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Sahlim Ifrey - Glut der Leidenschaft - erloschen
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 01 Okt 2006 23:23    Titel: Sahlim Ifrey - Glut der Leidenschaft - erloschen
Antworten mit Zitat

Tretet heran, Bürger der Länder und Städte, höret euch an die Geschichte von Sahlim aus dem Hause Ifrey!

Nun, lange Zeit mag vergehen, bis der junge Knabe, dessen Geschichte hier in knappen Worten festgehalten wird, zur Legende, gar zum Musterstück der ländlichen Barden werden mag. Und doch sei sie hier festgehalten, damit sie euch, werter Leser, amüsieren oder zumindest unterhalten möge. Lasset euch verführen in die geheimnisvollen Reiche Menek'Urs und erlebt das Schicksal eines Mannes mit, der selbst zu spüren bekommt, wie nah die Götter einem sein können.

Inhalt:

Kapitel 1 - Vorgeschichte oder: Vom Kind zum Mann
Kapitel 2 - Die Reise beginnt oder: Die erste Stunde
Kapitel 3 - Der Reiz der Frauen oder: Lange Beine, hübsche Augen
Kapitel 4 - Feuer und Bücher oder: Studien
Kapitel 5 - Gedanken an die Vergangenheit oder: Träumereien
Kapitel 6 - Gedanken an den Tod oder: Was bedeutet schon Leben?
Kapitel 7 - Opfer oder: Das plötzliche Ende

Kapitel 1 – Vorgeschichte oder: Vom Kind zum Mann

Erstaunlich ist es, wie manchmal das Schicksal einen Menschen wie auf einer unsichtbaren Welle vor sich hintreibt – man steuert von wahrem Glück in größtes Leid, ohne Herr der eigenen Gefühle und Fähigkeiten zu sein, ohne sich wehren zu können gegen Kräfte, die scheinbar alles vorher bestimmt haben. Manch einen erfüllt dies mit unendlicher Wehmut, mit Angst und Trotz, vor allem aber mit Unsicherheit, denn die Zukunft ist dennoch ungewiss. Andere hingegen sind beseelt in dem Bewusstsein, dass ihr Weg vorgezeichnet und ihr Handeln gelenkt ist. Und doch kann keiner von ihnen verhindern, dass es geschieht – dass die Welle der Zeit über ihnen herein bricht.

Auch der junge Sahlim, kaum dem Jugendalter entsprungen und noch immer mehr Lausbub und Möchtegern-Casanova als ernsthafter, im Leben stehender Mann, hatte in seinem noch recht kurzen Leben erfahren können, welch seltsame Wege jenes Wesen zu gehen pflegte, dass von vielen als die erhabene Mutter, als ein grundgütiges und gnadenreiches Wesen verehrt und gepriesen wurde. Nach nunmehr zwanzig durchlebten Sommern, die allesamt wie im Fluge vergangen waren, zeichnete sich mehr und mehr eine Route ab, ein Pfad aus unverkennbaren Zeichen und Signalen, die ihn genau dahin gebracht hatten, wo er nun war. Die ihn zu dem gemacht hatten, als der er sich nun ausgab – zu einem jungen, temperamentvollen und sicherlich auch charmanten Menekaner, der sich dem Studium geheimer Künste hinzugeben entschieden hatte.

Im Rückblick erkannte er die Andeutungen, die sein Schicksal schon so oft gemacht hatte. Begonnen hatte alles bereits im zarten Kindesalter, als Sahlim Laufen gelernt hatte und die rudimentärsten Worte einigermaßen fehlerfrei beherrschte. Seine Mutter, Sameeha, war eine weithin bekannte und geschätzte Schneiderin und daher oft zuhause, um ihrem Sohn die Liebe und die Zuneigung zu schenken, die er so sehr brauchte. Und er verstand, sie sich zu nehmen. Mit zahlreichen Kniffen vermochte er, seine Mutter stundenlang zu beschäftigen und ihr doch immer wieder ein Lächeln auf die Lippen zu treiben, bis sie schließlich vor Freude jauchzte, ihn in die Arme schloss und mit Küssen bedeckte. Das selige Kinderlachen, das so häufig durch das Haus schallte, erfüllte die beiden stolzen Eltern mit Freude und einem tiefen Glück, das sie ihrem Kind mit ihrer tiefen Zuneigung dankten.

Sahlims Vater hingegen, Kamal Ifrey, war ein tapferer und stolzer Beherrscher der Waffen, ein geschickter und erfahrener Säbelschwinger, der zahlreiche Schlachten geschlagen und viele Länder bereist hatte. Sein Können musste weithin gerühmt worden sein, denn einige Zeit wurde ihm sogar die große Gnade zuteil, dem Erhabenen des Landes, dem Emir selbst in seiner Garde dienen zu dürfen, sein Leben für das Leben des Beherrschers der Wüste spenden zu können. Sahlim hatte seinen Vater nie kämpfen sehen, aber er liebte die zahlreichen Geschichten und Erzählungen, denen er in den lauen Sommernächten lauschte, wenn die ganze Familie im Wohnbereich vor dem Kaminfeuer saß. In diesen Stunden, wenn die Nacht hereinbrach und das ganze Land langsam kalt wurde, hockte Sahlim eingekuschelt auf dem Schoß seiner Mutter, eingehüllt in eine warme, wohlige Pelzdecke und strahlte mit seinem kleinen, kindlichen Gesicht, wenn sein Vater wieder einmal mächtigen Heerscharen von bösen Männern oder abartigen Monstern entgegen getreten war. Hin und wieder hatte der Vater sogar kleine Gegenstände aus geschlagenen Schlachten in der Hand, die Klein-Sahlim dann mit seinen Kinderhänden staunend, ja fast ehrfürchtig drehte und wendete, als wären es Heiligtümer eines großen Helden, vielleicht Saajiids selbst.


Das Schönste für den kleinen Jungen aber war das Feuer, das knisternd und prasselnd in einer Einbuchtung vor sich hinloderte, manchmal klein, fast unterwürfig und scheu, vielleicht sogar verschämt, dann aber mit einem Mal wieder tosend, brausend und zornerfüllt, wenn er lodernd und aufschlagend mit seinen Flammen emporzüngelt. Dieses ständige Auf und Ab der Flamme schien ihm so lebendig und fröhlich, aber auch menschlich, dass er oft Ewigkeiten nur dem Treiben der Flammenzungen zusah, ohne auch nur einen Augenblick des Farbenspiels müde zu werden. Erst, wenn das Feuer fast erloschen und die Nacht hereingebrochen war, hob seine Mutter ihn auf ihre Arme und trug ihn in das kleine Holzbettchen, in dem Sahlim geruhsame und angenehme Nächte verbrachte.

Es dauerte jedoch einige Zeit, bis der Spross des Hauses die wahre Natur des Feuers erkannte, bis er entdeckte, dass die Wogen und die Regungen der Flammen keineswegs eine Laune der Natur oder nur das Spiel eines fröhlichen Wesens waren. Fast beiläufig kam es ihm vor, als er bemerkte, dass es seine eigenen Regungen waren, die er da sah. Wann immer sein Vater von großen Schlachten berichtete, in denen er todesmutig dem Feind gegenübertrat und mit seinem Säbel zahlreichen Feinden das Leben nahm, da stieg die Erregung in dem jungen Menekaner auf, da fieberte er dem Geschehen mit und lebte förmlich nach, was sein Vater empfunden haben musste. Und auch das Feuer loderte wie wild, züngelte empor, griff um sich und schlug mit den Flammen umher, als suche es nach Feinden, die es zu erlegen galt.

Doch wenn der Vater in Gefangenschaft geriet, wenn das Schlachtglück sich wendete oder der Erhabene selbst in Gefahr war, ja, da erblasste Sahlim. Mit einem Mal fühlte er sich hilflos, lauschte fassungslos der Geschichte und konnte nur auf einen guten Ausgang hoffen, auch wenn er seinen Vater doch lebendig vor sich sitzen sah. Und das Feuer? Mit einem Mal war es schwach, loderte ein wenig vor sich hin, ängstlich, gebannt, furchtsam. Als empfinde es wie er, als würde auch das Feuer der Geschichte lauschen, die der furchtlose Säbelschwinger so trefflich zum Besten zu geben wusste.

Von da an erlebte Sahlim jede Geschichte wie seine eigene. Eine Erzählung zu vernehmen und sich von den Schilderungen packen zu lassen, war das eine – aber die Regungen im Spiel der Flammen widergespiegelt zu bekommen und zu erleben, machte jede Schlacht zu einem persönlichen Erlebnis und jede Niederlage zu einer eigenen, schmerzenden Wunde.

Doch damals war Sahlim ein Junge, vielleicht um die zehn, höchstens zwölf Jahre alt und behielt dieses Empfinden für sich, erschien es ihm doch als die normalste Sache der Welt. Die Jahre gingen dahin und der Junge wuchs, entwickelte sich Stückchen für Stückchen zu einem ansehnlichen Mann, der mit seinen Freunden den ganzen Tag um die Wette rennen und lachen konnte, der seiner Familie half, wo er nur konnte, und der auch den Reiz der schönsten Dinge des Landes, der Frauen, zu schätzen lernte.

Ja, die Frauen waren ein leidiges Thema, denn ihrem attraktiven und grazilen Auftreten hatte Sahlim nur wenig entgegen zu setzen. Es gab nur wenige Situationen, in denen der junge Mann nicht jeder Frau, die an ihm vorbei ging, ein strahlendes Lächeln schenkte, ihrem Weg mit den Blicken folgte und dabei ziemlich dämlich grinste. Und nicht selten wussten die Frauen um ihre Reize und die Wirkung, die sie bei ihm erzielten, da war er sich sicher – wie sonst konnte er sich erklären, dass so manche Wüstenperle ihm bewusst ein strahlendes, ja fast einladendes Lächeln zeigte und ihren Weg mit deutlich betontem Hüftgang fortsetzte? Es mochte Einbildung sein, aber Sahlim gefiel es.

Vor allem bei den jüngeren Menekanerinnen fand auch er selbst großen Anklang, ein Umstand, den er durchaus zu nutzen wusste. Wer es geschickt wusste, seine Reize und seinen Charme im richtigen Augenblick spielen zu lassen, konnte von einer Frau leicht alles bekommen, was er wollte – und Sahlim nutzte seine Jugend, diese Kunst wahrlich zu perfektionieren. Es kam nicht selten vor, dass seine Eltern fast verzweifelt Nachbarn und Verwandte beschwichtigen mussten, deren Töchtern er wieder einmal den Kopf verdreht hatte – und die dieses Spiel auch nur zu gern mitgespielt hatten.

Doch auch für einen jungen Menekaner kommt der Tag, an dem er erwachsen wird und es für ihn Zeit wird, sich um seine Zukunft zu kümmern. Und während sein Vater ihm einen Platz in den Reihen der stolzen Säbelschwinger zudachte, sah seine Mutter ihn bereits als reichen und ehrbaren Salzschürfer in einem wohlhabenden Haus wohnen, von Salz bedeckt und mit Gold überschüttet. Sicherlich, Sahlim verspürte weder gegen Ruhm und Stolz noch gegen Reichtum und Ehre Abneigungen, auch wenn ihm die schwere Arbeit der Salzschürfer und das schweißtreibende Training der Säbelschwinger sinnlos und ermüdend vorkam. Und er besah sich beide Berufe, übte wochenlang mit anderen jungen Männern den waffenlosen Kampf oder mühte sich neben erfahrenen Mannen in der Mine unter dem heiligen Berg ab. Doch welches Handwerk, welche Kampfeskunst er sich auch besah, in keiner besaß er genug Talent, um damit eines Tages Erfolg zu haben. Den jungen Rekruten der Säbelschwinger war er weit hinterher, konnte sich mit ihnen an Kraft und Geschicklichkeit nicht messen. Noch dazu fiel es ihm schwer, schnell auf die Bewegungen und Angriffe seiner Gegner zu reagieren, so dass er häufig den Kampf verloren hatte, bevor der richtig begann. Und auch wenn er nicht von sich erwarten konnte, ein Handwerk von Beginn an zur Perfektion gebracht zu haben, so war die Zahl der Unfälle und Missgeschicke, die ihm passierten, rekordverdächtig.

