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Kupfer und Garn
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 02 Jul 2022 18:06    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Die Luft stand still und stickig unter dem giebelförmigen Dach der Hütte, in welche die Tryantschwestern eingezogen waren. Sie hatten ihre Felllager auf dem Dachboden aufgeschlagen und in jeden Traum hinein begleitete sie der Duft des frisch bearbeiteten Holzes, jener entrindeten Stämme, die Emba mit ein paar helfenden Händen zu Trennwänden hochgezogen hatte. Harzig, aromatisch. Dazwischen die leicht muffigen Gerüche der ausgeräucherten Felle – die ja keine Wanzen und Läuse in die Schlafstätten tragen sollten. Schweiß, verbrauchte Atemluft, die süße Vertrautheit der Haut eigenen Düften ihrer Schwestern, die sie schon ihren Lebtag lang begleiteten. Und Sicherheit versprachen. Es beruhigte Ylvi insbesondere in den tiefsten, dunkelsten Stunden, wenn sie dem Schlaf entrissen wurde etwas um sich zu spüren, das ihr vertraut vorkam, von allen Sinnen berührt, und ihr trunkener Geist zäh und langsam Wirklichkeit und Traum unterscheiden konnte. Denn in der Finsternis sollte sich niemand allein auf seine Augen verlassen.
Hin und wieder träumte Ylvi von der einige Wochen zurückliegenden Fahrt, als der Clan der Sturmheuler zur Drachenjagd aufgebrochen war und ihr Langboot durch die stürmische Gischt und die Launenhaftigkeit der Elemente segelte. Wie kräftezehrend es für die junge Thyrin war, die Stunden am Ruder, die Kälte und Nässe in ihrem Nacken, unter ihrer Kleidung, von Salz aufgeplatzte Lippen, Schmerzen in den Knochen. Der Wille aber war stets stark gewesen, nie vergessen die Indoktrinierung über die Zähigkeit eines Thyren und insbesondere die Standhaftigkeit eines sich immer zu beweisenden Tryant. Das Gefühl von einer das Herz zum Rasen bringender, stürmischer Lebendigkeit, einem Feuer in den Adern, ging jedoch Hand in Hand mit dem eiskalten Schrecken, der Ylvi dann einholte, wenn sie im Schlafe in der Welt der Geister wandelte, bar und schutzlos, rein. Sie träumte nicht vom Leben, sie träumte nicht vom Sterben. Sie träumte vom Nicht-Sterben und Nicht-Leben. Der Untot hing wie ein dunkler Schatten über ihren seltenen Albträumen. Er roch nach Verwesung, nach Verdammnis. Die auf der Kante des Seins wandelnden Drachen, jene monströsen Geschöpfe widernatürlicher Ausgeburt, auf Ewigkeit gestraft, kreisten in den dunkelsten, leisesten Träumen über Ylvis Haupt, so wie sie es taten, als sie das segelnde Schiff aus dem Sturm heraus angegriffen hatten. Fahle Hautlappen, die um beinahe skelettierte Leiber waberten, leere, zornige, verdorbene Augen. Ledrige, zerrissene Flügel und gelbliche zu faulen beginnende Zähne und Krallen blitzten matt durch schattige, silberne Schlieren: Dem Odem des Todes.
Ylvis Angst davor zu sterben hatte sich seit dieser erlebten Grausamkeit ein wenig mehr verflüchtigt – gab es doch eine Sache mehr zu fürchten als das Sterben: Es nicht tun zu können.


Ihre Träume vergaß sie oftmals nach wenigen Momenten.
Aber nicht die Enttäuschung auf der Insel kein intaktes Drachenei gefunden zu haben.


Zuletzt bearbeitet von Ylvi Tryant am 02 Jul 2022 18:17, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 24 Sep 2022 09:49    Titel: Re: Kupfer und Garn
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_______Teil I_______



Die sogenannten Schwestern und Brüder in braunen Roben, im Geist der Natur und Ordnung verbundene und Verbündete der Schamanen. Sie alle kamen an diesem Abend unter dem Ruf Ulfur Wulfazsons zusammen. Grausige Geschichten wurden kundgetan. Von Wäldern, in denen das Chaos und Unheil eingezogen war. Von blutigen, roten Bäumen, die mit Grausamkeit getränkt in den Himmel ragten. Tiere, die sonst zur Flucht angehalten waren, waren vom Wahn getrieben und lechzten nach blutigen Kämpfen. Schon einmal, zu alten Zeiten, als eine rote Hexe für Tod und Verderben einstand, ward ein Clan aus den nördlich angrenzenden Wäldern vertrieben worden. Die Hinrahs hatten ihren Fort eingebüßt. Und nun standen sie wieder hier. In der Dunkelheit. Im Regen, der ein Kleid aus Rinnsalen über die Geisterrufer und die Schwerter ergoss.
Ylvi versuchte der Ansprache zu folgen, doch viele Worte wurden in der großen Ansammlung an Thyren und Verbündeten verschluckt. Ein Menhir, an den Geister gebunden werden mussten. Soviel verstand sie.

