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Jadia Conandil
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Verfasst am: 14 Okt 2024 19:37 Titel: |
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Würde es nun geschehen?
Kurz nach dem Eintritt in den Tempel war der schmalen Tänzerin die Erkenntnis gekommen, dass sie den Tempeldienst nicht lebend verlassen würde. Eines Tages würde sie als Opfer dienen. Irgendwann. In Zukunft. Doch die ferne Zukunft mit dem fernen Opfer und dem fernen Tod, war das wirklich so fern? Die Eröffnungen im Palast durch die Templer waren wie so oft schwer zu interpretieren. Kein klares Wort, was nun von wem gefordert wurde. Die Waschliste klang wie üblich: Mehr Taten, mehr Blut.
Die Luft knisterte. Es entstanden Spannungen urplötzlich wegen dem was präsentiert worden war. Irgendwas an diesen längst toten Überresten einer temoratreuen alumenischen Königin droht einen Riß zu bringen. Ein Tetrach angespannt wie ein Bettlaken unter einer fetten Frau, der andere Tetrach pragmatisch wie ein Anwerber vorm Laufhaus und die Tetrachin irgendwie vorfreudig.Die frische Catula hingegen wirkte so als wäre sie am Liebsten ganz woanders. Die Letharen verströmten einen Klang als sei ihnen eine gammlige Laus über die Leber gelaufen und hätte dort Junge bekommen, die Diener Krathors stellten die Vertrauensfrage und irgendwie fühlte sich alles nach menekanischem Brandfass an.
Einige Worte hatten den Schwung einer Drohung mit sich und der Griff nach der Axt wirkte nicht zwingend situationsberuhigend. Die kostbaren und sehr toten Artefakte jedenfalls wurden wieder in den Tempel eskortiert. Zu jenem Bereich hatte sie keinen Zutritt und damit endeten auch die Erkenntnisse für sie.
Der Alka sollte zurückkehren und alle sollten dabei.. ja was genau? Blut und Taten? Blutige Taten? Tätiges Blut? Verworren und ohne Notenblatt war es schwer hier die richtige Melodie zu finden. Sie verstand nicht viel von allem, aber sie hörte und sie beobachtete. Die Präsenz des All-Einen führ ihr ins Mark, dieser raumfüllende Klang, er war so tief, so durchdringend und die Hände zuckten vor ihrer Brust. Nur zu gern würde sie versuchen ihn auf einem Instrument halbwegs zu rekonstruieren. Ob es so lange Saiten irgendwo gab? Ob die Xy'notar das konnte? Aufmerksamkeit!
Doch ein Klang in allem war verändert, sie war in sich gekehrt und wirkt als hätte man ihr eine Last genommen und gleichsam eine schwerere Last aufgebürdet. Velvyr'tae, die kleine Lethra, die Clerica sie stand im Mittelpunkt. Ungewollt und doch auch wieder sehr gewollt. Der Tetrach jedoch sah aus als wolle er sie fressen. Nicht mal die Hand der Tänzerin auf seinem Arm konnte ihn beruhigen. Also würde er eine Weile in seinem Ungemach sitzen müssen, bis er bereit war zu hören. Dann im Gehörten sitzen, bis er bereit war zu verstehen.
Doch mit der Clerica würde sie gern sprechen. Vielleicht lies sich ihre Melodie stabilisieren durch ein wenig Musik aus der Xy'notar. Doch die Nacht verlief nicht so, dass ihr nach Suchen und Lethra-Finden war. Sie träumte.
Es floss aus ihr hinaus das dunkle, rote Blut. Ein unerschlossener Ozean in finsterer Nacht und ihr Blick trübte sich mehr und mehr. Der Blick auf die geschundenen Hände brachte nichts, außer dem Anblick des Blutes, welches auf ihren Fingerkuppen strömte. Tropfen, Spritzer, ein Rinnsaal und der Klang dabei war greifbar. Die Sinne schwanden ihr, man konnte im Traum nicht sterben. Das gelang nie, sonst wäre sie schon mit sieben Jahren vergangen. Doch sie hörte etwas in diesem Traum, bevor alles im Nichts verschwamm und sie elend und nicht auf die gute Art schweißgebadet aufschreckte.
Die Melodie des Blutes.
Womöglich ihr Beitrag. Nicht der Tod. |
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Jynela Dhara
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Verfasst am: 20 Okt 2024 08:39 Titel: |
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Als es sie aus dem Traum riss, schoss ihr Atem stoßweise aus der Kehle, die immer noch wie zugeschnürt war. Das Bettlaken klebte an ihrer Haut, feucht von Schweiß, der von der Kälte ihres Körpers herrührte, nicht von Hitze. Ihr Herz hämmerte gegen ihre Rippen, und für einen Augenblick wusste sie nicht, ob sie wirklich wach war. Die Stille des Raumes war auf einmal eher bedrohlich und die Dunkelheit schien immer näher zu kommen, wie der düstere Schleier des Traumes, der sie verfolgt hatte.