Erst jetzt, als seine Eltern verzweifelt mit dem Schicksal haderten und sich fragten, was sie nur falsch gemacht hatten, erinnerte sich Sahlim wieder jenes Feuers, das ihn als jungen Knaben so häufig begleitet hatte. Und er erinnerte sich der Geschichten, die sein Vater ihm von den Drachen erzählt hatte, von ihrem unglaublichen Wissen, und von jenen weisen Männern und Frauen, die sich dieses Wissens bedienten und seltsame Kräfte besaßen. Was konnte es ihn kosten, hinzugehen und zu fragen? Es mochte töricht sein, wenn ein junger Mann von nur 20 Jahren zu einem Weisen ginge und ihn bat, in die Geheimnisse des Feuers eingeweiht zu werden, doch erschien es ihm als der letzte Weg, der ihm noch blieb – vielleicht war dies der Weg, den sein Schicksal für ihn vorgezeichnet hatte und den er jetzt nur noch zu gehen brauchte.

Doch wieder ging das Schicksal jene seltsamen Wege, die zu ergründen der Mensch wohl nie in der Lage sein wird, und entfesselte in eben jenen Stunden, als der junge Menekaner namens Sahlim auf der Suche nach den Weisen die Stadt durchkämmte, einen gewaltigen Sturm, der das Land im Chaos versinken ließ. Mit Müh und Not vermochten die tapferen Menekaner, die Stadt zu verlassen und in Karawanen, kleinen Gruppen von sechs oder sieben Leuten samt einiger Lamas oder Pferde, die Wüste bis zu der kleinen Oase zu durchqueren, von der man sich Schutz und Rettung versprach. Auch Sahlim war in einer jener Gruppen – es war eine der Letzten und keiner der Wachleute oder der zwei Frauen kam ihm bekannt vor. Die Gruppe kam gut voran, kämpfte tapfer gegen den Sturm vorwärts und sah das Ziel bereits in greifbarer Nähe, als ein mächtiger Sandwirbel den Tross auflöste und umherwirbelte. Manch Lama und Pferd wurde nie wieder gesehen, bedeckt von Sand oder vertrieben in eine von Sturm und Wind geplagte Wüste, die Mannen und Frauen lagen weithin verteilt im Sande, als der Sturm wieder weiter zog. Sahlim hatte es besonders schwer getroffen, durch einen unglücklichen Umstand war er bis zur Nasenspitze in einem riesigen Sandhügel vergraben und hatte zu allem Unglück auch noch die Sinne verloren, als eine gewaltige Schwärze seine Augen umfing.

So gefesselt und verstummt erkannte und entdeckte ihn keiner mehr, der aus seiner Gruppe nach ihm suchte, und so hielt man ihn für tot, verschollen in der Wüste, und setzte den Weg zur Oase fort – mit einer Person weniger als geplant. Als Sahlim schließlich wieder sein Bewusstsein erlangte, war der Sturm fort – und mit ihm die Gruppe. Um ihn herum lag nur Sand, endloser Sand, und ein oder zwei Bananen, die sich von den Tragetaschen der Tiere gelöst haben mussten. Und so wäre er sicherlich dort draußen gestorben, vergraben in einem riesigen Berg aus Sand und nicht in der Lage, Arm noch Bein zu rühren, wenn…

… ja wenn da nicht wieder jenes innere Feuer gewesen wäre. Das Bild jenes Feuers, das er als Kind so geliebt und geschätzt hatte, das Feuer der Liebe, die seine Eltern ihm selbstlos entgegen gebracht hatten, weckten seinen Lebenswillen und gaben ihm Kräfte, die er nie an sich gekannt hatte. Ruckartig, fast mechanisch löste sich Sahlim aus seinem körnigen Gefängnis, grub sich langsam aus dem Sand, befreite Arme und Hände und zog sich in einer letzten Kraftanstrengung aus dem Sandhaufen. Er hatte sein Leben wieder, war noch Meilen von der Oase entfernt und kam beinahe um vor Durst und Hunger.

So kam er denn an jene Oase, in der die Kinder der Wüste bereits Unterschlupf gefunden hatten – auf allen Vieren kriechend, halb tot und vom Durst und Hunger um den Verstand gebracht. Man kümmerte sich fürsorglich um ihn und sein letzter Kummer war fort geweht, als er sich seiner Cousine Sharie gegenüber sah – auch sie hatte es geschafft, und er war nicht mehr alleine.

Der Rest seines Weges glich einem ausgetretenen Trampelpfad, denn viele der Menekaner waren ihn gegangen. Eine Zeit lang bot die Oase Schutz und Zuflucht vor den Tücken des Sturmes, bis Eluive bewies, dass auch sie Gnade kannte. Und auch Sahlim packte mit an, als es hieß, die Stadt wieder aufzubauen und ihr jenen Glanz zu verleihen, den sie einmal gehabt hatte. Es waren Wochen, ja Monde vergangen, und noch immer stand er dort, wo er begonnen hatte. Doch hatte er bereits das Glück gehabt, sich jemandem offenbaren zu können, war er bereits in der Lage gewesen, dem ehrwürdigen Statthalter von seiner Suche zu berichten. Vielleicht würde er doch noch jenes Ziel erreichen, nach dem er nun schon so lange strebte, und dessen Erfüllung nicht im Sinne des Schicksals zu stehen schien. Vielleicht würde die Zukunft eine neue Perspektive und einen neuen Weg bringen.


Zuletzt bearbeitet von Sahlim Ifrey am 10 Nov 2006 22:15, insgesamt 10-mal bearbeitet
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 05 Okt 2006 14:50    Titel:
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Kapitel 2 – Die Reise beginnt oder: Die erste Stunde

Der Wiederaufbau der goldenen Stadt ging schneller voran, als Sahlim das für möglich gehalten hatte. Vom Ende der Katastrophe beflügelt und mit einer Einigkeit, die er noch nie so stark zu erkennen vermocht hatte, half ein Menekaner dem anderen, lieh jeder seine Kraft und sein Geschick dem Volke, um ein neues Zuhause entstehen zu lassen, das die Pracht und die Größe der Städte Gerimors weit in den Schatten stellen sollte. Unermüdlich standen Männer und Frauen Seite an Seite, um die endlosen Massen an Sandstein und Fliesen zusammen zu fügen, daraus kolossale Wohnräume, einen wunderschönen Palast, zierliche Gärten, sprudelnde Brunnen und dekorative Plätze zu schaffen. Binnen Wochen war bereits getan, was sonst Monate in Anspruch genommen hätte – Eluive selbst hatte den Geist ihres Volkes durchdrungen, die Männer geeint und ihnen Willensstärke und Tatenkraft eingeflößt. Sahlim war geradezu begeistert, und wie ein loderndes Feuer brannte seine reine Lebensfreude, als ihm gewahr wurde, dass er das große Glück hatte, seinen Teil zu einem großen Ganzen hinzu zu fügen.

Menek’Ur hatte sich aus dem Sturm neu erhoben, geeint und gestärkt, tapferer und mutiger als je zuvor und in dem klaren Bewusstsein, dass er Segen der Göttin, der Erhabenen, auf ihnen ruhte und sie vor allen Widrigkeiten zu schützen vermochte. Für Sahlim war es ein beruhigendes Gefühl, zu wissen, dass sein Weg trotz der zahlreichen Hindernisse klar und deutlich vor ihm lag – jetzt, einige Zeit später, vermochte er zu erkennen, welch großes Geheimnis ihm offenbart worden war durch jenen Zwischenfall, den er beinahe als Warnung verstanden hatte. Er hatte ein Feuer kennen gelernt, dass er so noch nie gesehen hatte, die Einigkeit und den Stolz des menekanischen Volkes, das um sein Überleben kämpfen konnte, wenn es darauf ankam. Er war in der Lage gewesen, diese Flammen in sich zu spüren und den menekanischen Geist hautnah mitzuerleben – und dafür musste er der erhabenen Mutter dankbar, ja verpflichtet sein. Würde ihn das auf seinem Weg vorantreiben?

Dennoch gingen Wochen, gar Monde dahin, ehe in den Straßen der sandfarbenen Stadt, die mit roten und braunen Fliesen ausgelegt worden waren, wieder ein Zustand herrschte, den man getrost und ohne lügen zu müssen Alltag nennen konnte. Die Frauen tratschten wieder freudig in den Straßen, unterhielten sich über die Kleinigkeiten des Lebens und strahlten fröhlich, wenn ihnen ein Mann seine Aufmerksamkeit schenkte. Die Männer gingen ihrer harten Arbeit nach und fielen spät am Abend tot müde und nach einigen Gläsern des köstlichen Kaktusschnapses ins Bett, die Kinder rannten spielend und kreischend vor Freude durch die Stadt und zauberten manch verzücktes Lachen auf die ernsten Gesichter der Erwachsenen. Alles schien so zu sein, als hätte man schon immer dort gelebt, als hätte es den Sturm niemals gegeben.

Das Vermächtnis an die Toten jenes Sturmes jedoch würde für immer in den Erinnerungen der Lebenden bleiben. Viele wurden verloren in jenen Tagen, verschollen in der Wüste, begraben unter Häusern, versunken im ewigen Sand. Jeder Stein und jede Platte der neuen Stadt schrie förmlich die Namen jener hervor, die man vermisste und die man niemals wieder sehen würde. Auch Sahlim kannte seinen Verlust – er hatte nichts mehr von seinen Eltern gehört. Sameeha und Kamal aus dem Hause der Ifrey, stolze und ruhmvolle Menekaner, die stets dem Erhabenen treu ergeben und dem Volke zu Diensten gewesen waren. Vielleicht hatten sie es geschafft, sich zu retten – doch die Hoffnung schwand mit jedem Tag, der ins Land strich, ohne dass eine Nachricht, eine Meldung, nur das kleinste Lebenszeichen zu finden war.


Doch zur Trauer allein blieb nicht viel Zeit. Sahlim war nicht viel geblieben aus seinem alten Leben, er trug ärmliche Kleider, zerschlissen und verdreckt, beinahe durchgescheuert vom ständigen Waschen und zeigte so trotz der Kleider an seinem Leib mehr Haut, als gut gewesen wäre. Eine dreckige rote Robe hielt das Bild eines ehrvollen Mannes noch ansatzweise am Leben, wenn es auch die eigentlich recht stattliche Figur des jungen Menekaners mehr als unvorteilhaft betonte. Die braunen Haare, die in einem kurzen Zopf über der Schulter lagen, waren neben dem makellosen, braungebrannten Gesicht mit den scharfen, markanten Zügen und der sanft geschwungenen Nase, den dunklen, blauen Augen und den eleganten Augenbrauen das Einzige, was an Sahlim sauber und gepflegt wirkte.

