. Selten waren diese freilich von solch persönlicher Natur: Esteban Noa Sylva, Erstgeborener des ersten Offiziers Jaron Sylva von der Toro de la Muerte, wurde zum Toppgast befördert. Mein Freund hatte wieder einmal Sinn für Humor bewiesen, denn als ich im Alter meines Sohnes war, hatte ich auf ähnlichem Posten gearbeitet und gelebt - hoch oben, in den oberen Stengen und Wanten; ein Posten, der Fingerfertigkeit und Sorgfalt verlangte. Ein Fehler, ein Sturz und - Adieu, schnöde Welt!
Esteban ein Toppgast, na da schau her...

Während sich mein Sohn zum Seemann zu mausern begann, tobte auf dem Festland ein Sturm los. Rahal hatte uns Cabezianern Vertragsbruch vorgeworfen, Verrat; uns zu Geächteten erklärt, und dabei würde es mich nicht überraschen, dass die verdammten Pantherdiener, die den Blauhäuten die Füße küssten das selbst in die Wege geleitet hatten. Ein Rahali war nur froh, wenn er alle anderen in der Welt zum Feind hatte.
Für seinen Gott, der eine Katze war.
Wie dem auch sei. Mir war es eine helle Freude, dass der Vertrag nun Geschichte war. Die Piraten hatten in der Vergangenheit zwar schon oft mit Rahal paktiert und Profit daraus geschlagen, doch was sprach dagegen, sich nicht auch andere Geschäftspartner zu suchen? Ob nun Rahal oder Alumenas, beide zahlten gut, beide waren ideologisch unsere Feinde - Adel, festgefahrene Ordnung unter dem Joch von religiöser Tradition, aber vor allen Dingen...Herrschaft einer adeligen Elite. Ob nun im Gewand des Aristokraten, Ritters oder fanatisch-religiösen Ahads war einerlei.

Sich seine Feinde und seine Freunde aussuchen zu können, war seit jeher die Stärke der Männer und Frauen unter Perera gewesen und nun erneut unser Privileg. Der Alte hatte gut daran getan, sich aus dem letzten Krieg der Festländer offiziell mehr oder weniger herauszuhalten. Nur wenige von uns waren dem Waffenruf gefolgt, hatten zwar nicht gegen ein explizites Verbot des Käptns verstoßen, galten nun indes einigen Cabezianern als Verräter am Pack. Verräter, Meuterer...
Das letzte Kielholen, die letzte Hinrichtung, ja sogar das letzte Aussetzen auf einer lütten Insel auf offener See lag lange zurück. Vielleicht würde bald die Zeit kommen, da diese althergebrachte Lösung zur Bekämpfung von Meuterei erneut Anwendung fand.
Angesichts der zahlreichen jungen Matrosen auf der Toro (sie wurden gefühlt jedes Jahr mehr - oder wurde ich einfach alt?) wäre es sicher angebracht, die Folgen von Illoyalität aufzuzeigen. Blutig, schmerzhaft, endgültig.

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Jaron "Lysander" Sylva, Kapitän der Namenlosen

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Zuletzt bearbeitet von Jaron Sylva am 30 Apr 2016 08:41, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Jaron Sylva





 Beitrag Verfasst am: 30 Apr 2016 08:40    Titel: Re: Episode 44 - Wahre Freiheit?
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Episode 44 - Wahre Freiheit?

Frühjahr 259
Auf La Cabeza und in Bajard



Der Alte war tot!

Es hatte eine Weile gebraucht, bis ich diese Erkenntnis verarbeitet, ja regelrecht verstanden hatte. So viele Jahre hatte ich diesem Mann gedient, zuerst als einfacher Matrose, dann als Offizier in verschiedenen Verwendungen. Und immer wieder hatte ich dabei den Blutpakt erneuert, meine vernarbte recht Hand war mein zeuge! Treu ergeben, selbst in den dunklen Tagen vor seinem Tod, was hätte ich als sein Stellvertreter, der ich zuletzt gewesen bin, auch für eine Wahl gehabt? Der Schein musste gewahrt werden, selbst, wenn der Zweifel sich ins Fleisch gefressen hatte, wie eine Made in die schwärende Wunde.
Für die rechtschaffene Seefahrt war Raul Vincente Perera allemal eine immer schwärende Wunde, eine Geißel, ja – ein Fluch. Nur die wenigsten Seeleute, die unter den Flaggen von Alumenas, Rahal, des Emirats oder den vielen Handelsgesellschaften fuhren, hatten eine tatsächliche Ahnung von der Tragweite dessen, was sie einen „Fluch für die ehrliche Seefahrt“ nannten. Wir Cabezianer wussten es besser! Ein jeder Mann und eine jede Frau, alle, die ihr lebten – Seeleute, Huren, Rumbrenner, Schmuggler, Geldverleiher, Diebe, Mörder – alle wussten um die wahre Natur von Pereras Stellung.

