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Aamu on iltaa viisaampi
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Aamu on iltaa viisaampi
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Skardr Wikrah





 Beitrag Verfasst am: 02 Jul 2022 15:31    Titel: Aamu on iltaa viisaampi
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Der einsame Wolf und dessen Familie

Die Nacht war, erstmals seit seiner Ankunft, traumlos. Der in Felle gehüllte Thyre, der am langsam herabdämmernden Feuer am zentralen Platz vor der großen Halle in Wulfgard die Nacht verbrachte, spürte die Schwärze der bildlosen Traumwelt in seinem Geist und die damit einhergehende Ruhe und die tiefe Stille, in der ein endloses Meer an Weisheiten schlummerte, würde man nur eine Fackel in der Dunkelheit entzünden können. Doch nicht heute Nacht. Die verborgene Welt blieb hinter dem Vorhang aus Dunkelheit und gewährte dem Thyren damit einen erholsamen Schlaf und kam ohne das Getöse und das Chaos aus, das ihn mitunter heimsuchte, wenn vergangene Erlebnisse sich wieder in sein Bewusstsein schlichen. Manches mal hatte er die fahle Ahnung, dass sich dazwischen auch die Fragmente dessen befinden würden, was erst noch geschehen musste. Und wenn es soweit war, glaubte der Tiefländer sich an ebene jene traumreichen Nächte erinnern zu können, in denen ihm eine Weisheit zuteil wurde, die er damals nicht als solche erkannt hatte. Die Städder kannten ähnliche Begebenheiten, aber taten sie meist als einen Schabernack des eigenen Geistes ab - doch Skardr, Sohn des Nefgeirr, war sich sicher, dass es anders war. Sein Vater hatte ihm von von diesen Träumen erzählt und auch er war überzeugt, dass es jene seltenen Momente waren, in denen Hirsch sich den Clannern im Traum zeigte und sie diese spirituellen Momente jedoch erst als solche erkannten, wenn es viel zu spät und die Nacht schon lange vergangen war.

Nichts davon jedoch, spielte sich in dieser Nacht ab, die ein Lied der Stille in den Geist des Thyren hauchte, welches erst unterbrochen werden sollte, als über dem Wolfsfjord der erste Lichtschein des nahenden Tages sichtbar war. Eine Bewegung nahe des Medizinmannes war schließlich die sanfte Hand, die den Thyren aus dem tiefen Ozean der Ruhe zog und ihn bleischwer in die Wirklichkeit holte. Seine Augen öffneten sich langsam und sahen einen der Wölfe, die das Rudel der Sturmheuler schon seit langer Zeit in Sturmouve beschützten. Der kräftige Rüde hatte den Rest einer Mahlzeit, die vor allem aus verschiedenen Fleischsorten bestanden hatte, für sich entdeckt. Als hätte das Tier geahnt, dass der Thyre seine Augen geöffnet hatte, blickte der schwarz befellte Kopf zu Skardr. Tiefe, dunkle Augen, die nichts mit den helleren Iriden der außerhalb Sturmouves beheimateten Wölfe gemein hatten, blickten den Tiefländer für einige Momente an. Die Bewegung des Tieres war genauso erstarrt, wie es die Bewegungen des Mannes in seinen Fellen waren. Für einen Augenblick glaubte Skardr die Geräusche der Umwelt verloren zu haben und in eben jene, tiefe Dunkelheit zu blicken, die ihn durch seinen lichtlosen Schlaf begleitet hatte. Dann besann sich das Tier darauf, mit seiner Beute zu seinen Artgenossen zurück zu kehren und wanderte mit der Eleganz und Souveränität eines erfahrenen Jägers wieder zum Nordhang des Landes, das die Thyren ihr eigen nannten. Erst in dem Augenblick, in dem Skardr ausatmete, fiel ihm auf, dass er die Luft den gesamten Moment über angehalten hatte, da ihm eines von Wolfs Kindern vor die Augen getreten war. Die Wölfe Wulfgards gehörten zum Rudel und zum Alltag, aber dennoch waren Augenblicke, die ein tiefergehendes Miteinander erforschbar machten, für viele Thyren so selten, dass sie mit beinahe spiritueller Andacht im Herzen getragen wurden.