Auch sein Hab und Gut lag nun weit verstreut, tief unter dem Sand der Wüste und begraben unter den Trümmern einer alten, vergessenen Stadt. Nur einige Goldmünzen, vielleicht dreihundert Stück, vielleicht auch ein paar weniger, waren ihm geblieben, und ein kleines, leeres Buch, das er bei sich gehabt hatte, um seinen Unterricht zu besuchen. Damit ließ sich mit Müh und Not über die Runden kommen, doch er war nicht in der Lage, einen Schneider zu besuchen, der ihm das Nötigste fertigen sollte – wovon sollte er jene Arbeit bezahlen? Und noch war er zu stolz, sich von jemandem aus reinem Mitleid Kleider fertigen zu lassen. Er würde eine Aufgabe finden, würde sich Gold verdienen und dann als würdevoller und gut aussehender Mann das Parkett Menek’Urs betreten.

So zogen die Tage dahin, in denen Sahlim sich mehr oder minder ohne Arbeit und ohne Beschäftigung durch die Straßen schlängelte, Unruhen und Ärger aus dem Weg ging und sein Leben fristete, stets auf der Suche nach jenem Fadi aus dem Hause Yazir, der ihn gebeten hatte, nach dem Sturm zu ihm zu kommen, auf dass er mehr über die Urkraft des Feuers lernen könne. Sein Interesse galt wie üblich jenen hübschen, unverschleierten Frauen, die wie üblich mit Eleganz und Ausstrahlung die Straße jede für sich zu ihrem eigenen Laufsteg machte, um den Männern zu gefallen. Auch gefiel ihm der Bazar der Stadt ausnehmend gut, und so verbrachte er häufig Stunden damit, die kostbaren Auslagen der Goldschmiede, das fruchtige Obst und die saftigen Früchte eifriger Sammler oder die wertvollen Salzsäcke der Schürfer zu begutachten, sich hier und da über Preise und Qualitäten zu informieren und Augen und Ohren nach Anstellungen und Aufgaben offen zu halten.

Besonders jedoch zog ihn jene Akademie an, deren Grundmauern auf einer Insel vor dem menekanischen Hafen standen, die jedoch noch immer abweisend, ja fast schroff die Türen geschlossen hatte. Jeden Abend kam er hierher, blickte an den sandsteinernen Mauern empor und malte sich insgeheim aus, welche unglaublichen Kräfte und Geheimnisse hinter diesen Mauern hausen mussten, welch unvorstellbare Magie dort gewirkt würde.

So kam es auch, dass er an einem jener Abende, als er wieder einmal vor den hohen, im Licht der untergehenden Sonne rot schimmernden Sandsteinwänden stand und seine Gedanken sich wild im Kreise drehten, er jenen kleinen Zettel erblickte, der deutlich mit dem Siegel des ehrwürdigen Statthalters unterzeichnet war. Auch wenn Sahlim sich sicher war, dass es sich um eine Nachricht für einen jener Weisen handeln musste, die hier ihren Forschungen nachgehen konnten, hatte ihn die Neugier geweckt und er trat etwas näher heran, um im immer schwächer werdenden Abendlicht den Inhalt des Schreibens aufzunehmen. Wie groß war die Überraschung, als vielmehr er selbst Adressat jenes Zettels war? Der ehrwürdige Statthalter war bereit, einen Unterricht noch vor der Eröffnung der großen Akademie zu halten und damit den Ansprüchen der Weisen gerecht zu werden, lud zu diesem Zwecke alle Anwärter zu sich nach Hause ein. Das war sie! Jene Chance, auf die er so lange gewartet hatte. Er würde dort sein, um seiner Zukunft einen Schritt näher zu kommen, um zu ergründen, welch unglaubliche Kraft hinter dem Urelement des Feuers liegen musste, das ihn so fesselte.
Was folgte, war eine unruhige Nacht, in der Sahlim keinen Schlaf und keine ruhige Minute zu finden schien. Zwiegespalten wie noch nie wälzte er sich in seinem kleinen, notdürftig hergerichteten Nachtlager etwas außerhalb der Stadt herum und betrachtete den milden Sommerhimmel. Dort! War das nicht jener große Säbel, das Sternzeichen der Tapferen und der Mutigen? Es schien geradezu, als stehe es direkt über der Stadt, und Sahlim beschloss für sich, es als gutes Omen anzunehmen. Was blieb ihm auch anderes übrig? Vielleicht war dies sein Weg, der Weg eines Weisen, der die Urkräfte des Feuers kennen lernen durfte. Doch was war, wenn er sich geirrt hatte? Wenn sein Ansinnen nicht mehr als das eines dummen… Nein! Er war kein dummer Junge und er hatte sich das auch nicht eingebildet. Fast trotzig wütend ballte er seine Fäuste, während er mit geschlossenen Augen auf dem Felllager lag und sich in den buntesten Farben ausmalte, wie wohl der morgige Tag und damit der Unterricht, aussehen mochte. Hatte nicht auch er das Recht, endlich seinen Weg zu finden? Seine Bestimmung?

Und so waren es trübe Gedanken, ja beinahe widerspenstige, die ihn durch die Nacht begleiteten, ihn wach hielten und dafür sorgten, dass er immer wieder rastlos und mit müdem, schwankendem Gang um die Stadtmauern herumzog, wie ein Tiger, der aus seinem Käfig ausbrechen will. Die Bewegung und die frische, kalte Luft taten ihm gut, spülten die Gedanken aus dem Kopf und weckten ein Gefühl der Hoffnung für das kommende Geschehen.

Doch was auch immer Sahlim sich in seinen kühnsten Träumen ausgemalt hatte, wie er sich den Unterricht und vor allem die „Klasse“ oder den Lehrer vorgestellt hatte, seine Erwartungen wurden in keinem Fall erfüllt. Am nächsten Tag, dem zweiten des Wochenlaufes, fand er sich, wie auf dem Schriftstück beschrieben am Wohnsitz des Statthalters ein, um dort die Einführung in die Künste des Arkanen entgegen zu nehmen – oder eine Ablehnung ins Gesicht geschmettert zu bekommen. Doch statt einer riesigen Schulklasse, statt lauter wissbegierigen jungen Männern und Frauen, die sich um die kostbaren Lehren drängten, fand er nur sich selbst dort vor und eine recht attraktive, wenn auch etwas wortkarge junge Frau, die er noch zu Zeiten des Sturmes als Yafiah aus dem Hause der Masari kennen gelernt hatte. Und er erinnerte sich – auch sie war ja auf der Suche nach den Kräften des Feuers gewesen, im Grunde also eine Wesensverwandte. Nein, wenn er es recht bedachte, wunderte es ihn nicht, dass auch Yafiah den Ruf des Statthalters erhört und sich zum Unterricht begeben hatte.

Selbst der Lehrer entsprach nicht dem, was Sahlim vielleicht befürchtet oder zumindest angenommen hatte – denn wer hat nicht bei Lehren und Schulen als erstes den strengen, undurchsichtigen Professor vor Augen, der Fragen stellt, die einfach nicht zu beantworten sind? Der schrullig und verschroben mehr Chaos in den Unterricht bringt, als er erklärt? Ganz ähnlich, und damit recht modern, war Sahlims Vorstellung von diesem Fadi, doch er wurde aufs Herbste enttäuscht. Der Statthalter entpuppte sich nämlich keineswegs als verschroben und streng, sondern vielmehr als freundlicher, gütiger Lehrmeister, dem es Freude zu bereiten schien, dass er sein Wissen an Jüngere weitergeben konnte.

Und so erfuhr Sahlim zum ersten Mal von jener Urkraft der Elemente, vom Lied Eluives und all den zahlreichen Dingen, die um ihn herum waren und von allen vier Urkräften, Feuer, Wasser, Luft und Erde in unterschiedlichem Maße durchsetzt waren. So entdeckte er erstaunt, welch einfacher Tricks und Kniffe der magisch Begabte sich behelfen konnte, um einen Zauber wirkungsvoller und einfacher zu gestalten, angefangen bei der Wahl benachbarter Objekte bis hin zum Farbton der Kleidungsstücke.

Und auch die ersten Applikationen, die ein Anwärter zu beherrschen vermochte, wurden ihm und der übereifrigen Yafiah gezeigt und erklärt. Wie man aus dem scheinbaren Nichts Essbares entstehen oder im Dunklen das Licht der Sonne leuchten lassen konnte, ganz durch die Kraft des Geistes. Es ist unsinnig, die Anforderungen, die jene Zauber mit sich bringen, und die genauen Durchführungen hier näher zu beschreiben, ist doch der geneigte Leser spätestens bei den umständlichen und gefährlichen Zaubern einer nicht einzuschätzenden Bedrohung durch sich selbst ausgesetzt, sollte er in dem Versuch, das Kunstwerk nachzuexerzieren, fehlgehen. Hier sei deshalb um Verständnis gebeten.

Viel interessanter ist jedoch der Besuch einer jungen Menekanerin, die sich als Amira aus dem Hause der Masari zu erkennen gab, nachdem sie freundlich bei Fadi um einen Besuch des Unterrichts ersucht hatte. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf Sahlims Lippen ab – die junge Frau war attraktiv, gut gekleidet und offenbar gebildet, ging sie doch den Lehren der Illusionsmagie nach. Er würde sie im Augen behalten, das nahm er sich vor.

Festzuhalten bleibt, dass sich Sahlim nach diesen Stunden der einführenden Beschreibungen ein für alle mal sicher über die Wahl seiner Zukunft war. Auch wenn das Studium der arkanen Künste zweifellos Kraft und Anstrengung und vor allem jede Menge Arbeitseinsatz benötigen würde, war er bereit, alles zu geben, was er vermochte, um Erfolg zu haben und seinem Volk auf diese Weise den Dienst zu erweisen, den er sonst nicht erbringen konnte. Für einen kurzen Moment trübte der wehmütige Gedanke an die vermutlich toten Eltern das Glücksgefühl, dass sich in dem jungen Menekaner breit gemacht hatte, ehe er doch beschwingter und gelöster als noch am Vortag die Straßen der Stadt durchschlenderte, stets auf der Suche nach Arbeit und Vergnügen.
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 08 Okt 2006 15:11    Titel:
Antworten mit Zitat

Kapitel 3 – Der Reiz der Frauen oder: Lange Beine, hübsche Augen

An dieser Stelle mag der geneigte Leser oder die verehrte Leserin erwarten, dass die Aufzählung der belanglosen Erlebnisse des jungen Menekaners Sahlim seine Fortsetzung findet – sollte dem so sein, bin ich bitter gezwungen, ihn oder sie zu enttäuschen. Denn auch wenn die Tage eines Menekaners nicht kürzer sind als die eines Menschen, so trägt sich nur selten Wichtiges zu, mit dem man Andere zu belästigen sich wohl fühlen sollte. Statt nun also die Tage zu rekapitulieren, in denen Sahlim nebst der Übung seiner magischen Fähigkeiten auch der Stählung seines Körpers, der Suche nach Arbeit und der Verschwendung von Zeit nachging, folgt nun ein kleiner Exkurs über einen Wesenszug dieses Mannes, der noch nicht deutlich genug beleuchtet wurde.

