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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Sie können dir nur den Weg zeigen...
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 06 Jun 2006 05:31    Titel: Sie können dir nur den Weg zeigen...
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...doch gehen mußt du ihn alleine...


Eine einfache Laune der Natur war es vermutlich gewesen, die die drei Bäume wie in einem Halbkreis zueinander wachsen ließ, gerade richtig für ein junges Mädchen, das ihr halbes Leben im Wald verbracht hatte, um mit einigen gebogenen Ästen und großen Blättern, eine Art Laube zu bauen.
Wahrlich nicht sonderlich groß, aber vor Wind und Wetter genügend geschützt und das kleine Feuerchen, das gerade noch darunter Platz hatte, trug sein übriges dazu bei, um eine wohlige Wärme zu spenden. Dennoch, völlig windstill war es in Selissas selbstgebauter Behausung nicht, aber was machte das schon, der viel zu große Mantel den Tugor ihr vor langer Zeit geschenkt hatte, wärmte hervorragend und es war noch soviel Platz in den Ärmeln, dass Hände und Finger ohne Mühe darin versteckt werden konnten.
Niemand, nichteinmal ihr Vater, oder Skolden kannten ihr Versteck und dennoch war es genau diese Rückzugsmöglichkeit, die Einsamkeit, die Ruhe, die sie gerade eben benötigte.
Die Knie angezogen und die Arme drumherum geschlungen, saß sie nah am Feuer, genoss das leise Knistern, das die Stille der Nacht immer wieder durchbrach. Es kostete Selissa alle Mühe ihre Augen offen zu halten, zu verlockend war es, sich einfach vor dem Feuer zusammenzurollen und einzuschlafen. Stattdessen blieb sie einfach sitzen, beobachtete den Tanz des Feuers, aus ihren dunkelgrünen Augen und dachte nach.
Und nachzudenken gab es viel, hatte sich ihr Leben in den letzten Monaten doch um mindestens 180 Grad gedreht.

"Vater..."
Es war nun mindestens schon einige Mondläufe her, als sie halbverhungert und mit nichts außer ihren völlig durchlöcherten Kleidern in Rahal angekommen war. Schuhe hatte sie schon längst keine mehr, die waren ihr eines Tages einfach von den Füßen gefallen, aber eigentlich war es ohne Schuhe sowieso bequemer, hatte sie sich solange eingeredet, bis sie es selbst schon glaubte. Normalerweise hatte sie einen Riesenangst vor solch großen Städten, aber das nagende, bohrende Hungergefühl in ihrem Bauch, war ein besseres Argument, als ihre Angst.
Der Wirt war nicht sonderlich begeistert, als sie mit verdreckten Kleidern und schmutzigen Füßen die Taverne betrat, nur der Umstand, dass er gerade einen zahlenden Kunden bediente, ließ ihn nicht sofort zu ihr eilen, um sie hochkant wieder hinauszuwerfen, stattdessen kostet es ihm nur ein Naserümpfen und so wurde dem mageren Mädchen in der Taverne wenig Beachtung geschenkt.
Der große Korb der direkt neben dem Kamin stand, erregte Selissas Aufmerksamkeit als Erstes und sie hatte das Gefühl, ein jeder in der Taverne konnte das Knurren ihres Magens hören, als sie die Gerüche, die aus der Küche drangen, durch die Nase aufsog und ihr Magen daraufhin, solch rebellierenden Laute von sich gab. In der Küche hätte man sie vermutlich sofort erwischt und so beschloß sie, die Düfte, es roch nach Erbsen und Kartoffeln, zu ignorieren und sich auf ihr Ziel zu konzentrieren.
Getrieben vom Hunger und dem Gedanken in wenigen Momenten neben einem warmen Kamin zu stehen, womöglich sogar etwas Essbares in Händen zu halten, tapste sie näher und bemerkte garnicht dass ein Augenpaar jede ihre Bewegungen verfolgte.
Die Enttäuschung war natürlich umso größer, als sie erkannte, dass der Korb leer war, aber zumindest aufwärmen konnte sie sich ein Weilchen, bevor sie wie so oft schon, vor die Tür befördert werden würde, so dachte sie zumindest. Doch dann entdeckte Selissa die Flaschen gleich neben ihr, die auf der Theke standen. Wenn sie schon nichts zu Essen fand, würde zumindest ein Schluck Bier ihren Magen trösten.. waren ihre Gedanken und schon war sie hinter die Theke gehuscht und in die Hocke gegangen. Die dünnen, mageren Finger, die den Tisch abtasteten, würde schon keiner bemerken, hoffte sie zumindest..und tatsächlich hatte sie wenige Sekunden später eine Flasche in der Hand, die zu allem Überdruß..leer war.
Selissa war den Tränen nahe und starrte wütend den Fußboden an, als ob der etwas dafür könnte, als sich plötzlich zwei gepanzerte Füße in ihr Blickfeld schoben. Viel mehr als ein trockenes Schlucken brachte sie nicht mehr zustande, denn sie wußte wie in den meisten Städten Diebstahl geahndet wurde. Die schrecklichsten Bilder schossen ihr durch den Kopf, Bilder wie sie ihr die Hand abhacken, sie aus der Stadt peitschen lassen, oder gar erhängen würden.
Ganz langsam, wie in Zeitlupe schaffte sie es dann endlich den Kopf zu heben und erblickte schwarze, gepanzerte Beine, eine rote Schwertscheide, einen ebenso schwarzen Brustpanzer und dann endlich das dazugehörende Gesicht des Gardisten, der da vor ihr stand.
Nur einen Moment lang betrachtet sie jenes Gesicht, Gardisten sahen für sie sowieso alle gleich aus, dann huschte ihr Blick zur Türe, während sie sich wieder aufrichtete und einige Schritte zurückwich.
„Rumms“ und sie war gegen die Wand gelaufen und spürte die Mauer kalt in ihrem Rücken.
Ihre Gedanken rasten, sie mußte weg, fliehen, raus aus dieser Stadt!
Und dann begann der Gardist sein Wort zu erheben...
Anfangs hielt er ihr eine Standpauke, doch schon wenige Augenblicke später, schlug seine Stimme ins Freundliche um und er spendierte ihr sogar etwas zu Essen.
In dem Moment als die Schüssel Kartoffeln vor ihr stand, war Selissa alles egal und sie schlang die heißen Kartoffeln nur so runter und hätte schwören können, das waren die besten Kartoffeln die sie je gegessen hatte.
Dann erfuhr sie auch den Namen ihres Gönners: Tugor Crain



Das dunkle Grün ihrer Augen strahlte, als sie ins Feuer blickte und sie mußte unwillkürlich schmunzeln. Im Nachhinein konnte sie es kaum glauben, dass sie jemals Furcht vor Tugor empfunden hatte, schließlich war er der liebenswürdigste Mensch den sie kannte und mittlerweile würde sie ihm blind ihr Leben anvertrauen. Ja, sie vertraute und liebte ihn wie einen Vater, vielleicht gerade eben weil sie ihren eigenen Vater nie kennengelernt hatte und sie tief in ihrem Inneren wußte, dass Tugor sie immer beschützen und für sie da sein würde.
Anfangs hatte sie ihm vermutlich nur leid getan, das verhungerte Gesicht, die eingefallenen Augen, die ihn ängstlich anstarrten, wahrscheinlich der Grund, warum er sich von dem Tag an darum kümmerte, dass sie immer etwas zu Essen hatte...und irgendwann wurde mehr daraus, Vertrauen wurde aufgebaut, aus der allmählich eine tiefe Liebe zu ihm entstand.
„Prinzessin...“ flüsterte Selissa und kicherte dann leise, als der Ast mit dem sie in der Glut umherstocherte, kleine Funken aus dem Feuer fliegen ließ.

Prinzessin
Katzenmädchen
Apfelkind
Kleine Alchemistin
Lumpenmädchen


"Namen hatte man mir schon viele gegeben, aber wer bin ich wirklich und wo bin ich zu Hause?
Ich fühle mich wie auf einem schwankenden Schiff, auf dem ich hin und hergerissen werde, hin und her, hin und her."


Vorsichtig, ganz vorsichtig, öffnete sie ihre zierliche Hand, in der ein kleines silbernes Metallstück im Mondlicht zu glitzern begann.
Ein Ohrring.
Ein trauriges Lächeln zauberte sich auf Selissas Lippen, als sie den Ohrring eine Zeitlang einfach still betrachtete.
Es war das Einzige, was sie von ihm hatte und doch waren soviele Erinnerungen damit verknüpft.
Kennenlernen – Heranstasten – Streit – ein Kuss – Eifersucht – verlorene Freundschaft.

Sie wollte Skolden den Ohrring wiedergeben, nach dem Abend, an dem er wütend davon gegangen war. Zu dritt saßen sie in Bajard an einem der Tische an der Taverne und unterhielten sich, Ray, Skolden und Selissa. Selissa wollte die beiden einander bekannt machen, wie konnte sie auch ahnen, dass es in einem Desaster enden würde? Skolden mochte gewisse Arten von Spaß nicht, nein, sah sogar einen Angriff darin, eine Lektion die Selissa schmerzhaft lernen durfte, einen Tag später, als sie ihm den Ohrring zurückgeben wollte. Seine finstere Miene, als sie ihm über den Weg lief und seine kalten Augen, ließen sie innerlich zusammenzucken und dennoch streckte sie die Hand aus, in der sich das Schmuckstück befand. Sekunden später hatte er ihren Arm gepackt und hielt sie fest im Griff. Selissa sah sich schon ihrem Ende nahe, dass er sie ohne Skrupel umbringen würde, daran zweifelte sie keine Sekunde mehr und dennoch war es wie ein magischer Moment, als sie mit Tränen in den Augen in die seinen blickte.

„Du tust mir weh“ sprach sie leise und ein kaltes „ich weiß“ erfolgte als Antwort.
Dann ließ er endlich doch los, obwohl Selissa sich tief in ihrem Inneren, wünschte er würde sie nicht loslassen, sondern seine Arme um sie legen, stattdessen stolperte sie einfach nur ein paar Schritte zurück. Der Ohrring fiel zu Boden, kullerte ein Stück davon und blieb dann im Mondschein glitzernd liegen.
Selissa verfolgte jede seiner Bewegungen als er den Ohrring aufhob und dann die Hand ausstreckte.
„Er gehört dir.“
Wenig später war der Mond der einzige Zeuge, wie ein junges Mädchen mit verfilztem Haar, sich in den dunklen Augen des Mannes verlor, um nur wenige Lidschläge danach, den ersten Kuss ihres Lebens zu erfahren. Die Welt um sie herum verschwamm, während dies der erste Schlag sein sollte, der die Freundschaft zwischen Selissa und Rayrrak zerbrechen ließ.
Eine unerwiderte, unerfüllte Liebe, sollte es sein, die Ray tiefer in die Arme Rahals und somit Alatars trieb.


Und nun saß sie hier und wußte, der Tag an dem sie sich womöglich entscheiden müßte, würde kommen..irgendwann.
Dann hieß es Rahal oder Bajard – Vater oder Liebster – Tugor oder Skolden.
Oder womöglich, würde das Schicksal ihr einen ganz anderen Weg offenbaren. Das hölzerne Einhorn, das sie schon vor geraumer Zeit völlig unbemerkt in ihre Hände genommen und fest an sich gepresst hatte, während sie ihren Gedanken hinterherhing, fühlte sich auf irgendeine Art und Weise tröstlich an und Selissas Finger strichen sanft über das Holz, bis ihr nach einer Weile tatsächlich die Augen zufielen und sie am Feuer, im Schutz ihrer Laube, eingeschlafen war...


Zuletzt bearbeitet von Selissa von Appelthane am 08 Jun 2006 08:10, insgesamt einmal bearbeitet
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 06 Jun 2006 19:20    Titel:
Antworten mit Zitat

Hör auf zu träumen Selissa...das ganze Leben liegt noch vor dir, du mußt nur die Hand ausstrecken und danach greifen.


