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Raus aus dem goldenen Käfig
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Raus aus dem goldenen Käfig
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Samuel Flammenstern





 Beitrag Verfasst am: 21 Jan 2023 10:58    Titel: Raus aus dem goldenen Käfig
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Muuuuuuh!
Kickerikiii!


Ich wälze mich zum x-ten Mal im Bett herum und atme feste durch. Noch bevor ich meine Augen öffne, reibe ich mir mit meiner Hand durch mein müdes Gesicht. Hinter geschlossenen Lidern erahne ich, dass die Sonne heute noch gar nicht richtig aufgegangen ist. Warum sind die Viecher also schon so laut? Ich stöhne genervt als ich höre, dass sich irgendein anderes Tier noch lautstark mit zu Wort meldet. Keine Ahnung, welches. Ist mir auch egal. Schnaufend richte ich mich in eine sitzende Position auf und blinzele durch die kleine Nische, die ich derzeit meine Unterkunft nenne. - Fairerweise muss ich einräumen, dass drumherum noch ein, wenn auch für meine Standards kleines Zimmer angrenzt, was ich ebenso benutzen darf. Herr Lemandt ist sehr großzügig, mich hier aufzunehmen. Trotz allem fehlenden Luxus bin ich ihm tatsächlich aufrichtig dankbar dafür. Noch immer bin ich selbst überrascht davon, dass ich mich einmal über eine kleine Unterkunft auf einem von Tiergestänken und -geräuschen überlagerten Bauernhof im Alatarischen Reich freuen würde.
Nun, die Alternativen wären die Straße oder der Kerker gewesen. - Oder eine Rückkehr nach Alumenas, aber das stand eigentlich schon lange nicht mehr zur Option. Sonst hätte ich mich damals nicht für den mühseligen Umzug nach K'awi entschieden.


Muuuuuuh!


Schon wieder... Ich seufze und schwinge mich schließlich doch aus dem Bett. Dabei kann doch niemand ausschlafen!
Unten vernehme ich Geräusche von auf- und zugehenden Türen. Töpfe klackern und geschäftige Schritte huschen über den Boden. Natürlich ist Herr Lemandt zu genauso gottlosen Zeiten wach wie seine Viecher. Das wäre definitiv auch kein Beruf für mich. Entschieden schüttele ich meinen Kopf und mache mich daran, mich erst einmal gründlich zu waschen. Nicht, dass ich die ganze Landluft jemals von mir abgerubbelt bekäme, solange ich hier lebte, aber in mir regt sich eine leise Hoffnung, wenigstens sauber zu bleiben dabei.
Während mein Blick aus dem kleinen Zimmerfenster fällt, tun sich mir allerdings doch Zweifel daran auf. Ich befinde mich hier im Umland einer Kleinstadt - auf dem Land, sozusagen. Es ist Winter, wenn die Witterung auch eher frühlinghaft anmutet, aber es ist ganz sicherlich keine Umgebung zum sauber Bleiben.

Resignierend blicke ich irgendwann dann in den Kleiderschrank und damit auf meine Klamottenauswahl. Jede Menge schicker Gewänder - aber wen will ich hier damit beeindrucken? Außerdem könnten sie dreckig werden, oder noch schlimmer, sie könnten beschädigt werden! In dunkler Erinnerung an einen damals geplanten Waldspaziergang beginne ich in den hinteren Bereichen des Schranks zu kramen. Irgendwo hatte ich doch Kleidung dafür, welche ich mir gesondert hatte schneidern lassen...

Ah! Da sind die Sachen ja. Noch ungetragen. Original gefaltet, so wie ich sie damals von der Schneiderin erhielt. Kurzentschlossen kleide ich mich also zur Abwechslung in Braun-Grün, statt Tiefblau und in Wildleder, statt Brokat besetzter Balronhaut. Den sonst üblichen Blick in einen Spiegel spare ich mir heute. Ich will gar nicht wissen, wie heruntergekommen ich darin aussehe. Selbst der Gedanke daran, dass es immer noch hochwertig verarbeitetes und maßgeschneidertes Material aus dem Laden einer Meisterin ihres Faches ist beruhigt mich nicht recht. Es ist meine "Ich werde potentiell dreckig" Kleidung. Das sagt alles darüber aus, wie meine künftigen Tage hier aussehen werden.

