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Eclipse / Twilight
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Eclipse / Twilight
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 18 Apr 2023 16:22    Titel: [Cherry Blossom / Every day will be a spring]
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Der zweite Frühling hatte Gerimor erreicht. Auf andere Art als man es für gewöhnlich annahm, doch es war wie es war. Ein weiteres Erwachen des Landes fand statt. Was dagegen im Osten von Rahal aufkeimte, war der Anreiz dem kleinen Garten hinter dem Haus ein wenig mehr Farbe zu verleihen.

Bewaffnet mit einer Schaufel, Setzlingen und in einfache Kleidung gehüllt, stand die zur Gärtnerin angepasste Kriegerin am Treppenansatz. Sie rückte den Strohhut zurecht, der vor den kräftigeren Sonnenstrahlen schützen sollte, während sie ausatmete. Jene Arbeit war nun nicht unbedingt etwas, das sie gerne machte, doch hatte es in ihren Augen eine Daseinsberechtigung. Es wäre jedoch nichts, dem sie in ihren Ruhezeiten abseits des Dienstes sowie anderer Verpflichtungen öfter als notwendig nachgehen wollte.

Für jede ihrer Bekanntschaften hatte sie ein Gewächs gewählt, mit dem sie jene in Verbindung brachte. Bis auf eine von ihnen, wussten alle bereits, was sie in Byulis Augen darstellten. Diese Eindrücke wollte sie gerne auch für sich festhalten, nicht nur über die angefertigten Schmuckstücke. Langsam sank sie auf die Knie hinab, um den ersten Spatenstich zu setzen, die Pflanzen ihrem angedachten Bereich zuführend.

    ✥ Zunächst war da das Windröschen, das für sie selbst mit ihrem geduldigen Wesen stand.
    ✥ Der Erdbeerstrauch samt seinen Blüten mochte unauffällig wirken, da einerseits so selbstverständlich als auch alltäglich, doch andererseits beliebt und verlockend.
    ✥ Die rote Hyazinthe, vermittelte für die Kriegerin Aufrichtigkeit, Wohlwollen, zugleich natürlich Schönheit.
    ✥ Dagegen war die Narzisse eine Pflanze, die geheimnisvoller nicht sein konnte. Die Fruchtbarkeit mit der damit verbundenen Lebendigkeit war ein Widerspruch zu ihrer Botschaft als Todesbote.
    ✥ Hinter dem Windröschen war die Ranunkel zu finden. Individuell, dazu einmalig, aber auch sehr giftig, wusste man nicht, wie sie zu behandeln war.
    ✥ Das Veilchen vermochte fast keinen Platz bei den anderen finden, doch tat sie es. Passte zu ihrer bescheidenen Art wie auch Verschwiegenheit.
    ✥ Zuletzt war da die Glockenblume, die noch nichts davon wusste, dass sie eine war. Sobald es jedoch dazu kam, wollte die Zusammengehörigkeit mit Anerkennung bestätigt werden.
    ✥ Die Rotkiefer, die für Mut, Lebenskraft, überdies für Standhaftigkeit stand, sollte zu einem anderen Moment auf andere Art ihre Ecke finden. Gutes braucht bekanntlich Zeit, besonders bei einem wählerischen Wesen.


Als alle eingesetzt waren, erhob sie sich, den Schmutz sogleich abklopfend, während sie ihr Werk betrachtete. Länger bekam der Kirschbaum ihre Aufmerksamkeit. Bald schon hätten er mitsamt dem Pfirsichbaum ein eigenes Blütenkleid zu tragen. Die Vorstellung daran weckte Erinnerungen.
Das erste Mal, dass sie diesen Anblick auf andere Art erleben würde. Dazu kam der Brief, den sie am Morgen nach Bajard brachte, damit er mit dem nächsten Schiff in ihre Heimat getragen wurde. Die Narzisse war sich gar nicht bewusst, was es für eine Überwindung bedeutete die Zeilen zu schreiben, zumal jene Person ihr womöglich nicht wohlgesonnen war. Dessen ungeachtet, gab es nichts zu bereuen.

Abzuwarten würde nun die Geduld der Windrose fordern. Bis eine Antwort eintreffen könnte, gab es noch anderes, das bevor stand und sie beschäftigt hielt.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 05 Mai 2023 22:15    Titel: Mirror / Far away
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Der Spiegel gilt seit jeher als ambivalentes Symbol. Zugleich allem voran das älteste Mittel, will man sich ein Bild von sich selbst machen. Während der Selbstbetrachtung ist zu empfehlen, den Konnex von Empfindung und Gedanken im Gleichgewicht zu halten. Ansonsten neigt man zu verzichtbaren Auffassungen, ob man zu fett wäre, Falten dazu kämen oder tiefergehendes. Im Falle der Kriegerin betraf das vor allem die Haarfarbe.

Das Handtuch wurde fest über den Kopf gerieben im Versuch, den Schopf so trocken wie möglich zu bekommen. Als sie es fortzog, hob sie den Blick. Seine Wirkung hatte das Mittel nicht verfehlt. Ihr Abbild zeigte sie mit pechschwarzen Haaren, wie es ihre eigentlich angeborene Kolorierung war. Ein starker Kontrast zu der hellen Haut, die dadurch besondere Betonung erhielt. Weiterhin blieb der Fokus auf ihrem Ebenbild.
Mittlerweile hatte sie einen eigenen Meilenstein erreicht. Bereits 100 Tage waren vergangen, seit sie Gerimor unfreiwillig betreten hatte. Genauso lange war es her, dass sie das erste Mal ihr Aussehen über den Farbwechsel veränderte. Bis heute brachte der Anblick Erinnerungen an ein Leben, dass ihr nur noch fremd schien und weit weg. An diesem Abend jedoch wollte sie so unauffällig wie möglich in der Masse untergehen. Wobei es auch sonst nicht in ihrem Interesse lag aufzufallen, gleich mit welcher Art von Äußerlichkeit. „Ein Mittel zum Zweck“, sprach die nun Schwarzhaarige zu sich selbst, während sie sich abwandte.

