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Von pechschwarzer Rabenfeder und farbenfrohem Kolibri
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Von pechschwarzer Rabenfeder und farbenfrohem Kolibri
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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 25 Mai 2023 16:17    Titel: Von pechschwarzer Rabenfeder und farbenfrohem Kolibri
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Kapitel 1 - Die Mäusetänzerin


“Du musst ihnen gefällig sein. Und du musst vor allem ihm allein gefällig sein. Wie eine kleine Maus, die um den Käse tanzt und nie zubeißen darf. Hörst du?“

Natürlich hörte sie! Sie war ja nicht taub. Gefällig sein… in Cantir war das nicht so wichtig, da war man in der Provinz eher für sich. Doch nun, da sie nach Gerimor reiste, da würde alles anders werden, sie musste sich anpassen. Ihr alter Herr gab ihr noch jede Menge unnützer Ratschläge mit, musste er ja auch, schließlich war sie sein einziges Kind. Der schrullige Fischer wollte sich nicht von Tanai trennen, doch so war der Lauf des Lebens nunmal. Er drückte sie, gab ihr Seinen Segen mit auf den Weg und steckte ihr noch einige hart erarbeitete Goldmünzen zu. „Und wenn du Schwierigkeiten bekommst, kehre nach Cantir zurück, zu mir. Hörst du?“ Sie hörte, immer noch! Dem Vater wurde ein ergebenes Nicken geschenkt, dann machte sie sich auf den Weg. Mit dem Schiff ging es nach Gerimor, natürlich, denn schwimmen konnte sie ja schlecht. Während sie auf Deck des Schiffes stand und die Landzunge mit dem Weißen Leuchtturm in immer weiterer Ferne sah, wurde ihr klar, dass sie nun auf sich allein gestellt war. Bisher hatte sie ein einfaches Leben gehabt, Fischertochter - herausragende Bezeichnung. Half ja nichts, seine Herkunft zu verleumden... sie war, wer sie eben war. Eine Mutter hatte sie nie gehabt, die war als professionelle Hure auf irgendeiner Insel in der Cabezik gestrandet und hatte Tanai als Säugling bei ihrem Vater zurückgelassen. Jetzt strandete sie irgendwo... Rahal, so hieß die Stadt auf Gerimor. Mal sehen, was sie taugte. Klar war, dass sie von den hart erarbeiteten Münzen ihres Vaters nicht lange um die Runden kam, Arbeit musste also her, sobald sie gelandet war. Hatte immer die Socken ihres Vaters gestopft neben der Fischerei, und manchmal auch so einige dicke und unförmige Schals gegen die raue Seeluft gestrickt oder Mottenlöcher zugenäht. Na zumindest konnte sie irgendwas… vielleicht war das ja ausbaufähig, sie würd’s sehen.

Tanai rieb sich die fröstelnd die Schulter, wo das frischgestochene Hautbild sie noch mächtig-prächtig juckte. Am rechten Schulterblatt zierte eine pechschwarze Rabenfeder die Haut, rechts oberhalb davon war ein winziger farbenfroher Kolibri zu sehen. Die Rabenfeder, naja… war wohl für ihr rabenschwarzes Haar ein Symbol (und ihr Vater hatte dieselben hübschen Haare, musste ein echter Hingucker in seiner Jugend gewesen sein) und dass sie nun ausflatterte aus dem feinen Nest. Der Kolibri, hm… stand wahrscheinlich für ihre Hurenmutter, die wie ein freier Vogel in der Cabezik rumflattern sollte, hatte ihre Tochter mit denselben meergrünen Kulleraugen gesegnet - immerhin etwas halbwegs weiblich-anziehendes… vielleicht half’s ja bei den Männern, wer wusste es schon. Jedenfalls mochte sie die Kombination des Hautbildes und hatte es sich deshalb in Erinnerung an ihre Eltern in die Haut stechen lassen. Aber es juckte! Furchtbar widerlich! Half ja nichts… Die meergrünen Augen schauten in die Ferne, der Weiße Leuchtturm verschwand aus ihrem Sichtfeld… weiter Ozean, Gerimor rief.

Dort angekommen war erstmal der feine Geruch des Hafens ein Geschenk für ihre Nase. Dort suchte sie sich direkt eine heruntergekommene Baracke, damit sie zumindest mal ein Dach über dem Kopf hatte, für einen völlig überteuerten Preis… aber der Hafenmeister war erbarmungslos, trotz hübsch aufgeschlagener Augen. In der Nachbarbude neben ihr verschwand eine Ratte, sie konnte gerade noch deren Schwanz erkennen, bevor sie sich wegschlupfte. Na das fing ja heiter an! Aber wie ihr alter Herr sagte… sie musste eine kleine Maus sein, die um den Käse tanzte, die gefiel und brav die zehn Gebote befolgte, die Alatar ihnen zu bieten hatte. Eine Mäusetänzerin also… na wer wusste schon, wohin das noch führte. Schmatzend schlug sie die Türe zu ihrer leeren Baracke zu und hob die Augenbrauen. Was für eine karge Einrichtung, also… Nichts! Hieß wohl auf dem Boden schlafen, und bald musste sie sich Möbel besorgen. Zumindest ein Bett wäre was Feines. Auch tanzende Mäuse hatten hin und wieder ein gewisses Komfortgefühl!


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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 28 Mai 2023 22:07    Titel: Kapitel 2 - Die Schindmähre
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Kapitel 2 - Die Schindmähre


Mäuse hatten es in ihrem Nest deutlich bequemer! Die Nacht war nicht als besonders erholsam zu bezeichnen, die Tanai da hinter sich gebracht hatte. Ein Bett musste her, und zwar ganz schnell und um jeden Preis! Also war das nächste Ziel dieses Bajard, von dem die Seemänner gesprochen hatten, die auf dem Schiff nach Rahal waren. Eine Handelsstadt, naja… Stadt war übertrieben, aber es gab dort offenbar alles von glitschigem Aal über leichte Mädchen bis hin zu feiner Zartbitterschokolade. Aha – na immerhin wusste Tanai nun, was die Matrosen in Bajard wirklich suchten. Auf dem Weg dorthin lief sie die Wege von Rahal über Düstersee und Grenzwarth entlang, es war ein ganz schöner Kraftmarsch für die zarten Füße. Gut, so zart waren sie auch wieder nicht, ehrlich gesagt hatte sie sogar recht normale Füße, schließlich war sie früher mit ihrem Vater viel barfuß am Strand entlang gelaufen. Oh… die Erinnerung, weckte doch glatt bittersüße Gefühle in ihr. Doch sie hatte es so gewollt, also durfte sie jetzt nicht klagen und greinen wie ein altes Fischerweib. Kurz vor Bajard lief Tanai einer jungen Frau in die Arme, die einen Gaul hinter sich herschleifte. Aber das war das falsche Wort, der Gaul blieb einfach stur stehen. Sah nicht mehr ganz frisch um die Nüstern aus. Und die Frau, welche die Zügel führte, machte auch keinen ganz normalen Eindruck.

„Hat wohl schon die besten Tage hinter sich, was?“, rief Tanai etwas vorlaut und erntete dabei einen genervten Blick. „Ich bin übrigens Tanai, Tanai Tayris. Wollt ihr den Gaul loswerden? Für den Abdecker ist die fast zu schade, und so stur wie sie ist, schmeckt das Fleisch bestimmt sehr zäh.“ Die Frau wirkte fast noch etwas genervter, stellte sich dann aber als Naemi vor und drückte Tanai unerwartet die Zügel in die Hand. Und so kamen die beiden ins Gespräch und Tanai kam zu ihrer Schindmähre, die sie prompt Naemi taufte… auch wenn das der wahren Naemi ganz und gar nicht gefiel. Zu dem Problem mit der möbellosen Baracke gab es obendrauf dann auch noch eine Lösung, denn Naemi (also der Mensch, nicht die Schindmähre!) schleppte Tanai zu einer jungen Schreinerin in Grenzwarth. Dort angekommen lernte sie Ennika kennen und prompt wurde aus dem Gedanken mit dem Bett eine halbe Einrichtung. Bett, Tisch, Stühle, Arbeitsutensilien, Kleiderschrank… ja, so wurde man recht schnell seine Mäuse los, daran bestand kein Zweifel. Aber was half es, Einrichtung war nun einmal angesagt. Mit leerem Goldsack und vollgepackter Mähre trat Tanai ihren Heimweg wieder an und begann in Rahal ihre Baracke herzurichten. Es wurde ganz passabel und sie fand sogar, dass es schöner wurde als in ihrem alten Heim. Doch naja, wenn sie es sich eingestand… sie hatte bereits eine verklärte Erinnerung an ihre Heimat. Das kleine Fischerdorf war nie fein gewesen, die Häuser und Einrichtungen dort waren einfach und zweckmäßig, man lebte von dem, was das Meer einem gab. Sie erinnerte sich an die vielen Muschelketten, die sie damals gemacht hatte. Sie klapperten als Windspiele immer im Wind, bei Abendrot war es fast romantisch. Vielleicht hätte sie die sonst nutzlosen Dinger auch verkaufen können, aber irgendwie liebte sie es dann doch und konnte sich nicht trennen.

