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Ein Fuchs geht um...
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Ein Fuchs geht um...
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Alexander Schwarzfuchs





 Beitrag Verfasst am: 29 März 2021 21:44    Titel: Ein Fuchs geht um...
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Etwas weckte ihn aus dem Schlaf, er war nicht sicher, was es war – vielleicht ein Geräusch. Wieder ein Geräusch. Es klang wie ein Pfeil gefolgt von einem erstickten Schrei. Er setzte sich auf, nur von einer dünnen, dreckigen Decke bedeckt. Jemand brüllte «AUFWACHEN! ALLE AUFWACHEN! WIR WERDEN ANGEGRIFFEN!», es war die Stimme von Max, einem groben, meistens betrunkenen, ekelhaften Mann – er stank ziemlich abartig – aber er war gross, riesig sogar. Warum brüllte Max durchs Lager?

Neben ihm wachte seine kleine Schwester auf, fragte Alex was los sei – der aber war damit beschäftigt aus dem einfachen Zelt rauszuschauen, in dem sie hausten. Sein Vater drängte sich schon an ihm vorbei, zog seinen Eisendegen aus der Scheide, rannte in Richtung des Schreis, aber die Schreie mehrten sich. Mitten im Lager sah Alex plötzlich Flammen an einem der Zelte emporklettern, hungrig wurde der ganze Stoff verspeist, während sein Blick panisch weiterwanderte, ein toter Mann mitten im Lager. Er meinte Egon zu erkennen, einen gutmütigen, alten Greis, der die besten Geschichten in ganz Cantir kannte. Man versorgte ihn hier, damit er Geschichten erzählte und manchmal alte Lieder auspackte. Alex starrte auf die Leiche des Mannes, während immer mehr Schreie zu hören waren und immer mehr Zelte in Flammen aufgingen. Seine Mutter folgte nicht langespäter und rannte aus dem Zelt raus, sah zu Alex zurück. «Pass auf Maria auf, Junge! Verschwindet in den Wald! SOFORT!», schrie sie ihn mit angsterfüllter Stimme an, während ein Pfeilregen das Lager heimsuchte, noch aus dem Augenwinkel sah Alex, wie sein Vater in einiger Entfernung für ihn lautlos zu Boden kippte, ein Pfeil stand aus der Schläfe heraus. Seine Augen weiteten sich, einige Augenblicke lang stand er starr da, während er die Schreie seiner Mutter hörte, die verzweifelt nach ihrem Manne rief. Eine Gestalt in dunkler Rüstung mit rotem Waffenrock drang aus Wald vor und aufsie zu. Alex Herz schlug ihm bis in den Schädel hoch, er packte seine erstarrte Schwester an der Hand und riss sie mit in den Wald. Ein Blick über die Schulter offenbarte ihm, wie ein Schwert seine Mutter niederstreckte – mehr und mehr gerüstete Gestalten mit dem Wappen des Panthers drangen aus den Wäldern, Alex kannte nur eine Richtung – WEG! Er kannte die Gebüsche und kam auch im Dunklen zurecht. Auch der Soldat, der die beiden sah, konnte ihnen nicht schnell genug folgen, zu panisch und flink waren Alex und seine 7-jährige Schwester unterwegs. Maria begann irgendwann verzweifelt nach Luft zu ringen und zu weinen, während Alex noch immer im Schock war und allem voran nur Überleben wollte. Der älteste Trieb, den das Leben kannte, drängte ihn weiterzulaufen, immer weiter, bis die beiden einen alten Stall sahen bei einem umzäunten Feld – die spätherbstlichen Temperaturen nahm er jetzt erst wahr, als sie sich dem Stall näherten, nur mehr leises Wimmern von Maria hörbar, die wie Espenlaub zitterte am ganzen Körper, während er ihre Hand immer noch festhielt, als würde er sie vor dem Abstürzen von einem Felsen retten wollen.

Die folgende Nacht machte er kein Auge zu, seine Atmung blieb schnell, das vereinzelte Muhen der Kühe lenkte ihn kaum ab, die Bilder der Ereignisse drängten sich ihm auf wie die Schläge, die manches Mal im Zelt auf ihn niederprasselten. Sein Körper versteifte sich, während einsame Tränen das Stroh unter ihm benetzten, er spürte, wie seine Schwester fest an ihn gedrängt lag, immer wieder wimmernd, völlig ausser sich – er legt seinen Arm um sie und versuchte sie zu trösten, indem er über ihren Arm streichelte und, wie seine Mutter es manchmal getan hatte, wenn sie einen guten Tag hatte, ihr über den Kopf streichelte. Aber in dieser Nacht vermochte nichts den beiden Trost zu spenden, und ihre Herzen waren mehr noch als durch die Gewalt, die sie selbst erfahren hatten, gepeinigt vom Verlust der einzigen Stabilität, die sie je hatten. Paps und Mama waren tot. Und wahrscheinlich alle, die sie kannten.

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Alexander Schwarzfuchs





 Beitrag Verfasst am: 30 März 2021 20:06    Titel:
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Er kauerte zwischen einigen Kisten am Hafen, der kleine Körper zitterte, die Zähne klapperten, trockener Husten, gerötete Wangen vor Kälte. Starr sah er in die Leere. Sein Blick lag nicht auf dem Meer, das sich bis zum Horizont erstreckte. Er war gefangen in der Erinnerung. Immer wieder flackerten die Flammen des Zeltlagers auf, seit Wochen und Monaten schon, die Flammen brannten sich in ihn hinein und trotz der Kälte brodelte in ihm eine Hitze, die ihn zu verzehren drohte. Er bekam fast keine Luft mehr, die Geräusche der Fischer am Hafen und der Handelstreibenden klangen dumpf, weit entfernt, alles drehte sich um ihn herum, sein Magen schmerzte vor Hunger, er dämmerte weg…

Einige Zeit später wurde er von Sonnenstrahlen geweckt, die ihm direkt ins Gesicht schienen. Er hatte eine Decke über sich gezogen, war nicht erfroren in den kalten Morgenstunden dieses eisigen Wintertages. Schnell hievte er sich auf die Beine, die Decke versteckte er zwischen einem grösseren Fass und Kisten, die herumstanden – und machte sich auf den Weg durch die Hafensiedlung.