Sanft, weich und doch von Trauer durchzogen, die Stimme der Mutter als sie zu ihrem Kind sprach.
Sie hatte dem kleinen Mädchen ihr bestes Kleid angezogen, es war so gelb wie die Sonne und sie hatte es erst einmal getragen und nun saß sie vor dem Spiegel der Kommode und flocht ihr langes blondes Haar, zu zwei hübschen Zöpfen. So wie sie es öfter tat, doch heute ließ sie sich besonders viel Zeit dafür.
Vier Jahre womöglich, mochte das Mädchen gerade erst sein, die kleinen Beinchen wippten auf dem Hocker auf und ab und die grünen strahlenden Augen beobachteten sich im Spiegel, beobachteten die Hände ihrer Mutter, wie sie geschickt durch ihre Haare fuhren.
Dann sah das Mädchen auf, bemerkte die Traurigkeit ihrer Mutter in ihrem sonst so schönen, ebenmäßigen Gesicht. Sie sah heute ganz anders aus, fast wie ein Engel, in dem hellblauen Kleid und dem offenen Haar. Normalerweise trug sie ihr Haar aufwendig zu einer Frisur hochgesteckt, doch heute war alles irgendwie anders.
Als das Mädchen ihre kleinen Arme um den Hals ihrer Mutter schlang, lächelte sie. Wie immer duftete ihre Mutter ganz zart nach Lavendel. Das Mädchen liebte es den Kopf an ihrer Schulter zu vergraben, um den Duft einfach zu genießen. Doch heute tat sie das nicht, stattdessen gab sie ihrer Mutter einen Kuss auf die Wange, fast als wolle sie ihr Trost spenden und dann sprach sie leise:

„Sei nicht traurig Mama, es wird alles wieder gut.“

Später dann, sah man das Mädchen in dem goldenen Kleid an dem Ufer eines reißenden Flußes stehen, neben ihr stand ein großer Mann, der die Hand auf ihre Schulter gelegt hatte.
Die Sonne ging gerade unter, spiegelte sich an der Wasseroberfläche und warf sein wärmendes Licht, geradewegs in das Gesicht des Kindes.

"Vater, die Sonne blendet mich, ich kann nichts sehen.
Warte noch einen Moment mein Schatz, wir gehen gleich weiter."


Als sie ihr kleines Händchen an die Stirn hielt, um ihr Gesicht vor der Sonne zu schützen konnte sie ein paar Gestalten sehen, die am anderen Ufer standen. Unter ihnen auch ihre Mutter in dem hellblauen Kleid, sie hatte die Hände auf dem Rücken verschränkt.
Viel mehr, als ihre Mutter und die Masse an Menschen die um sie herumstanden, konnte sie nicht erkennen, denn in dem Moment spürte sie zwei schwere Hände an ihren Schultern, die sie sanft, aber bestimmt zu ihrem Vater drehten und dann als er in die Hocke ging, eine Umarmung, die ihren Kopf an seinen Oberkörper drückte. Das Mädchen war sich nicht sicher, ob es sich das plätschernde Geräusch, wenig später nur eingebildet hatte, zumindest klang es fast so als wäre jemand ins Wasser gesprungen.
Als ihr Vater sich von ihr löste, sah sie Tränen in seinen Augen und dennoch lächelte er.
Dann gab er ihr einen Kuss auf die Stirn.
„Vergiss uns nicht, Kleines.“
Gerade als das Mädchen etwas erwidern wollte, löste er sich gänzlich von ihr.
Und dann rannte er los...und sprang.

Die Sonne war unter gegangen und niemand kümmerte sich um ein kleines Mädchen, das noch lange, lange auf das Wasser hinaus starrte. Selbst dann noch als es dunkel wurde und die Nacht ins Land zog. Selbst dann noch, als sie zu frieren begann und ihr kleiner Körper am ganzen Leib zitterte. Sie würde warten. Warten bis sie wieder auftauchen, hatte sie sich fest vorgenommen.
Niemand kümmerte es? Nicht ganz.
Irgendwann, als die Kälte sich durch ihre Kleider gefressen hatte und sie ihre Finger kaum noch spürte, legte sich plötzlich ein warmes, langes Fell über ihre Schultern. Dem Kind fiel es immer schwerer die Augen offen zu halten und so sah sie nur noch verschwommen das vernarbte Gesicht eines alten Mannes, einen weißen langen Bart und zwei kleine fast schwarze Augen, die sie an die Knöpfe ihres Kleides erinnerten und da war noch der ungewohnte, beißende Geruch von Schnaps, der in ihre Nase drang.
Wenig später waren sowohl Kind, als auch der alte Mann im Wald verschwunden...



Es war eine dieser Nächte, die Selissa schweißgebadet aufwachen ließ, doch die Erinnerung an ihre Träume verblasste so schnell und nichts blieb, außer diese unerklärliche, panische Angst vor Wasser, die sie schon seit sie denken konnte, hatte.


Zuletzt bearbeitet von Selissa von Appelthane am 08 Jun 2006 08:12, insgesamt einmal bearbeitet
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 08 Jun 2006 07:23    Titel:
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"Komm schon, Cornelius, wir wissen dass sie bei dir ist.
Wir bringen sie zu ihrem Bruder, da wo sie hingehört."

"Achja..habt ihr den nicht auch umgebracht?
Oder wartet ihr bis die glückliche Familie wieder beisammen ist?"

"Du kannst sie nicht ewig verstecken."
"Raus aus meinem Haus, ich sage es nicht noch einmal!
RAUS!"

"Sie könnte besessen sein..so wie ihre Mutt.."


Weiter kam der Sprecher dem die Stimme gehörte nicht mehr, denn das Gespräch endete jäh mit einem dumpfen Knall, der dem Geräusch einer vor Wut zugeschlagenen Holztüre nur zu sehr ähnelte. Dann Schritte die sich entfernten und ein leises seufzendes Ausatmen und das Gefühl soeben um Jahre gealtert zu sein.
Was hatte es sich da nur eingebrockt? Das fragte sich der alte Mann, seit jener Trägodie die sich zugetragen hatte vor einigen Jahren.


Vergangenheit...
Eine Frau die schon etwas in die Jahre gekommen war, deren Schönheit aber lange noch nicht verwelkt war.
Eine Heilerin. Eine Mutter.
Er wußte nichteinmal mehr ihren Namen, aber er erinnerte sich zu gut. Der Bürgermeister aus jenem Dorf, hatte immer schon ein Auge auf sie geworfen, aber sie liebte nur ihren Mann...und ihre Kinder. Aber besessen? Jeder wußte dass es eine Lüge war, ein Racheakt. Wenn er sie nicht haben konnte, dann keiner. Der unglückliche Tod seines Sohnes und die toten Kühe in den Gattern der Bauern, all das soll sie gewesen sein. Rasch kamen noch andere Dinge hinzu, das Furunkel des Bauern Fred's, das er schon jahrelang mit sich herumschleppte, das Kind, das tot zur Welt kam letztes Jahr, die schlechte Ernte,... die Liste ließe sich beliebig erweitern. Und sie? Sie hatte es hingenommen, das Urteil, an dem es sowieso nichts mehr zu rütteln gab. Ganz ruhig war sie geblieben, hatte sogar noch gelächelt, als ihr ältester Sohn versuchte sie zu beschützen, mit Tränen in den Augen losbrüllte. Verdammen würde er alle, denn die wahren Schuldigen waren sie selbst, indem sie einfach zusahen bei jenem Verbrechen.
Wie recht er hatte..dachte sich Cornelius damals. Ja, er hatte alles beobachtet, aber einmischen?
Der alte Mann hatte schon lange mit der Menschheit abgeschlossen, wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben.
Ein Grund warum er mitten im Wald lebte, in seiner kleinen Holzhütte, mit ein paar Rindern, Kühen und Schafen und nur alle Jahre unter Menschen ging, um Wolle zu tauschen, gegen etwas Salz, oder gar etwas Tabak.

Einen Tag später, hatte die Neugierde ihn an den Ort getrieben, an dem das Urteil gefällt werden sollte. Aus seinem Versteck heraus, nahe am Waldesrand, hatte er alles beobachten können. Es war das erste mal, dass er auch den Vater und die Jüngste sah. Den älteren Sohn, sah Cornelius nicht, vermutlich wurde er in Gewahrsam genommen, nach seinem gestrigen Ausbruch, bestimmt hatten sie Angst er könnte etwas unüberlegtes tun, oder gar zu einer Gefahr werden.
Gewifft vom Vater..dachte er sich, als er sich mit dem Kind so hinstellte, dass die Kleine unmöglich viel erkennen konnte, war es doch die gerade untergehende Sonne, die ihr die Sicht nahm. Die Mutter stand fest wie ein Felsen vor dem Fluß, das Kinn stolz in die Höhe gereckt, als wolle sie sagen „Seht her, ihr könnt mich nicht brechen.“. Und auch wenig später als der Priester sein Gebet beendet hatte und zwei Hände, der alte Mann war sich nicht sicher, aber er vermutete es waren die Hände des Bürgermeisters selbst, sie in den Fluß stießen, machte sie immer noch den Eindruck von einer Selbstsicherheit und Beherrschung, die sogar dem Alten ein Staunen abrang.
Und dann war alles überraschend anders gelaufen, als der Vater sein jüngstes Kind losließ und so schnell er konnte zum Fluß rannte, um seiner Liebe hinterher zu springen. Abermals etwas das den alten Knilch erstaunte. Liebe...es mußte Jahrzehnte hersein, dass er dieses Gefühl das letzte mal spürte. Gab es überhaupt etwas Schöneres als mit seiner größten Liebe zu sterben?
Wehmütig, in seine Erinnerungen vertieft, sah er zum Fluß hinüber und bemerkte dann erst das kleine Mädchen, das verlassen und einsam dort stand und leise nach ihren Eltern rief.
Bestimmt würde gleich jemand kommen und sie mitnehmen, dachte er sich und begann seinen Rucksack zusammenzupacken. Als er fertig war und sich aufmachte, warf er noch einen Blick über seinen Schulter.
Sie stand immer noch da.
Kopfschüttelnd ging er tiefer in den Wald, brabbelte leise vor sich hin:

„Nicht meine Sorge...sollen sich andere um sie kümmern....für Kinder habe ich sowieso nichts übrig...und Platz hab ich auch keinen...und sowieso und überhaupt..so ein kleines zerbrechliches Ding, zu nichts gut...und durchfüttern mußt du es dann auch noch...Kleider kaufen..und Schuhe..Geschichten vorlesen..oder etwas vor-SINGEN...!
Nein, Nein..nicht meine Sorge...nicht mein Problem...“


Wieder blickte er über seine Schulter, obwohl ihm der Wald schon längst die Sicht nahm.
Die Stirn in tiefe Furchen gelegt, hielt er endlich doch an und mit einem Ausruf, den zum Glück nur die Bäume und Tiere hören durften: „Ach, verdammte Scheiße, nochmal!“ machte er kehrt. Noch zwei, drei mal blieb er stehen, um es sich doch noch anders zu überlegen, doch dann gab er sich endgültig einen Ruck und stampfte zurück..



„Was habe ich mir da nur eingebrockt...“ fluchte er nochmal leise und schob den großen Teppich mit dem Fuß unsanft zur Seite. Die Falltüre die in dem morschen Holzfußboden eingelassen war und in den Keller führte, öffnete sich knarrend und nur spärlich drangen einige Lichtstrahlen in die Dunkelheit die sich dahinter verbarg und alles zu verschlucken drohte.
Seine vom Alter, Wind und Wetter, gezeichnete grobschlächtige Hand, wie die eines Bauern gar, der sein Leben lang hart gearbeitet hatte, fasste ziellos in die Dunkelheit, bis sich eine kleine schmutzige Hand, zögernd in die Große legte. Nach und nach folgte dann noch ein dazugehöriges schmutziges und gleichermaßen verschrecktes Gesicht, verfilztes langes Haar und die magere Gestalt einer vielleicht Sechsjährigen, die die knorrigen Stufen der Treppe hinaufstieg.


"Sind sie fort?
Ja..
Onkel?
Ja?
Erzähl mir von meinem Bruder..
Bruder? Du hast keinen Bruder.
Aber..der Mann sagte..
Blödsinn! Vergiss was er sagte. Sie wollen dich mir wegnehmen, darum erfinden sie Lügen.
Darum dürfen sie dich nie finden, hörst du?
Niemals."