Als die Aufträge hinausgerufen wurden war Ylvi so töricht und unaufmerksam nicht richtig zuzuhören. Sie hörte nur: wachen und ausrufen, wenn etwas geschieht. Das klang einfach, ungefährlich und da sich sonst keiner meldete ging sie davon aus es wäre eine langweilige Pflicht, die für ein Schwert unattraktiv sei. Und so verstand sie natürlich den Aufruhr nicht, den sie mit ihrer ersten, enthusiastischen Meldung auslöste. Nun hatte sie sich offenbar zum Sterben gemeldet und es schien ihr, als wäre jede weitere Meldung aus den Reihen der Schwerter nun mehr dazu nützlich ihr Ende hinauszuzögern. Aegir - der als erstes mit an ihre Seite trat - schimpfte sie leise aus, doch ihr klägliches Bitten um Hilfe tat er mit der Weisheit beiseite, dass sie nun auch für ihre Entscheidung die Konsequenz zu tragen hätte.

Sie sollte nicht wachen. Sie sollte die Kreaturen von den Schamanen fernhalten. Die richtige Aufgabe für eine Tryant!

Also zogen sie mit zwei Schwertern und zwei Bögen in den eisigen Norden. Dort, wo der Schnee allzeit mit kalter Faust die Natur einschloss. Unheilvolle, widerliche Kreaturen, Weichtiere aus Blut und Unheil, krochen rote Spuren nach sich ziehend über die weiß getünchten Wiesen und kahlen Sträucher. Es entflammten Kämpfe zwischen den Hölzern, wild, eisern, unterlegt mit dem Grollen der Krieger, dem rumorenden Berserker. Und wie solche zogen vor allem die Schwerter ihre Schneisen durch die Feinde. Das Blut spritzte wallartig zu allen Seiten und dampfte heiß glühend in der Kälte, Aegir und Hakon badeten regelrecht Bärte und Rüstungen im roten Regen. Die Schützen - Jorvik der Verfluchte und Ylvi die kleine Wölfin – leisteten Beinarbeit, umkreisten die blutigen Ausgeburten und hielten sie unentwegt unter Beschuss. Ylvi hörte meist nur noch ihr Blut in den Ohren rauschen und ihr Herz gegen den Brustkorb donnern. Überleben. Kämpfen. Alles andere wurde ausgeblendet, selbst die Schmerzen.
Ohne das Hinzustoßen des Jarls, der sich durch die Gedärme der Blutmaden schnitt, wäre die Grenze vielleicht irgendwann gefallen.


Denn plötzlich brach das Chaos aus.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 24 Sep 2022 13:55    Titel: Re: Kupfer und Garn
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_______Teil II_______



In einem Giftrausch weiteten sich die Pupillen zu schwarzen Schluchten und das Schlachtfeld wurde zu einer Hölle der Formen, Geräusche und Halluzinationen. Bilder verzerrten sich, Geräusche bohrten sich wahnhaft kreischend in ihren Schädel. Ylvi suchte nach Aegir. Denn immer, wenn sie ihn irgendwo zwischen den grauen Baumstämmen ausmachte, wähnte sie sich in diesem Getümmel einen Ankerpunkt. Doch sie fand ihn nicht. Sie fand auch Hakon nicht, der vermutlich mit tobenden Wolf in sich rasend sein Schwert bis zum Schaft in einen Wanst stieß. Der Jarl... wo war der Jarl? Ylvi rannte und stolperte keuchend durch das Schlachtfeld bis sie schreiend auf ihre Knie zusammenbrach. Aus Reflex kauernd warf sie einen Arm über ihren Kopf, als sie glaubte, eine mit Klauen behaftete Drachenschwinge wollte ihr den Schädel vom Hals reißen.

Dann war der Spuk vorbei und benommen erkannte sie eine ledrig gerüstete Hand, die sie auf die Beine zog. Jorvik, der gleich darauf einen weiteren Pfeil aus seinem Köcher zog und im Laufschritt zurück zur Schlacht kehrte. Denn es gab keine Flucht. Würden sie die Stellung nicht halten, würde die blutige Armee über die Schamanen herfallen oder sogar die Grenze zum Dorf überwinden.
Eine Weile stand Ylvi atemlos am Wegesrand und die regennasse Luft schnitt ihr eisig kalt durch die Lungen, wie etliche scharfe, zirkulierende Messer. Als würde sie langsam aus ihrem bebenden Körper hinaustreten wurde alles dumpf um sie herum. Leichenteile auf einem roten Bett.
Der gesamte Schnee war blutig durchtränkt und schimmerte wie unheilvolle Rubine. Ein würgendes Geräusch hallte durch den Wald und eine fast zwei Mann hohe Kreatur drückte halb verdaute Eingeweide, verwesende Knochen und Gliedmaßen, als auch Schädel mit restlichen, haarigen Hautfetzen mit einem Schwall Galle in Richtung der Thyren.

Das alles konnte kein wahres Szenario sein. Nur ein Albtraum. Ein... grauenhafter, perverser Albtraum.

