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(DK-MMT)Blutrote Schwingen
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » (DK-MMT)Blutrote Schwingen
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 26 März 2022 16:38    Titel: (DK-MMT)Blutrote Schwingen
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Blut, Kratzspuren, Federfetzen und Knochenreste. Der ungnädige Wind des Winters, der über die milchige Haut streift und krächzendes Gelächter. Unter den nackten Füßen klebt das Blut des Bannkreises an ihrer Haut, während sich der Nebel immer dichter zieht. Unruhig huscht das grell-grüne Augenpaar über den Platz. Wie so oft befindet sie sich auf der obersten Plattform der Nimmerruh, dort wo sie ihr.. oder ihm zuletzt begegnet war. Es war stets der selbe Traum, das selbe Gefühl. Die Kälte war so präsent, als wäre sie wirklich dort. Wieder nur ein Traum… Nur stand sie diesmal alleine da. Mit jedem mal fühlte sich der Traum realistischer an, als könnte sie nach der Kälte greifen. Zuerst wurden die Geschwister weniger, bis sie schließlich ganz alleine war. Der Nebel umschlang den Platz immer enger und bot keine Fluchtmöglichkeit. Würde sie den Boden unter den Füßen nicht erkennen, so wüsste Victoria noch nicht einmal wo oben und unten wäre. Ob das Blutfederchen sich ebenso fühlte, als wir sie in den Kreis sperren wollten? War es das selbe Gefühl, als sich die ursprüngliche Rabengestalt auflöste und zu dem wurde was sie oder er nun war? Eine Gefangene…? Nun ist deutlich mehr als ein Jahr vergangen, als sie den Raben befreien wollte und sich gegen die manifestierten Konsequenzen des Herren richtete.

‘‘Lass ab von deiner Rache! Deine Zeit ist vorüber und die Gunst des Herren nicht mehr vorhanden!‘‘, rief sie in den dichten Nebel hinein. Doch die einzige Antwort war das krächzende, verhöhnende Lachen aus der Ferne. Immer wieder und wieder bohrte sich das Lachen in ihr Gehör.

Wie aus dem Nichts wurde der Nebel auf einer Seite durchbrochen, als etwas nach ihr greifen wollte und dann wieder auf der gegenüberliegenden Seite verschwand. ‘‘Bluuuut… Dein Blut… mein Blut… eins… Du bist meeeeiiiin… ihr seid meeeeiin… Baaaald.. so baaaaald… werde ich dich holen… euch holen!‘‘
Wieder wühlte sich der Nebel auf, als Blutfederchen sich auf sie stürzte und etwas kaltes, spitzes ihren Leib durchbohrte. Mit Entsetzen und geweiteten Augen blickte das fast giftige grüne Augenpaar der knöchernen Fratze entgegen. Hass glimmte in den Hohlen Löchern, wo sich einst Augen befanden. Erst als sie etwas warmes und klebriges spürte, konnte Victoria ihren Blick von der Fratze lösen und nur langsam herunter blicken, in dessen Leib sich einer der Krallen gebohrt hatte. Das weiße, lange Seidenkleid färbte sich rot… Blut. Und wieder erklang nur das verhöhnende
Lachen Blutfederchens.

Mit einem Schrecken riss sie ihre Augen auf, zitterte am ganzen Leib und tastete nach ihrem Bauch, wo noch zuvor die Kralle in ihrem Körper steckte. Kalter Schweiß bedeckte ihren Körper und das Zittern wollte nicht aufhören. Sie spürte noch immer die Kälte des Winters, obwohl bereits der Frühling da war und auch die nicht vorhandene Wunde fühlte sich so real an. Es war wieder nur ein Traum… Und auch wenn es ihr Verschulden war, war es nun an der Zeit etwas dagegen zu unternehmen.


Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 26 März 2022 19:09, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 27 März 2022 15:26    Titel:
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Durch ein beständiges Summen, Brummen und Kreischen, welches in den Knochen widerhallte, hindurch, blieb nur der einzige blutrote Gedanke:

RACHE


Er floss über die leeren Höhlen, in denen einst Augen saßen und tropfte über das knöchern weiße Körpergestell, tauchte alles in ein wenig mehr Wahnsinn, Qual und brüllenden Hass.
Als habe man Herzschlag mit diesem Dröhnen getauscht, pochte der Zorn und die heiße Wut sogar halbwegs im Rhythmus, wie das hektische Rauschen zu schneller Meereswogen. Es schwoll an, fauchte alles im Inneren an, nährte sich an der eigenen Blutgier und ließ die Knöchlein klappern, bauschte das tiefrote, nasse Federkleid auf, nur um sich dann wieder kurz zu entfernen, um ihr genau so lange Zeit zu lassen, dass sie einen einzigen klaren Gedanken fassen konnte:

DIENER


Dann schwoll der Hass erneut und alles im Schädel schrie danach sie zu fangen und zu zerreißen, ihnen die Leiber zu nehmen, so wie sie ihr alles genommen hatten, in dem tumben Versuch sie zu "retten"... retten?! Hätte sie noch gewusst, wie man wirklich lachte, so hätte sie es es nun gehässig, höhnend und bitter aus der vertrockneten Kehle gestoßen, doch selbst das hatten ihr die letzten Tage genommen und es war nicht viel mehr, als ein stimmloses, sirrendes Zischeln möglich.
Selbst das Rabenkrächzen war schöner, damals, ehe... ehe sie...

Erneut brauste die Welle des Hasses heran, diesmal so groß, dass der Name, auf den sich all ihr Zorn entlud, deutlich im Kopf zu formen begann, noch während sie sich schwor, dass sie ihr gehören würde, ihr den schönen Körper stehlen, die blonden Locken besudeln und an ihrem süßen Blut laben würde. Bald schon, bald....

VICTORIA




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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 21 Apr 2022 18:09    Titel:
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Tiefrotes Blut, dunkler als jeder Wein, beinahe schwarz. Höhlen, rot glimmend, in welchen einst Augen lagen. Nebel... ein Gemisch aus einem tiefen schwarz und grau wie bei einem tosenden Gewitter. Sie war allein, stand ihm... oder vielleicht ihr? wieder gegenüber. Diesmal war nicht einmal einer ihrer Geschwister anwesend. Zuvor verschwanden sie nur... einer nach dem anderen oder blieben fern. Das blonde Gift spürte all den Hass des Wesens bis tief ins eigene Mark. Ein stechender Schmerz bohrte sich langsam durch den zierlichen Körper, während sie ihre Augen nicht von den glimmenden Höhlen lösen konnte. Ein starker Windstoß wühlte ihre Robe auf. Die Robe, welche sie als Dienerin stets mit Wohlwollen und Stolz getragen hatte. Erst jetzt löste sich das giftige grün ihrer Augen von den beinahe kohlschwarzen Augenhöhlen, um den Blick zu senken. Die tiefgraue Robe färbte sich beinahe schwarz, als es sich mit dem Blut vermischte und an ihrem Körper zu kleben begann. Noch immer ragten die Krallen tief in ihrem Leib. Langsam aber stetig sickerte der Lebenssaft aus ihr heraus, durchzog den Stoff und lies sie realisieren, dass das Blutfederchen bekam was es wollte.
''DU bist mein... Verderben auf ewig... IHR ALLE... RACHE!!! Tot... Verderben..!! ... Stirb...'', schallte es durch ihren Kopf, als hätte man ein Messer über eine Tafel gezogen.