Ihre Hände fuhren reflexartig zu ihrem Hals, tasteten die leichten Erhebungen der heilenden Narben, die sich gerade wie klaffende Wunden anfühlten, obwohl sie schon längst verschlossen waren. Sie schluckte schwer, spürte den stechenden Schmerz, als ob der Schnitt erneut geöffnet wurde, obwohl nichts zu sehen war außer den vernarbten Linien. Der Durst, ein verzehrendes, brennendes Verlangen, legte sich auf sie wie eine Decke aus Sand, die ihr die Kehle austrocknete. Sie konnte kaum schlucken, so rau war ihr Hals, und der Schweiß, der ihre Haut bedeckte, schien den letzten Rest Feuchtigkeit aus ihr gesogen zu haben.
Doch es war nicht nur der Durst, der sie quälte. Es war die Erinnerung an die verdorrte Landschaft des Traumes, die sich in ihr Bewusstsein gebrannt hatte, als wäre sie dort gewesen. Kein Leben, keine Farben, nur lebloser Staub und Kälte, die durch jede Pore kroch. Der Frost hatte sie noch immer in seinem Griff, obwohl sie es doch eigentlich gewohnt war, stundenlang in der Kälte zu verharren und sie zitterte unkontrolliert, als ob der Schüttelfrost des Traumes ihren Körper nicht hatte loslassen wollen.
Die Stimmen hallten in ihrem Kopf nach, flüsternd und drohend, als sähen sie durch die Dunkelheit hindurch direkt in ihre Seele.
„Geh! Bleib nicht stehen. Er wird dich richten.“
Sie hörte das Echo dieser Worte, während sich ihre Zähne aufeinanderpressten. Ihr Kiefer schmerzte, als wäre sie die ganze Nacht hindurch am Rande des Zerbrechens gewesen, die Muskeln verkrampft, ihre Zunge trocken wie Sand. Das Zittern durchfuhr sie erneut, und sie spürte, wie ihre Nerven wie gespannte Sehnen in ihren Armen und Beinen vibrierten.
Sie zog die Beine an sich, suchte nach Wärme, nach Halt in der leeren Dunkelheit um sie herum. Doch alles fühlte sich fremd an. Die vertrauten Schatten des Zimmers wirkten bedrohlich, verzerrt von der Stille, die nun in ihrem Kopf widerhallte. Kein Flüstern mehr, aber auch keine Erlösung.
Mit zittrigen Fingern griff sie nach dem Becher auf dem Nachttisch, ihre Bewegungen fahrig und unkoordiniert. Der Becher wackelte in ihrer Hand, als sie ihn an die Lippen hob.
Er war leer.
Verdammt.
Der Durst wurde mit nur einem Wimpernschlag unerträglich, als ob ihr ganzer Körper nach Wasser schrie, aber nichts bekommen konnte. Ihre Kehle brannte, ihre Lippen fühlten sich spröde an. Es war, als sei sie immer noch in jener verdorrten Landschaft gefangen, wo es kein Wasser, keine Rettung gab, obwohl sie zuhause in ihrem sicheren Bett lag.
Es kostet sie Kraft aufzustehen, die Wärme eben jenes zu verlassen, um den Becher am Krug wieder aufzufüllen und ihn endlich an die Lippen zu setzen.
Schlaf würde heute Nacht nicht mehr kommen, das spürte sie und als sie mit dem Wasser in der Hand gedankenverloren aus dem Fenster in die Dunkelheit starrte und wie nebenbei über ihren Hals strich, brachte der vertraute Schmerz sie schnell zurück in die Gegenwart.
Was machte sie sich vor?
Die Dunkelheit in dem Zimmer war erdrückend, die Stille beängstigend.
Und bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, war sie bereits dabei, sich zu rüsten.
Der Weg zur Stadtmauer von Rahal war leer und still. Die Straßen, die tagsüber von den Händlern und den Bürgern der Stadt belebt waren, lagen nun verlassen da, von der fahlen Beleuchtung der Laternen gesäumt. Der Mond hing tief am Himmel, sein silbernes Licht warf lange Schatten, die wie Geister über die Pflastersteine huschten. Ihr Atem bildete kleine, dampfende Wolken in der kühlen Nachtluft, doch die Kälte war gerade willkommen. Mit jedem Schritt spürte sie, wie die Gedanken des Traumes schwächer wurden.
Als sie die Mauer erreichte, erwiderte sie reflexartig den Salut der Wache und ging einige Schritte weiter. An dieser Stelle war sonst niemand, außer der Dunkelheit und dem Wind, der sanft über die Zinnen strich. Sie stieg die steinernen Stufen hinauf, bis sie ganz oben auf der Mauer stand, hinter sich Rahal.
Es brannten um diese Nachtzeit kaum mehr Lichter in den Häusern, nur das ferne Flackern der Feuerstellen erzählte von Familien, die sich für die Nacht zurückgezogen hatten. Hier oben herrschte eine trügerische Ruhe, doch der Traum und sein Nachhall, die Geschehnisse im Tempel, das alles sorgte dafür, dass in ihrem Inneren ein Sturm tobte.
