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Ruhe in Einsamkeit
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Ruhe in Einsamkeit
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Elaine Ilios





 Beitrag Verfasst am: 09 Jul 2021 20:15    Titel: Ruhe in Einsamkeit
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Wie oft hatte sie in letzter Zeit ihre Haarfarbe gewechselt? Wie oft hatte sie versucht, Anschluss zu finden? Und doch schlugen alle Bemühungen fehl, ihren Alltag lebenswert zu gestalten, Freunde zu finden. Tagein, tagaus saß Elaine einsam in ihrem kleinen Haus des Hafenviertels zu Adoran. Durch die vielen Versuche, ihren Mitmenschen zu gefallen, hatte sie jedes Empfinden für ihre wahre Identität verloren. Eine Maske folgte der nächsten, selten fand sie den Mut, ihr wahres Ich zu zeigen. „Vater hatte Recht“, sprach sie in dieser einen Nacht, als sie Gedanken erneut bis in die späten Stunden der einsetzenden Dunkelheit wachhielten. „Ich bin zu nichts nutze. Ich kann vielleicht viele Dinge, aber nichts von diesen wirklich gut.“ In der Tat beherrschte die Winterfallerin ein paar einfache Akkorde auf der Laute und die Fähigkeit, ebenso simple Lieder zu komponieren, deren Reime nie das Niveau eines geübten Poeten erreichten. Auch im Kampf schlug sie sich mittelmäßig. Die Taverne, die sie vor Kurzem in ihrem Viertel, zusammen mit Jaxx, betrieben hatte, erfreute sich mittelmäßiger Beliebtheit. „Alles mittelmäßig. Nichts gut oder sehr gut. Ich habe die Schnauze einfach voll.“

Als Tochter einer Winterfaller Mutter und eines Aschenfelder Vaters saß die junge Bardin täglich zwischen den Stühlen. Winterfall, ein Herzogtum im hohen Norden, voll winterlicher Landschaften, beherbergte umso hitzköpfigere Bürger. Aschenfeld hingegen war berühmt für seine typische Adelsspießigkeit. Während Elaines Mutter mit ihrer ausgelassenen Art das heiße Temperament der Schneelebenden widerspiegelte, war ihr Vater ganz der perfektionistische Nörgler. Da in Aschenfeld, zurecht, getratscht wurde, dass die Weitergabe des Rittertums oftmals reine Familiensache war, zeigte Elaines alter Herr nicht selten die Zornesröte in seinem faltigen Gesicht. Er verspürte Neid. Um in Aschenfeld Anerkennung zu erhalten, musste man entweder das Glück haben, einer Erbschaft an Rittern anzugehören oder magisch begabt zu sein. Seine Tochter war weder noch. Und das ärgerte ihn. Die fehlende Wertschätzung aus seiner Seite brachte Elaine dazu, wenigstens so militärisch auszusehen, wie die Ritter, die ihr Vater anhimmelte. Also schnitt sie sich die Lockenmähne und formte sie zu einem strengen Toupet. Doch das reichte ihm nicht. „Kannst du nicht einfach erwachen und mich stolz machen“, motzte er sie an. Es war Zeit, die Heimat zu verlassen.

Elaine dachte, auf Gerimor könnte sie ein neues Leben beginnen, endlich so sein, wie sie es immer wollte. Doch die Umstände wiesen die junge Frau immer wieder in ihre Schranken. Bis sie in einer weiteren schlaflosen Nacht einen endgültigen Gedanken fasste: „Ich kann nicht mehr.“ Das Hafenviertel war ohnehin verlassen, doch nachts wirkte der Ort umso gespenstischer. Kein Wachmann drehte dort seine Runden. An einem Steg band sich Elaine das Seil eines schweren Steins um die Hüften, der deutlich wuchtiger war, als sie selbst. Ihr Blick traf die Sterne und Tränen glänzten in ihren Augen. Dann schob sie stöhnend den harten Block ins Gewässer und das Gewicht zog den Leib ruckartig mit. Ein paar Momente kämpfte ihr Überlebensinstinkt gegen den Erstickungstod an, aber sie musste aufgeben, ließ los, bis der leblose Körper in die Tiefe sank. Eine Spur von ihr würde fehlen. Wie sie auf Gerimor angekommen war, fand sie auch den Tod: Einsam.
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Elaine Ilios





