FAQ Login
Suchen Profil
Mitgliederliste Benutzergruppen
Einloggen, um private Nachrichten zu lesen
        Login
Korporal a.D.
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Korporal a.D.
Vorheriges Thema anzeigen :: Nächstes Thema anzeigen  
Autor Nachricht
Giselbert van Stein





 Beitrag Verfasst am: 18 Nov 2006 22:56    Titel: Korporal a.D.
Antworten mit Zitat

Erster Teil - Ein Reitunfall

Oberleutnant Meinhard von Ellenbruch, dritter Sohn des verstorbenen Freiherrn Theobald von Ellenbruch, gehörte zu der selteneren Sorte Mensch, die sich darauf versteht ein angenehmes Leben zu führen und die Dinge mit der nötigen Leichtigkeit zu nehmen und zu genießen. Aus dem Erbe seines Vaters, dessen Dienste für das Reich sich seit jeher eher in goldener Münze als im blitzenden Schwert bemerkbar gemacht hatten, war ihm auch als drittem Sohn noch eine stattliche Leibesrente geblieben, die alle Ausgaben, die zu einem angemessen, adeligen Lebensstil gehörten, deckte. Als kluger Mann von Welt war ihm dieser Umstand nicht verborgen geblieben und er hatte frühzeitig damit begonnen Geldrente und Sold sorgfältig zu trennen. Während Erstere seinem eigenen Bedarf zu gute kam und daraus standesgemäße Unterkunft, Kleidung, Pferd, Dienstmädchen, Speise und andere Dinge häuslichen Bedarfs bezahlt wurden, legte er sich bei seinem Sold von vornherein darauf fest, diesen ausschließlich dazu zu verwenden, um seinen Kameraden, seinen Vorgesetzten, geschmackvollen Frauenzimmern und anderen Personen, denen er sich gefällig machen wollte, kleine Gefallen zu erweisen. Ein erfolgreiches System, das ihm vom Kadetten bis zum Oberleutnant begleitet hatte und aufgrund der Beschränktheit des Soldes zur Folge hatte, dass er stets etwas zu geben hatte, gleichzeitig aber nie zu viel, also ohne dabei gönnerisch oder schmeichlerisch zu wirken, so dass er sich der Neider wenige hielt und der Freunde umso mehr. Da er nicht die Angewohnheit hatte ehemalige Wegbegleiter zu vergessen oder hochmütig auf Kadetten und Gardisten hinab zu blicken, ja gelegentlich dazu neigte seine Untergebenen auch mit heiklen Privatangelegenheiten zu betrauen, wie dem Auftrag einer Ehefrau hinter dem Rücken ihres Gatten ein Billett poetischen Inhalts zu überbringen, wofür üblicherweise eine gute Flasche Branntwein oder ein prall gefüllter Tabaksbeutel heraussprangen, erfreute er sich allgemeiner Beliebtheit.
Da aber kein Mensch ohne Feinde ist und jede Haltung gleichermaßen Bewunderung wie Verachtung erzeugt, sei nicht verschwiegen, dass er sich bei manch ehrgeizigem Grünschnabel, militärischem Idealisten oder anderen Personen von übertrieben hündischer Wachsamkeit und Jaulmanier dank einer gewissen Laxheit nicht allzu beliebt machte, zumal auch ein gelegentlicher Spaß über Garde oder Reich zu seinem Repertoire gehörte und er den Dingen im Allgemeinen keinen übertriebenen Ernst beimaß. Dieser Oberleutnant also, den nichts mehr schreckte als ein Kasernenhof voller disziplinierter, todernster Rekruten, betrat in einem Sommermonat des Jahres 248 den Schauplatz unseres Geschehens, von dem wir im folgenden berichten wollen.

Oberleutnant von Ellenbruch befand sich in großer Aufregung und das war höchst ungewöhnlich für ihn, denn er hatte keinen nächtlichen Einbruch in das Gemach einer verheirateten Frau vor, es gab keine Adelstocher die von ihm ein Kind erwartet hätte und ihm stand auch kein Streitgespräch mit einem patriotischen Vorgesetzten ins Haus. Was ihn in solchen Aufruhr versetzte war der Umstand, dass er sich in der Hektik einer Gefangenenflucht dazu hatte verleiten lassen einem Gardisten sein Pferd zu leihen. Und was ihn noch besorgter stimmte war, dass er es ausgerechnet Korporal Giselbert Stein geliehen hatte, einem alten Haudegen, der bekannt dafür war jeden Befehl zu wörtlich zu nehmen und die Pflichterfüllung im Gardedienst – nach dem Dafürhalten des Oberleutnants – eindeutig übertrieb. „Schnappen Sie ihn sich!“ hatte er dem Korporal noch nachgerufen und für diese unbedachte Zerstreutheit plagte ihn seit dem Augenblick, als er den Korporal mitsamt seines Pferdes über die erste Hecke hatte setzen sehen, ein furchtbares Selbstmitleid. Statt der verfolgenden Gruppe nachzueilen oder anderweitige Order zu geben, ging er zurück ins Kastell, zog sich in sein Schreibzimmer zurück und nahm aus der Schublade seines Schreibtisches eine Flasche Weinbrand, die er dort für genaue solche Zwecke aufhob. Dann wartete er und trank.