Ihr Blick glitt über das Land jenseits der Stadtmauer. Dunkelheit breitete sich aus, ein endloser Horizont aus Schatten und Düsternis. Wie sehr war der Anblick für sie immer ein Trost gewesen, sie hatte ihn stets als beruhigend empfunden, doch heute fühlte sie nur Leere.
Und diese Leere bot Platz.
Denn mit jedem Atemzug schienen die Worte aus dem Traum präsenter zu werden. "Er wird dich richten."
Sie schüttelte den Kopf, als ob sie die Stimme vertreiben könnte. Alatar, der Gott, dem sie geschworen hatte zu dienen, dem sie voller Überzeugung ihr Leben anvertraut hatte, verlangte wieder einmal nach Blut. Seit sie denken konnte, rief er seine Gläubigen auf, Kriege zu führen, um seine Macht zu demonstrieren, um ihre Treue zu beweisen und die Ketzer zu richten. Sie hatte selbst mehr Blut vergossen, als sie zählen konnte, hatte in seinem Namen gekämpft und getötet.
Doch in den letzten Monden – vielleicht auch seit ihrer letzten Reise – hatte sich etwas in ihr verändert. Sie spürte es jetzt, hier, allein auf der Mauer. Zweifel, leise, aber hartnäckig wie ein Flüstern in der Dunkelheit.
Der Tempel hatte den Willen des All-Einen verkündet: Mehr Tribut, mehr Verehrung, mehr Blut im Namen des Herrn. Mehr Opfer, mehr Blut, mehr Tat. Ein Alka würde erneut den Thron besteigen. Mehr Tat. Mehr Blut. Blut.
Während ihr Blick über die schlafende Stadt wanderte, dachte sie an die Menschen dort unten. Nicht jeder war ein Krieger, nicht jeder wollte kämpfen. Die einfachen Leute, die Bauern, die Handwerker – sie lebten ihr Leben in Frieden, dienten Alatar auf ihre eigene Weise. Sie brauchten keinen Krieg, keinen Kampf. War das nicht auch ein Dienst an ihrem Gott? Jeden Tag arbeiteten sie hart, opferten Zeit und Mühe, um ihre Gemeinschaft zu erhalten und sie erstarken zu lassen. Sie lieferten die Rüstungen, die Waffen, das Essen, das sie alle stark machte.
Sie beteten zu Alatar, aber nicht, um Blut zu vergießen. Sie beteten um eine gute Ernte, um Essen auf dem Tisch, um Gesundheit für ihre Kinder die doch irgendwann selbst ein Teil der Gemeinschaft werden sollten und sie beteten um Schutz.
Einen Schutz, den sie mit ihren Leuten in der Garde zu verantworten hatte.
Denn auch das war Teil des alatarischen Reiches. Das normale Leben.
Sie ließ ihre Hand über die kalten Steine der Mauer gleiten. War das nicht auch ein Weg? Gab es nicht auch andere Mittel, Alatar zu dienen? Und sollten eben diese Wege nicht ebenso viel Wert sein wie der Fanatismus vieler Gläubiger? War Fanatismus wirklich der einzige Weg, den Alatar am Ende sah?
Das Wort, die List, Intrigen – sie konnten ebenso mächtig sein wie das Schwert. Das sagten die Gebote Alatars selbst. Und auch Cailen hatte es ausgesprochen, nur flüchtig, vermutlich von den wenigsten gehört, eher untergegangen und für sie dennoch der einzige Anker an diesem Abend im Tempel: “Mehr Blut, das im Namen des Herren vergossen wird, wo Worte keine Wirkung entfalten.”
Sie hatte zugesehen, wie bei vielen sofort die Hände an die Waffen gegangen waren, einzelne den Saal verlassen hatten, um ohne zu zögern und weiteres Nachdenken in den Osten zu ziehen und dort das Blut der Ketzer zu vergießen, um den Willen des Alleinen zu erfüllen.
Aber sie war stehen geblieben.
Natürlich verstand sie, dass Krieg und Opfer Teil der Welt waren. Fanatismus der Ketzer und Krieg hatten ihr Leben bereits als kleines Kind zerstört, sie hatten sie bereits in jungen Jahren Blut vergießen lassen, als sie begonnen hatte sich gegen etwas zu wehren, dass sie nicht einmal richtig verstand.
Aber dies war nicht der Weg für jeden. Es konnte nicht immer die richtige Lösung sein.
Ihre Kehle zog sich schmerzhaft zusammen, und sie spürte die Narben wie eine Erinnerung an den Preis, den sie bereits bezahlt hatte.
Ein leiser Windstoß ließ ihren Mantel flattern, und sie schlang ihn fester um sich. Die Kälte kroch ihr bis in die Knochen, aber sie fühlte etwas anderes.
Etwas Erwachendes in ihr.
Vielleicht, dachte sie, gab es andere Wege, den Willen Alatars zu erfüllen. Vielleicht lag die wahre Stärke nicht immer im Blutvergießen alleine, sondern in der Klugheit, in der Weisheit, in den Menschen, die jeden Tag im Schatten der Kriege lebten, aber dennoch Hoffnung und Leben pflegten.