Missmutig Brummend, hockte sich der Alte in seinen Schaukelstuhl vor dem Kamin, kramte etwas Tabak aus dem kleinen Beutelchen, das er an seinem Gürtel trug, stopfte seine Pfeife und starrte dann gedankenverloren ins Feuer, während er an seiner Pfeife paffte.
Irgendwann spürte er ein Zupfen an seinem Hosenbein und als er den Blick senkte, sah er auf das schmutzige kleine Mädchen hinab, das sich wiedereinmal das Bärenfell zum Schaukelstuhl hingezogen hatte, um es sich dann zu seinen Füßen bequem zu machen. Tief seufzte er, fast als konnte er erahnen was gleich kommen würde und sein Gefühl schien ihn wiedereinmal nicht zu täuschen:

"Erzählst du mir eine Geschichte?
Hrmmm...
Bittttteeeeee"

Es war einmal...
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 09 Jun 2006 05:30    Titel:
Antworten mit Zitat

Man merkt immer erst wie sehr man einen Menschen geliebt hat, wenn dieser nicht mehr da ist.
Wenn das Haus plötzlich wieder leer, das fröhliche Lachen verstummt und wieder die Ruhe eingekehrt ist, die ich all die Jahre zuvor genossen habe und die jetzt umso erdrückender für mich ist. Heute kommt es mir vor, als würde etwas fehlen, als wäre ich nur noch ein halber Mensch.
Im Nachhinein bereue ich es, dass ich ihr nie zeigen konnte, wieviel sie mir bedeutet hat. Auch wenn ich sie nie in den Arm genommen oder getröstet habe, wenn sie traurig war, ich glaube tief in ihrem Inneren wußte sie, dass ich mehr war als der mürrische alte Mann, der am liebsten in seinem Schaukelstuhl saß und seine Ruhe wollte. Dennoch hat sie es oft genug geschafft, mein Herz zu erweichen und ich muß zugeben, dass mein Leben durch sie auf eine gewisse Art und Weise wieder Sinn bekam. Eine Verantwortung, ein kleiner Mensch , den man nicht einfach vernachläßigen konnte, wie ein Spielzeug.

In all den Jahren, als das kleine Mädchen, langsam zur Frau heranreifte wurde mir klar, dass ich dieses Geschenk dass mir gegeben wurde, nicht ewig behalten konnte. Selissas Häscher kamen immer öfter vorbei, wollten sie sehen und immer wieder die Ausrede ihr Bruder würde sich um sie kümmern. Einmal waren sie sogar so dreist, dass sie einen Burschen schickten, der sich als ihr Bruder ausgab... aber nicht mir mit.... auf so einen billigen Trick fällt Cornelius nicht herein.
Zugegebenermaßen, war sein verzweifelter Gesichtsausdruck, garnicht so unüberzeugend. Fürs Theater spielen hätte er Talent gehabt!
Umso öfter sie kamen, umso klarer wurde mir, dass Selissa fort mußte. Die Frage war nur, wie ich es anstellen sollte. Ja, ich weiß, die besten Ideen habe ich noch nie gehabt, aber ich muß zugeben dass mir zu dem Zeitpunkt einfach nichts besseres eingefallen ist. Ich dachte mir, wenn sie das Gefühl haben würde unerwünscht zu sein, würde sie bestimmt von selbst gehen und hoffentlich nie zurück kommen. So begann ich noch mürrischer und wortkarger zu werden, ihr die schwierigsten Arbeiten am Hof zu überlassen, aber es half nichts. Sie gab sich nur noch mehr Mühe, um dann Abends totmüde ins Bett zu fallen. Vermutlich dachte sie, sie könnte dadurch meine Zuneigung zurück gewinnen und es tat weh sie so zu sehen, aber es mußte sein. Das habe ich mir immer und immer wieder eingeredet.

Zwei Tage, lautete die Frist, die sie mir eines Tages setzten, dann würden sie Selissa holen, notfalls mit Gewalt, hatten sie gesagt. Ich weiß noch, als ich zurück ins Haus gestürmt bin und mir Selissa mit großen Augen entgegenblickte. Am liebsten wäre ich mit ihr gemeinsam fort, aber ich war zu alt für ein neues Abenteuer und sie würde niemals ohne mich gehen, das wußte ich, sah es in ihren Augen.
Sie mußte in etwa 13 Sommer alt gewesen sein zu jenem Zeitpunkt, aber für mich war sie immer noch das kleine, frierende Mädchen, das ich damals aufgelesen hatte.
Wortlos habe ich die Tür mit einem wuchtigen Tritt zugeschlagen und anstatt auf ihren fragenden Blick zu antworten, begann ich zu brüllen. Sie sollte endlich verschwinden, habe ich geschrien und dass sie mir nur Ärger machen würde und zu nichts gut war. Dann bin ich zu meiner Truhe hin und habe die Flasche mit dem guten Schnaps, die seit Jahren unberührt in der Kiste lag, hervorgeholt.
Nach ein paar tiefen Schlucken daraus, wußte ich was zu tun war. Ich ging zu ihrem Bett und packte ihr Zeug zusammen. Viel war es ja nicht, die Bürste die ich ihr vor Jahren geschenkt hatte, die sie aber noch nie benutzt hat, die goldene Haarspange, die ich damals gegen ein halbes Schwein getauscht habe – ich weiß noch wie ihre Augen glänzten, als ich sie ihr gegeben habe - , ihre Kleider und Schuhe, alles habe ich in einen Rucksack gepackt, während sie nur fassungslos und den Tränen nahe zusah. Dann bin ich zur Tür und hab alles hinausgeworfen und so laut „VERSCHWINDE“ geschrien, dass ich mich fast selbst vor mir erschreckt habe.
Ich habe sie in all den Jahren kein einziges mal weinen gesehen und am liebsten wäre ich einfach zu ihr hin und hätte sie in den Arm genommen, stattdessen blieb meine Miene steinern und kalt, als ihr die Tränen über die Wangen liefen.
„Onkel..“ hat sie gewispert, in einem kläglich, weinendem Tonfall, der mir die Kehle zuschnürte , aber ich wußte wenn ich jetzt nicht hart bliebe, dann niemals.
Also habe ich sie einfach grob am Arm gepackt und nach draußen gestoßen und ein „Raus aus meinem Haus“ gebrummelt und die Türe hinter ihr zugeschlagen.
Ein paar Stunden und einer geleerten Schnapsflasche später hatte das Schluchzen vor der Tür endlich aufgehört und ich dachte sie wäre nun endgültig fort, als ich aber einen Blick durch das Fenster warf, sah ich dass sie sich lediglich vor der Tür zusammengerollt hatte und eingeschlafen war. Ich seufzte leise und war ziemlich am Ende meiner Weisheiten. Im Prinzip war es nun sowieso schon egal, ich hatte Selissa genug weh getan, also mußte ich es auch bis zum Ende durchziehen.
Sie sah so friedlich aus als ich die Tür aufzog und sie auf der Treppe schlief, umso erschrockener starrte sie mich dann an, als ich sie unsanft aus dem Schlaf riss und hinter mir herzerrte.
Einen Tag später habe ich mir schreckliche Vorwürfe gemacht, aber mein Geist war an dem Abend durch den Schnaps vernebelt und ich dachte es wäre der einzige Weg, sie loszuwerden. Ich wußte, vor Wasser hatte sie panische Angst, ich wußte auch warum, auch wenn sie sich nicht mehr erinnerte und habe es akzeptiert, und sie nie zu etwas gedrängt. Umso panischer hatte sie an dem Abend gezappelt, als ich sie in den Pferdetrog getaucht habe, einmal, zweimal und dann solange bis sie fast erstickt wäre.
Danach hat sie mich mit einem Blick angestarrt, den ich nie im Leben je wieder vergessen werde.
Sie hat nicht einmal mehr geweint, sondern mich einfach nur angestarrt und ich habe nichts weiter getan, als ihr ihren Rucksack wortlos hingestreckt. Wie in Trance hat sie danach gegriffen, mich noch einmal mit diesem Blick angesehen und dann hat sie sich umgedreht...und war fort.


Zurück bleibt nur diese Leere im Haus und ein alter Narr, dessen Lebenslicht mit dem Fortgang Selissas, immer kleiner und unbedeutender wird und auch wenn mir das Schreiben immer schwerer fällt, ich weiß dass sie es eines Tages verstehen und zurückkehren wird. Und dann werden diese Zeilen auf sie waren, auf meinen kleinen Engel, dem ich nie sagen konnte, wie sehr ich ihn geliebt habe.


--------------------------

Gegenwart..
Das Feuer knisterte und wärmte Selissas Füße und das Fell vor dem Kamin, erinnerte sie an längst vergangene Zeiten. Sie fühlte sich wohl in Sharays Haus und es war beinahe wie eine kleine Familie, Sharay, Tugor und sie und dennoch vermisste sie ihren Onkel sehr.
„Wenn du traurig bist oder dich einsam fühlst, mein Engel, sieh einfach hoch zu den Sternen, dann wirst du merken, dass ich immer bei dir sein werde.“

Warum hatte er das zu ihr gesagt und sie dann fortgejagd?
Von oben herab drangen leise Stimmen, Tugor sang schrecklich falsch und Sharay amüsierte sich vermutlich prächtig darüber. Selissa lächelte zufrieden, es war perfekt..zumindest beinahe.
Die Katze Dunja hatte es sich wiedereinmal in ihrem Schoß bequem gemacht und schnurrte leise, als Selissa sich rasch verstohlen umsah, um dann einen Brief aus ihrer Tasche zu holen.
Mindestens 1000mal waren ihre Augen über die Zeilen geflogen, auch wenn sie nicht lesen konnte was darin stand. Natürlich hätte sie Tugor, oder Sharay fragen können und sie hätten es ihr vorgelesen, aber Selissas Gefühl sagte ihr, dass diese Zeilen nur für sie bestimmt waren.
Es war ihre Vergangenheit, die nur ihr gehörte und niemand erfahren sollte..vorerst.
Immer wieder war sie zu seinem Haus zurückgekehrt, doch den Mut anzuklopfen hatte sie nie.
Aus der Ferne sah sie zu der Hütte, wie das spärliche Licht der Kerzen durch das Fenster drang und einmal sah sie sogar ihn, wie er aus dem Fenster sah, als würde er etwas suchen, oder auf etwas warten. Er war älter und sein Gesicht noch härter geworden.
Zwei Jahre später, als sie es doch endlich schaffte zu klopfen, war die Hütte leer. Er war fortgegangen, hatte alles mitgenommen, sogar seine Lieblingspfeife.
Nur der Brief lag noch da und somit Selissas nächstes Ziel:
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 12 Jun 2006 03:50    Titel:
Antworten mit Zitat


"Ich habe mich von Sharay getrennt."


...zu Laheria zurückkehren...zu ihr zurück...zurück...

"Aber du liebst Sharay..nicht Laheria."

....ich kann mich nicht für dich entscheiden, Selissa...

"Ich sagte dir schon damals, dass ich sie tief in meinem Inneren immer noch liebe."

...tu es Selissa..bring es zu Ende, deinen Hass könnte ich nicht ertragen....

"Sie liebt dich nicht."

...meine Familie braucht mich jetzt...

"Das wird die Zeit zeigen."

...zu Laheria zurück...

"Komm mit mir Selissa."

...nicht für dich entscheiden...

"In deiner schönen, kleinen Welt ist kein Platz für mich."

...ich kann nicht erwarten, dass du das verstehst...


"Ich liebe dich Selissa."

...dann erklär es mir...

"Scheinbar aber nicht genug."

...


Irgendetwas hatte sie aufgeweckt. Ein Schrei, vermutlich ihr eigener.
Und nun lag sie schon stundenlang wach in dem ungewohnten Bett und starrte die Decke an.
Von rechts her drang der Geruch der kalten Fleischplatte zu ihr herüber, die auf dem einfachen Tisch stand. Träge wandte sie den Blick dorthin, aber Selissa konnte sowieso nichts essen, selbst wenn sie wollte. Auch zum umziehen, hatte sie keine Lust mehr gehabt und so lag sie noch in Stiefeln und in ihren schmutzigen Kleidern in dem Bett und seufzte leise, als sie daran dachte, dass der Wirt der Taverne am nächsten Morgen vermutlich furchtbar schimpfen würde.

Ohne Anstalten zu machen etwas an diesem Umstand zu ändern, lag sie einfach hier, in einer fremden Stadt, in einem fremden Zimmer, in diesem fremden Bett und ihre Gedanken drifteten ab zu Sharay, die vermutlich auch irgendwo alleine in einem Bett liegen würde und traurig war und sich wohl ähnlich wie sie fühlen mußte.
Laheria, Elanora..mit beiden konnte sich Selissa nie wirklich anfreunden, sei es weil die Zeit, in der Tugor mit den beiden zusammen war zu kurz war, sei es weil sie einfach nicht viel übrig hatten für ein verwildertes Mädchen, sei aus aus anderen Gründen. Aber Sharay war anders. Selissa hatte sie in ihr Herz geschlossen und das schon bevor Tugor mit ihr zusammenkam.
"Wie eine kleine Familie...zumindest für ein paar Tage.." murmelte sie vor sich hin und dachte über die vergangenen Stunden nach.