Der Regen nahm zu, die Wolkendecke verdichtete sich. Dicke, kalte Tropfen fielen herab die Ylvi dazu zwangen zu blinzeln und saubere Spuren durch ihr blutig rot angemaltes Gesicht zeichneten. „Kämpfe, Tryanttochter. Kämpfe.“
Die Stimme der Ahnen weckte sie aus ihrer Trance und sie stürzte sich zurück in die Wälder, in welche ihre Brüder und sie die Gefahr zurückdrängten.

Der Kampf dauerte Stunden. Aber sie hielten durch, bis die Verstärkung heraneilte. Knarzende Stiefel im blutig roten Schnee, orange glühende Fackeln, Rufe und Kampfgebrüll. Doch für Ylvi wurde es bald finster, als sie den größten der dunklen Kreaturen stürzen sah. Mit dem Donnern und Gleißen an der himmlischen Gewitterfront endete ihr Kampf. Sie würde erst verwundet in der Medizinhütte wieder zu sich kommen.


Doch sie wusste, sie hatte gut gekämpft.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 27 Okt 2022 20:21    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Es war ein milder Abend im goldenen Herbst, der sich farbenreich über das Dorf ausbreitete. Die Wochen vor Samhain waren eine fruchtbare Zeit für die Ernte und eine gute Zeit für die Weihe des Hofes, den Alainn wohlverdient bezogen hatte. Alle waren sie stolz auf ihre große Schwester, mit welcher Ordnung, Beharrlichkeit und Ruhe sie diese imense Aufgabe einen Hof zu leiten zu stemmen vermochte. Und das mit den Schwestern im Nacken, die sich bei ihr einquartiert hatten.
Einige Clanner waren gekommen und auch Brüder aus den Wäldern, aus dem Hain. Einer verwickelte Ylvi gar in ein Gespräch, als ihr eigentlich zu keinem zumute gewesen war. Sie war müde und erschöpft von der Last der Arbeit, die mit den Vorbereitungen des Winterlagers einhergingen. Raija fehlte ihr. Die Räume waren einsam, die Aufträge zu viele und die Finger wurden wund und das Lachen etwas matter. Vielleicht lag es daran, dass auch ihr Herz etwas Kummer litt - doch wenn sie ihm nicht nachging, glaubte sie, würde er auch nicht wachsen und ihren Stolz nicht zu sehr berühren.

Die Gesellschaft auf dem Hof aber war eine willkommene Ablenkung und ein Grund zur Freude. Liebevoll hatte Emba ein Zierrad geschnitzt, an dem reichlich Opfergaben befestigt wurden. Und der Schamane, welcher zusammen mit Greta die Hofweihe durchführte, war vom Blut der Tryants auf einem Hof der Tryants. Etwas, was der Clan sich wahrlich mit Stolz erarbeitet hat.

Das Ritual mochte jemanden, der diese Kultur nicht kannte, befremdlich vorkommen, doch Ylvi selbst war der Kreis aus roter Erde, die einen markanten Eisengeruch trug, vertraut. So wie der Akt, als eine Kuh in die Mitte dieses Zirkels geführt wurde, während der von Greta geführte Takt von klaren, hellen Schellen das Ereignis sanft und freundlich begleitete. Freudvoll, ohne die Idee einer Bedrohung. Svartr rief die Geister an, die Herren der Elemente und Himmelsrichtungen und stellte ihnen Alainn vor, die von den Winden selbst mit einem warmen, verspielten Blättertanz begrüßt wurde. Ein Reigen, der sie eine ganze Weile noch erwartungsvoll und mystisch umtanzen würde. Die Geister hatten geantwortet, waren bereit der Hofhand zuzuhören, die da wacker sich wappnend die Schultern begradigte und im Wissen um diese besondere Situation und Ehre nach anfänglichen Holpern stolz und sicher die Stimme erhob und um Fruchtbarkeit für ihren Hof bat. Da Ylvi jedoch die meiste Zeit im Rücken ihrer Schwester stand, sah sie nicht sobald, dass sich auf Alainns Haut vor Aufregung rote Flecken bildeten, wie schon damals zu Zeiten, als eine andere Insel ihre Heimat war.

"Es muss vergehen, dass etwas neues entsteht" - sprach Svartr mit rauchiger Stimme und reichte einen Ritualdolch in die Hände der Bäuerin. Geopfert wurde die Kuh, die unter Alainn geweidet hatte, Kälbchen gebahr und Milch für das Rudel gegeben hatte. Liebevoll vorbereitet, am Hals beruhigend gestreichelt, mit leisen Worten begleitet, ehe das Tier sein Schicksal und seinen Zweck erfüllen sollte. Heiß pulsierend drang das Blut aus der Hauptschlagader des Weidetiers und ergoß sich dampfend auf dem Erdreich und in eine Holzschale. Der Schellentanz erstarb. Es wurde andächtig, es wurde leise.
Die tanzenden Blätter rieselten kraftlos zu Boden und von der Realität der Zeit gelöst war es jedem Augenpaar möglich ihnen beim Welken und Vergehen zuzusehen. Die Kraft ihres Seins floss in den Boden, der hungrig und durstig das Leben in sich aufsog.