Dass Frauen für den normalsterblichen Mann einen gewissen Anreiz bieten – hier sei von einigen besonderen Ausnahmen abgesehen – ist weit reichend bekannt und mit eines der Grundprinzipien, auf die sich die menschliche (und auch die menekanische!) Existenz stützt, ja für manch einen verkörpert der Drang des Mannes nach der Nähe einer hübschen Frau beinahe den Sinn des Lebens. Hierbei handelt es sich um kein neues Faktum, das groß beleuchtet zu werden bräuchte, denn was die Männer sowieso genauestens kennen, wissen die Frauen um so besser, die ihre Reize nur zu geschickt zu platzieren wissen. Und auch die üblichen, klischeeartigen Schönheitsideale, die das männliche Geschlecht so offen und beinahe mit Neonpfeilen versehen auf Bildern und Plakaten darstellt, gelten heutzutage als Allgemeinwissen und jede Frau weiß, was der Mann so schätzt. Soviel zum Klischee, ob die landläufige Meinung der Wahrheit entspricht, darüber darf sich nun der Leser seine eigene Meinung bilden (oder die Leserin ihre, um gerecht zu bleiben).

Dass sich nun menekanische Frauen einer ganz besonderen Schönheit erfreuen, die selbst auf dem so genannten Festland und in allerlei Kulturen herumgesprochen hat, ist vielleicht ein Faktum geringerer Bekanntheit, das sich niederzuschreiben durchaus lohnt. Der braungebrannte, südländische Teint, die makellose glänzende Haut und die formvollendeten Züge der jungen Frauen, die sich im Schein der untergehenden Sonne wie zauberhafte Silhouetten abzeichnen, werden in zahlreichen Geschichten und Erzählungen gepriesen und gelobt, und so mancher einsame und verzweifelte Mann unternahm schon die Reise ins Land der Sonne, um dort das Geheimnis der Schönheit kennen zu lernen. Nicht zuletzt deshalb verstehen es menekanische Frauen besser als alle anderen, ihre Schönheit mit kostbaren Tüchern und feinen Stoffen vor den gierigen und schmutzigen Blicken der Besucher zu bewahren und sich alleine dem Manne zu zeigen, der ihr Herz zu erobern im Stande ist.

Damit kein falsches Bild von der männlichen Bevölkerung Menek’Urs entsteht: auch das scheinbar so starke Geschlecht, wie es hier eindeutig vorherrscht und das im Gegensatz zur Frau noch immer die Oberhand hat, zeichnet sich durch diesen südländischen Teint ab, und mancher Festländer kann nur starr vor Neid und Missgunst die muskulösen, braungebrannten Oberarme der Menekaner beobachten, deren schweißnasse Haut im Licht der Sonne geheimnisvoll und zugleich drohend funkelt und die Bewegungen der Muskeln zu einem Spiel mit der Sonne macht. Und die Frauen Menek’Urs wissen, was sie an ihren Männern haben und lassen nur sie die einmalige Schönheit erblicken, die Eluive (und, wir wollen ehrlich sein, die Sonne) ihnen geschenkt hat.

Doch die Schönheit Menek’Urs, die sich nicht nur in den prachtvollen Straßen, den ausladenden und hellen Sandsteinbauten und den ausschweifenden, schier unendlichen Wüstendünen zeigt, zu beschreiben macht allein wenig Sinn, dreht es sich hier doch um die Geschichte und das Geschick eines Menekaners. Doch ist es nötig, den Glanz zu verstehen, der auf einer so scheinbar öden und leeren Insel vorherrscht, um einen Wesenszug an jenem Sohne des Hauses Ifrey näher beurteilen zu können.

So mancher Mann der alten menekanischen Sitte treibt das Spiel um die Frauen zur Perfektion. Eine zu finden, die ihm gefällt, ist keine Schwierigkeit, denn anders als auf dem Festlande, wo zahlreiche blasshäutige und verunstaltete weibliche Gestalten umherirren, ziert selbst die Kleinste und Bauchigste von ihnen dieser sanfte Schein einer inneren Schönheit, die selbst den anspruchsvollsten Mann zu überzeugen weiß. Eine größere Kunst ist daher, eine Frau zu finden, die bedingungslos zu einem steht und die Sitten und Bräuche des Landes einzuhalten weiß, bei der Treue und Ehre hoch stehen und vor allem hochgehalten werden. Ist die Frau des Herzens jedoch gefunden, beginnt das kuriose Spiel der Umwerbung, in dem der Mann seiner Angebeteten mit zahlreichen Geschenken, schönen Worten und Zärtlichkeiten den Hof macht, ohne auch nur ein einziges Mal intim oder fordernd zu werden. Geschickt wird die Frau nach allen Regeln der Kunst verführt und an einen gewöhnt, bis das Band der Ehe die Gründung der Familie erlaubt.

So ist zumindest die Sicht des Mannes.

In Wirklichkeit lassen sich die stolzen Menekanerinnen verführen und umspielen, so lange es ihr Alter und ihre Schönheit zulassen. Das Band der Ehe muss nicht das Ende der Verwöhnung bedeuten, doch verbietet es der Frau, sich noch länger offen dem männlichen Teil des Volkes zu zeigen, gebietet ihr, verschleiert und verhüllt auf die Straßen zu treten und jenem reizvollen Spiel zu entgehen, den Männer mit einem sanften Lächeln und einem hüftbetonten Gang den Kopf zu verdrehen. Und auch die Frau muss sich um der Ehrlichkeit und des Stolzes ihres Zukünftigen gewahr werden, lässt ihn geschickt an der langen Leine zappeln, nähert sich ihm langsam und versprechend, ehe sie ihn wieder von sich schubst. Doch wie man das seltsame Spiel zwischen Mann und Frau auch beurteilen will, stets bleiben Anstand und Sitte gewahrt und niemals wird die sanfte Grenze der Zärtlichkeiten überschritten – so zumindest die Theorie, denn auch hier mag es (freilich unbekannte) Ausnahmen geben.

Was hat dies nun alles mit unserem jungen Menekaner Sahlim zu tun? Nun, der junge Sohn des Hauses Ifrey ist vor allem dies – jung. Und Traditionen, Sitten und Gebräuche weiß man, selbst wenn man damit aufwachsen und sie verstehen lernen musste, erst in spätem Alter zu schätzen und zu ehren, wenn das heiße Temperament und die Zügellosigkeit der Jugend aus dem Kopfe gewichen ist. Der Anstand gebietet es, einer Frau stets mit dem Respekt gegenüber zu treten, mit der man der Erhabenen selbst entgegen treten würde, und ihre Wünsche und ihre Gefühle achtsam und sorgsam zu behandeln. Die Sitte beschreibt jenes faszinierende Ritual des Werbens, dem der Mann mit solcher Hingabe nachgeht. Das Gesetz verbietet die Intimität vor dem Bund der Ehe.

Und danach soll sich ein junger Mann richten, der sich inmitten zahlreicher Wüstenperlen befindet und auf Schritt und Tritt die anmutigen Bewegungen, die makellosen Züge und das charmante Lächeln der Frauen beobachten muss?

Dem Leser wird an dieser Stelle sicherlich klar, dass die Sitte und der Brauch für einen jungen Mann mit Sahlims Temperament eher ein Hindernis, ja vielmehr ein Ärgernis darstellen, als einen Faden zu bieten, an dem er sein Verhalten aufreihen kann. Welch einsames und langweiliges Leben muss es denn sein, sich aus all dieser Schönheit nur eine Perle auszusuchen und diese für den Rest seines Lebens zu umgarnen? Wieso nicht die eigene Stattlichkeit und den eigenen Charme mit mehreren dieser hübschen Frauen teilen?
Da wäre zum Beispiel die Tochter des Hauses Masari, Amira war ihr Name. Sie ist etwas zierlicher und kleiner, aber dennoch von anmutigem Reiz und versteht, mit Stoff und Tuch selbige herauszustreichen. Allein ihr Erscheinen treibt einem Mann schon das Blut zu Kopfe und das dümmliche Lächeln ins Gesicht, ehe er sich seines Fehlers bewusst wird. Noch dazu geht sie ihren eigenen Studien der Magie nach, ein Zeichen von Intelligenz und Bildung – sicherlich Werte, die nicht unbedingt jeden Ansprechen, aber verpackt in solch makelloser Hülle umso begehrenswerter. Und was nun, wenn diese Frau noch dazu auf der Suche wäre? Auf der Suche nach dem Manne, der sie glücklich zu machen in der Lage sein könnte?

Nicht nur einmal war Sahlim ihr alleine gegenüber gestanden und hatte die Ehre gehabt, sie mit Komplimenten und schönen Worten zur Verlegenheit bringen zu dürfen. Noch war er ungeübt, fand selbst nicht immer die richtigen Worte und flüchtete sich in spaßige Bemerkungen, um seine Unsicherheiten abzudecken. Aber die spontane und lebensfrohe junge Frau gefiel ihm und er freute sich immer, wenn sie mit ihm in einem Raum war. Ihre Augen zeugten von Lebensfreude und ihre Gestalt ließ sie zu einer jener Schönheiten werden, nach der so mancher Mann sich auf der Straße umdrehte. Umso unverständlicher schien es Sahlim, dass diese Perle des Volkes noch immer ohne den Mann an ihrer Seite war, den sie zweifelsohne verdiente – ein Platz, den er sich durchaus als den seinen vorstellen konnte. Doch nur Eluive selbst würde wissen, was ihm zustehen konnte, und so spielte er sein Spiel weiter, in der Hoffnung auf einen klaren Weg.

Dann war da noch seine Mitschülerin, ebenfalls ein Glanzstück aus dem Hause der Masari, in dem sich Schönheit und Anmut scheinbar paarten. Von verwegener Schüchternheit gegenüber dem Manne hatte er sie erlebt, zugleich aber auch von schalkhaften Übermut und jener Lebensfreude, die er schon bei ihrer… ja, was eigentlich? Cousine? Schwester? Er war sich nicht sicher, in welchem Verhältnis Amira und Yafiah zueinander standen, aber er würde es herausfinden, auf die eine oder die andere Art.

Dann war da natürlich noch Zaina, die – wie könnte es anders sein – auch dem Haus der Masari entsprungen war. Sie war älter als er und, wie könnte man es anders beschreiben, ebenso schön wie vermutlich reich. Und dummerweise mit Sahlims Lehrer liiert, den zu brüskieren sich Sahlim weder leisten konnte noch wollte. Doch auch diese Bindung hatte er sich vorgenommen streng im Auge zu behalten. Wer weiß, was Eluive vorhatte mit jenem hübschen Kind der Wüste, und ob er nicht noch eine Möglichkeit ergattern konnte.

Und dann war da ja auch noch… in den kurzen Tagen, die er nun mit schöneren Kleidern durch die Stadt wandelte, Kleidern gefärbt in der Farbe der Akademie Menek’Urs, einer Robe, die an der Taille mit einem Gürtel gebunden war, um die stattliche Figur des jungen Mannes zu unterstreichen, einem spitzen Hut und einem Hemd, hatte er zahlreiche hübsche Frauen entdeckt, die er nun umgarnen wollte oder zumindest im Auge behielt.

Und ich gestehe freimütig, dass ich, geneigter Leser (oder Leserin) ebenso gespannt bin wie ihr, was der Junge noch alles anstellen wird.
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 16 Okt 2006 10:50    Titel:
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Kapitel 4 – Feuer und Bücher oder: Studien

Das heiße Temperament eines Menekaners bestimmt häufig sein Handeln und noch häufiger sein Denken. Schnell schießt den jungen und alten Männern aus dem brennenden Land der sengenden Wüste das Blut in den Kopf, fängt der Geist an zu rasen und hämmert der Stolz und die Ehre in alle Fasern des Körpers. Sei es aufgrund einer Beleidigung, eines Schmährufes wegen oder auch „nur“ – wie zuvor kennen gelernt – im Beisein einer der hübschen Frauen Menek’Urs, die mit Leichtigkeit den Geist des Mannes verwirren und sein Blut zum Kochen bringen. Und so finden sich zahlreiche Beschreibungen in den Geschichten und Erzählungen, die man sich nicht nur auf der Insel der Sonne, sondern auch in fernen Ländern erzählt und an späten Abenden zum Besten gibt und die das heiße Geblüt der braungebrannten Mannen Eluives rühmen und zugleich fürchten.