Sharay ist in Berchgard..
Dumpf erinnerte sie sich an Tugors Worte, kurz bevor er ihr den Dolch hingehalten hatte und sie einfach weggerannt war und dennoch war sie nicht zu ihr gefahren. Sie konnte nicht zu Sharay, nicht jetzt. Im Trost spenden war Selissa nie sehr gut gewesen, zudem sie gerade selbst eine Schulter zum anlehnen gebrauchen konnte.
Also hatte sie getan, was ihr in dem Moment als Einziges einfiel, als sie mit Tränen in den Augen am Hafen stand.
Die neue Insel. Darna.
Warum sie ausgerechnet die junge Ritterin suchte, wußte sie selbst nicht so genau, aber ein Gefühl tief in ihrem Inneren riet ihr, dass es das Richtige war. Selissa wollte einfach in ihrer Nähe sein, sie hatte Vertrauen zu ihr gefasst, seit dem Tag, an dem sie Darna in Rahal traf.
Vielleicht weil sie eine der Wenigen war, die nicht von ihr erwarteten, dass sie sich auf irgendeine Weise verändern sollte.
Die Angst dass Darna garnicht hier sein, oder sie wieder fortschicken würde, nagte an ihr, als sie nach einer stundenlangen Reise, das Schiff verließ und sich umblickte. Selissa war am Vortag schon einmal hier gewesen und konnte nur mutmaßen dass sie Darna hier treffen würde, umso erleichterter war sie als sie zwei gerüstete Gestalten erblickte, die gerade eine dieser Riesenratten bekämpften und als sie erkannte, dass eine der beiden, Darna selbst war. Den Fremden an ihrer Seite kannte sie nicht und bekam auch den Blickaustausch zwischen den Beiden nicht mit, worauf er sich kurz danach entfernte. Denn dass mit Selissa irgendetwas nicht stimmte, fiel Darna scheinbar sofort auf, als das junge Mädchen völlig verloren vor ihr stand. Irgendwie kam sich Selissa aufeinmal ziemlich dumm vor, schließlich konnte es Darna eigentlich völlig egal sein, welche Probleme sie hatte. Das war es aber zum Glück nicht und als die beiden etwas abseits von dem provisorischen Lager das gleich beim Hafen aufgebaut wurde, standen, mußte Selissa ihr einfach erzählen was geschehen war. Dass Tugor von ihr verlangt hatte ihn zu töten, dass er zu Laheria zurückkehren wollte, und und und..
Darnas Antworten klangen tröstend und auch irgendwie logisch, womöglich war es wirklich das Beste, Tugor handeln zu lassen wie er es für richtig hielt, während sie sich einfach raushielt und Rahal vorerst meiden würde. Somit hatte Tugor Zeit sich um seine Familie zu kümmern, ohne sich auch noch um Selissa Sorgen zu müssen.

"Kann ich bei dir bleiben, Darna?
Ich bleib auch nicht lange, nur für eine Nacht."


"Du kannst bleiben, solange wie du es für richtig hältst."

Erleichtert und hoffnungsvoll war ihr Blick, als sie in Darnas Gesicht sah und kurze Zeit später, stiegen die beiden auf das Schiff, das sie direkt nach Varuna brachte...



Das Bett knarrte leise, als sich Selissa umdrehte und sie mit dem Gedanken sich am nächsten Morgen auf die Suche nach Sharay zu machen, wieder einschlief. Und diesmal wurde ihr eine traumlose Nacht beschert.
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Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 12 Jun 2006 18:44    Titel:
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Ich könnte sagen: "Hab ich's nicht geahnt?", doch das trifft es nicht. Es ist etwas eingetreten, was möglich war, das sich gefügt hat in einer Weise, die mich erleichtert und gleichzeitig traurig macht.
Wer weiß, was die Zeit bringen wird... Das kleine Licht hat das dunkle Rahal verlassen. Vielleicht nicht für immer? Wer weiß, was ihr Sinn in der Harmonie der Göttermutter noch sein wird... Der Wind weht rauh in Rahal, und hier suchte sie meine Hand, eine Zuflucht zu geben, ein wenig abzuschirmen vor dem, was draußen tobt - ich tu es nur zu gerne.
Man kann von jedem lernen... es kostet keine große Überwindung, Respekt vor ihr zu gestehen. Mich schauten sie besorgt an, ein paar Tage in Rahal überstanden, dem finsteren Einfluß widerstanden, so gut es mir gegeben war - Gütige, sie lebt dort Wochen, Monate, rührt die Herzen der Menschen so sanft und unauffällig und bewahrte sich ein untrügliches Gespür für Gut und Schlecht. Apfelkind... mögest du unbedarft wandeln auf den Pfaden, die die Göttin schenkt, solange diese Unschuld währen darf.
Wer weiß, was die Zeit bringen wird...


"Herr Fredegard, ich danke für Eure Aufmerksamkeit. Schickt die Rechnung einfach an mich ins Schloß, sie soll hier Unterkunft und Essen finden, solange sie mag. Sollten sich andere Gäste womöglich über ihr Erscheinungsbild beschweren... das ist mir egal und sollte Euch auch egal sein dürfen. Sie ist mein persönlicher Gast."
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 10 Jul 2006 01:36    Titel:
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„Ich brech dir alle Knochen!“

Mit aller Kraft schlug Selissa die schwere Eisentür zu, nur um sich sogleich mit ihrem ganzen Gewicht dagegenzulehnen. Dass man die Tiefländer nicht „wildes Volk“ nennen sollte, hatte Selissa ziemlich rasch bemerkt und dass die junge Frau namens Viola leicht zu reizen war, ebenso.
Darum dachte Selissa garnicht daran Viola zu folgen, wer weiß würde sie ihr statt des Rittersaales viel lieber den Kerker zeigen, oder Schlimmeres, außerdem war es viel spannender sich in der oberen Etagen herumzutreiben und Zimmer für Zimmer, des Schloßes zu durchsuchen. Das Gebäude war einfach riesig und hinter jedem Raum verbarg sich etwas Neues, das es zu entdecken gab.
Zumindest konnte sie nicht ewig die Tür zuhalten, um der wütenden Viola zu entgehen, also beschloss Selissa sich aus dem Staub zu machen, bevor sie ihr wirklich alle Knochen brechen würde, so wie sie es androhte. Die nächste Tür war schnell zugeschlagen, dennoch war ihr Viola dicht auf den Fersen. Als sie die Treppe hinunterstürmte, nahm ihre Flucht ein jähes Ende. Darna stieg soeben die Treppe hoch und Selissa hätte sie beinahe mitgerissen, wäre die Ritterin nicht gerade noch zur Seite ausgewichen. Schon meldete sich Selissas schlechtes Gewissen. Darna sollte doch im Bett sein und sich auskurieren, immerhin war es indirekt auch ihre Schuld, dass sie nun krank war.
Innerlich seufzend blieb sie stehen und wartete auf die Standpauke, die nun folgen würde..


------------------------------------

Alles begann eigentlich ganz harmlos, als Valion und Selissa dabei halfen das Zelt aufzubauen, in dem für die Armen und Kranken, Speisen und Kleider verteilt werden sollten. Bis auf ein paar kleinere Zwischenfälle, nämlich dass kaum jemand wußte wie man so ein Zelt überhaupt aufbaut und einem wildgewordenem Pferd, welches munter auf der Zeltplane herumtrampelte und ausgerechnet Sir Rafael gehörte, verlief alles recht friedlich. Bis zu jenem Zeitpunkt an dem der Fremde auftauchte, ein Mann der einen Mundschutz trug und stotternd und hustend verkündete, dass er an der Pest litt. Er wollte niemanden anstecken sprach er und nur sein Pferd holen. Als man ihm Hilfe anbot lehnte er diese vehement ab. Er würde sowieso bald sterben und jeder der ihn berührte ebenso. Prompt nach seinen unheilverkündenden Worten, stolperte er und hielt sich an Selissa fest, um nicht zu fallen. Wie versteinert blieb Selissa stehen und starrte ihren Arm an, den er festhielt und konnte widerliche Pusteln an seinen Armen erkennen.
Selissa erinnerte sich an damals in Rahal, als man bei Ray die Pest vermutete. Sie wurden alle in die Kaserne gesperrt und sollten ein ekeliges Zeug trinken. Niemand wirkte wirklich krank, darum nahm Selissa es auch auf die leichte Schulter und ließ das Zeug heimlich hinter dem Kohlebecken verschwinden, ohne davon auch nur zu kosten. Es war der Tag an dem sie Darna's Namen erfuhr, die damals als Gefangene in Rahal festsaß. Nein, niemand sah krank aus, aber der Mann der gerade ihren Arm hielt, umso mehr. Der Blick verschwomm vor ihren Augen, als ihr irgendjemand sagte sie solle sich nicht von der Stelle rühren, die Stimme war irgendwie beruhigend. War es Darna's Stimme? Irgendwie erschien ihr das alles nicht real, es konnte einfach nicht möglich sein. Sie, die Pest kriegen und gar davon sterben?
Zu allem Überfluß, berührte der Fremde sie noch ein zweites mal, als er versuchte zu fliehen. Selissa quittierte das nur mit einem Aufschrei und einem Stoß gegen die Brust des Mannes.
Am Ende lag er bewußtlos am Boden, nachdem ihm irgendein Fläschchen an den Kopf geschmissen wurde und sich der Gardist Hudgarr seiner annahm. Doch das bekam Selissa, alles nur noch am Rande mit, sie war viel zu verwirrt von all dem was gerade geschehen war.
Zu viert brachten sie den Kranken in einen Tempel, dort wurden auch alle Anwesenden untersucht und zu Selissa's Erleichterung konnte der Heiler nichts besonderes feststellen.
Gardist Hudgarr verteilte Fläschchen mit Medizin, doch Selissa wagte es nicht davon zu trinken, als sie sah dass die Medizin so stark war, dass sie einen erwachsenen Mann einfach so das Bewußtsein raubte..
Hudgarr beteuerte, dass das völlig normale Nebenwirkungen seien, doch auch der Heiler riet die Medizin erst dann zu nehmen, wenn man sich wirklich krank fühlte.


Stunden später, als Selissa in ihrem Bett aufwachte, in dem Zimmer, welches Darna ihr zur Verfügung stellte, fühlte sie sich richtig schlecht. Ihr Hals war geschwollen und kratzte furchtbar, außerdem schwitzte sie am ganzen Körper und mußte immer wieder husten.
Selissa war sofort klar: Es war die Pest!
Zitternd, obwohl ihr heiß war, erhob sie sich und türmte aus der Herberge. Fredegar schüttelte nur den Kopf, als er dem Mädchen hinterher sah. Dass sie sich seltsam verhielt, war bei ihr sowieso nichts Neues.
Selissa mußte nicht lange suchen, bis sie Darna fand, doch als sie das kleine Kind in ihrer Nähe sah, machte sie schnurstracks wieder kehrt, schließlich wollte sie niemanden anstecken, schon garkein Kind. Zurück an dem Zelt vom Vorabend, das zu ihrer Verwunderung immer noch stand, erblickte sie Adrian. Adrian, natürlich, er würde ihr bestimmt helfen!
Vermutlich hielt er sie für verrückt, als sie sich an der Zeltwand entlang schlich und ihn heranwinkte, nur um ihm dann im Flüsterton zu sagen, dass er sich ihr nicht weiter nähern dürfte.
Als sie ihm erklärte dass sie an der Pest erkrankt war, veränderte sich sein Gesichtsausdruck schlagartig. Dennoch versprach er ihr zu helfen. Gemeinsam machten sie sich auf die Suche nach einem Heiler und insgeheim konnte Selissa sich dafür selbst in den Hintern treten, dass sie das Fläschchen von Hudgarr einfach weggeschüttet hatte. Andererseits war sie sich ohnehin nicht sicher, ob sie das Gebräu wirklich trinken wollte.

