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"Böse ist, wer Böses tut."
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Dern´xulvor





 Beitrag Verfasst am: 03 Feb 2009 00:00    Titel: "Böse ist, wer Böses tut."
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Dern'xulvor hatte sich noch nie viel von seiner Familie erwartet. Er war ein Sohn eines längst toten Säbelschwingers und einer Lethra, die inzwischen einem Lethyren mittleren Ranges diente. Er hatte vier Halbbrüder; auch wenn sie sonst kaum etwas konnte, war seine Mutter also immerhin nützlich.
Und ihrem neuen Meister war es zu verdanken, dass sich in seinem Alter eines Heranwachsenden überhaupt jemand für ihn interessierte.
In Dern'xulvor vermeinte der Lethyr, die Begabung für Vaters Lied zu verspüren und auf einfachste Übungen für die Manipulation des Liedes, für die Benutzung von Alatars Disharmonie, schien der Jüngling durchaus anzusprechen. So folgte eine Zeit des ersten stupiden, trockenen Lernens einfachsten magischen Grundhandwerks wie Meditationsübungen und das Wälzen von Büchern. Er nahm es hin, gehorchte, doch Begeisterung weckten diese Dinge bei ihm nicht, selbst die Aussicht der hohen Ehre, Vaters Werk zu nutzen, ließ ihn nur mäßig frohlocken.
Mäßig... nun, es war auch nicht so, dass er sich gar nicht dafür erwärmen konnte. Er saß über einem Standardwerk der Lobpreisungen an den Panther und die wässrig-grünen Augen glitten über die Zeilen, ohne den Inhalt wirklich zu erfassen. Doch die in Tinte gebannten Worte hatten von der Perfektion von Alatars Werk gesprochen, von der Größe, zu der sich alles unter seiner Tatze entwickeln würde, und wieder fragte sich der Lethyr in Ausbildung, was er mit seiner Gabe denn eines Tages anfangen würde. Lethyr sein... schön. Was würde er schaffen? Sollte er sich der Kunst der Beschwörung widmen, Kreaturen fremder Domänen zu sich zwingen und seinem Willen unterwerfen? Der Gedanke ödete ihn bereits an, noch während er es sich ausmalte. Zu gewöhnlich. Mit Feuer und Blitz um sich werfend Tod und Verderben bringen? "Und wozu haben wir Lethrixe...?", dachte er wieder nur gelangweilt.
Nein, es musste... feiner sein. Beherrschung? In einen fremden Geist eindringen, manipulieren... die Bilder, die sich in seinem Kopf formten, fesselten ihn schon mehr. Bis in die tiefsten Strukturen eindringen, umformen - nein! - das wahre Wesen... herauszukehren. Eine Gänsehaut faszinierter Erregung glitt ihm über die graublaue Haut.
Er könnte... säubern. Diese ganze Schicht aus Lügen und Verblendung, in die die ach so "lichten" Götter die Menschen wickelten, könnte er versuchen, hinfortzuschälen, das wahre Naturell aufzudecken. "Ich werde ihnen zeigen, wie sie wirklich sind. Wie tief in ihnen begraben ihre wahren Wünsche und Triebe sind." In Gedanken stellte er sich vor, wie er sich mithilfe der Magie immer tiefer in die Strukturen eines solchen Menschlings grub, doch schon bald stockten seine Gedanken hierin.

Wie sah so ein Mensch überhaupt aus? Wie war er geschaffen, und was unterschied ihn von einem Letharen? Was an diesem Unterschied war dann tatsächlich die Ursache für das falsch-sein der Menschen? Konnte man das entfernen? War das wirklich nur ein geistiger Makel?
Eigentlich brauchte man einen Menschen, die verweichlichten rosahäutigen Gebilde doch nur anzusehen, um zu erkennen, dass sie minderwertig waren. Aber was fehlte ihnen zur Perfektion?
Er sollte Grundlagen lernen... und beschloss, seine eigenen festzulegen. Erstmal musste er wissen, wie ein Mensch überhaupt war, bevor er ihn manipulieren konnte. Und eigentlich musste er ja auch wissen, wie Letharen waren. Doch das Forschen nach Kenntnissen, wie er sie brauchte, war bald frustrierend. Jede Menge vollmundiger Beschreibungen, was für Narren die Menschen doch alle waren, doch nur wenigste Schilderungen über ihren Aufbau, ihre Natur, Normen, Abweichungen. Er fand heraus, dass ein Buch tatsächlich über die Manipulationen am menschlichen Geist schrieb, doch man ließ ihn nicht an dieses Werk. "Verstehst du noch nicht", war die Quintessenz dessen, was man ihm dazu sagte, "Lerne lieber anständig meditieren und deinen Geist zu sammeln."

