Das Amulett

[Shaja]

Kettenglied um Kettenglied fädelte Shaja auf das dünne Hanfseil.

Sie hatte etliche kleine Holzröhrchen geschnitzt, das Nussholz auf Hochglanz poliert, eingeölt und wieder trocken poliert.

Nach allem was in den letzten Tagen vorgefallen war, fuehlte sie sich immer noch elend.
Verführt von ihrem Wunsch nach einem Gefährten, war sie dem Glauben gefolgt, sie könne einen Elfen mit einem Mensch vergleichen. Sein Denken in der gleichen Art begreifen, wie ihr eigenes, und hatte demnach alles falsch verstanden.

Viel zu viel hatte sie in der Zuwendung dieses Wesens gesehen. Betört war sie gewesen von seinem Duft, seinen eigentlich unverfänglichen Berührungen. Dabei wollte Malgallad nur nett sein, ihr auf seine Art zeigen, daß er sie mochte. Nicht mehr.

Shaja kannte soetwas nicht. Aufmerksamkeit in der Art einfach so zu geben, ohne mehr zu wollen, das war ihr nicht in den Sinn gekommen.
Darüberhinaus waren sie sich in so vielen Dingen ähnlich, daß sie in diesem Moment an Fügung, an ein Schicksal glauben wollte, das es gut mit ihr meinte.

" ... dummes Ding. Dein Schicksal liegt woanders. Nur die Geduld fehlt dir ... "

Wie ein großer Traum war dieser Abend vorbeigezogen, und es hatte ein paar Tage gedauert, bis der Höhenflug vorbei und sie wieder aufgewacht war.

Sie hatte über Falk geschimpft. Hatte seine Versuche, ihr einen harten Aufschlag in der Wirklichkeit zu ersparen, als Bevormundung empfunden. "... dummes Ding ..." und ihm damit einfach Unrecht getan.

Wie hatte sie sowas denken können ? War ihr Blick so verklärt gewesen ? Ihre Panik so groß ?
Shaja wusste es einfach nicht. Sie hatte ihrem Empfinden nachgegeben, und es war falsch gewesen.

Nun blieb ihr nichts weiter übrig als die Scherben ihres Handelns so gut es ging aufzukehren. Kettenglied um Kettenglied fädelte Shaja auf das dünne Hanfseil.

Sie fühlte sich elend und schämte sich im Nachhinein endlos. Und das alles nur weil sie ansich nichts über Elfen wußte. " ... dummes Ding !!! ... "

Selbst bestrafen konnte sie sich schlecht. Und alle Andern schienen es ihr nachzusehen. Man erliege diesem Charme recht schnell, meinten sie, und es waere ja nicht so schlimm gewesen.

Mag sein, dass es so ist, nur Shaja ärgerte sich so über sich selbst, dass sie irgendeine Art von Buße verrichten musste.
Sie hatte sich Arbeit machen wollen, etwas beweisen, etwas dafür tun, dass sie das nicht mehr vergaß. Etwas für Falk, dass er sie nicht vergaß, und daß er sich freute.

So absurd und naiv das auch sein mochte, für Shaja hatte es Bedeutung. Sicher war damit nicht alles vom Tisch und sie wollte sich auch nicht von ihrer Schuld, wie sie es sah, freikaufen.

Aber irgendwas hatte sie doch tun müssen um zu zeigen was sie empfand ?!?

Shaja musterte den kleinen Wolfskopf zwischen ihren Fingern. Die feinen Arbeiten im Holz, die kleinen Augen, Ohren, die Struktur des Fells die sie hineingeschnitzt hatte. Es war ihr gut gelungen. Zwar erst im vierten Anlauf, aber dafür war es nun umso schöner und sah täuschend echt aus.

Sie fädelte den Kopf in der Mitte der Kette, durch ein Loch, welches sie im Nacken gebort hatte, auf.