Über Bajarder Umwege kam auch die Nachricht des Bierfestes in Berchgard zu ihr. Eine gute Möglichkeit die Ketzer in ihrem natürlichen Umfeld zu beobachten. Man sagte nicht umsonst, kenne deine Freunde, doch kenne deine Feinde noch besser. In all der Zeit hatte sie es kein einziges Mal geschafft, sich auch hiervon ein Bild zu machen. Ein Vorteil, dass sie etwas für den Gerstensaft überhatte.



~~~✥✥✥~~~



Adoran, Stadtstube - 05. Eluviar 266


Der letzte Eintrag ist etwas her. Gerade musste ich mich auch ein wenig sammeln, mehr als sonst in letzter Zeit meine Gedanken ordnen, ehe es sich gelohnt hat den Federkiel in die Tinte zu tauchen. Nie hätte ich gedacht, mal in Adoran zu sitzen, während ich eine Seite dieses Buches beschreibe. Zumindest nutze ich die Zeit, bis das nächste Schiff nach Bajard aufbricht. Unauffälliger als eine Kutsche.

Was ich heute gelernt habe, ist, dass es mir nicht liegt vorgeben zu müssen, jemand oder etwas zu sein, was ich nicht bin. Gänzlich gegen das Handeln wie man sonst reagieren würde, fühlte sich falsch an. Besonders bei diesem einen. Man sieht sich jedoch immer drei Mal im Leben. Die nächste Begegnung wird unter anderen Umständen erfolgen, sollte die Handlungsweise bleiben.

Durch die gemachte Erfahrung weiß ich allerdings nun, dass das, was ich bin, auch das ist, wofür ich brenne. Die Pflicht mit meinen Aufgaben ist, was mich am Leben hält. Für mich braucht es keinen besonderen Zeitvertreib, solange in meinen Augen alles einen Sinn ergibt. Was es tut.

Der All-Eine steht für List und Tücke, gleichwohl werde ich morgen den Tempel aufsuchen. Außerdem möchte ich, sobald ich zu Hause bin, ein langes Bad nehmen. Manches auszusprechen widerstrebte. Es weckte den Drang, mich dringendst waschen zu wollen.

Für Alatar!
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 18 Mai 2023 11:31    Titel: [Not the End / Still here]
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Seit dem letzten Abend, durfte sie den Rang eines Trabanten in der Garde einnehmen. Passend dazu, war ‚Mond‘ die direkte Bedeutung ihres Familiennamens. In der Astronomie wird dieser gern als Trabant von Alathair bezeichnet. Ein Wissen, das sie ihrem Lehrer zu verdanken hatte, über den sie mehr als alles andere zu ihrem heutigen Leben kam. Damals wusste sie es jedoch noch nicht. Dank dieser Erkenntnis haftete diesem Ereignis jedoch auch etwas Poetisches an.

Zu diesem Zeitpunkt führte Byuli gerade das Reittier aus, welches ihr anvertraut wurde, im Versuch den Bund zwischen ihnen zu stärken. Ein stattlicher Hengst mit angenehmer, gräulicher Fellfarbe. Gewöhnlicherweise war eine Stute eher ihre bevorzugte Wahl, doch sie war entschlossen, sich der Herausforderung zu stellen. Nachdem Grundausbilder Melia dem Tier diesen besonderen Ausdruck als Namen gab, hatte er bestimmt etwas in ihm gesehen, das besonders gut zu ihr passen sollte. Es gab ihrem Leben in Rahal dazu eine weitere Aufgabe, die sie beschäftigt hielt.

An ihrem Ziel angekommen, ließ sie ihrer tierischen Eskorte die Gelegenheit, sich freier zu bewegen. Sie sah ihm noch eine Weile nach, wobei sie auf dem liegenden Baumstamm Platz genommen hatte. Die Ruhepause nutzend, wurde das Schreibzeug aus dem Beutel gezogen, mit der passenden Sammlung gebundener Pergamentseiten.



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Außenposten der Garde, Bitterforst - 18. Eluviar 266

Sehr bald schon wird die Garde ein Biwak abhalten, mutmaßlich nicht weit weg von hier. Ich stelle es mir ein wenig wie unsere Reise nach La Cabeza vor, nur mit weniger Schifffahrt, Sand und Hitze.

Angenehmer wird bestimmt der Abend im Kraken, für den ich auch eingeladen wurde. Ironisch betrachtet bin ich diesem der Themantik einer Seefahrt näher, doch hat es immerhin ein Dach über den Kopf. Zu Hause kam es auch vor, dass ich mich mal in fremden Schlafstellen aufhielt, jedoch war es meist


~~~✥✥✥~~~



Abrupt wurde sie dazu gezwungen, den Eintrag enden zu lassen. Gerade als sie die Feder erneut eintauchen wollte, schaffte es eine ungünstige Bewegung, das kleine gläserne Tintenfass zu kippen. Ohne Tinte war natürlich keine Fortsetzung möglich.
Aigoo", entließ sie ihren Frust darüber mit jenem Wort, das sie in solchen Situationen gern aussprach.
Ein plötzliches Wiehern neben ihr war kurz darauf die überraschende Antwort, worauf auch der Pferdekopf in Richtung der Kriegerin bewegt wurde.
AH! Du warst nicht gemeint!", entkam es ihr lauter, mit einer Stimmlage, die ihre Unleidlichkeit kundtat. Zusätzlich in leise vor sich hinmurmelnd, schimpfender Natur, erhielt ihr Begleiter einen Apfel aus dem Beutel. Hinter der Fassade versteckte sich auch eine sanfte Seite, welche die Aufmerksamkeit des Hengstes durchaus zu schätzen wusste. Womöglich war dies, was der Grundausbilder erkannte und sie gemeinsam hatten.

Mit dem üblichen Pragmatismus räumte die blasshäutige Frau ihr Hab und Gut wieder auf. Nachdem sie aufgestanden war, nahm sie die Zügel in die eine Hand, die Stirn des Tieres dafür mit der anderen einfühlsam kraulend. „Wir gehen nach Hause", wurde noch erklärt, als sie sich in Bewegung setzte. Für ‚Aigoo‘ jedoch gab es andere Prioritäten. Wo ein Apfel herkam, gab es bestimmt mehrere! Hoffnungsvoller Natur, folgte er ergeben.


Zuletzt bearbeitet von Byuli Luan am 28 Jul 2023 08:06, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 30 Mai 2023 13:32    Titel: Eclipse / When the moon covers the sun
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In manchen mythologischen Geschichten wird eine Sonnenfinsternis als Wiederanfang dargestellt. Verdunklungen sind, ob gewollt oder nicht, Teil des Lebens. Die meisten erleben jene höchstens, sobald der Tag schwindet und die Nacht anbricht. Sie sind die Gesegneten oder je nach Ansicht die Blinden unter uns, die ihr Leben akzeptieren, ohne etwas zu hinterfragen. Die Lehren des All-Einen besagen dabei, dass es immer die Wahl gibt, den freien Willen. Was man erlaubt, wird fortbestehen. Soll etwas erreicht werden, handelt man danach. Wurde eine Entscheidung getroffen, ist alles dafür zu tun sie umzusetzen. All dies war der Kriegerin nicht fremd.

Fräulein Luan, ich habe einen Brief für Euch!“, sprach Marinnia, die stets beliebte Dame des Bajarder Kontor. Mit einer Mischung aus Neugierde und Verwirrung sah die blasse, schwer gerüstete Frau von ihrem Beutel auf. In der Tat wartete sie auf ein Antwortschreiben, doch es schien ihr gar zu schnell gekommen zu sein.
Macht nicht so ein Gesicht, es sieht nicht danach aus, als ob es eine Goldeintreibung wäre!“, scherzte sie fröhlich, während die Bankfrau den Brief überreichte. Kaum angenommen, schenkte sie diesem eingehend ihre Aufmerksamkeit. Keineswegs die Zuschrift, die sie erwartet hatte. Ebenso war die Schrift darauf nicht unbekannt, worauf die Neugierde fiel, doch der Verwirrung viel mehr Platz einräumte.
Ihr habt recht, eine Goldschuld ist es nicht. Diese zu begleichen wäre angenehmer.“, antwortete Byuli etwas verspätet, wobei die tiefere Tonlage ihrer Stimme von Nachdenklichkeit durchzogen war. Verabschiedend neigte sie noch den Kopf, lehnte dazu etwas umständlich den Oberkörper mit vor aufgrund der Plattenrüstung. Das Kuvert, von einem blauen Band umschlossen, beschrieben mit sehr vertrauter Handschrift, landete danach schlicht im Inneren des Tragebeutels.

Einstweilen wurde das Schriftstück den gesamten Heimweg über nicht weiter beachtet. Was könnte auch drinstehen, das so wichtig war, um es gleich an Ort und Stelle zu lesen. Sollte das Geschriebene jedoch einen unerwarteten Emotionsausbruch heraufbeschwören, war es besser keine Zeugen dafür zu haben. Das Gesicht wahren zu wollen war eine Eigenschaft, die bis zu ihrem Tod nicht weichen würde.

Teil ihres Alltagstrottes bestand darin, sobald sie zu Hause war, sich der Rüstung zu entledigen und ein Bad zu nehmen. Mit nassen Haaren, den Leib eingehüllt in einer schlichten, aber gemütlichen Robe, stieg sie vom Dachboden hinab. Der Zeitpunkt war gekommen, das Schreiben aus dem Beutel zu holen, in der Absicht es zu öffnen. Dies tat sie auch, während sie sich dem Tisch näherte und im Kreuzsitz hinab sank. Überraschend war, dass aus dem Kuvert zwei gefaltete Pergamente glitten. Das eine trug wie schon das Kuvert, die vertraute Handschrift ihres Bruders. Besagtes zweites war mit einer feineren Linienführung versehen, was auf eine Verfasserin hindeutete. Als die fast schwarzen Augen erst über die Zeilen des einen, dann über die des anderen Briefes glitten, veränderten sich die Gesichtszüge. Nur langsam zeigte sich ein Hauch von Zorn in den dunklen Augen, dazu trat auch die Kieferpartie deutlicher hervor.