Vielleicht würden andere Wege auch zum Ziel bringen und dabei die Gemeinschaft mehr stärken, denn eine wirkliche Einheit hatte sie im Palast nicht gesehen.
Sie war Scharfschütze des Herrn - ihr Pfeil würde den Tod bringen, wenn nötig.
Sie war Hauptmann der Garde und auch hier würde sie ihre Leute in einer Schlacht anführen, wie sie es in den letzten Jahren getan hatte.
Aber sie war noch mehr als das.
Und vielleicht war es Zeit, Alatar das zu zeigen. Auf ihre Art und Weise. Mit ihren Stärken und Schwächen. Mit Wort und Tat, mit Intrigen und der Macht des Wortes. Die Garde hatte bereits damit begonnen, hatte eine Tat sprechen lassen und jene würde nun entweder verhallen, oder ihr Echo würde über Gerimor wüten. Und selbst wenn sie verhallen würde, dann würde die nächste folgen. Der Gedanke kam vor der Tat und eine Tat hatte immer Konsequenzen. Mit blindem Fanatismus war ein Krieg auf Dauer nicht zu gewinnen...
Und sie war es leid blind zu folgen, obwohl sie deutlich sehen konnte und sie hatte keine Zweifel, dass es vielen anderen genauso ging wie ihr. Eben für jene musste auch Platz sein und die Garde würde diesen Platz bieten.
Nun lag die Hoffnung auf dem letzten Willen des All Einen. Dem Alka. Eine Macht, die sie nie erlebt hatte. Das Werkzeug Alatars auf Erden.
Würde er endlich wieder die Gemeinschaft in den Vordergrund rücken und nicht nur das Handeln einzelner heraufbeschwören?
Würden wieder jeder einzelne mit seinem Tun und Handeln gesehen werden als Teil der wichtigen Einheit, der Gemeinschaft des Einen, die sich allem auf ihre Art und Weise dem Kampf stellen würden wie es ihnen möglich war?
Sie sah nun ihren Weg vor sich.
Deutlich.
Am Ende würde sich zeigen, ob ihr Tun dem All Einen genügen würde, oder ob er sie richten würde.
Mit diesen Gedanken richtete sie sich auf.
Ihr Dienst hatte gerade erst begonnen, doch der Kampf, der in ihr tobte, war noch lange nicht zu Ende. Alatar hatte ihr einen Traum geschickt. Dieser Traum hatte sie aufwachen lassen.
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Der Erzähler
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Verfasst am: 21 Okt 2024 08:01 Titel: |
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Die Dunkelheit ist wie ein lebendiges Wesen. Sie klebt an mir, kriechend und schwer, während meine Finger sich tastend die rauen und kalten Wände entlang schieben. Ein Ausgang, nur einer, so schwer kann es doch nicht sein, einen Weg nach draußen zu finden. Jeder weitere Schritt fühlt sich für meine müden und schweren Beine an wie ein Kampf. Mein Körper will sich ausruhen, sich hinlegen, zur Ruhe kommen, doch ich muss zuerst einen Weg hier heraus finden.
Weiterhin tasten sich meine zittrigen Finger das Gestein entlang, in der Hoffnung auf einen Ausweg, ein Zeichen für mich, dass ich nicht für Ewig in dieser Schwärze verweilen muss. Die säuselnden Stimmen, welche sonst die Stille füllten, waren verstummt, jeder Schritt war zu vernehmen, jedes Kratzen von Gestein hallte in den Gängen wider, als würde nicht nur ich die Schritte gehen, sondern auch noch andere, die mir folgen.
Ich kann sie fühlen, ich spüre die Blicke auf mir, die sich beobachtend in meinen Rücken bohren. Als würden sie jederzeit bereit sein mich zu packen und auf den Boden zu schleudern, zurück zum Anfang. Nur um sich darüber lustig zu machen, dass ich wieder versagt habe.
Mein Weg muss weitergehen.
Meine Finger gleiten über einen Spalt, eine Tür? Langsam taste ich mich an dem Schlitz entlang. Ein sanfter Luftzug streift über meine Haut.
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Das Mondlicht drückt sich durch die dichte Wolkendecke. Das bleiche, silberne Licht flutet nach und nach die Strassen und erhellt das uralte Pflaster und die sich im Wind bewegenden Grashalme. In den Ecken, zurückgezogen und lauernd, warten die Schatten darauf, die Nacht wieder für sich zu beanspruchen. Als wartet die Dunkelheit selbst auf das nächste Schweigen, damit die Stille den Weg zurückfindet und die Ruhe sich wieder über die Stadt legen kann.
Denn begleitet von dem sanften, aufkommenden Wind, zieht sich säuselnd ein leises Wispern durch die Gassen des alatarischen Reiches. Es scheint von überall und nirgends zu kommen und dennoch huscht es durch die engen Schlitze der Türen hinein in die Träume der schlafenden Gläubigen.