Einen Tag später war die Baracke ganz passabel, sogar Pflanzen hatte Tanai von einem Bauernhof abgeschwatzt. Was noch fehlte waren Kleinigkeiten, aber das konnte sie auch später besorgen. So öffnete sie also ihren kleinen Laden, den sie stolz „Federchen und Kolibri“ getauft hatte. Es sollte nicht lange dauern, bis ihr die erste Kundin ins Haus flatterte. Überraschung! Es war Ennika. Der Herr fügte, wie es ihm beliebte und Tanai war froh darum und vertraute auf ihr Schicksal.


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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 28 Mai 2023 22:23    Titel: Kapitel 3 - Der Catulus
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Kapitel 3 - Der Catulus


Fügungen ergaben sich wie Wellen im Meer, sie entstanden einfach so... Oder nicht? Vielleicht war es auch der Wille Alatars, der diese Wellen nach seinen Wünschen formte, nicht wahr? Wer wusste das schon so genau, Tanai war über die neuerliche Fügung jedenfalls absolut gar nicht begeistert. Nach dem Besuch von Ennika war sie mit nach Grenzwarth gekommen, hätte sie es doch nur gelassen! Wie zum Zeichen fügte es sich dort, dass sie auf einen Catulus traf, der Ennika um eine Ausstattung für das Haus seines Schwagers fragte… ausgerechnet das noch! Und weil sie ihr Maul nicht halten konnte, sackte der junge Templer sie auch noch ein, um die Ausstattung mit Schneiderwaren ebenfalls zu besprechen. Was solls, Augen zu und durch, nicht wahr? So also kamen Ennika und Tanai wieder in Rahal an, nahe des Tempels. Bei dem Anblick jenes Gebäudes und des Catulus Ravnseel wurde Tanai so ganz anders und sie beschloss sich eher im Hintergrund zu halten. Dabei erinnerte sie sich an die Zeit als sie die 10 Gebote in Cantir auf ziemlich schmerzhafte Weise (und stinkende darüber hinaus) gelernt hatte.

Fahles Licht, und der Geruch von gammeligem Fisch sowie moderigem Wasser. Und als feine Hintergrundbeschallung drangen an ihre Öhrchen immer und immer wieder die 10 Gebote. Sie saß auf einem kleinen umgedrehten Eimer hinter dem heruntergekommenen Tempel des Nachbardorfes… Musste die 10 Gebote nachsagen und dabei Krabben schälen. Wenn sie sich nicht konzertierte und einen winzigen Fehler machte, kam ein zusätzlicher Eimer Krabben zum Schälen hinzu. Ihre Hände waren schon ganz wund von der Strafarbeit und durchweicht bis auf die Knochen… es fiel ihr zunehmend schwer sich mit ihrer Strafe abzufinden. Am liebsten wollte sie dem Catulus die Krabben über den Kopf schütten und abhauen. Doch stattdessen hockte sie hier, versuchte krampfhaft das Gebot über den Gehorsam wiederzugeben… „Dir zu dienen heißt Gehorsam zu lernen, denn aus ihm… ich kann nicht mehr!“ Empört stieß sie den Eimer mit den noch nicht geschälten Krabben mit ihrem Fuß um, starrte dem Catulus in die Augen und wirkte fast etwas trotzig. Dann sprang sie auf und rannte über den Deich und folgend den Strand davon. „Dein Vater wird davon erfahren, von deinem Ungehorsam und deinem Verhalten gegenüber dem Tempel…“, hörte sie den Catulus noch rufen, voller Gewissheit und Kraft in der Stimme. Sie rannte und rannte, und sie wusste, dass ihre Strafe ungerecht war. Sie hatte den Neuling (also den neuen Catulus, der ihr nun die Strafe verabreichte) doch nur einen aufgeblasenen Gockel mit einem roten Krabbengesicht genannt während der Messe, war das so schlimm…?

Vor lauter Gedanken hatte Tanai gerade noch mitbekommen, wie Ennika sich verabschiedete und durch die Tür aus dem Haus ging. Oh Alatar, bloß nicht! Sie musste schleunigst hier raus, sie wollte auf gar keinen Fall allein mit dem Catulus sein! Doch es war zu spät, er begann bereits sie nach Ratschlägen zu fragen… Augen zu und durch, also wieder? Sie versuchte sich ihre Anspannung nicht anmerken zu lassen und brachte es hinter sich. Am Ende dieser Prozedur wurde sie nach einem Preis gefragt, in ihrem Kopf gab es nur einen – die Freiheit – aber sie sagte das natürlich nicht so. Der Preis wurde genannt und plötzlich griff eine Hand des Catulus nach eine der ihren, hielt sie von unten und drehte sie, sodass sie jene ausgestreckt vor ihm hielt. Wie erstarrt sah sie zu ihm empor, sagte kein Wort mehr und fühlte sich wieder zurückversetzt in die Zeit, als sie in Cantir von dem dortigen Templer nach herrlichster Manier bestraft wurde. Doch statt eine Strafe zu erwarten, fügte sich etwas Kaltes in ihre Handinnenfläche und kurz darauf wurden ihre Finger durch die Hand des Catulus vorsichtig hinauf gedrückt, damit sie die Münzen komplett mit der Hand umschloss. Das war keine Strafe, es war der Lohn für ihre Arbeit. Sie schluckte, steckte die Münzen in die Rocktasche und flüchtete nach einer mehr als hastigen Verabschiedung beinahe übereilig Richtung Hafen davon. Sahen so Fügungen aus? Wenn ja, dann beliebte Alatar mit ihr zu scherzen, so viel war klar. Und wenn nein, dann stellte er sie vor eine Prüfung... Vielleicht konnte sie ihre innere Furcht vor Templern auf diese Weise ablegen, wer wusste schon was die Zeit brachte?


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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 16 Jun 2023 11:02    Titel: Kapitel 4 - Die Fasanenjagd
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Kapitel 4 - Die Fasanenjagd


In Cantir erzählte man sich, dass ein Mann zu großem Ruhm kam, weil er der Jagd nach fetten Fasanen nachgegangen war. Muss eine ordentliche Menge Goldmünzen abgestaubt haben, so hieß es, ein wahrer Geschäftsmann also. Aber wieso konnte das keine Frau, die Federviecher zu erlegen dürfte wohl nicht all zu schwierig sein. Tanai sah auf ihre Werkbank und begann nach der Tasche mit den Pfeilen zu suchen. Wo war das verdammte Miststück nur? Sie wühlte und fluchte, ein weiterer Griff hinter sich zur Schneidertruhe. Sie wollte jetzt nicht mehr üben wie man Röcke und Hosen zusammen flickte, nein nein, auf gar keinen Fall! Sie wollte augenblicklich zur Jagd und sich so ein fettes Viech selbst erlegen. Sie hatten schöne Federn, vielleicht würde die ein oder andere abfallen für Hüte! Als sie endlich fündig wurde, zählte sie die Pfeile durch und seufzte. Zu wenige, das stand fest. Und sie war keine gute Jägerin, wahrscheinlich würden einige bei der Fasanenjagd kaputt gehen.

