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Jynela Dhara





 Beitrag Verfasst am: 04 Jan 2021 14:27    Titel: Links oder rechts?
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“Hey, Hauptmann!”, tönte es aus der Gasse hinter ihr und sie konnte schon in dem Ruf ein bekanntes Grinsen hören. Die Meute hatte sich ihre neues Opfer ausgesucht.

Seufzend schloss sie einen Moment die Augen. Den Spitznamen würde sie sicherlich niemals wieder loswerden und langsam machte ihr das ein wenig Sorge. Was wenn es sich weiter verbreitete? In dem Moment zupfte allerdings schon etwas an ihre Weste.

“Was hast du da im Beutel, hm?”, an der Holzwand saßen einige Kinder und richteten ihre Aufmerksamkeit sofort auf sie, die Sprecherin allerdings lehnte vorne an der Ecke, die Hände in die Taschen der viel zu großen Jacke geschoben, die über der zerrissenen Hose mit einem breiten Gürtel gehalten wurde.
Klaras Gesicht war wie immer ein wenig schmutzig, die Haare nur ein wildes Gewirr, das sicher eine Weile keinen Kamm mehr gesehen hatte.
Das Mädchen war etwas dünn für ihr Alter, aber die Augen blitzen einem doch aufmerksam entgegen. Die kleine Meute hinter ihr, bestehend aus 5 weiteren Kindern, hielt sich erstmal im Schatten der Gasse, aber sie kannte jeden einzelnen von ihnen. Sie trugen alle nur Lumpen und die Sachen waren wild durcheinander gewürfelt. Sonderlich sauber war keiner von ihnen und dennoch schien es ihnen einigermaßen gut zu gehen. Seit es nicht einmal mehr das Waisenhaus gab, blieb den Kindern nichts mehr übrig als sich auf der Straße durchzuschlagen. Sie selbst hatte es da noch deutlich besser gehabt und wenigstens immer ein Dach über dem Kopf. Aber die kleine Gruppe schlug sich durch und das nicht zuletzt wegen ihrer Anführerin Klara.

“Wo hast du dich versteckt, Hauptmann? Wir haben dich ne Weile nicht gesehen. Was hast du da?”, das Mädchen konnte die Neugierde nicht ganz aus ihrer Stimme verbannen, auch wenn sie betont gelangweilt da stand. Einigen anderen Gesichtern im Schatten der Gasse sah man den Hunger allerdings sehr viel deutlicher an.

“Ach, nur ein paar Reste. Die Äpfel haben Druckstellen und das Brot ist schon etwas trocken. Aber die Wurst, für die hat es sich gelohnt. UND!”, sie machte eine dramatische kleine Pause und beobachtete doch ein wenig amüsiert wie selbst Klara sich nach vorne lehnte, “Ein paar Kirschen und zwei Orangen.”
Aus den Augenwinkeln konnte sie bereits sehen, wie die Augen der Kinder zu glänzen begannen. Kirschen konnte man sich zur Not wenn man den Mut hatte noch von einem Baum klauen, aber Orangen? Die hatte es wenn überhaupt nur im an Weihnachten im Waisenhaus gegeben. Aber sicher nicht hier auf der Straße.

“Lass uns um den Beutel würfeln, Hauptmann.”, schlug Klara dann natürlich sofort vor und schon spürte sie, wie sie von den Kindern eingekreiselt wurde.
Sie winkte ab: “Puh, Klara im Ernst, das letzte Mal hab ich haushoch verloren. Und da waren Kekse im Beutel. Kekse!”, ihrer Stimme gab sie einen leicht bedauernden Klang.

“Komm schon Hauptmann, seit wann bist du denn feige? Wir haben da noch einen Beutel mit echt guten Federn. Alles gegen deinen Beutel.”, hinter Klara hob einer der Jungs einen Beutel hoch und ließ ihn kurz schwenken.
Nicht einmal ein Sack Federn war soviel wert, wie der Inhalt ihrer Tasche, aber das hatte sie ja bereits vorher gewusst.

