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Erestain und der schwarze Drache
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Erestain und der schwarze Drache
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 08 Nov 2006 02:36    Titel: Erestain und der schwarze Drache
Antworten mit Zitat

(ooc-Anmerkung: Aufgrund teils enger Anbindung an den offiziellen Shardhintergrund wurden die Grundkonzepte der Texte, speziell dieser hier, an den Staff geschickt und bekamen ein Okay. Bei Schwierigkeiten bitte melden.)

Brankhan und Alatar

Jugendfreunde, Jugendfeinde

Es war die Zeit der Harmonie. Es war die Zeit der Brüder Getares und Alatar.
Es war die Zeit, in der Alatar das Leben der Tiere und Pflanzen hütete.

Es gab ein junges Wesen, an dem Alatar den Übermut, die Neugier und das Spielen mit der eigenen Kraft liebte. Ein roter Drache, Brankhan sein Name, und sie waren einander wie Freunde.

Es kam die Zeit der Disharmonie. Es kam die Zeit des Bruderzwistes. Es kam die Zeit, in der das Fell Alatars immer dunkler wurde.

"Weil du deine Nase in die Angelegenheiten deines Bruders steckst, vermissen dich die Tiere der Wälder, und sicher nicht nur die", murrte Brankhan eines Tages und starrte Alatar aus seinen goldfarbenen Augen an.
"Ich weiß sehr gut alleine, was ich zu tun und zu lassen habe", fauchte Alatar zurück, "Jetzt heulen sie nach mir, und als ich da war, hatten sie nichts Wichtigeres zu tun, als mir zu erzählen, wie sehr ihnen die Balz gefiele. Schwätzende Kleingeister."
"Schwätzende Kleingeister, so... bin ich auch einer dieser Kleingeister? Zufällig missen nicht nur sie dich... Wann jagten wir das letzte Mal über die Pässe der Silberspitze, um zu sehen, wer schneller sei?"
"Du weißt sehr wohl selber, dass ich dich jedes Mal besiege", antwortete der Panther.
"Was spielt das für eine Rolle?", brüllte der junge Drache wütend, "Weißt du den Tag zu nennen, an dem ich nicht vielleicht doch schneller bin als du?"
"Ja: nie", lachte Alatar verächtlich, doch fuhr er gleich fort: "Doch ehe du mich wieder sinnlos herausforderst, weiß ich etwas Besseres für dich. Sieh, was ich erschaffen werde – ich allein."
Er zeigte auf die Frauen, die später als die Schicksalstränen Varunas bekannt sein sollten. Sie waren noch nicht vollendet, entstellte Wesen, die sich in ihrem Leid wanden.
"Was soll das für eine kümmerliche Mißgeburt sein?", schnaubte Brankhan verächtlich.
"Sie sind mein Werk! Sie werden fliegen können wie du, und ihre Existenz wird den Menschen beweisen, was ich alles vermag, in ihnen wird sich meine Macht beweisen! Wage es also nicht, sie kümmerlich zu nennen!"
"Frauen rauben – das kannst du. Deine Macht...?" – Brankhan hob seine Klaue und ließ sie auf eines der Wesen niederfahren, ihr einen raschen Tod schenkend.
"Kümmerlich trifft es nicht, du hast recht. Armselig, erbärmlich...", der Drache schnaubte aus. Alatar kochte vor Zorn.
"Dann wirst eben du ihre Kraft sein. Diene mir, und ich werde sie dir unterstellen, sollen sie dein Spielzeug sein." Der Panther ließ seine Stimme einen betörenderen Klang gewinnen, und schmeichelnd sah er Brankhan an. "An meiner Seite, zusammen, werden wir weit mehr verändern können als diese... ja, armseligen Weiber, du hast recht."

Der Drache sah auf die winselnden Kreaturen, die einst Menschen waren.
"Hat dir schon mal jemand gesagt, dass deine Freiheit dort endet, wo die der anderen beginnt? Dass dein Wille vieles vermag, aber manches nicht?"
Regelrecht trotzig sah der Rote ihn an. "Ich werde dir nicht folgen, alter Freund. Nicht auf diesem Weg", sprach er ernst.
"Was glaubst du, wo du stehst, auf welcher Seite?", zischte Alatar. "Denkst du, du kannst in diesem Spiel nach deinen eigenen Regeln spielen?"
"Ich denke, es gibt hier nur Einen, der die Regeln bricht", gab der Geschuppte ungerührt zurück.
"Du bist mein Freund. Ich will nicht, dass sich das ändert. Selbst deine Widerworte, deinen Sturkopf, schätze ich. Wir gehören zusammen, so ähnlich, wie wir einander sind."
"Du bist es, der sich ändert."
"Dann wirst du dich mit mir ändern!", begehrte Alatar in emporloderndem Zorn auf und ließ seine göttliche Kraft auf Brankhan einbrechen. "Du gehörst zu mir, und jeder soll es sehen!"
Der Drache schrie auf, als maßloser Schmerz ihn durchfuhr und seine Haut sich änderte wie die des Panthers, dunkel wurde – schwarz wie die Nacht.
"Siehst du?", lachte Alatar.
Das zornbebende Brüllen des Drachen ließ von den Bergen Lawinen herniederstürzen und mit Klauen und Zähnen warf er sich auf den Sohn Eluives. Erst überrascht, rissen im Kampf doch des Panthers Klauen tiefe Wunden, und er schleuderte den Drachen mit den nun schwarzen Schuppen weit von sich. Als Brankhan wieder zum Stehen kam, rannen aus seinen goldenen Augen Tränen aus Blut, und einige von ihnen sollten nimmer weichen.
Langsam schüttelte er seinen mächtigen Kopf.
"Ich folge dir nicht. Und weil ich dein Freund bin – war – will ich zu wahren versuchen, was dir bestimmt war... Kind des freien Willens..."
Dann flog er davon, und nichts vermochte ihn zu halten.