Byuli war immer schon mit einer guten Beherrschung wie auch Geduld gesegnet. Insgeheim wollte die geballte Faust allerdings unbedingt auf den Tisch schlagen. Gäbe der Wut Möglichkeit zu weichen, hätte jedoch dem Holz schaden können. Nein, so sehr ließ sie sich nicht von diesen Nachrichten beeinflussen. Dafür war sie mittlerweile zu gefestigt. Im Grunde war es ihr gleichgültig, was die Kriegerin ungeachtet dessen erzürnte, war die Feigheit. Falsche Worte mit falschen Versprechen. Doch was hatte sie anderes erwartet. Ihre Plattenrüstung samt Waffen kam also doch nochmal zum Einsatz, auch wenn sie für den Tag eigentlich genug davon hatte. Danach wäre es wieder gut. Bevor sie aufbrechen wollte, gab es zunächst noch etwas zu erledigen.

Am gleichen Abend stand die blasse Frau erneut vor Marinnia, gerüstet wie schon am Vormittag, das nun schwarze Haar zurück gestrichen. Nach der üblichen, höflichen Begrüßung sprach Byuli mit ruhigem Klang: „Ich möchte zwei Briefe aufgeben.


Zuletzt bearbeitet von Byuli Luan am 28 Jul 2023 08:10, insgesamt 7-mal bearbeitet
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 04 Jun 2023 10:55    Titel: [100 Ways / what makes you stay]
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Was war, was ist und was kommt, hält unser Gehirn wiederholt beschäftigt. Eine Einschätzung des Vergangenen schadet nie, um aus Fehlgriffen zu lernen, damit sie sich keinesfalls wiederholen. Ebenso empfiehlt ein Sprichwort, niemals mit Reue zurückzusehen da gegebenenfalls passieren kann, dass man vom Weg abkommt. Abzuschätzen wohin dieser geht, dagegen eine herausfordernde, hohe Kunst. Was möchte man also mit der Zeit anfangen, die einem auf Alathair gegeben wird?

Es war eine gemütliche, frühsommerliche, Mittagsstunde im Schwalbenkunft, der die Kriegerin dazu brachte in der Taverne neben dem Rahaler Rathaus einzukehren. Seitdem sie das Gästezimmer im oberen Stockwerk aufgegeben hatte, waren ihre Besuche dort selten. Interessant jedoch blieb der kleine Anbau, mit der Aussicht zum Marktplatz hin. Geschmückt mit erkennbaren Schatten unter den Augen, verfolgte sie das, was vom Fenster aus zu erspähen war.

Alatargefällig gekleidet oder gerüstet, spazierten die Bewohner mal gelassener, mal eiliger von einem Ort zum anderen. Fleißige Händler und Handwerker sputeten sich, die nicht verkauften Waren zurückzuschaffen, wo auch immer das war. Die Kameraden der Garde patrouillierten wie erwartet durch die Straßen, gelegentlich länger an einem Platz verweilend.
Alles in allem ein unauffälliger Tag. Nahezu jeder ging seiner eigenen Beschäftigung nach, ohne besonderen Wert auf längeren gesellschaftlichen Umgang. Wie üblich, doch daran hatte sich Byuli in einer großen Stadt wie Rahal schon gewöhnt.