“Na gut.”, gab sie dann augenscheinlich nach und schon einen Moment später fand sie sich wie so oft zwischen den Kindern wieder, während Klara schon die Würfel aus der Tasche zog, sie kurz in die Luft warf und wieder auffing. Jedes Mal wenn sie auf der Handfläche des Mädchens landeten, zeigten sich kurz zwei 6en.
Nur wer die Bande kannte, wusste, dass die Würfel gezinkt waren. Aber sie würde sich hüten etwas zu sagen.
Jynela kannte Klara nun schon lange genug und wusste genau, dass sie alle zusammen arbeiteten. So verdienten sie sich das Mindeste, was sie brauchten, um auf der Straße zu überleben. Sie selbst hasste Wohltätigkeit und hatte immer wert darauf gelegt sich durchzuschlagen, es selbst zu schaffen und nicht von anderen abhängig zu sein. Wohltätigkeit war nicht wirklich beständig, aber von der Fingerfertigkeit und dem schlauen Kopf zu leben, war etwas anderes für diese Kinder. Und dann begannen sie zu Spielen. Sie selbst war mittlerweile geschickt genug um auch ab und an zu gewinnen und so fluchte sie am Ende gekonnt, als dann ihr ganzer Beutel in den Händen der jubelnden Kindermeute verschwand und gab sich Mühe dabei nicht zu sehr zu Grinsen.
Ihr Abendessen würde dafür ein wenig rar ausfallen, aber damit kam sie zurecht. Sie aß sowieso immer nur das, was sie ergattern konnte und auch wenn sie nicht viel auf den Rippen hatte, die Kinder hatten es wahrlich nötiger als sie.

Sie richtete sich eben auf und zog die eine Schnalle ihrer Rüstung enger, als sie die schweren Schritte vernahm, die schneller näher kamen.
Ein leises Stöhnen kam über ihre Lippen.
Das würde sicher der wahre Hauptmann sein und sie konnte sich schon denken, wo eine Begegnung mit ihm enden würde. Sie hatte keine Lust noch einmal am Pranger zu stehen. Auch wenn man sie schnell befreien würde. Wer wusste, ob es dieses mal wieder so glimpflich ausging? Die Laune des Fürsten hatte in den letzten Wochen schon mehr als nur einem Bürger den Kopf gekostet.
Mit einem Satz war sie auf den Beinen und verschwand um die Ecke.

“HALT!”

Das Gebrüll war deutlich gut zu hören, doch sie nahm sich nicht die Zeit zurück zu blicken, sondern verschwand Richtung Hafen. Allerdings rechnete sie nicht damit, dass er dieses Mal wesentlich hartnäckiger blieb als sonst. Normalerweise waren sie viel zu faul um ihr lange zu folgen und es war ihr ein leichtes die Wache abzuschütteln. Sie war schnell, geschickt und kannte die Gassen der Stadt wie ihre Westentasche. Wenn es einen Schlupfwinkel gab, dann war er ihr bekannt.
Kurz fragte sie sich, ob man schlussendlich doch ein Kopfgeld auf sie erhoben hatte, weswegen sie nun lukrativer erschien? War das der Grund weswegen er dieses Mal nicht nachgab oder hatte er einfach die letzte Begegnung mit ihr und Fergus noch im Kopf? Sie musste einen Moment grinsend als sie einem der Matrosen auswich und um eine Ecke verschwand.
Nur für einen Moment war sie abgelenkt durch den Gedanken und stand auf einmal vor einer Mauer aus Kisten und Körben. Der einzige Ausweg war direkt in die Richtung aus der die Wache kam und auf einen Kampf würde sie sich auf keinen Fall einlassen, den würde sie nur mit ihrem Leben bezahlen. Sie zögerte nicht wirklich und öffnete hastig eine der Korbkisten, krabbelte hinein, zog den Deckel zu und wartete ab.
Draussen blieb es unruhig, wurde sogar noch unruhiger und irgendwann ließ sie sich einfach nach unten sinken und atmete durch. Besser sie blieb eine Weile hier.