Als Victoria diesmal aufschreckte, schlug ihr Hinterkopf gegen ein Brett, welches über ihr lag. Stechend zog sich der Schmerz für einen längeren Augenblick durch ihren Schädel und lies den Kopf leicht dröhnen. Es dauerte eine Weile, bis sie wieder klar denken konnte und blickte anschließend über den Rand des kleinen Bootes.
In sanften Wogen brachen winzige Wellen an dem morschen Holz und trugen es über die See. Der alte Mann, der sie über das Gewässer brachte, schlief tief und fest. Ihr Blick glitt auf die See, welche, wie eine beinahe schwarze Decke, unter ihr lag. Der Himmel war klar und lies die Sterne auf der schwärzlichen Wasseroberfläche widerspiegeln. Es waren gerade einmal einige Stunden vergangen, nachdem sie aus der Grabkammer einige Sachen holte und zuvor noch einige Schreiben verfasste, die man zu gegebener Zeit sicher finden würde. Jetzt jedoch war ihr Weg zur kleinen Bauerninsel am wichtigsten. Ein dickes Bündel mit Briefen, Gold, das eine oder andere Plüschtier lag in ihrer Tasche. Viele andere Sachen die ihrem Kind die Zukunft sichern sollte. Kleine Erinnerungen an ihre Mutter, auch wenn sie vielleicht nie wieder ihr Gesicht erblicken sollte. Alsbald und gewiss nicht mehr lange würde die Rabenfeder kommen und fordern was sie wollte. Und Victoria war sich sicher, dass es ihr Leben war, welches vielleicht bald enden würde. Was hatte sie denn schon zu verlieren? Sie diente dem Herren mit der Natur einer Succubus. Sie verwirkte ihre Liebe zur Corastin, verschmähte ihn und stieß in ab. Und doch war es wie er sagte... Es ist der Herr, der unsere Wege bestimmt. Stets war er an ihrer Seite, wachte über sie, als sie ihren Albträumen erlag, gab ihr Wärme als sie von all der Kälte eingenommen wurde. Und das obwohl der Funken ihres inneren Pfades sich immer weiter entfachte, loderte, sie schier von Innen heraus verbrannte und den Drang größer werden lies, sobald jemand versuchte das blonde Gift zu bändigen.

Zwei Stundenläufe später traf das alte, kleine Boot an Land. Mit großzügigem Gepäck wurden auch die letzten Meter überbrückt, als keine ganze Stunde Später der große Hof am Rande des Horizontes zu erblicken war. Einst war dieser Hof auch ihre Schutzstätte, lange bevor sie Kra'thor diente. Alle schliefen schon fest, als sie das kleine Zimmer betrat, in dem Runa schlief. Leise knarzte der Holzboden unter jeden ihrer Schritte und doch waren sie leise genug, um ihr Kind nicht zu wecken. Erst als sich die junge Blondine hinzu legte und Runa zudeckte, blinzelte sie verschlafen ihre Mutter an und drehte sich in ihre Arme. Wenigstens für ein paar Tage wollte sie die Zeit mit ihr genießen, ehe sie sich im wahrsten Sinne ihren Albträumen stellte. Sie würde früher oder später schon zu spüren bekommen, ob Kra'thor seine Schwingen schützend über sie hielt.


Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 22 Apr 2022 14:06, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 01 Mai 2022 22:48    Titel:
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Die Stunden verstrichen und doch blieb das Gefühl der hellen, ja blutig roten Aufregung. Seit sie ihren neuen, verdrehten und grausig entstellten Körper erlangt hatte, da war der Schlaf kein Ding der Notwendigkeit mehr und doch gab sie sich den Träumen hin, die aus einer ganz eigen gemachten Welt entschlüpften. Manch ein naives Köpfchen hätte ihre Fantasien vielleicht in die Ecke der Tagträume gesteckt, doch sie waren größer, kräftiger, wahnsinniger und blubberten lebhaft im Elixir der inneren Missgunst.

Ihre Träume wogten nur so vor Rabengefieder.
Sie krächzten und flatterten hilflos umher, all die kleinen, überheblichen Gestalten, die sich eingebildet hatten, über ihr Dasein bestimmen zu können und ihr Leben so jäh und hässlich in zermarternde Verzweiflung gerissen hatten... doch im Zentrum der lästigen Bande, da stand SIE.

SIE, die alles hatte, was sie nie mehr erreichen konnte.
Leben, Liebe, Leichtigkeit, Familie, Freunde und all diese Strahlen der Sonnenseite.
Allen voran aber war es die verdammte, verfluchte, wundersame Schönheit, die ihr auf den Leib geschrieben war, welche der Tortur noch die Krone aufsetzte. Von den goldblonden Locken, die wie flüssiges Licht über die Schultern der anmutigen, verführerischen Gestalt fielen, über die makellose, zarte Haut mit dem frischen, rosafarbenen Hauch von Herbstanemonen, bis hin zu dem perfekten, wunderschönen Gesicht, in dem rote Lippen ein unschuldiges Lächeln vorgaukeln konnten, während in den intensivgrünen Augen das ewige Feuer der Leidenschaft glomm.

Leidenschaft... die Leiden schafft!
Tief in der knöchernen Brust brodelte es und ein Schrei erwachte darin, der wieder nicht ausgestoßen werden konnte. Stattdessen fraß sich der Wunsch all das, all diese wunderbare Schönheit an sich zu reißen, zu besitzen oder eben in kleine Stückche zu zerfetzten, ein weiteres Mal durch den geschundenen Geist. Ein weiterer Kreislauf, der Schmerzen und der Wut schien anzubrechen, doch da umgriff die Klauenhand langsam die Phiole, die sie so sicher in ihrem Versteck untergebracht hatte und statt der raßenden Ohnmacht, erwachte ein seltsames Glucksen in ihr, dass sich nach und nach zu einem heißeren Kichern entpuppte.

Aaaaaah, all die kleinen törichten Räblein mussten glauben, dass sie ihre Ausflüge nicht beobachtet hatte. Drachenblut und ganz besonders gehütete Knochen hatten sie besorgt und sich dabei wirklich in Sicherheit gewogen, nur weil sie sich nicht gezeigt hatte.
Wozu auch?
Sie konnte die Zeit nutzen, um den eigenen Besorgungen nachzugehen, die mühsam, schwer und wieder mit Blut und Schmerz erkauft waren... doch bald schon, bald würde sich alles endlich auszahlen.

Bald schon würde sie ihre langen Klauen baden und dann langte ein einziger, sanfter Kratzer....



... nicht, dass sie es bei einem belassen würde!



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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 04 Mai 2022 20:35    Titel:
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Die Vorbereitungen waren nun alle getroffen… beinahe. Etwas fehlte noch. Doch nichts von dem was noch fehlte, galt dem Ritual oder dem bald entstehenden Werkzeug. Alles andere hatte bereits seinen Platz gefunden. Efeu, Nachtschatten und Stechpalmenzweige wurden miteinander verwoben. Das Blut, die Knochen und der Kristall wurden an einem sicheren Ort verwahrt. Dazu hatte sie entweihte Erde von alten Gräbern aus Varuna entwendet und Knochen zu Knochenmehl verarbeitet. Ihr eigenes Blut würde sie jedoch frisch in den Kreis fließen lassen. Eine Kerze, die sie im Namen des Herren geweiht hatte, würde dem ganzen seinen Feinschliff geben. Ja… oh ja. Eine ganz besondere Nacht stand ihnen bevor. Etwas großes… nein, etwas enormes bahnte sich an. Das blonde Gift spürte es und ihr Gefühl täuschte sie nur allzu selten.

In den letzten Tagen war es still um die Dienerin geworden, nachdem sie sich gänzlich und von allen und jeden zurückgezogen hatte. Nur ihre kleine Schwester hatte sie neulich beim meditieren unterbrochen, was sie nicht sonderlich störte.

Die Grabkammer war schon immer auf eine bestimmte Art ihr Heim gewesen. Ein Zufluchtsort, für den sie immer sehr dankbar war. Ein Ort der Ruhe und Konzentration. Einmal noch würde sie die Grabkammer verlassen. Einmal, um nicht ohne ein Andenken zu gehen. Drei an der Zahl werden es noch. Das für sie wichtigste wurde schon vor längerer Zeit erledigt und würde sein Ziel schon bald erreichen. Seit ihren nächtlichen Albträumen, wechselte das stete Gefühl von Furcht, Wahnsinn, Erschöpfung und zerrte spürbar an ihren Kräften. Es war eine unerbittliche Prüfung der sie sich schon bald stellen würde.
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Alecia Rundhammer





 Beitrag Verfasst am: 09 Mai 2022 10:33    Titel:
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Der Mensch ist ein eigenartiges Geschöpf. All sein Handeln ist motiviert aus Verlangen, sein Charakter geschmiedet aus Schmerz. So sehr er auch versucht den Schmerz zu verdrängen, das Verlangen zu unterdrücken, so wenig kann er sich doch frei machen von der ewigen Knechtschaft seiner Gefühle.