„In drei Tagen bin ich tot..“

Jammerte Selissa vor sich hin und hockte sich dann einfach ins Gras, als sich Adrian gerade relativ erfolglos mit einer Frau unterhielt. Die wußte auch nicht wo ein Heiler zu finden war.
Ja, sie würde sterben, dessen war sie sich nun ganz sicher, so schlecht wie sie sich fühlte und trotz aller Mühe, konnte sie ihre Tränen nicht zurückhalten. Sie wollte nicht sterben, dazu war sie noch viel zu jung.
Zu Selissas und wohl auch Adrians Glück, dessen Nerven wohl einiges aushalten mußten, wurde eine Frau auf die beiden aufmerksam und in Selissa keimte neue Hoffnung auf, als sie sich als eine Heilerin entpuppte.
Frau Nyell, hieß die Dame und Selissa beschloß von Anfang an sie zu mögen. Ihr fiel regelrecht ein Stein vom Herzen, als Frau Nyell ihr nach einer eingehenden Untersuchung erklärte, dass sie wohl oder übel noch ein paar Jaare leben würde, denn es war nicht die Pest, sondern eine einfache Grippe, mit der sie der Fremde vom Vorabend scheinbar angesteckt hatte.
Die Medizin, die sie ihr dann gab, war lecker, die Wadenwickel erträglich und Selissa war erleichtert als Adrian ihr versprach über Nacht in ihrem Zimmer zu wachen.
Sie mochte Adrian wirklich sehr, er war fast wie ein Bruder für sie, vorallem seit er Rahal den Rücken gekehrt hat. Krank sein, war also garnicht so schlimm, schlußfolgerte Selissa, immerhin war es das erste mal in ihrem Leben, dass sie krank war.

Am nächsten Morgen, fühlte sich Selissa schon wieder viel besser. Bis auf einen leichten Husten und Halskratzen merkte sie kaum noch etwas und konnte es fast nicht glauben, dass sie am Vortag noch Angst gehabt hatte, sterben zu müssen. Voller Tatendrang überzeugte sie Adrian, dass die beiden sich sofort auf die Suche nach Darna machen mußten, schließlich sollte sie erfahren, dass es nicht die Pest war, woran der Mann von gestern litt.
Vor dem Schloß begann dann Adrian plötzlich zu husten, was jedoch deren Suche keinen Abbruch tat. Selissa schmunzelte innerlich, als sie sich bei der Frage ertappte, ob alle Kranken so lästig sind und nur nörgeln, meckern und jammern. Nein, sie selbst, war bestimmt nicht so!
Als sie Darna endlich fanden, war die schon wieder bei der Arbeit. Dutzende Stoffrollen, mußten von den Packpferden entladen und in ein Lager geschleppt werden. Adrian und Selissa halfen beim tragen, während Selissa von der Grippe berichtete. Einige Zeit später, als auch Darna zu husten begann und Selissa von den Beinwickeln erzählte, mußten beide plötzlich ganz dringend weg..

Schlussendlich konnte Darna, den kalten Wickeln dann doch nicht entkommen, als Gardist Hudgarr Selissa ins Schloß ließ und sie ihm dann erklärte wie wichtig die Wickel für die Genesung waren.
Selissa war sich ganz sicher, mit ihrem selbstgekochten „Tee“ , der nicht mehr war als gekochtes Wasser vermischt mit einem guten Schuß Honigale (oder besser gleich die ganze Flasche) und den Wickeln würde Darna ganz schnell wieder gesund werden. Einen Tag später, war Darna aus irgendeinem Grund jedoch unauffindbar.

Abermals schüttelte Fredegar nur den Kopf, als Selissa nach einer erfolglosen Suche, zurück in ihr Zimmer stiefelte und ihm noch Bescheid gab, dass man sie unter keinen Umständen stören durfte. Etwas später erklang ein Poltern und Scheppern aus ihrem Zimmer.
„Was die wohl schon wieder anstellt..“ seufzte Fredegar vor sich hin und rollte dann nur mit den Augen, als man Stunden später ihren Freudenschrei im ganzen Gasthaus hören konnte.
Triumphierenden Blickes trat Selissa wieder aus ihrem Zimmer, das Haar wirrer als je zuvor, kleine Schweißperlen standen auf ihrer Stirn, dennoch strahle sie Fredegar an und hielt ihm ein Fläschchen mit gelblicher Flüßigkeit vor die Nase.

„Sieh mal, Fredegar, hab ich selbst gemacht..damit wird Darna blitzschnell wieder gesund!
Lukan hat mir das beigebracht, ich bin nämlich eine kleine Alchemistin...weißt du?“


Als der Mann etwas erwidern wollte, drückte sie ihm einen Apfel in die Hand und Sekunden später, war Selissa schon aus der Tür gehuscht und in der heranbrechenden Dunkelheit verschwunden..
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 30 Jul 2006 04:27    Titel:
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"Das ist wie mit dem Sorgen für die Katze, Selissa - wieso sollte ich dir meine Rüstung, die in der Not mein Leben retten soll, anvertrauen, wenn ich mich nicht mal darauf verlassen kann und sehe, da du dich professionell um deine eigene kümmerst?"

Darnas Worte fühlten sich an, wie ein Schlag ins Gesicht.
Es war das erste mal dass Selissa am liebsten einfach weggerannt wäre, stattdessen entließ sie die kleine, abgemagerte Katze - die sie vor einigen Tagen in Darnas Obhut gegeben hatte und die nun im Schloß wohnte - aus ihren Armen und wandte sich langsam um, um durch den Vorhang zu treten. Selissa wollte Darna nur helfen und das war die Antwort darauf. Mit zittrigen Beinen durchquerte sie den Durchgang der die Schlafgemächer von dem Rittersaal trennten, als sie Darnas Stimme hörte und dann wie automatisch stehen blieb, obwohl sie genau das eben nicht wollte. Darna sollte nicht sehen, dass sie sich durch ihre Worte verletzt fühlte und die Tränen, die sie unmöglich noch viel länger zurückhalten konnte und dennoch aus irgendeinem Grund blieb sie stehen.

"Warte...

Ich wollte mich nicht aufdrängen, du hast gewiss genug andere Leute die dir helfen wollen..

Ich möchte aber dass du mir hilfst.

Warum, wenn du mir nicht einmal zutraust dass ich deine Rüstung in Ordnung halten kann?

Du kennst die nötige Form nicht, die für mich aber wichtig ist. Das spielt für dieses Mal keine
Rolle, Fehler kann ich nachbessern. Doch es hat doch mit mehr zu tun...
Sieh mich bitte an.


Du hättest etwas mehr Vertrauen in mich haben können..

Ich weiß von deinem fürsorglichen Wesen, doch wie ordentlich du sein könntest, das weiß ich nicht, dafür kennen wir uns bei weitem noch nicht lange genug...
Da muß ich also nach dem äußeren Anschein urteilen, bis ich es besser weiß...
Und - tut mir leid, doch der sieht nun mal nicht vertrauenserweckend aus."


Was auch immer Selissa erwartete hatte, tröstende Worte waren dies zumindest nicht. Vielmehr tat er nur noch mehr weh. Konnte es sein, dass Darna sie nur anhand ihres Aussehens beurteilte? Hatte sie sich geirrt in der Ritterin, in all ihren Eigenschaften, die Selissa mit der Zeit zumindest teilweise zu einem Vorbild geworden sind. Wollte sie überhaupt so werden? Und warum war das Aussehen verdammt nochmal so wichtig hier im Schloß und im gesamten Varuna?
Ein Teil von Selissa wünschte sich nach Rahal zurück. An den Ort, wo ihr kaum jemand Beachtung schenkte, abgesehen von ihrem Vater und vielleicht noch Ray. Dafür aber konnte sie herumlaufen wie es ihr gefiel, ohne dass es jemanden juckte und falls doch, war es Seli egal was andere von ihr hielten.
Nur bei Darna war es das nicht, ihre Meinung war ihr wichtig und ihre Worte dafür umso verletzender, an jenem Abend.

"Weißt du..wenn du in Lumpen vor mir stehen würdest und eine Bettlerin wärst
würde ich dir dennoch vertrauen und es wäre mir egal.


Bei einem Bettler ist es das auch, Selissa. Einem Bettler mache ich aus seinem Aussehen keinen
Vorwurf - aber bei einem Mädchen, von dem ich hoffe, da es genug Charakterstärke besitzt, um
Knappe werden zu können, wenn sie will - von der muß ich anderes erwarten.

Ich wüsste gerne, warum du dich überhaupt so vernachlässigst...


Es tut mir leid, dass ich deinen Ansprüchen nicht gerecht werde..

Was ist jedes Mal so empörend daran, wenn äußeres Bild und inneres Wesen sich gleichen sollen?"


Was genau Darna ihr damit sagen wollte, wußte Selissa nicht, sie erwartete jedoch scheinbar eine Antwort, wobei Selissa nicht sicher war, ob sie die Antwort von der Mauer erwartete auf die sie soeben eingeschlagen hatte, oder von ihr. Aber dann dämmerte es Selissa langsam. Sie hatte es ihr nie gesagt, hatte einfach angenommen dass Darna es nicht interessierte, oder sowieso schon wußte, es erraten hätte oder dass sie es schon längst mal nebenher erwähnt hatte. Und erst da fiel Selissa auf, dass es garnicht so leicht war, direkt darüber zu sprechen. Zumal der Zeitpunkt nicht schlechter gewählt sein konnte, schließlich hatte Darna gerade andere Sorgen. Ihr Schützling Viola entführt von Menschenhändlern, während Selissa eigentlich Darna nur helfen wollte, indem sie sich um ihre Rüstung kümmern wollte, während Darna sich ausruhen konnte.
Dennoch sie mußte es sagen und plötzlich waren sie weg, die Enttäuschung und der Schmerz und sie antwortete ganz ruhig.

"Ich habe Angst vor Wasser.

Was?

Ich habe Angst vor Wasser.

A... ab.. aber... warum?

Ich weiß nicht warum..
Das ist schon seit ich denken kann so."


Darnas Gesicht spiegelte alles mögliche wieder, Verwirrung, Entsetzen, Unverständnis, so genau konnte Selissa es nicht herauslesen, zumindest war sie überrascht, wenn nicht sogar vollkommen überrannt. Wir lassen uns irgendetwas einfallen, antwortete Darna dann, vermutlich selbst nicht sicher was das genaus sein sollte, aber Selissa wußte, dass das alles nur nebensächlich war, denn Viola's Rettung stand nun erstmal im Vordergrund. Und dazu war es nötig dass Darna eine Mütze Schlaf abbekam. Die Sorge um Viola, zerrten sichtlich an ihren Nerven und Kräften, auch wenn sie es sich nicht anmerken lassen wollte und auch Selissa machte sich Sorgen um die junge Hinrahstochter. Auch wenn die beiden ein eher unglückliches Kennenlernen hinter sich hatten, wollte Selissa sich dennoch an der Suche beteiligen, denn kein Mensch verdiente es Opfer dieser „Menschenhändler“ zu sein...schon garnicht ein junges Mädchen wie Viola.


Wenig später während Darna tief und fest schlief, zwar mit Hilfe eines Trankes, -ohne den hätte sie vermutlich kein Auge zugedrückt - und nachdem sie Darna wieder aufs Bett gehievt hatten, als sie wie ein Stein aus dem Bett geplumpst war, - daran war wohl auch der Trank Schuld - , kümmerten sich Adrenalon und Selissa um die Rüstung der Ritterin.
Denn morgen war auch noch ein Tag und die Suche würde weitergehen...
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Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 04 Aug 2006 17:47    Titel:
Antworten mit Zitat

Goldenes Herz und schmutzige Füße

"Ihr kennt Selissa bereits, Cathal?"
"Ja - ein liebes Mädchen... wenn auch etwas naiv für ihr Alter, bitte um Verzeihung."
Darna nickte. Er hatte an sich ja recht.

Diese Furcht war auch schwer zu erklären, die die Ritterin jedesmal hegte, wenn sie Selissas Anwesenheit genoß und ihrer Wißbegier nur zu bereitwillig jene Dinge näherbrachte, die für sie zum Glauben dazugehörten, zum Bestreiten des Lebens, zum Geschick des Reiches, zum Leben bei Hofe.
Immer diese Sorge, als hielte sie ein rohes Ei, einen zerbrechlichen Kristall in Händen...