Skardr, Sohn des Nefgeirr und stolzer Kerl aus dem Clan der Wikrah, schüttelte schließlich die Felle ab und ließ den letzten Rest der kühleren Nachtluft an seinen Körper gelangen. Die Lungen erfrischten sich, während ruhige und noch langsame Schritte den Tiefländer zum Steg führten und er seinen Blick ostwärts richtete. Dorthin, wo die Sonne bald ihr glutrotes Inferno über die Welt schicken und einen neuen Tag der Wärme auf die Insel niederregnen lassen würde. Leichter Nebel lag auf dem Wolfsfjord und bereitete die Illusion, als läge unter dem Wasser das Tor zu einer anderen Welt. Es war eine andere Form der Dunkelheit, die Schattierung dessen, was an der Oberfläche lag. Ein Spiegel der eben kein exaktes Ebenbild der Wirklichkeit war. Der Thyre erinnerte sich daran, wie er in seinem Heimatdorf an einem ähnlich gebauten Steg mit ähnlich gebauten Schiffen gestanden hatte, wenige Tage bevor er den Rückweg nach Wulfgard antreten würde. Er hatte den Blick auf das in Flammen stehende Boot gerichtet, das sie in diesem Hafen verabschiedet hatten. Es war ein bescheidenes Machwerk, ebenso wie die darin liegende Person stets ein Leben in Demut und ohne Lautstärke gelebt hatte. Und dennoch war seine Präsenz in der Gemeinschaft weder zu ignorieren, noch wegzudenken gewesen. Es gab Geschichten über den Thyren, die jedem bekannt waren. Es gab sogar das Lied einer fernen Heldentat, die man dem Mann zuschrieb, der nun seinen letzten Weg nach Anundraf antrat und mit den Ahnen fressen, saufen und feiern würde. Skardr hatte an diesem Abend gedacht, dass die Sterne heller als sonst geleuchtet hatten, ein unmissverständliches Zeichen dafür, dass die Ahnen ihre Fackeln entzündet und ihn willkommen hießen. Der Mond stand zeitgleich voll und groß über dem Firmament und erlaubte noch lange den Blick auf das kleine Boot, bevor die Flammen das Holz langsam aufzehrten und damit das Tor dorthin aufstießen, wohin Nefgeirr Wikrah, Dah des Skardr Wikrah, nun gehen sollte. An der Grenze von Ozean und Himmel offenbarte sich der Übergang, der dem Thrailsvolk selten bewusster wurde als in jenem Moment, wenn sie einen der ihren verabschiedeten.

Keiner der Thyren in dem kleinen Dorf, welches sich fernab von Sturmouve befand, vergoß eine Träne. Keiner hatte ein Wort der Trauer übrig. Ein Bruder Skards würde Nefgeirrs Heilerhütte übernehmen. Und der Schmerz über die Trennung war nur ein fahler Schatten im Hinterkopf der Anwesenden und die einzige Tragödie daran würde sein, dass die Zeit des Thyren im diesseits nicht länger andauerte. Skardr hielt die alte, mittlerweile von der Abnutzung glatt und stumpf gewordene Bärenklaue in seiner Hand, die er sonst als Anhänger an seiner Kleidung hing. Es war der letzte Augenblick gelebter Zweisamkeit zwischen ihm und seinem Vater und das letzte Relikt, welches er von ihm besaß und das selbiger ihm dereinst überantwortet hatte, als er dem Ruf der Dame im Wind folgte und nach Wulfgard übersetzte.