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Traumsequenz 1.
Die Welt um dich herum dreht sich. Die Luft wird mir aus den Lungen gepresst, als ich auf dem Boden aufkomme. Dort liegend sehe ich, wie eine große, schwere Tatze sich auf meinen Brustkorb legt und mir gelbe Augen direkt entgegen sehen. Sie starren mich an. Mein Atem ist flach, kaum lungenfüllend. Der Blick wird immer inniger und langsam erkenne ich etwas darin. Eine Gestalt auf einem Thron sitzend, eine dunkle Rüstung mit prachtvoller Verzierung, in der Hand ein ebenso ziervolles Schwert. Die dort sitzende Gestalt wird das Schwert in die Höhe heben und über die vielen Anwesenden hinweg deuten, welche die dunklen Hallen des Palastes füllen. Du spürst die Ehrfurcht, als würdest du ein Teil jener Menge sein. Du erwachst aus dem Traum und es läuft dir gleichsam eiskalt den Buckel herunter.
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Traumsequenz 2.
Das Knurren wird dich aus deinem schönen Traum zerren und in eine Dunkelheit führen. Du vernimmst die schnellen Atemzüge, das Stolpern von Füßen welche über einen kalten Steinboden schreiten. Die Schritte wirken unsauber, schwach und nicht gefestigt, als würde das, was durch die Dunkelheit wandert, schon eine Weile dort umherwandern. Du fühlst die Kälte welche von dort ausgeht, du hörst das rasende Herz welches wild schlägt. Du siehst die schemenhafte Gestalt, welche sich an der Wand entlang hangelt, die Ritzen abtastet mit zitternden Händen. Du beobachtest ihn genauestens. Als du aufwachst, wirst du das Gefühl nicht los, etwas aus den Augen verloren zu haben.
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Traumsequenz 3.
Wo du zuvor noch von den Weiten des Meeres geträumt hast, welche in schäumenden, weichen Wellen deine nackten Füße berühren, wird sich dein Traum plötzlich wandeln. Von deinen Füßen aus wird sich das Wasser wieder in Blut wandeln und sich immer mehr ausbreiten. Nicht weit weg von dir, wird sich etwas aus dem nun roten Wasser erheben. Die ausgestreckte Hand zeigt in deine Richtung, an dein Ohr dringen Worte die deutlich in deinem Kopf widerhallen.
“Du bist das Blut und das Blut bist du! Ohne dich kann das Leben nicht sein.”
Als du erwachst wirst du das Gefühl haben dich stärken zu müssen, als hätte dein Körper das Bedürfnis sich auf etwas vorzubereiten.
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Traumsequenz 4.
Noch sind es die Augen deines Partners, in die du blickst, zufrieden und glücklich in einem Traum gefangen. Wie aus dem Nichts wird dich dein Traum aus dieser glückseligen Ruhe zerren und in den Traum ziehen, welcher dich die letzten Tage immer mal wieder geplagt hat, doch nun scheint die Szene weiterzugehen. Die Stimmen werden lauter, fordernder, sie drängen sich immer mehr in deinen Schädel. Du willst fliehen, deine Füße tragen dich immer weiter, gehetzt von den Stimmen. Plötzlich hältst du inne. Vor deinen Augen wird sich aus dem Schatten ein Panther erheben, die gelben Augen starren dich an.
“Du hast gewählt.” wispert es drohend aber dennoch klar. “Die Welt wird sich wieder vor einem Alka verneigen, aber zuerst wirst du vergehen.”
Dann erwachst du schweißgebadet und nimmst den Geruch von Angstschweiß wahr. Ob es dein eigener ist?
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Damos Void
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Verfasst am: 24 Okt 2024 01:05 Titel: |
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...des Todes kleiner Bruder griff nach Damos Bewußtsein und ließ seine ruhende Gestalt schnell erschlaffen, das kräftezehrende Tagwerk forderte seinen Tribut. Aus dem Schleier des Dämmerschlafes formten sich Bilder..Geräusche..eine Abfolge von Szenen bildeten sich in seinem Geist und ließen ihn ein leises, fast gierig anmutendes Seufzen, ausstoßen.
Die Wellen plätscherten sanft gegen seine Knöchel, der Blick des jungen Catulus ruhte auf den Weiten des Meeres, behruigte der salzige Geruch und das leise Glucksen des heranrollenden Wassers doch seine Gedanken. So vieles war geschehen und nur in der raren Zeit ohne Pflichten, kam er zum Reflektieren und Nachdenken. Die tiefe Erschöpfung war gewichen, endlich brachte der Schlaf wieder die nötige Erholung, dennoch waren die Zeiten alles andere als ruhig. Der Allmächtige war unzufrieden und hatte diesen Unmut, klar zum Ausdruck gebracht. Ein neuer Alka sollte endlich den Thron besteigen, mehr Blut und Straffung des Reiches, hatte ER gefordert.