Dennoch, ich kann es mir selbst gar nicht oft genug in Erinnerung rufen: Es ist besser als die Alternativen und es ist vor allem auch nicht selbstverständlich von Herrn Lemandt, mir diese Option zu bieten. Also werde ich, statt zu klagen, an einer wieder lohnenswerteren Lebenssituation arbeiten und mich bis dahin etwas in Genügsamkeit schulen. - Und mich mit meiner neuen Heimat vertraut machen, ja. Immerhin habe ich damit etwas zu tun, das nicht "Stall ausmisten" oder "Kühe melken" bedeutet. Die Worte des Clericus kreisen noch präsent in meinem Kopf herum.
- Glaubenssätze, Gesetze und Leute kennenlernen. -
Am liebsten würde ich das Ganze in umgekehrter Reihenfolge angehen, aber ich habe so ein leises Gefühl, dass hinter der Aussage des Clericus eine indirekte Prioritätensetzung steckt. Schon früher habe ich gehört, dass das Alatarische Reich eher eine Theokratie, als eine Monarchie sein soll. Ich seufze wieder. Schon im Königreich war ich weit davon entfernt, zur Menschengruppe der Frommen zu gehören und Gesetze waren auch eher lediglich... Richtlinien für uns Flammensterns. Dunkelgrau ist eine sehr schöne Farbe, wenn man sich darin zu bewegen weiß.

Sei es drum. Weitermachen!

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Ich bin nicht der Beste? Cool, zeig mir'n Besseren, noch Konstanteren, noch Charmanteren, Wortgewandteren.
Samy Deluxe - "Hände hoch"


Zuletzt bearbeitet von Samuel Flammenstern am 21 Jan 2023 11:19, insgesamt einmal bearbeitet
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Samuel Flammenstern





 Beitrag Verfasst am: 02 Feb 2023 16:22    Titel:
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Fast 4 Wochenläufe waren inzwischen vergangen seit meinem, zugegeben doch eher spontanen Aufbruch von K'awi aus. Bald 3 Wochenläufe lang lebte ich nun schon in Grünwaid - So nennt sich das Umland der Kleinstadt Düstersees, wie ich inzwischen weiß.
Die Hoftiere hier bei Graham höre ich schon gar nicht mehr. Mittlerweile fühlt es sich auch nicht mehr wie ein Angriff gegen mein ureigenes Wesen an, mit dem ersten Hahnenschrei des Tages aufzustehen - selbst, wenn das dämliche Tier das stets vor vollendeter Dämmerung bereits tut. Ich stehe dann einfach mit auf, wasche mich gründlich, kleide mich so pragmatisch ich kann und gehe herunter in die Küche, um zu frühstücken. - Da fällt mir ein: Ich wollte ja noch einen Schneidermeister aufsuchen, um mir mehr von dieser Land tauglichen Kleidung nähen zu lassen. Das ist ja kaum auszuhalten, jede Woche dieselben paar Kleidersätze abzuwechseln.
Nun, jedenfalls habe ich vergangenen Wochenlauf an dieser Einweihungsfeier der Pilgerstätte bei Rahal teilgenommen. Das klang für mich nach einer guten Anlass, um Land, Leute und den Glauben an Alatar näher kennenzulernen. In der Tat war dies auch eine hilfreiche Gelegenheit, gleichwohl ich sagen muss, dass das Beste am Programm die Sängerin war. "Noir" heißt sie, glaube ich. War sehr nett anzusehen, und sich bewegen konnte sie zum passablen Gesang auch noch. Den Blagen, die nach ihr auftraten habe ich nur des Vortraginhaltes wegen meine Aufmerksamkeit gewidmet. Ich kann nach wie vor nichts mit solchen Quälgeistern anfangen, aber sie haben einiges gesagt, was mir dann doch den nötigen Anstoß dazu gab, mich am folgenden Tag in den Hort des Wissens zu begeben und dort die hiesige Literatur zu durchstöbern. Natürlich, pflichtbewusst wie ich ja bin zunächst im Bereich Theologie, genauer gesagt den Glaubenslehren Alatars. "Die 10 Gebote" und "die Leitsätze", was in Summe wohl das Äquivalent zu den drei Kodizes der Schildmaid darstellt. Ehrlich gesagt hat mein Ausflug in die Bibliothek nicht dafür gesorgt, dass ich auf einmal nur noch an die Glaubenslehren des Panthers denke. Das wäre nicht ich, aber hier und da versuche ich schon für mich zu erkennen, wo ich erschreckend treu danach lebe, ohne es bisher so wahrgenommen zu haben und an welchen Stellen ich mir besser glaubwürdige Floskeln aneignen sollte, damit man mir nicht auf den Zahn fühlt.