Es dauerte nach seinem Dafürhalten unendlich lange bis ein hektisches Klopfen unheilsschwanger an seiner Türe widerhallte und ein Kadett mit hochrotem Kopf ins Zimmer platzte. „Wir haben ihn Herr Oberleutnant!“ Auf den beunruhigten, ernsten Blick des Oberleutnants hin, der dem Kadetten höchst missbilligend und tadelnd erschien, in Wirklichkeit aber nur aus der verdrießlichen Sorge um sein Pferd entsprang, verbesserte sich dieser rasch: „Verzeihung Herr Oberleutnant. Wollte melden, dass wir den Flüchtigen wie befohlen festgesetzt haben.“ Der Oberleutnant richtete sich langsam auf und nickte mehrmals vor sich hin, ohne die erwartete Euphorie zu zeigen. „Und ist alles reibungslos abgelaufen ?“ Hier herrschte plötzlich betretenes Schweigen und es brauchte erst einige fragende Blicke des Oberleutnants, gefolgt von einem ungeduldigen Räuspern bevor der Kadett antworten konnte. „Herrn Oberleutnant wird es sicher nicht gefallen, aber es hat den Korporal erwischt.“ „Korporal Stein ?“, fragte dieser mit plötzlich höchst lebendiger Stimme nach. „Jawohl, Herr Oberleutnant.“ Eine Mischung aus Niedergeschlagenheit, denn er wähnte Schreckliches für sein Pferd, und morbider Faszination erfüllte das Gemüt des Oberleutnants als er diese Worte hörte und er konnte sich eine brennende, sadistische Neugierde nicht verweigern, als er sich erkundigte, ob es schlimm um ihn stünde. „Sehr schlimm“, antwortete der Kadett pflichtbewusst. Oberleutnant von Ellenbruch ließ sich umgehend zum Korporal bringen. Den ganzen Weg über sprangen seine Gedanken zwischen dem schadenfrohen Hochgefühl, dass es diesen militärischen Plagegeist endlich einmal erwischt hatte, und dem deprimierenden Gefühl, dass er für sein Pferd schwarz sah.

Der Anblick der Bahre, auf die man den Korporal gelegt hatte, beraubte ihn jeder Hoffnung, denn kaum hatte er sich genähert, da spürte er auch schon den Blick des Korporals auf sich, der offensichtlich ganz bei Bewusstsein war und ihn mit so dienstbeflissener und aufrecht bedauernder Miene betrachtete, dass dem Oberleutnant das Herz in die Hose rutschte. „Machen sie Meldung Herr Korporal“, brachte er noch mühsam hervor und dachte er voller Wehmut an die Flasche Branntwein, die er auf dem Schreibtisch zurückgelassen hatte. Dann hörte er die Worte des Korporals Stein, die dieser im ernsten, von Schwäche gezeichneten Ton eines Verletzten vorbrachte, und ihm wurde schwindelig: „Muss Herrn Oberleutnant leider Meldung machen, dass ich mit dem Pferd gestürzt bin, wie Herr Oberleutnant sich sicher schon gedacht hat, als er mich gesehen hat. Aber Herrn Oberleutnant wird sicher freuen, dass mir der Gefangene nicht entkommen ist, weil ich ihn im Sturz getroffen habe, und dass es ihm viel schlimmer ergangen ist.“ An dieser Stelle entwich den Lippen des Oberleutnants ein leises Stöhnen. „Muss Herrn Oberleutnant mein aufrichtiges Beileid für sein Pferd aussprechen und dass es sich leider ein Bein gebrochen hat und nur noch für den Schlachter geeignet ist. Spreche mich dafür aus, dass man es mir vom Sold abzieht, weil ich es ja zu Schand geritten habe.“ Oberleutnant von Ellenbruch wollte weinen, schreien und den Korporal erwürgen. Stattdessen rang er um Fassung und fragte beherzt: „Und wie geht es Euch, Korporal Stein ?“ „Denke, dass es bald wieder aufwärts geht Herr Oberleutnant und dass ich in ein paar Tagen wieder im Dienst stehe.“ ´Hoffentlich nicht`, schoss es dem Oberleutnant intuitiv durch den Kopf. Nachdem er sich dazu durchgerungen hatte dem Korporal gute Besserung zu wünschen, kehrte er wieder in sein Schreibzimmer zurück. Korporal Stein verweilte auf seiner Bahre und ließ ruhig und voller Zufriedenheit im Geiste Revue passieren, wie er dem Flüchtigen zugesetzt hatte.
 Nach oben »
Giselbert van Stein