Doch es ließ ihm keine Ruhe. Einmal versuchte er, seine inzwischen wirr ausgeuferten Ideen und den Wust an Fragen seinem lethyrischen Mentor zu erklären, doch außer einer schmerzlichen Lektion in Gehorsam, mit der er zurück in die Lernstube gejagt wurde, brachte das nichts.
"Der Sitz der Seele ist die Milz", las er in einem der nächsten Bücher und zog stutzig den Kopf zurück? Milz? Was war das denn? Ein anderes Wort für Herz? Nein. Die nächsten Recherchen stürzten ihn in heillose Verwirrung. Die Milz war ein inneres Organ, nahe dem Magen. Ein Übersetzungsfehler? Eine unerforschte tiefe Wahrheit? Was waren eigentlich "lebenswichtige Organe"? Was konnte man also alles wegschneiden und trotzdem überleben? War dieses nicht lebenswichtige Zeug dann Müll, lagen darin die Quellen der Fehlerhaftigkeit einer Kreatur? Der Leib beherbergte die Harmonie, aber wo welche Teile davon? Konnte man die Melodie einer Kreatur also positiv verändern, indem man den Körper manipulierte? Diese Folgerung schien nur nahe liegend und logisch. Der Wunsch nach mehr Wissen, nach fundamentalerem Wissen brannte immer heftiger, und während schlafloser Nächte wälzte er sowohl sich herum als auch immer mehr Fragen.
Statt mit dem Einmaleins der Magie beschäftigte er sich mit sämtlichen anatomischen Studien, die er in die Finger kriegen konnte. Er stahl sich sogar aus dem Unterschlupf, um - recht erfolglos - nach Werken draußen zu suchen, die ihm weiterhelfen konnten. Mehrfach gab es Rügen und Strafen dafür, dass er seine eigentlichen Aufgaben darüber vernachlässigte, doch selbst wenn er sich mit dem Geforderten einige Stunden beschäftigte, wurde es bald wieder ins Vergessen gedrängt von den ganzen interessanteren Dingen, um die seine bohrende Neugier kreiste.

Wie war ein sterbliches Wesen aufgebaut?
Er saß in seiner Stube, den Ellbogen auf einen Tisch gestützt, den Arm nach oben angewinkelt und betrachtete diesen bei weit heruntergekrempeltem Ärmel. Ein Arm. Sein Arm. Der Arm eines Letharen, ein vom Panther dem Menschen bevorzugtes Wesen. Dem Elfen entsprungen, und doch waren sie längst... anders. "Worin anders? Ja nicht allein aufgrund der Hautfarbe. Wo in der Haut ist die überhaupt? Kann man sie entfernen? Oder verändern?" Wieder kreisten tausend Fragen durch seinen Kopf, während sein Blick bohrend auf der Haut lag, die kleinen Falten an den Fingern betrachtete, fasziniert langsam die Hand öffnete und schloss, die Finger einzeln bewegte... sein Blick studierte Muskeln, feinste Poren, beobachtete das feine Pulsieren des Blutes in den Adern. Doch der äußere Anblick reichte ihm nicht. Er wollte tiefer.
Er griff das schärfste, schmalste und kleinste Messer, das er hatte finden können, er hatte es extra noch von einem Letherix schleifen lassen, bis nicht die kleinste Kerbe mehr darin war, und setzte bei stierem Blick, dem nichts entgehen sollte, die Klinge an seiner Haut an. Wie tief konnte er schneiden, ohne zu bluten?
Es wurde ein sehr lehrreiches Experiment, von sprichwörtlich einschneidender Tragweite. Es war sehr ungünstig, an sich selbst solche Versuche zu tätigen, denn spätestens wenn ihm unabwendbar die Tränen in den Augen standen, konnte er nicht mehr genau beobachten, was er tat. Auch das austretende Blut war sehr lästig, wo es den Blick auf tiefere Schichten überdeckte. Wobei sich dabei gleich die Frage stellte, aus wie vielen Schichten ein Lethar denn so bestand, also in wie viele man ihn schneiden konnte... Außerdem hatte jegliches Interesse, so immens es auch war, schließlich der Wunsch überdeckt, in dem Tun aufzuhören und zu schreien. Er stellte fest, dass er ein Idiot gewesen war, vor dem Versuch nicht auch Heilmittel bereitzulegen und dass die linke Hand ungenauer arbeitete und entbehrlicher sein mochte als die rechte, ihr Fehlen sich allerdings ebenso als enorm hinderlich herausstellte. Es ärgerte ihn, dass das Ganze nicht so einfach wiederholbar war und mit dem Heilen auch wieder die Möglichkeit verschwinden würde, sich die Regionen unter der Haut und das alles länger und genauer anzusehen und im Gedächtnis zu behalten. Er stellte generell bei dieser Problematik fest, dass er zeichnen lernen musste, um seine Forschungsergebnisse besser festhalten und später mit anderem vergleichen zu können. Und er musste einen Heiltrank verwenden, was den nächsten Katalog an Fragen auslöste, wie sich Alchemie auf Körper, Harmonie und Struktur eines Lebewesens auswirkte.