Selissa gewann nahezu alle Herzen mit ihrer natürlichen Art, so auch Rafaels. Und es war irgendwie beruhigend, daß ihre eigene Sorge nicht allein stehend und absurd schien.
"Gestern habe ich ihr von meinem Fluch erzählt... und nach einer Weile ist sie darauf gekommen, daß ich also in einigen Dingen erst noch lerne, sozusagen... Spaß am Leben zu haben... Ich 'fürchte', sie wird nicht nur von mir lernen, sondern hat es sich auch in den Kopf gesetzt, mir ein paar Sachen näherzubringen."
Leicht amüsiert lehnte Darna sich zurück. Barfuß in eine Schlammpfütze springen... na gut, das Versprechen war gegeben, sie musste nur aufpassen, daß sie niemand dabei sah - soweit kam es noch, Frau Ritterin aus Spaß an der Freud durch den Dreck hüpfend, welch Ruf...
"Sie hat ein gutes Herz, aber seht zu, daß Ihr nicht zuviel von ihr übernehmt", ließ sich Rafael ihr schräg gegenüber vernehmen.
Nein - allein schon der Gedanke, alles und jeden fast permanent zu duzen und barfuß durch die Gegend zu laufen, hatte etwas absurdes. Für sie. Bei Selissa...
"Die Sorge gilt auch in die andere Richtung", formulierte sie vorsichtig, "Ich bin mir durchaus noch nicht sicher, ob... das steife Korsett des Rittertums wirklich das Richtige für sie ist."
Es war angenehm, nach Aradan auch in Rafael jemanden zu finden, mit dem sie sich mit dem gebotenen Respekt, aber auch in aller Offenheit und Freundschaft über solche Dinge austauschen konnte. Es war das, was die kalten Schloßmauern zu einem Zuhause werden ließen.

"Sie ist sehr natürlich. Die Frage ist ob sie sich ... wirklich hineinzwängen will? Ob es das ist, was sie will oder Ihr für sie wollt. Und ob Ihr ihr nicht mehr nehmt, als man ihr gibt."
Himmel, nein. Abwehrend hob sie ein Stück die Hand. Sie wusste, was es hieß, sich gegen die Wünsche derer stemmen zu müssen, die an sich nur das Beste für einen wollten... doch dann säße sie jetzt längst verheiratet in irgendeiner Kemenate, würde den Ammen beim Hüten ihrer Kinder zusehen und Kissen besticken, bah. Und so wehrte sie sich auch gegen diese Gefahr möglichst bewusst und stetig, diesem Mädchen, das sich ihr in freiwilligem Vertrauen bislang näherte, irgendwas aufnötigen zu wollen.
Irgendwo in sich wusste sie, daß der angelockte Spatz dann einfach wieder fortfliegen würde, vielleicht in die Hände von Häschern, die weit weniger Rücksicht kannten.
"Nicht Eines, was ich von ihr forderte - jedes Angebot" - sie betonte das Wort - "nahm sie bislang an. Sie wird zu gegebener Zeit selber wissen, was sie will, denke ich."
"Natürlichkeit, Sorglosigkeit, kann für manche Menschen besser sein als das Auferlegen fester Regeln."
Selissa kehrte aus der Küche zurück, brachte leichten Wein und Plätzchen mit und irgendwie erleichterte es Darna, daß Seli für sich selber Bananenmilch zu bevorzugen schien, statt wie Viola für Met sogar zu lügen. Es war... es fühlte sich einfach richtig an.

Was schlummerte in diesem Mädchen mit dem goldenen Herz und den schmutzigen Füßen? Ein Ritter? Eine Frau, die mit Schwert und Schild für die Schutzbedürftigen des Reiches zu streiten bereit war? Deren Glaube und deren Kraft eine der Stützen des Landes darstellte? Zu späterer Stunde dachte Darna schon wieder darüber nach, es ließ ihr keine Ruhe. Ihr kamen die alten Zweifel in den Sinn, Zweifel, die sie selber durchlebt hatte - es war die Zeit gewesen, in der sie die Schreine der Tugenden nicht mehr einfach nur finden, sondern gezielt hatte suchen sollen.
Lag hier die Lösung ähnlich?
"Wenn ja... muß sie es selber spüren", lautete die einzig vernünftig scheinende Erkenntnis. "Und wenn dem so ist... wird sie es dir auch sagen. Laß sie finden. Bis sie suchen will. Und dann wird das, was sie zurücklässt, nicht Verlust, sondern Erinnerung an eine schöne Zeit sein. Schön - und ohne Reue vorbei."
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 12 Aug 2006 19:50    Titel:
Antworten mit Zitat

Vergangenheit...


"Lauf Seli!"

Und Selissa rannte und stolperte so schnell sie konnte hinter Yoshua her, der sie an der Hand gepackt hatte und einfach losgelaufen war. Das wütende Gebrüll der Verkäufer hinter ihr spornten sie nur noch mehr an schneller zu laufen, auch wenn sie nach wenigen Minuten bereits völlig außer Atem war. Der nagende Hunger zerrte an ihren Kräften und forderte nun seinen Tribut.
"Rumms" und sie landete mit den Knien am Boden, konnte einen schlimmeren Sturz gerade so noch verhindern, indem sie ihre Handflächen aufstützte, wobei der Apfel den Yosh ihr vor einigen Minuten noch in die Hand gedrückt hatte, davonrollte. Das junge Mädchen, man könnte sie auf vielleicht 15 Jahre schätzen, starrte dem Apfel hinterher wie eine Verhungernde, nur um dann einen Moment später von zwei Armen gepackt und wieder auf die Füße gezogen zu werden.
Der vertrauten Gestalt, die ihr entgegenblickte, stand ebenfalls der Schreck ins Gesicht geschrieben.
Dennoch verriet ihr der Blick in seine tiefblauen Augen, dass ihr nichts passieren würde. Nicht heute, nicht wenn er dabei war, nicht von diesen Menschen. Und er sah zurück, in das halb verhungerte, abgemagerte Gesicht des schmutzigen Mädchens, dass er vor etwa einem Jahr aufgegabelt hatte.
Gebeten hatte sie nie um etwas, das brauchte sie garnicht, die großen grünen Augen, dieser kindliche, unschuldige Blick, reichte völlig um in Yoshua damals soetwas wie einen Beschützerinstinkt zu erwecken. Und seitdem waren sie unzertrennlich, wie Bruder und Schwester.
Nur für einige wenige Sekunden trafen sich ihre Augen, dann lächelte er und stieß sie weiter. "Los, lauf schon.."
Also rannte sie weiter, bis sie bemerkte dass Yoshua nicht mehr an ihrer Seite war. Als sie stehen blieb, um sich nach ihm umzusehen, blieb ihr fast das Herz stehen vor Angst. Erschrocken starrte sie zu der Szenerie, die sich wenige Meter vor ihr abspielte.
"Yoshua!"
Er stand einfach da und wartete. Auf ihren Schrei drehte er sich um und genau da hatten sie ihn eingeholt.
Gerade als es ihr etwas zurufen wollte, rangen sie ihn nieder zu Boden und Selissa sah einfach nur zu und bemerkte garnicht wie ihr die Tränen über die Wangen liefen.
Der Blick eines großen, grobschlächtigen Mannes wanderte zu dem jungen Mädchen, dass da wie angewurzelt stand und dann stahl sich ein widerliches Lächeln auf seine Lippen.
"Was ist mit der Kleinen da?"
Und schon wollte er ein paar Schritte auf sie zugehen, als Yoshua, der sich bisher ohne Widerstand in sein Schicksal ergeben hatte, zu brüllen und strampeln begann.
"Die ist unwichtig, hilf uns lieber bei dem Jungen."
Brummte ein anderer, der alle Hände voll zu tun hatte, den tobenden Jungen zu überwältigen.
Unfähig sich zu rühren, als hätte sie Beine aus Zement, sah Selissa zu, wie man Yoshua die Hände auf den Rücken band, als es ihm gelang, seinen Blick abermals auf sie zu richten. Seine Lippen formten nur lautlos "Lauf endlich" und da kam wieder Leben in Selissa.
Sie blinzelte zweimal eine Träne weg und dann rannte sie..

Im Versteck, was nichts weiter war als ein Gebäude, das nicht einmal den Namen Bruchbude verdiente, angekommen, warf sie sich auf eine der löchrigen, kaputten Strohmatratzen und begann hemmungslos zu weinen.
Alles war schiefgegangen und Selissa begann sich schreckliche Vorwürfe und Sorgen zu machen.
Hätte sie bloß nicht den großen Berg Äpfel am Marktplatz so angestarrt. Dann wäre Yoshua auch nicht ihr Blick aufgefallen und er hätte nicht, wie so oft, einfach schnell zugegriffen, wenn er sicher war niemand würde hinsehen. Als sie dann plötzlich eine Hand an ihrer Schulter spürte und jemand "Diebe, Diebe" schrie, wußte sie dass irgendetwas nicht stimmen konnte. So lief es sonst nie ab. Und dann hatte Yosh sie auch schon gepackt und sie waren gerannt was das Zeug hielt. Grobes Rütteln an ihrer Schulter unterbrach Seli's Geschluchze und sie sah verwirrt in ein ihr nur allzu bekanntes Gesicht hoch. Johnsen, wie er sich nannte, Selissa war sich fast sicher, dass das nicht sein richtiger Name war, starrte sie auffordernd an. Erst jetzt bemerkte sie auch die Blicke der anderen, die sich um sie gescharrt hatten und wissen wollten was los war. Rasch wischte sich Seli über ihre tränennassen Augen und setzte zu einer Antwort auf seine stille Frage an.
Doch das dauerte Johnsen bereits zu lange und schon im nächsten Augenblick klatschte es laut, als er ihr eine harte Ohrfeige verpaßte, so dass sie wieder auf die Matratze zurückfiel. Der Griff in ihrem Genick sollte sie unten behalten, als Johnson sich dann zur ihr beugte und in ihr Ohr raunte.

"Hör auf zu heulen..wo ist Yosh?"

So ganz ohne Yosh, der sie immer vor den anderen beschützte, fühlte sich Selissa plötzlich sehr einsam.
Yoshua hätte nie zugelassen, dass irgendjemand Hand an ihr anlegen würde, niemals. Und das wußten auch die Anderen. Umso erstaunlicher war es vermutlich, dass sie ohne ihn ankam, wo sie doch sonst unzertrennlich waren.
Selissa beschloß diesmal schneller zu antworten, vielleicht würden sie ja dann auch irgendetwas zu Yoshuas Rettung unternehmen und so antwortete sie leise, während ihr abermals eine Träne über die Wange lief:

"Ge..fangen, sie haben ihn..erwischt.."

Selissa war die Einzige, die das Grinsen auf Johnsens Lippen sah, als er ihr so unangenehm nah war, den anderen hatte er ja den Rücken zugewandt und als er Seli endlich losließ und sich zu den anderen wandte, war sein Gesicht mit einem mal toternst.
Leise schniefend verzog sich Selissa in ihre und Yosh's Schlafecke, wo sie sich zusammenkauerte und die anderen erstmal diskutieren ließ. Vermutlich wußten sie besser, was zu tun war, in so einer Situation.
Erst als sie zu dem Entschluß kamen, dass das Pflaster zu heiß wurde und sie ohne Yoshua weiterzuziehen wollten, erhob Selissa Einspruch.

"Dann warte ich eben allein auf ihn!
Sprach sie trotzig, aber die Anderen lachten nur.

"Das könnte Jahre dauern, wer weiß ob er überhaupt je wieder rauskommt."

Erwiderte einer der Anderen und grinste sie spöttisch an, aber Selissa's Entschluß stand fest.
Sie würde warten und wenn es ewig dauern würde. Und so beobachtete sie ihre Leute, wie sie ihr Hab und Gut zusammenpackten, viel war es ja nicht und Johnson der mit sichtlich schlechter Laune Befehle herumbrüllte.
Wieso er der Anführer war und wie er es geworden ist, wußte Selissa selbst nicht. Es war eben so und wurde scheinbar auch akzeptiert und Selissa wußte wie man ihm am besten aus dem Weg ging, zudem war er der Einzige in der Truppe vor dem sie wirklich Angst hatte. Einmal erzählte Yosh ihr, dass jede einzelne Narbe auf seinem Brustkorb, ein Zeichen dafür war, wieviele er schon umgebracht hatte. Selissa war sich nicht sicher ob es nur Spaß oder ernst gemeint war, auch wenn Yoshua ihren entsetzten Blick damals nur mit einem amüsierten Lachen beantwortete.
Als alle bereit waren aufzubrechen, stand Johnson plötzlich vor ihr und sah finster zu ihr hinab.

"Du kommst mit und wenn ich dich mit meinen eigenen Händen, hier rausprügeln muß."

Selissa schluckte einmal und wagte es nicht in sein kantiges, brutales Gesicht zu blicken und so brachte sie nicht mehr als ein schwaches Kopfschütteln, als Antwort auf seine Worte zu stande. Sie befürchtete schon das Schlimmste, als er sie grob am Arm packte, doch die erwarteten Schläge blieben aus. Stattdessen zerrte er sie einfach hinter sich her, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, ob sie von selbst ging, oder er sie schleifen mußte. Trotzdem Selissa wußte, dass niemand auf ihre Schreie reagieren würde, nicht in dieser heruntergekommenen Gegend, wehrte sie sich aus Leibeskräften. Erst zwei, drei Ohrfeige später war sie endlich still und sah ein, dass Widerstand hier garnichts brachte, außer dass Johnson noch wütender werden würde.
Also ergab sie sich in ihr Schicksal, zumindest vorerst und folgte der Truppe.
Ein letzter wehmütiger Blick über ihre Schulter und mit einem bedrückendem Gefühl in ihrem Herzen und einer schmerzenden Wange, machte sich Selissa mit den anderen auf den Weg und sie war fast sicher, dass sie Yoshua nie wieder sehen würde..