Das aufgefangene Blut verteilte Greta an das Feld, das Rad und an Alainn. Die Verbindung zwischen Bittender, der Gabe und dem Geschenk.


Jeder neue Anfang braucht zuvor ein Ende.


Zuletzt bearbeitet von Ylvi Tryant am 27 Okt 2022 20:25, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 23 Jan 2023 17:22    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Teil I




Es war eine simple Nachricht, die Ylvi ohne ausführende Erläuterung am Hof ihrer Schwester zugestellt wurde. Eine Holztafel, in die wenige, auf das nötigste reduzierte Schriftrunen eingeritzt wurden: Eine Einladung in den heiligen Hain.

Auch wenn Worten nicht immer zu viele Nuancen zugeschrieben werden sollten, so löste die Einladung in ihr kein Unwohl aus, keine Nervosität, wie sie es manchmal erfasste, wähnte sie sich einer Schelte. Und so vermochte die junge Skjorte aus dem Clan der Tryant mit einem leichten Herzen durch die Efeu überwucherte Steinpforte zu treten, als bereits das dunkle Tuch der Nacht sich über den Wald und die Küste erstreckte. Ylvi durchbrach als die letzte des erwählten Kreises die Schleier der späten Stunde und setzte sich mit möglichst geringen Aufhebens in die Runde um das Feuer. Die gelehrigen Schamanen lauschten bereits dem Klang des Ahnenrufers und zwischen ihnen saßen jene, die für den Schutz des Rudels zur Waffe griffen. Doch was sollte Ylvi hier? Unweigerlich versuchte sie sich einzusortieren und rückte enger an Oona heran, mit der leise Worte zu wechseln ihr etwas Vertrautes geworden war. Und langsam dämmerte auch der Rothaarigen, weshalb sie in die Runde gebeten worden war. Sie war hier, um zu lernen. Um die Bedeutung und Wirksamkeit der Runen zu erfahren.

Im Besinnen dieser Erkenntnis flatterte es erstmals in ihrer Brust und ein Lächeln kräuselte sich über ihre Lippen, die rasch eingerollt wurden, um nicht als stupides Zeugnis ihrer Freude zu werden, das alles hier ins Lächerliche zöge.
Nicht jede Skjorte erhielt die Ehre auserwählt zu werden die Ausbildung zur Runenschneiderin anzutreten. Vor allem nicht in so jungen Lebensjahren.

Denn Runen waren nicht gleichzusetzen mit den gewöhnlichen, im Volksmund als Schriftrunen bezeichneten Buchstaben, mit denen Thyren ihren Worten ein lesbares Bild gaben.
Runen waren nach dem, was Ylvi bisher glaubte zu wissen Zeichen, die mit den Elementen, mit der Geisterwelt und mit allem verbunden waren, auf sie wirken konnten, gleich wie unspezifisch es sein mochte. Doch die Kraft der Runen resultierte aus etwas anderem: Der Person, welche die Rune zeichnete.


Und so erfuhr sie vom ersten Aett.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 15 Feb 2023 23:44    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Teil II




Eines lernte Ylvi gewiss an all den Abenden, denen sie den Erzählungen lauschte, die Bedeutungen erfragte und ihre Gedanken mit denen der anderen zusammenführte: Sie wuchs mit ihrem Verständnis für die Bedeutung der Runen. Sie hatte mit ihnen zu wachsen, um ihnen gerecht zu werden.
Jede Rune hatte eine solche Bedeutungstiefe, die nach Verständnis und Erfahrung verlangte, nach klaren Gedanken und mächtigen, zielgerichteten Gefühlen. Denn nur mit dieser Festigkeit würden einst Ylvis Runen auch etwas bewirken können und die junge Thyrin zu mehr machen als lediglich einer Vortäuschenden, einer Gauklerin, die mehr zu sein vorgab als wie wahrlich zu sein vermochte. Sie musste die Bedeutung wahrhaftig fühlen und verstehen, um eine Rune zu schaffen. Aber das war nicht so leicht, wie man meinen würde. Gerade dann nicht, wenn die Wirren der Jugendjahre kaum vergangen waren und viele Fragen des Erwachsenwerdens noch nicht ganz beantwortet wurden. Und vor allem dann nicht, wenn noch so viel Schmerz und Selbstzweifel vorhanden waren.