Ein schwieriges Unterfangen. Die ausgezeichnete Idee dahinter von einem wachen Geist erdacht. Doch die Erschöpfung steht ihr ins Gesicht geschrieben. Sie wirkt gealtert und schwach, was ihre Schönheit nicht zerstört aber sie schlichtweg müde und schwächlich wirken lässt. Manchmal sind die Dinge eben wie sie sind, Wege führen zueinander und trennen sich wieder, Verluste müssen weggesteckt werden, auch wenn sie schmerzhafter sind als der Körper, gefühlt, für jenen Moment ertragen kann. Der Körper übersteht es, der Körper macht weiter, er funktioniert.
Daher ist es wichtig eben jene Hülle zu pflegen, ist diese abgenutzt und verbraucht, fehlt jener, fehlt uns jenes Meisterwerk der Schöpfung und wir müssen unnötige Zeit verplempern um diesen Körper wiederherzustellen. Unnötiger Kraftaufwand welchen man sich sparen kann, Zeit die wir uns schenken können.
Waghalsig, waghalsig ihr Vorhaben. Gefährlich und es bleibt nur die Hoffnung, dass alles hält und nichts schief geht. Es könnte einen hohen Preis kosten.

Doch alles kostet und nichts im Leben ist ein reines Geschenk. Für jedes Geschenk, für jede Gabe, für alles Leben und erwachen, für allen Tod….gibt es das was gegenüber steht, als wäre es ein Pfand oder eine Leihgabe welches im umgekehrten Blickwinkel gleichsam wohl auch wieder die Gabe selbst ist.

So ist es stets im Leben, alle Aktionen erhalten eine Reaktion.

Es gibt Momente im Leben, da muss man verstehen, dass die Entscheidungen, die man trifft, nicht nur das eigene Schicksal angehen.


Langsam taucht der Leib hinab in den roten Lebenssaft, ihn gänzlich einschließend bis das Becken weder Luftblasen noch Bewegungen inne hat - eine völlige Stille, als würde nichts mehr darin verweilen. Erst nach einigen Atemzügen wird das Haupt sich gemächlich aus der Brühe hinauf bewegen. In sanften Bewegungen rinnt das Blut die Haut hinab und beendet hinab tropfend die kurze Hoffnung der ewigen Freiheit. Noch eine ganze Weile wird sie in dem Bad liegen, die Augen geschlossen und sich stärkend für den Abend welcher folgen wird - jener der vermutlich anstrengend werden würde, denn sie ist alles andere als in der richtigen Verfassung.


Zuletzt bearbeitet von Alecia Rundhammer am 09 Mai 2022 18:40, insgesamt einmal bearbeitet
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 11 Mai 2022 18:50    Titel:
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Kraft… es hatte sehr viel Kraft gekostet. Nicht etwa körperliche Kraft. Nein, nein… es war die geistige Kraft, welche in den letzten Tagen und Wochen an ihr gezerrt und ihr jegliche Energien geraubt hatten. Doch nun, ja nun, konnte das große Unterfangen beginnen. Blut, Knochen, der Kristall, alle Reagenzien, perfekt vorbereitet. Ja, es war waghalsig und auch nicht ungefährlich. Jedoch… sollte die entstehende Waffe eines Gottes würdig sein, was Opferbereitschaft hieß. Eine Waffe für ihren Herren, geschmiedet in den Flammen des ewigen Kreises. Und dieses mal… würde sie mitten in eben jenen verweilen. Mit gemischten Gefühlen begab sie sich in den Kreis. Es war eine gute Entscheidung am Vorabend im Blutbad ihre Kraftreserven auszubessern, auch wenn es noch immer zu wenig war. Ein tiefes Ein- und Ausatmen folgte dem Schnitt, als Victoria die scharfe Klinge etwas tiefer durch ihre Hand zog und das Blut bereits wie ein winziger See ihre Handfläche füllte. Als die Hand sich drehte floss der triefrote Lebenssaft hinab, benetzte die Knochen, den Kristall und vermischte ich mit dem Blut des Dämonen. Die Worte die an Kra‘thor gerichtet wurden, fanden langsam Gehör. Beinahe… das Ritual war beinahe Perfekt. Alles stimmte bisher, bis auf das Opfer. Der Kristall forderte viel.. sehr viel. Deutlich mehr als sie erwartet hatte. Ein leichter Schwindel überkam sie, nachdem sie doch mehr Blut von sich preisgeben musste als gedacht. Am Ende zahlte es sich aber doch noch aus. Denn das Werkzeug das daraus entstand, war wahrlich ein Meisterwerk.

Nachhallend erklang ein leises Kratzen nach dem Ritus, wieder und wieder. Diesmal anders als sonst. Fast schon zärtlich, als würde man ein Messer mit aller Sorgfalt wetzen. Sorge machte sich bei den älteren breit, ehe die Gebete an ihren Herren von einem verhöhnenden, tonlosen Lachen unterbrochen wurden. In Victoria zog sich mit einem mal alles zusammen, denn ihr Gefühl hatte sich bewahrheitet. Sie kam… und wollte einfordern, was sie als ihres zu glauben schien. Beständig segelte sie von der Klippe zu ihnen herab, wobei der Fokus deutlich auf der blonden Dienerin, inmitten des Kreises, lag. Mit einem hatte die Blutfeder recht. Heute würde ihnen.. oder viel mehr ihr, Kra‘thor nicht zur Seite stehen. Sie hatte es sich selbst eingebrockt und gegen die Regeln verstoßen. Nun hatte sie die Konsequenzen zu tragen.

Als das Blutfederchen ihren Bruder angreifen wollte, konnte sie gerade noch und im letzten Augenblick das Sensenblatt zwischen sie bringen. Klirrend stießen ihre Krallen gegen das frisch geschmiedete Metall aus kristallenen Blut. Stark schwingend erhob sich die Bestie in die Luft, brachte so die Luft auf der Plattform zum schwingen und sorgte dafür, dass ihre Geschwister allesamt an den äußersten Rand getrieben, gar gepresst wurden, was zur Folge hatte, dass auch der Bannkreis gesprengt wurde. Gerade als sie sich auf Victoria stürzen wollte, holte sie ein weiteres mal mit der Sense aus, bereit zum finalen Schlag und ließ die Blutrote Klinge niedersausen.
Ein letzter Schwung mit ihrer Blutsense sollte das Ende des Blutfederchens bestimmen, während ihr innerer Pfad ihr die nötige, letzte Kraft gab. Ein heftiger Impuls den ihre Schwestern und Brüder spüren konnten. Knackend und reißend zerteilte sich der Körper und legte den Brustkorb frei, ehe auch schon ein leises zischen von ihr ausging und sich die Gestalt langsam aufzulösen begann.

Den sanften Kratzer, den die schwarz geflügelte Bestie dabei auf ihrem Handrücken hinterließ, spürte sie erst, als sie höhnend und mit ihrem zittrigen Arm auf sie zeigte.

‘‘D… Derrrr…. Leeetttzzzttteee Ttttaaannnnzzz… Herrrrrzzzzcchhheeeen… Ddduuuuu uuuund iiiiccch...‘‘

Mit einem mal flackerte eine eisige Kälte durch die Wunde, als würden winzige Eissplitter durch ihre Gefäße wandern, ganz anders wie bei Brand, der ihr das Siegel auf ihre Seele brannte, arbeitete sich rasant durch ihr innerstes, bis sie es spürte… Ihr Siegel bekam Risse, begann zu bersten und zu brechen. Mit einem lauten Klirren fiel die Sense zu Boden. Die Welt um sie herum begann sich zu drehen, schnell, gewaltig, bis sich schließlich verschiedene Sphären vor ihren Augen überlagerten.
Kälte ummantelte sie wie bei einem Eisbad, wog den zierlichen Körper mit einem sanften Zittern und ein leiser, ironischer, höhnender Laut kam wie ein Flüstern im Wind über ihre Lippen. Sie wusste schon lange welchen Tribut die schwarze Bestie von ihr fordern würde. Und nun… tja, nun hatte sie sich geholt was sie wollte. Dunkelheit legte sich wie eine schwere, erdrückende Decke auf die blondhaarige Rose, raubte ihr jegliche Sinne bis das Zittern schlussendlich aufhörte. Was um sie herum geschah, bekam sie nicht länger mit. Alle Geräusche wurden dumpf, der Körper träge und taub. Die Essenz löste sich langsam auf.

Der Mantel des Todes…

Schwer lastete er auf den eigenen Schultern, wenn er einen erst mal eingeholt hatte und die letzten Körner der inneren Sanduhr langsam durch den Drehpunkt rieselten, als würde die Zeit doch noch für einen oder zwei Herzschläge stehen bleiben.