Ihre Beobachtungen fanden ein jähes Ende als Theoader, der Wirt des Hauses, den bestellten Kräutertee vor ihr auf dem Tisch platzierte. Genau das richtige Getränk, schließlich war die Nacht kurz und der Körper brauchte Flüssigkeit. Mit einem tieferen Abneigen des Kopfes dankte sie ihm still, bevor er zurück zur Theke schritt. Dank der Ablenkung erinnerte sie sich wieder daran, was sie eigentlich vorhatte. Einige gezielte Griffe in den Tragebeutel später, war alles benötigte hergerichtet.



~~~✥✥✥~~~

Rahal, Herberge zum roten Schwert - 4. Schwalbenkunft 266


Bajard
Während meinen Aufenthalten, konnte ich mir ein gutes Bild von Gerimor machen. Hinzu kamen geknüpfte Bande in der Spelunke, wobei ich Fiete, die Narzisse oder die Rotkiefer am meisten antreffe. Die Menschen, die im Freihafen sonst ein oder ausgehen, haben es fast genauso eilig wie in Rahal. Bis heute konnte ich nicht in Erfahrung bringen, was jene dermaßen hetzt, dass wortlos Pfade geteilt werden im Vorbeigehen, selbst wenn man sich kennt. Trotzdem kam es vereinzelt zu guten Gesprächen.

Kraken zu Bajard
Die Beteiligten des Kraken, keineswegs alle davon mit Blut verbunden, sind sich ungeachtet dessen nahe. In der Nacht von gestern auf heute, gab es die Gelegenheit sie nochmal besser kennen zu lernen. Ich erinnere mich genau an den Tag der Eröffnung. Tamyr war mir an diesem bereits aufgefallen, doch ich glaube so ergeht es vielen. Die Kirschblüte erst später, dafür umso deutlicher dank ihrem aufgeweckten Wesen. Ergänzt durch Irvin und Amergio, sind die Männer der Krakenbesatzung auf ihre Art und Weise die guten Geister des Hauses. Zanadarian ist mittlerweile ebenso Teil davon, was ihm gut tun wird. Faul am Ufer rumsitzen mit der Angel in der Hand setzt nur Reserven am Bauch an.

Rahal
Denke ich zurück an den Moment meiner Entscheidung, hier ein Haus zu beziehen, ertappe ich mich gelegentlich dabei, meine eigene Wahl zu hinterfragen. Es gab mehr Möglichkeiten, die nächstgelegene natürlich Grenzwarth mit Ennika, darüber hinaus die Nähe zur Grenze. Gleichwohl wollte ich in der Stadt bleiben. Ganz so einsam ist es zwar nicht, immerhin wohnt die Erdbeerblüte in der Nähe, dennoch bekomme ich oft den Eindruck, meine Ansichten ermüden sie. Mir ist hierbei bewusst, dass meine Gesellschaft ihre Schwierigkeiten mit meiner Art haben kann, gleichwohl fällt vieles nach wie vor schwerer. Die Familie Angerlohe dagegen gab mir bisher einen anderen Eindruck, weswegen ich denke, dass etwas Gutes daraus wachsen kann. Nora muss ich auch öfter besuchen!

Garde Rahal
Wo es gebraucht wird, erfülle ich unterstützend meine Pflicht. Zum Beginn hin war es alles andere als einfach, andererseits lohnte sich die Mühe. Leider ist Kontakt außerhalb des Dienstes selten. Vielleicht auch gut, dass meine Kameraden mich eingeschränkt kennen, da mein Ansehen sonst darunter leiden könnte.

La Cabeza
Äußerst sonnig, sandig, viel Meerwasser. Schifffahrt unvermeidbar, daher kein Ort, den ich als Gast öfter sehen werde.

Axorn
Mein Besuch bei den Letharen mit dem Markt kurz danach blieb mir gut im Gedächtnis. Den ursprünglichen Gedanken, ihre Heimat öfter aufzusuchen konnte ich bisher nicht umsetzen, doch ist es nicht vergessen. Ihr pragmatisches wie auch direktes Wesen ist unerwartet erfrischend für mich, dazu auch vertrauter da ich selbst ähnlich sein kann.

RaKun
Dank IrrTaKor kam es bisher zu keinerlei schweren Verletzungen. Neben seinem handwerklichen Können sind die Gespräche dazu überaus angenehm. Er denkt besser von mir als ich verdient habe, erinnere ich mich an unsere letzte Unterhaltung. Ansonsten muss ich mir die Gegend um den Vulkan noch genauer ansehen, bevor es dafür zu heiß wird. Der Sommer kommt spürbar näher.

Exkursion in den Osten
Die gewählte Verkleidung war für einen Abend ausreichend. Kein bleibender Eindruck, bekräftigte mich darin, zu sein, wo ich bin.

K‘awi
Heute Abend reise ich zu der Insel mit dem ungewöhnlichen Namen. Gerade bin ich unsicher, ob sich die Überfahrt lohnen wird. Ablenkung in Form eines Marktes hört sich nichtsdestotrotz angenehm an.

Wohin?
Eine gute Frage. Nachdem eine lange Schiffsreise von mir abgelehnt wird, überlege ich mir eine zusätzliche Richtung. Womöglich lohnt sich ein Austausch der Gedanken mit Theoader, bevor ich der Statthalterin schreibe? Fragen sollten nie ohne Antwort bleiben.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 04 Jul 2023 19:41    Titel: [water color / Paint me like a blur]
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Die Farben des Lebens bringen unterschiedliche Erkenntnis mit sich. Selbst bei der Frage welche Kolorierung der Himmel trägt, gibt es verschiedene Antworten. Es kommt nicht nur auf die eigene Fähigkeit an die unterschiedlichen Nuancen wahrzunehmen, sondern auch schlicht auf das, was man sehen will. Betrifft es Schmerz ist dies ähnlich, wobei hier meist die Töne dumpfer oder dunkler erscheinen. Körperliche Verletzungen sind dagegen relativ einfach anhand ihres Farbspektrums zu beurteilen.

Uugh“, keuchte die Kriegerin unterdrückt auf, als sie sich aufsetzte. Die Nacht hätte erholsamer sein können, doch selbst unterbrochener Schlaf war besser als keiner.
Geschützt in den eigenen vier Wänden, ließ sie den eigenen Emotionen freieren Lauf. Unzufrieden verzog sie das Gesicht, während sie die rechte Hand über ihre linke Seite führte. Hämatome waren ihr nicht fremd und so hatte sie bereits ihre Erfahrung darin, sie zu behandeln. Knurriger entkam ihr ein Laut, kaum das sie aufgestanden war, gefolgt von einem kleinen Schimpfwort.

In ihrem Waschraum entledigte sie sich der Schlafkleidung, wonach die Kriegerin der üblichen Körperpflege umsetzen wollte. Im gut ausgeleuchteten Raum drehte sie sich vor dem Spiegel zur Seite, dazu den Arm anhebend. Zwei Mal stürzte sie im Turnier unsanft vom Pferd über einen Lanzenstoß. So langsam war erkennbar, was ihr diesen lästigen Schmerz bereitete. Die bereits blasse Haut schimmerte in einem leichten Blau. Nahezu als ob mit Wasser verdünnte blaue Farbe über einen weißen Bogen Pergament verschüttet wurde. Bald schon würde sich das Farbspektrum in Etappen ändern, zugleich auch genesen.

So oder so war ein wärmendes Bad die richtige, angemessene Vorgehensweise, nach der bisher kühlenden Versorgung. In ihre Wanne steigend, versank sie darin, bis sie den Kopf am Rand anlehnen konnte. Die Gedanken gingen unweigerlich zum Turnier zurück. Das Ergebnis weckte gemischte Gefühle im Inneren der Gardistin. Einerseits hätte sie der Garde gerne Ehre gebracht, indem sie auch die letzte Hürde bewältigte, andererseits war es unerwartet erfreulich. Eine Bürde ihrer Erziehung. Ob es ein Versagen wäre in den Augen ihrer Familie, wäre diese Zeuge geworden?
Schnell schob sie den Gedanken beiseite. Es war sogar ein Vorteil, dass keiner anwesend war, der nahe genug stand, um wegen dem Wohlergehen besorgt zu sein. Bitter war zusätzlich die Gegnerin selbst, schließlich war das Gespräch in der Heilstube von Andarc noch sehr gut im Gedächtnis geblieben.
Zu lange verblieb Byuli nicht im Wasser. Unnütz rumzusitzen oder zu liegen, wenn man auch gehen konnte, lag ihr einfach nicht. Eine lästige Angewohnheit sich den Kopf über allerlei zu zerbrechen, hat man sonst nichts zu tun. Es formte Bilder, die man besser nicht zu genau betrachten sollte.

Etwas später wanderte sie gemächlich durch Rahal bis sie in der Taverne zum roten Schwert ankam. Mit Theoader gab es Kleinigkeiten abzustimmen, nachdem der Pachtvertrag zu beide Zufriedenheiten abgeschlossen werden konnte. Gleich im Anschluss jedoch hatte sie vor ihren Hengst ‚Aigoo‘ zu besuchen, der sich eine explizite Portion Äpfel verdient hatte. Wenigstens er behielt seine dunkle, graue Fellfarbe und blieb ohne Verletzungen jeglicher Art.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 15 Jul 2023 13:29    Titel: [Mr. Rover / wish to be free?]
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Namen bestimmen traditionell unsere Zugehörigkeit. Familien, das Umfeld, sogar mögliche Wendungen. Es kommt vor, dass jenes getragene Pseudonym so gar nicht zu dem Äußeren passt, das man abgibt. Sind Namen also tatsächlich nur Schall und Rauch? Was, wenn man alles wegwirft, um jemand anderes zu werden? Nicht alle schaffen das. In den meisten Fällen bleibt man ein Abbild dessen, was einem im Leben gegeben wurde. Ob man sich damit befasst oder nicht, liegt an einem selbst. Wodurch die Narzisse und die Windrose nicht unterschiedlicher hätten sein können.

Genau in diesem Augenblick, befand sich die Kriegerin in ihrem kleinen Garten. Verhältnismäßig gemütlich nahm sie auf der aus Rotkiefer gefertigten Holzbank Platz, wonach sie die zwei bis eben getragenen Poststücke links von sich ablegte. Tief sog sie die Luft über die Nasenlöcher in die Lungen ein. Ihr Blick ging dabei über den kleinen, selbst angelegten Blumengarten, der unerwartet prächtig blühte. Etwas, das blieb, obwohl sie manche für die jede einzelne Pflanze stand, schon seit längerem nicht mehr gesehen hatte. Am konstantesten waren die Hyazinthe, die Kirschblüte und ebenjene, hinter der eine männliche Bekanntschaft stand. Je nachdem wo man lebte, ist die Narzisse gemeinhin auch als Osterglocke bekannt. Ein weiteres Indiz dafür, dass Namen nichts Eindeutiges aussagten.

Ihre Aufmerksamkeit sank sodann hinab zu den Schreiben. Das besser gefüllte Kuvert blieb erstmal unbeachtet. Nachdem das dünnere aufgenommen als auch geöffnet war, wanderten die Augen mit abgesenkten Monolidern über die eigenwilligen Zeichen der Korrespondenz. Eine erwartete, höfliche Antwort, die auch nicht Bedeutung erhielt. Stattdessen faltete sie das Pergament, platzierte es erneut neben sich und griff nun langsam zu dem anderen.
Heraus nahm sie zwei Briefe. Der eine mit hektischerer Handschrift verfasst, erkannte man in dem anderen viel mehr Ruhe. Bestimmt dafür angedacht, es ihm selbst zu übergeben, war es jedoch nicht vor fremden Blicken geschützt. Eine Einladung für Byuli, die damit auch erst den Inhalt des einen, dann des anderen interessiert aufnahm. Die Worte, die der alte Gelehrte schriftlich an die Kriegerin selbst richtete, waren erkennbar mit Emotion gespickt. Nicht nur sanfte, auch sehr mahnende. Sein Schreiben gab viel mehr Einsicht darüber, was seit der Abreise passiert war und wie vor allem seine Tochter damit umging. Antworten auf ungestellte Fragen fand man gelegentlich in unerwarteten Momenten.

Ein Sprichwort sagt, Vergangenheit ist Geschichte, das, was kommt ein Geheimnis und jeder Augenblick ein Geschenk. Ob sich die Narzisse mit der Geschichte befassen wollte, die es zu erzählen gab, musste abgewartet werden. Sobald Details einen Namen erhielten, bekamen sie eine Bestimmung, ganz gleich welche Einschränkung der eigenen Freiheit sie mit sich brachten.


Zuletzt bearbeitet von Byuli Luan am 28 Jul 2023 08:08, insgesamt einmal bearbeitet
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 28 Jul 2023 09:27    Titel: Killing Me / Something just fell apart
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Eine Lebensweisheit besagt, das Leben geht nicht zu Ende, nur, weil ein Traum nicht in Erfüllung ging. Stattdessen versperrt es einen Weg, damit man einen anderen wählt. Entscheidungen dafür traf die Kriegerin vor mehr als 6 Monaten, und doch hing sie immer noch ein wenig fest. Gefangen in ihrem bisherigen Gedankenbild, geprägt von Erziehung als auch Familientradition, war es an der Zeit die Fesseln abzulegen. Manchmal brauchte es einfach Mut, um die Richtung zu ändern. Eben jener Mut, entsprach zum Glück auch ihrem Wesen. Nicht nur der Tod ordnete die Welt neu.


