Kleiner Schmetterling Yara

[Yara Leijla Masari]

Aiwa, sie war wieder zuhause. Sternenstaub, Sternkind. Wie lange hatte sie sich nach der Heimat gesehnt? Radeh hatte lange, bevor sie sich auf den Weg gemacht hatte ein Schreiben an Amira und an Khalida verfasst, nach beiden sollte sie sich auf die Suche machen.

Die erste Begegnung mit Khalida ... sie erinnerte sich genau. Yara selbst wusste, sie war nicht sonderlich groß für eine Kriegerin. Aber sollte man ihr deswegen keine Möglichkeit geben sich zu beweisen? Immerhin verlief die Schatzsuche erfolgreich und sie lag kein einziges Mal im Sand. Auch den Palast hatte Khalida ihr gezeigt, sollte Yara vielleicht als Wache der Haremsdamen eingesetzt werden. Dort lernte sie Jala aus dem Hause der Taj kennen, eine aufgeschlossene Haremsdame, die ihr recht freundlich gegenüber trat. Auch Nasira, eine ihrer Cousinen hatte sie schon kennengelernt. Auch sie war im Harem. Amira hatte sie bisher aber kein einziges Mal gesehen. Wohl schien sie zu beschäftigt, um sich ihrer anzunehmen. Verübeln konnte man es dem Oberhaupt der Masari nicht und dennoch zierte die Enttäuschung Yaras Züge. Sie hatte weitaus mehr erwartet. Aber vielleicht war auch sie es, die einfach zur falschen Zeit an den falschen Orten war.

Und dann war da dieser Abend in der Taverne. Khalida saß dort mit einem weiteren Menekaner, wer es war wusste Yara nicht. "Ein fremdes Gesicht, wer bistn du?"

- Aiwa, sie wünschte sich, dass sich ein Loch im Boden verformte. Es war der Großwesir selbst, der dort saß. Raakin Yazir also. Oh welche Schande, sofort verneigte sie sich und stammelte etwas, peinlich berührt wie sie war. Es war einfach nicht ihr Tag gewesen. Konnte sie ihm denn jemals wieder unter die Augen treten? Aber aiwa, sie konnte. Schon am nächsten Tag suchte sie seinen Turm auf, der auf der kleinen Insel thronte, ebenso wie die Akademie Leviathan, die immerhin unter seiner Leitung war. Eigentlich wollte sie sich bei ihm entschuldigen für ihr burschikoses Verhalten. Aber dazu kam sie nicht, er spannte sie umgehend ein, seinen Turm einzurichten. Sie war kräftig, sie konnte Möbel tragen und hatte auch noch Sinn für Ästhetik. Also begann sie, seine Räumlichkeiten so einzurichten, dass sie ihm getreu wurden. Sie betrachtete ihn nie genauer, dabei wäre sie sich blöd vorgekommen. Aber ihr waren die grünen Augen aufgefallen und der Ring an seinem Finger. Der Großwesir war verheiratet, natürlich war er das. Der zweitmächtigste Mann im Reich sollte keine Frau haben? Auch den Namen seiner Frau hatte er erfahren. Aalina. Aber sie war wohl von ihm fortgegangen. Aber Yara dachte nicht weiter über seine Worte nach, Worte, in denen er zwischen den Zeilen längst angedeutet hatte, was wirklich war. Stattdessen konzentrierte sie sich weiterhin auf die Arbeit und als sie letztendlich fertig war, überreichte er ihr ein kleines, goldenes Armband. Sie konnte es nicht annehmen, das war viel zu viel Dank für ihre Mühen, die sie gerne gemacht hatte. "Willst du mich beleidigen?"
- Neda, natürlich wollte sie das nicht. Sie nahm das Armband an sich und umklammerte es in ihrer Hand. Eilig verließ sie den Turm, als er ihr die Türen geöffnet hatte.

Zuhause setzte sie sich vor ihr Haus an den Brunnen und reinigte sich die Füße wie auch die Hände. Ihr blick schweifte in dem Rauschen des Wasserfalls ab. Es gab bestimmt nicht viele Frauen, die diesen Namen trugen. Sie war sich sicher, dass es sich um eine ihrer Cousinen handelte und sie würde sie kennenlernen wollen. Schnell winkte sie eine Wache zu sich. "Weisst du etwas über sie?" Doch die Wache senkte nur den Blick und er erzählte die lange Geschichte. Eine Geschichte, die Yara langsam zu verstehen begann. Natürlich, er sagte ihr, sie würde nicht wieder kommen und nichts wäre für die Ewigkeit. Geschockt führte sie ihre Hand zu ihrem Schleier. Was für ein Schmerz musste es gewesen sein jemanden zu verlieren, den man geliebt hatte? Und das schien so gewesen zu sein, zumindest sprach er über sie, als wäre sie eine wunderbare Frau gewesen. Sie zog sich eine Rüstung an und machte sich auf den Weg zum Grab der Ahnen. Sie hatte ihre Cousine zwar nie kennengelernt, aber dennoch wollte sie ihr einen letzten Abschiedsgruß dalassen. Ebenso wie ihrem Cousin Saheeb und ihrer Cousine Zaina, die, wie sie erfahren hatte, auch längst in Eluives Armen geborgen waren.
Als sie wieder zuhause war, - der Tag war ohnehin schon anstrengend genug -, ging sie in den Keller, um sich in ihr Bett zu legen. Von der Rüstung befreite sie sich und hüllte ihren schmalen, geübten Körper in eine Toga. Rahiq, der mit ihr zusammen wohnte, war vielleicht der Einzige, der sie so sehen durfte und konnte und dennoch waren sie sich nie so über den Weg gelaufen. Kurz lächelte sie, als sie an ihn dachte, immerhin stand noch ein Essen zwischen ihnen beiden aus - von Cousin zu Cousine. Und dennoch zauberte sich dadurch ein Lächeln auf ihr Gesicht. Das Goldarmband, welches ihr schmales Handgelenk umfasste, beobachtete sie noch eine Weile und strich mit den Fingerspitzen darüber. Sie würde es in Ehre halten, - ein Geschenk des Großwesirs. Ihre kindlichen Augen verschloss sie letztendlich, um sich der Ruhe der Nacht zu widmen.