Es war die Zeit des Bruderzwistes. Lange ist es her. Nicht mal in einem Land, das den schwarzen Drachen als einen Helden und als Idol verehrt, soll wahrlich bekannt sein, was Brankhan als traurige Erinnerung mit sich trägt...
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 08 Nov 2006 23:40    Titel:
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Nachforschungen über Erestain

Wer sich dazu bemüßigt fühlt, aus Neugier oder was auch immer über ein Land mit diesem Namen Erkundigungen einzuholen, wird vermutlich leider feststellen, daß Geduld wahrlich eine hohe Tugend ist. Viele Informationen sind es ja nicht, die man einem Gespräch entzogen haben mag und danach zur Suche verwenden kann…
Eine kleine Markgrafschaft am Nordrand des Königreiches. Pioniersgebiet in den Bergen, und "Markgrafschaft" eigentlich auch nur, weil das zerklüftete Gebiet aus Pässen und einigen Tälern ständig von den Orks erkämpft und freigehalten werden muß. "Wir leben isoliert", hat der Suchende vielleicht gehört. Und… ja, das wird bestätigt. Es muß verdammt isoliert sein, von der Umwelt kaum beachtet. Karten, die über die Region existieren, weisen mehr weiße Flecken denn schwarze Striche auf. Ist das Land dort so unerforscht? Oder ist es gar gewollt?

Sage und schreibe zwei Quellen, über die man stolpern könnte und die ein völlig unterschiedliches Bild zu zeichnen scheinen:

(aus einem „Land & Leute“-Buch eines fahrenden Händlers)
"Es muß schon ein merkwürdiges Land sein, das seine Kinder wegschickt, wenn sie Soldaten oder Söldner werden wollen – aber was soll man anderes erwarten, wo angeblich Weibsvolk regiert und kämpft?
Heute sah ich einen jungen Burschen, der bei einer Kaserne vorstellig werden wollte und der nur zögerlich von daheim berichtete. Kein Knabe dürfe dort das Waffenhandwerk lernen, sie würden mit allem Notwendigen ausgestattet und dann in die Welt geschickt. Der Junge hatte wahrlich Glück, daß ihm sein gutes Pferd und all die gute Ausrüstung, die er unübersehbar dabei hatte, nicht gleich von wildem Räubersvolk abgenommen wurde.
Er redete manches, was ich nicht verstand, und das wohl nur zu verstehen ist, wenn man von dorten kommt und eine gehörige Portion Heimatliebe mitbringt. Gern hätte ich diesen Landstrich mir wohl mal angesehen und selbst erfahren, welche Worte des Jungen allein Schönfärberei waren, doch hörte ich genug, daß mir der Sinn wahrlich nicht mehr danach steht.
Ein Mann scheint dort nicht viel zu gelten, und ehe ich von irgendwelchem Weibsvolk dieser schwarzen Drachenbestie geopfert werde, von dem der Bengel voll Ehrfurcht erzählte, als hätte er sie je selbst gesehen…"
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 08 Nov 2006 23:52    Titel:
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(aus dem Reisetagebuch eines fahrenden Ritters der Krone)

474. Tag der Wanderschaft, 1. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Geschafft. Ich dachte schon, es könne nicht mit rechten Dingen angehen, daß in einem Land, in dem Ehre als höchste Tugend gehandelt wird, ein Ritter seiner Majestät seine Waffen und Rüstung nicht tragen dürfe. Doch werde ich auch das Gefühl nicht los, daß es eine Art Prüfung gewesen sein mag, ob ich lange genug mich zu beherrschen wüsste, selbst angesichts dieser sehr… selbstbewussten Wächterinnen. Ich werde wohl noch weiteren von ihrer Sorte begegnen.
Ohne jeden Zweifel hätten sie mich gewiß fortgejagt, wäre ich wirklich ausfallend geworden. Ein Mann mit Waffen hat hier nichts anderes als Mißtrauen zu erwarten, das steht fest.
Ich soll einen Begleiter bekommen, so lange ich mich innerhalb ihrer Grenzen befinde. Einen Aufpasser, um es ungeschönt zu benennen. Ich frage mich, was mich bei diesem „Drachendiener“, wie er bislang nur genannt wurde, zu erwarten hat, doch meine Fragen ernten nur die Antworten „Ihr werdet es erfahren, wenn er eintrifft.“