Doch auch einem Volk, dem die Hitze der Sonne erbarmungslos auf die, teilweise nackten, teilweise mit leichten und hellen Tüchern bedeckten, Häupter brennt, ist die wohltuende Ruhe und der Reiz der Fantasie ein Begriff, wenn ein Mensch beginnt, sich in die schier unendlichen Weiten der Literatur, ja nur eines einzigen Buches zu vertiefen. Denn findet er erst einmal Zugang in die Geheimnisse, die mit zahlreichen Worten blumig und detailliert, manchmal aber auch nur durch den Hauch einer Ahnung beschrieben werden, eröffnen sich vor ihm Welten, die er so noch nie zuvor gekannt. Die eine mag voll von Farben, lebendig und fröhlich sein, des Lebens lustig und fern all der Sorgen, die den Menschen im Alltag plagen, lassen ihn die Probleme und Nöte vergessen, die auf einer Insel aus Sand bestimmender und herrischer regieren, als in jedem anderen. Welch freudiges Bild bietet die kleine Familie, die morgens am Frühstückstische sitzt und bei Tee und Milch die zarten, duftenden Brote mit der klebrig zähen Masse einer Himbeermarmelade bestreicht, sich dabei mit allerlei sinnloser und erquickender Konversation vergnügt und so mit Wonne und Freude einem sonnigen Tag entgegen geht.

Welch schauriges Bild bietet dagegen schon das nächste Buch, dessen Einband dem Lesenden förmlich ins Auge sprang, mit unwiderstehlicher Macht seine Hand anzog und ihn mit Neugier und Spannung zwang, den alten, staubigen Buchdeckel zu öffnen, die alten Lettern zu bestaunen. Da geht es um grausame Kriege und Morde, um Schlachten mit zahlreichen Toten, deren Beschreibung sich in detaillierten Einzelheiten ergehen. Eine graue, farblose Welt ist es, die dargestellt wird, eine Welt ohne Freude und Liebe, ohne ein gemütliches Frühstück am Morgen zwischen Schwertern und Bögen, zwischen reitenden Recken und schreienden Schützen. Wie seltsam mutet es nur an, dass es die gleiche Welt ist, die hier beschrieben wird?

Und wie beruhigend und friedsam wirken daneben jene Bücher, denen sich der junge Sahlim mit Hingabe widmete, Schriften und Pergamente alter Männer, großer Magier, die in alten Tagen Wissen von unvorstellbarem Ausmaße sammelten, um es für die Nachwelt zu erhalten. Die riesige Bibliothek der Akademie Leviathan beherbergte tausende von Geheimnissen, verfasst in einem unermesslichen Zeitraum und über Themen, deren Inhalt ein junger Studierender häufig nicht einmal erahnen konnte. Inmitten dieser einfachen Darstellungen von komplexen Applikationen und einfachen Veränderungen im Lied Eluives ist es die wahre Kunst, eine Suche zu einem erfolgreichen Ende zu bringen.

Sicherlich sind endlose Stunden zwischen Pergamentblättern und Kohlestiften, Bücherregalen und Schriftrollen und in einem endlosen Berg aus eingebundenen Büchern für die Entwicklung eines Charakters wie dem eines jungen Menekaners von entscheidender Bedeutung, doch für die Wiedergabe auf dem Papier nur schwer zu erfassen. Deshalb sei an dieser Stelle, wie schon im Kapitel zuvor, auf eine zeitliche Wiederholung all der Seitenumschläge, der Stiftakrobatik und des Hin- und Herwanderns verzichtet. Wie viel spannender ist doch der beinahe voyeuristische Blick über die Schulter des Gelehrigen in jene Notizen, die ihn zu seinem Ziel bringen sollten?

„9. Goldblatt des Jahres 249

Die Studien beginnen langsam, aber unaufhörlich, einen Sinn zu ergeben. Je länger ich den endlosen Berichten und Zusammenstellungen einstiger großer Männer folge, desto besser kann ich die Faszination nachvollziehen, die jene gepackt haben muss bei der Erforschung solch unvorstellbarer Urkräfte. Es ist fantastisch, mit welcher Genauigkeit und Penibilität kleinste, ja fast unscheinbare und unwichtige Vorgänge beobachtet und notiert wurden, um sie auf alle Zeit für die Nachwelt festzuhalten.
Aufgrund der gestrigen Stunde, die mir und meiner Mitschülerin einen größeren Einblick in das Zusammenwirken der elementaren Strukturen gewährte, sind nun vor allem die alchemistischen Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, von größerem Interesse für mich und meine Studien. Es sind sechs der Reagenzen, die zu untersuchen mir aufgetragen wurde und die der Vollständigkeit halber in meinen Aufzeichnungen erscheinen sollen, handelt es sich ihrer doch um:

Rattenfleisch, Wachs, Pilze, Schlangenschuppen, Kaktusblüten und Eier.

Manchen dieser Reagenzien hatte ich eine Wirksamkeit im alchemistischen Gebrauch niemals zugetraut, sie vielmehr für Unrat oder gar schändliche Überreste gehalten. Doch der weise und gelehrte Statthalter, der zugleich unser Lehrer ist, tat gut daran, uns mit den wahren Eigenschaften der Dinge beschäftigen zu lassen. Welch endloses Wissen nur in all den Kompendien und Almanachen zu finden ist, die hier Reih um Reih, Rücken an Rücken nebeneinander stehen und so unauffällig der Dinge harren, die da kommen! Welch unvorstellbare Kräfte und Geheimnisse müssen in all diesen Büchern schlummern? Und welch Gefahr, bedenkt man nur, das falsche Buch könne in die falsche Hand geraten? Immer wieder lenken diese Gedanken mich von meiner Arbeit ab und treiben mich in Hirngespinste. Die Macht der Bücher liegt wohl in der Tat nicht nur in den Worten, die sie behüten, sondern auch an ihrer Bedeutung und Symbolik selbst.
Ja, es ist erstaunlich, aber wann immer ich diese Bibliothek mein Eigen nennen kann und ungestört meinen Studien nachgehe, ruht mein Geist und das Hitzige, Unbeherrschte in mir scheint für eine kurze Weile fort zu sein, wie auf einem Spaziergang, ehe es mich am Tor der Akademie wieder einholt. Zum ersten Mal seit dem Sturm und dem Verlust meiner engsten Familie fühle ich mich an einem Ort wieder geborgen und sicher – und ich hatte niemals auch nur in Erwägung gezogen, einen solchen Platz zwischen Schriftrollen und Büchern zu finden.

Doch letzten Endes diene ich meinem Volke nur, wenn ich mich um die Beantwortung der Fragen kümmere, die man mir stellt. Ist es denn nicht mein Ziel, mein Wissen zielgerichtet und aufmerksam in die Richtung zu lenken, die man von mir verlangt? Es verlangt mich danach, das nötige Wissen zu erlangen, mit dem ich die Kräfte des elementaren Zusammenhangs zum Wohle des Volkes und zur Verteidigung unseres Stolzes einzusetzen in der Lage sein werde. Mit meinen alchemistischen Künsten den tapferen und stolzen Kriegern, die so leicht und wild mit ihren Säbeln schwingen – einer Kunst, die zu lernen mir nie vergönnt war – zur Seite zu stehen und damit meinen bescheidenen Beitrag leisten zu können an ihrem Erfolg in der Schlacht und im Kriege. Ich werde mich nun wieder meinen Studien widmen und Antworten suchen auf Fragen, die man mir stellt.

Nachtrag:

Das Kompendium der Alchemie liefert erstaunliche Erkenntnisse, was die Wirkungen und auch die Merkmale einiger der Reagenzien belangt, die man mir als Untersuchungsobjekte hinterließ. So sagt jenes große Werk in Band 13 ‚von Drosselei bis Eiter’ beispielsweise über das Ei:

Das Ei ist leicht als ein ovales, fast kugelartiges Gebilde zu erkennen. Die Größe variiert von einer Fingerkuppe hin bis zu Eiern, deren Größe einer Faust nicht nachsteht. Auch wenn häufig eine typisch weiße Färbung Kennzeichen für das Ei ist, legen manche Einzelarten von Vögeln gesprenkelte oder gar andersfarbige Eier, die ihnen dann als Heimstätte für den heranwachsenden Nachwuchs dienen.
Das Ei als solches ist, da es den jungen Vögeln als Quell der Nahrung und Aufzucht dient, auch für den Menschen von sättigender Wirkung. Eine Mahlzeit, bestehend aus dem saftigen Gelb des Eies, vermag einen Menschen für mehrere Tage gesund und heiter am Leben zu erhalten…

So geht der Bericht über die Eigenarten des Eies voran und nimmt nicht ab, bis er über die Wirkungen des Rattenfleisches hin bis zur Identifizierung einzelner Pilzsorten an der detailreichen Beschreibung der Herstellung von Bienenwachs endet. Vieles von dem, was in diesem einmaligen Kompendium zu finden ist, kann unmöglich alleine durch die geistige Kraft und die natürlichen Gegebenheiten Menek’Urs zusammen getragen worden sein, mein Verstand und meine Vernunft gebieten mir die Annahme, dass auch Erfahrungen von Weisen aus anderer Herren Länder ihre Heimat in den stolzen Hallen der Akademie Leviathan gefunden haben. Doch mindert dies das Wissen, welches in den Zeilen steckt, in keinster Weise und ich bin erfreut und stolz zugleich, dass man mir die Möglichkeit gewährt, mein Wissen auch in diesen Bereichen zu schulen.

Überhaupt kommt mir die Kunst der Alchemy als eine der Zauberei und Magie ganz ebenbürtige vor. Vieles von dem, was ein Magier durch die Veränderung des Liedes zu erreichen vermag, steht dem einfachen und unempfänglichen Manne durch die Einnahme eines Trankes ebenso, wenn auch in schwächerem Maße, zur Verfügung. Allein der Umstand, dass ein Trank ein sehr umständliches Mittel im Vergleich zur segensreichen Kraft der Erhabenen ist, macht die Magie zu einer ungleich wertvolleren Kunst.

So findet nun dieser Eintrag hier auch sein Ende, denn noch immer verwirren und irritieren mich all die Fachtermini und speziellen Begriffe, die in den wissenschaftlichen Abhandlungen scheinbar ohne Rücksicht auf den ungeübten Leser verwendet werden. Noch viel Arbeit lastet auf meinen Schultern, die ich zu tragen mir vorgenommen habe.
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 20 Okt 2006 07:12    Titel:
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Kapitel 5 – Gedanken an die Vergangenheit oder: Träumereien

Leise und wie in einer zärtlichen Berührung strich der Wind über das Land der Sonne, hob den Sand der Ebene mit sich und trug ihn mit sich fort, hinweg in die Weite der Ewigkeit. Mit flatternder Robe stand Sahlim an der Küste der Wüsteninsel, vor ihm eine steile Klippe und tief im Wasser Felsen und schroffe Steine, ehe nur noch das Meer und die endlosen Weiten des Wassers seinen Blick fanden. Wie zum eigenen Schutze hatte er die Arme um seinen Oberkörper geschlungen und Tränen rannen die verstaubten und mit Sand verdreckten Wangen entlang.

