Zwischen Erlebnissen und Aufgaben einer Eisenhand

[Lykka Hinrah]

„Mey weiß, dass eynst meyn Ahn sey erhielt, wohl eyn Geschenk von den Geystern selbst. Es sey keyne Ahnenklinge, keyn Runenschwert…“

Klangen die Worte des Ahnenrufers noch in ihren Gedanken, während sie feste Schritte durch das noch ruhige Wulfgard trug. Nachdenklich drehte sie den kleinen Splitter zwischen ihren Fingern und bewunderte erneut die faserige, glänzende Struktur des Restes, der wahrscheinlich einst von einer mächtigen Waffe stammte. Das waren zumindest die Worte Ulfurs - ein Geschenk von den Geistern an seinen Ahnen. Es war nicht nur eine große Ehre, sondern auch eine Herausforderung.

Inzwischen ging ihr die Schmiedekunst leicht von der Hand und sie hatte bereits einige wunderschöne Waffen und Rüstungen geschmiedet. Doch Lykka war nicht zufrieden damit, nur das zu machen, was andere vor ihr getan hatten. Sie wollte neue Techniken erlernen und neue Materialien verwenden, um ihre Fähigkeiten weiter zu verbessern. So kam ihr die Aufgabe des Ahnenrufers gerade recht. Sie war sicher, dass dieses Metall besonders hart und widerstandsfähig war, vielleicht hatte es sogar die Fähigkeit, besondere Kräfte aufzunehmen. Lykka war neugierig, was es damit auf sich hatte, aber sie wollte auch herausfinden, wie man die gebrochene Klinge wieder zusammenfügen konnte. Die Splitter, die ihr der Thyre gezeigt hatte, waren so klein, dass eine Reparatur nicht möglich war, aber einschmelzen und neuschmieden - das hätte funktionieren können.

Als sie endlich in der Händehütte ankam, schichtete sie sofort Holzkohle in die Esse und begann sie zu erhitzen. Mit dem Tretbalg trieb sie die Glut auf die gewünschten Temperaturen und der kleine Splitter landete in einer kleinen Zange, die sie sonst zur Bearbeitung feinerer Metallstücke verwendete. Sie näherte den Splitter der Glut und wollte ihn langsam erhitzen, um zu sehen, ob er sich irgendwann zu verformen begann. Doch das vermeintliche Metall schmolz nicht, wie es normalerweise der Fall sein sollte. Stattdessen begann es sich anzuschwärzen, als ob es Holz wäre, und schnell wurde der kleine Splitter von der Glut genommen, aus Angst, dass er verbrennen könnte.
Es war nicht nur Verwunderung, sondern auch Enttäuschung, die sich in
Lykka breitmachte. Es handelte sich hierbei nicht um Metall, zumindest um kein Metall, das ihr je untergekommen war. Aber die faserige Struktur täuschte auch nicht darüber hinweg, dass es sich um Holz handeln könnte. Aber wie konnte man daraus eine ernstzunehmende Waffe machen? Wie sollte man Holz schärfen? Eine Klinge schmieden?

Mit einem schweren Seufzen nahm sie den Splitter wieder von der Zange und beäugte ihn ein weiteres Mal. In neu gewonnener Neugierde, aber auch einer gesunden Spur von Argwohn, drehte sich der Rest der ehemaligen, vermeintlichen Klinge in ihren Fingern – solange, bis sie ideenlos und resignierend den Kopf schüttelt musste. So wurde er dann erstmal beiseite gelegt und eine Tafel für den Schamanen vorbereitet. Tafel und Splitter wurden dann in der Tasche des Ahnenrufers hinterlassen.

„Haigh Ahnenrufer,
dey Splitter sey offenbar nuad aus Metall. Er schmilzt nuad. Kokelt nur wie Holz. Mey hab leider keine Ahnung, aber vielley hast dey aye eine Idee? Mey hab dey den Splitter auch wieder dazu gelegt. Sou kann mey jedenfalls key Schwert oder Waffe schmieden.“