477. Tag der Wanderschaft, 4. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Hergion, dies sei also ein „Drachendiener“. Sein bislang freundliches, wenn auch reserviertes Wesen steht in seltsamen Kontrast zu seiner düsteren Erscheinung: Gänzlich in schwarz gekleidet, schwarz auch die lederne Rüstung, deren Formen oftmals an einen Drachenleib gemahnen. Und er trägt eine Waffe. Einen kunstvollen Anderthalbhänder, auf dem Rücken getragen und recht unzweckmäßig verschlossen – es bedarf wohl viel Übung, würde man schnell die Verschlüsse öffnen wollen, die die Klinge in der Scheide halten.
Er wurde einerseits mit viel Respekt behandelt, andererseits nahm er mit ungerührter Miene jegliche Anweisung entgegen.
Viele Antworten habe ich nicht, doch habe ich auch noch nicht viel gefragt. Unsere Wege werden wohl mehrere Tage die gleichen sein, die Zeit wird das Kennenlernen bringen.
Brankhan, dies sei der Name des Drachen, an dem sich hier sehr viel zu orientieren scheint. Das merkwürdige Wappen hat mit ihm zu tun. Diese vier Risse wie von einer Klauenhand sind als schwarze Stickerei jedes Mal auf den Umhängen zu finden. Es kam mir erst albern vor, schwarzer Faden auf schwarzem Tuch, doch es scheint tiefere Bedeutung zu haben. Ich will nicht vorschnell urteilen.

479. Tag der Wanderschaft, 6. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Hergion entpuppt sich als sehr angenehmer Zeitgenosse und wir beginnen, einander zu verstehen und wertzuschätzen. Heute Morgen, noch während der Dämmerung merkte ich, wie er sein Lager verließ und etwas abseits seine Waffenübungen zelebrierte – anders kann man es nicht nennen. Kraft, Beherrschung und Ästhetik forderten selbst meinen Respekt, dabei bin ich nun wahrlich nicht ungeübt. Mein Angebot zu einem gegenseitigen Kräftemessen lehnte er jedoch entschieden ab.
Ich vernahm das erste Mal vom Kodex, dem diese Leute folgen, allesamt Männer, die sich das Privileg verdienten, eine Waffe tragen zu dürfen. Ein äußerst gefestigter Charakter scheint dazu vonnöten, und keinerlei Groll konnte ich in seiner Stimme vernehmen, wenn er über die diesbezüglichen Regeln dieses Landes sprach. Die Situation reizt, seine Meinung zu provozieren, warum all diese Dinge, die jedem als Unterdrückung erscheinen, so hingenommen werden, wenn doch die Freiheit hier als so hohes Gut betrachtet wird. Aber ich bin nicht hierher gekommen, um als Aufwiegler zu gelten. Die Antworten werden sich sicherlich noch finden.
Soweit ich bislang erfuhr und verstand, ist es die Aufgabe der Drachendiener, eben darüber zu wachen, daß die Männer nicht in Tyrannei unterjocht werden. Und der Zeitpunkt, zu dem sie ihr Schwert zum Kampf ziehen, scheint einer Alles-oder-Nichts-Regel zu folgen. „Wenn ich meine Waffe ziehen muß, ist unser Auftrag gescheitert und das Land hat verloren“, ließ sich Hergion so oder ähnlich mehrere Male vernehmen. Ich verstehe es noch nicht wirklich. Sie üben für einen Ernstfall, doch ihre eigentliche Aufgabe ist, eben diesen Ernstfall zu verhindern, und zwar ohne Gewalt. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr schwant mir, welch schmale Gratwanderung dies bedeuten muß. Wie bewusst sind sich also diese Männer über die Lehre, die jeder Krieger verinnerlichen sollte? Daß ein Krieger nur dann seine Waffe ziehen sollte, wenn es sich nicht länger vermeiden lässt? Der Dienst dieses Ordens scheint das Ausleben dieser Lehre auf die Spitze zu treiben.

480. Tag der Wanderschaft, 7. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Nachdem wir nun in kleinen Dörfern und auf unseren Wegen sehr unterschiedlichen Leuten begegnet sind, ergab sich doch abermals die Frage nach den Umhängen, und Hergion erklärte es mir. Sie sind mal schwarz, oft grau, und einen weißen sah ich. Wer sich die Mühe leisten kann, bringt darauf das schwarze Wappenzeichen auf.
Das Schwarz ist die Farbe Brankhans, des Drachen, der hier wie ein Idol verehrt wird. In Fresken, auf Bildern, immer wieder ist er oder sind Symbole für ihn zu sehen, und die Verabschiedung „Brankhan mit Euch“ ist im ganzen Land gebräuchlich.
Mit ihm wird der Kampf in Verbindung gebracht, so tragen die schwarzen Umhänge nur das Militär, die Tempelkriegerinnen Temoras und die Drachendiener. Die grauen Umhänge kennzeichnen einen „Schutzbefohlenen“, sei es Bauer, Bürger oder Edler. Sie seien es, für die die Frauen kämpfen, egal was komme. Nur wer den weißen Umhang wählt, tut kund, daß er auf sich alleine aufzupassen wünscht. Diese Wahl zu treffen sei jedem freigestellt, es hat mich erst überrascht, daß sie so selten aufzufinden sind. Doch die Garden genießen großen Respekt, versicherte mir Hergion mehrmals. Wenn ich die Wachsamkeit bedenke, mit der schon alleine mir begegnet wurde, möchte ich ihm zustimmen. Zwei Trupps von Kriegerinnen sind wir bislang auf unserem Weg begegnet, in jeder „Dorf“ zu nennenden Ansiedlung scheint es welche zu geben. Wenn man sich von den einheitlich schwarzen Umhängen über die verschiedenen Aufgaben der Bewehrten hinwegtäuschen lässt, scheint die Streitmacht dieses Landes einem tatsächlich immens, denn von der einfachen Nachtwächterin bis zur gepanzerten Soldatin tragen sie Schwarz.
Hergion erwähnte, daß auch der Schwur, egal was sie täten, stets der Gleiche sei. Als ich fragte, wie dieser laute, schaute er mich fast erstaunt an. „Für Land und Heim, für Gräfin und Familie.“ Es schien ihm selbstverständlich und alles Nötige zu sagen. Kann es so einfach sein?