Die nächste Trotteligkeit war das Vergessen von der Prüfung am nächsten Tag.
Ein Standardzauber, er sollte inzwischen in der Lage sein, aus dem Fluss der Magie und seinem inneren Bedürfnis des Hungers heraus eine simple Manifestation von Nahrung zu bewerkstelligen. "Brot, Schinken... was dir am ehesten liegt", erklärte der Lethyr großmütig. Dern'xulvor schluckte, blinzelte dann nachdenklich und senkte konzentriert wirkend den Kopf. Zufrieden nickte der Lethyr und horchte selber in die Melodie seines Schülers. Doch es geschah nichts. "Worauf wartest du?", herrschte der ältere Lethar den Anfänger vor sich an. Dern'xulvor hob den Blick. Merklich mit den Gedanken sonstwo, bot er gerade das perfekte Bild eines sinnierenden Magiers. "Meister...? Was unterscheidet das Fleisch für ein Stück Schinken eigentlich vom Bestandteil des noch lebenden Tieres? Es ist kein lebenswichtiges Organ - kann man den Schinken vom Schwein schneiden und dafür sorgen, dass es weiterlebt? Und würde er nachwachsen, hätte man dann nicht nachwachsenden Schinken?"
"Ist das alles, was du mir nach acht Monaten Studium zu bieten hast, du Nichtsnutz?!", brüllte der Lethyr ihn an und sprang aus dem Sessel, nachdem er die Sprache endlich wiedergefunden hatte. Vor ihm wurde Dern'xulvor ein Stück kleiner und wäre sicher blass geworden, hätte man das bei seiner Haut näher feststellen können. "Ich gebe dir noch eine Möglichkeit, irgendwas an Magie zu wirken, ob du nun ein Brot formst oder eine Kerze anzündest", fauchte der Lethyr weiter, "Aber stell stattdessen noch einmal so eine irrwitzige Frage, und ich verwandle dich in ein Schwein und gebe dir die Antwort anhand von deinem eigenen Beispiel!"
Dern'xulvor schwieg. Er hatte nicht den blassesten Schimmer, was er nun tun sollte, sein Kopf war wie leergefegt. Er versuchte, sich an die grundlegendsten Lehren zur Meditation und Disharmonie zu erinnern, doch egal, was er in sich zu "greifen" und zu manipulieren versuchte, es kam ihm nichts in sich wie ein veränderbares Werkzeug vor, nichts was nicht natürlichster Bestandteil von ihm gewesen wäre, nichts was er hätte benutzen können, ohne seinen Körper zu bewegen. Und schon wieder kreiste die nächste Frage hartnäckig in seinem Kopf, wo Bewegungen überhaupt herkamen.
Auch der Lethyr brachte sich wieder unter Kontrolle und lauschte - nichts. Seine Augen wurden schmale Schlitze. "Du bist unfähig", zischte er Dern' an, "Wenn du je die Gnade Vaters hattest, hast du sie mit deinem Unfug und der Dummschwätzerei verspielt. Geh mir aus den Augen und sieh zu, wie du dich in unserer Gemeinschaft noch nützlich machst, oder du Tagedieb wirst es bereuen! Schweineschinken... ich fasse es nicht!" Wütend jagte er dem flüchtenden Letharen einen Blitz hinterher.