~~~✥✥✥~~~


Rahal, Behausung im Osten der Stadt - 28. Cirmiasum 266


Langeweile kommt auf Gerimor selten auf. Die Kristallwesen sind erneut zurückgekehrt und sorgen für Unruhe. Was ich beurteilen kann, wirken sie fast so lästig wie Fliegen die um das schwirren, was verdaut hinterlassen wird. Zusammen mit den Träumen der letzten Zeit, sieht es nach Veränderung aus.

Vermutlich zerbreche ich mir deswegen seit den letzten Tagen den Kopf darüber. Einerseits kam ich hierher für ein anderes Leben, andererseits hänge ich immer noch dem nach, von dem ich fortwollte. Warum eigentlich?
Das hier ist nun mein zu Hause, mein Sein. Würde ich das hier nicht wollen, könnte ich genauso wieder aufbrechen. Immer noch denke ich, es war ein Wink, dass das Schiff in Bajard hielt und nicht dort, wo es hinsollte. Seitdem tat ich auch alles, um hier Fuß zu fassen. Mein Dienst in der Garde, Bekanntschaften gepflegt, mittlerweile auch die Arbeit im roten Schwert.

Mir wurde mal gesagt, man springt niemals nur halb ins Wasser. Zur Gänze oder eben gar nicht. Hier bin ich bereit mein Leben zu geben, und meinen Platz in Nileth Azhur irgendwann einzunehmen. Diese Entscheidung traf ich bereits im Hartung. Womöglich ist es dann auch an der Zeit, den Sprung zu wagen. Mich öffnen und diesen einen Teil, der nicht hierher passt ablegen.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 04 Aug 2023 22:15    Titel: [Predator / trapped]
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Empfindungen im Stillstand gefangen zu sein, sind ultimative Prüfungen für das Gemüt. Als bewege man sich fortwährend, läuft jedoch nur im Kreis. Eine Art von Rotation, die bestimmt, ob man die Rolle der Beute oder des Raubtieres innehat. Ein Duell zwischen Ausdauer und Lebenswille. Der wichtigste Faktor bleibt allerdings gerne unbeachtet. Nämlich Zeit.

Wie so unzählige Male, war die Kriegerin heimgekehrt. Schnelle Handgriffe wurden ausgeführt, wonach sie den Sitz der schützenden Plattenrüstung lockern konnte. Das rote Schwert kam dank Theoader gut über die Runden, was ihr genug Möglichkeit für andere Verpflichtungen gab. Ihre Absicht, mehr helfende Hände anzustellen, war zwar nicht vergessen doch die Phase, in der sich Gerimor dank der Risse befand, stellte dies in der Priorität weiter hinten an. In ihren bisherigen Lebensaufgaben war also jeweils eine Waffe der essenzielle Mittelpunkt, beinhaltete dagegen unterschiedliche Aufgaben.

Bevor die geführte, scharfe Klinge für den Tag ruhend gelegt wurde, ging sie wie es sich gehörte der Pflege ihrer Ausrüstung wie auch des eigenen Leibes nach. Womit sie erst später durch die Straßen von Rahal schritt, in der Absicht erneut in der Taverne nach dem Rechten zu sehen. Kurz davor, mitten auf dem Marktplatz stockte Byuli. Nicht immer war es gesund, Stimmen zu hören, diese besondere bildete nichtsdestotrotz eine Ausnahme. Diese eine verfehlte ihre Wirkung keineswegs. Mit einem tiefen Atemzug, der die Beherrschung stärkte, wurde der Weg fortgesetzt.

Gefasst betrat sie ihr Ziel, in dem es im Grunde ruhig zuging. Zwei Besucher hatten an der Theke Platz genommen, die ebenso wie die blasse Frau nicht viel von ihrem Innersten Preis gaben. Zwischen der Erdbeerblüte sowie der Kriegerin gab es regeren Austausch, aber selbst in dieser Konstellation war ein Unterschied zu bemerken. Der blonde, stille Mann an der Theke brach als Erster auf. Nachdem auch ihre Bekannte den Heimweg wählte, wurde noch aufgeräumt und der Raum für jene überprüft, welche einen Schlafplatz suchten.

Nach einer kurzen Verabschiedung marschierte sie ein weiteres Mal über den Marktplatz, diesmal entgegen gesetzter Richtung. In der Kommandantur angekommen, grüßte die Trabantin in Zivil ihre Kameraden und suchte die Anschlagbretter auf. Nahezu erwartet hatte sie den Befehl, vor dem sie nun still stehen blieb.
Eine Nacht also noch“, sprach sie gedämpft mit einem Klang der Entschlossenheit in der dunklen Stimme.

Eine letzte Nacht, in einem Käfig gewoben aus Rissen.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 15 Aug 2023 14:36    Titel: Paint Me / The colors are getting darker
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In den letzten Monaten hatte die Kriegerin gerne mal mit ihrem Äußeren gespielt, um zu verbergen, wie es in ihrem Inneren aussah. Eine bereits abgeschlossene Etappe ihres Daseins. Weniger erkennbar über ihre Garderobe, die von Stagnation durchzogen und damit ein wenig eintönig war. Eine Ausnahme gab es, wählte sie jedoch selten. Ihr Bildnis des Lebens im Widerspruch deutlicher koloriert als man es zunächst schätzen würde, konnte man es gut über das Wort ‚eigenwillig‘ beschreiben. Genauso wie es am Ende auch zu ihr passte.

    Weiß
    Noch gänzlich ungetrübt, wartete das frische Leinen darauf die ersten Pinselstriche zu fühlen, die den Puls antrieben. So ähnlich erging es ihr, als einst die ersten Schritte auf Gerimor folgten. Bereit für etwas Frisches, unberührtes.

    Gelb
    Gern verbunden mit dem Frühling, einem scharfen Verstand, oder zusätzlich als Kolorierung der Schande. Je nachdem, wie man es betrachten wollte, hatte alles seine Zeit der Existenz. Nach einem geeigneten Intervall, mal über schwungvolle Linien, dann wieder über unruhigere, zackige Striche, wurde von der Farbe abgelassen.

    Rot
    Wut gehörte wie die Leidenschaft zu jenen Emotionen, die sie nur zeigte, sobald es angemessen und verdient war. Grob betrachtet eine Färbung die Kraft bedeutete, versteckt als loderndes Feuer in einer der Ecken des erdachten Gemäldes. Letztendlich war es auch die Pigmentierung des Blutes, welches zu vergießen ebenso zu ihren Aufgaben gehörte, doch nur ausgeführt wurde, wenn Sinn darin bestand.

    Blau
    Hier gab es viele Nuancen zu sehen, von hell bis ins schwarzblau hinein. Unergründlich wie auch tief. Sogar die dunkelste Mischung zeigte seine statische Schattierung. Inmitten der noch freien, weißen Bereiche zeichnete sich ein Ozean ab, der für die immerwährende Auseinandersetzung mit der Wahrheit und für die Selbsthinterfragung stand. Nur auf diese Art, konnte man gedeihen.