Sahlim stand schon seit Stunden an dieser Stelle, hatte den Aufgang der göttlichen Sonne beobachtet, die so unaufhaltsam und verlässlich jeden Morgen am selben Ort wieder auferstand und sich den Schicksalsschlägen des Tages stellte, ehe sie am Abend unter den Lasten und Sorgen zusammen brach. Das war Sahlims Vorstellung von der Sonne. Tausende Male hatte er sich der Sonne schon anvertraut und seine Sorgen mit ihr geteilt, meist früh am Morgen um Trost zu finden. Die Verzweiflung im Streite, seine Unfähigkeiten und auch Unglück in der Liebe, all dies war nun Teil seiner Beziehung mit diesem strahlenden und niemals schwächer werdenden Himmelskörper.

Diesmal kam Trauer hinzu. Trauer über den Verlust der Menschen, die ihm soviel hatten bedeutet. Zu viel Zeit war vergangen, in der Sahlim die Hoffnung wie einen schweren Felsen auf seinem Weg mit sich geschleppt hatte, der immer schwerer, immer unhandlicher geworden war. Es war vorbei, die Hoffnung hatte ihn verlassen und eine gewaltige Flut der Wahrheit brach über ihm zusammen. Seine Eltern waren tot, umgekommen in einem Sturm, der nicht notwendig gewesen war und der so viele Unschuldige getroffen hatte. Er hatte keine Zeit gefunden, Abschied zu nehmen. Er war nicht einmal mehr in der Lage, die toten Körper der Menschen, die ihn so lange unterstützt und ihm beigestanden hatten, zu begraben, wie es ihnen zustand.

Das übermächtige und erdrückende Gefühl der Hilflosigkeit überkam ihn und die Beine wurden weicher, knickten ein. Ein Häufchen Elend, das dort im Sande saß, den mit Tränen und einem feuchten Schimmer verwaschenen Blick starr auf den Horizont gerichtet, wo manches Schiff einer großen Handelsflotte die Segel gehisst hatte und auf dem Weg in das Heimatland war. Der Wind, der heiß und trocken an seinen Wangen vorbei strich, fand keine Beachtung mehr, war unwichtig geworden wie der Rest eines scheinbar toten und unglücklichen Lebens.

Bilder eines glücklichen Lebens. Mit einem strahlenden Kinderlachen saß Sahlim im Haus seiner Eltern, eingekuschelt in eine weiche und warme Felldecke, dicht neben seiner Mutter, die einen Arm um ihn gelegt hatte. Sein Vater musterte ihn, während er seine Geschichten erzählte, und der Stolz, der förmlich in ihm empor stieg, wenn er sich seines Sohnes wieder einmal voll bewusst war, blitzte und funkelte in seinen Augen. Ewiges und unteilbares Glück. Sahlim war geborgen bei Menschen, die ihn liebten und die auch er liebte. Das Feuer im Kamin schien fröhlich und ausgelassen, prasselte wie ein kleiner Hund vor sich hin und neckte den kleinen Jungen hin und wieder mit einem sanften Knacken.
Plötzlich stand er alleine, älter als zuvor und nur mit einer weiten Hose bekleidet, die Arme vor dem Oberkörper erhoben und einem anderen Menekaner gegenüber, der mit einem Aufschrei auf ihn losstürzte. Reine Verzweiflung ließ ihn die Hände hochreißen, rettete ihm kostbare Sekunden, ehe er mit blutiger Lippe und verdrehten Augen im Sande liegen blieb. Stunden später erst wachte er wieder auf – sicher und weich gebettet im elterlichen Hause, wo sich Mutter und Vater ohne Vorwurf oder Klage um seine Wunde sorgten.
Wieder brachte ihn ein gleißender Blitz fort aus jenem Moment des Glücks, trug ihn an die Gestade des Hafens zu einem hübschen Mädchen, das nur ein wenig jünger als er selbst sein musste. Yaseeh war ihr Name gewesen und ihr bezauberndes Lächeln hatte Sahlim vom ersten Augenblick an eingefangen. Mit Geschenken und Worten hatte er um sie geworben, hatte sie umschmeichelt und ihr den Himmel auf Erden bereitet. Zärtliche Blicke und ein unausgesprochenes Versprechen waren sein Lohn gewesen – war es zuviel verlangt, dieses nun einzufordern? Was er bekam, war eine Ohrfeige, Schmähworte und die lachenden Spott- und Hohnrufe der Jungen, die unbemerkt dem Schauspiel beigewohnt hatten. Ihr Lachen war ihnen vergangen, als Sahlim tobend und rasend auf sie losgegangen war, und nur die Kraft einer Wüstenwache vermochte, ihn vor dem Schlimmsten abzuhalten. Ein einziger Blick zurück, zurück auf dieses edle Wesen der Wüste, das nun mit verkniffenem Lachen im Gesicht auf ihn sah. Heiße Tränen und Zornesröte waren alles, was ihn noch erfüllten und so rannte er nach Hause, die Augen geschlossen und eins mit dem Wind der Wüste, der im Lauf tröstend um seine Wangen strich.
Das Gefühl der Geborgenheit, der sicheren Zuflucht, das er bei seinen Eltern immer verspürt hatte, immer schneller verschwand es, immer kürzer waren die Momente des erholsamen Glückes. Und nun… war es fort. Nur noch eine Erinnerung. Zurück blieben Verzweiflung und Trauer, Zorn und Wut, Hass und… Liebe.


Der Tritt eines Stiefels ließ Sahlim empor fahren, das Gesicht mit Sand beschmutzt und die Robe verknittert und dreckig an seinem Körper anliegend. Stundenlang hatte er hier an der Klippe gelegen und sich der Vergangenheit ergeben. Nun riss ihn der unsachte Tritt eines Wachmannes aus seinen Gedanken, der beim Anblick des jungen Mannes jedoch seine Aufmerksamkeit gleich wieder bereute und ihm wie zur Entschuldigung die Hand entgegen streckte. Sahlim ergriff sie, zog sich empor. Liebe. Wieso war das Letzte, was er empfunden hatte, dieses Gefühl der Liebe gewesen? Seine Eltern waren tot… wohin sollte er nun mit diesem übermächtigen Gefühl, wem sollte er nun geben, was er ihnen zu geben gewohnt war? Und wieder fröstelte es Sahlim. Diesmal war es nicht der Schauer der Verzweiflung, der ihm die Tränen in die Augen trieb – sondern das kalte Gefühl der Einsamkeit, eine innere Sehnsucht nach Wärme und Nähe, das er noch nie verspürt hatte.

Für einen kurzen Augenblick nur hatte er das strahlende Gesicht Yaseehs erneut vor Augen, das so makellos und perfekt gewirkt hatte, ehe es sich als Fratze des Bösen entpuppte. Eine ganze Weile hing Sahlim dem Gedanken an Yaseeh und ihre Rolle nach, spazierte nebenbei durch die roten Straßen der Stadt und sonnte sich im Glanz der Sonne. Der Kummer des Verlustes war von ihm abgefallen, wieder einmal hatte sich die Sonne als seine einzige Freundin erwiesen. Mit einem Male sah er seine Zukunft vor Augen, deutlicher denn je zuvor – er würde seine magischen Fähigkeiten üben, besser und stärker als jeder andere, würde seinen Eltern stolz und ehrbar sein und ihr Andenken hochhalten, auf dass bald der Emir selbst den Glanz seines Ursprungs erkennen sollte. Er, Sahlim aus dem Hause Ifrey, würde der Welt und sich selbst beweisen, zu was er fähig war.

Mit diesem Gedanken blieb er stehen. Die Sonne funkelte ihm direkt ins Auge, verdeckt durch einen Ring aus Wolken, die den Strahl wie einen göttlichen Lichtschein erstrahlen ließen. Ein Omen? Vielleicht. Sicher nicht weniger Zufall oder Schicksal als der Ort, an dem er stehen geblieben war. Das Viertel der Masari. Und als er den Torbogen so betrachtete, trat auch das Bildnis jenes hübschen Mädchens wieder vor seine Augen, die er nie vergessen, aber auch nicht weiter verfolgt hatte. Amira Masari.

Irgendetwas hielt ihn davon ab, seinen üblichen Jagdzug bei ihr zu beginnen, bis er wenigstens einen kleinen Kuss von ihr erhalten hätte. War es die Angst, sich noch einmal zu verlieben? Noch einmal enttäuscht und vorgeführt zu werden, wie es ihm bereits geschehen war? Wo war der risikobereite Menekaner in ihm versteckt, als der er bekannt geworden war?

Was wusste er eigentlich von ihr? Sie war eine Kundige der Magie und damit gebildet, klug und gefährlich. Das alleine mochten schon mehr als genug Gründe sein, sich an ihr zu versuchen oder sich zumindest sehr gut mit ihr zu stellen, doch auch ihr Auftreten, ihr Aussehen, alles passte auf eine merkwürdige Weise zusammen und löste jetzt, da er wieder an die erste Schulstunde in des Statthalters Büro gedachte, ein leichtes Kribbeln in seinem Magen aus.

Als Sahlim Stunden später wieder ein kleines Nachtlager am Rande des heiligen Berges bereitete und sich dort in erholsamem Schlafe ergab, schlich ein unwillkürliches Lächeln auf seine Lippen. Eine kleine, rote Kaktusblüte, kaum größer als ein Daumen, lag nun neben dem Briefkasten der schönen Frau, ohne namentliche Widmung und ohne ein weiteres Zeichen der Herkunft. Bestimmt würde sie nicht erkennen, von wem das kleine Symbol kam, vielleicht hatte sie sogar einen Mann an ihrer Seite, dem sie das kleine Geschenk zuschrieb. Doch Sahlims ungestüme Seele beruhigte diese kleine Geste und hüllte ihn schließlich in einen sanften, von glücklicheren Träumen erfüllten Schlaf.
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 26 Okt 2006 23:53    Titel:
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Kapitel 6 – Gedanken an den Tod oder: Was bedeutet schon Leben?

Einsam und verlassen wirkte der junge Menekaner, als er noch spät am Abend tief in der Wüste umher wanderte, scheinbar ohne Ziel und Rast. Müde hoben sich die Glieder, gruben sich aus dem Sand, der von einem leichten, trockenen und heißen Wind über die schier endlose Ebene getragen wurde. Keine Spur, kein Anzeichen von Leben gab es mehr im Umkreis vieler Meilen, kein Tier begleitete den Mann auf seiner Reise, und doch gab es kein Ende für diese Reise.

Wie auch konnte Sahlim jetzt noch aufhören und sich dem Sturm ergeben? Zu wild und ungestüm waren seine Gedanken, die wie ein endloses Band vor seinen Augen vorbei zogen und sich wahllos zu flackernden Bildern und Emotionen zusammensetzten. Bilder des Grauens, die er erlebt hatte in den Zeiten der Katastrophe. Das Gefühl der Geborgenheit, das er immer empfunden hatte als Kind, wenn seine Eltern über ihn gewacht hatten. Der stechende Schmerz der Trauer beim Verlust einer Liebe, die Flut der Überwältigung, als er endlich den Tod seiner Eltern akzeptiert hatte. Der süße Geschmack des Todes, der sich lockend und zärtlich auf die Lider legte und mit sanfter Stimme nach dem Geist des Mannes rief, verführerisch und liebreizend wie eine junge Frau, herrisch und bestimmend wie ein tapferer Krieger.

Was war so schwer daran, sich diesem Gefühl hinzugeben? Die Fesseln und das Leid der Welt hinter sich zu lassen, dem Drang zu folgen und dorthin zu kehren, wo seine Eltern und viele stolze Menekaner ihr Ende gefunden hatten? In einer besseren Welt, fernab all der Sorgen und Nöte, die es hier gab, eine Welt ohne die erdrückende Last einer Verpflichtung.

