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Von den Nebenwirkungen einer Quecksilberkur
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Von den Nebenwirkungen einer Quecksilberkur
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Taranee Anjali Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 30 Jun 2018 21:35    Titel: Von den Nebenwirkungen einer Quecksilberkur
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Dass sie einfach über den Zaun geklettert war, um sich Zutritt zum Garten zu verschaffen, wurde in keiner ihr bekannten Kultur als akzeptables Verhalten toleriert und daher konnte sie auch kaum erwarten, dass in dieser Stadt andere Regeln galten. „Adoran“. Schon als sie das Schiff über die schmale Planke verlassen und die mächtigen Befestigungsanlagen passiert hatte, wurde ihr klar, dass das keine Stadt war, in der man solchen Regeln einen größeren Spielraum ließ.

Die Gardisten in ihren goldenen Rüstungen waren bis an die Zähne bewaffnet und sie spürte die wachsamen Blicke hinter ihren geschlossenen Visieren auf ihrem Weg durch die Straßen. Die Häuser mit ihre weiß gekalkten Obergeschossen und klar umgrenzten Gärten standen ebenso in Reih und Glied wie die Wachen davor. Sie entzifferte die eingravierten Namen auf den Türschildern und Briefkästen und erreichte schließlich eine Holzbrücke am anderen Ende der Stadt, ohne dass der Name ihrer Schwester darunter gewesen wäre.

Vielleicht hatte sie sich doch geirrt, aber angesichts der Tatsache, dass sie ihr letztes Geld in eine Schiffspassage auf die Insel investiert hatte, konnte sie auch der plötzlich aufkeimende Zweifel nicht von ihrem Entschluss abbringen. Sie fasste sich also ein Herz und erkundigte sich bei einer diensthabenden Wache auf der gegenüberliegenden Seite der Brücke nach dem Haus ihrer Schwester.


„Hast du eine Nachricht für die Edle Thalia Nesireh de Lekanth?“

Eine Nachricht, genau. Das war zwar gelogen, hatte aber zur Folge, dass sich der Gardist mit einem sanften Ruck aus seiner Erstarrung löste und dem Verlauf der Straße bis zur nächsten Gabelung folgte. Er deutete mit der Spitze seiner Hellebarde auf das Haus am Ende eines schmalen Weges.

„Da hinten!“

Nun war es an ihr zu erstarren. Mit dem Haus und seinem bläulich in der Abendsonne schimmernden Dach manifestierte sich ein Anblick, der kaum einen Zweifel daran ließ, dass ihre Schwester mehr Glück gehabt hatte als sie.

Auch ohne sich umzudrehen, wusste sie, dass der Gardist noch an der Weggabelung stand und sie beobachtete und so blieb ihr nichts anderes übrig, als einen Zettel aus ihrem Rucksack zu kramen und ihn in den Briefkasten von Thalia zu werfen. Dass es sich dabei nicht um eine Nachricht für die Edle handelte, sondern um den Fahrschein, der auf ihren Namen lautete und ihr einen Schlafplatz im Rumpf eines jüngst im Hafen von Adoran eingelaufenen Schiffes zusicherte, wusste er freilich nicht.

Taraneé bedankte sie sich beim Gardisten für seine Hilfe und verließ von seinem wachsamen Augen begleitet die Siedlung vor den Toren der Stadt. Erst bei Einbruch der Dämmerung nützte sie die Wachablöse und schlich zurück über die Brücke zum Haus ihrer Schwester und ihres – wie sie feststellte – Ehemannes. Ohne lange zu zögern und ohne die unbeleuchteten Fenster als Hinweis zu verstehen, packte sie die Glocke und läutete.