Wenn sie so drüber nachdachte… eine gute Fischerin war sie auch nie gewesen, hatte es aber schwerstens versucht, um ihren Vater zufrieden zu stellen. War ihr nie geglückt, half ja nichts sich etwas anderes einreden zu wollen. Ob sie in der Schneiderei nun gut werden konnte, wer wusste es. Ihre zerstochenen Finger sprachen bisher jedenfalls eine andere Sprache. Vielleicht sollte sie zeitnah in den Tempel gehen und zu Alatar sprechen, möglicherweise hatte er ja noch etwas mit ihr im Sinn und flüsterte ihr eine Berufung ein. Fischertochter konnte sie jedenfalls nicht ewig bleiben, so würde sie bei ihrem hoffentlich nicht allzu baldigen Ableben nie in Nileth Azur eingehen können. Der Zustand musste also geändert werden, auf auf zur Fasanenjagd! Tage später war eine beachtliche Menge Fasanenfedern gerupft, das Fleisch verkaufte Tanai bei einem Fleischer in Bajard. Und für die Fasanenfedern staubte sie auch einen ganz passablen Preis ab. Na bitte! Ein Anfang, damit konnte sie arbeiten. Zurück in ihrer Baracke stand nur noch eine Aufgabe an… ein Brief an die Statthaltung. Wenn aus ihr eine ehrbare Bürgerin werden sollte, musste sie sich hier in Rahal auch einfügen, nicht wahr? Der Brief fand seinen Weg, gut so! Und für den Rest des Tages übte sie fleißig weiter, um Alatar gefällig zu sein. Tatsächlich konnte aus ihr doch etwas werden außer Fischertochter, oder?


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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 19 Jun 2023 21:24    Titel: Kapitel 5 - Das Hasenkleid
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Kapitel 5 - Das Hasenkleid


Hasen lernten schnell. Sie lernten, wem man vertrauen konnte und was man am besten nicht auf der Wiese anknabberte. Sie konnten auch wahre Anpassungshelden sein. Damals hatte Tanai die kleinen niedlichen Hoppler immer gejagt, denn sie besaß nie ein Kuscheltier als sie noch klein gewesen war. Was gab es also besseres als sowas flauschiges zu knuffen? Andererseits war es aber so, dass sie den kleinen Hopplern damals nie ein Kleid anziehen konnte. Schöne traute Welt einer Fünfjährigen. Heute wusste sie wie man Kleider nähen konnte, denn sie übte täglich und war sehr erfolgreich, doch sie wollte keinen Hasen mehr in ein Kleid stecken. Schade eigentlich, oder? Vielleicht würde sie selbst ja ein Hase sein in einem hübschen zierlichen Kleid. Heimlich musste sie gestehen, dass sie in ihrem ganzen Leben noch nie ein hübsches Kleid besessen hatte, mit dem man auf einen Ball oder sowas gehen konnte. Uhhh… ein Ball, was für eine absolute Traumvorstellung, einmal eine Ballkönigin zu sein. Nur das mit dem Tanzen würde sich noch als schwierig gestalten, hatte ihr ja nie jemand beigebracht… aber nun durfte sich Tanai keine Gedanken mehr dazu mehr… nein, nein.

Während sich manche Menschen in eine Verkleidung steckten, waren andere Wesen schon von sich aus faszinierend gestaltet. Letharen zum Beispiel, oder Rashar. Beides hatte sie noch nie gesehen, mit beiden Völkern hatte sie nun kürzlich Bekanntschaft gemacht. Und erst ihre seltsamen Reittiere… Alathraxor und wie hieß das andere.. Shrirak oder so? Erstaunlicherweise hatte sie keinerlei Angst vor diesen Wesen gehabt, auch wenn sie sich das als Kind auch immer anders (also irgendwie auch ein wenig gruselig) vorgestellt hatte. Umso länger sie hier auf Gerimor war, umso mehr bemerkte sie, was für ein Landei sie war. Hatte sie überhaupt irgendwas von der Welt gesehen? Manchmal glaubte sie, dass sie in einem kleinen geschützten Aquarium aufgewachsen war wie ein dummer Guppy. Aber das stimmte nicht, sie hatte nur ein einer sehr ruhigen Welt gelebt. Und nun gab es so viele Möglichkeiten, so viele hübsche Dinge. Sie war keine Fischertochter mehr, nein! Sie entwickelte sich zu einem kleinen hübschen Häschen, das sogar die Chance hatte echte damenhafte Kleider zu tragen. Bittersüß seufzend dachte sie daran, wie sie vielleicht sogar eine eigene Schneiderei haben konnte. Mit einem Vorführraum, Umkleiden… so vieles, dass sie sich nun erfüllen konnte. Sie musste unbedingt auf Hausschau gehen, wenn sie den Bürgerschaftsantrag überstand. Aber es musste ein Haus sein in der Nähe der Küste, etwas Hafenbrise durfte schon noch sein. Nur der Gestank vom Hafenbecken, den brauchte sich ganz und gar nicht mehr. Und wenn sie sich so vorstellte, wie sie in einem feinen Kleid durch Rahal flanierte hin zu ihrem eigenen Haus, dann hüpfte ihr Herz und sie strengte sich noch viel mehr damit an, die Schneiderei zu lernen, bis sie diese meisterlich beherrschte.


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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 16 Jul 2023 12:35    Titel: Kapitel 6 - In Alatars Händen
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Kapitel 6 - In Alatars Händen


Sie hatte es geschafft. Wirklich und tatsächlich, der Bürgerbrief lag in ihrer Hand. Sie hatte sich in die Hände des All-Einen begeben und er hatte sie für ihren Fleiß wohlmöglich belohnt? Ein Haus hatte sie auch gefunden, war das zu glauben? Seit Tagen richtete sie sich ein, rückte Möbel, legte Filzmatten aus, hängte Vorhänge auf. Ja, wirklich - sie hatte endlich Heim gefunden. Es war größer als die Hütte in ihrem Heimatdorf, keine Frage. Und sie würde sich hier auch deutlich besser einrichten können. Die Schneiderei im Dach war ihr ganzer Stolz (auch wenn sie das nie zugegen würde), ebenso wie der daneben liegende Ausstellungsraum. Hin und wieder fragte sie sich, ob sie sich das je vorgestellt hätte, als sie damals aus Cantir abgereist war. Die klare Antwort war „Nein“. Sie strich über die Vitrinen im Ausstellungsraum und starrte dabei wie durch sie hindurch. Vieles würde jetzt anders werden, oder? Da gab es noch etwas. Auch das würde anders werden, unbekannt. Ihr Herz begann bis zum Hals zu schlagen, dann schüttelte sie sich heftig und schnatterte wie eine dumme Gans wütend über diese Träumerei, dabei lief sie die Treppe des Dachbodens hinunter. Als sie unten vor den Umkleiden ankam, da richtete sich der meergrüne Blick auf das Rabenzimmer. Dort schluckte sie, war ja auch kein Wunder. Sie strich sich über die Wangen, klatschte sich ein paar Mal selbst und verließ das Obergeschoss über die Treppe nach unten. Da gab es etwas, das sie noch tun musste.

So flanierte sie also durch Rahal, tatsächlich in einem recht hübsch anzusehenden Kleid. Sie hatte es sich ja so vorgestellt, dass sie hier ein Haus haben würde, nahe des Hafen, und in einem Kleidchen spazieren ging. Wenn sie so darüber nachdachte, die Auswahl des Hauses war gut, es war wirklich eine Art Heimatersatz, diese Meeresluft. Und neben der salzigen Brise war da noch etwas, frisch und leicht nach Kräutern duftend. Sie klatschte sich wieder an die Wange, lief weiter durch Rahal und steuerte auf den Tempel zu. Es war nur ein scheuer, kurzer Blick beiseite, so als würde sie sich nicht trauen. Dann hastete sie die Treppe des Tempels hinauf, nur schnell rein, bevor sie es sich noch anders überlegte. Das war erst der Anfang. Richtig, das war er. Sie begann hier… seit sie in Rahal war, hatte sie den Tempel nie zu Gesicht bekommen, und sie spürte eine gewisse Ehrfurcht, als sie den Altarraum entlang nach vorne sah. Mit minikleinen Schritten ging sie vor zum Altar, sah sich links und rechts dabei immer wieder um (und war fasziniert, wie viel Licht in dem Tempel herrschte), dann war sie ganz vorne gestrandet. Hier war sie also, vor Alatars Antlitz. Sie kniete sich nieder und senkte den rabenschwarzen Kopf, die Hände stützte sie links und rechts von ihrem Körper am Boden ab. Dann fing sie an ganz leise die 10 Gebote aufzusagen, so wie sie es einst gelernt hatte. Und sie wusste es in dem Moment, da sie den Kopf hob, dass die einstige Pein vor Templern nun vielleicht verschwinden würde. Stück für Stück, wenn sie nur daran arbeiteten. Das hier war erst der Anfang, richtig?