483. Tag der Wanderschaft, 10. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Die Ruhe und Ordnung droht, träge zu machen. Nie hätte ich erwartet, den Eindruck gewinnen zu können, daß ich irgendwo überflüssig sein könnte. Die stetige Bedrohung durch Orks scheint wie ein Traum außen vor gelassen, der innere Frieden des Landes immens. Wie kann ein so friedliches Land so sehr die Göttin des Kampfes verehren, für diese Frage scheint die Antwort in immer größere Ferne zu rücken. Die hier Güte und Frieden predigenden Templer oder Heiler in Diensten Eluives müssten sich hier äußerst wohl fühlen und weit verbreiteter sein, doch kam es mir heute in dem kleinen Städtchen eher vor, als würden sie im Stillen belächelt.
Als ich Hergion danach fragte, bestätigte er es, etwas verlegen wirkend. Es sei friedlich, doch traue man diesem Frieden eben weit weniger, als es zu erwarten wäre.
Es scheint, als befände sich das Land in steter Alarmbereitschaft, in unermüdlicher Wachsamkeit, doch wovor? Nur Orks? Und wie kann es sein, daß dieser Zustand sich schon über drei Generationen von Herrscherinnen zu halten scheint? Es war eines der wenigen Male, wo Hergion mir die Antwort verwehrte. Vielleicht werde ich es selber erkennen, wenn ich mehr sähe und auch in die Hauptstadt käme, meinte er nur.
Seltsame Stille herrschte danach zwischen uns, die sich erst wieder gegen Abend legte.
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 08 Nov 2006 23:59    Titel:
Antworten mit Zitat

488. Tag der Wanderschaft, 15. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Die Hauptstadt, endlich. Geschäftiges Treiben, die Frauen in Schwarz kommen mir langsam völlig normal vor, auch daß Hergion eine wahre Ausnahme, doch notwendig, ist. Daß ich der Fremdling bin, ungewöhnlich, bestaunenswert.
Und ich sah die Burg, in der die Markgräfin ihren Sitz hat. Völlig verwundert und ohne recht nachzudenken fragte ich, warum man denn keine Arbeiter sähe, die die Trümmer wegräumen und die Burg wieder instand setzen würden. „Die Burg ist, so wie sie ist, instand gesetzt“, antwortete Hergion nur ruhig und etwas belustigt. „Der Teil, wo nur noch die Trümmer liegen, war früher der Ort der Gefängnisgebäude. Niemand wird diese Steine anrühren, sie dienen zur steten Mahnung.“

Auf einem freien Bereich des großen Marktplatzes zwei Statuen, groß und wahrlich beeindruckend. Zwei Meisterwerke der Steinmetzkunst, unverkennbar, und sie werden offensichtlich mit aller erdenklichen Sorgfalt gepflegt, denn kaum ein Vogelschiss ließ sich auf ihnen finden, alle Falten und die Haltungen so fein, daß sie beinahe lebendig wirkten. Erst dachte ich, die stolze Kriegerin solle ein Abbild Temoras sein, doch es ist Alande, ihre „erste Gräfin nach dem Verrat“, wie sie es meist nur umschreiben. Und ihr gegenüber also Brankhan. Ganz mit Onyx verkleidet und die Augen zwei dunkle Bernsteine mit Einschlüssen aus Rubin, wie ich sie nie eine größere Edelsteinarbeit sah. Natürlich, er soll mindestens fünffach so groß gewesen sein wie die Statue. Unter ihm um das Podest herum eine Botschaft, die er diesem Land bei seinem Wegfliegen hinterlassen haben soll:
„Mensch, der du bist, es ist dein RECHT, zu gehen und zu straucheln, zu wissen und zu irren, zu suchen und zu finden. Doch Frevel ahnde ich.“

Daß Brankhan wirklich so groß gewesen sein soll, zog ich erst in Erwägung, als ich bei der Burg war und die Steine erblickte. In einem großen grauen Brocken, der gut sichtbar aufgerichtet lag, sah ich die vier Furchen, die ihr Wappen zieren. Jede von ihnen um die drei Finger breit, und diesen Stein muß er nur gestriffen haben – andere sahen gänzlich zerteilt aus. Ein Wehrturm, die kärglichen Mauerreste lassen eine Dicke der Wände von vier bis fünf Schritt erahnen, doch waren sie wie ein kaputtes Spielzeug weit über den Platz verteilt. Ja, diesen Turm scheint ein wirklich großer Drache zerrissen zu haben. Jeglicher Zweifel kommt selbst mir wie Schwachsinn vor.
Die Legende um den geächteten Grafen Merelor scheint mir nun weit greifbarer, als ich es je für möglich gehalten hätte. Die Heldentat eines Drachen und einer Edlen bildet hier die Seele eines ganzen Landes. Jeder, dem ich draußen davon erzähle, muß mich für verrückt halten.