In dieser Nacht schlugen die Feuer hoch in dem kleinen Dorf. Das Skôl der Tiefländer hallte an einem Meer aus Trinkhörnern und Krügen wieder und das Feiern erfüllte die Nacht noch lange, bis auch die letzten Thyren sich entweder direkt am Feuer dem Schlaf überantwortet hatten oder in ihre Hütten zurückgekehrt waren. Am Ende gab jedoch auch diese Nacht der Ruhe und Stille bei, die jeder Tag mit sich bringt, der sich als Herr über die Nacht ausgeben will. Skardr hatte auch am Ende dieser Nacht an dem Steg seines Heimatdorfes gestanden und den Blick himmelwärts gerichtet, wo der Vollmond seinerseits seinen Blick auf den Sturmheuler gerichtet hatte. Der Medizinkerl blickte in diese stumme, helle Scheibe, die Wolf in diesen Nächten zu voller Kraft verhalf und den Sturmheuler daran erinnerte, wie es war, mit seinem Rudel auf Germior zu jagen, zu streiten und gemeinsam die Tage am Feuer ausklingen zu lassen. Und obwohl Jahre zwischen dieser Zeit und dem Moment lagen, an dem der Thyre in dieses kreidebleiche Auge blickte, das trotzdem jeden Moment zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft sehen konnte, fühlte es sich im Kopf des Medizinkerls an, als würde die Zeit zwischen seiner Abreise aus Sturmouve und dem Moment, da er in den Mond hinaufblickte, aus einer Laune der Geister heraus kürzer sein, als sie tatsächlich war. Es war jener Augenblick, der den Thyren Tage später wieder auf ein Schiff und zurück zu seiner Heimat führen würde.

Vielleicht war die lange Reise, die ihn fort von seiner neuen Heimat und seinem Rudel führte, auch letztlich genau das, was ihn näher an das innere Gleichgewicht brachte, nach welchem er wie jeder wahre Thyre strebte. Eine der entscheidendsten Lehren Thrails war stets, dass alles zwei Seiten hat. In diesem Moment, an dem der Sturmheuler vom Steg Wulfgards in die schmale Linie des Horizontes blickte und sich des verzerrten Spiegelbildes dieses Augenblicks gewahr machte, der ihn wieder nach Wulfgard geführte hatte, hatte er in die Vergänglichkeit und die Erneuerung geblickt. Gleich der väterlichen Hand auf seiner Schulter, umfing Skardr ein Gefühl tiefer, innerer Ruhe, das anhielt, bis die Sonne die Linie zwischen Tag und Nacht wie eine lose Naht aufgetrennt und den Zauber der Welt mit dem anstehenden Tagewerk getauscht hatte. Was blieb, war die Erinnerung an die schmale Grenze zwischen Tag und Nacht, in der die Zeit bedeutungslos schien.

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Skardr Wikrah





 Beitrag Verfasst am: 01 Aug 2022 10:39    Titel:
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Die Rauchschmiede

Wieder einmal war es die Nacht, die sich für Skardr Wikrah als die Zeit erwies, in der er seinem eigentlichen Tagewerk nachgehen konnte. Während die Helligkeit des Tages das Rudel stets aus ihren Hütten in das Dorf trieb und Stunde um Stunde mit dem Miteinander jener füllte, die von der Dame im Wind in die Einigkeit Sturmouves geleitet wurden, trieb den Medizinkerl etwas um, was ihm von seinem Bruder überliefert wurde, nachdem Nefgeirr Wikrah, der Vater der beiden Medizinkerle, den Weg nach Anundraf angetreten hatte. Die Erinnerung war dem Medizinkerl so präsent wie es die kühle Nachtluft war, die nur gelegentlich von verirrten Rauchschwaden naher Feuer unterbrochen wurde und während seine Schritte ihn zur Heilerhütte in Wulfgard führten, spürte er einmal mehr den Drang in seinem Hinterkopf weicher und sanfter werden, der sich stets stärker und beharrlicher pochend bemerkbar machte, wenn sich ein Gedanke oder ein Vorhaben in ihm gefestigt hatte, das ihn nicht los ließ. Das Wissen darum, dass er dem Drängen schlussendlich nachgeben würde, ließ das Pochen ertragbarer werden und eine gewisse Vorfreude aus der Erleichterung keimen.