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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 18 Jul 2023 10:18    Titel: Kapitel 7 - Der Schellenkranz
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Kapitel 7 - Der Schellenkranz


Meergrüner Blick fiel auf lavendelfarbenen Stoff. Besser gesagt auf das, was darauf lag. Es war ein Schellenkranz, klein und handlich, nicht besonders schmuck aber für die erforderlichen Zwecke perfekt. Tanai blinzelte das unscheinbare Ding an und seufzte leise. Sie saß auf ihrem Bett, die Beine an den Körper angezogen und die Arme darum fest umklammert. Ihr Kopf lag auf den Knien, sie blickte seitlich zu dem Instrument, schwarze Schatten umgaben ihre Augen. Waren die Schatten dort aus Sorge um das Erfahrene? Aus Schlafmangel wegen der durchgearbeiteten Nacht am Schneidertisch? Oder war es etwas ganz anderes? Vorsichtig streckte sie eine Hand nach dem Instrument aus, wagte kaum es zu berühren, aus Angst es könnte sich bewegen und dabei klappernde Geräusch von sich geben. Unweigerlich schloss sie die Augen, die Erinnerung war noch zu schmerzhaft. Nur eine einzige Berührung würde reichen, um ein Zucken auszulösen. Nur eine… Das Gesehene hatte ein Gefühl in ihr ausgelöst, das irgendwo zwischen Angst, Sorge und Entsetzen lag. War das normal? Verwirrt stand sie auf, sie wusste, dass sie sich keine Gedanken machen sollte, so war es an ihre Ohren geklungen. Natürlich machte sie sich diese, ja sogar Sorgen, wie könnte es auch anders sein? Mit einem glucksenden Geräusch stand sie auf, verließ ihre kleine Schlafkammer und tappte im Schlafzeug in die Küche und weiter zum Foyer des Hauses. Jetzt war sie es, die zuckte, als ihr Blick auf die Haustür fiel. War sie zugefallen für immer? Würden die vielen Fragen unbeantwortet bleiben? War ihre Neugierde schuld daran? Würde sie je wieder mit einem anderen Blick schauen können? Sie rieb sich erschöpft mit den Händen über die Augen, machte einen weiten Bogen um die Haustür und steuerte auf die Treppe zu. Das Ziel war klar, die Schneiderei im Dach. Dort konnte sie verschwinden, sich der Arbeit widmen, Alatar gefällig sein. So viel Arbeit stand an und sie hätte sich freuen sollen, denn es kam Gold in ihre Taschen. Doch sie fühlte nichts, war vollkommen leer. Die Arbeit wartete, also tat sie diese. Es half ja nichts, und sie wollte auch nicht mehr hören, dass sie Kunden abwies. Es hatte sie verletzt, auch wenn sie es sich nicht eingestehen wollte, es blieb wie eine schmerzende Wunde zurück. Sie arbeitete weiter.

Stunden später war die Arbeit getan, das Kleid für Lilyth war hübsch geworden. Eine gewisse Anspannung blieb, wie ihr das kleine Kunstwerk mit den Piranhazähnen gefallen würde. In Gedanken arbeitete Tanai ihre Auftragsliste ab, und gegen nachmittags war sie fertig mit der Arbeit. Was konnte sie nun erledigen, wie sollte sie sich beschäftigen? Ihr fiel der Schellenkranz wieder ein. Ursprünglich war er als Wurfgeschoss für die Ratten in ihrer alten Baracke gedacht, nun aber beruhigte das rhythmische Geräusch sie, wann immer sie das Instrument klappern ließ. Also ging sie wieder in ihre Schlafkammer zurück und griff mit vorsichtigen Fingerspitzen danach. Ganz langsam entstand ein Takt, der sich nach und nach zu einem beruhigenden Begleiter entwickelte. Ihr Blick fiel auf den Kamin, daneben wuchs etwas in einem Topf heran, von dem sie nicht wusste, was es werden würde. Genauso war es mit den jüngsten Erfahrungen, was würde daraus entstehen? Ihr wurde klar, was ihr gesagt wurde, umso länger der Takt des Schellenkranzes sie beruhigte. Irgendwann war sie soweit, legte den Schellenkranz wieder auf das Bett, ließ ihre Gedanken zurück in ihrer Schlafkammer und verschloss die Tür fest. Ein Symbol, dass sie sie wegsperrte, diese elenden Gedanken? Vielleicht. Doch für nun sollten sie dort bleiben, sie musste sich konzentrieren. So lief sie wieder in das Dachgeschoss hinauf und für den Moment tat sie sich etwas gutes, indem sie ein Bad nahm. Das kalte Wasser wurde nicht erwärmt, sie wollte es so. Vielleicht würde ihr damit wieder etwas wacher zumute, denn sie war unsagbar übernächtigt. Sie hielt es nicht lange aus, und so fand sie sich am späten Nachmittag wieder mit ihrer Arbeit ab. Zwar flog ihr Blick immer wieder auf die weiße Kiste neben dem Arbeitstisch und lenkte sie somit ab, doch die Blicke halfen, damit sie sich besser fühlte. Das hier war erst der Anfang, richtig? Sie war in eine Welt hinein gestolpert, die sie noch nicht verstand, aber sie hatte eines. Den Willen es zu verstehen. Es würde Zeit brauchen und sie hoffte es würde diese noch geben, oder hatte sie alles verdorben? Sie betete im stillen Dunkel des Daches, dass sie diese Prüfung bestehen würde, und dabei funkelten die meergrünen Augen energisch auf, zwar noch umrandet von dunklen Schatten, aber sie wollte bestehen, unbedingt. Sie war bereit mehr zu erfahren, doch sie musste dazu fragen. Sie würde es tun, sobald die Gelegenheit dazu bestand, sie wollte stärker sein als diese Angst.


Zuletzt bearbeitet von Tanai Tayris am 01 März 2024 18:46, insgesamt einmal bearbeitet
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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 20 Jul 2023 15:55    Titel: Kapitel 8 - Die Gedankenkammer
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Kapitel 8 - Die Gedankenkammer


Das Wegsperren ihrer Gedanken war nach hinten losgegangen. Es war wie eine Sturmflut über sie hereingebrochen, und hatte ihr den Boden unter den Füßen weggespült… Sie war umgekippt, wie ein Skelett in sich zusammengesackt. Und wieder war es am Rabenraum, eine weitere Erinnerung? Die Sorgen, die viele Arbeit, die Verwirrung (und nicht zuletzt der leere Magen)… sie war nicht stark geblieben, und jetzt schämte sie sich so sehr dafür, entschuldigte sich immer wieder. Aber dennoch… die Angst, die Tür hätte sich geschlossen, sie hatte sich nicht bewahrtet. Es war knapp gewesen. Der emotionslose Blick hindessen hatte ihr beinahe das Herz aus der Brust gerissen, und dass obwohl sie sich eigentlich gefreut hatte (zumindest anfänglich). Ihre meergrünen Augen waren glasig geworden, doch sie hatte nicht geschluchzt oder geweint, und dafür dankte sie innerlich der Erziehung ihres Vaters in diesem Moment der Schwäche. Jetzt lag sie hier in ihrem Bett, starrte an die Decke und sollte sich ausruhen. Es war richtig so, sie wusste es, ja vernünftig sogar. Die dunklen Schatten unter ihren Augen verschwanden langsam, nachdem sie die Nacht endlich geschlafen hatte. Träume waren selten, doch einer hatte sie heute heimgesucht wie ein spukendes Gespenst. Sie konnte sich nicht mehr an viel erinnern, es war nur der Blick von braunen Augen zurückgeblieben und ein wohliges Gefühl, das nun, da sie wach war, ein Kribbeln in ihrem flauen Magen auslöste. Ah ja, da war ja noch was, das sich allerdings nicht in ihrem Magen befand… Essen. Vorsichtig kroch sie aus dem Bett, schlurfte zur Küche und machte sich etwas Suppe warm, dazu kochte sie einen Minztee mit Bergkräutern auf. Das Mahl war einfach, doch so langsam dämmerte ihr, dass sie diese einfache Küche beibehalten sollte, Bescheidenheit war ein hohes Gut in der Welt des Alatarischen Glaubens.