Beinahe hätte sie gelacht.

Das war perfekt. Sie konnte bis zur Dunkelheit abwarten, sich noch ein wenig ausruhen und dann verschwinden. Die Beinfreiheit war zwar nicht die Beste, aber nach dem schnellen Lauf war es garnicht so schlecht sich ein wenig auszuruhen und mit vorsichtigen Bewegungen rutschte sie in eine einigermaßen bequeme Position.
Womit sie allerdings nicht gerechnet hatte, war der plötzliche Ruck als der Korb von den Matrosen angehoben wurde und noch weniger auf den heftigen Aufprall als er unsanft am Boden landete, ihr Kopf gegen den Rand krachte und ihr schwarz vor Augen wurde.

Als sie irgendwann zu sich kam, dröhnte ihr der Schädel und das leichte Schaukeln des Schiffes machte ihren Zustand nicht wirklich besser.
Sie brauchte Stunden bis sie sich endlich normal bewegen konnte, bis sie es geschafft hatte den Korb zu verlassen und einen Plan aufgestellt hatte, wie es nun weitergehen sollte.
Am Ende konnte sie es Drehen und Wenden wie sie wollte. Auf diesem Schiff war sie blinder Passagier und das würde bedeuten, dass sie über die Planke gehen würde, wenn es schief lief. Sie hatte nicht genug Gold bei sich, um irgendeine Überfahrt zu bezahlen, geschweige denn hatte sie eine Ahnung welches Schiff angelegt hatte und wohin sie nun unterwegs war.

Als endlich Land immerhin in Sichtweite lag, verließ sie ihr Versteck. So würde sie wenigstens im schlimmsten Fall nicht vollkommen verloren sein.
In den nächsten Tagen schaffte sie es sich einen Verbündeten zu besorgen, es kostete sie erste Teile ihrer Rüstung. Der Rüstung, für die sie jahrelang gearbeitet hatte, aber immerhin konnte sie vorerst auf dem Schiff bleiben und dafür arbeiten. Dennoch schmerzte es hinzunehmen, wie sie das letzte was sie bei sich hatte weggeben musste.
Aber: besser als eine Strafe.

In den kurzen Nächten waren ihre Gedanken meistens Zuhause. Nicht, dass dort eine Familie auf sie wartete, aber es waren dort ein paar Menschen die nach ihr suchen würden. Und dann war da noch ihr Pferd. Der einzig wirklich wahre Freund, den sie hatte. Allerdings war sie sicher, dass einer von ihren Leuten sich um ihn kümmern würde bis sie zurück war.

Nach zwei Wochen und einem weiteren Schiffswechsel waren die Gedanken eher bei: Wenn ich jemals zurückkomme.

Und noch einmal zwei Wochen später verdrängte sie jeden Gedanken an ihre Heimat.

“Land in SICHT!”

Als der Ruf endlich kam war sie schließlich bereit. Sie hatte nur erfahren, dass das Schiff in diesem Hafen länger ankern würde, bevor es weiter in den Norden fahren würde.
Bajard.
Und da sie keinerlei Interesse hatte sich noch weiter von irgendetwas zu entfernen und sie nicht auch noch ihren Bogen für etwas anständiges zu Essen abgeben wollte, verließ sie das Schiff.
Womit sie allerdings nicht gerechnet hatte, war der Anblick der sich ihr bot. Vor ihr breitete sich eine schneeweiße Landschaft aus, die irgendwo am Horizont in schneebedeckten Bergen endete. Die Luft war so kalt, dass jeder Atemzug zu sehen war und der Schnee knirschte bei den ersten Schritten unter ihren Füßen.
Es war Winter.
Tiefster Winter.
Und sie war alleine irgendwo im Nirgendwo an einer Wegkreuzung, ohne ihre Rüstung, ohne irgendwelche warme Kleidung und mit kaum mehr Vorräten.
Alles was sie nun tun konnte, war einen Fuß vor den anderen zu setzen.

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