Seiner Wut ließ auch Dern'xulvor freien Lauf, als er in blinder Flucht in einem abgelegenen Teil des Unterschlupfs keuchend ankam. "Ich BIN nicht nutzlos! Diese ... Pfuscher! Manipulieren an Dingern herum, die sie nicht einmal tief gehender erforscht haben, als einem Höllenhund das Pyrian aus dem Fell zu kratzen, wenn er tot ist! Wollen einen menschlichen Geist bekehren und wundern sich, wenn es keinen Bestand hat! Ob jemand dem Herrn folgt oder nicht, ist nur Zufall, was? Pah! Jeder rechte Inhalt braucht schließlich auch ein rechtes Gefäß! Ich werde... ich werde...!" Seine Augen funkelten zornig. Der Schmerz des magischen Blitzes brannte noch auf seiner Haut und er öffnete ruppig sein Hemd, um in fasziniertem Wahn die Bahnen des blasenwerfenden verbrannten Fleisches zu betrachten. Ihm ging auf, dass ihm die Magie völlig egal, bestenfalls zweitrangig war. Ihm wurde klar, dass man ihn nicht einmal mit Folter dazu gebracht hätte, diese Lehren tatsächlich bereitwillig zu verinnerlichen. Dass sein Interesse woanders lag: am körperlichen. Am Lebenden. An dem lebenden Wesen, in dem Magie überhaupt erst ruhte.
"Schmerz reinigt. Schmerz klärt." Diese Lektion des Glaubens wandelte sich just in Begreifen. Schmerz half, aufzuzeigen was einem wirklich wichtig war, und es förderte elementarste Bedürfnisse zutage, wie er in seinem Selbstversuch festgestellt hatte. Schmerz wischte Lügen hin fort. So simpel, wie einem der Grund für Folter sonst erscheinen mochte, es kam ihm gerade vor wie die Entdeckung des Jahrhunderts und eine medizinische Notwendigkeit.
Und er war sich völlig sicher, wenn er in Verbindung mit Schmerz die nötigen Manipulationen an einem lebenden Wesen vornahm, konnte man es vorbereiten und den Körper formen, um leichter, um angemessen die Lehren des Panthers anzunehmen. Manche mochten stark genug glauben, um die Fehlerhaftigkeit ihres Körpers zu überwinden - oder sie unterschieden sich bereits in einem unbekannten Detail körperlich von den Nichtgläubigen. Dern's Kinn hob sich in neuer Entschlossenheit. Er würde forschen. Er würde katalogisieren, analysieren und herauskriegen, was das Leben in einem Körper verankerte und wie Manipulationen des Körpers sich auf den Geist auswirkten. Doch dazu musste er bis ins kleinste Detail um die Unterschiede wissen.

"Saubere weiße Tücher, ein mal ein Schritt, zehn davon fein gewebt, zwei in gröberer Webart. Ein Tuch, weiß, ein mal zweieinhalb Schritt lang. Zwanzig Einmachgläser, Durchmesser... ähm, ja, verschiedene Durchmesser. Reiner Alkohol. Papierbögen, fünfzig Stück, Kohlestifte, Messer, fein geschliffen, zehn Rasiermesser... dünne Haken?" Verwirrt sah die Lethrixare von der Bestellliste auf und musterte den jungen Letharen, der drauf und dran schien, volljährig zu werden. "Du willst dich als Heiler betätigen, oder was wird das?", entkam es ihr etwas spöttisch.
"Heiler..." echote der Bursche tonlos, als könne er mit dem Begriff nichts anfangen, schwieg eine Weile, die sie mehr und mehr irritierte, bis sich ein fanatisches Glänzen in seine wässrig-grünen Augen legte, das sie nur zu gut kannte. "Ja, ich werde heilen", wiederholte er plötzlich stolz. "Ich werde sie von ihren Fehlern und körperlichen Schwächen heilen."
Etwas lag in der Stimme, das ihr Gänsehaut bereitete, und sie entschloss sich, rasch das Verfügbare zu bringen und besser keine Fragen mehr zu stellen.
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