Wie es irgendwann fertig aussehen sollte, war noch nicht zu erahnen. Gelegentlich änderte sich vertrautes eher als man denkt. Überdies hatte Gerimor persönlich gezeigt, dass nicht alles bleiben musste, wie man es annimmt. In diesem Jahr hatte Byuli für ihren Geschmack bereits ausreichend Veränderungen erlebt. Es war daher an der Zeit Mut für einen anderen Farbton zu beweisen. Selbst, wenn es nur der Inhalt des frischen Tintenfässchens war, welches sie öffnete.


~~~✥✥✥~~~


Wetterau, Fluss nahe Donnerholm - 15. Ashatar 266


Wie erhofft, haben wir die Risse überstanden. Kaum einer hätte damit gerechnet, wie es ausging, doch es ist wie es ist. Es fühlt sich eigenartig an. Beinahe so, als ob ich Gerimor ein weiteres Mal kennenlernen müsste. Natürlich ergeht es vielen so, noch mehr den Kartografen und Malern. Wie viele Landschaftsportraits nun ersetzt werden wollen? Ob die Hyazinthe noch mehr Arbeit hat?

Während ich diese Zeilen verfasse, habe ich es mir an einem Flussufer gemütlich gemacht. Die Tage werde ich mit Aigoo ausreiten. Was ich mir ausgedacht habe, will ich bald umsetzen, brauche jedoch die passenden Orte dafür.

Meine Entscheidung über die aktuelle Tinte ist noch nicht gefallen. Es ist das erste Mal seit längerem, das ich farblich etwas ändere. Das Mittel, um die Haare zu färben habe ich auch lange nicht mehr angefasst. Mein Wunsch im Spiegel bestätigt zu sehen, dass sich etwas ändern kann, ist nicht mehr so ausgeprägt. Eher habe mich auf Akzeptanz eingelassen. Was ich nicht bin, kann ich auch nicht sein, werde ich auch nie sein, weil ich es gar nicht will.

In der Zeit der Entbehrung, die nun noch herrscht, bemühe ich mich etwas Unverzichtbares zu finden. Erst gestern hatte ich es im Kraken erwähnt, warum es mir nicht so schwerfällt. Viele haben bestimmte Vorlieben bei Speisen, Getränken oder Zeit für körperliche Nähe, die sie nicht missen wollen. Ohne Zweifel gibt es auch in diesen Bereichen Augenblicke, wo ich ohne das eine oder andere nicht sein möchte, allerdings unabdingbar. Prioritäten gibt es immer. Ich hoffe, Alatar sieht es als gefällig genug an, dass ich meine freie Zeit mit Aufgaben verbringe, die mir unangenehm sind.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 28 Aug 2023 10:05    Titel: Want / self-control
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Leben ist das, was passiert, während Pläne geschmiedet werden. Körper sowie Geist brauchen daher gelegentlich Ruhe, um nichts von dem einzubüßen, was man sich vornimmt. Ein Anlass dazu waren zunächst die Unheilsnächte der Menschheit. Selbst auferlegte Prohibition stärkt nicht nur den Charakter, sondern zeigt auch die kleinen, eingeschränkten Freuden auf, die man sich gelegentlich gönnt. Der üblichen Ironie folgend, dass am ehesten begehrt wird, was unerreichbar scheint, konnte die Kriegerin den ersten Funken eines aufkommenden Feuers spüren.

Nach diesen bedeutungsvollen Tagen, geprägt von Verzicht, verbrachte sie dank einer ausgerufenen Heerschau der Bruderschaft einige Zeit im Staubviertel der Durrah. Der Sand war deutlich anders, verglichen mit dem am Strand von La Cabeza. Sogar die Sonne schien dort unbarmherziger. Es führte erstmal dazu, dass mögliche Brände im Keim erstickt wurden. Flammen ließen sich bekanntlich nicht nur mit Wasser löschen. Ihre Aversion gegen Hitze befreite die Sinne von jeglichen Ablenkungen und kam zur rechten Gegebenheit.

Kaum wieder zu Hause, das erste Bad genießend, spürte sie den Drang das erstickte Glimmen erneut zu entfachen. Ähnlich einem Maler, der anstatt eines Pinsels die Fingerspitzen nutzte, um die Linien des Portraits zu erfassen, glitten die Kuppen über die eigene Haut. Ihr Aufenthalt nahe MenekUr hatte einiges an Schweiß gekostet. Die verlorene Flüssigkeit half jedoch, die feinen Muskelkonturen an Bauch, Oberarmen sowie Schenkeln betonend hervorzuheben. Nach angemessener Zeit, war die gründlichere Reinigung vollendet. Deutlich entspannter entstieg sie dem Wasser, mit einem Hauch Erleichterung. Als wäre eine unglaubliche Last abgelegt worden.
Ein kräftigendes Abendmahl trug im Anschluss dazu bei, verlorene Energie erneut aufzufüllen. Insgesamt ein gemütlicher Ausklang, mit darauffolgend erholsamen, tiefen Schlaf. Grundbedürfnisse waren damit erfüllt.

Am nächsten Tag stattete sie dem roten Schwert einen flüchtigen Höflichkeitsbesuch ab. Theoader war es gut ergangen und ihre Pflichten mitsamt der Post schnell erledigt. Flüchtend verließ sie die Gaststätte, als der Wirt ihr ein verfrühtes Mittagessen aufdrängen wollte. Byuli schätzte seine Fürsorge, war darüber nicht undankbar, allerdings lehnte sie es ab bemuttert zu werden. Am wenigsten von einem Mann.
Während ihrer Suche nach einem Boten, der einen der Briefe nach Grenzwarth bringen sollte, bog sie auch zum Hafen ab. Erst vorne an den Stegen kam sie zum Stillstand, schob beide Hände in die Hosentaschen und betrachtete die angelegten Schiffe. Obwohl sie keine Freundin der Seefahrt war, schürte der Anblick ihr inneres Feuer. Langsam wurde ihr bewusst, was sie wollte und brauchte.

Einige Gespräche später, erstand sie eine Überfahrt nach Cantir. Das am nächsten gelegene Ziel des Festlandes zu Gerimor. Ein baldiger, zumindest kurzer Ortswechsel würde ihr bestimmt den Frieden geben, den sie suchte und auch ihrer Selbstbeherrschung etwas Ruhe schenken.


Zuletzt bearbeitet von Byuli Luan am 28 Aug 2023 18:32, insgesamt einmal bearbeitet
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 08 Sep 2023 05:46    Titel: [Starry Sea / dyed with sunset]
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Cantir, Marktplatz in Trigolsburg - 8. Searum 266


Während einer Seefahrt hat man Zeit nachzudenken. Hauptsächlich an meinen Garten zu Hause. Keineswegs aus Angst, die Pflanzen könnten mich zu sehr missen. Von all den verschiedenen blieben am Ende die Hyazinthe, Erdbeerblüte, Narzisse und Kirschblüte über. So langsam zeigte sogar die Rotkiefer, selbst als Sitzbank, dass noch Leben in ihr steckte. Zumindest die anderen verweilen in Erinnerung. Bekanntschaften kommen und gehen, wird gerne gesagt, was ich auf Gerimor bestätigen kann. Laut der Narzisse bin ich mittlerweile mehr eine Gladiole als eine Windrose. Eine Verbesserung, wie ich finde.

Verschiedene Gewächse gibt es hier auf dem Marktplatz einige, auch Gladiolen, gemeinhin bekannt als Schwertblume. Eine Blaue habe ich erstanden und an meinen Seesack gebunden.
Der Fischmarkt ist stattlich und gibt mir bereits einen Vorgeschmack auf das, was mich die nächsten Tage erwartet. Um mich darauf einzustimmen, kaufte ich zwei geräucherte, gut verpackte Makrelen mit einem Laib Brot. Als gesunde Süßigkeit entschied ich mich für ein paar Orangen. Bis morgen reicht das.

Was ich mir vorgenommen habe zu besuchen, sollte gut umsetzbar sein. Der Leuchtturm ist wahrlich beeindruckend. Ich bin davon überzeugt, ein Mann hat ihn in provokanter Absicht erbaut. Einfach um zu zeigen, dass wir den Größten haben. Mit Bauwerken messen sich viele gerne, das kenne ich auch aus meiner Heimat. Damit wäre die markanteste Sehenswürdigkeit bereits erledigt. Gespannt bin ich, ob man noch eine bestimmte Einzigartigkeit in den ehemals losen Regionen erkennt.

Ich glaube, die Entscheidung hierher zu kommen, war eine Gute. Abwechslung ist das Gewürz des Lebens.


~~~✥✥✥~~~


Ihre Wahl, was Äußerlichkeiten anging, fiel ihrem Wesen entsprechend pragmatisch aus. Zu diesem Zweck passend behielt sie das tiefschwarze Haar zu einem Zopf gebunden. Der Garde-Seesack, der neben dem eben gekauften Proviant nun wieder ihre Schreibutensilien verinnerlichte, ebenfalls ein Kontingent an Wechselkleidung mit Hygieneartikeln, wurde mit Hilfe des Riemens quer über die Brust gelegt getragen. Neben einer robusten Hose mit Stiefeln, verdeckte ein dunkelblauer Kurzmantel mit überschlagenen Kragen den Oberkörper. In der dazu getragenen Schärpe eine Art Holzstock geschoben, konnte sonst nichts Auffälliges genannt werden. Hinter der zunächst simplen Holzwaffe, wie auch unter dem Überwurf, verbarg sich allerdings mehr. Zog man am oberen Ende, entblößte sich die Klinge eines Katanas, der Mantel hingegen ein gutsitzendes Kettenhemd aus Diamantstahlringen. Ausreichend für die Schifffahrt, daneben platzsparender verglichen mit einer Plattenrüstung, was zusätzlich für gewünschte Mobilität sorgte. So war erstmal alles beabsichtigte erledigt und die Kriegerin bereit für den Aufbruch.