Nach dem Essen suchte sie ihren Weg nach oben, sah dort wieder auf die Tür zum Rabenraum. Sie sollte sich damit befassen, mit diesen Gefühlen, die ihr den Kopf verdrehten. Die Kunden hatten es bereits gemerkt, deshalb musste sie etwas dagegen unternehmen. Vorsichtig griff sie sich mit der Hand an die Lippe, kniff und rieb sie und spürte wie aufgewühlt der Anblick sie machte. Bei Alatar, es war eine verdammte Tür! Und dennoch, wieder kribbelte ihr Bauch, und ihr Herz schlug heftiger. Nur langsam, sie musste sich Zeit geben, richtig? Tief durchatmend durchspürte Tanai das Gefühl, ertrug was es mit ihr anrichtete, und als es ihr für den Moment zu viel wurde , ging sie ins Dach zur Schneiderei und sah das Chaos an, was dort herrschte. Es waren so viele Aufträge zu erledigen, doch sie hatte es versprochen. Sie würde sich heute schonen. Also blieb die Arbeit liegen, und stattdessen tat sie sich etwas gutes und suchte das Bad auf. Dieses Mal wurde das Wasser erwärmt und Lavendelöl hinzugefügt, dann sank sie in das wohlige Nass und ließ sich von der Wärme umfangen. Es fühlte sich gut an, fast wie eine Umarmung. Sie gab sich nun Zeit, in mehrerlei Hinsicht. Sie konnte nicht Hals über Kopf in diese neue Welt eintauchen wie in ein eiskaltes Meer, sie würde nur auf den Grund absaufen. Ihre Mundwinkel zuckten, denn sie spürte ihr Herz wieder aufbegehren und zog die Arme um ihre Brust. Dem Gefühl wurde noch etwas länger nachgespürt (und sie bemerkte wie es sie erröten ließ), bis sie sich dann aus dem Wasser herausbewegte und sich trocken rieb. Das Nachthemd wurde wieder übergezogen, dann sperrte sie sich erneut mit ihren Gedanken in ihrer Schlafkammer ein. Sie wusste, dass man heute noch nach ihr sehen würde (nur nicht wann und vor allem wie oft), also wagte sie gar nicht erst das Haus zu verlassen. Und sie wusste auch, dass Gehorsam nicht ihre Stärke war, nicht umsonst hatte man sie damals in Cantir ständig bestraft. Also hieß es stark zu bleiben, sich gegenüber Alatar zu beweisen. Sei brav, Sonnenschein! Also legte sie sich wieder hin, dämmerte hinweg und tat damit aktiv etwas, um sich auszuruhen. Die Arbeit blieb liegen, und das erschöpfte Gesicht erlangte im Schlaf so langsam wieder ein zart gezeichnetes Lächeln.


Zuletzt bearbeitet von Tanai Tayris am 01 März 2024 18:46, insgesamt einmal bearbeitet
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Tanai Tayris





 Beitrag Verfasst am: 25 Jul 2023 05:20    Titel: Kapitel 9 - Die Seeschlange und der Schmetterling
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Kapitel 9 - Die Seeschlange und der Schmetterling


Mit vollkommen verwirrtem Blick saß Tanai in ihren Bett. Die Beine wieder angezogen, der Schellenkranz erneut in ihren Händen. Und der meergrüne Blick alles andere als klar. Die letzten Tage waren so furchtbar durcheinander gewesen, war das normal? Sie hatte sich ausgeruht, so wie man es ihr angeraten hatte, natürlich! Sie wollte schließlich nicht Strafen auferlegt bekommen, nur weil sie wieder ungehorsam war. Und doch war es eine Strafe, wenn sie ihre Haut nun berührte, sie brannte so als sei ein frisches Hautbild darauf eingestochen worden. Doch da war nichts, nur die Erinnerung. Ihre Gedanken spielten ihr einen Streich, und diese Überlegung ließ sie ihren Mund spitzen, als wäre es einfach zu verrückt. Sie schloss die Augen und dachte an das Zurückliegende, es war wie ein Strudel, der sie unter Wasser zog. Sie ertrank, oder? Eindeutig. Die Augenlider wurden wieder aufgeschlagen und sie begann mit dem Schellenkranz diesen einen Takt zu spielen, ganz langsam und im Gleichklang mit ihrem Herzen. Es beruhigte sie, ließ sie klarer denken. Die Entkräftung war weitestgehend verflogen, das wusste sie. Dennoch gab es viel zu tun, so viele Kundenaufträge und sie war seit Tagen damit beschäftigt. In ihrer Schneiderei sah es aus als hätte eine Kanonenkugel eingeschlagen, überall lagen Dinge herum. Auch Salz lag dort neuerdings, denn sowohl eine junge vollkommen verrückte Bardin namens Yoline als auch der geheimnisvolle Aleksi hatten sie besucht und etwas davon mitgebracht. Sie mochte die Gespräche mit beiden, es war sehr erfrischend und es vertrieb ihr die Gedanken an andere Dinge. Doch an diesem speziellen Abend, da hatte Aleksi seltsame Dinge gesagt. Dinge, die sie nicht begriff, die Seeschlange wand sich zu sehr in sturmgrauen Wellen. Es würde sich zeigen, wohin das noch führte. Das tat es immer.

Und doch… immer wieder lenkte Alatar sie nach seinem Willen und verbarg vor ihr den Weg. Sie war auf den Krieger Corvin Ravnseel getroffen und mit ihm ins Gespräch geraten. Aufträge waren gefolgt, und auch Gespräche mit dem Catulus sowie der Schwester von Corvin, ihr Name Serena. Sie mochte vor allem die kleine Ravnseel, sie war ein exotischer und überdies sehr flattriger Schmetterling mit viel Lebensfreude und einer gewissen Unruhe. Tanai mochte sie, wirklich. Irgendwie fühlte sie sich mit ihr verbunden. Und jedes Mal, wenn Serena in die Augen von Tanai blickte, da tat sich in ihrem Herzen etwas auf, das sie verschlossen halten musste. Es durfte nicht sein, niemand sollte es sehen. Es war ein Geheimnis, das der kleine Schmetterling schon bald ergründen würde, wenn Tanai nicht aufpasste. Sei vorsichtig, Sonnenschein! So atmete Tanai durch und legte den Schellenkranz beiseite in ihr Bett. Dort lag noch etwas zwischen den lavendelfarbenen Laken, klein und geflochten. Ihre Hände strichen darüber und fühlten das Leder, es war silbrig-grau und aus Trollleder gefertigt. Nicht besonders weich aber auch nicht rau, irgendetwas dazwischen also. Ihr Herz machte einen Satz, wieder dieses brennende Gefühl auf der Haut und nun auch auf den Lippen. Sie zog die Hand weg, wollte das Leder nicht mehr spüren und kniff sich in ihre Lippe, um sich wieder ins Hier und Jetzt zu befördern. Sie war völlig vernebelt von diesem Zerdenken, das konnte so nicht weitergehen. Frustriert seufzte Tanai und machte sich wieder an ihr Tagewerk, sie brauchte etwas zu tun. Unbedingt, bevor sie ertrank. Und während sie hinauf ging, da flogen ihre meergrünen Blicke auf diverse Wände des Hauses und ließen sie Dinge spüren, die ihr Herz schneller schlagen ließen als es sein sollte. Der Takt geriet ins Stocken, und ihre Wangen fühlten sich fiebrig an. Sie brauchte ein kaltes Bad, klare Gedanken. Unruhe, hier wie da. Es verband den einen Weg mit einem anderen. So war das also.