Gegenwart..

Ein Mädchen, dass gerade zur Frau reift, sitzt am Treppenabsatz eines fremden Hauses und blickt gedankenverloren ins Nichts. Sie trägt eigentlich ganz anständige Kleider, bei weitem keine edlen Stücke, jedoch Kleider, die man zumindest einem Menschen aus der mittleren Schicht zuschreiben würde.
Auch wenn sie ein wenig freizügig gekleidet scheint, so würde man sie nie für ein "leichtes" Mädchen halten, schließlich trägt sie weder Schminke, noch hat sie ihr Haar in dem typischen Stil jener Frauen gekämmt.
Vielmehr möchte man glauben, der Haarschopf hat noch nie eine Bürste zu Gesicht bekommen, sind doch die Haare verfilzt und stellenweise zu Zöpfen verflochten. Dass die junge Frau zudem keine Schuhe trägt, scheint sie nicht im geringsten zu stören, dennoch wirkt sie nicht arm, oder gar heruntergekommen, eher ein wenig verwildert, als würde ihr das Aussehen nicht so wichtig sein.
Wie so oft, hängt Selissa ihren ganz eigenen Gedanken nach. Sie muß nun nicht mehr um das tägliche Überleben kämpfen, war kein Nichts mehr, kein dürres, halb verhungertes Mädchen, dass sich ein paar Goldstücke erbettelt, um den nächsten Tag zu überleben.

Die Wende in ihrem Leben, brachte Tugor, der ihre Ausbildung zur Kriegerin übernahm, sich um sie kümmerte und ihr wie ein Vater wurde. Dennoch hielt es sie nicht in Rahal, in der Stadt in der Tugor wohnte und Tugor selbst, hatte mit der Zeit wichtigere Verpflichtungen, um die er sich kümmern mußte. Da wo Tugor nicht mehr da sein konnte, trat jemand anderes in Selissas Leben. Darna, die Ritterin aus Varuna.
All das was Tugor verachtete, begann Selissa anzustreben und Tugor reagierte, wie jeder gute Vater es tun würde, er hielt sie nicht auf. Darna wurde mit der Zeit Selissa zu einem Vorbild, auch wenn es einige Dinge gab, in denen Selissa anderer Meinung war, vorallem wenn es um das Thema Spaß ging. Dennoch Selissa konnte spüren, wie sich allmählich ein Ziel in ihrem Kopf zu bilden begann, nur wie sie den Weg dorthin finden sollte, das wußte Seli noch nicht.


Ihre Gedanken wandern weiter zu Adrian, den sie in Rahal als Gardist kennengelernt hat, der nun aber in Varuna lebt, um, ähnlich wie Seli, ein neues Leben zu beginnen. Ein Grinsen huscht über ihre Lippen, als ihr einfällt, dass er von ihr zu ihrem Bruder auserkorden wurde.
Vor zwei Tagen hatte sie sich den Plan zurechtgelegt und ihn dann auch in die Tat umgesetzt. Erst jetzt bemerkt Selissa, dass sie die kleine Wunde in ihrer Handfläche schon eine ganze Weile anstarrt.

Mit ihrem und seinem Blut, haben sie es besiegelt und von da an waren sie Geschwister. In vielen Dingen erinnerte sie Adrian, an längst vergangene Zeit. An Yoshua.
Obwohl er vom Wesen natürlich ganz anders war, dennoch fühlte sie sich bei Adrian, genauso geborgen, genauso sicher, genauso frei, wie bei Yosh damals und oft dachte sie zurück an die Zeit, an denen die zwei ums nackte Überleben kämpfen mußten. An den eisigkalten Winter und an das Haus in dem sie lebten, in dem es nie richtig warm wurde, schließlich war es mehr ein Ruine, denn ein Haus. Auch wenn Yosh oft einen selbstgefälligen Eindruck machte, so wußte Selissa, dass er nur so tat.


"Er dachte ich schlafe, als er mich mit seiner letzten Decke zugedeckt hat..er dachte ich hätte es nicht bemerkt."

Murmelt sie leise vor sich hin und lächelt dabei. Adrian war irgendwie genauso. Auch wenn man oft dachte, er wäre nur auf sein eigenes Wohl aus, wußte Selissa dass er im Grunde ein gutes Herz hatte. Außerdem vertraute sie ihm.

Ein Geräusch reißt die junge Frau aus ihren Gedanken und sie hebt langsam den Kopf, um die Ursache des Geräusches auszumachen.
Abgetretene Schuhe, zerrissene, löchrige Robe, auf den ersten Blick dennoch eine dünne, eher schlacksige Gestalt, junges, fast knabenhaftes Gesicht, blonde Haare und diese tiefblauen, unergründlichen Augen..

""...Yoshua?"
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 29 Okt 2006 13:27    Titel:
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"Komm mit mir Selissa, wir fangen ganz von vorne an, nur wir beide.."

Wie sehr hatte sie sich diese Worte herbeigesehnt, wären sie nur viel früher gekommen. Damals als Tugor, ihr Vater, sich für Laheria und damit gegen Selissa entschied, damals als Selissa dann aus Rahal floh, weil man sie in die Garde zwingen wollte und es somit nichts mehr gab, was sie dort hielt.
Ich kann mich nicht für dich entscheiden, Selissa..das waren seine Worte und erst jetzt wo sie tot war, konnte er es aufeinmal.
Doch dafür war es nun zu spät, eine neue Tür war aufgegangen und eine andere hatte sich geschlossen.

Aber..war es wirklich zu spät?

Tugor verachtete all das, was Selissa gelernt hatte und bereit war noch zu lernen, verachtete Darna, die immer schon mehr war als nur eine Freundin - ihre Lehrerin, ihr Vorbild. Dennoch, die Verlockung den einfachen Weg zu gehen, war nur allzu groß für Selissa und zu gerne hätte sie einfach Ja gesagt und wäre Tugor gefolgt. In einem eigenen zu Hause zu leben, mit den Menschen die sie liebte, das war es was sie sich immer erträumt hatte..wäre da nicht dieses dumpfe Gefühl einer Bedrohung die über ihren Köpfen schwebte und die Selissa immer dann spürte, wenn sie in Rahal war. So als würde Etwas versuchen in ihr Herz und in ihren Verstand zu dringen, um sie allmählich zu verdunkeln.
War das Alatars Macht?
Selissa wußte es nicht, aber eines wußte sie ganz genau, sie wollte auf keinen Fall zurück nach Rahal und Tugor war nicht bereit, seinen Glauben an IHN aufzugeben. Genauso wie Selissa nicht bereit war, die Suche nach der für sie richtige Wahrheit aufzugeben und die fand sie keinesfalls in Rahal, dessen war sie sich sicher.

Lange noch saß Selissa auf dem riesigen Bett, das nun das ihre war und dachte an das Zusammentreffen mit ihrem Vater nach, über die Enttäuschung die seinem Gesicht abzulesen war, aber auch über seine letzten Worte, dass er sie nie aufgeben würde, genauso wie sie ihn nicht. Ungewohnt war es, hier im Schloß und oft erwischte sich Selissa dabei, wie sie sich zurücksehnte, an ihr kleines Zimmer, das sie in dem Gasthof bewohnte und an Fred, der sie immer wieder mürrisch ansah, wenn er einen Blick auf das Chaos in ihrem Zimmer erhaschte.

Und dennoch war dies hier, der Weg den sie einschlagen wollte, hier waren die Menschen die sie um sich haben wollte, Darna, Adrian, Viola, Yoshua...nur Tugor fehlte ihr so sehr, dass es oftmals weh tat..

Aber manchmal mußte man eben Dinge aufgeben, um einen Schritt weiterzukommen in die Richtung, in die es einen zog..auch wenn es noch so schmerzt.
Niemand hatte jemals gesagt, das es einfach sein würde...und nicht immer war der einfache Weg auch der Richtige.
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 02 Nov 2006 23:09    Titel:
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- Manchmal muß man einen Schritt zurückgehen-
an einen Punkt den man längst hinter sich gelassen glaubte,
um sein wahres Ziel vor Augen zu behalten,
um Schatten von Licht zu unterscheiden,
und die Wahrheit von der Lüge..
und wenn man sich seinen Ängsten gestellt hat,
und den heuchlerischen Worten trotzen konnte,
kann man mit frischem Mut wieder nach vorne blicken -


Leises Quiken riss Selissa aus ihrem Dämmerschlaf, gefolgt von einem stechenden Schmerz in ihrem linken Zeh und mit einem Schlag war sie hellwach. Als der Schmerz intensiver wurde, zog sie die Luft scharf in ihre Lungen, nur um dann heftig zu würgen. Der Geruch nach feuchten Wänden, Blut, Moder und anderen Dingen, von denen sie nicht einmal wissen wollte, was es war, löste den Wunsch sich auf der Stelle zu übergeben in ihr aus und das obwohl sie weitaus schlimmere Gerüche gewohnt war.
Vorsichtig tastete Selissa ihren großen Zeh ab, er sich merkwürdig feucht anfühlte und erst nach näherer Untersuchung bemerkte sie im Halbdunklen der Zelle, dass es sich um ihr eigenes Blut handelte, das nun an ihren Fingern klebte.
Der Schmutz, der Gestank, die Ratten, das Blut...Rahal...all das widerte sie plötzlich unendlich an. Aber sie hatte ihr Versprechen nicht gebrochen, weder gegenüber ihrem Vater, noch gegenüber Darna. Sie war nicht freiwillig nach Rahal zurückgekehrt.

An ihrer mißlichen Lage war sie dennoch selbst Schuld..und alles nur wegen einem Kettenhemd. Aber nein, es war nicht nur irgendeines, es war Darnas Kettenhemd, das sie als Knappin tragen durfte und sie an Selissa weitergegeben hatte. Selissa gab damals ihr Wort, gut darauf acht zu geben und Darna hatte nur geantwortet "dessen bin ich mir sicher".
Dass sie die beiden Rahaler mit "Temora zum Gruße" begrüßt hatte, war wohl etwas ungeschickt, aber Selissa machte sich wenige Sorgen, immerhin war ihr "Vater" Feldwebel in deren Armee und ihre "Mutter" bei der Bruderschaft. Warum außerdem sollten diese Leute ihr etwas antun, nur weil ihr Weg und ihr Glaube ein anderer war?

Naiv, im Nachhinein betrachtet, das wußte Selissa nun auch, aber es half nichts, sie mußte sich mit einem der beiden duellieren, als zweite Wahlmöglichkeit gab es nur einen Schuß in den Kopf, durch die Armbrust des Anderen.
Ein Duell also und wer gewann, war im Recht. Das Recht der Stärkeren, wie sie es nannten. Natürlich verlor Selissa und lag schneller am Boden, als es ihr lieb war und die beiden Rahaler lachten nur hämisch.

"Na, wo ist deine Temorahure jetzt?"
Der Mensch ist doch für sich selbst verantwortlich..."

Dass sie den beiden dann ihr Schwert überlassen mußte - langsam begann sie dieses "tu es, oder stirb" zu hassen - schmerzte sie sehr, schließlich war es ihre erste Waffe, die sie je in Händen hielt und zudem ein Geschenk von ihrem Vater.
Als sie dann aber ein paar patzigen Antworten, auf ihre lästernden Worte gab und sie auch noch das Kettenhemd verlangten, siegte der Trotz in Selissa und das sollte der erste schwere Fehler sein, den sie an diesem Tag begann.

"Kommt mir nicht zu Nahe, oder Tugor reißt euch den Kopf ab."
"Tugor, wer soll das sein?"
"Er ist in Feldwebel in der Armee Rahals..noch.."
"und außerdem mein Vater.."

Und das war Fehler Nummer zwei.
Die beiden Gestalten beschlossen Selissa mit nach Rahal zu nehmen, um der Frage auf den Grund zu gehen, warum ein Anhänger Alatars, eine Tochter hatte, die dem "falschen Weg" folgte..und warum sie dann überhaupt noch lebte.
Als sie ihr die Hände auf den Rücken banden und der eine sie grob hinter sich her zerrte, fielen ihr plötzlich die Worte des Grafen ein, die er erst vor kurzem an sie gerichtet hatte:

"Ihr könnt nicht weiterhin nach Rahal marschieren und unschuldig lächelnd Äpfel verschenken, wenn es brenzlig wird."