Ungefähr eine Stunde, nachdem sie die Hauptstadt verlassen hatte, passierte sie eine Kreuzung. Am rechten Wegesrand eine kleine Versammlung, die um einen Baumstumpf stand. Über eine Lücke in der Menschenmenge, erkannte Byuli einen zierlichen, dunkelhaarigen Mann, der drei Hälften einer Nussschale bewegte. Viel zu weit fort von ihm und geschätzt eher zur Abschreckung, stand ein groß gewachsener Wächter mit dicken Oberarmen zuzüglich widersprüchlichen leichten Bauchansatzes. Selbst in den Ländern des All-Einen, wo nicht der Reichtum des Einzelnen zählte, gab es Glücksspiel. Wobei jenes besonders wenig mit Fortunas Einfluss zu tun hatte. Solcherlei kümmerte sie jedoch weniger zu diesem Zeitpunkt, weswegen sie den Weg fortsetzte.

Die Sonne ging bereits unter, als sie ihr erstes Ziel erreichte. Ein gemütliches Fischerdorf an der Westküste. Seeleute des Schiffes, mit dem sie in Trigolsburg anlegte, hatten ihr eine Empfehlung dafür ausgesprochen und sogar ein wenig bei der Routenplanung geholfen. Wer, wenn nicht die Männer der See, wussten wo sich die beste Verpflegung, obendrein unterhaltsamste Gesellschaft befand!
Das Gasthaus war schnell gefunden und das erste richtige Abendmahl in der Fremde eingenommen. Anstatt sich danach an fröhlichem Zusammensein zu laben, bevorzugte sie am frühen Abend einen Spaziergang nur für sich. Weiters bewahrte sie eine Grenze, was menschliche Nähe anging. Käuflichem Umgang konnte sie ebenso nichts abgewinnen, das hatte sie bereits vor einigen Mondläufen versucht. Aufrichtiges Interesse an Kontakten, unabhängig davon wie sie sich entwickelten, immer noch unbezahlbar. Tatsächlich steckte hinter der Reiseabsicht nicht das eine oder andere zu suchen.

Am Strand blieb sie stehen, nachdenklicher die Wasserbewegungen im Auge behaltend. Sogar zum Mond sah sie hinauf, der in dieser Nacht eine bläuliche Farbe trug, dazu die Dunkelheit weniger finster erscheinen ließ. Ein Augenblick der Ruhe mit erwählter Einsamkeit. Genau was sie sich erhoffte zu bekommen.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 14 Sep 2023 11:50    Titel: [Gambler / bluffing]
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Reisen sind dafür da, etwas anderes zu sehen, kennenzulernen. Nach der knappen Woche in anderen Gefilden, war es an der Zeit aufzubrechen. Ohne Verpflichtung zu sein, freiwillig, hatte sie sich lange nicht mehr gegönnt und zugleich ein heilender Prozess. Endgültig wurde das bisher Vergangene gedanklich abgelegt. Der eigentliche Zweck fernab von Rahal, ihr jetziges Selbst zu stärken, als der mal auf der faulen Haut zu liegen. Obwohl sie immer dachte zu wissen, was sie wollte, schadete die Festigung nicht.

Auf dem Rückweg nach Trigolsburg, aus dessen Hafen das Schiff später aufbrach, kam sie nochmalig an der Kreuzung vorbei. Der Seesack wie gehabt quer über den Oberkörper geschoben, befand sich das als Holzstock getarnte Katana erneut in der Stoffschärpe, ansonsten gab sie ein unauffälliges Bild ab. Beinahe dieselbe Szene war dort zu erblicken, während sie sich näherte, mit beinahe denselben Menschen. Der einzige Unterschied war, dass der bullige Aufpasser gerade mit einem sehr verzweifelt aussehenden Mann beschäftigt war. Nicht jedem ist das Glück bekanntlich hold, am wenigsten bei einem Spiel wie diesem. Bei der kleinen Versammlung hielt sie an, worauf die fast schwarzen Augen umher huschten, um die Situation zu erfassen. Zuletzt blieb der Fokus bei dem Hütchenspieler.

Der Blick des Betrügers traf den der Kriegerin.
Mädchen, bist du mutig und weißt, wie es gespielt wird?“, kam die Frage mit einem anzüglichen, herausfordernden Lächeln.
Ihr habt gewonnen, sobald nichts unter der Schale ist, die ich aussuchte.
Selbstbewusster Mimik führte er eine einladende Geste mit der Rechten aus. Darauf näherte sich Byuli dem Platz des Gegenspielers, wonach sie auf das linke Knie absank, ihr rechtes Bein blieb jedoch angewinkelt. In ihre rechte Manteltasche fassend, entnahm sie einen klimpernden, kleinen Lederbeutel, den sie als Einsatz ablegte.
Ohne zu zögern, fand das Spiel seinen Anfang. Nachdem gezeigt wurde, unter welcher Nussschale die Hülsenfrucht zu finden wäre, glitten die Hände in ablenkenden Schiebemuster über die Utensilien. Passend dazu hörte man ein Vokalstück bestehend aus provokanten wie auch antreibenden Worten.
"Wo ist die Erbse?“, fragte der Spieler am Ende mit spöttischem Unterton, mit zurückgezogenen Händen. Still verharrend, waren beide locker zur Faust geballt.
Sie ist in Eurer rechten Hand“, antwortete sie souverän.
Zunächst stockte ihr Gegner, fing sich jedoch schnell.
Keiner mag schlechte Verlierer. Kann ich ja nichts dafür, wenn deine Augen schlecht sind!“, versuchte er die Situation mit Worten zu entschärfen.
Die ihm gegenübersitzende blasse Frau hob dann die Rechte flach gehalten an und deutete zur mittleren Schale. Ihr Blickpunkt verblieb jedoch im Gesicht des Schwindlers, als warte sie auf eine Reaktion.
Ist sie nicht dort wo sie sein sollte, verliert ihr ein Körperteil“, erklärte sie langsam gesprochen sowie eine Nuance gedämpfter, um ihren Worten Nachdruck zu verleihen. Ebenso legte sie die linke Hand um die hölzerne Scheide des Katanas.
Diese Gebärde war unmissverständlich. So schnell wie das Spiel angefangen hatte, so rasch endete es. Drei von Vier Zuschauern sprangen flüchtend auf und der wachende Hüne stürmte nach einem Deut seines Geldgebers voran, im Bestreben zu verhindern, wofür es schon zu spät war. Mit einem Ruck erhob sich die Gardistin in Zivil aus ihrer knieenden Position. Nahezu simultan erklang der verheißungsvolle Gesang der Diamantklinge, als sie gezogen wurde.
Ein spitzer Schrei folgte.

Dank einem kleinen, kräftigen Schlag über die Unterseite der Faust auf den Schwertgriff, befreite Byuli die Waffe von groben Blutrückständen. Eine schlichte Säuberung, ehe das Katana mit einer schwungvollen Bewegung in die hierfür passende Saya geführt wurde.
Unverletzt brach der Aufpasser zusammen mit seinem Auftraggeber nach einer Erstversorgung auf. Ihrem Instinkt folgend, drehte sie das um, was vom Trickbetrüger zurückgelassen wurde. Die kleine Erbse rollte aus der Handfläche über den zum Spieltisch genutzten Baumstamm, an dem auch der Beutel mit der Tagesbeute lehnte. Sie hatte also richtig geraten.
Ein letzter verbliebener Zuschauer, der verzweifelte Mann der zuvor noch Haus sowie Hof verloren hatte, war immer noch anwesend. Erstaunt, ebenso erleichtert sah er zu ihr.
Vermeidet fortan Entscheidungen wie die, die Euch hierher gebracht haben und nehmt, was Euch gehört. Seinen wachsamen Blick auf Euren Wegen.“, verabschiedete sich die Kriegerin höflich, mit abgeneigtem Haupt. Anschließend nahm sie ihren eigenen Goldbeutel erneut an sich. Nun war es wirklich an der Zeit heimzukehren.
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 Beitrag Verfasst am: 08 Dez 2023 18:23    Titel: So What / Paint the town
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Erinnerungen haben die Macht, Tatsachen in einem Anflug von Nostalgie viel weicher erscheinen zu lassen. Mit ihrer pragmatischen, realistischeren Gemütsart selten sentimentaler Natur, gab es nur wenig, was dies änderte. Jenen wenigen, die mehr Zeit mit ihr pflegten, war dies bekannt. Ein Brief aus der näher gekommenen Ferne war schuld daran, dass eine Ausnahme herbeigeführt wurde. Kurzfristig dazu veranlasst ein Schiff zu besteigen, um familiärem Pflichtbewusstsein Genüge zu tun, führte es zu einer gewissen Längerfristigkeit. Nach Gerimors Veränderung gestaltete sich die Reise zu Wasser zwar angenehmer, ein Irrtum blieb es trotzdem.