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 Beitrag Verfasst am: 25 Jul 2023 20:08    Titel: Kapitel 10 - Die Kristallspinne
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Kapitel 10 - Die Kristallspinne


Sie hatte es einfach nicht kommen sehen. Nur ein Blinzeln. Dann ein widerliches Geräusch, wie ein Klirren und Brechen. Noch ein Wimpernschlag, und es knackte fürchterlich. So hatte sie sich ihren Morgen nicht vorgestellt! Nach dem kalten Bad war sie recht erfrischt in den Wald aufgebrochen. Das Tagesziel war es, diversen Mufflons den Hals umzudrehen. Sie brauchte schließlich Wolle, also stand das außer Frage. Doch was ihr dann im Wald begegnete, daran hatte sie einfach nicht gedacht. Funkelnd und blutrot, riesig und so schnell, dass sie Mühe hatte zu entkommen. Sie rollte sich einen Abhang runter und prallte dumpf auf. Erst da konnte sie das Wesen abschütteln, was auch immer es gewesen war. Als Tanai aufstand, bemerkte sie einen Schlitz in ihrer drachenschwarzen Rüstung, daraus quoll Blut hervor. „Oh Alatar. Nein, nein, nein…“, das war die einzige Reaktion und dann wurde ihr bewusst, wie Schmerz sie durchzuckte. Natürlich war das nicht geplant, wie hätte sie an sowas denken können. Da ging man ganz unbescholten auf Mufflonjagd und dann sowas. Sie schlurfte nach Rahal zurück und suchte in ihrem Haus angekommen nach Stoffen, davon hatte sie ja schließlich genug. Die Küche verwandelte sich in ein halbes Schlachthaus, nachdem Tanai hastig die nächstbesten Stofftücher griff und ihr Blut auf den Küchenboden tropfte. Sie zuckte tief, als Stoff auf Wunde traf, doch sie drückte diese ab und zog die Luft scharf durch die Zähne ein. Sie brauchte Medizin, und zwar schnell. Das einzige Ziel, das ihr da in den Kopf kam, war das Haus der Ravnseels. Dort würde man sicher Tinkturen haben, also zögerte sie nicht und brach auf. Als sie klopfte und die Tür aufschwang, stand Serena dort, und in diesem Moment bedauerte Tanai ihre Entscheidung. Der kleine Schmetterling war verwirrt, man konnte es ihr nicht verübeln. Sie ließ sich Medizin geben und rang Serena ein Versprechen ab. Dann… zurück in ihr Heim. Ausruhen, Durchatmen, Leben. Irgendwie.

Am späten Nachmittag wurden die Erholungspläne jäh unterbrochen, denn Serena stand vor der Tür. Corvin brauchte irgendwas an Schneiderwaren. Na gut, half ja nichts… und wieder rang Tanai der armen Serena ein Versprechen ab, konträr zu dem, was am Morgen gefallen war. Es war gut, wenn es nur Serena wusste, zumindest redete sich das Tanai ein. Im Haus der Ravnseels ging sie der Arbeit nach und war gewissermaßen froh darüber, dass Serena bei ihr war. Sie mochte sie wirklich, ja sehr sogar. Und selbst mit dem verhaltenen Corvin wurde Tanai langsam warm. Trotz ihrer Schmerzen fühlte sie sich wohl, und das merkte der kleine Schmetterling. Es folgten Fragen, zu viele Fragen. Sie war so unendlich neugierig, schlimmer als Tanai es war. Es wurde gefährlich, und sie stand kurz vor der Klippe hinunterzufallen. Sie durfte es nicht sagen, es war unmöglich. Doch die Schmerzen nagten an ihr und machten sie schwach, also verrichtete sie die anstehende Arbeit so schnell es ging und verabschiedete sich dann. Auf dem Heimweg reckte sie den rabenschwarzen Kopf zum Himmel und atmete tief durch. Sie musste sich ausruhen, unbedingt. Die Schmerzen konnte sie verbergen, das war eine Sache. Doch die Gefühle einzubuddeln, das war eine ganz andere. Sei stark, Sonnenschein!


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 Beitrag Verfasst am: 26 Jul 2023 23:16    Titel: Kapitel 11- Der Kaninchenbau
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Kapitel 11 - Der Kaninchenbau


Oh selige Unwissenheit! Wie fehlst du mir… ja, sag es ruhig, du vermisst mich auch! Verdammte Scheiße, es tat so unfassbar weh. Und alles, an was sie denken konnte, war die Sache, wie man Schmerzen aushalten konnte. Ja, ja… jaaa! Sie verdrehte die Augen, selbst mit dem nächsten Morgen wurde es nicht besser. Es würde eine hässliche Narbe werden, da brauchte sie sich nichts vormachen. Sie konnte froh sein, dass die Kristallspinne sie nicht komplett in zwei Stücke geschnitten hatte. Mal ganz davon zu schweigen, dass sie sich selbst versorgt hatte… sie war ja schließlich keine Heilerin. Den Tag über musste sie irgendwie überstehen, denn abends stand der Glaubensunterricht auf dem Plan und den wollte sie sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Nein, niemals. Dafür war sie zu… stolz? Oder naja… vielleicht eher zu verguckt (allein die Vorstellung ließ sie rot werden)? Ja, richtig… es wurde ihr immer klarer und sie konnte nichts dagegen tun, genauso wie gegen diese Wunde. Also arbeitete sie wieder und vertrieb sich damit den Tag, sie musste sich ablenken. Der Laden war wieder voll, zu voll für ihren Geschmack. Aleksi war aufgetaucht und er hatte ziemlich schnell bemerkt, was da passiert war. Die Frage danach, ob er sie irgendwo anbinden musste, um die Wunde zu sehen, verdutzte sie. Ja, wirklich, sie hatte nicht damit gerechnet. Einmal mehr, du dummer Guppy! Sie weigerte sich, wollte nicht, dass Sturmklinge es sah. War sie zu stolz? Keineswegs, nein. Ihr wurde erst viel später klar, dass er sie dermaßen aufgeregt hatte, weil er sie dann recht entblößt gesehen hätte. Und das… war etwas, das sie nicht wollte, wirklich nicht, auf gar keinen Fall!

Beim Antritt zum Glaubensunterricht hatte sie Aleksi dann so angefaucht, dass er die Flucht ergriff. Und es tat ihr direkt leid, doch sie konnte es nicht mehr ändern. Also stellte sie sich ihrem nächsten Untergang. Nicht nur, dass dort am Ende 5 Templer weilten, nein… Tanai wurde im Glaubenshaus auch noch mit Dingen konfrontiert, sie ihr nahezu seelischen Schmerz zufügten. Zum einen war da die Sache mit dem Gebot zum Gehorsam... natürlich, es erwischte sie und der Tetrach Vindheim (was für ein interessanter Mann, sie musste ihn unbedingt näher kennenlernen) hatte es auf sie abgesehen. Und dann war da noch die Sache mit dem Gebot zur Schulung des Kampfes… ausgerechnet jetzt, wo sie von der Kristallspinne fast zerfetzt worden war. Sie war nun mal eine Handwerkerin, und keine kämpfende Schlachtsau. Doch sie hatte sich zu diesem Gebot schon einmal etwas anhören können, als es ihr der Catulus gesagt hatte. Sie sollte sich darin schulen?! Und wenn sie ehrlich war, er hatte Recht, denn hätte sie sich verteidigen können, dann wäre sie vielleicht nicht verletzt worden. Doch nun hatte sie sich im Glaubenshaus wie ein verschrecktes Kaninchen weggeduckt, das in seinen Hasenbau flüchtete. Und… da war noch etwas. Immer wieder spürte sie die Gefühle von Schmerzen und gleichermaßen auch von… ja, was eigentlich? Die Wunde hatte sie an den Rand des Wahnsinns getrieben, und der Anblick der Templer (insbesondere ihres ganz persönlichen Nemesis) war nahezu unerträglich gewesen. Nach dem Unterricht war sie rausgeflüchtet und war über Kyan gestolpert, der sehr schnell gemerkt hatte, dass etwas mit Tanai nicht stimmte. Er war ein recht kauziger Mann, schonmal in ihrem Laden gewesen und zumindest bekannt. Es war ein wahrer Segen, dass er sich bereit erklärte, Tanai zu versorgen. Die Wunde wurde abgebunden, ein seltsam riechender Pampenbrei aus Kräutern zwischen Haut und Bandagen, ein Schmerzmittel dazu… und die Sache war gegessen. Sie wollte keine große Sache daraus machen, wollte die Schmerzen ertragen, so wie er es tat - treu ergeben im Glauben an Alatar. Sei treu, Sonnenschein! Innerlich hoffte Tanai, während sie zu Bett ging, dass Serena nicht geplappert hatte. Sie mochte den kleinen Schmetterling, aber wer wusste, wo die Freundschaft zu ihr noch hinführte. Wo das alles noch hinführte… nun hieß es Abwarten und Tee trinken. Ein Tee trinkendes Kaninchen? Schlaf, oh seliger Schlaf!