Während der schlaflosen Nächte auf dem Schiff hatte sie viel Zeit gehabt über ihre ersten Worte nachzudenken, aber dass Thalia nicht daheim sein könnte, wenn sie ihr Haus fand, war ihr nie in den Sinn gekommen. Was sie ganz bestimmt nicht erwartet hatte, war, willkommen zu sein. Aber jetzt war Dheran tot und alles was er nach den Kosten für seine Behandlung hinterlassen hatte, war ein Schuldschein, der auf ihren Namen lautete. Wie auch immer Thalias Wege verlaufen waren, sie waren mit Geld gepflastert gewesen und war es dann nicht gerecht, wenn sie für die teure Quecksilberkur bezahlte, die das Leben von Dheran um ein paar schmerzvolle Tage verlängert hatte? Ohne Geld konnte sie sich jedenfalls nicht mehr blicken lassen und der alte Halsabschneider würde auch den Pachtvertrag nicht verlängern. So oder so, es war niemand da.

Sie war gerade auf einem der Stühle in Thalias Garten eingeschlafen, als eine Gestalt am Tor erschien.


"Temoras Segen! Ist die Edle de Lekânth zu Gegend? Ich habe eine persönliche Einladung für sie von Hochgeboren von Talgrund."

Worte aus einer anderen Welt. Taraneé hatte den Brief unter dem Türspalt durchgeschoben und wartete bis lange nach Einbruch der Nacht auf die Rückkehr ihrer Schwester. Um Hochzeiten, Reisen und teuren Tand drehte sich das Leben von Thalia, während ihr das Geld fehlte, um ihre Schuhsolen aufdoppeln zu lassen. Allmählich dämmerte ihr auch warum der Gardist stets eine Hellebardenlänge Abstand gehalten hatte. Ihr Anblick wäre eine Zumutung für eine Adelige und dann würde man sie verjagen oder – noch wahrscheinlicher – einsperren.

Taraneé war erleichtert, dass sie Thalia nicht angetroffen hatte, als sie wieder über den Zaun kletterte und rasch von der Dunkelheit verschluckt das Weite suchte ….
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Mavie Reuth





 Beitrag Verfasst am: 05 Jul 2018 10:11    Titel:
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Zuletzt bearbeitet von Mavie Reuth am 05 Jul 2018 10:15, insgesamt einmal bearbeitet
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Taranee Anjali Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 05 Jul 2018 10:59    Titel:
Antworten mit Zitat


Beim Anblick des gemachten Bettes im Lichtkegel der Kerze musste sie den verlockenden Gedanken, dass Thalia und Feoras das Zimmer vielleicht nur für ihren Besuch vorbereitet hatten, an seinen Platz ins Reich der Träume verweisen. Bevor sie aber im Sog des nahenden Schlafes in dieses Reich übersiedelte, galt der letzte Rest wachen Bewusstseins der Frage, ob sie nicht vielleicht doch bleiben sollte. Wenigstens für ein paar Tage.

Die beiden hatten auf dem Festland nach ihr Ausschau gehalten und obwohl sie das nicht mit den entbehrungsreichen Vergangenheit versöhnte, ahnte sie, dass Thalia nicht allein aus Gewissenlosigkeit gehandelt hatte. Die stille Empörung über Dheran, der in Erwartung ihrer Rückkehr den fernen Horizont anstarrte und sich nach Jahren noch an der Hoffnung einer gemeinsamen Zukunft aufrichtete, hatte sich tief in ihr eingegraben und letztlich hatte sie auch Recht behalten. Dheran war gestorben und sie hatte sich auf die Suche nach einem anderen Leben selbst auf den Weg gemacht.

Was sie dann gefunden hatte, stimmte allerdings nicht mit ihrer Erwartung überein, denn Thalia und ihr Mann hatten sie in ihr Haus eingeladen und zum Bleiben aufgefordert.

Als sie im Gästezimmer erwachte, hatte die Sonne ihren Zenit bereits erreicht und Taraneé verließ das scheinbar leere Haus in eine Welt, die über Nacht ihr Aussehen verändert hatte. Die Häuser und die Wachen in der Stadt, die noch am Tag zuvor in Stein gehauene und in Stahl gegossene Fremde gewesen waren, hatten ihr bedrohliches Gesicht verloren und waren zu Beschützern eines friedvollen Beisammenseins geworden.
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