Skardr erinnerte sich daran, wie er mit seinem Bruder Vikjort in Nefgeirrs Hütte gesessen und seine Vorbereitungen zur Abreise unterbrochen hatte, um mit seinem Bruder zu palavern und zu saufen. Beide ergingen sich in Erinnerungen an den alten Thyren, der letztlich derjenige gewesen war, der ihnen das Handwerk beigebracht hatte. Im Gegensatz zu Vikjort hatte Skardr im Laufe der Zeit auch viele andere Heilkerle anderer Völker kennenlernen dürfen und wenngleich der Erfolg ihrer Methoden unstrittig war, hatte ihn das tatsächlich noch stärker mit seiner Profession verbunden. Seiner Meinung nach gab es kaum einen Weg der Heilung, der Körper und Geist mehr vereinte, als es die Tiefländer mit ihren über Generationen und ausschließlich mündlich weitergegeben Weisen im Einklang mit den Geistern und Totems - hier vor allem Bär - vermochten. Vikjort hatte den Worten des Medizinkerls der Sturmheuler interessiert gelauscht und letztlich die Hoffnung offenbart, dass Skardr ihm dabei helfen konnte, einen uralten Effekt zu replizieren, bei dem es sich eben um einen dieser uralten Wege handelte, Kräfte im Körper zu wecken, die dem Tiefländer sonst verborgen geblieben wären. Und obwohl die beiden Brüder ihr Wissen vereint und gemeinsam die Lösung in Rauch und Kraut gesucht hatten, war ihnen das Ergebnis verborgen geblieben. Der alte Nefgeirr, so schien es, hatte sein Wissen mit nach Anundraf genommen.

“Was für ein Mann ist ein Mann, der nicht versuchte, die Welt zu verbessern.” hallte einer der Leitsätze Thrails seitdem immer lauter und - zuletzt pochend - im Hinterkopf des Thyren nach. Es gab weder für Vikjort, noch für Skardr die Option der Aufgabe und beide Brüder schworen sich, den begonnenen Weg weiter zu gehen. Der Medizinkerl der Sturmheuler hatte zudem kürzlich erst Nachricht von seinem Bruder erhalten, dass er glaubte, der Weg zur Erkenntnis würde im Rauch liegen, wenn man die entsprechenden Zutaten nur mit einer ordentlichen Preisung der Waldtotems verbinden würde. Zwar waren die Medizinkerle genauso wenig oder genauso viel mit den mächtigen Naturgeistern verbunden, wie jeder andere Thyre der weder ein Schamane, noch ein Hagvirkr war, doch änderte das nichts daran, dass die Sturmheuler den Ahnen, Geistern und auch den Totems bei jeder passenden Gelegenheit huldigten - oder - wenn es sich begab, ihnen und ihren Zeichen auch bereitwillig lauschen würden. Der alte Nefgeirr hatte einst gesagt, dass jeder Thyre besser damit beraten war, den Einflüsterungen von Ahnen und Geistern zuzuhören. Einzig die Schamanen und Hagvirkr hatten ein besseres Gehör für die Zeichen und Worte aus den Nebeln als jeder andere. Skardr konnte mit diesem Vergleich gut leben - in der heutigen Nacht wollte er zumindest mit offenen Augen und offenen Ohren dem Rauschen des Rauches lauschen.

Das erste Obergeschoss der Heilerhütte war eine Wechselhure an Gerüchen. Dem Holz der Hütte haftete stets der Duft der letzten Mischereien und Panschereien an, der von einem der Medizinkerle und manchmal auch einem der Schamanen zubereitet worden war. Und obwohl die Hütte erst einige Jahre stand, wirkten die fest im Holz verankerten Gerüche wie die Geschichten aus uralter Zeit.

Skardr begann bereits beim Hochsteigen der Treppen damit, die von oben herabwabernden Düfte mit der Nase einzusaugen und milde Freude begleitete die Eindrücke, die wie kleine Geschichten aus der Luft gepflückt wurden. Neben einem der Kessel hatte er bereits einen kleinen Holzkasten mit einigen Zutaten eingelagert, zusätzlich zu jenen, die er in seinem Gurtbeutel mitgebracht hatte. Die Feuerstelle hatte er bereits am frühen Abend angefacht und eine geruchslose Flüssigkeit zog bereits seit Stunden im Kessel vor sich hin. Einige Weidenhölzer lagen neben dem Kasten des Thyren und warteten letztlich darauf, ihrer Aufgabe als Rauchwerk zugeführt zu werden. Es waren dünne, kurze Stäbe - weitaus kürzer als man Rauchwerk sonst schnitt.