Der Schlummer legte sich zunächst lastend und mit Eiseskälte auf ihr nieder, ehe sie das Gefühl von Leichtigkeit überkam. Schlaff lag nun ihr Körper da. Das letzte was sie spürte, war ein zarter, sündhafter Kuss, der wie ein tiefroter, schwerer Rotwein das blasse Lippenpaar benetzte.

Langsam öffneten sich die schweren Augenlider und das grelle grün ihrer Augen blickten einem trostlosen Himmel in bläulich, petrolgrün und gräulichen Farben entgegen. Der Himmel hatte etwas nebliges an sich, so wie der Rest ihrer Umgebung. Alles wirkte surreal und doch irgendwie der Realität so nahe. Zumindest schien es sich nicht um die Geisterwelt zu handeln. Tot war sie schon mal nicht. Denn da wo sie noch eben, am höchsten Punkt der Nimmerruh lag, war Victoria nun auf einem Grund von Rosen und Dornenranken gebettet. Die spitzen Stacheln hinterließen überall ihre Spuren und überall stach es auf ihrer milchigen Hülle. Zarte Blutäderchen bahnten sich ihren Weg über ihren Körper und bildeten ein groteskes Mosaik auf der Haut, trennten sich und fanden schließlich an einer anderen Stelle wieder zusammen. Eine seltsame Vorahnung machte sich in dem blonden Gift breit, als sie mit Mühe das Bett aus Dornen verlassen hatte. Alles um sie herum war verwachsen und verwoben von meterhohen Gestrüpp, ragten so weit hinauf, als würden sie den Himmel berühren wollen. Und zwischen all den tief dunklen Grün-, Schwarz- und Grautönen stachen blutrote und dunkle, edel matte, rosa Rosenblüten heraus. Langsam drehte sich die zierliche Gestalt einmal im Kreis, alles in Augenschein nehmend. Es war als hätte die Welt all ihre Farben und ihre Wärme verloren, bis auf die Rosen. Nachdem sie mehrere Stunden, zumindest fühlte es sich danach an, durch die Gänge irrte, bekam sie ein beklemmendes Gefühl und rannte durch den Irrgarten. Eine Sackgasse nach der anderen kreuzten ihren Weg, befremdliche Geräusche scheuchten sie auf wie ein scheues Reh. Hier und da hätte man meinen können, irgendwelche Gestalten huschten nahe an ihr vorbei, streiften ihre Kleidung und blickten sie mit ihren seltsamen Fratzen aus dem Gestrüpp heraus an. Oder waren all das vielleicht doch nur Hirngespinste?

Erst das Krächzen von Raben, welche am Himmel ihre Kreise zogen, hatten ihre Aufmerksamkeit gewonnen und sie von ihrer Umgebung abgelenkt. Wie einem Licht am Ende eines langen Tunnels folgte Victoria ihnen. Am anderen Ende des Weges erkannte sie eine kleine Gestalt, die sich suchend umblickte und ihren Weg fortsetzte. So schnell Victoria auch der Gestalt nacheilte, so schnell war sie auch verschwunden, als sie am Ende des Weges ankam. Die Gestalt war ihr nicht fremd, denn sie trug die Robe ihres Herren. Eine schmale Schleifspur zeugte von einem schweren Gegenstand, den sie hinter sich herzog. Vermutlich war es die Sense der kleinen Schwester. Irgendwann hatte sich die Spur verwischt, ehe sie jemand anderen, am nächsten Wegrand erkennen konnte. Die Statur war groß, männlich und doch nicht zu breit gebaut. Der zarte Nebel verweigerte ihr zu erkennen, um wen es sich handelte. Erneut eilte sie los und wieder war die Gestalt wie vom Erdboden verschluckt. Egal wie schnell sie ihre Füße trugen, sie war nie schnell genug. Einige Wege weiter liefen leise fiepsen Ratten, aus Schatten bestehend, an ihr vorbei, die eindeutig ihrem Bruder, dem Rattenfänger gehörten. Mit langsamen Schritten folgte sie den Ratten die sie durch das seltsam anmutende Labyrinth führten, bis sie schließlich und in weiter Ferne einige, einzelne Bäume erkannte. Ihre Kraft reichte kaum, um wieder loszustürmen. Alles zerrte an ihr und wieder kam Müdigkeit in ihr auf.

Der Wald wirkte noch seltsamer als das Labyrinth, während der Nebel etwas dichter wurde und alle möglichen Geräusche dämpfte, gar verschluckte, falls es hier überhaupt welche gab. Wie die Wege des Irrgartens taten sich schmale und breitere Wege in verstreuter Natur auf, wie das feine Geäst toter Bäume, ähnlich einem Netz aus Adern. Und egal für welchen dieser Pfade man sich entschied… so war es wie im wahren Leben. Niemand würde wissen wohin die Wege führten, wenn man nicht einen von ihnen wählte.
Langsam durchschritt Victoria die Pfade, einen nach den anderen, wich hier und da niedrig hängenden Ästen aus, schob sie beiseite und kam schließlich an einer kleinen Lichtung zum halten. Inmitten dieser Lichtung ragte ein großer, moosbedeckte Fels aus der Erde, auf welcher, erhaben wie eine Königin, eine weibliche Silhouette saß. Ihr Kopf ragte empor zum Himmel, als würde dieser auf einen nicht vorhandenen Vollmond blicken. Tiefrote Schleier schlangen sich nebelhaft wie ein Kleid um ihren Leib, verdeckten ihr Gesicht und ließen nur einige Haarsträhnen, die so schwarz wie Ebenholz waren, herausragen.
Eine wahrhafte Sünde in weiblicher Form. Verruchtes, verführerisches Verlangen strömte aus jeder ihrer Poren, welcher sich nicht einmal Victoria entziehen konnte.

‘Wer… bist du?‘, kam es wie ein zärtliches Hauchen über ihre Lippen, während sich die Umrisse der Frau in ihren intensiv grünen Augen widerspiegelten.

Sanft drehte sich der Kopf, welcher noch immer in Richtung des Himmels gereckt war, Victoria zu. Zu sehen waren nur die vollen, süffisant lächelnden Lippen, welche die Farbe eines tiefen Karminrots trugen.

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Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 11 Mai 2022 18:56, insgesamt 6-mal bearbeitet
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 29 Mai 2022 15:17    Titel:
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-Ein beschwerlicher Weg zur Mutter des Blutes-

Die Zeit, die keine Zeit war, bevor ich ihr begegnete...

Das ganze Leben besteht aus einem schier unendlichen Labyrinth. Man wird geboren und hinein geworfen, in den Irrgarten des eigenen Daseins. Das Leben zieht uns in verworrene Gänge, mal hier, mal dort und immer fern vom Ziel. Man denkt Menschen sind einfach gestrickt, obwohl sie alles andere sind.

Diese Welt war so anders, wie ein Spiegelbild des Lebens… ihrer eigenen, inneren Existenz. Der Kern ihrer Seele. Die Spuren zu ihren Geschwistern waren so schnell verblasst, wie sie kamen. Der Hauch eines Atemzuges hatte dafür gereicht. Jeder Augenblick fühlte sich an, als wären Tage vergangen. Oder war es doch mehr Zeit? Gab es hier überhaupt so etwas wie Zeit? Und wie lange wanderte sie bereits durch die endlosen Flure, dessen Mauern ein groteskes Werk, eine Mischung aus meterhohen Gestrüpp und Weinroten, sowie matt-rosa Rosenknospen und Blüten ergaben? Beim genaueren Hinsehen waren die Blätter in ein tiefes Schwarz, Grau und dunkelgrün getaucht, so farblos, kalt und leer wie ihre Essenz es nun war. Hier gab es weder Sonne noch Mond. Keinen Lichtschimmer, der einen den Weg wies und je tiefer sie sich im eigenen Seelengarten verirrte, desto verworrener wurden die Gänge. Die Schatten und Wesen wurden präsenter, griffen nach ihr, bis sie die Masken zwischen all den Blüten und Blättern erkannte. Ihre Masken… Jede einzelne von ihnen spiegelten ihr innerstes wider. Verborgene Gefühle in unterschiedlichsten Formen. Dornenartige Ranken wanden sich um sie, drohten, sie in sich aufzunehmen, sie zu verschlingen und zogen sie mit sich, hinein, in das eigenwillige, lebendige Mauerwerk.