489. Tag der Wanderschaft, 16. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Wieder ein Stück Begreifen, was dieses Land ausmacht. Mit einem Schmunzeln nur nimmt Heregion zur Kenntnis, daß ich kaum mehr Fragen stelle, die Unglauben über dies oder jenes verraten, sondern Fragen, die nur nach mehr Wissen streben.
Wir sahen uns einfach die Stadt an, ich wollte auch die von Schatten erfüllten Gassen sehen, die in keiner Stadt ausbleiben. Es gibt sie auch hier, ja. Die Bettler in ihren recht zerschlissenen grauen Umhängen, die eher an Decken gemahnen, halten auch hier ihre Hand auf, doch die Almosenwarte, die Armenküche, ein kleines Hospiz unter dem Schutze Eluives, es schien mir alles bestmöglich organisiert.

Auf die gepflasterten Straßen gerade zurückgekehrt, gab es dann allerdings Wirbel: Drei Gardistinnen in schwarz, doch mit roten Pferdehaarschweifen an den Helmen, ritten geordnet nebeneinander auf der Straße und verkündeten mit ihren klaren, weit schallenden Stimmen das Nahen ihrer Erlaucht, *sehr sorgfältig mit Tinte übermalt*
Das geschäftige Treiben hielt inne, doch fast an allen Häusern gingen die Fenster auf und neugierige Gesichter erschienen, die Leute freuten sich, holten gar bunte Tücher oder Blumen heraus, um sie grüßend zu schwenken, fröhliche Unruhe kam auf, das nahende Klappern der Hufe wurde immer lauter.
Die Markgräfin. Hier waren so viele Sitten fremd, daß ich nahezu kopflos auf eine gerade nebenstehende Bürgerin einredete: „Frouwe, so sagt mir Fremden doch bitte rasch, welch Ehrerbietung der Gräfin hier gezeigt wird!“ Verständnislos sah sie mich an. „Naja, verbeugen halt, wie’s höflich ist, Meister… ähm…“ Nun erst selber erstaunt musterte sie mein Ornat, das ihr gänzlich ungewöhnlich war – ich mochte es niemandem mehr länger verdenken.

Da nahte auch schon die Kolonne, Jubel erklang, als wäre die Herrscherin gerade von einem siegreichen Feldzug zurückgekehrt. Doch was blieb mir das Herz stehen, als auf unserer Höhe sich ihre Hand leicht hob, von der Gardistin zu ihrer Linken ein Befehl zum Halt gerufen wurde und der ganze Troß zum Stehen kam. Denn was mich daran wirklich erschreckte, war, daß ihre Erlaucht ihren Blick dabei unverwandt auf mich richtete, mich interessiert musterte! Ich verneigte mich abermals, so ehrerbietig es mir möglich war und wagte dann einen vorsichtigen Blick. In prunkvoller Rüstung saß sie selber zu Pferde, schenkte mir ein achtendes Nicken und erhob in die neugierige Stille ihre Stimme: „Er ist Diener seiner Majestät und zu Gast in unserem Lande?“
Ich brachte im ersten Moment nur ein Nicken fertig, doch Antwort erwartete sie offenbar von Hergion, der nun direkt neben mir stand. „Ja, Euer Erlaucht, er ist gekommen, zu sehen und zu lernen und für sein arglos Denken stehe ich ein.“
„So sei er willkommen auch von meiner Person und achte er unsere Wünsche! Brankhan mit euch.“
Damit schien sie zufrieden und bar aller Worte sah ich, wie sie mitsamt ihrer Begleitung weiterzog.

Später erst, als der Spuk bei einem Glas Wein in einer ruhigen Taverne verebbte, erfuhr ich, daß solche Ausritte der Gräfin nichts Ungewöhnliches seien, vielmehr gingen wilde Geschichten darüber, wie oft sie unerkannt durch ihr Land reise, um von Zeit zu Zeit selber nach dem Rechten zu sehen. Nicht ohne Stolz behauptete Hergion, daß *durchgestrichen* ihrem Volk viel näher wäre als so mancher Lehnsherr anderer Lande, dem Thron und Schloß weit eher Gefängnis seien, als er wahrhaben möge.
All diese Gedanken und Bilder rühren nun noch in meinem Geiste, Hergion schläft bereits seit Stunden und ich habe vergessen, ihn noch zu fragen, was *durchgestrichen* damit gemeint habe, daß ich ihre Wünsche achten solle?