Die letzte Zeit hatte ihn viel seiner Substanz und Kraft gekostet, er war schmaler geworden, war ständig müde, obwohl er hungerte hatte er kaum mehr Appetit, immer wieder fuhr er aus der Haut, was ihm so manches Mal Ärger eingebracht hatte, aber er war immer noch verdammt schnell und so geschickt, dass er fast jedem davonkam. Fast jedem.

Einmal hatte ihn ein junger Mann am Kragen gepackt, als er ein Stück Brot stehlen wollte, hatte ihn abgestraft mit Schlägen, aber das war nichts Neues für ihn. Er spürte die Schläge zu Beginn gar nicht mehr, er spürte seinen ganzen Körper nicht mehr in solchen Situationen. Er hatte dem Mann ins Gesicht gespuckt und nach ihm getreten. Der hatte ihn durch die Luft geworfen. Er war gegen eine Steinkante gedonnert. Und blitzschnell war er weg, ein Stück des Brots hatte er immer noch in der Hand, halb zerquetscht, weil er sich so sehr daran klammerte. Und erst, als er in Sicherheit war, pochte der Schmerz an seinen Rippen in einer Intensität, dass ihm fast die Luft wegblieb. Selbst nach drei Wochen noch pulsierte der dumpfe, pochende Schmerz durch seinen Rippenbogen, wenn er sich falsch bewegte oder irgendwo dagegen prallte. Aber auch das war er gewohnt. «Ich will kein Jammern hören, kein Weinen, kein Schreien! Du hast dir die Schläge verdient, also steck sie ein wie ein Mann, du nutzloser Abschaum! » hatte der Anführer des Lagers einmal gesagt, als er einem älteren Jungen seine Schwäche aus dem Leib prügeln wollte.

Alex war gut darin zu überleben. Er hatte schnell gelernt, worauf es ankam. Er passte sich einfach an. Immer wieder fand er neue, warme Plätzchen, beschaffte sich Nahrung, bettelte die richtigen Leute an, die ein weiches Herz und volle Münzbeutel hatten. Er kam irgendwie durch, manche Tage besser, manche schlechter, aber etwas hatte sich geändert. Die Rotröcke waren hinter ihm her, er hatte schon zu viel gestohlen und war schon zu vielen von ihnen gerade noch so davongekommen. Einige kannten sein Gesicht – und auch wenn er versuchte, etwas an seinem Aussehen zu ändern, waren die gar nicht so doof, wie manche von ihnen vielleicht aussahen.

Einmal war er eine Handbreite davon entfernt gewesen, richtig Ärger zu bekommen, als er einem der Rotröcke gerade noch so entwischte, nachdem er auf dem Markt hier und da etwas mitgehen liess. Seither war er vorsichtiger geworden, sah sich noch genauer um. Beim Anblick von Rotröcken stockte ihm aber immer noch der Atem, sein ganzer Körper begann zu schwitzen, seine Ohren pochten, sein Kopf fühlte sich dumpf an, alles wurde eng – meistens rannte er einfach davon, so weit weg wie möglich! Die Flammen züngelten sich in ihm hoch, wann immer er einen von ihnen sah, drohten fast aus ihm herauszubrechen. Dann musste er weit weg, irgendwohin, wo er ganz allein war, wo er atmen konnte, wo niemand ihn bedrängte.

In solchen Momenten spürte er wieder den Griff, den er um den schmalen Arm von Maria gelegt hatte, als sie auf der Flucht waren. Wie er sie so fest hielt, wie er nur konnte, er war der grosse Bruder und musste auf sie aufpassen. Er würde sie nie mehr loslassen!

Jetzt war sie weg. Er war eines Wintermorgens aufgewacht vor etwa einem Mond, sie hatten in einer Gasse zwischen Kisten übernachtet, zwei dicke Decken um sie beide herum geschlungen, eng beieinander, um sich gegenseitig aufzuwärmen – und als er die Augen öffnete, war sie nicht mehr da. Er dachte, sie wäre nicht weit weg und würde vielleicht den Fischern am Meer zusehen oder den anderen Leuten. Er suchte und suchte. Tagelang irrte er durch die grössere Hafensiedlung und suchte an jeder Stelle, die er kannte, an der sie zusammen übernachtet hatten oder sich versteckt – er hatte gut für sie gesorgt, sie hatte jeden Tag etwas zu essen bekommen und er teilte alles mit ihr, was er fand. Mama hatte gesagt, dass er auf sie aufpassen musste.

Danach war alles noch schwieriger für ihn geworden. Er fühlte sich völlig hilflos und allein, eine Woche verging in der er fast den Willen zu leben verlor und einfach nur noch völlig apathisch auf den Horizont hinaus starrte, es ging ihm zunehmend schlechter, ein hartnäckiger Husten hatte sich in seiner Lunge festgesetzt, der seinen Schlaf noch unruhiger machte und seine Träume noch lebhafter. Wie Flammen brannte es in seiner Lunge, doch war es besser diesen Schmerz zu spüren als gar nichts zu spüren.
Denn der Schmerz war ein Lebenszeichen.

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