In einem bodenlosen Meer aus Schwärze sank sie immer weiter in die Tiefe und drohte darin zu ertrinken. Ein Ozean, bestehend aus bröckelnder Fassaden und Stimmen, die ihr Worte aus vergangener Zeit zu wisperten. Stimmen welchen sie sich einst entrissen hatte. Jene aus ihrer alten Heimat. Trotz der Hände, die sie feste auf ihre Ohren presste und der zusammengekniffenen Augen, drangen sie tief in ihr Gehör. Während Victoria im einen Augenblick ihre eigene Kinderstimme vernahm, ein sanftes, unschuldiges Kichern, erklang im nächsten die ihrer Mutter, liebevoll und warm. Sie erinnerte sich… wie sie summend über das goldblond, gelockte Haar streichelte und sie somit zum einschlafen brachte. Ein Gefühl von Frieden überkam sie. Ein Gemisch… aus einem trügerischen Schein und falscher Wärme. Darunter mischte sich, leise und doch energisch die Klangfarbe ihrer einzigen Freundin durch das lockende Gewirr. Es war, als konnte sie spüren, wie Daphne ihre Finger sanft auf ihre Wangen legte.

‘‘Mein armes Kind… Lass dich nicht von deiner Furcht verzerren. Vertraue auf das was dir am wichtigsten ist. Vertraue vor allen dir selbst… nur dir allein und der Stimme deines Herren. Denn am Ende bleibst nur du dir die nächste. So war es schon immer und so wird es immer sein. Vertraue… seiner Herrlichkeit.‘‘

So hart und schmerzhaft ihre Worte auch waren, so stechend bohrten sie sich in sie hinein. Am Ende blieb nur sie sich am nächsten. Allein und verborgen in den Schatten ihrer selbst. Umgeben von Masken, die sich beständig an ihr laben und verbergen würden, was niemand je wieder zu Gesicht bekommen sollte. Eine herrische Stimme, ihrer ähnlich und doch ganz anders, wisperte ihr drohend und mit einer endgültigen Entschlossenheit, welche für weitere Risse in ihrem Sein sorgten, zu.

‘‘Bald schon… mein liebstes Kind, wirst du mein Opfer sein. Mein Blut, welches in deinen Adern fließt wird alsbald zu mir zurückfinden. Eine genährte Hülle, gesättigt und bereit mir all seine Macht zu meiner Lobpreisung zu übergeben. Nicht mehr lange… wird es dauern, bis du in deinem eigenen Lebenssaft baden wirst und ich mich daran laben und ergötzen werde. Denn ich werde es sein die vor Macht überquillt.‘‘

Langsam entfernte sich die Stimme mit einem hellen, vor freudigen Lachen. Und doch war es am Ende die eine Stimmfarbe, die alles in ihr zerbrach.

‘‘Doch nun.. ist es mir gleich.‘‘

Nicht mehr als ein Hauchen, ein Funken, zart wie eine Feder, die ein gesamtes Steinwerk zu Fall brachte. Ja, nun war es gleich. Denn es waren einzig die Masken die ihr letzten Endes geblieben waren. Sie spendeten ihr Trost, immer dann, wenn sie sich wieder einsam fühlte. Ein kleiner Funken vertrieb das lockende Stimmengewirr um sie herum, während eine Vielzahl von schwarzen Federn zu ihr herab segelten. Rabenfedern…
Wie das leuchten eines dunklen, blutroten Sternes, wies ihr das kleine Lichtlein einen Weg. Etwas oder jemand rief nach ihr. Diesmal war es keine Stimme, sondern glich viel mehr einem undefinierbaren Gespür das sie nicht zuordnen konnte. Aus irgendeinem Grund wusste Victoria, dass sie diesem Gefühl folgen musste. Langsam versuchte sie nach dem Funken zu greifen und streckte ihre Finger dem Blutroten Licht entgegen, bis es schließlich ihren Körper umschlang und sich in Form von Rosenbüschen um sie herum manifestierte.

Zarte, spitze Stachel bohrten sich in ihre Haut und bildeten ein neues, frisches Mosaik auf der blassen Haut, als sie sich den Griffen der Dornen entriss. Der Weg war ihr Fremd, ein Zeichen, dass sie an einer anderen Stelle des Irrgartens heraus kam. Erneut begann die Suche nach dem was sie gerufen hatte. Zeit spielte hier keinerlei Rolle, denn nichts zeugte von irgendeiner ihrer Formen. Es gab nichts was ihr helfen würde zu finden was die Dienerin suchte, außer das seltsame Gefühl, welches sie durch die unzähligen Gänge trieb. Einzig ein zaghaftes Irrlicht, in einer bekannten und doch fremden Farbe, einem auffälligen Violett, verdrängte die Dunkelheit und führte sie in kleinen Stücken durch die Gänge, in Form von Blüten. Wie auch bei ihren Geschwistern, fühlte es sich nach einem Hauch von Zeit an, ehe es wieder verschwand und irgendwann wieder auftauchte, nur um sie in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ein Wegekreuz teilte den Boden in viele Richtungen. Doch nur einer dieser Wege endete an einem finsteren Waldrand. Ihr innerstes zog sie förmlich dahin, als der Ruf in ihr immer lauter wurde, während das zarte Violett wieder erschien und ihr eine völlig andere Richtung zeigte. Langsam ging sie auf die Blüten zu, schloss ihre giftgrünen Augen, neigte ihr Haupt und hauchte ihr mit den Karminrot getränkten Lippen einen sanften Kuss auf. Eine einzelne, letzte Träne benetzte die seidigen Blütenblätter, ehe sie diesen leise zu wisperte.

‘‘Dies… ist nicht mein Weg und vielleicht ist es auch ein Abschied. Doch sei dir gewiss, dass du immer ein Teil meines Daseins bleibst und ich selbst über den Tot hinaus, mit unserer Heiligkeit über dich wache. Denn unsere Verbindung war weitaus mehr. Wisse, dass es meine eigene Entscheidung war, diesen Weg zu gehen.‘‘

Einige Herzschläge noch ließ sie die Nähe zum kleinen Irrlicht zu, ehe sie sich abwandte und den langen Gang zum Waldessrand beschritt. In dieser Nacht würden ihre Schwestern und Brüder ihren Funken spüren, vielleicht auch einen kleinen Einblick erhalten. Wenn sie schon nicht wusste, was in dem Wald auf sie lauerte, wollte sie wenigstens nicht ganz ohne Abschied gehen. Jedoch war nur -Er- es der ein letztes mal ihre Lippen auf seinen und die einzelne Träne auf seiner Wange spüren würde. Vielleicht war es auch nicht mehr als eine Wahrnehmung oder Vorahnung über das was nun kam.

Mein Traum warst du an allen Tagen.
Mein Glück, das mir die Hand hin hielt.
Nur Schönes war dir nachzusagen.
Du schenktest mir eine heile Welt.

Dein Rückenwind verlieh mir Flügel.
Du kanntest den Weg durchs Labyrinth.
Die Dummheit hieltest du straff am Zügel,
wagtest sie sich vor zum nächsten Sprint.

Mein Rabe warst du, keine Frage.
Mein Weggefährte durch die Zeit.
Bekannt war dir der Ernst der Lage
und meine Mittelmäßigkeit.

-----------------------------------------------------------------------------------------

(Nachhall aus der letzten Story)

Der Wald wirkte noch seltsamer als das Labyrinth, während der Nebel etwas dichter wurde und alle möglichen Geräusche dämpfte, gar verschluckte, falls es hier überhaupt welche gab. Wie die Wege des Irrgartens taten sich schmale und breitere Wege in verstreuter Natur auf, wie das feine Geäst toter Bäume, ähnlich einem Netz aus Adern. Und egal für welchen dieser Pfade man sich entschied… so war es wie im wahren Leben. Niemand würde wissen wohin die Wege führten, wenn man nicht einen von ihnen wählte.
Langsam durchschritt Victoria die Pfade, einen nach den anderen, wich hier und da niedrig hängenden Ästen aus, schob sie beiseite und kam schließlich an einer kleinen Lichtung zum halten. Inmitten dieser Lichtung ragte ein großer, moosbedeckte Fels aus der Erde, auf welcher, erhaben wie eine Königin, eine weibliche Silhouette saß. Ihr Kopf ragte empor zum Himmel, als würde dieser auf einen nicht vorhandenen Vollmond blicken. Tiefrote Schleier schlangen sich nebelhaft wie ein Kleid um ihren Leib, verdeckten ihr Gesicht und ließen nur einige Haarsträhnen, die so schwarz wie Ebenholz waren, herausragen.
Eine wahrhafte Sünde in weiblicher Form. Verruchtes, verführerisches Verlangen strömte aus jeder ihrer Poren, welcher sich nicht einmal Victoria entziehen konnte.