 Beitrag Verfasst am: 19 Nov 2006 01:24    Titel:
Antworten mit Zitat

Zweiter Teil - Ein Reitunfall (aus anderer Perspektive)

Korporal Giselbert Stein, Sohn eines Steinmetz und einer Schneiderstocher, gehörte zu der zuverlässigen Sorte Mensch, die es gewohnt ist bei einer Sache, die man einmal ergriffen hat, zu bleiben und davon keinen Deut mehr abzuweichen. Vom Vater unbeeindruckt beschloss er im zarten Knabenalter von zehn Jahren, dass sein Platz in der königlichen Garde sei und war von diesem Entschluss nimmermehr abzubringen. Weitaus zu jung, um selbst einen Posten als Stallbursche und werdender Kadett anzunehmen, denn dafür brauchte es fünfzehn starke Mannesjahre, erklärte er sich im Alter von dreizehn Jahren als erwachsen genug und trat so als dreizehnjähriger Fünfzehnjähriger in der Rolle als Stallbursche in die Garde ein, wobei er seinem Vorgesetzten zwei Jahre unterschlug. Seit diesem Tag sind 35 Jahre vergangen und darunter war kein einziger Tag, an dem er seine Dienstpflicht willentlich oder wissentlich vernachlässigt hätte oder an dem seine Gedanken nicht bei der Garde gewesen wären, so dass es nicht verwundert, dass er auch im Alter von 48 Jahren noch immer im Junggesellenstand war, denn während Frauen das Soldatische und Disziplinierte am Manne durchaus entzückt, so doch nur dem äußeren Schein nach und für eine jede ist es ein Graus, wenn sie feststellt, dass der Mann auch an einem lauen Sommerabend unter einer Linde von nichts anderem zu reden weiß als von seinem Regiment, seinem Vorgesetzten und dem Vorteil von Zucht und Ordnung.

In den 35 Jahren, die seit seinem Eintritt in die Garde vergangen waren, stieg er vom Stallburschen zum Kadetten, vom Kadetten zum Gardisten und vom Gardisten zum Korporal auf, nur um dann fortwährend auf diesem Range zu verweilen und keinen Schritt mehr vorwärts zu kommen. Während seiner Laufbahn wurde er dreimal wegen ausgesprochener Tapferkeit ausgezeichnet und erlitt während seiner Dienstzeit vier schwere und neun leichte Verletzungen, was ihm allgemein Ehre und Anerkennung einbrachte. Die höheren Ränge vom Leutnant ab aufwärts sollte er nie erreichen, denn dafür mangelte es ihm gleichermaßen an Bildung, an Vermögen, an Fähigkeit und an Ehrgeiz, denn bei seiner Hingabe an die Garde blieb er stets streng dem Kreislauf von Befehlen und Gehorchen verhaftet und zeigte wenige Interesse daran, seine eigene Position zu verbessern. Da man sein Schicksal aber ergreifen muss und es niemandem von alleine zufliegt, blieb ihm bis auf den Zwangsaufstieg zum Korporal, der nach einer gewissen Dienstzeit unvermeidlich war, alle Schreibtischarbeit und Verwaltung erspart.
Unter seinen Kameraden und Vorgesetzten galt er grundsätzlich als tüchtig und vorbildlich, trug wenig Ehrgeiz und Hochmut zur Schau, wodurch er sich nicht viele Feinde machte, errang durch seinen Mut und seine Verwegenheit, die allein daraus entstanden, dass er außer der Garde nichts zu verlieren hatte, manche Anerkennung, die er kaum zu Nutzen verstand, und wurde von seinen Kameraden im Allgemeinen als zu dienstbeflissen erachtet, von seinen Vorgesetzten als erfreulich gehorsam und kurzsichtig, weshalb man sich hütete ihn bei Beförderungen zu privilegieren, denn ein blinder Soldat ist für jeden Befehlshaber von großem Wert. Animositäten erregte er bei all jenen, welche die Meinung teilten, dass zum Leben mehr gehören muss als sich einer Sache blind und ergeben zu verschreiben, die folglich jede Selbstaufopferung und uneitle Hingabe mit Skepsis und Unruhe erfüllt, wozu auch unser Oberleutnant Meinhard von Ellenbruch zählte. Dieser Korporal nun war es, der an einem schicksalhaften Tag des Jahres 248 einem flüchtigen Gefangenen nachsetze, wobei sich das folgend zu Schildernde ereignete.