Manche Runen waren dennoch für Ylvi einfach zu verstehen, wie Fehu, welche viele Facetten von Sicherheit, Respekt, Wärme und Vertrauen kennt. Es war etwas, was das Rudel lebte, jenes Geben und Nehmen zum Wohle aller und der Wunsch gesund und geborgen zu sein. Diese Rune hat eine klare Geschichte, sie eröffnete Ylvi ein deutliches Gefühl. Aber da waren so viele andere Runen, die so diffus erschienen wie etwas, das gepackt und ergriffen werden soll, aber doch nur körperlos durch die Finger schwindet. Wie Kenaz, die Rune der Weitsicht, Wahrheit und Klarheit. Zeichen sehen, die Sicht auf die Welt erleuchten, Verborgenes aufdecken? Immer wenn Ylvi versuchte diese Rune in die Erde zu zeichnen verdrehte sich ihr Magen und unbehagliche Unruhe kroch ihr durch den Nacken. Klarheit und Wahrheit fand sie auf eine andere Weise in Isa und Eihwaz, denn sie waren zum Spiegel für Ylvis Betragen in den letzten Monaten geworden.

Stillstand und das Ende. Innehalten und abwägen.

Ylvis privates, persönliches Leben abseits ihrer Handwerksausübung schien die letzten Monate wie stehengeblieben. Witze wurden reichlich darüber gemacht, dass sie nie den Keller und das Lager verlassen würde. Während andere Stimmen Sorge durchklingen ließen, ob die Skjorte genug schliefe. Aber Ylvi war einfach wie in der Zeit stehen geblieben. Weil sie auf einen Mann gewartet hat, der ihr eine Zukunft versprach und dann nie wieder gekehrte. Und voll Scham und verletztem Stolz fand sie selbst nicht den Weg sich jemanden anzuvertrauen.



Erst das Studieren der Runen hat ihr dies verdeutlicht.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 18 Feb 2023 01:44    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Es war im Hartung. Und wären die Zeiten andere als diese, so würde die Geschichte nun von der Kälte erzählen, vom Schnee und dem eisigen Wind, der das Rudel enger an das Feuer rücken ließe. Aber es waren diese Zeiten, in denen der Winter lau war und Natur ihren nötigen Schlaf nicht bekam. Niemand fror, aber dennoch suchten die Thyren die Nähe zueinander. An diesem Abend war der Anlass der Aufruf von Beron, dem Medizinkerl aus dem Clan der Mandre, der Versprach seine Brüder und Schwestern aus dem Rudel der Sturmheuler an der Tradition seiner alten Heimat teilhaben lassen zu wollen. Und Traditionen wurden stets geehrt und von je ferner sie aus den Landen des eigenen Volkes kamen, desto interessierten wurden sie betrachtet, verglichen und nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden untersucht.
Beron hatte sich liebevolle Mühe gegeben und jedem Claner einen Beutel befüllt, mit Speisen, Getränken und einem je von Lykka besonders verzierten Saxkniv, der einen Bezug zu ihren neuen Besitzern nahm. Nach der Bewunderung der Schmiedearbeit fiel wohl den meisten die Holztafel in den Blick, welche den Gaben beigelegt war. Beron ließ es nicht unerklärt, so sei es wohl in seiner Heimat, dass man Wünsche für das Rudel oder gar für sich selbst auf das Holz brächte und es schließlich den Flammen hinterließ. So würde der Wunsch an die Ahnen getragen und durch den Prozess des Verbrennens auch sichtbar gemacht werden.
Vornehmlich blieben die Thyren mit dem Verfassen ihrer Wünsche für sich, einige leichtherzig und gut gelaunt, andere nachdenklich und in sich gekehrt. Vielleicht auch jemand leicht beschämt und darauf bedacht, dass kein Sitznachbar auf die Schriftrunen oder grob geschnitzten Zeichnungen spickte. Die junge Schneiderin wählte kein Bild, doch Worte. Worte, die da in ihrem Kopf kreisten, seit der Jarl und die Stimme ihr zusprachen noch Großes von Ylvi zu erwarten.

„Ich möchte den Mut finden an das zu glauben,
was andere in mir sehen,
damit ich für das Rudel sein kann,
was es sich wünscht.“


Vielleicht würde sie es einst schaffen, irgendwann.


Zuletzt bearbeitet von Ylvi Tryant am 18 Feb 2023 01:47, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Aegir Mandre





 Beitrag Verfasst am: 04 März 2023 16:38    Titel:
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Während sie ihn großherzig genannt hatte, hat er sie mit Angst verglichen. Wie kann es sein, dass ein zurückhaltender und dermaßen in sich gekehrter Thyre, dem man nachsagte, dass er überlegt handelte, in so kurzer Zeit Leid über die Frau brachte, die er sorgsam behandeln wollte.

“Weil eyn dämlicher Trollkopf in dey steckt, Aegir Aaronson,” dachte sich der Krieger.

Seine Haare trug er im Morgengrauen offen, so dass goldene Ranken Rinnsale auf seinen Schultern und Oberarmen bildeten. Er ging der Beschäftigung nach, die er bisher keinem anderen Rudelmitglied kommuniziert hatte: Er saß erneut an einem Boot für Eley. Ein Boot, das seine Gedanken und viele Fragen über das Meer zu der Halle der Ahnen tragen sollte. Das letzte Mal hatte er eins losgeschickt, als es ihm wesentlich schlechter ging. Der Fluch war gegeben und zog ihn in ein tiefes, schwarzes Loch, dessen Grund er nicht erkennen konnte. Das Rudel hat ihn damals gemeinsam festgehalten, auf dass er nicht abstürzt. Diesmal konnte er das Rudel nicht um Hilfe fragen und es gab nur eine Person, mit der er darüber sprechen konnte: Die Skjorte mit dem kupferroten Schopf, deren Blick einzufangen jeden Tag eine kleine Herausforderung darstellte.