Plötzlich drang intensiver Blutgeruch an seine Sinne und instingtief, richtete sich sein Blick auf die vermeintliche Quelle. das vormals klare,leicht gischtige Wasser war nun tiefrot und hinterließ schlierige, dünne Verästellungen, wenn es von den Gezeiten gezogen, zurückwich. Wieder wallte die Gier in seinem Inneren auf und riss einem Raubtier im Käfig gleich, an seinen Gitterstäben. Ein tiefes Knurren ausstoßend, beugte sich Damos fasziniert nach unten und fuhrt mit seiner Rechten durch die blutige Gischt. Bewusst dem Drang nachgebend, hob er die hohle Hand und ließ einen Strom des Blutes in sein Antlitz laufen. Blitzschnell fuhr seine Zunge über die Lippen und mit einem zufriedenen Seufzen, rann das kostbare Naß seine Kehle hinunter.
Schon wollte er sich gänzlich hinunterbeugen, als der rote Schleier in seinem Blick, sich lichete und er eine Gestalt erkannte. Sie hatte sich aus dem Blut erhoben und deutete mit ausgestreckter Hand auf ihn. Worte hallten klar in seinen Gedanken wieder und mit leicht schiefgelegtem Kopf, lauschte Damos. Wieder zentrierte sich alles auf ein Wort..Blut..unendlich kostbar..alles wertvolle in sich tragend..Stärke, Wille, Macht..und..endlose Gier. Schon wollte er mit großen Schritten auf die Gestalt zueilen als der Traum endete. Mit einem Ruck erwachte der junge Catulus und leckte sich die ausgetrockneten Lippen. Ein Hunger tobte in seinem Inneren, wie er ihn bisher nicht erlebt hatte. Einen Augenblick nahm er sich, um die Erinnerung an diesen so lebhaften Traum nachhallen zu lassen. Etwas würde geschehen..etwas..wichtiges..und auch er musste gewappnet sein. Gerade..er..alle Catuli wollten und mussten sich beweisen, alles andere war indiskutabel. Der Allmächtige hatte sie zwar auserwählt, doch bedeutete Nachlassen oder Stillstand den Verlust dieses Geschenkes.
So erhob sich Damos und wusch sich geschwind, kleidete sich an und nahm ein großes Frühstück zu sich, danach machte er sich auf zum Tempel in Düstersee. Dieser musste einer letzten Kontrolle unterzogen werden, fand doch heute dort ein Konzert statt. Den noch vorherrschenden Durst beiseite schiebend, konzentrierte sich Damos auf seine Pflichten...... |
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Der Erzähler
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Verfasst am: 27 Okt 2024 20:28 Titel: |
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Die Flucht
Stille. Gänzliche Ruhe erfüllt das Reich. Verborgen in den Schatten verweilen die zwei klaren, gelben Augen, welchen nichts von der Welt jenseits seines Reiches entgingen. Beobachtend ruht sein Blick auf Isidor, der in seinen Gängen umherirrt und verzweifelt nach der Freiheit sucht. Ihm war klar, dass sein Gast die letzten Energiereserven aufbringt um sein Ziel weiterhin verfolgen zu können. Am Ende seiner Kraft und dennoch getrieben von der Sehnsucht nach Freiheit, waren diese Menschen doch so viel stärker als man eigentlich gedacht hatte. Mit einem Ziel vor Augen waren sie fähig die dunkelsten Qualen zu ertragen und wenn sie erst einmal ganz unten waren, konnten sie wie der Phönix aus der Asche steigen, stärker und gefestigter als je zuvor.
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Isidor
Meine Beine schwer wie Blei. Ich stolpere durch die Tunnel. Seit einer gefühlten Ewigkeit folge ich dem Luftzug und dem seichten Schimmer, welcher sich immer mal wieder vor meinen Augen auftut. Ist es überhaupt wahr? Träume ich vielleicht nur einen Fiebertraum? Die Gesichter welche mich in der Dunkelheit verfolgen, gehässige Grimassen, als würden sie mich auslachen. Jeder meiner Schritte hallt durch die Korridore und lässt mein Herz schneller schlagen. ‘Er wird dich nicht gehen lassen’ wispern die Stimmen. ‘Du wirst versagen!’ Mit einem Kopfschütteln versuche ich die Stimmen ins Jenseits zu schleudern, da wo sie hingehören, raus aus meinem Schädel. Da spüre ich sie wieder, diese sanfte Brise, eindeutig ein Luftzug. Freiheit! Meine Finger gleiten weiter tastend über das Gestein und ich werde das Gefühl nicht los, dass die Steine auch feuchter werden und die Luft klarer. Ein Hauch der Welt, die ich damals zurückgelassen hatte?
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Ein Nicken geht von ihm aus. Seine Schatten zucken lediglich kurz, ehe sie das leise Flüstern vernehmen. ‘Lasst ihn ziehen.’ Der Befehl gleitet wie ein Messer durch die Dunkelheit. Nach und nach wird der Weg durch den Irrgarten gelichtet und der Weg wird seinem Gast freigegeben. Die Schatten ziehen sich zurück, lassen Isidor weiterschreiten, ihn tasten und hoffen. Während die Gesichter und Augen an den Wänden schweigend zusehen, wissend, dass es der Wunsch des All-Einen ist.