Stimmt, gewarnt hatte man sie oft genug, aber eigentlich war es nur ein dummer Zufall, dass sie den beiden begegnete und das weit weg von Rahal.
Also saß sie nun hier, in der dreckigen Zelle und wunderte sich selbst darüber dass sie überhaupt eingeschlafen war, bei den vielen Ratten und dem Gestank und vorallem bei dem Gedanken an die Worte des Mannes, kurz bevor er die Zelle verließ "Morgen kommt der Folterknecht."
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 10 Nov 2006 23:08    Titel:
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Der flackernde Schein des Feuers, welches munter im Kamin loderte, spiegelte sich in dem jungen, fast noch mädchenhaften Gesicht von Selissa wider, als sie in einem der bequemen Polstersessel in dem hinteren Teil der Ritterquartiere saß und reglos in die Flammen blickte.
Das Feuer und die Wärme spendete irgendwie Trost gegen das kalte, bittere Gefühl der Einsamkeit.
Irgendwann blinzelte sie, als ihre Augen zu brennen begannen und senkte ihren Blick hinab auf ihre Beine. Langsam zog sie ihren Rock Stück für Stück höher, bis ihr Oberschenkel freigelegt war, nur um dann lange Zeit auf das eingebrannte Zeichen zu starren. Deutlich erkannte man an den verbrannten Rändern, dass es sich um die Form eines Panthers handelte, die Wunde selbst, war gerade am abheilen.
Schaudernd dachte sie an den Moment zurück, als man ihr das angetan hatte, an die zwei Männer, den einen der Befehle erteilte... Ashai und den anderen, der sie pingelig genau auch so ausgeführte...Cordovan.
Einsam..
Obwohl soviele Menschen im Schloß lebten, war doch niemand da mit dem sie reden konnte, außer Viola, zumindest ab und an. Als sie zurückkehrte aus Rahal, man sie laufen ließ und sie aus der Kutsche vor Varuna ausstieg, hatte sie sich einfach ins Gras gesetzt und gewartet. Gewartet und zur Stadt hinübergesehen.
Und sich gefragt ob sie überhaupt zurückkehren konnte, ob sie überhaupt irgendjemand vermisst hatte.
Als Adrian dann auftauchte, wurde die Einsamkeit durch Geborgenheit abgelöst..dann als er neben ihr im Bett lag, sie sich sicher und beschützt fühlte, von ihrem Bruder. Nach dieser Nacht, hatte sie keine einzige ruhige mehr gehabt, keine wo sie nicht aufwachte und rübersah in Darnas Schlafkammer, um zu sehen, ob sie nicht doch zurückgekehrt war.
Aber sie war nicht da, sie war im Kloster, schon seit geraumer Zeit, Zwangsurlaub wie es hieß..und Adrian war ebenfalls fort.

Mit einem leisen Seufzen zog Selissa ihre Knie an ihren Körper, nur um dann die Arme darum herum zu schlingen und das Kinn auf den Knien abzustützen. So zusammengekauert sah sie wieder zurück in die Flammen und grübelte noch stundenlang vor sich hin.

Sie dachte an Ray, den sie eigenhändig nach Rahal geführt hatte und der nun Ritter Alatars war. Die Freundschaft die sie einst verband, war verschwunden.
Sie dachte an Tugor, ihren Vater, der ihr immer wieder gesagt hatte, dass er sie nicht vor Rahal beschützen konnte, dennoch dass man sie laufen ließ, war, so war sich Selissa sicher, sein Verdienst.
Und trotz alldem, stand das Verhältnis zwischen den beiden auf einer harten Probe und irgendwann mußte eine Seite nachgeben.

Da waren also noch Darna, Adrian, Viola und Yosh, die Leute, die sie ein wenig besser kannte, für die sie mehr war, als das immer fröhliche "Apfelkind".

Darna..Selissa seufzte tief und vergrub den Kopf in ihren Knien.
Ausgerechnet Darna hatte sie unendlich enttäuscht.
Nicht nur dass sie sich nach Rahal entführen ließ, nein sie war auch noch absolut blamiert, nachdem sie beim Kloster aufgetaucht war und dort Sturm geläutet hatte.
Woher sollte sie auch ahnen, dass in der Pfeife kein Tabak, sondern etwas mit berauschender Wirkung war? Wie sie dann auf die Idee kam, ausgerechnet in dem Zustand Darna zu besuchen, wußte sie im Nachhinein auch nicht mehr. Hudgarr sollte sie dann zurückbringen in ihr Zimmer und beinahe hätte sie gesagt, dass sie nicht zurück wollte, aber dann hielt sie es doch für das Beste, zu Schweigen. An dem Tag hatte sie schon genug vermasselt.
Außerdem war da ja auch noch das kleine Problem mit dem Teppich, der aber auf wundersame Weise gereinigt worden war. Ob Darna schon davon wußte...eher unwahrscheinlich..aber herausfinden würde sie es bestimmt....

Und dennoch, wäre sie froh wenn eine fuchsteufelswilde Darna hier wäre, immerhin war das immer noch besser, als alleine hier sitzen zu müssen..
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Selissa von Appelthane





 Beitrag Verfasst am: 26 Nov 2006 11:21    Titel:
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"Suche Ruhe - am Schrein, wäge ab, was dir unausgewogen scheint.
Suche die Gerechtigkeit in den Dingen und denke nach, was du daran ändern kannst.
Betrachte alles so genau, wie es dir gegeben ist..und die Waage wird nicht nur vor dir sondern in dir sein.
Suche nach Wahrheit, suche nach Hilfe, wenn du sie benötigst."



Der Schrein der Gerechtigkeit.
Wieder einmal saß Selissa an den steinernen Stufen des Schreines, auf dem das Symbol einer Waage zu betrachten war. Wieder einmal dachte sie darüber nach, was sie Darna erzählen sollte, was Darna überhaupt hören wollen würde oder erwartete.
Gerechtigkeit.

Es war Wochen, wenn nicht gar Monate her und dennoch erinnerte sich Selissa noch so gut daran, als wäre es erst gestern geschehen. Die weit aufgerissenen Augen der jungen, hübschen Frau, die genau wußte, dass ihr Ende gekommen war. Der Mann, der sie seine Sklavin nannte, schnitt ihr mit seinem Messer einfach so die Kehle durch, als wäre sie nicht mehr Wert als ein Stück Vieh.
Als sie mit einem gurgelnden Laut zusammenbrach, traf ihn Sekunden später der Bolzen einer Armbrust mitten ins Herz. Tot, alle beide, lagen sie nebeneinander. Die Frau sollte begraben werden, der Körper des Mannes blieb einfach liegen, Futter für die wilden Tiere, sagten sie.
50.000 Goldstücke hatte er verlangt, damit hätte man das Leben seiner Sklavin erkaufen können, doch niemand war bereit zu bezahlen. Stattdessen hatten sie ihn umkreist, zwei Männer und eine Frau und schlußendlich mußten sowohl Sklavin, als auch Herr mit dem Leben bezahlen.
War das Gerechtigkeit? Auge um Auge, Zahn um Zahn? Ein Leben, für ein Anderes?
Selissa wußte dass es keinen Sinn machte, sich Vorwürfe zu machen.
Dass sie sich hinter der Kutsche versteckt und einfach nur zugesehen hatte. Dass sie sich bis heute noch fragte, ob sie der Frau hätte helfen können. Ob sie einschreiten hätte sollen.
Es war ein unangenehmes Gefühl, als sie Darna von dem Erlebten berichtete, dennoch wollte, nein mußte sie ihre Meinung dazu erfahren.
Darna hatte ihr schweigend zugehört und sie dann gefragt, was sie Anders machen hätte können oder hätte wollen.
Eine Weile dachte Selissa schweigend über die Frage nach, bis ihr klar wurde, dass sie es selbst nicht wußte. Womöglich hätte sie eingreifen sollen, mit den Menschen reden sollen, aber ob das etwas gebracht hätte, dessen war Selissa sich ungewiss. Wer hätte schon auf ein junges Mädchen gehört, die herumlief wie eine Landstreicherin?
Und das war der Punkt, an dem Selissa beschloss, nicht mehr weiter einfach nur zuzusehen oder gar wegzusehen.
Der Tag an dem sie insgeheim ein Abkommen mit sich selbst traf, mehr aus ihrem Leben zu machen, als durch die Gegend zu streifen und nichts zu tun.
An jenem Tag wurde aus dem vagen Gedanken, eines Tages womöglich Knappin zu werden, ein klarer Wunsch, ein klares Ziel.
Sie wollte mehr tun, als ab und an einen Apfel zu verschenken. Sie wollte den Menschen helfen und nie mehr einfach nur Zusehen, wie ein Menschenleben erlosch, ohne zumindest versucht zu haben, es zu retten.



Leise seufzend blickte Selissa zu dem Schrein hoch. Ein wenig war sie selbst verwundert darüber, dass sie es tatsächlich geschafft hatte Darnas Knappin zu werden. Dass ein langer Weg vor ihr lag war ihr dennoch bewußt. Die Lese - und Schreibübungen gingen schleppend vorran, es zu erlernen war schwerer als sie es sich vorgestellt hatte. Dafür ging das Reiten von Tag zu Tag besser. Zudem gab es da diesen Knappen, der es immer wieder schaffte sie zu ärgern. Elias, hieß er, aber mit dem würde sie schon fertig werden. Dann waren da schlußendlich noch die Schreine, die sie ausfindig machen und dann Darna davon berichten sollte.
Einige von den Schreinen hatte sie bereits gefunden, der Umstand jedoch dass sie nicht lesen konnte, erschwerte ihr die Aufgabe zusätzlich.

"Kelch, wofür auch immer der stehen mag. "Selissa kratzte sich am Kopf und abermals dachte sie an Darnas Worte:

"Suche nach Hilfe, wenn du sie benötigst."
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Darna von Hohenfels





 Beitrag Verfasst am: 27 Nov 2006 18:09    Titel:
Antworten mit Zitat

Schuß vor den Bug

Es war schwer, umzudenken. Wie war das damals gewesen, wie sah man selber sowas? Wie hatte Roderich versucht, sie und Gernot auseinanderzubringen, was hatte er an dieser Feindschaft nachvollziehen können?

Hätte sie ihm je eine Waffe an die Kehle gehalten? Ja... als es alles zu spät war. Es gab Tage, an denen hätte sie ihn töten können. Mit diesen Tatsachen kroch ein fetter Klumpen an Sorge und Angst hoch.
"Himmels Willen, Selissa, lass dich nicht darauf ein..."
"Ich hätte ihn nie töten wollen, Lady Darna."

Wenn man sich den bisherigen Werdegang der Beziehung der beiden anhörte, klang es nach nicht mehr als dem Balgen und Streiten zweier Achtjähriger. Schlimmer. Sich von diesem Frechdachs Elias dann auch noch vor den Kopf stoßen lassen, sie wäre ungerecht, noch lange bevor sie mit den beiden fertig war, hatte ihr regelrecht den Boden unter den Füßen weggezogen.

War sie zu streng? Zu nachsichtig?
War es Schauspielerei, als die beiden Heranwachsenden mit gesenkten Köpfen aus der gräflichen Besenkammer kamen und die Standpauke ihrer Ritter, die sich regelrecht miteinander verbündet hatten, über sich ergehen lassen mussten?
Die verhängten Strafen klangen drakonisch und zahlreich - und waren letztendlich nichts anderes als weitere Ausbildung mit angezogener Kandarre, die deutliche Mahnung, sich zusammenzureißen... und zusammenzuarbeiten.
Schreine aufsuchen, der höfischen Maestra zur Hand gehen, bei der Pflege der Gardewaffenkammer helfen, Selissa das Schwimmen beibringen... ein kurzes Schmunzeln. Es verblasste schnell, wich Sorge, als Gedanken aufkamen, was alles schiefgehen konnte, in welche falschen Wege sie sich verrennen könnten, was für Katastrophen noch möglich wären...

Und die strikte Beendigung dieser Sorgen:
"Sie wollen Ritter werden. Doch Ritter ist man letzten Endes aus sich selbst heraus - sind sie eines Ritters würdig, werden sie die richtigen Entscheidungen treffen. Die kannst du ihnen auch nicht abnehmen. Beobachte."
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