~*~

"Dir zu dienen heißt Ehrfurcht zu lernen,
um nicht im falschen Hochmut den Sinn unseres Strebens aus den Augen zu verlieren."

Ich wage zu behaupten, dass das jeder Gott von seinen Anhängern erwartet, aber mal im Ernst: Es sind Götter. Natürlich verspürt man Ehrfurcht vor ihnen. Es wäre reichlich unglaubwürdig, würde jemand Gegenteiliges behaupten. Die brauchen nur einmal mit ihrer Wimper zu zucken und wir waren die längste Zeit unseres Lebens ohne Ehrfurcht. Also so leichtsinnig bin dann wohl selbst ich nicht.

"Dir zu dienen heißt Gehorsam zu lernen,
denn aus ihm erwächst das Vertrauen sein Leben in die Hände deiner Geweihten zu legen."

Wieder dieses leidige Thema... Man wird geboren, um seinen Eltern gegenüber gehorsam zu sein. Dann zieht man irgendwann aus, um irgendwelchen Lehnsherren oder ähnlichem Gehorsam zu schenken und dann wollen es die Prediger der Götter auch noch. Nicht, dass ich ein Problem damit hätte, wenn jemand anderes das Zepter in der Hand hält. Solange er keinen Unsinn verzapft und mich in Frieden lässt, kann er schalten und walten wie er will. Dieses Gebot ist ein klassischer Kandidat für gesellschaftstaugliche Floskeln.

"Dir zu dienen heißt Treue zu lernen,
denn aus ihr erwächst der große Geist, welcher all deine Geweihten gleichermaßen erfüllt."

Zugegeben, so ganz schlau werde ich daraus nicht, aber wenn schon so explizit die Rede von Geweihten und einem großen Geist ist, dann fühle ich mich an dieser Stelle einfach mal nicht angesprochen.

"Dir zu dienen heißt den Rat der Älteren zu erhören und zu befolgen,
denn aus ihnen erwächst deine Weisheit, welche du ihnen in langen Jahren zuteil kommen ließest."

Ja... Naja, ja. Das ergibt nun irgendwie auch die Logik. Natürlich haben Ältere mehr Erfahrung und Wissen. Sie sind uns auch Schritte im Leben voraus, die wir erst noch tätigen wollen - oder eben auch nicht mehr, nachdem wir mit ihnen darüber geredet haben.

"Dir zu dienen heißt die Jüngeren zu lehren und zu unterstützen,
denn sie werden die Wurzeln sein, welche dein Reich auf Erden fest im Boden verankern."

Selbstredend. Sonst wäre das vorige Gebot witzlos. Die Menschheit lebt vom Wissensaustausch.

"Dir zu dienen heißt weltlichem Besitz abzuschwören,
denn nicht der Reichtum des Einzelnen zählt, sondern nur das fort kommen deiner Sache."

Oh, ich habe so gelacht als ich das zum ersten Mal gelesen habe. Wirklich. Also nicht tatsächlich, aber innerlich. Das ist doch ein Witz, oder? Warum bitte sollte 'weltlicher Besitz' hinderlich sein? Sollen sie doch jeden machen lassen, wie er meint, solange er nicht querschlägt. Also mal im Ernst... Ich habe beschlossen, die bloße Existenz dieses Gebotes zu ignorieren. Ich wüsste nicht einmal, was ich dazu sagen sollte, und das geschieht wahrlich selten!