527. Tag der Wanderschaft, 54. Tag in *durchgestrichen, durch „Drachenland“ ersetzt*
Der letzte Eintrag in diesem Land. Es wird womöglich schwerfallen, die Routine des Schreibens wieder aufzunehmen, doch Hergions Worte am 17. Tag brennen noch jetzt in meinem Innern, als wurden sie gestern gesprochen. Ja, ich respektiere ihre Wünsche, denn besonnen und ausführlich erklärte er mir, warum. Ich überschreite die Grenzen dieses Landes und lasse einen guten Freund zurück.
Für eine Weile überlegte ich, ob ich diese Seiten nicht ganz herausreißen solle, doch selbst Hergion meinte, es sei nicht notwendig. Er fühlte sich sichtlich geehrt, die Einträge lesen zu dürfen, achtete er dieses Buch als mein persönliches Eigentum, doch das ist es nicht. Jedem, der diese Zeilen liest, will ich aufrecht sagen können, daß es ein Land gibt, das meinen tiefsten Respekt verdient hat. Ob ich mir solche Kleinigkeiten wie die Anreden „Frouwe“ und „Meister“ so rasch wieder abgewöhne, bezweifele ich, fast möchte ich es nicht.

Ein friedliches Land, doch muß es seinen Frieden teuer erkaufen. Alles, was zu eindeutige Informationen preisgibt, habe ich versucht, auf Dauer aus den Zeilen zu tilgen. Kein geschriebenes Wort kann wahrlich vermitteln, was ich in diesen Tagen gesehen und gelernt habe. Ich werde es hüten.
Ein letztes Mal höre ich von den Gardistinnen „Brankhan mit Euch!“ und mir bleibt nicht mehr als ein aufrichtiges „Lebt wohl“.
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 09 Nov 2006 00:16    Titel:
Antworten mit Zitat

Merelor und Alande

Quelle: fast jeder Erestainer, so er gewillt ist, einem Fremden davon zu erzählen
"Es ist die Geschichte unserer Schande und zugleich unseres größten Sieges.
Weißt du, früher war die Erbfolge in Erestain wirklich sehr einfach geregelt: Das älteste Kind erbte. Punkt. Und so war es halt eine Zeitlang, daß wir eine Markgräfin hatten, Velaris. Ihr Gemahl war Merelor, ein Sprößling eines der edlen Häuser, und seine Ehe mit Velaris war an sich nichts, worüber man sich Sorgen hätte machen müssen.
Doch schon immer hegte Merelor im Herzen die stille Ansicht, daß Männer die fähigeren Herrscher seien und daß er besser für die Staatsgeschäfte geeignet wäre. Velaris selber gab ihm für diese Ansichten keinen Grund - sie war eine beliebte Landesmutter, die Erestain den Wohlstand sicherte und unter der eine friedliche Zeit erwartet wurde. Merelor allerdings fand immer etwas, von dem er denken konnte, daß er es besser gemacht hätte. Und seine beiden engsten Berater und Freunde, ein Magier und ein Gardeoberst bestätigten ihn in diesem Denken fleißig. Sie hatten großen Einfluß auf Merelor, doch keine wichtigen Ämter bei Hofe - Velaris wird womöglich sogar gewusst haben, warum das besser so war...

Eines Tages schließlich gebar Velaris Erestain ein Kind - eine Tochter. In Merelor brodelte es. Er konnte schon nicht Graf sein, und nun sollte die Thronfolge auch noch schon wieder an eine Frau weitergegeben werden.
Während draußen die Bürger die wohlüberstandene Geburt feierten, kam es in den gräflichen Gemächern zu Streit. Und Merelor schaukelte sich in seiner Eifersucht und Wut immer weiter hoch, bis er sogar zur Waffe griff. ´Merelor, der Mördergraf´ wurde in diesen Augenblicken geschaffen. Er erschlug seine Gemahlin, die noch das Wochenbett hütete.
Und der Säugling..."
Die Stimme des Erzählers bricht kurz stockend ab.
"Nur von der Dienerschaft ist überliefert, daß die Wiege als ein einziger Trümmerhaufen übrig blieb.
Merelors Berater waren von dieser Tat keineswegs begeistert, wie man sich vielleicht vorstellen kann - sie ließ sich so schwer vertuschen. Zusammen mit Merelor warfen sie alle Macht und allen Einfluß in die Waagschale, um den Vorfall totzuschweigen und Merelor auf den Thron zu setzen, doch über die Diener gelangte die Kunde dennoch nach draußen.

Das Volk empörte sich, vor allem die Frauen. Velaris war beliebt gewesen, die Geburt eines Erben stets ein Grund zur Freude. Die Grausamkeit dieses Frevels rief kaum anderes als Abscheu hervor. Mancher zweifelte, daß so etwas überhaupt möglich sein konnte, und dieser Zweifel wurde von den Leuten, die unter Merelors Einfluß standen, auch fleißig geschürt.
Es kam oft zu Streit, was nun wahr wäre, kleinere Unruhen folgten.
Vielleicht war es Merelors schlechtes Gewissen und seine Abneigung gegen Frauen mit Macht, die ihn dazu verleiteten, einige Erlässe zu verkünden: Frauen wurden aus dem Gardedienst ausgeschlossen. Unter dem Deckmantel, daß die Frau als solche geschützt werden müsse, wurden sämtliche Gardistinnen und Wächterinnen aus dem Dienst entlassen. ´Nebenbei´ verloren auch viele Amtsträgerinnen bei Hofe und in gräflichem Umkreis ihre Positionen an Männer - natürlich Leute, die Merelor als Grafen befürworteten.
Im Volk brodelte es mehr und mehr. Ein Wechsel aus Empörung und Niederdrückung begann sich hochzuschaukeln, und die beiden Berater Merelors - nun seine höchsten Beamten - hatten alle Hände voll zu tun, die voreiligen Beschlüsse des Mördergrafen zu verharmlosen und in angenehm erscheinende Mäntel zu kleiden. Es gelang nicht, wie es sollte.