Mit dem Unterschied, diesmal angemessen Abschied genommen zu haben, verblieb der Eindruck in ihrem Geist gleich. Schwarz und weiß, als Spiegelbild dessen, was war. Adäquat zu einer Tuschemalerei, wasserfest wie auch unveränderbar, sobald das satte Schwarz mit dem Pergament in Berührung kam. Seiten eines Bilderbuches, die bereits zu abgeschlossenen Kapiteln gehörten.
Weg von Vergangenem, führte es zurück zum Jetzt. Rahal, eine lebendige, bildliche Darstellung in Rot mit dunklen Schattierungen. Heimat.

Ehe sie sich erneut bei Vertrauten, Bekannten und Kameraden blicken ließ, nutzte sie die Zeit für einen Umbau. So wie sie sich innerlich veränderte, war ihr auch danach ihr zu Hause anzupassen. Sehr bald schon feierten sie und Gerimor ihren ersten Jahrestag. Mit dem Beginn des Alatner, näherte sich weiters der Tag ihrer Geburt in großen Schritten. Was das nächste Jahr so mit sich bringen würde? Sie wusste es nicht, doch ihr ganz persönliches Bildnis würde sich immer irgendwie ändern.

Für den Augenblick widmete sie sich jedoch dem Garten, der desgleichen Aufmerksamkeit brauchte mit dem nahenden Wechsel der Jahreszeit. Was möglich war, wurde winterfest gemacht, nachdem sie von jeder Pflanze eine Blüte oder ein Blatt nahm. Mit dem nächsten Frühling sollte sich zeigen, was von ihrem Garten erneut erblühen wollte oder fortblieb. Zur Erinnerung hatte sie etwas im Sinn, sobald alle Pflanzenstücke ausreichend getrocknet sowie gepresst waren. Sofort dachte sie an die Hyazinthe, die ihr dabei bestimmt gerne zur Hand gehen wollte. Hoffte die Kriegerin jedenfalls.

Den Dienst in der Garde gedachte sie ebenfalls wieder aufzunehmen, sobald sie mit allem fertig war. Ihr letztes größeres Erlebnis als Trabant, brachte ein unerwartetes erstes Mal für sie. Ketzer waren für sie nichts Ungewöhnliches, schließlich gab es sie gelegentlich auch in Bajard. Sie allerdings verschlossen hinter Gittern zu beobachten, zu erleben, schenkte der Kriegerin eine eigene Momentaufnahme. Besonders dieser hätte sehr einfach verhindern können, das Zimmer mit Aussicht in der Kommandantur zu besetzen. Sentimentalität gepaart mit diesen lästigen, geflügelten Insekten im Bauch, war schuld daran, wie Byuli irgendwann herausfand. Die Narben der erhaltenen Peitschenhiebe belehrten ihn vielleicht eines Besseren.

Die wirkungsvollsten Lehreinheiten erhielt man eben durch das Leben selbst. So viel sich auch veränderte oder verändert werden musste, erforderten andere Gegebenheiten so zu bleiben, wie sie waren. Es war an der Zeit die Unruhe im Gesamtbild zurück zu feinen, klaren Linien zu führen. Geregelte Tagesabläufe waren hierbei hilfreich.
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Byuli Luan





 Beitrag Verfasst am: 22 Dez 2023 11:01    Titel: Fiction / rewrite it
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Rahal, Behausung im Osten der Stadt - 22. Alatner 266


Nachlässig werde ich mit meinen Einträgen. Damit erinnert es mich gleich an das Gespräch mit Ennika am Vorabend, nach dem Besuch bei Meisterin Varnas. Ein wenig war ich sogar erschrocken darüber, wie weit manches schon zurück liegt, ohne dass es mir aufgefallen ist.

Mit dem heutigen Tag wird mir noch mehr bewusst, wie schnell Etappen vergehen. Zur selben Zeit des Jahres 265 gab es viel mehr Aufregung, was durch meine letzte Reise lebendiger im Gedächtnis verweilt. Geschehenes bleibt immer Teil von einem Selbst, wodurch man mit erlebten Ereignissen geformt wird. Genau dies macht uns zu den Personen, die wir eben sind.

Meine gesellschaftlichen Fähigkeiten verbessern sich dank der Garde, dem roten Schwert, zu guter Letzt den Besuchen im Kraken. Genauso mein engerer Kreis wie die Hyazinthe oder die Narzisse haben deutlich beigetragen.
Für den nächsten Frühling weiß ich daher bereits welche Pflanzen draußen blühen sollten. Zusätzlich denke ich an eine Orchidee mit blauen Blüten. Man sieht sie unabhängig der Farbe gern als Symbol der Schönheit mit hierfür passender Bewunderung, eigentlich auch für Hingabe sowie verzehrender Sehnsucht. Letzteres trifft zwar nicht ganz zu, doch ich muss zugeben sie gerne anzusehen. Liegt bestimmt an der Körperkunst, die sie trägt, die mich an ein reizvolles Bilderbuch erinnert.

Die Woche selbst brachte Abwechslung. Bereits meine zweite Opferung, wobei die Kleidungswahl des Tetrarchen mich irritierte. Hintergründe dazu blieben für mich im Verborgenen, doch zumindest zeigten manche Gesichtszüge Begeisterung dafür. Meine Augen weilten bevorzugt bei der Tetrarchin, die in standesgemäßer Robe vor uns stand. Womöglich gibt es mal Gelegenheit sie abseits von Verpflichtungen zu sprechen?

Morgen gewinnt die Kirschblüte ein Lebensjahr hinzu. Ich bedaure, ihr nicht persönlich gute Wünsche aussprechen zu können, doch sobald sie zurückkehrt hole ich das nach. Für den Augenblick versuche ich es mit der sogenannten Kraft der Gedanken. Soll Schluckauf bringen, sagt ein Gerücht.

Nun sollte ich allerdings los. Loring wollte mich zum Mittagessen sehen. Hoffentlich ist es gut gewürzt.


~~~✥✥✥~~~


Wenig später betrat die Kriegerin die Taverne, mit dem üblichen Ziel ihren Stammplatz hinter der Theke zu besetzen. Loring reduzierte darauf unerwartet die Distanz zwischen ihnen, noch bevor sie ihren Hocker erreichte. Die Skepsis war schlagartig geweckt. Verräterisch lächelte der Wirt offen und erdreistete sich tatsächlich die Hand zu heben, um ihr herzlich in die Wange zu kneifen. Mit einer Mischung aus weiblicher Empörung über die ungewollte Berührung, wie auch Erstaunen des Mutes wegen, starrte sie ihn an. So manch zarte Blüte aus den Landen der Ketzer hätte hierbei Schnappatmung bekommen, ob dieser Frechheit.
Nur das Beste zu deinem Ehrentag, Essen kommt gleich, setz dich ins Kaminzimmer!“, grinste er nun triumphierend, wobei sein Amüsement unüberhörbar war. „Mach das nie wieder“, folgte die Antwort nüchtern mit angespannter Beherrschung in der Stimmlage, ehe sie sich abwandte.

Auf dem Tisch des gemütlichsten Raumes im roten Schwert, glitt ihre Aufmerksamkeit sogleich zu dem kleinen Zitronenkuchen, in dem eine brennende Kerze steckte. Die Geste ließ die sonst beherrschte Schwarzhaarige dann doch sanfter schmunzeln, wobei sie den Kopf begleitend schüttelte.


Zuletzt bearbeitet von Byuli Luan am 06 Jan 2024 00:46, insgesamt 4-mal bearbeitet
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