‘Wer… bist du?‘, kam es wie ein zärtliches Hauchen über ihre Lippen, während sich die Umrisse der Frau in ihren intensiv grünen Augen widerspiegelten.

Sanft drehte sich der Kopf, welcher noch immer in Richtung des Himmels gereckt war, Victoria zu. Zu sehen waren nur die vollen, süffisant lächelnden Lippen, welche die Farbe eines tiefen Karminrots trugen.




Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 11 Jun 2022 09:51, insgesamt 9-mal bearbeitet
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 07 Jun 2022 18:22    Titel:
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"Komm, folge mir mein Kind.
Auf der Blüten blut'gem Pfad
wächst in dir der Rosen Saat,
dort in meinem Labyrinth."



Eine Stimme schien vor weit her durch das Heckenlabyrinth zu erklingen und mit jeder Strophe erwachten neue Rosen aus dem unnatürlich intensiven Grün der Scheinwände. Sie allerdings wollten sich nicht in die Farbe der Blätter einreihen, sondern strahlten zumeist in intensiven, blutroten Farbe.
Nur dann und wann reckte beinahe schüchtern eine zarte, unschuldig rosafarbene Rosenblüte ihr Köpfen aus dem Grün und Rot, um sich der Wöt zu präsentieren. Nicht ohne Grund, ganz und gar nicht ohne Grund.

"Die Farbe der Verführung erwacht
und lockt so zärtlich mit süßem Duft
strömt er durch meiner Welten Luft
denn du allein hast sie mitgebracht."


Jubilierte die Stimme weiter und statt dem Zwielicht tauchte der Tag das Labyrinth in neue Farben. So viel deutlicher und klarer zeichnete sich die Umgebung ab und offenbarte sich der verlorenen Wanderin. Stufen wanden sich vor ihren Füßen herab und hielten doch nur wieder auf einen neuen, breiten Block an Heckenwänden und duftenden Rosen zu. Doch inmitten dieser letzten Etappe stand ein Schloß, wie aus einem Märchenbuch gestohlen und in diese Welt zwischen Schlaf und Tod gebannt. Es erschien auf einmal so deutlich, dass dort die Antwort auf sie warten würden. Die Antwort auf die Frage, ob es weitergehen würde oder... nicht?

"Entscheidungen fallen in meinem Heim
ob bei mir bleiben, ob sterben und leben
Macht und Pfade kann ich dir geben
doch diese Entscheidung triffst du nur allein."


Langsam setzten sich die Schritte in Bewegung.
Wieso spielte sie nun ein neues Spiel?
Würde es wirklich eines der Letzten sein?
Eine Mutter, die keine war, wartete draußen, weit fern von diesem Ort und hoffte auf das Blut der eigenen Tochter, wollte es ihr rauben und sich auf ewig verjüngen. Eine Entität, die mehr Mutter war als das, was sie bisher kannte wiederum reicherte ihr Blut an, mit neuer, ungewohnter Kraft und bot einen Pfad der Ausbildung, den sie bisher noch nicht entdeckt hatte.
Im Grunde musste die Wahl einfach sein und doch zögerte sie, denn sie verstand, dass die blutrote Schönheit vor allem eines damit von ihr erwartete:

Einen Pakt, einen Blutsband und dieser wäre endgültig.

"So komm mein Kind, trete an meinen Thron.
Du kannst dem Urteil nicht ewig fliehen,
musst deine Geschwister mit einbeziehen
denn glaube mir, sie warten schon."


Das wiederum musste sie ihr nicht sagen...
... sie hörte ihre Geschwister bis hierher, in die Welt zwischen Schlaf und Tod hinein.
Es war an der Zeit, das Schloss zu betreten.

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Pademian Maurier





 Beitrag Verfasst am: 11 Jun 2022 23:17    Titel:
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Traumtänzer

„Teile deinem Herzen mit, dass die Angst zu leiden schlimmer ist als das Leiden selbst. Und kein Herz hat jemals gelitten, wenn es auf der Suche nach seinem Traum war.“ (Paulo Coelho)

Tanzende Schatten, sich im flackernden Licht der Kerzen wie grotesk verlängerte Körper bewegend, wabernden über die Wände im Inneren des Kellers, der sich, von der Nimmerruh ausgehend, in den Untergrund zog. Eine greifbare Dunkelheit lauerte in den Augenwinkeln, immer gerade ein Zwinkern entfernt und doch nie so nah um danach zu greifen. Die Furcht aber, die man erwarten hätte können, spürte der Dunkelhaarige nicht. Das, was ihn hier umgab, war wenn auch in verstörenden Art und Weise ein Freund, Familie, etwas, das er schon sehr lange nicht gekannt hatte nachdem seine Mutter verstorben war.

Brüder…einige von ihnen so tief mit der schwarzen Nacht verwoben, das er ihren Wegen niemals würde folgen können, aber gerade das einte sie so sehr…jeder für sich ganz eigen, unterschiedlich bis ins Mark und doch eine Gemeinschaft.

Schwestern…eine davon ihm fern, ihre Kerze erloschen und doch lebendig, aus den Fängen des Raben entkommen.

Pad seufzte leise und besah das Spiel der Schatten noch eine Weile lang, hob die Hand um den eigenen zu einem Teil von ihnen werden zu lassen und doch gab es etwas, das ihn nicht zufrieden stellte.

Eine aus dem Reigen lag, wie die schlafende Prinzessin aus dem Märchen in ihrer Mitte und kein Kuss der Welt vermochte sie zu wecken. Nun wäre er mit Sicherheit der falsche Märchenprinz gewesen um seine Lippen auf die ihren zu drücken, das wusste er. Egal wie sehr er sie schätze, sein Herz blieb vergeben, hoffnungslos und doch endgültig. Das Schloss hinter einem Wall aus Dornen war nicht mehr als ein schlichtes hölzernes Bett mit sauberer Wäsche, die sie im Wechsel aufzogen, die Schwester wuschen und doch blieb sie wie eine Puppe, der man mitten im Tanz die Schnüre durchschnitten hatte, gefallen in der Bewegung und gefangen. Er erinnerte sich an das letzte Mal, als er eine der Dienerinnen im tiefen Schlummer hatte liegen sehen doch damals war es anders gewesen. Er hatte ihre Hand gehalten als der Traum sie umfing, er hatte gewacht, wie ein Faden der auch durch die tiefste Schwärze aus Traum und Realität den Weg hinaus ins Licht des Tages wies.

Die neben ihm Liegende aber hatte dieses Glück nicht genossen. Stattdessen war der Schlaf, der Weg in den Traum hinein, der Einzige gewesen um ihr Leben zu bewahren und das schmeckte ihm so ganz und gar nicht. Es war eine Sache, mit einem der Herolde zu verhandeln, die Worte zu den lockenden Flötentönen werden zu lassen aber eine andere, wenn es nicht um das eigene Schicksal ging. Hatte er das Richtige getan das Wesen aus allen Nuancen Rot, die man sich nur hatte vorstellen können, in die Richtung eines Handels zu locken? War es in ihrem Interesse gewesen, auf dem Boden liegend, der schmale Grad zwischen Leben und Tod wie die Schneide eines besonders gut geschärften Messers unter ihren Füßen? Pademian zweifelte nicht, sie leben sehen zu wollen aber das, was in ihrem Kopf nun vor sich ging konnte er nicht beeinflussen, er konnte nicht einfach die Flöte nehmen und…

Wie Schuppen fiel es ihm von den rauchgrauen Augen und er stieß sich auf, um im Nebenraum nach seinem Rucksack zu suchen. Die Flöte, er hatte sie sicher bei sich und auch wenn es bisher keine war, die er hatte weihen können, so würde sie für den heutigen Abend, so hoffte er, ihren Zweck erfüllen. Schlicht und aus einem dunklen Holz, in das er vorsichtig einige einander überlappende Linien geschnitzt hatte, lag das Instrument auf dem Grund seines Beutels, verheißungsvoll flüsternd und doch stumm. Sie wartete auf ihn, auf seinen Atem um zum Leben zu erwachen.

