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Von Asche und Ordnung
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Ingvar Wintergrat





 Beitrag Verfasst am: 31 Mai 2020 21:55    Titel: Von Asche und Ordnung
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Part 1: König der Ratten, Sklave der Nacht

Als die Sonne die Flucht über den Horizont antrat und sich in einem finalen Leuchtfeuer rotgoldener Farben ein letztes Mal am Hafen Rahals und den dahinter liegenden, dunklen Stadtmauern brach, um am Ende doch dem Zwielicht der Nacht weichen zu müssen, erwachte eine kleine Wohnstatt am Rande des eben erwähnten Hafens zum Leben: Die alten, aber tapferen Scharniere der Behausung gaben dem Zug der Menschenhand nach, der allein die Schlüsselgewalt über diesen kleinen Ort gebührte. Ein hölzernes Knarzen hieß den Bewohner willkommen, dem die letzten Strahlen vergehenden Lichtes gleichsam die Gelegenheit gaben, ein paar vereinzelte Lichtquellen zu entzünden, bevor die Dunkelheit durch die Sprossenfenster kriechen würde. Nicht, dass der Mann, der diesen Ort sein zeitweiliges Heim nennen sollte, etwas gegen die Dunkelheit hatte - er war in der Tat völlig leidenschaftslos, was Tageszeiten anging und fand im Wechselspiel von Tag und Nacht keine tiefere Prosa oder empfand selbiges als interpretationswürdig. Es war, wie so viele Eigenschaften der Welt, in die wir geboren werden, ein fester und unabänderlicher Bestandteil, über den man sich darob keine Gedanken machen musste - wäre derlei doch schlichtweg Zeitverschwendung gewesen.

Wenige Handgriffe entzündeten einige Kerzen in dem kleinen Heim, dessen Türen er mittlerweile wieder ge- und verschlossen und die Welt damit für diesen Tag ausgesperrt hatte. Im schwindenden Tages- und flackernden Kerzenlicht schritt Ingvar Wintergrat zielstrebig in den hinteren Teil der Behausung, der kürzlich mit Basaltmöbeln aufgewertet worden war. Ihm gefiel der Gedanke, sich mit Materialien aus dem Herzen des Rahaler Umlandes zu umgeben und so - wenn auch nur sich selbst und Alatar - ein Bekenntnis seiner Reichstreue damit zum Geschenk zu machen. Der Ausgehmantel wurde auf dem Bett abgelegt, wobei sein Blick über das Büchlein am Kopfende glitt, in welchem ein Kohlestift steckte und auf dessen Einband jemand provisorisch “Grundlagen der Kräuterkunde” in den Deckel eingebrannt hatte. Seit dem Gespräch mit der Hüterin des Wissens im Hort hatte er unmittelbar mit der Arbeit begonnen und aus mitgebrachten Aufzeichnungen und eigenen Erfahrungen in relativ kurzer Zeit ein Grundlagenwerk zu Papier gebracht, auf welches man themenspezifisch aufbauen konnte - wenn man denn wollte. Insoweit war es offenbar eine Fügung des All-Einen gewesen, dass er am Tag zuvor auf Waljakov getroffen war, welcher der Sache Aurianes ebenso seine Unterstützung zugesagt hatte und - ebenso wie Jyn’Drarr offenbar zu den erfahrenen Heilkundigen des Reiches auf Gerimor zählte. Zumindest würde er den Versuch unternehmen, die Arbeit von ihm gegenlesen zu lassen. Wenn er die letzten Zeilen beendet hatte.