“Dey musst offener mit ihr palavern und doch darauf achten, dass dey auf ihre Gefühle aufpasst.”

Allerdings musste er sich auch selbst darauf vorbereiten, ihr den Wunsch zu erfüllen, den sie an ihn gerichtet hatte. Er fühlte ohnehin, dass es langsam überfällig wurde. Im Speziellen ihr gegenüber, aber auch dem ganzen Rudel und den innigeren Freunden, die er darunter gefunden hatte.

Die Zeugen vom gestrigen Abend waren immer noch die Sandkörner, die sich stur zwischen seinen Zehen festhielten. Davon würde er sicherlich noch in einigen Wochenläufen, welche vorfinden. Er hatte mit diesem kurzen Ausflug sowohl Svala, als auch sich selbst einen Gefallen getan. Ab und an brauchte man den Abstand, um dann wieder zu dem zurückzufinden, was wichtig und wesentlich im Leben eines Thyren, eines Schwertes, eines Clanners ist.


Was würde er dem Boot dieses Mal auf die Reise mitgeben?

Vermutlich, dass...

...Ylvi seit Monden bereits in seinem Kopf herumspukt und er jetzt Gewissheit hat, dass es andersrum genauso ist. Er weiß, dass er sie sieht.

...Alev und Hlif sein Herz erobert haben, als wären sie die eigenen Welpen.

...Alva inzwischen verdient hat Antworten für Fragen zu erhalten, die sie ihm nie gestellt hat, die aber dennoch im Zwielicht ihrer Augen verborgen liegen.

...Beron wahrscheinlich mehr mit ihm zu tun hat als mit jedem anderen Clanner.

...Bjark ein echter Trollkopf ist, aber sie sich auf der Ebene verstehen.
“Auf den Kerl kannst’ dey verlassen.”

...Brytta ihn mit ihrer bloßen Anwesenheit beruhigt. Vor allem, wenn er sie mit ihrem Bogen im eigenen Rücken weiß.

...Hekja ihm einen verdammt robusten und furchteinflößenden Helm gefertigt hat, der der Handwerkskunst der Mandre wahrlich würdig ist.

...der Rydder bei der Ausbildung zum Anundr keinerlei Rücksicht nimmt. Er wird für jeden gebrochenen Knochen und vergossenen Blutstropfen dankbar sein, der ihn auf diesem Weg begleitet.

...er Ulfur wünscht, dass sein Streben erfüllt wird und er die gemeinsame Hatz und die Gespräche vermissen wird.
“Scheyßkerl haut einfach ab.”

...Svala nicht mehr nur Clanner für ihn ist, sondern auch Freundin und Vertraute.

“Mey habe lange nuad mehr mit euch palavert, meyne Wölfe. Trotzdem denke mey jeden Tag an euch und die Worte des Ahnenwelpen haben meyne Brust mit Freude erfüllt.”

“Eley und Yuna geben dey ihren Segen, Kerl...!”

Mit diesen Gedanken erhob sich das Clansschwert und stapfte mit dem Boot in der Hand zum Ufer, das das Tor zum Meer darstellte. Die Sonne hatte den Horizont bereits hinter sich gelassen und kündigte den Tag an, der voller geschäftigem Treiben für alle Clanner bereitstand. Der hölzerne Bote wurde auf der Wasseroberfläche abgesetzt und mit einem Schnipser mutig hinausgeschickt.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 17 Okt 2023 12:38    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Es war warm in der Thinghalle, beinahe stickig. Das Feuer prasselte hitzig in der Mitte des großen, aus Holzstämmen hochgezogenen Gebäudes, dessen Eingang von den Schilden und Farben der Clane geziert wurde. Die Versammlungshalle erschien heute in weiteren, herbstlichen und reichen Farben. Im Auftrag der Geisterwächterin Svala Wikrah war Ylvi als Oberste Hand des Dorfes damit beauftragt gewesen alles für das Disablot herzurichten und auch den Ort für die tief verwurzelte Feierlichkeit zu wählen. Die ausgewählte Dekoration unter dem schützenden Dach der Thinghalle schien Anklang zu finden, Behaglichkeit in die dunkler und kälter werdende Zeit zu bringen. Disblot fügte sich wie viele Festlichkeiten in den Kreislauf der Jahreszeiten ein, in das Rad der Zeit, war daher nicht an einen Tag, sondern vielmehr an einen Zeitpunkt gebunden. Zu Disablot feierte das Volk derer, die mit ihren Ahnen und der Geisterwelt um sich herum eng verbunden waren, das Ende der Erntezeit. Viele Wochen wurden die Äcker bestellt, die Ernten eingeholt, die Obstbäume gepflückt, Nüsse und Eicheln gesammelt. Es wurde gehatzt, geschlachtet, gegerbt. Es wurde gekocht, geräuchert und haltbar gemacht, was für den Winter gebraucht werden würde. Und alles davon war eine harte und gemeinsame Arbeit des ganzen Dorfes gewesen. So sollte auch dieser Abend begangen werden: Mit einer großen Festtafel, von der jeder sich bedienen solle, geteilte Speisen, geteilter Trunk. Statt eines großen, umständlichen Rituals entschied sich Svala vom Clan der Wikrah für kleine, aber inhaltsreiche Gesten des Dankes und brachte eine Schale mit Erde aus dem Hain der Thyren mit. Nacheinander vergruben die Festbesucher ihre Finger in die Erdschale und ließen die Erde zurück rieseln, begleitet von Worten darüber, wem oder was der eigene Dank gebühre.
Die Claner dankten für die neu gefundene Heimat, für die Stärke des Rudels, für persönliche Änderungen ihres Weges, für die gegenseitige Fürsorge und Versorgung. Sie dankten für ihren Platz und die Sicherheit, die sie in und durch die Gemeinschaft erhielten.
Auch Ylvi fand Worte des Dankes für das, was das Rudel ihr gab. Und dafür, dass es nun einen Mann in ihrem Leben gab, mit dem sie durch den ersten Segen verbunden war. Aegir Aaronson, ein Schwert aus dem Clan der Mandre. Der einäugige Eiswolf, der zum Ende des Festes nach Abschluss seiner Nachtwache noch in die Thinghalle einkehrte, mit ihr trank, feierte und im Wettstreit Kastanien in Schalen warf.