Einen kurzen Moment betrachtete er sie, den langen schlanken Körper, die asymmetrischen Löcher und das Mundstück, bei dem ihm ein Barde geholfen hatte bis auch alles recht saß, dann griff er danach und zog sie ins Kerzenlicht. Die tanzenden Schatten waberten und aus ihnen heraus schälte sich ein bedeutend kleinerer, unscheinbarer, der sich mit flinken Sprüngen von der zweidimensionalen Wand in den Raum hinein wand und ihn umrundete. Ungeduldig wie ein Hund und doch viel zu winzig.

Pademian streckte die freie Hand nach dem Wesen aus und begierig huschte der Schatten an seinem Arm hinauf um sich im Stoff seiner weiten Tunika einzurollen. Erst dann wendete er sich um und trat neben seine schlafende Schwester. Es musste doch mit den Dämonen zugehen, wenn er dem Herold nicht zumindest ein kleines Schnippchen schlagen konnte, gerade so viel um nicht respektlos zu sein aber genug, um der Rosentochter ein Lichtlein für den Rückweg anzuzünden.

„So wie nicht jeder träumt, der schläft, so schläft auch nicht jeder der träumt.“ (Georg Christoph Lichtenberg)

Pademian ließ sich neben dem Bett in die Hocke sinken, lehnte den Rücken an die kühle Wand und schloss die Augen. So vergingen Minuten in denen er ganz in sich hinein lauschte, das Gefühl des Momentes kurz vorm Einschlafen suchend, denn es würde wohl nicht ausreichen nur zu spielen, aber folgen, das wusste er, konnte er nicht. Die Scharlachrote würde ihn dafür bestrafen und er war sich sicher das zimperlich nicht ihrem Stil entsprach.

Er hob die Flöte an die Lippen und spürte, wie die Schattenratte sich an seiner Brust regte als wüsste sie nur zu genau was er versuchen wollte. Der erste Atemzug, der ins Innere des Instrumentes drang weckte es mit einem zittrigen Gähnen aus seinem Schlummer doch schon die nächsten Töne näherten sich dem ureigenen Gesang des Flötenspieles an. Nun konnte man dem Rattenfänger sicher unterstellen, das nicht viel von einem Barden in ihm steckte und doch hatte er in den letzten Monaten seit seiner ersten Übungsstunde bei Kordeleon dazugelernt. Die Melodie, die seine Finger entlockten war leise aber einnehmend, ein einfaches Lied, das Schäfer ihren Tieren auf den Wiesen vorspielten um sie zum Heimweg einzusammeln und doch, das musste man ihm lassen, komplex genug um angenehm im Ohr zu hängen. Die Ohren des kleinen Schattens stellten sich auf und der kleine Kopf begann zu pendeln als lauschte nun auch er innig dem Spiel seines Meisters.

Tiefer und tiefer ließ er sich in die Trance sinken, dachte an all die Träume, in denen er sich schon hatte fallen lassen und spielte verschiedene Variationen des Hirtenliedes, die einander jagten, mal in rascher Tonabfolge, mal langsam und behäbig, als wollten die Tiere einen Berg besteigen. „Komm…komm,“ schienen die Noten zu flüstern, tauchten in seinen Gedanken ein und vielleicht würden zumindest einige sich zu einem Band verknüpfen, dass er dem Dornenkind als Seil zuwerfen konnte, als Brotkrumen den Weg hinaus aus dem Dunkel säumen und ihr die rechte Richtung weisen.

Einen Moment lang war er wach und träumend zugleich denn er spürte noch, wie sich das Holz der Flöte unter den Fingerspitzen anfühlte während es doch schon Bilder der Vergangenheit waren, die er vor seinem inneren Auge sah.

Dann sank er in einen tiefen Traum, die Flöte rutsche aus seinen Fingern und für einen Atemzug schien es fast, als spielte sie noch einige Töne, auch nachdem sein Atem sie längst verlassen hatte. Pademian aber träumte und vielleicht hatte der Herr der Raben ein kurzes Einsehen mit ihm, denn dort, im Land das wir nur im Schlaf betreten, spürte er etwas. Das Gefühl von Dornen, den Geschmack von Blättern, den Duft lieblicher Blüten und die alles umhüllende Farbe Rot fingen ihn ein. Traurigkeit und eine Berührung die ihn an den Abschied von seiner Mutter, an den zuletzt liegenden Abschied von einem ihm so lieb gewordenen Wesen erinnerte, legten sich wie ein bleierner Hauch über ihn und er schluckte, unfähig sich dagegen zu wehren.

Sie wusch über ihn und wieder spürte er den letzten Kuss, das Gefühl von warmer Haut an seiner, helle blonde Haare die sich mit seinen Dunklen mischten. Vielleicht kein Abschied für immer, aber einer den er hinauszögern musste wenn ihm die andere Person so wichtig war.

Lange driftete er in seinem Teich aus Erinnerung, Traum und Schmerz, als sich die Dornen in seine Haut bohrten bis ein neuer Duft seine Nase streifte. In das tiefe Rot mischte sich ein sanfterer Ton, ein Rosa, manchmal mit weißen Schlieren aber immer dem Rot näher wickelte sich um seine Hand und zog, zog ihn aus seiner Tristesse.

„Rosentochter…?“

Er spürte einen Funken von ihr, wie die Wesen in der Grabkammer, die immer nur im Augenwinkel verborgen lauerten und doch wusste er dass sie etwas von ihm erreicht hatte.

„Ich weiß, das Leben ist manchmal hart und schmerzhaft und wir reißen uns an den Scherben, die den Boden bilden, die Fußsohlen auf, aber ‘s ist doch auch wert all das auszuhalten für das was wir zurückbekommen. Vergiss das nie Rosentochter“

Nicht mehr als ein Gedanke, nie ausgesprochen driftete von ihm in das Gebilde aus Träumen hinein und vielleicht…vielleicht würde auch sie ihn wahrnehmen, das Gefühl erkennen.

„Wir brauchen dich noch etwas länger Schwester…komm zurück!“

Noch einige Momente, die nur ein Atemzug oder auch Stunden hätten sein können verharrte er dort an der Grenze des Traumes, ehe er in einen traumlosen Schlaf hinüberging aus dem er am nächsten Morgen in zerknitterten Sachen und auf dem kalten unbequemen Boden der Grabkammer erwachte. Die Flöte aber lag noch immer zu seinen Füßen und er würde liebevoll mit den Fingern über ihr Holz streichen. Eine weitere gute Tat die sie ihm getan hatte. Es war Zeit sie zu weihen.

„Der Traum ist der beste Beweis dafür, dass wir nicht so fest in unsere Haut eingeschlossen sind, als es scheint.“ (Friedrich Hebbel)
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 18 Jun 2022 10:12    Titel:
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Es war das erste mal, dass die junge Rosentochter die sanften Strahlen der Sonne in dieser sonst eher tristen, nebligen Welt begrüßte. Zierlich schien das Licht durch die lückenhaften, lindgrünen Blätter der Bäume, welche sich meterhoch vor dem Schlosseingang erstreckten. Und doch fehlte dieser Welt jegliche Wärme welche die Sonne für gewöhnlich mit sich brachte. Ihre Schritte trieben sie mit Vorsicht voran, bis sie schließlich unter einem großen, mit Efeu bewachsenen Torbogen stand und ihr Augenpaar die blutrote Noblesse deutlicher in Augenschein nehmen konnte. Die Quelle des trügerischen Tages durchbrach die glaslosen Fenster in den Gemäuern und lies den Schleier um ihren anmutigen Körper in allen Tönen aus Rot erstrahlen, welche ineinander übergingen, sich vermischten und letztendlich eine Einheit bildeten. Hier stand sie nun… die Verlorene, Suchende der Rufenden gegenüber. Noch immer das scharlachrote Lächeln auf den Lippen…

Es ist vielleicht nicht die einfachste Entscheidung, auf seine Gefühle zu hören,
aber es ist immer die ehrlichste.