Er herrschte mit geborgter Zeit.
Starben wir für ihn, konnte er seine Schuld bei Krathor mit Seelen bezahlen.
Mordeten wir für ihn, konnte er seine Schuld bei Krathor mit Seelen bezahlen.
Doch uns allen war immer klar gewesen, dass diese Schuld nie beglichen sein würde.

Seit sich der Alte fast nur noch in seine Kajüte einsperrte und über Plünderungsplänen brütete, die er doch nie in die Tat umsetzte, keine Beute mehr hereinkam und wir nahezu ständig an Land festhingen wurde offenbar, dass der Käptn auch zu dieser Einsicht gelangt war. Hatte er aufgegeben? War er endgültig dem Wahnsinn verfallen? Wir wussten es nicht, ja, selbst seine eigenen Kinder und ich konnten auf diese Fragen keine eindeutigen Antworten geben, bemühten uns stattdessen, den Status quo so gut als möglich aufrechtzuerhalten. Denn das letzte, was La Cabeza nach dem Verrat einiger vermeintlicher Kameraden und Rahals brauchte, war Chaos oder ein interner Kampf um die Vormachtstellung. Derlei Kämpfe wurden bei den Cabezianern nämlich stets mit viel persönlichem Einsatz und übermäßigem Hang zum Blutvergießen – mit Vorliebe des Konkurrenten – ausgetragen.

Umso überraschter und erleichtert – vielleicht auch stolz auf meine „Schützlinge“ – war ich dann, als der Alte von Krathor hinabgerissen worden war und es um die Neuordnung La Cabezas ging. Der Bruderschaft gelang es, die Ordnung aufrechtzuerhalten und den Übergang reibungslos über die Bühne zu bringen. Die Gewohnheit, über wichtige Belange abzustimmen, erwies sich hier wieder einmal sehr vorteilhaft für unsere freies Reich. Auf meine alten Tage – bei allen Geistern der See, langsam musste ich einsehen, dass mein Bastard recht hatte, wenn er mich „alt“ nannte – konnte ich miterleben, wie La Cabeza, das von einem Perera aufgebaut und von Pereras beherrscht worden war, sang- und klanglos auch ohne die Pereras funktionierte. Ob der Inselgründer Alejandro Perera damals, als er die Gründung der Bruderschaft der Küste veranlasst hatte, das schon eingeplant hatte? Dem Ersten der Pereras wäre das durchaus zuzutrauen gewesen, ausgefuchst und weltgewandt, wie er war.
Jedenfalls standen wir seit Beginn des Jahres ohne einen Käptn und „König der Piraten“ da, was sich als unproblematisch erwiesen hatte.
Völlig anders sah dies indes bei der zweiten einschneidenden Veränderung aus: Der verfluchte Alte hatte sein verdammtes Schiff mit hinabgerissen! Ich an Krathors Stelle hätte es natürlich genauso gemacht, immerhin lässt du deine Investition nicht zurück, wenn sie nichts abwirft… aber was sollten wir ohne ordentliches Schiff?

In einer der Sitzungen des Bruderschafts-Rats fanden wir dafür zügig eine Lösung. Die Cabezianer, die sich weder für Hurenhäuser, Spelunken, Brennereien, Holzfällerei und Fischerei eigneten brauchten Arbeit. Das Netzwerk der Bruderschaft brauchte das Gold und Silber der Großreiche. Soweit war alles klar. Wir, die Cabezianer, mussten also erstmals größere Schiffe bauen, als Schaluppen und Kutter.
Die cabezianischen Piraten waren nämlich seit Alejandro Pereras tagen einer Doktrin gefolgt: „Baue die kleinen Schiffe und Boote, die du für Schmuggel und Fischerei brauchst, alles Größere ist zu teuer und wird gekapert.“ An sich eine kluge Regel, denn der Bau hochseetauglicher, schlagkräftiger Schiffe für Kaperfahrten und Raubzüge war in der Tat ein teurer Spaß, allein schon bei dem Gedanken daran, wie kostspielig das Auftreiben der Bäume für den Groß- oder Hauptmast war, wurde mi schon schwindelig! Doch wir wären nicht die „Kinder“ Alejandro Pereras, würden wir uns da nicht durchbeißen!