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Isidor
‘Lauf, Isidor. Lauf so weit dich deine Beine tragen.’
Ein letzter Blick zurück, ich sehe die Dunkelheit welche hinter mir liegt, spüre die wachsamen Augen auf meiner Haut und in meinem Rücken, doch das Flüstern verstummt und zurück bleibt eine angenehme Stille. Ohne weiter über das, was hinter mir liegt nachzudenken, gehe ich den letzten Schritt durch die Pforte, welche vor mir liegt. Ich falle. Blendend, helles Licht umfängt mich, so grell, dass es mir fast die Sinne raubt. Ein sanfter Aufprall, als wolle mich der feuchte und kühle Boden fast schon liebevoll empfangen, nur um mich nicht ein weiteres Mal zu erschüttern. Die kühle Nachtluft streicht über meine Haut, ein tiefer Atemzug füllt meine Lungen. ‘Luft’ krächze ich und ein Lächeln, schmerzlich als auch freudig huscht über meine Lippen.
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Noch immer ruht der Blick des Panthers auf ihm. In seinen Augen ruht eine geduldige Erwartung. Wissend, dass dieser Sieg nicht die Erlösung war, nach welcher sich Isidor sehnte. Er würde zurückkehren, wie ein Hund an der Leine, sobald der rechte Zeitpunkt gekommen war. Nein, es war nur eine kleine Gabe, das Gefühl, ein Schicksal besiegt zu haben. Elegant wird sich der Panther wieder in den Schatten begeben und dort mit der Dunkelheit verschwimmen, lediglich ein Flüstern wird durch die Gänge kriechen. ‘Ich bin der Anfang und das Ende.’
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Der Erzähler
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Verfasst am: 30 Okt 2024 22:52 Titel: |
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Arne Levar hat Folgendes geschrieben: | Wieder einmal sitzt Arne dösend in seiner Werkstatt. In letzter Zeit war nicht viel Kundschaft zu ihm gekommen. Manchmal hatte er auch zwei drei Tage keinen Kunden. Doch vor zwei Tagen ereignete sich etwas, was er so schnell nicht vergessen wir.
Kurz vor Ladenschluss polterte es vor seiner Tür auffällig. Er geht hinter seinem Tresen hervor zu Tür und fragt Wer ist da? Als er Lesters Stimme erkennt öffnet er die Tür. Neben Lester sieht er einen Mann etwa Ende 20 Anfang 30, welcher leicht verwahrlost aussieht. Er scheint total erschöpft zu sein. Also bitte Arne beide zu sich herein und bietet dem Fremden einen Stuhl an. Da er nach Wasser und Essen gefragt hat, wird er gleich beides erhalten. Er scheint lange Zeit nichts zu essen und trinken gehabt haben. Seine Klamotten sind teilweise zerfetzt und fransig, sehr unordentlich, als wäre er durch ein Meer von Dornenbüschen gelaufen. Auch geht ein seltsamer Geruch von ihm aus.
Während Lester und Arne versuchen herauszubekommen, woher er kommt, oder wer er ist, hält sich der Fremde immer wieder den Kopf mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht und bittet darum ihm zu helfen.
Immer wieder fällt er vor Schwäche oder Schmerzen, vielleicht auch beides, um. Bei einem dieser Stürze hört man es im rechten Arm Knacken. Als Arne ihn fragt, ob er ein Bett bei ihm für die Nacht nutzen möchte, stammelt der Fremde zusammenhangslose Dinge. Ich.. ich weiß es nicht.. ich suche.. etwas. Ich ... Ich.. weiß es nicht mehr.. Auf die Frage was er sucht stammelt er wieder nur, Ich erinnere mich nicht.. mehr.. Es Ist alles weg..
Lester schaut sich den Fremden noch einmal genau an und sagt, Ich kann äußerlich nichts finden, keine Prellungen oder Wunden.
Lester und Arne beschließen dann den Fremden auf einem Stuhl sitzend zum Kloster zu transportieren und in die Heilerstube zu bringen. Als sie dort angekommen sind legen sie ihn vorsichtig und behutsam auf eins der Betten und der Fremde dämmert hinweg. Ob er wirklich schläft oder nur in Ohnmacht gefallen ist, das weiß niemand.
Lester spricht dann noch mit dem Personal der Heilerstube, berichtet was sie erlebt und was sie getan hatten. Erst dann können sie beruhigt nach Hause gehen. |
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Beak von Sankurio
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Verfasst am: 31 Okt 2024 19:58 Titel: |
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Als die frostigen Wintertage näher rückten, regte sich erneut der feindliche Westen und sorgte für gewohnte Unruhe.
Diese Unruhe ließ sich deutlich in den zahlreichen Meldungen ablesen, die in den letzten Tagen im Berichtswesen eingingen.
Im Zentrum dieser Tyrannei stand einmal mehr das Fischerdorf Bajard, dass sich in unmittelbarer Nähe zu den Grenzlehen der Grafschaft Markweih befand.