Die Ärmel wurden hochgeschoben, ehe der Mann aus Cantir sich aus einer Waschschüssel in einer Ecke des Raumes etwas Wasser in das Gesicht spülte und sich die auch die Hände wusch. Auf der gegenüberliegenden Seite des Raumes fand sich die Arbeitsnische, bestehend aus einigen Büchern, Schriften und Zeichnungen, sowie zahlreichen Phiolen, Tinkturen und sonstigen Kuriositäten in Gläsern, gepaart mit zahlreichen Kräutern und Pasten, die im Ergebnis zu einem Orchester an verschiedenen Düften führten, in welchem sich der jeweils prominente Geruch den Luftverwirbelungen der Behausung (und Löchern in der hölzernen Wand) beugte. Ein breiter, glatter Steintisch wies die Arbeitsfläche aus. Rechtsseitig der Tischkante machten einige Ratten in kleinen Käfigen auf sich aufmerksam, die mit mal mehr, mal weniger Enthusiasmus um Futter oder Zuwendung bettelten - was davon zutraf, blieb dem Mann aus Cantir verborgen und es weckte auch nicht sein Interesse. Dennoch näherte er sich den Käfigen und betrachtete das Verhalten der Tiere. An jedem Käfig fand sich ein kleiner Notizzettel, auf dem die Namen verschiedentlicher Kräuter und ihre Mengen vermerkt waren, die er dem Futter beigemischt hatte, um die Wirkung auf die Tiere zu untersuchen und entsprechende Ergebnisse in einer weiteren Spalte zu notieren. Aktuell kämpften die Tiere mit unterschiedlichen Mengen an Efeu-Sud, zum Teil mit weiteren Komponenten vermengt, zum Teil in Reinform und verschiedenen Dosen verabreicht. Wenig überraschend hatte eine Ratte unter Beweis gestellt, dass die “Paste aus Efeu und Fliegenpilz” im Futter zu einem zeitnahen Ableben des Probanden geführt hatte. Eine kurze Notiz auf dem entsprechenden Zettel folgte, welcher sodann Sorgsam in einem Regal mit weiteren Ergebnissen abgelegt wurde. Der Inhalt des Käfigs landete in einem Sack, den er später entsorgen würde. Insoweit war das Unterfangen von Fräulein Auriane eine glückliche Fügung: Er musste sich zwangsläufig mit der Fauna Gerimors beschäftigen, wollte er hier als Wundheiler Fuß fassen und dementsprechend konnte er sie ebenso gut an seinen Ergebnissen Teil haben lassen.

Den anfänglichen Gedanken, sich der Garde als Feldscher zu verpflichten, hatte er zunächst verworfen - oder zumindest aufgeschoben, insbesondere wenn es schlicht zunächst zu viel zu lernen und zu verstehen gab. Der aufmerksame Beobachter war stets derjenige, der die besten Entscheidungen treffen konnte und für seinen Teil war Ingvar Wintergrat ein sehr ausdauernder Beobachter. Was indes die Beobachtung seiner Ratten anging, ergaben sich dem Aspiranten keinerlei Überaschungen oder bemerkenswerte Entdeckungen - der Rest seiner barschwänzigen Gefolgschaft würde einen weiteren Tag und eine weitere Mahlzeit gewonnen haben, bis sie ihren Zweck überlebt hatte. Mittlerweile geübte Handgriffe bereiteten die Mahlzeiten mit dem Versatz aus verschiedenen Mitteln vor, ehe er sich etwas Zeit nahm, die Inhalte der Unterrichtseinheit über Brüche vom Vorabend nachzuarbeiten, um schließlich, als die Dunkelheit sich um das Licht der Kerzen schlang, dem Drängen der Nacht nachzugeben und nach einigen, weiteren Zeilen im Grundlagenbuch auch die letzte Kerze zu löschen, damit er seinen Geist der Leere der Nacht überantworten und einen traumlosen Übergang zum nächsten Tag beschreiten konnte - nicht ohne zu bemerken, dass das Gefühl der Leere, welches ihn nach Gerimor geführt hatte, bereits zu verblassen begonnen hatte. Ein Mundwinkel hob sich, subtil und flüchtig in seiner Ausprägung, als die Welt für diesen Tag um Ingvar Wintergrat einzig aus der Dunkelheit eines tiefen Schlafes bestand.
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