In den Mondläufen seit dem Beschluss hatten sich mehrere lose Gruppen unter Leitung der Bruderschaft gebildet, die sich mehr und mehr zu Mannschaften formierten. Es wurde Holz geschlagen, geklaut oder gekauft, Nägel und Krampen herangeschafft, Werg, Taue und Seile, Werkzeug und viel, viel Gold. Denn Fachleute für den Schiffbau mussten bezahlt werden. Zwar galten alte, erfahrene Seeleute wie meine Wenigkeit als befähigt, darüber Bescheid zu wissen, wie ein Schiff innen wie außen auszusehen habe und worauf man beim Bau grundsätzlich achten müsse – so hatte ich seit meinen frühen 30ern zum Beispiel begonnen, ein Lehrbuch über Schiffskategorien, Takelage, Bewaffnung und Seemannschaft anzulegen – doch Zimmerleute waren wir bei allem guten Willen nicht! Allein beim Richten des Mastholzes konnte so viel schief gehen…!
So kam es, dass eine dieser werdenden Mannschaften, die unter der Hand „die Alten“ genannt wurde, sich in Bajard einfand, um nach Fachkräften zu suchen. Zu der illustren Runde zählten unter anderem alte Hasen wie Sebastiano, ehemals 1. Kanonier, der Haudegen Bartos, der bärbeißige Gonzales und meine Wenigkeit, neben einigen jüngeren „Unverbrauchten“. Dieser bunte Haufen geballter Altersweisheit (von den jungen Hunden war nur einer dabei) fand sich dieser Tage bei einem Meister der Tischlerei direkt am Bajarder Hafen ein, der dazu bestimmt war, uns ein Schiff zu bauen. Der gute Mann hieß Othis Gruenwald und wusste noch nichts von seinem Glück, als wir in seinen Laden einfielen. Nachdem die Kundschaft, die vor uns bei ihm war, gegangen war (zwischenzeitlich hatte uns der Umstand, dass der Meister Instrumente herstellte, gütlich gestimmt), offenbarte ich ihm unsere Pläne, die wir mit ihm hatten. Zwar gab Meister Gruenwald zu, dass er noch nie ein Schiff gebaut hatte, aber, ganz der professionelle Zimmermann, Arbeit nach Bauplänen sei für ihn ein Leichtes. Zudem sicherte ich ihm die tatkräftige Unterstützung von uns allen zu – gemeinsam wäre die Unternehmung sicher in zwei, drei Monden schaffbar. Da wir Gold und Material vorweisen konnten, erklärte sich der Zimmermann sogleich dazu bereit, den Auftrag anzunehmen und darüber hinaus auch noch die übrigen Fachleute, derer es bedurfte, anzuwerben.

Das Schiff unserer Wahl war eine Brigg. Ein schnittiger Zweimaster, der das rechte Mittelmaß zwischen Größe und Schnelligkeit, Schlagkraft und Manövrierbarkeit aufwies, zudem waren die Segeleigenschaften respektabel. Sie ließ sich mit ordentlichem Takelungs-Plan mit einer Hand voll erfahrenen Männern selbst im schwersten Sturm segeln und konnte bei Bedarf eine solide Entermannschaft aufnehmen. Luxus sah natürlich anders aus, aber man fuhr ja nicht zur See, um im Himmelbett zu nächtigen, sondern um Profit zu machen! So lieb mir dieser Schiffstyp auch war, in einer Sache war ich mit unserem Hang zum Abstimmen nicht zufrieden: Die Mehrheit unserer Mannschaft hatte sich dazu entschlossen, dem Schiff keinen Namen zu geben. Abergläubisch wie ich war, konnte und wollte ich das nicht hinnehmen, ich würde einen Weg finden, um dieses Unheil von uns abzuwenden – und wenn es im Geheimen war, nur zwischen dem Schiff, der See und mir. Schließlich wollte ich nicht beim nächstbesten Orkan bei den Fischen landen.