 Beitrag Verfasst am: 14 Jul 2021 14:39    Titel:
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Sie stand wieder am Hafen. Der Blick war in die Ferne gerichtet und in den grünen Augen spiegelte sich das Blau des Meeres wider. Allerdings in dunklen Tönen, die das Hoffnungsvolle der typischen, klaren Szenerie vermissen ließen. Der Himmel war stark bewölkt und Gewitterwolken rangen um die Herrschaft übereinander. Hier und da krachte ein Blitz hernieder oder ein Donnergrollen drang durch die erdrückende Atmosphäre. Es regnete. Elaines rote Locken waren durchweicht, hingen ihr ins Gesicht, doch sie zeigte keine Anstalten, sie wegzuwischen. Starr blieb ihr Blick geradeaus gerichtet. Kein Blinzeln erfolgte, nur das automatische Heben und Senken ihres Brustkorbs begleitete die ansonsten wie leblos wirkende, blasse Gestalt. Die leicht geöffneten Lippen fingen Regentropfen auf, zitterten etwas, während sie sich unter ihren Augen mit Tränen vermischten. „Was mache ich hier?“ Eine Frage drang durch ihren Kopf, flüsternd leise. „Du bist alleine, Elaine. Ganz Elaine. Erinnerst du dich? Ich hatte dich gewarnt.“ Prompt erhielt sie eine Antwort. Einem Hauchen gleich. Doch nicht im Ton ihrer eigenen Gedankenstimme. Es war etwas Bekanntes, Unheimliches, Böswilliges.

Scharf zog sie die Luft durch ihren Mund ein und wandte sich herum. Doch sah sie niemanden – nur die eingefallenen Häuser des verlassenen Hafenviertels zwischen den stürmisch niederprasselnden Regentropfen. „Ganz alleine, Elaine.“ Wieder hörte sie das Hauchen, begleitet von einem Kichern der Schadenfreude. Die Lautstärke des kindlichen Lachens ließ langsam nach, wie ein Echo. „Warum bist du wieder hier? Was tust du mit mir?“ Eine Antwort blieb jedoch aus. Nur das Prasseln des Regens erklang. „Und... Überhaupt: Was mache ich denn hier auf dem Steg?“ Elaine sah sich um. Neben ihren Füßen lagen ein großer Stein und ein festes Seil. Sie ging in die Hocke, griff nach diesem und blinzelte nachdenklich. „Es fühlte sich so real an.“ Als sie das raue Material zwischen den Fingerspitzen hielt, blitzte plötzlich die Gestalt einer starr, leblos dreinschauenden, großen Holzpuppe vor ihrem geistigen Auge auf. Sie erschrak, fiel und der Po berührte unter dem nassen Stoff ihres langen Rocks den verregneten Holzboden. Sie hatte diese gruselige Figur schon mal gesehen. Mit aufgerissenen Augen erhob sie sich und lief durch den Matsch des Hafenviertels. Ihre Atmung war schwer, der Regen fühlte sich peitschend und unangenehm kalt auf ihrer Haut an. Im Hintergrund hörte sie die bekannte Stimme wieder, als hätte der Wind sie getragen: „Ganz allein'.“

Völlig verstört erreichte sie die Stadtstube und kurvte in den gemütlichen Kaminraum mit dem Sofa hinein. Auf diesem ließ sie sich nieder, beruhigte ihren Atemrhythmus und schloss die Augen. „Lass' mich in Ruhe. Bitte.“ Auch das Flehen fand keine Antwort, als hätte die puppenhafte Gestalt mit der kindlichen Stimme hinter jeder Ecke wieder auftauchen können. Elaine sah auf ihre Hände, starrte sie an. Sie wusste immer noch nicht, wie sie auf den Steg des Hafenviertels gelangt war. „Ist das gerade real, oder wieder nur ein Traum? Sehe ich meine echten Hände vor mir? Oder wann wache ich endlich auf?“ Passanten Lichtenthals tuschelten hinter vorgehaltener Hand, sahen die junge Frau besorgt an oder reichen ihr eine helfende Hand, auf welche die apathisch wirkende Bardin jedoch nicht reagierte, wie ein Zombie. Den Kopf geneigt, den Blick starr fokussiert, mit dicken, schwarzen Augenringen, die Arme unter der Brust aneinandergelegt, schritt sie durch die Straßen. Sie war wirklich da. Andererseits aber auch nicht.
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