Wieder tauchten Bilder vor seinem Auge auf, Symbole und Wesen, geformt aus den Schlieren des Sandes, der in sanften Bahnen vor seinen Augen verweht wurde. Ein mächtiger Skorpion erschien wie aus dem Nichts, stolz und stark, den nadelscharfen giftigen Schwanz wie zum letzten Schlag erhoben, unnahbar und doch so endgültig. Dann war er plötzlich wieder verschwunden, so schnell, wie er aufgetaucht war, verdrängt von dem Bildnis einer gewaltigen Schlange, die sich wild aufbäumte und Sahlim aufmerksam beobachtete. Ein drohender Feind, klug und intelligent, dem man nicht entkommen konnte. Die messerscharfen, dolchähnlichen Zähne, gefüllt mit tödlichen Giften, reckten wie Boten einer besseren Welt weit aus dem Maul hervor.

Schreiend stürzte Sahlim zurück, hob die Arme vors Gesicht, taumelte und fiel in den Sand. Panik und Furcht bäumten und erschauerten den jungen, erschöpften Körper und lähmten jede weitere Bewegung. Unfähig, den Blick auf das drohende Unheil zu richten, harrte er mit abgewandtem Kopf und beiden Händen der Gefahr entgegen gestreckt dem Ende. Doch es sollte noch nicht sein.

Wieder war das Tier verschwunden, eine Illusion des Geistes, eine Halluzination, nicht mehr als ein Irrbild im Sand. Wieder hatte es die Zeichenfläche frei gemacht für eine Bedrohung, die ungleich größer war. Es war kein Symbol, das er erkannte, und kein Wesen, vielmehr ein Gefühl, das durch den Nebel aus Sand zu ihm Drang. Wieder war es dieses lockende Gefühl, zunächst schwach und nur wie ein Schleier der Erinnerung, der sich sanft über den Geist legt. Dann der Ruck – wie eine Hand, die durch den Schleier greift, packte Sehnsucht und Verlangen das Herz des Menekaners, schüttelte ihn, raubte ihm die Kraft der Wärme. Mit einem Mal war ihm kalt, unendlich kalt inmitten eines heißen Wüstensturmes. Die Muskeln verwehrten jeden Dienst, versagten ihm, sich aufzurappeln und dem Gefühl zu entfliehen, wie er es schon manches Mal getan hatte. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er in den Sand, der scheinbaren Hand entgegen. Die Last des Lebens schien von ihm abfallen zu wollen, er fühlte sich trotz aller Kälte leicht, befreit und unbeschwert. Der Tod – war er wirklich ein Unglück? Eine Not?

Ruckartig, wie in einer Art Trance spannten sich die Muskeln der Arme an, die Hände hoben sich in eine Richtung, in der nichts als Sand und Wüste zu finden war und wo doch der Ursprung eines Seelenheils zu sein schien, der Quell eines Paradieses, in dem jeder frei von Sorgen und Ängsten sein sollte. Wie knapp nur war er davon entfernt? Er musste nur diesen kleinen Schritt tun und er wäre wieder vereint mit seiner Familie. Was hatte er zu verlieren im Leben, das ihn halten würde?

Die Studien des Feuers gingen schleppend voran und dem ungeduldigen jungen Mann stellten sich zahlreiche Hindernisse in den Weg. Was anfangs leicht und erstrebenswert erschienen war, erwies sich bald als gewaltiger Steinhaufen zwischen ihm und dem Hort des Wissens, nach dem er sich sehnte. Und trotz aller Anstrengungen und Übungen war es nur ein Kieselchen, das er jeden Tag von der Spitze des Berges entfernte – der kleinste aller Steine, der zugleich eine weitere Spitze offenbarte, ein weiteres Hindernis und eine weitere Falle schuf. Die Leichtigkeit, mit der seine Mitschülerin Yafiah die Magie zu beherrschen schien, war verrückt, geradezu beneidenswert. Was hatte er geschafft? Vielleicht war es ihm gelungen, ein oder zwei der Zauber, die ihm vorgeführt wurden, zu wiederholen. Doch hatte er verstanden, worum es bei all dem wirklich ging?

Das Wissen der Magier erschien ihm wie ein gewaltiges Tuch, ein Stoff größer als all die Inseln der Welt zusammen, dicker als die Mauern der Stadt Menek’Ur selbst und farbloser als die Wüste. Ausgesetzt auf diesem endlosen Tuch fühlte er sich hilflos und allein, suchte nach der kleinen Naht mit dem Knoten inmitten eines Meeres aus makellos gefertigtem Stoff.

Ja, jetzt, in diesem Augenblick, würde der weise Statthalter die magisch begabten Schüler wieder zu unterrichten suchen. Würde ihm auffallen, dass einer seiner Schüler den Weg nicht gefunden hatte? Hier mit dem Tod rang? Worum rang? Um den Verstand? Das Leben?

Wieder drängte sich ein Bild vor seine Augen, machtvoller als die Erinnerung an seine Studien. Das Antlitz seiner Eltern, die ihn mit ihren sanft zu einem Lächeln verzogenen Lippen, mit den wachen und stolzen Augen und den fröhlichen Gesichtern betrachteten. Er erinnerte sich genau. Es war der erste Tag gewesen, als er seine Kräfte als Säbelschwinger unter Beweis stellen hatte wollen. In der knappen Rüstung, bewaffnet mit nicht mehr als einem Holzschwert hatte er seinem Vater, dem lang gedienten Krieger und Waffenmeister, die Tränen in die Augen getrieben. Selbst seine Mutter, die sich nie damit hatte abfinden wollen, dass auch ihr Sohn eines Tages für sein Land und seine Familie streiten würde, betrachtete ihn mit einer Mischung aus Stolz und unverhohlener Freude.

Auch sie hatte er enttäuscht. Sahlim war sich durchaus bewusst, dass es nur wenige Jungen in ganz Menek’Ur geben würde, die selbst als Krieger der Wüste untauglich waren. Welch Ehre wäre es gewesen, zu jenen zu gehören, die ihr Leben für das Land gaben? Doch er war unbrauchbar, mehr Gefahr als Hilfe für sein Volk und seine Familie. Es war wie mit all den handwerklichen Tätigkeiten, die er versucht und studiert, jedoch niemals auch nur laienhaft beherrscht hatte. Das Bild der stolzen Eltern wich im selben Zuge den enttäuschten Gesichtern, gezeichnet von Erschöpfung und Verzweiflung. Die leisen Gespräche der Eltern drangen wieder in seine Ohren, Gespräche, die tief in der Nacht vor dem Kamin geführt wurden, als man den Sohn in tiefstem Schlafe vermutete.


Sameeha: Kamal, beruhige dich.
Kamal: Beruhigen? Welch Strafe muss Eluive unserer Familie auferlegt haben? Gibt es denn nichts, womit dereinst unser Blut dem Volke dienen wird?
Sameeha: Sprich nicht so über ihn, Ranim. Er ist ein tapferer Junge und er tut, was er kann, um uns und seiner Familie Ehre zu bringen.
Kamal: Er versucht es. Das reicht aber nicht. Wie nur wird man über unser Haus sprechen? "Wie stolz der Vater doch war", wird man sagen, "und wie schön die Mutter, und doch ist dieser Sohn alles, was sie bekommen haben." Ist es das, was die erhabene Mutter unserem Hause zugedacht hat?
Sameeha: Ranim! Ich beschwöre dich! Lass ihn ein letztes Mal gehen, sieh ein letztes Mal, ob wir nicht immer falsch lagen. Lass ihn ziehen und nach dem Feuer suchen, von dem er ständig spricht.
Kamal: Du redest wie deine Mutter. Nein, ich werde doch nicht die Hirngespinste eines unfähigen jungen Mannes unterstützen! Wenn er kein Talent hat, wird er üben müssen. Rani! Er ist schon viel zu alt! Was soll aus ihm werden, wenn er mit zwanzig Jahren vor den Toren der Stadt steht und keine seiner Fertigkeiten ihm Brot und Wasser bringt?
Sameeha: Ist es zuviel verlangt, dass du deinem Sohn diesen einen Wunsch erfüllst?


Oft hatte der Vater sich gesperrt, ja. Diesmal nicht. Diesmal war Sahlim fortgezogen und hatte sein Glück gesucht. Und wie teuer es erkauft worden war! Ja, er hatte seine Bestimmung gefunden, etwas, womit er seinem Volk und seiner Familie zu Ehre und Ruhm verhelfen konnte. Eine Bestimmung, die seine Eltern selbst nach alle den Mühen mit Stolz erfüllt hätte. Doch waren es ihre Leben, die er dafür bezahlte. Mit Blut erkauftes Glück, dessen Reinheit nicht wieder zu erlangen war.

Die eisige Kälter umklammerte nun fest wie ein Schraubstock sein Herz, lähmte es. Es war geradezu spürbar, wie das Herz langsam begann, sich zu wehren, hilflos und verzweifelt. Wie die Schläge träger und müder wurden, erschöpft und am Ende aller Kräfte. Wieder diese summende Stimme, eine Melodie, kaum wahrnehmbar, aber doch so verführerisch wie der Gesang der Haremsdamen.

Plötzlich schien es vorbei, der Schleier aus Sand schob sich beiseite und gab den Blick preis auf eine Welt, die anders als jene war, in der Sahlim gelebt hatte. Gleißendes Licht empfing ihn und die Konturen eines Paradieses offenbarten sich ihm, während sein Kopf ohnmächtig in den Sand sank. Es war nur ein kurzer Augenblick gewesen, doch er schien wie eine Ewigkeit gedehnt, eingegraben in jede Gehirnwindung.

Doch noch ehe das Licht verschwunden und das neue, aufregende Land zu erkennen war, schob sich ein letztes Bild zwischen ihn und dem Ende allen Leids – eine Figur, eine Person, zunächst kaum mehr als ein schwarzer Schatten inmitten des gleißend hellen Lichtes. Es war ein Mensch, nicht sehr groß, aber anmutig, zu anmutig für einen Mann. Mit leichten Schritten, federnd und fest zugleich, trat sie ihm entgegen, nur ein wenig, jedoch genug, um die Konturen weiter zu enthüllen. Langes Haar trug die Frau, die da vor ihm stand, silbrig weißes Haar… nein! Es war dunkel, mit einem Male war es dunkel. Die Kleidung… das Gesicht… alles wirkte so real, so echt, so bekannt. Und doch schien die Erinnerung an diese Begebenheiten so fern, wie aus einer anderen Welt, deren Tor sich noch nicht ganz hinter ihm geschlossen hatte.

Und aufgeregt stürzte er zurück. Von lodernden Flammen umgeben raste der Geist des jungen Mannes auf das Tor zu, warf sich gegen die Torflügel, die wie gewaltige Scharniere zuklappten, presste sich mit aller Macht dagegen und schließlich durch den schmalen Spalt, der noch geblieben war. Er war entkommen.

Im selben Augenblick war sie fort. Die Erinnerung an die Bilder und Erlebnisse lagen nun weit verborgen hinter jener Tür, die zwei Welten voneinander trennte. Die Frau, so hübsch und unnahbar, war verschwunden, und nur eines war ihm geblieben – die Erinnerung an ihren Namen.