"Dir zu dienen heißt sich in der Sprache zu schulen,
denn ein wohl gesprochenes Wort vermag Wälle einzureißen, die jeder Armee getrotzt hätten."

Das wiederum unterschreibe ich sofort. Gut reden zu können, hat mich schon oftmals weitergebracht. An dieser Stelle sollte ich wohl zur Abwechslung doch einmal meinem Elternhaus danken. Besonders Frau Mutter hat mich sehr vieles gelehrt, das mir bis heute dienlich ist.

"Dir zu dienen heißt sich im Kampfe zu schulen,
denn jene unbelehrbaren Ketzer werden zur Ankunft deines Reiches auf Erden gerichtet werden."

Und das nächste leidige Dauerthema. Ich habe es schon in Alumenas gehasst. Was haben sie alle immer mit dem Kämpfen? Nicht jeder muss kämpfen können, nur um sich wie ein vollwertiger Anhänger der Götter fühlen zu können. Blödsinn! Wofür gibt es denn bitte Berufssoldaten, Söldner und derlei Arbeitskräfte? Sollen die das übernehmen. Ich glänze lieber in anderen Bereichen.

"Dir zu dienen heißt keine Almosen oder Geschenke anzunehmen,
da nur mit eigenen Händen erarbeitetes vor deiner Präsenz Bestand hat."

Und ausgerechnet meinen 40. Geburtstag werde ich im Alatarischen Reich verbringen. Na, hervorragend... Aber ich denke, das ist noch das geringere Übel. Es gibt ohnehin nichts, das ich mir nicht auch selbst leisten könnte, wenn ich es denn wollte. Nicht weiter tragisch demnach.

"Dir zu dienen heißt sich völlig aufzugeben,
denn nur in Nileth Azhur an deiner Seite können wir zur absoluten Vollkommenheit finden."

Lass mich kurz- nein! Ich werde garantiert nicht jeden meiner Atemzüge damit zubringen, an Alatar - oder sonst irgendeinen Gott zu denken und jede meiner Taten ihm widmen. Was nach meinem Tod mit mir passiert, sei mir an dieser Stelle einerlei. Ich bin auf Ala'thair, um Freude am Leben zu haben, und nicht, um meine Existenz zum Sport mutieren zu lassen. Ich bin doch keine Marionette!

~*~

Die Leitsätze haben mich deutlich mehr angesprochen als die Gebote, muss ich gestehen. Es war zeitweise beinahe schockierend, wie sehr ich jene Lehren verinnerlicht hatte, lange bevor ich überhaupt einen Gedanken daran verschwendet habe, den Schritt hierher zu wagen.

~*~

Hass, Rachsucht und Zorn

Im ersten Leitsatz ist die Rede von aus Erniedrigung und Demütigung geschaffenem, durch Ungerechtigkeit und entwürdigende Behandlung hervorgerufenen oder durch schier unerträglichen Schmerz ausgelösten Zorn, der wiederum in Rachegelüste mündet und den man folglich in richtige Bahnen lenken soll, um ihn als Werkzeug für sich zu nutzen. Nun macht auch die Frage des Clericus Athes wieder mehr Sinn. Offensichtlich ist es gar nicht verwerflich, dass ich einer ganzen Reihe von Menschen gerechtes Leid wünsche.
Diese Erkenntnis hat in mir merklich etwas freigesetzt. Ich fühle es brodeln. Eine neue Entschlossenheit, meinen Vater und Lichtenthal zu strafen. Zum aktuellen Zeitpunkt bin ich mir noch nicht recht sicher, wie ihre Strafen aussehen sollen, aber ich bin mir wiederum ziemlich sicher, dass sie die erste schon damit erlitten haben, dass sie mich verloren haben. Sowohl als Sohn als auch als Geschäftsmann. Sie haben mich nicht verdient und das werden sie entweder erkennen oder auch nicht. Mir soll es gleich sein. Wichtig ist nur, dass sie merken, was sie verspielt haben mit ihrer toxischen Art. Mit ihrem Bevormunden, dem klein Halten und Vertrösten. Sollen sie bluten für ihren Leichtsinn, für ihre Unbelehrbarkeit und ihre Selbstsucht!