Der Blick des Thyren versicherte sich noch einmal mit milder Zufriedenheit über der siedenden Flüssigkeit im Kessel, die wie eine Mischung aus geschmolzenem, klaren Wachs und Wasser aussah. Der Tiefländer begann, der Vorfreude und des Zeitvertreibes - und vermutlich auch den Ahnen zur Ehr - ein Lied aus Kindertagen zu summen. Eines, das ihm stets im Kopf geblieben war, weil schon sein Dah es zur Arbeit summte und weil es auch ihm in jungen Jahren bereits nicht mehr aus dem Kopf ging. Unter dem tiefbassigen Summen entnahm der Thyre schliesslich drei Phiolen mit Blut. Es handelte sich um das Blut eines verendeten Wolfes, ebenso wie das eines Hirsches, der sein Ende in der Jagd fand und schließlich das Blut eines Bären, der im Zweikampf mit dem Tiefländer sein Ende fand. Er hatte ihr Opfer noch an Ort und Stelle geehrt und den Geistern für die Gabe gedankt, die das Rudel durch die Arbeit des Medizinkerls stärken sollte und der Thyre wiederholte diese Preisung nochmals als er die drei Phiolen mit Blut in die siedende Masse goß und sich bald schon ein mit dem Geruch von Eisen geschwängerter Duft in einer massiven Schwade aus dem Kessel löste. Er versetzte den rotbraunen Sud mit etwas Schwefelasche, gab einige Holzschnitzel der Alraunenwurzel hinein und entnahm aus einem in der Kiste befindlichen Beutel einige, getrocknete Champignon-Stücke, die ebenfalls ihren Weg in die sich immer weiter verdickende Masse fanden. Die Flüssigkeit suchte sich ihren Weg in die trockenen Pilzreste, erweichte sie und ließ sie in der Hitze aus Blut und Schwefel bald schon zu einer quasi-flüssigen, wabbeligen Restmasse werden. Ein schwer definierbarer Duft entstieg dem Kessel mit der Zeit, der von der Zugabe des Blutes dominiert wurde und sich im Abgang erdig auf der Zunge und in der Nase anfühlte. Schliesslich öffnete der Thyre einige, reife Pfirsiche, zeriss sie mit den eigenen Pranken in einzelne Stücke und warf sie hinein - das gleiche wiederholte er mit einigen Äpfeln, wobei er sowohl vom Pfirsich als auch den Äpfeln die Kerne aufbewahrte und sie in einen separaten Beutel legte. Die Kerne der Früchte würde er später andernorts einpflanzen auch auch hier den Waldgeistern für ihre Geduld mit dem Tiefländer danken.

Die sich weiter verdickende Masse wurde durch Skardr regelmässig mit sich selbst verrührt, ehe er schliesslich einen konsistenten Duft wahrnahm, der suggerrierte, dass die Masse langsam einen Grad verarbeitungswürdiger Sättigung erreichte. Schließlich entnahm er seinem Gurtbeutel einige, zusätzliche Ingredenzien, die er tatsächlich nur für diesen Moment mitgebracht hatte: Das verlorene Fell eines aus der Jagd zurückkehrenden Wolfes, die Klauen eines gesunden und kräftigen Bären - wie das Blut in einem ehrlichen Zweikampf erbeutet - und schließlich Splitter vom Geweih eines alten und damit weisen Hirsches. Es war die Art des Thyren, nicht nur die Totems zu ehren, sondern auch auch verband sich darin die Hoffnung, dass sie das Geschick des Wolfes, die Kraft des Bären und die Sinnesschärfe des Hirsches im Rauch binden würden, in dem die Masse später aufgehen sollte.

Er verrieb die letzten drei Zutaten in die Masse im Kessel und zog schliesslich selbigen vom Feuer. Die Weidenhölzer tauchte er, eines nach dem anderen, in die Masse ein und ließ die Flüssigkeit schließlich ins Holz ziehen. Diesen Vorgang wiederholte er mehrfach, bis das Holz sich schließlich weigerte, mehr Masse aufzunehmen. Er gab dem Holz gerade so viel Zeit, zu trocknen, bis er mehrere Phiolen vorbereitet hatte, die gerade so lang waren, dass sie das Weidenholz bequem in sich aufnehmen konnten. Den Rest ließ der Thyre die Nacht und die Zeit bestellen - zunächst. Ein traumloser Schlaf folgte auf einem der Felle in der Heilerhütte, der dem Tiefländer gerade so viel Ruhe bescherte, wie die Betriebsamkeit im Dorf und die durch die Fenster scheinende Sonne das Ende einer viel zu kurzen Nacht es eben erlaubten.