Bis spät in den Morgen stand Sahlim vor der Tür eines Hauses inmitten der Stadt und sog den Atem der gelben Sandsteine in sich auf. Es wirkte auf seltsame Art und Weise vertraut und nah und doch so unendlich fern, das Glück, welches vielleicht hinter dieser Tür ruhte und doch nicht erreichbar für ihn schien. Doch der Same der Hoffnung keimte wieder in ihm, stärkte den Willen, das Leben wieder zu genießen. Der Tod war bezwungen, für dieses Mal. Doch eines Tages würde er kommen, wie ein guter Freund, den man zu lange von sich stieß, doch der dennoch zu einem hielt und keine Sünden nachträgt. Sein Umhang flatterte im Wind, als er sich umdrehte und rasch den Weg zurück ins Leben suchte.

Zurück blieb nur das Tor. Der Stein. Und der kleine, goldene Briefkasten mit den kleinen, eingravierten Lettern.

Amira Masari.
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Sahlim Ifrey





 Beitrag Verfasst am: 10 Nov 2006 21:56    Titel:
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Kapitel 7 – Opfer oder: Das plötzliche Ende

Menek’Ur kennt keinen Winter, Sommer oder Herbst, denn die Sonne brennt dort an jedem Tag stärker, als die Mannen und Frauen des Festlandes es jemals kennen lernen werden. Und so mag es den Leser dieser Geschichte nicht verwundern, dass es sich um einen sonnigen Tag gehandelt haben mag, als der junge, viel versprechende Mann sein Ende gefunden hatte.

Sein Ende gefunden? Ganz recht, denn hier endet die Geschichte eines Mannes, der in zwanzig Jahren eine Vielzahl unterschiedlichster Erfahrungen machen durfte. Er lernte Glück und Heim ebenso kennen wie Trauer, Tod und Schmerz, Liebe und Leidenschaft. Doch im Gegensatz zu den meisten Menekanern hatte er noch eine weitere Gabe kennen gelernt – das Feuer zu verstehen, zu leben. Heißblütig war sein Charakter, temperamentvoll sein Auftreten und flammend die Liebe, die er zu guter letzt empfand. Alles in allem war er genau das gewesen, was man sich unter einem Menekaner vorzustellen hatte, und schließlich sollte ihm genau das zum Verhängnis werden.

Doch kein guter Barde, Geschichtenerzähler und Märchenonkel erzählt den Ausgang einer Erzählung, bevor deren Anfang geschrieben ward. So lasset uns beginnen dort, wo der Tag auch seinen Anfang nahm, beim Aufstieg der glänzenden Sonne über dem Horizont, wo die Wellen des Meeres sanfte Wellen schlagen. Sahlim hatte am Hafen geruht, etwas abseits des Weges und nahe der Stadtmauer, eingekauert in seine Robe und den Sand, der ihn umgab. Wie üblich war er spät eingeschlafen, halb erfroren, denn die Nächte der Wüste sind kalt, eisig und tödlich für den, der nicht entsprechend vorsorgt.

Doch wie sein Volk es gewohnt war, dauerte die Kälte am Morgen nicht lange an, ehe die ersten Strahlen der Sonne das Land wieder erwärmten, Sahlims Nase heimlich kitzelten und ihn mit einem gewaltigen Nieser zurück in das Reich der Lebenden katapultierten. Verdattert und vollkommen orientierungslos saß der junge Mann im Sand, blinzelte ein wenig und brauchte sichtlich eine Weile, bis er wieder zu sich gefunden hatte. Ein besonderer Tag sollte heute werden, das hatte er sich vorgenommen. Den ganzen Tag zuvor hatte er unruhig verbracht, war durch die Stadt geirrt und hatte hin und wieder seinen Weg an jenem Haus vorbei gefunden, deren Besitzerin ihm in seinen Augen das Leben gerettet hatte. Was war es nur, das ihn ständig zu ihr trieb?

Er hatte ihr Bild vor Augen, als er dem Tode sich nahe sah. Er dachte an sie, wenn er schlief, glaubte, von ihr geträumt zu haben und malte heimlich ihren Namen auf ein Papier, während er in der Bibliothek der Akademie saß, um seine Studien weiter zu führen. Ein Lächeln stahl sich auf seine Lippen wann immer ihr Name in seinen Sinn kam und das Bild ihrer sanften, anmutigen Züge schien ihm von überall entgegen zu blicken.

Sahlim hatte manche Frau in seinem Leben als schön und attraktiv empfunden, mancher hinterher gepfiffen und selten eine Gelegenheit ausgelassen, einer schönen Frau näher zu kommen, wenn es sich ermöglichte – natürlich stets in einem Rahmen, der noch sittlich und schicklich erschien. Doch nie hatte er diesen Wesen noch länger einen Gedanken gewidmet, als es nötig gewesen war. Und bei ihr?

Sie hatte er nur dreimal angetroffen, und die Erinnerung übermannte ihn beinahe, als er so im Sand neben der Brandung saß. Ja, das erste Mal war gewesen, als er beim ehrenhaften Statthalter, der nun Wesir war, vorgesprochen hatte, um Teil der Akademie zu werden. Sie hatte dem Unterricht beiwohnen wollen, und schon dort war sie dem jungen Mann aufgefallen als ein Wesen von untrüglichem Reiz und Charme. Doch erst später, bei einer Begegnung im Viertel der Händler, war etwas mit ihm geschehen, was er nicht erwartet hatte, war das warme Gefühl nahe seinem Herzen entstanden, das ihn nun fesselte und nicht mehr los ließ.

Das letzte Mal war bei der Einweihung der Akademie gewesen, er hatte die Kleidung in Empfang genommen, die er noch immer trug und die ihn als Salamander der Feuermagie auswies. Sie war… ihm so nahe gewesen, als sie die Fusseln von seiner Schulter entfernt hatte, und das Blut in ihm war in Wallung geraten. Aber nie hatte er auch nur in Erwägung gezogen, sich ihr zu nähern, ihren Willen und ihre Wünsche abzuschlagen, nie wäre ihm dies in den Sinn gekommen. So kam es denn auch, dass er sie seitdem nie wieder zu Gesicht bekommen hatte, so oft er auch an ihrem Heim vorbei gegangen war.

Nun war es an diesem Tage also so weit gekommen mit ihm und seinen Gefühlen, dass er sich ein Herz gefasst hatte. Noch am Vortag hatte er spät am Abend in der Akademie gesessen und mit einer Sorgfalt, die er nicht einmal für seine Studien jemals aufgebracht hatte, einen kleinen Brief geschrieben, ihn sorgsam gefaltet und mit einem Band verschnürt. Er würde sich schlafen legen, um ihn am nächsten Tag zu überstellen, das hatte er sich vorgenommen.

So war es denn nun auch. Der Brief lag, noch immer unberührt, in seiner Robentasche und wartete nur darauf, dass Sahlim zum Haus der Tochter aus dem Hause Masari ging, um ihr den Brief zu überreichen. Die Stufen hinauf zu ihrem Hause schienen ungeheuerlich groß und mit jedem Schritt pochte sein Herz schneller. Nun stand er vor ihrer Tür, das Herz schlug in atemberaubender Geschwindigkeit und seine Hand zitterte leicht. Wieso auch nicht ihr einfach den Brief in den Kasten stecken? Sie würde ihn früh genug finden, noch vor dem Abend, und er hatte Zeit, wieder Herr über seine Gefühle zu werden. Und so tat sich das Verhängnisvollste, was er jemals getan in seinem Leben. Er hinterließ Amira eine Nachricht, statt sie selbst zuzustellen.

Folgende Zeilen waren es gewesen, die Amira, sollte sie je ihren Briefkasten leeren, zu lesen bekommen würde:

Salam, schönste der Schönen, bewundernswerte Perle der Wüste und hübsche Tochter des Hauses der Masari,

ich hoffe, du verzeihst mir schon alleine meine direkte Anrede, doch ich bin nicht länger in der Lage, noch zu verschweigen, was einem jeden in unserer Stadt längst klar geworden sein muss. Es ist einige Zeit ins Land gegangen, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben, und ich denke noch heute mit Freuden daran zurück, als wäre es gestern gewesen. Aus diesem Grunde würde ich dich gerne einladen – es mag nicht schicklich sein, doch meinen Gefühlen kann ich nicht länger entfliehen. Sollte ich dich mit diesem Brief beleidigt haben, bitte ich dich sehnlichst um Verzeihung. Doch falls du zumindest den Willen finden kannst, dir meine Worte anzuhören, bitte ich dich, mich heute am späten Abend am Hafen zu treffen, wo ich auf dich warten werde.

Eluive möge auf ewig über dich und dein Haus wachen, solange die Sonne ihre Bahnen am Himmel zieht.

Sahlim aus dem Hause Ifrey, Salamander der Akademie


Ein kurzer Brief war es, sicherlich, und er war gewagt. Es schickte sich nicht für einen Menekaner, so schnell und so direkt mit Gefühlen hausieren zu gehen, doch konnte er nicht länger warten, ihr von seinen Empfindungen zumindest zu erzählen. Vielleicht würde es ihm leichter fallen, würde sie ihn ablehnen, als dass er ständig an ihrem Hause vorbeiging, vorbei, ohne es ihr jemals gesagt zu haben.

Der Rest des Tages erzählt sich schnell, so dass mancher Liedermacher seine Mühe haben wird, das Ende spannend zu halten. Denn ebenso schnell, wie der Leser sich hier dem Ende nähert, so tat auch Sahlim, ohne es zu Wissen, seine Schritte in direktem Wege in sein Ende. Zum Viertel der Händler führte es ihn, wo er beim ansässigen Barbier Kunde einholen wollte – für ein Treffen mit der Frau seines Herzens wollte er entsprechend aussehen.

Vom Tor, das hinaus in die Wüste führte, kamen allerdings Schreie, laute Rufe – ein Trupp, der einige Salzschürfer auf dem Weg in die Mine hatte begleiten sollen, wurde von den Harpien, die überall in der Wüste hausten, überfallen, und die lauten Rufe der Männer wirkten erregt und besorgt. Sahlim stürzte, ohne großartig nachzudenken, hinaus. Ein kleiner Trupp war es gewesen, fünf Wachen und zwei Salzschürferinnen, die auf dem Weg gewesen waren. Noch bevor der Wachmann am Tor, der einsam die Stellung hielt, ihn ergreifen konnte, rannte Sahlim los. Der Sand wirbelte unter seinen Füßen auf und das laute „Kommt zurück! Seid ihr des Wahnsinns! HALT!“ hörte er schon nicht mehr. Im Laufe noch versuchte er seine Kräfte zu konzentrieren, das Feuer der Wüste in sich zu sammeln, vor sich zu konzentrieren. Wie hatte der Statthalter gesagt? Das Feuer vor sich, die Hände als Bündel… nein… das Feuer erst in sich… nein… doch vor sich… und dann… schleudern? Mit den Händen? Mit dem Geist? Hände… ja, Hände…

So endet sie also, die Geschichte eines jungen Menekaners. Was von ihm blieb, waren der Leichnam, den die Harpien in der Wüste zurück ließen.

Mögen eines Tages die Barden der Länder vielleicht die Muße finden, das Leben eines Mannes zu besingen, der Eluive trotz all des Leides, das über ihn kam, stets treu ergeben war und nie seinen Glauben verloren hatte, bis zuletzt. Und euch, verehrter Leser, sei gedankt, dass ihr die Geschichte mit Geduld und Treue verfolgt habt – möge vielleicht eines Tages ein anderer Mensch, ein anderer Menekaner erneut die Seiten eines Lebensbuches aufschlagen, dem ihr dann folgen könnt. Bis dahin sei auch euch der Segen der Eluive zuteil – doch lasset niemals Temperament und Unerfahrenheit über euch Herr sein.


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