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 Beitrag Verfasst am: 28 Jul 2023 15:47    Titel: Kapitel 12 - Das Tagebuch
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Kapitel 12 - Das Tagebuch


Was für Erkenntnisse brachten diese Tage? Oh, richtig… es waren vielmehr Offenbarungen, die sie selbst auch noch aussprach. Neuerdings, und das war irgendwie erschreckend, sprach sie noch direkter. War ja nicht so, dass sie das nicht beherrschte (oft war ihre Klappe sogar zu groß), aber sie war selten fähig ihre eigenen Gefühle auszusprechen. Wäähhh… gruselig, und doch kam es immer häufiger dazu. Als würde man sie in der Sprache schulen, was dazu führte, dass sie ihr Herz ausschüttete. Hee, das war doch auch irgendwie Alatar gefällig, oder? Immerhin war es das 7. Gebot des All-Einen, na also. Und wenn sie nun in ihrem Bett lag und an die Decke der Schlafkammer glotzte, dann ließ sie auch die Gedanken zum gestrigen Abend Revue passieren. Na ja, eigentlich rasten sie mehr an ihr vorbei, aber sie griff nach ihnen und ließ sie nicht mehr los, solange bis sie aufhörten zu zappeln. Sie hatte im Glaubensunterricht Schmerzen gespürt wegen ihrer Wunde, aber auch ein anderes Gefühl, welches sie noch nicht ausmachen konnte. Nun aber wusste sie, was es war. Vertrauen. Das 2. Gebot des All-Einen, oh ja… war ja nicht so, dass sie ein misstrauischer Mensch war, aber sie legte sich in die Hände der Geweihten. Und das Gebot konnte an dieser Stelle auch noch ganz anders interpretiert werden. Sie wurde wieder rot auf den Wangen bei jenem Gefühl (oh Alatar, das musste aufhören, unbedingt!). Blinzelnd schnappte sich Tanai den nächsten Gedanken und blickte fast ein wenig giftig beiseite auf den kleinen Tisch in der Schlafkammer. Da lag es, klein und lauernd, in einem roten Lederband.

Liebespost von Serena, ganz eindeutig. Der kleine Schmetterling wusste genau, was sie tat. „Für den geheimnisvollen Ozean. Ein Ort um deine Gedanken niederzuschreiben.“ Zwar hatte sie die Post nur mit einem verschnörkelten „S.“ signiert, aber nur sie nannte Tanai so (was fand sie nur an ihren Augen?). Ein Tagebuch? Alatar hilf, das war nun wirklich viel zu kitschig. Das war was für Mädchen, die jeden Gedanken an Liebe und Herzschmerz aufschreiben mussten. Also wirklich… Da war aber noch etwas. Was für Mädchen… es hatte mit dem Verband zu tun, der mittlerweile nicht mehr um ihren Körper gewickelt war. Vorsichtig schob sie sich das Schlafzeug hinauf und betastete die Wunde. Sie schloss sich langsam und bildete zarte rosafarbene Haut, dort wo die Kristallspinne sie aufgeschlitzt hatte wie ein Schwein. Die Schmerzen ließen nach und ein pulsierendes Gefühl gesellte sich zu ihren Empfindungen. Die Medizin von Kyan würde sie heute weglassen, denn selbst, wenn sie bei einer falschen Bewegung noch etwas spüren würde, sie dachte an die Worte des Catulus, als er ihr dazu seinen geschätzten Rat gegeben hatte. Sie würde stärker werden, sie bräuchte die Betäubung nicht. War sie das wirklich, stark und nicht vielleicht doch ein Mädchen? Ein Blinzeln auf das Tagebuch, dann seufzte sie und stand vorsichtig auf. Das Ding wurde wie etwas Giftiges mit spitzen Fingern geschnappt und sie packte es in ihre Tasche. Schnell zog sich Tanai etwas Lockeres über und machte sich dann auf den Weg zum Haus der Ravnseels. Sie hatte in Anbetracht der Wunde und des Erdbebens (hach, der Moment war schockierend, und doch hatte sie darin wohlige Umarmung gefunden) sowieso nichts zu tun. Na warte, kleiner Schmetterling! Du kannst was erleben, du und deine Liebespost. Sei ehrlich, Sonnenschein!


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 Beitrag Verfasst am: 29 Jul 2023 19:04    Titel: Kapitel 13 - Die Entscheidung
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Kapitel 13 - Die Entscheidung


Die Liebespost war nicht so wieder zurückgebracht worden, wie sie bei Tanai hereingeflattert war. Natürlich nicht! Sie mochte Serena, sie wollte es ihr schonend beibringen, dass sie nicht so viel für Tagebücher übrighatte. Denn das bedeutete, dass sie sich mit ihren eigenen Gedanken und Gefühlen beschäftigen müsste, und diese Aussicht… wäh, nein, das war zweifelsfrei nicht sehr attraktiv. Und doch, sie hatte offene und ehrliche Worte an den kleinen Schmetterling gerichtet, soweit es eben ging (könnte sie ihr doch nur die Wahrheit sagen). Es war unvermeidbar geworden, dass Serena tief am Grund schürfte, sie war dem Geheimnis so nah und konnte jeden Moment darauf stoßen. Tanai konnte es ihr nicht sagen, denn ihr wurde klar, dass sie dann alles verlieren würde. Sie hätte nie wieder zu den Ravnseels gehen können, sie wäre dort in diesem Fall unerwünscht. Und allein der Gedanke daran versetzte ihrem Herz einen tiefen Stich, zurecht, denn sie mochte sie so unendlich gern. Statt ihr Geheimis preiszugeben, hatte sie Serena einfach in die Arme genommen, und da war etwas in dem kleinen Schmetterling passiert, was Tanai noch nicht begriff. Ob sie es jemals tun würde… vielleicht, wenn sie endlich ehrlich miteinander reden konnten, wenn dieses Geheimnis keines mehr war. Außerdem war ihr heute noch etwas klar geworden, als die Schneiderei wieder aus allen Nähten geplatzt war. Die Kolibris waren wieder da, stärker als je zuvor, und sie hatte das Gefühl davon zu flattern. Das Kribbeln war angenehm, wenn nicht gar erreg… nein, nein, nein. Sie musste sich konzentrieren. Es durfte niemand erfahren, niemand. Noch nicht. Sei geduldig, Sonnenschein!

Diese eine ganz spezielle Frage heute allerdings… die hatte ihr die Füße unter dem Boden weggerissen. Sie konnte kaum noch an etwas anderes denken. Und doch wusste sie, dass sie das, was sie tat, nicht bereute. Die eine Ravnseel quetschte ihr die Gefühle aus dem Leib, der andere Ravnseel ließ ihr Herz explodieren, und der dritte Ravnseel würde sie einen Kopf kürzer machen, wenn sie nicht aufpasste. Mit einem Seufzen stellte sie fest, dass sie diesem Weg dennoch folgen wollte, ganz gleich wohin er sie auch führte. Der rabenschwarze Kopf sank frustriert in das weiche lavendelfarbene Federkissen, dann blickte sie zu dem kleinen Bücherregal an die Wand, das neuerdings in ihrer Schlafkammer hing. Sie hatte ein Tagebuch von Serena erhalten, das dort nun unbeschrieben aber behütet stand. Ebenso ein Buch des Catulus über die 10 Gebote, offenbar aus seiner eigenen Hand niedergeschrieben. Und dann war da auch nach die Seite mit dem Gedicht, was von Tanai in einem leeren Buch eingeschoben worden war. Sie hatte nie Bücher besessen, niemals. Und nun flatterten sie in ihr Haus wie kleine freche Kolibris. Wieder ein Seufzen, dann stand sie auf und griff nach der Apfelseife, die auf dem Bücherregal lag. Darunter lag eine Spielkarte, es war die Herz Dame. Augenblicklich wurde sie feuerrot, denn die Bedeutung dieses kleinen Stückes war so viel mehr. Sie brauchte jetzt dringend ein kühles Bad, und dieses Mal sollte der Lavendelduft nicht ihr entspannender Begleiter sein. In ihrem Bad wusch sie sich, auch vorsichtig dort, wo die Wunde war, bedacht nichts wieder aufzureißen. Die Seife roch kaum, nur der leichte Geruch von Apfel, sie seufzte frustriert, wieder einmal. Sie würde noch wahnsinnig werden, was machten sie nur mit ihr? Und doch, sie hatte sich entschieden, ja gesagt zu dieser einen Frage und damit ihre Zukunft besiegelt. Mochte Alatar ihr beistehen.