Nun nahm der Thyre je eines der Hölzer, entzündete es und gab es in eine geöffnete Phiole. Der sich darin entfaltende Rauch war schwer und führte beinahe hypnotisierende Muster an Schlieren, die sich wie Schlangen aus Dunst von unten nach oben in der Phiole füllten. Schließlich verkorkte er das Machwerk - der Rauch war eingesperrt, die Luft versiegte und das Rauchwerk erlosch. Diesen Vorgang wiederholte er, bis alle Hölzer mit dem sie umgebenden Rauch in Phiolen verkorkt waren.

Es verging ein weiterer Tag des Wartens, ehe der Tiefländer zurück zu seinen Machwerken kehrte. Er betrachtete den sich noch immer beharrlich in den Phiolen haltenden Rauch. Mit einer der Phiolen wanderte er schliesslich zu einem der Felle, setzte sich dort aufrecht hin und beschloss, dass es Zeit war. Zeit, das Wissen, was er mit seinem Bruder erarbeitet hatte und die Weisheiten die Nefgeirr ihnen beigebracht hatte, auf die Probe zu stellen. Ohne weitere Worte öffnete er Thyre die Phiole und setzte sie an die Nase. Zuerst folgte ein Schniefen und damit Einsaugen über die eine Nasenseite, der Rest des Rauches folgte direkt durch das andere Nasenloch. Der Thyre ließ die Phiole fallen, als ein beißendes Gefühl durch die Nase kroch, sich der schwere Rauch den Weg zurück in seinen Rachen bahnte und der Geschmack von Eisen, nur fahl mit den beigebrachten Früchten und Pilzen versetzt, sich auf sämtliche Schleimhäute setzte und der Thyre beinahe unmittelbar die Wirkung spürte, noch während seine Finger über die Nase rieben, als könnte das etwas dabei helfen, den unangenehm beißenden Effekt zu entfernen:
Die Augen des Thyren waren weit aufgerissen als er das Gefühl hatte, dass sich ein Verstand unmittelbar klärte. Die Trägheit, noch von der Nacht mit ins Heilerhaus getragen, schwand sofort und eine Frische umfing seine Gedanken. Die am Körper getragene, leichte Rüstung, begann plötzlich leichter zu warten und seine Bewegungen fühlten sich, trotzdem der Thyre sonst eher breitschultrig und behäbig wirkte, plötzlich flüssig an. Ein damit einhergehender Tatendrang erfüllte den Thyren, der noch einige Zeit anhielt. Skardr Wikrah konnte das Hochgefühl in dem Moment, in dem ihm klar wurde, dass er dem Geheimnis des Nefgeirr Wikrah auf die Spur gekommen war, schwer beschreiben - und deshalb behielt er die Begeisterung und die Freude, die mit dem neu entwickelten Rauchwerk einher ging, wie so vieles, für sich - ehe der Tag kommen würde, das Wissen zu teilen.

Bis dahin jedoch, prüfte er die Wirkung jeder einzelnen, vorbereiteten Phiole. Und wer dieser Tage durch Wulfgard ging, konnte am Thyren bislang wundersames Verhalten bemerken. Mal sah man ihn mit wachsender Begeisterung Holz schlagen, schwere Lasten umherwuchten - dann wieder sich mit Gedankenkonstrukten beschäftigen, die im Lichte des Alltages schlicht unwichtig erschienen, nur um sich auf dem Spielplatz herumzutreiben, der eigentlich für die Welpen gedacht war und an den verschiedenen Übungsgeräten herum zu klettern, als hätte er seinen Inneren Welpen wiedergefunden. Es würde dem Thyren erst nach einigen Tagen dämmern, dass eine mildere Dosierung seiner Zutaten etwaiige Nebenwirkungen vermutlich unterbunden hätte. Aber auch dieses Ergebnis blieb Skardr Wikrah schlussendlich nicht verborgen.

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