Wenn man etwas als Dienerin im Namen seiner Herrlichkeit lernte, dann dass alles einen Preis hatte. Jede Münze besaß stets zwei Seiten, jedes Gewicht benötigte ein Gegengewicht, um im Gleichgewicht bleiben zu können. Und so verhielt es sich auch mit den Herolden. Niemand gab etwas, ohne dafür einen gleichwertigen Gegenwert zu verlangen. Der Herold in Rot, die Mutter des Blutes und der Pakte empfing die junge Rose mit Wohlwollen. Es war ein seltsames Gefühl dem sie sich nicht entziehen konnte, während sie sich auf dem Treppenansatz seitlich vom Thron niederließ und ihren verlockenden Worten lauschte. Eine Bindung wollte sie, ein Band auf ewig, durch das tiefe Rot verlaufend, welches durch ihre Adern floss. Ausbilden wollte die rote Schönheit die Rabendienerin, sie fördern und ihr neue, unbekannte Wege eröffnen. Im Austausch für all das gab es eine einzige Begierde von Seiten der Scharlachroten – sich das junge Röslein zur Tochter zu nehmen. Victoria kannte die Bindung zwischen Mutter und Tochter nicht. All jene Erinnerungen die sie noch an eine ruhige und friedliche Kindheit besaß waren nicht mehr als verschwommene Bilder eines tiefschwarzen Traumes, dessen Kern einen bitteren Beigeschmack voller Schmerz und Trauer hinterlassen hatte. So surreal diese Welt auch war fühlte sie sich doch nach Heimat an, der Anker zum roten Herold tiefer als das selbe Blut von Mutter und Tochter. Es war keine einfache Entscheidung und was hatte die junge Rose noch zu verlieren? Die Auswahl war zudem eher schmächtig, sich im Schleier der roten Mutter säumen oder sich fallen lassen, in die so sehr ersehnte Umarmung des Todes? Würde sie ihr wirklich so viel zusprechen, nur um selbst eine Tochter zu erhalten? Etwas tobte wild und schrie tief in Victoria, als wolle es nach etwas oder jemanden greifen das so unnahbar geworden war und einen Schmerz hinterließ, der einem bodenlosen Abgrund glich. Leben oder sterben… Die Entscheidung lag allein bei der jungen Dienerin. Ihre Schwestern und Brüder riefen nach ihr, ihr Gegenüber hinterließ einen neuen Keim in ihrer Seele, welcher eines Tages zur Rose erblühen sollte. Sanft wurde sie vom Schleier der neuen Mutter umgarnt, in eine Umarmung gezogen die ihren Körper neu einhüllte, ein Band welches sie nun für immer einte. Es war ein seltsam berauschendes Gefühl das Blut in den eigenen Adern pulsieren und das Herz schlagen zu spüren, während der Körper doch so weit entfernt lag, kein Teil mehr von einem war und im tiefen Scheinschlaf in den Gefilden des Herren ruhte. Eine neue Kraft nistete in ihr, würde mit der Zeit wachsen und gedeihen.

Weder Zeit, noch Tag und Nacht herrschten in diesem Milieu, nicht mehr als die Illusion von Licht und Dunkelheit wahrten den Schein der Zwischenwelt. Immer wieder fragte sie sich wie lange sie wohl schon hier war, sich stets verlaufen hatte, bis sie zum Herzen der Irrgänge fand, mal ganz abgesehen vom Versuch ihrer Schwestern und Brüder sie zu finden und ihr den Weg zu weisen. Der Blick aus einen der Fensternischen machte der Rabendienerin erst bewusst, dass sie im wahrsten Sinne durch einen reinen Irrgarten gewandert war. Es würde keinen Ausweg geben der irgendwann sein Ende fand. Eventuell ein Schalk der roten? Wer wusste schon was in den Köpfen der Herolde so umher geisterte. Fest stand, dass sie gefangen war in diesen Gefilden, selbst wenn sie jemals wieder zurück finden wollte. Ein leises Seufzen drang über ihre Lippen ehe Victoria sich dazu entschloss durch die Gänge des Heckengartens zu wandern, ohne den Weg der Roten zu kreuzen.

Während sie ihre Füße über die unterschiedlichsten Pfade getragen hatten, sich erneut die dichte Wand aus Nebel und dem finsteren Firmament über dem Röslein erstreckte, lauschte sie dem Flüstern der Flöte und dem sanften Irrlicht, welche sie frohlockend zu sich riefen. Die Klänge und Farben der Diener… ihrer Schwestern, ihrer Brüder. Dem Tot war sie entronnen und doch blieb der Schmerz, der auch weiterhin an ihr zerrte, bis er sie eines Tages verschlingen, sie gänzlich zerbrechen würde. Man hatte der jungen Dienerin die Entscheidung abgenommen. Aber wie hätte sie selbst an Ihrer Stelle reagiert? Hätte sie genauso gehandelt? Es war noch längst nicht an der Zeit sich für eine Rückkehr zu entscheiden, wenn überhaupt. Hier war nun ihr Heim in einer ruhigen Idylle, so trügerisch sie auch war. Vielleicht würde sie hier irgendwann ihren Frieden finden, im Schleier der Scharlachroten Mutter…

Zwischen all den sanften, lockenden Tönen und dem violetten Blütenmeer, welches sich zwischen die Tiefroten und Rosa Rosenblüten mischte, da ragte sich ihr eine kleine Knospe ganz energisch und herausstechend entgegen. Ihr Muster war von Weißen Schlieren durchzogen, schillerten weich und zartfühlend trotz des fehlenden Lichtes und luden dazu ein sie sich zu nehmen. Die Finger langten nach der seidig weichen Blüte, hinab zum Stiel, ehe ein stechender Schmerz Victorias Finger durchzog. Eine Tautropfen große, Rubinrote Perle bildete sich auf ihrer Fingerkuppe, bis sie schließlich auf Wanderschaft ging, den Finger hinablief und träge auf den Blütenkopf tropfte. Mit einem mal raschelte es leise als das Blut vom fluoreszierenden Blütenansatz gierend aufgenommen wurde, die Ranken in Bewegung kamen. Die Blüte wuchs, wurde größer, überragte sogar all ihre Mitstreiter und entfaltete sich anschließend in neuer Form, nur um sich ihr anbietend zu präsentieren. Am Ende war es eine Maske die ihr changierend entgegen blickte, geschmiedet aus samtenen Blüten und Dornen. Rosa und Rot hatten sich vermischt und ergaben nun eine Einheit. Hauchzarte Reliefe im Rot ihres eigenen Blutes zeichneten die Grenzen zwischen Blüten und Dornen ab, die sich über das ganze Werk erstreckten. Der noch leicht schmerzende Finger fuhr die Konturen der Maske nach, die sich wie Seide unter ihrer Haut anfühlten.

Jemanden zu lieben ist keine Entscheidung, die wir willentlich treffen.
Nichts, wobei Vernunft oder Verstand mitreden könnten.
Es ist die Seele, die wählt. Das Einzige, was wir bewusst entscheiden, ist ob und wie wir dem Ruf
folgen. Die Liebe selbst… ist da. So oder so…
Versteckt hinter einem schützenden Wall aus Rosen und Dornenranken


Gefangen in einem Käfig aus Knochen, Fleisch und Blut, wild gegen das Gitter aus Gerippe schlagend, ruhte nun das Herz einsam und bedeckt von einem dunklen Schleier aus Kälte und Finsternis, welcher verbergen würde was nicht an die Oberfläche gelangen durfte. Sanft wie eine Feder und doch so zerbrechlich wie hauchdünnes Glas, galt es nun das zu schützen was einen am Leben hielt, bis die letzte Aufgabe erledigt war.

Nur heute, nur hier und jetzt, dieses eine mal würde sie den Schmerz noch zulassen, sich ihm hingeben, für sich allein und in Einsamkeit inmitten des Labyrinthes. Hier wo sie niemand sehen und hören konnte, bis auf ihre neu erlangte Mutter und jene die nach ihr suchten und sie riefen. Beide Hände umgriffen sanft den Rand der Maske, welche etwas beruhigendes ausstrahlte und ihr das Gefühl von Schutz und Geborgenheit gab. Kaum dass sie in ihren Händen lag, regte sich etwas im Gefüge der lebendigen Hecken, schlang sich um den zierlichen Körper und verschlang diesen förmlich. Umnachtet von einer verzehrenden Schwärze versank das Dornenkind in einem bodenlosen Meer zahlreicher Facetten ihrer Selbst, ließ sich fallen, tiefer und tiefer, ein letztes mal noch im Traum. Nur noch dieses eine mal gab sie sich ihren Gefühlen hin, um sie anschließend hinter dem knöchernen Gitter einzusperren und hinter dem Schutz der Rosenmaske zu verbergen.



Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 23 Jun 2022 05:54, insgesamt 5-mal bearbeitet
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