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 Beitrag Verfasst am: 31 Jul 2023 11:51    Titel: Kapitel 14 - Die Minzschokolade
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Kapitel 14 - Die Minzschokolade


Was für eine Versuchung! Da lag dieses leckere Stückchen nun vor ihr, machte ihr Appetit und doch konnte sie nicht probieren. Ganz eingehüllt in Rot, dicht vor ihren Augen, und doch war es Sünde im Anblick des All-Einen. Sie seufzte, der Anblick musste reichen, um den Appetit zu stillen. Leise stand sie auf, blickte sich im Raum um und ließ die Versuchung dort am Boden liegen. Sorgsam strich sich Tanai ihr Kleid glatt, tastete dabei über die Wunde und war froh, dass die Berührung sie nicht mehr hochschreckte. Nur schnell weg, ganz leise, bevor sie es sich mit der Minzschokolade nochmal anders überlegte und Sehnsucht bekam. In der Küche des Hauses machte sie ein einfaches Mahl, etwas Brot und frische Schafsmilch von den Flauschis im Garten, dazu ein geschnittener Apfel. Wie sie ihren Teller so betrachtete, glitt ihr meergrüner Blick nach oben Richtung Dach des Hauses. Sie wusste, dass es besser war hier zu bleiben, denn so viele Dinge hatten sie durcheinander gebracht in den letzten Tagen. Ihre Entscheidung war richtig und wichtig, das war ihr klar. Aber da gab es noch so vieles mehr. Meer, hm. Richtig… Aleksi hatte ihr während eines Gesprächs vor Augen geführt, warum die Strafe des Catulus in ihrem Heimatdorf so schwerwiegend war, und mit erstaunlicher Präzision hatte er ins Schwarze getroffen. Doch dann war der Kerl geflüchtet, hatte ihr vor dem Haus den Platz vollgequalmt und dann… war Catulus Ravnseel erschienen. Seine Schwägerin Serena war ihm mit wenig Abstand gefolgt. Ihr Haus wurde zu einem Bienennest, und die Gefühle schwappten wieder an die Oberfläche. Oh nein, nein, nein… denk nicht darüber nach, dummer Guppy. Es hat alles seinen Sinn, es soll so sein, wie der All-Eine es für mich geplant hat, natürlich ist es so!

Die Augen wurden zusammengepietzt, der Frühstücksteller angestarrt als sei er giftig. Ach, könnte sie doch nur die Minzschokolade essen, welch Aussicht auf Wonne und Vergnügen. Schon als Kind hatte sie diese gemocht, und an besonderen Tage hatte ihr Vater ihr diese geschenkt. Sie wusste, dass es ein Überbleibsel ihrer Vergangenheit war, welches ihr stets Freude gebracht hatte. Doch sie wusste auch, dass eine andere Freude in Sicht war, und sie schäumte wie die aufgebrachte See. Und das erinnerte sie an ihre Hurenmutter, die ihren Vater damals mit einem Kind im Arm überrascht und es ihm nahezu aufgedrückt hatte. Dann war sie abgehauen, ja richtig! Coreyee Batari hatte den Mann allein gelassen, sich aus der Verantwortung gezogen. Und ihr Vater Variun hatte Tanai allein aufziehen müssen. Da war sie nun also, ein Bastardkind, das von ihrer Mutter nicht gewollt worden war, und das von ihrem Vater mehr oder weniger wie ein Junge erzogen wurde. Sie wollte niemals so enden, niemals nicht mal im Traum. Und doch… etwas nagte an ihrer Überzeugung und sie warf einen neuerlichen Blick zur Decke hinauf. Die Lust auf das Frühstück war ihr vergangen, denn sie musste an die Worte denken, die ihr zuteil geworden waren. Sie war kein Bastardkind? Sollte so etwas nicht mehr sagen, nie wieder? Mit einem Glucksen stand Tanai auf und ging wieder hinauf ins Dach, der Teller wurde mitgeschleppt, nur zur Sicherheit. Dann stellte sie ihn am Boden ab, setzte sich in den Schneidersitz und betrachtete die in Rot eingehüllte Versuchung. Minzschokolade war wirklich eine Sünde wert, würde sie widerstehen?


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 Beitrag Verfasst am: 01 Aug 2023 19:40    Titel: Kapitel 15 - Der Kolibri
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Kapitel 15 - Der Kolibri


So viel dann zur Versuchung. Sie hatte nicht widerstanden, die Kolibris in ihrem Bauch waren geflattert wie wild. Das war nicht sehr gefällig gegenüber dem All-Einen! Doch wo hatte es angefangen, dass sie erlegen hatte? Hm… ja, beim Herren selbst, es war ebenso. Sie konnte nichts dafür, oder? Ihr Weg hatte den eines Catulus gekreuzt und sie auf eine harte Probe gestellt. Ihre Wangen wurden heiß, als sie daran dachte, was geschehen war. Die Minzschokolade war auch wirklich zu köstlich gewesen. Aber sie gab zu, dass sie dem gerne zugestimmt hatte. Ja, sogar mit Freude. Ihr Herz war gehüpft und was an diesem Abend passiert war, würde ihr Leben verändern, daran war nun mal überhaupt nichts zu zweifeln. Die Reise war eine besondere gewesen, und eine, die sie in keinster Weise erwartet hatte. Sie war entführt worden in eine Welt, weit entfernt von heftigen Erdbeben, zu nah am Paradies - auf Wiesen, zu Bergen, in Wälder und ans Meer. Der Wind hatte um ihre Ohren geweht, Wärme hatte sie umschmeichelt, süße Wonne ihre Lippen erreicht, Arme und Küsse sie umfangen. Sie war dort gewesen, und doch war sie ganz woanders. Selbst der blaue kawianische Kolibri in seinem kleinen Korb hatte im Dach die schönsten Lieder geträllert, ihr Herz hüpfen lassen, und ja… sie wollte es, so sehr. Sie hatte „Ja“ gesagt. Ein feiner Pyrianring mit funkelnden Brillanten und einem Rubin in schlangenförmiger Fassung besiegelte es. Doch sie mussten ihn noch verstecken… vorerst.

Tanai wusste, dass er „es“ nie sagen würde, denn sein Leben und seine Liebe war Alatar verschrieben. Doch sie liebte, und sie ließ es ihn wissen. Denn weil er Alatar liebte, hatte ER sie ihm geschenkt. Es grenzte an ein Wunder, dass sie einander gefunden hatten. Sie, diejenige, die Angst vor Templern hatte. Sie, die durch seinen Glauben und seine Zuneigung den Weg zurück zum All-Einen gefunden hatte. Sie, die nun versprochen war. Sie würde nicht so enden, wie ihre Mutter, dafür würde er Sorge tragen. Sie würden heiraten, vor Alatar selbst, wenn die Zeit gekommen war. Doch nun… jaaaa, da galt es alles weitere in die Wege zu leiten. Sie wusste, dass sie sich dem Tetrachen Vindheim stellen mussten, und der Gedanke jagte wahre Panik in Tanais Rückenmark. Kaum zu schweigen von der Verkündung vor der Familie Ravnseel. Sie gluckste und atmete ganz tief durch. Ja, sie würde eine Ravnseel werden, Tanai Ravnseel. Ihre Wangen glühten wie der Rakun selbst, und als sie wieder neben sich sah, da blickte sie in seine Augen, die sich kaum geöffnet hatten. „Guten Morgen, Catulus.“, wisperte Tanai fast verschämt zu Vincent hin. Und zum ersten Mal lächelte sie wahrhaftig bei dem Gedanken an diesen Catulus, an ihren Verlobten. Sie würde immer dort sein, wo auch er war, und so würde es auch umgedreht sein. „Guten Morgen, Sonnenschein“, wisperte er und zog sie auch sogleich behutsam in seine Arme. Sie wussten, dass sie nur wenig Zeit hatten, bevor die nächsten Beben Gerimor erschütterten und Vincent zum Tempel gerufen wurde. Jeder Augenblick war kostbar.


Zuletzt bearbeitet von Tanai Tayris am 01 März 2024 18:48, insgesamt einmal bearbeitet
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