Ehrfurcht, Macht und Stärke

Ich bin ziemlich entschlossen, diesen Zorn und Hass, meine Rachsucht - wenn man so will wahrlich in neue Macht umzuwandeln. Nachdem ich mich im Geiste nun auch von 'der Familie Flammenstern' gelöst habe, bleibt mir ohnehin nichts anderes übrig, als aus mir selbst neue Macht zu schöpfen. Die Vorzüge eines reichen Sohnes und eines angesehenen Mannes habe ich mit den Torturen der östlichen Gesellschaft hinter mir gelassen. Ich bin nun auf mich allein gestellt und irritierenderweise fühlt es sich gut an. Ich brauche sein Gold und seinen Einfluss nicht. Ich bin selbst groß und würdig, das auch zu beweisen. Wenn er schon nicht hinsieht, dann vielleicht irgendjemand anders. Irgendwer, den es interessiert, dass ich Samuel, und nicht Tiras Flammenstern bin. Vervollkommnung, keine Stagnation! Ich werde mich nie wieder darauf ausruhen, was mein Erzeuger erreicht hat. Ich will eigenes erreichen.

Dominanz, Hierarchie und Herrschaft

"Alatar über allem", das habe ich inzwischen verstanden. Kann ich mit leben. Regiert wird das Heilige Alatarische Reich durch Seine Heiligkeit, den Alka, auserkoren zur Herrschaft durch den Panther höchstselbst. Die Werte einer Theokratie sind noch viel deutlicher in die Hierarchie des Westens verankert als ich es mit meinem alumenischen Wissensstand angenommen hatte. Alatar ist hier allgegenwärtig. Zwar wird mancherorts mit dem Segen "der Drei" gegrüßt, aber es fühlt sich eher wie ein "Alatar und die anderen" an. Nicht so wie in Lichtenthal, wo es zwischen einem Haufen von der Kirche genervter Menschen noch eine Vielzahl Leute gibt, die einen bunten Mischmasch aus Anbetern der Schildmaid, der Schöpferin und des Fuchses darstellen. Keine Einheit, kein Konsens. Hier... wohl. Was mich mehr überrascht als es das vielleicht tun sollte.
Über jene Tatsache vergesse ich beinahe, dass der dritte Leitsatz auch dazu anhält, nicht nachzulassen, sondern stetig, ein Leben lang für das zu arbeiten, was man sich erarbeitet hat. "Ehre, wem Ehre gebührt", aber auch nur diesem. Danach zu leben, wird mir nicht schwer fallen.


Hinterlist, Intrigen und Schattenkünste

"Alatars Lehre beinhaltet das Nutzen aller Wege, die zum Ziel führen." Hier habe ich sogar tatsächlich kurz geschmunzelt. Nachdem viele Gebote und einzelne Aspekte der Leitsätze ja durchaus auf Unverständnis gestoßen sind bei mir, hat dieser eine Satz wahrlich dafür gesorgt, dass ich meine Recherche mit einem Gefühl der Genugtuung und Bestätigung beende. Dieser Satz übersetzt sozusagen meinen Familiennamen und beschreibt sehr trefflich das, was Schwarzwasser tut. Nur mit dem kleinen, aber entscheidenden Unterschied, dass Leute wie ich hier nicht dafür verurteilt und skeptisch beäugt werden, sondern einem Leitsatz des Glaubens folgen. Tja, Alumenas... Darüber kannst du dir einmal Gedanken machen.