Trotz allem: Die nächsten Tage würden nach Sichtung der Werft und der Baupläne spannende Wochen und Monde (klickmich) versprechen.

_________________
Jaron "Lysander" Sylva, Kapitän der Namenlosen

"Krieg, Handel und Piraterie,/Dreieinig sind sie, nicht zu trennen."
Mephistopheles, Faust II


Zuletzt bearbeitet von Jaron Sylva am 30 Apr 2016 08:43, insgesamt einmal bearbeitet
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Jaron Sylva





 Beitrag Verfasst am: 17 Sep 2016 20:11    Titel: Episode 45 - Zäsur
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Episode 45 - Zäsur

Ashatar 259
Auf La Cabeza



Das Jahr hatte viele Veränderungen mit sich gebracht, und der Sommer war noch nicht einmal ganz herum. Bald würde es wieder stürmisch werden auf See - und unser Schiff in See stechen können.
Ein solcher Sturm war uns auf der Nebelinsel erspart geblieben. Wir Cabezianer beherrschten uns seit dem Tod des alten Perera selbst, wie schon immer - nur geschah es jetzt offen. Verträge wurden geschlossen, im Geheimen und offen, Bündnisse geschmiedet, Verräter gebrandmarkt.
Ich selbst war zum Kapitän gewählt worden, was mich wohl mehr mit (Selbst)Zufriedenheit erfüllt, als es gut für mich wäre. Stolz bringt einen früher oder später schließlich immer ins Grab; und doch kam ich nicht umhin, mich an jenem Abend darauf gefreut zu haben, meiner Frau von dem Aufstieg an die Spitze zu berichten.
Als der Tag im Ahsatar, an dem sie es erfahren sollte, letztlich gekommen war, hätte ich mir mein verbliebenes Bein auch noch ausgerissen, um die Geschehnisse des Tages zu ändern: Jane Sylva, meine diebische Jacky, meine Frau fand den Tod durch heimtückisches Gift, das sie für Medizin gehalten. Mit ihr starb der alte Jaron, den sie liebewvoll "Lissy" gerufen hatte.
Bald wollte unser gemeinsamer Sohn Esteban, mein Erstgeborener, von seiner seemännischen Ausbildung auf See heimkehren. Er war mittlerweile zum Mann geworden und würde seinem Vater ein würdiges Mitglied der Mannschaft sein. Wie sollte ich ihm nur erzählen, dass er nach all den Jahren, da er fort von zu Hause war, nur noch seinen Vater - zum Krüppel geworden -, nicht aber seine Mutter vorfinden sollte?

Die Trauerfeier für Jacky fand am Strand in kleinem Kreise statt. Meine Frau hatte nur wenige Freunde unter dem Pack, was gewiss auch an ihrer unsteten Rastlosigkeit gelegen hat. So kamen nur jene, die es wirklich betraf - ein Umstand, der mir gelegen kam. Denn ich hatte Jacky schon viele Stunden vorher alleine auf hoher See bestattet, so wie sie es immer gewollt hatte. Der Rum und all die anderen kleinen Präsente, die von der Trauergesellschaft gestellt wurden, fanden noch am selben Abend, der voller warmer Worte und Alkohol war, auf meinem neuen Kutter den Weg hinaus zu der Stelle vor der cabezianischen Küste, an der Jacky nun lag.
Ich würde diesen Ort in Zukunft noch öfter aufsuchen, das war mir klar. Denn mit wem sollte ich sonst über all die Dinge sprechen, die ich mit einem Sohn, einem Untergebenen oder einem anderen Kapitän nicht reden konnte?

Wohin es meine Heimat La Cabeza auch in den nächsten Jahren führen würde, ich wollte alles daran setzen, dass es ein besserer Ort wäre, als der, den meine Frau auf so furchtbare Weise hatte verlassen müssen.

Und um das zu erreichen, musste ich den Mann finden, der sie auf dem Gewissen hatte...

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Jaron "Lysander" Sylva, Kapitän der Namenlosen

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Zuletzt bearbeitet von Jaron Sylva am 17 Sep 2016 20:13, insgesamt 2-mal bearbeitet
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