Diese Zeit der Leichtigkeit hatten sie sich verdient.
Sie alle.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 10 Nov 2023 12:15    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Nach dem Disablot war die Zeit der Hatz gekommen, welche seit Generationen die Jäger der Thyren in den Wochen vor Samhain in die Herbstwälder trieb. Wildschweine und Wild waren das primäre Ziel der teilweise über Tage andauernden Reisen in die Landschaft des Nordens. Auch dieses Jahr zog das Rudel aus, dieses Mal nicht nach Kronwalden, sondern weiter nach Osten an die Küste, wo einige Hirsche und Hirschkühe ihre Wiesen und Wege zu Wasserstellen gefunden hatten. Thorlov ließ hierfür über die Stimme des Nordens, Alva, die Erlaubnis einholen und er selbst baute mit zwei weiteren Begleitern das Lager auf. Es brauchte dort nicht viel. Ein Feuer, eine Kochstelle. Ein leichtes Dach mit Windschutz zur Küstenseite und trockene Plätze, um die Häute zu lagern. Stangen, zum Häuten der Hasen und zum Aushängen der Vögel. Zwei Nächte schlief auch Ylvi unter ihnen, kam aber erst nach der ersten großen Jagd hinzu. Denn der erste Hirsch, dieser war etwas Besonderes. Über ein halbes Dutzend Thyren setzten ihm nach und verschafften ihm ein würdiges Ende, das mit Dankbarkeit und schamanistischen Ritualen geehrt wurde. Der Kopf mit dem prächtigen Geweih sollte seinen Platz, so war es vorgesehen, noch in diesem Jahr in der Thinghalle finden, auf dass der Hirsch das Rudel bei seinen Beratungen beobachten und an seine Würde und Kraft erinnern würde. Svala verkochte das Fleisch des Hirsches zur Versorgung der Jagdgemeinschaft. Doch war es mehr als nur die Hatz selbst. Das Rudel erinnerte sich daran, dass die Lehre ein wichtiger Bestandteil ist und erzählte sich gegenseitig aus dem eigenen Erfahrungsschatz. Ylvi berichtete von den Weisungen, die sie in ihrem Geburtsdorf über die Orientierung im Wald erhielt und Skjarlav unter anderem, wo man Spuren von Tieren findet und wie man sie verfolgt und deuten kann, wie Tiere ihre Gebiete markieren. Die Idee, wie Raubtiere die eigenen Grenzen mit einem Wall aus Kot zu bauen, kam hier natürlich von Ylvis Kerl. Dabei wurde getrunken, gelacht, gestaunt, sich aufgewärmt, gedankt und den Ahnen und Geistern Ehre erbracht.