~*~

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Zuletzt bearbeitet von Samuel Flammenstern am 17 Feb 2023 19:17, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Samuel Flammenstern





 Beitrag Verfasst am: 17 Feb 2023 17:05    Titel:
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Gellende Schreie, panisches Kreischen. Mein Blick ist starr auf die brennende Stadt gerichtet. War ich das? Während um mich herum alle Leute fliehen, werfe ich einen Blick an mir selbst herunter. Ich brenne! Mein gesamter Körper steht in Flammen. Ich halte die Luft an, erstarre. Die Erde unter mir ist verkohlt. Verfluchter Mist! – Aber Moment! Wieso winde ich mich nicht bereits in purer Agonie? Unsicher tätige ich Schritte rückwärts und sehe mich hektisch um. Schmerzen verspüre ich tatsächlich nicht. Stattdessen ein überaus unerwartetes Gefühl… Schadensfreude. Während ich mich so umsehe, kann ich mir auf einmal nur noch denken: „Geschieht ihnen recht“ und da erkenne ich auch, wo ich mich befinde. Blau-goldene Banner auf den fernen Zinnen, dahinter ein riesiger Wald, daneben das Meer – Adoran! Plötzlich lache ich gehässig. Oh, wie das guttut. Sollen sie brennen, ja! Alle! Elende Heuchler und Verräter!

Vollkommen unüberlegt breite ich meine Arme aus und beobachte mit Genugtuung, wie weitere Flammen aus meinen Händen herausschießen. Bäume, Gartengatter, Wäscheleinen… sie entzünden alles, was sich ihnen in den Weg stellt. In mir drin spüre ich es brodeln und sprühen. Was ich sonst nur als Randerscheinung meiner gekonnt kontrollierten Emotionalität kannte, ist auf einmal so nah, so greifbar. Es überwältigt mich regelrecht. Den Schritt mit innerer Anspannung und bebenden Lippen, zitternden Händen habe ich offenbar übersprungen. Äußerlich bin ich bereits vollkommen ruhig. An mir zittert rein gar nichts. Eine fälschliche Illusion von Kontrolle, denn sobald ich mich diesem Gefühl hingebe, spüre wie ein Grinsen sich auf meine sonst so beherrschten Gesichtszüge schleicht, merke ich auch, wie die Flammen an meinem gesamten Körper größer und heißer werden.
„Lauft nur, ihr Feiglinge!“, rufe ich den Fliehenden noch bar jeglichen Mitgefühls hinterher. Einer jungen Frau im Seidenrock schicke ich sogar noch ein Flammengeschoss als Motivationsverstärker hinterher. Dann ist es um meine Selbstbeherrschung geschehen.

Plötzlich spüre ich regelrecht, wie mein Geist den Körper verlässt und letzterer nur noch ferngesteuert agiert. Der Brand um ihn herum wird größer und größer, kaum noch einzudämmen. Rauch verdichtet sich immer mehr auf den Straßen und nimmt mir die Sicht. Ich sehe nur noch Schemen hinter den Schwaden. Das Knacken von sich durchfressenden Flammen und das Rauschen vom anfachenden Wind dringen vermehrt an meine Ohren. Sie übertönen zunehmend alles, auch die Schreie der Lichtenthaler. Ich merke, wie ich taub für mein Inneres werde. Selbst all die angestaute Wut und all den Hass auf meine alte Heimat spüre ich nicht mehr. Mein Körper handelt nur noch in einem unaufhaltsamen Wahn der Zerstörungswut. RACHE – Das ist es, was mich antreibt. Ich bin mir nicht sicher, wie lange. Die Zeit verfliegt – oder steht sie? – Ich habe mein Gefühl für sie verloren. Es fühlt sich bald an wie eine kleine Ewigkeit und ich schaue einfach dabei zu, wie ich selbst zum Massenmörder und Feuerdämon werde.