Korporal Stein war sehr aufgeregt, denn soeben war ihnen der Kopf einer Räuberbande, welche wochenlang Wege und Straßen unsicher gemacht hatte, aufgrund der Unachtsamkeit eines jungen Gardisten entwischt und Wochen an mühevoller Kleinarbeit, die es gebraucht hatte um den Übeltäter zu stellen, drohten dahin zu gehen. Kurzentschlossen erbat er sich das Pferd seines Vorgesetzten, des Oberleutnants von Ellenbruch, nahm diesem schließlich die Zügel fast aus der Hand, als dieser sich noch ganz verdutzt und überfordert von dem plötzlichen Aufruhr zeigte, und schwang sich beherzt auf den Pferderücken, um dem flüchtigen Gefangenen anschließend nachzusetzen, der sich zu Fuß in Richtung der Marktgasse auf den Weg gemacht hatte. Als kluge Abkürzung wählte er den Vorgarten eines in der Stadt gelegenen Herrenhauses, denn guter Rasen und eitel gestutzte Hecken musste seiner Ansicht nach der Sicherheit und dem Gesetzeszugriff weichen, und stürzte dem Verbrecher hinterher, wobei er dem Pferd einiges abverlangte und auch sich selbst nicht schonte. Trotz des Aufwandes, bei dem er sein Pferd über eine Hecke springen ließ und durch eine andere mitten hindurch preschen, nur um dann, wieder auf dem Weg der gegenüberliegenden Häuserzeile angelangt, weiterzustürmen, wobei er einen Karren nur knapp verfehlte und einen Tuchhändler zu Tode erschreckte, gelang es ihm nicht den Flüchtigen vor der Marktgasse zu stellen, sondern erwischt ihn gerade eben am Eingang zu selbiger, wo sich beim schicksalhaften Sprung über einen ausgebreiteten Stand hinweg ein folgenschweres Unglück ereignete. Denn während der Flüchtige den Stand umkreiste, preschte er selbst geradlinig auf ihn zu, zwang sein Pferd zum waghalsigen Sprung und übersah dabei, dass hinter dem Stand einige wackelige Hölzer gestapelt waren, die Familien als Brenn- und Kochholz dienen sollten, so dass sein Pferd mit den Hufen keinen Halt fand, sich die Scheite lösten und Reiter und Ross ins Straucheln gerieten, nur um sich einen Sekundenbruchteil später zu überstürzen, wobei sie auch den Räuber, der mit diesem Sprung am wenigsten gerechnet zu haben schien, überraschten und so im Dreierpack einträchtig untergingen. Während es dem Korporal das Bein zerschlug, landete das Pferd zum Großteil doch auf dem Flüchtigen, der in Folge dessen sein Leben aushauchen musste, das er im Laufe seiner wohlverdienten Verhandlung wohl ohnehin verloren hätte, während das Pferd eine üble Verletzung davon trug, die bei solch edlem Tier leider selten Aussicht auf Heilung gibt, weshalb es später dem Metzger überantwortet worden sein dürfte.

Korporal Stein scherten weder das Pferd noch sein Bein besonders, denn er erachtete es als ganz selbstverständlich, dass die Durchsetzung des Gesetzes ein hartes Stück Arbeit war und dass man dafür manchmal Opfer bringen müsse. So war er recht zufrieden als man ihn auf eine Bahre lud und davon trug, denn er konnte sicher sein, dass er seine Pflicht getan hatte, schließlich war der Übeltäter gestellt.
 Nach oben »
Beiträge der letzten Zeit anzeigen:   
Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Korporal a.D.
Neues Thema eröffnen   Neue Antwort erstellen Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
Seite 1 von 1

 
Gehe zu:  
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben.
Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten.
Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen.
Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.




phpBB theme/template by Tobias Braun
Copyright © Alathair



Powered by phpBB © 2001, 2002 phpBB Group
Deutsche Übersetzung von phpBB.de