Nach harten, kalten Tagen in der Unerbittlichkeit der Natur
brachten sie stolz Fleisch, Pelz und Leder ins Dorf. Der Winter kann nahen.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 10 Nov 2023 12:30    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Teil I




Die Fertigung ihres Runenstücks war etwas, was sie nun ein Jahr in Gedanken und geduldigen Taten begleitete. Denn es war nichts, was mit Eile und Hast getan werden sollte und auch nicht vollbracht werden konnte. Das Material, mit welchem die Skjorte arbeitete, unterwarf sich dem Kreis des Jahres. Denn von der Faser des Tuches bis zum Farbstoff aus Wurzeln und Kräutern kannte all dies seinen eigenen Zeitpunkt im Zyklus der Jahresgezeiten. Die Saat streute sich im Frühjahr, die Ernte aber mochte sich bis in den späten Herbst ziehen.
Als erstes aber musste eine Idee reifen, ein Gedanke, der so greifbar und wahrhaftig zu sein vermochte, dass aus ihm manifestierte Kraft zu wachsen fähig wäre. Die Idee war der Wunsch, dem Dorf einen Segen zu schenken. Noch damals in Ylvis ersten Wochen in Sturmouve, hörte sie das scherzhafte und gleichzeitig auch bitter unterlegte Raunen darüber, dass es über Jahre kein Handfasting und keinen Nachwuchs gegeben habe, dass in dieser unsteten, gefährlichen Region dieser von Kriegen zerfressenen Insel keine Bindungen lang und tief genug zu gedeihen vermochten, um vom Segen der Vereinigung beseelt zu werden. Trygve und Alva war der erste Schritt gelungen, etwas daran zu ändern. Ylvi wollte einen weiteren vollbringen und es lag nahe: Sie entstammte einem Heim, das erfüllt war von Kindern, mehr als es an zwei Händen abzuzählen waren. Es sollte der Wunsch nach Welpen sein, der Segen der Fruchtbarkeit, den sie durch ihr erstes Runenstück den Clanern vermachen wollte. Zukunft. Eine Zukunft, die sie sich im Rausch ihrer eigenen Gefühle gerade auch für sich vorzustellen vermochte.

So hatte sie nun also, während der Flachs auf den Feldern heranwuchs, einige Monate Zeit sich auf die Runen zu fokussieren. Es musste mehr als eine Rune sein, um eine solch hohe Bitte und Wirkung zu erzeugen. Der Schlüssel war, so lernte sie es unter Ulfur, derer drei zu wählen und zur Vollkommenheit der Aspekte des Lebens je eine Rune aus jedem der drei Aetts zu erwählen. Zwei von ihnen sollten die Dualität symbolisieren, die zwei Seiten, die allem innewohnen. Die dritte Rune sollte die Brücke zwischen den Aspekten schlagen.

Und so wird Gebo auf der einen Seite stehen. Die Rune des Geschenkes, der Verbindung und Liebe. Ihm gegenüber wird Halagalz bleiben, die Rune des Neubeginns, der Entstehung des Lebens, aber auch das Zeichen des Schmerzes. Verbunden werden das Geschenk und die gefährliche und schmerzhafte Schöpfung neuen Lebens durch Manaz. Manaz als Zeichen für einen starken Welpen für das Rudel und für den Schutz durch das Rudel. Nicht nur, so wusste es Ylvi, brauchte ein Kind in diesem harschen Leben die Gemeinschaft, sondern auch die Mutter in ihrer Angreifbarkeit.

Sie hatte die Runen bereits mit Urda besprochen und auch ihre Pläne, auf welchem Stück Handwerksarbeit sie ihren Platz finden sollten.


Und so ging nach dem Denken das Handeln weiter.
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Ylvi Tryant





 Beitrag Verfasst am: 19 Nov 2023 21:40    Titel: Re: Kupfer und Garn
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Seit Stunden prasselte der Regen aus der dunklen, grauen Wolkendecke und ließ die Winde, die aus dem Norden und von der Ostküste zwischen den Reetdachhäusern hindurch pfiff, noch eisiger, noch schneidiger erscheinen. Der Herbst, ein ungnädiger Bote.
Gleichwohl einige Wege mit Brettern belegt waren, konnten auch diese nicht mehr verhindern, dass die Sturmheuler des Dorfes vorwiegend durch Matsch wateten. Einige hatte es nach der Ankündigung eines angelegten Langboots im Hafen in die Dorfmitte zum Lagerfeuer gezogen, so auch Aegir und Ylvi. Im Kreise bekannter Gesichter entdeckten sie auch ein fremdes. Das bartlose Antlitz gehörte einem Thyren, der sich als Mortjanwar Holgersson aus dem Clan der Râikons vorstellte. Er sei ein Hagvirkr, ein Titel, über den Ylvi noch nicht viel bis gar nichts gehört hatte. Aber sie kannte auch nur wenige Kreise als den ihrer Geburtsinsel und dem Streifen kostbaren Landes, der sich Sturmouve nannte. Den Beginn des Gespräches hatte das im ersten Segen vereinte Paar versäumt, doch sie erreichten die Runde passend zur Übergabe eines Sackes von der Hand Mortjanwar in die des Jarls. Thorlav kramte all die einzelnen Stücke mindestens so ratlos heraus, wie der Rest der eher stillen Zuschauer. Ein Schlüssel, ein Schwert und ein Ruder lehnten unmittelbar an dem von seinem Hintern belegten Baumstamm. In vertrauter Unaufgeregtheit wagten sich immer mehr Blicke auf diese ominösen Gegenstände.



Und je mehr Augenpaare mit unterschiedlichen Hintergründen
und Blickwinkeln die Teile begutachteten, desto mehr wurde erkannt.
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