~ * ~

Ein akuter Schmerz reißt mich aus meinem Schlaf. Ich habe das Gefühl, meine ganze Haut brennt. Als ich die Augen zügig aufschlage und mich aufsetze stocke ich. Schockiert starre ich meine kokelnden Arme und Hände an. Ein reflexartiger Blick zum Bettlaken runter lässt mich prompt aus dem Bett springen und panisch drauf klopfen. Auch das kokelt. „Verfluchter Mist!“, keuche ich. Es bringt nichts. Also reiße ich das Laken gewaltsam vom Rest des Bettes ab und schmeiße es verteilt auf den Zimmerboden. Es brennt immerhin nicht lichterloh, also soll es gefälligst jetzt auskokeln! Mit erhöhtem Atem und schweißnass geschwitzt sehe ich erneut an mir herab. Meine Hände zittern. Das tut weh, verflucht! „Hör auf, hör auf!“, wimmere ich meinen Händen entgegen. So was kenne ich gar nicht von mir. Weder das Brennen noch diese Emotionalität. Ich habe Angst, Schmerzen, Wut, … Es ist grausam. Verzweifelt versuche ich, mich an das zu klammern, was ich einst gelernt habe. Also schließe ich die Augen und gebe mir sehr viel Mühe damit, tief ein- und auszuatmen. Schön langsam, sehr tief. Ich weiß nicht, wie lange ich das so mache und mir dabei zu allem Überfluss auch noch Tränen über die Wangen rinnen, aber irgendwann hört es endlich tatsächlich auf. Irgendwann spüre ich nicht mehr diese Hitze an meiner Haut. Zurück bleibt ein Häufchen verkohltes Laken, jede Menge schmerzhafte Verbrennungen an mir und, nun… ich. Ein nun mehr vollkommen überforderter Mann im fremden Reich mit einem riesigen Problem, das vermutlich dringendst professionelle Begutachtung und Hilfe bräuchte…
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Zuletzt bearbeitet von Samuel Flammenstern am 22 März 2023 16:40, insgesamt 2-mal bearbeitet
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 Beitrag Verfasst am: 29 März 2023 22:48    Titel:
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2,5 Monde - 12 Wochenläufe sind es nun, die ich im Alatarischen Reich verbringe. Ebenso lange habe ich keinen Boden mehr unter meinen Füßen gehabt, welcher zu einem licht gesinnten Reich gehört. 9 Monde lang bereits besitze ich keinen Wohnsitz mehr in Lichtenthal. Die Zeit vergeht mit einem Mal rasend schnell. Ich bin inzwischen vollständig 'übergelaufen'. Neue Bürgerschaft, neuer Wohnsitz, neue Arbeitsstelle - sogar ein damit verbundene, neue Identität. Zugegeben, daran muss ich mich noch etwas gewöhnen. Besser jetzt schon, als erst dann, wenn ich sie benötige. Sobald das mit der Vermummungslizenz durch ist, werde ich wohl zu Gewöhnungs- und Übungszwecken davon Gebrauch machen, sozusagen in die neue Rolle schlüpfen. Ich bin fast geneigt, mir selbst aufzuerlegen, eine Weile vollständig er zu bleiben. Für den Anfang gar nicht mehr in meine Samuel Rolle zurückzuwechseln. Der alte Samuel passt hier ohnehin nicht ganz rein. Er weiß sich anzupassen - das sprichwörtliche Maskieren funktioniert hervorragend, wie stets, aber er ist zu emotional im Moment. - Ich bin zu emotional. Das bin ich gar nicht von mir gewohnt und noch immer weiß ich nicht recht damit umzugehen. Die Meditationsübungen helfen zwar, flammende Unfälle zu vermeiden, aber sie beheben nicht das Problem. Was meine Herkunft und meinen bisherigen Lebensweg anbelangt, so bin ich nach wie vor nicht mit mir im Reinen. Was sich über knapp 40 Jahre hinweg etabliert hat, kann man nicht in einem Bruchteil dieser Zeit einfach wieder ablegen. Auch, wenn ich mir das wünschen würde, denn es würde einige Dinge einfacher für mich machen. Ich müsste mich nicht damit auseinandersetzen, ob mein Vater wirklich einfach ein Arsch war oder ob er nur versuchte, im Tarnmantel der Heuchlerei uns einen verborgenen Glauben näherzubringen. Ich müsste mich nicht damit auseinandersetzen, warum ich niemanden an mich heranlasse, obwohl ich mich immer allen so überlegen sehe. Man sollte meinen, sie könnten mir ohne nicht schaden, nicht?

Götter, jetzt denke ich doch wieder darüber nach. Ja, es wird Zeit, dass das Thema Vermummungslizenz beendet wird. Ich muss dringend einmal aus meiner alten Rolle raus, in eine neue Haut schlüpfen, mich neu erfinden. Neuer Lebensabschnitt, neues Ich. - So zumindest der Plan.

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