Das Land geriet mehr und mehr in unhaltbare Zustände. Selbst in Familien teilten sich die Meinungen. Mehrfach wurden gerade entlassene Gardistinnen und ehemalige Amtsträgerinnen zu heimlichen Schürern des Zornes, der sich gegen den unrechtmäßigen Markgraf erhob. Es gab einzelne Aufstände und auch die ersten Verhaftungen.
Merelor setzte sich immer mehr in den Kopf, daß er gewonnen hätte, wenn er wenigstens die Männer auf seine Seite bekäme und die Frauen ins Abseits gedrängt bekäme, ihre Meinung schlicht nur noch unwichtig wäre. Verhaftete Männer wurden mit mildernden Umständen freigelassen, die Frauen blieben eingekerkert oder wurden möglichst heimlich hart bestraft.
Erestain spaltete sich, anders kann man es wohl nicht mehr sagen.
Die meisten Männer schwiegen oder waren auf Merelors Seite, während die Frauen entwaffnet und entmachtet dennoch nichts unterließen, um ihrem Zorn Ausdruck zu verleihen. Merelor beging schließlich seinen größten Fehler:

Früh am Morgen eines Tages ließ er alle Herolde im Land einen Stapel von Verordnungen verkünden, der die Grenzen aller Lächerlichkeit und alles Zumutbaren sprengte:
Frauen sollten keine Klingen über Handtellerlänge mehr tragen dürfen, nicht einmal Küchenmesser. Am Brunnen sollten sich nie mehr als zwei Frauen versammeln dürfen, sie sollten nach Sonnenuntergang nicht mehr ohne Begleitung eines Mannes das Haus verlassen dürfen und dergleichen noch viel mehr. Es reichte den Frauen, und die letzten wenigen Männer sahen nur noch in stummen Entsetzen zu.
Da machte sich eine Frau offen bekannt, die schon zuvor bei den Aufständen mitgeholfen hatte, doch sich nun deutlich zu erkennen gab: Alande.
Sie war eine Adelige aus höchstem Hause, denn sie war eng mit der verstorbenen Velaris verwandt, somit gar von edlerem Geblüt als der eingeheiratete Merelor. Sie forderte den Mördergrafen nun öffentlich während der Aufstände auf, den gestohlenen Thron zurückzugeben und für seine Verbrechen zu bezahlen - sie würde bei allen Vorwürfen noch Gerechtigkeit und Gnade walten lassen. Selbstverständlich nichts, auf das Merelor etwas gegeben hätte außer den ausdrücklichen Befehl, Alande festnehmen zu lassen. Doch die charismatische Frau entkam den Häschern, wurde stets geschützt von den Frauen, die in ihrer Nähe weilten.

Schließlich rief Alande alle Frauen des Landes auf, mit schierer Masse vereint zum Schloß zu marschieren und dort alles auf eine Karte zu setzen - es gab nichts mehr zu verlieren. Und die Frauen folgten...
Das Bild, das sich zu vereinbarter Stunde vor dem Schloß bot, hätte grauenerregender nicht sein können..."
Düster zieht der Erzähler seine Brauen zusammen und spricht mit Grabeststimme weiter:
"Da standen die Frauen, selbst die ehemaligen Soldatinnen selten mit mehr als einem Dreschflegel bewaffnet. Vor ihnen standen die Gardisten Merelors, gerüstet und bewaffnet. Selbst wenn es doppelt so viele Frauen gewesen wären, hätten sie wohl keine Hoffnung auf einen Sieg haben dürfen, doch der Zorn kannte kaum mehr Grenzen. Die Luft hätte man schneiden können - da standen sich Familien gegenüber.
Da standen Soldaten, die dem neuen Markgraf die Treue geschworen hatten und mit flauem Gefühl im Magen darauf warteten, ob sie Befehl bekämen, gegen ihre Frauen, Töchter und deren Freundinnen vorgehen zu müssen.
Die Schloßkerker waren bis zum Bersten gefüllt, und draußen stand Alande, forderte ein weiteres Mal mit klarer Stimme, daß Merelor abtreten und die Gefangenen freilassen solle.
Auf den Grafenbalkon des Schlosses trat Merelor und musterte die Menge.
Er donnerte zurück, daß er zu jedem Schlag einer Glocke eine der Gefangenen hinrichten lassen würde, wenn Alande und die Frauen nicht abzögen und sich mit dem Platz begnügen würden, den er ihnen zugestehe.

Noch während er seinem Haß Worte verlieh, mischte sich ein anderes Geräusch in seine Rede, und auf das Schloß fiel ein großer dunkler Schatten..."
Ein grimmiges Lächeln schleicht sich auf seine Züge und die Augen leuchten in Ehrfurcht. Mit ausholender Handbewegung beugt er sich vor.
"Ein riesiger schwarzer Drache kreiste plötzlich über den Mauern der Grafenresidenz, und sein Name war Brankhan. Mit gold-rot glühenden Augen hing er wie ein Richtschwert über dem Mördergrafen und forderte ihn mit donnernder Stimme auf, sich für einen Zweikampf gegen Alande bereit zu machen. Merelor war kreidebleich und ich hoffe, er hat sich die Beinkleider benässt, als der Drache seine gewaltige Pranke hob.
Doch Brankhan tötete ihn nicht, nein - er zertrümmerte den Gefängnisturm, daß kein Stein auf dem anderen blieb. Wie durch ein Wunder wurde kaum eine der gefangenen Frauen ernsthaft verletzt. Der Schwarze ließ nur Staub und sinnlose Brocken übrig, bis er sich wieder höher in den Himmel emporschwang und unter sich beobachtete, wie Alande sich schweren Herzens, doch mutig dem Zweikampf stellte.
Sie war keine Kriegerin. Sie konnte nicht besser kämpfen, als es einer energischen jungen Frau von edlem Geblüte anstand. Merelor hingegen hatte das Gefecht Zeit seines Lebens geliebt.
Helfen sollte ihm das allerdings nicht viel. In seiner Angst und Nervosität beging er mehrere Fehler während des Kampfes, bis er von Alande sogar so weit zurückgetrieben wurde, daß sich Merelors magischer Verbündeter anschickte, mit seiner Zauberkraft in den Kampf einzugreifen."
Ein trockenes Lachen.
"Brankhan röstete ihn.
Und noch während die Asche vom Wind fortgeweht wurde und keiner sich mehr traute, auch nur einen Finger zu krümmen, trieb Alande Merelor ihre Waffe in die Brust und gewann."

Eine Weile herrscht Schweigen, gibt der Erzähler seinen Worten die Zeit, zu wirken, ehe er ruhig fortfährt:
"Brankhan blieb, bis Alande feierlich zur neuen Markgräfin gekrönt wurde. Alande, erste ihrer Art, wurde sie genannt, und sie begründete das Erestain, wie es heute ist. Zeichen ihrer Würde ist der rote Umhang, rot wie das Blut, das sie für dieses Land vergießen musste. Sie verkündete, daß das Geschlecht des Mannes schweren Verrat begangen habe, der so schnell nicht vergessen werde. Bis das Vertrauen zu ihm wieder Hoffnung haben dürfe, solle er von der Erbfolge ausgeschlossen sein. Es werde bei den Frauen liegen, besseres Vorbild abzugeben und die zu schützen, denen sie die Treue geschworen haben - und dies solle stets Land wie Heimat sein und stets Herrscherhaus wie Familie.
Seither gibt es keine männlichen Soldaten mehr in Erestain, keine Söldner oder Wächter. Viele von außerhalb verstehen es nicht, doch wir haben Frieden, Fremder. Frieden in allen Generationen von Gräfinnen, die wir seitdem hatten.
Und wir fürchten den Tag, an dem Brankhan Grund hätte, zurückkehren, denn als er fortflog, hinterließ er uns eine letzte Botschaft:
´Mensch, der du bist, es ist dein Recht,
zu gehen und zu straucheln, zu wissen und zu irren, zu suchen und zu finden.
Doch Frevel ahnde ich.´"


Szenenbild - Der Sieg über Merelor
(Bild von Larry Elmore)
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 09 Nov 2006 00:20    Titel:
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Aus dem Kodex der Drachendiener

"Mensch, der du bist, es ist dein Recht, zu gehen und zu straucheln, zu wissen und zu irren, zu suchen und zu finden. Doch Frevel ahnde ich."

1 - Brankhan ist unser Herr und Richter. Daß er nicht Strafe verkünden muß, sei unser Streben. Sein Zorn und sein Wirken sei das Maß, an dem wir gemessen werden.

2 - Recht soll Recht bleiben und Gesetz sei Gesetz. Das Wort der Gräfin sei uns Befehl, bis drohender Frevel zwingt, den Willen des Schwarzen über Ihre Erlaucht zu stellen.

3 - Merelors Frevel trägt das Geschlecht des Mannes zur Strafe. Schande, gegen unschuldiges Leben die Waffe zu führen. So sei sich der Drachendiener stets bewusst, was das Ziehen seiner Klinge bedeutet und bewirken kann.

4 - Ein jeder Drachendiener sei lebender Beweis, daß das Herz des Mannes frei von Haß und Mißgunst sein kann. Er halte seinen Geist rein und trete jeder Prüfung offen entgegen.
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Tenrya





 Beitrag Verfasst am: 12 Nov 2006 23:42    Titel:
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Das Wappen Erestains

Bei weitem nicht jede Wappenrolle kennt überhaupt das erestainer Wappen, doch ist es offiziell als Wappen der Markgrafschaft anerkannt - und wohl insgeheim belächelt, daß es das Recht beansprucht, die Krone einer Markgrafschaft zu führen.

Schwarz-weiß sind seine Farben, schwarz die beiden Drachen, die mit goldenen Augen als Schildhalter fungieren. Das Zeichen des Wappens vier schwarze Klauenfurchen. Fragt man nach dem Sinn der Symbolik, ist es die Hinterlassenschaft eines Hiebes des schwarzen Drachen Brankhan, der sich noch heute als sichtbare Spur auf einem Trümmerbrocken des alten Gefängnisturms zeigt. Schwarz auf grauem Stein, heraldisch silber.

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