Die Machenschaften des Westens hatten dazu geführt, dass das klösterliche Hospital überquoll von Neuankömmlingen. Viele von ihnen waren Opfer der listigen Dunkelheit geworden, die mit ihren schrecklichen Taten unbemerkt um sich griffen. Am gestrigen Abend hielt der Kommandant und erhobene Paladin der Krone eine Visite im klösterlichen Hospital, begleitet von der Hohepriesterin Raia Lathaia.
In einen der Betten saß ein fremder Mann, dessen Gesicht von Dreck und Wunden gezeichnet war und an schweren Gedächtnisschwund litt. Meisterschmied Arne Levar und der Liedwirker Lester Schrevenau hatten ihn aufgefunden und ins klösterliche Hospital gebracht. Die Hohepriesterin hatte sich fest vorgenommen, den Verwundeten mit einer kräftigen Hühnerbrühe auf die Beine zu helfen. Ein würziger Duft des dampfenden Suds erfüllte den Eingangsbereich der Heilstube und vermischte sich mit dem Geruch von Heilkräutern und frischem Brot.
Während die Hohepriesterin den Fremden mit der warmen Brühe verköstigte, trat wenige Momente später die Gräfin und Kronritterin Helisande von Alsted ein. In ihrer charmanten Art spiegelte sich ein nachdenklicher Ausdruck wider, der auch in der Mimik des Paladins zu erkennen war. In einem nahezu lautlosen Austausch zwischen den Beiden festigten sich ihre Gedanken, als sie die Situation erfassten.
Nur ein Hauch von Dankbarkeit war es die dem Fremden überkam, als er genüsslich einen Löffel der kräftigen Brühe nahm. Die Blicke der beiden Ritter waren forschend und noch nicht abschließend in ihrer Beurteilung. Sie schienen die Geheimnisse des Mannes entschlüsseln zu wollen, während Raia sich um frische Wechselkleidung kümmerte. Die Kronritterin spürte die Dringlichkeit der Lage und beschloss, rasche Nachforschungen anzustellen. So dauerte Ihr Besuch nicht lange, doch die innere Unruhe und Sorge blieben bei Beiden umso präsenter.
Der Hunger des Patienten war so groß, dass er die Brühe bis auf den letzten Tropfen leerte. Beherzt nahm die Hohepriesterin das Geschirr entgegen, während sie zuvor bereits für eine frischere Kluft gesorgt hatte. Ihr Anstand gewährte dem Mann genügend Privatsphäre, auch wenn sie die einzige Person im Raum war, die dies tat. Der blau-graue Blick des Paladins hingegen ruhte fortwährend auf dem Fremden, der sich auf dem Krankenbett mühsam aufrichtete und seinen Oberkörper entblößte. Unzählige Narben, welche von Dreck gesäumt waren, alte wie auch frische, durchzogen seinen ganzen Oberkörper. Ein Mann des Krieges, das war ganz klar oder aber ein Opfer schwerer Repressalien.
Während der Fremde sich um seine Waschung kümmerte, die er zuvor von der Hohepriesterin abgelehnt hatte, flüsterte Raiawispernde Worte in Beaks Richtung:
„… eine Offenbarung; Zwei Brüdern, welche spielten …“
Was zunächst nur eine Vermutung war, entpuppte sich zunehmend als bittere Realität.
Konnte es wirklich sein, dass er der Verräter war, der seit vier Jahren als verschollen galt?
Der Wortwechsel zwischen ihnen wurde jedoch immer spärlicher, und es wurde schnell deutlich, dass der Paladin fest entschlossen war.
Bis zur Klärung der Identität des Fremden musste dieser an Ort und Stelle bleiben. Nicht nur aus Gründen seiner eigenen Genesung, sondern und vor allem nur, um das Rätsel der Identität zu lösen.
Im Nachgang fand nur ein kurzer Austausch in gedämpfter Stimme auf dem Vorplatz der Klosterkirche statt. Die stellvertretende Kommandantin Andra, die im Hintergrund die Lage sondierte, war Teil dieser Gesprächsrunde. Es mussten Maßnahmen ergriffen werden. Während ihre Eminenz Lathaia rasch nach Alumenaspracht mit der Klosterwächterin aufbrach, wurden die Blauröcke der Klosterwache angewiesen, ihre Präsenz zu verdoppeln. Ein Zugang zur Heilstube schien seit dem gestrigen Abend nur noch mit einer Genehmigung möglich zu sein.
Wächter und Geweihte, welche die Nacht in unmittelbarer Nähe des Fremden verbrachten durften bemerkt haben das ein Jener im Schlafe zu reden schien. Das Wort "Bruder" fiel in aller deutlichkeit, ausserdem schlug der Schlafende wild mit seinen Armen umher.
Bis zum nächsten Abend sogar verweilte dieser dubiose Kerl im Schlaf … |
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Helisande von Alsted
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Verfasst am: 31 Okt 2024 21:30 Titel: |
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Nichtsahnend war sie da in etwas hingengestolpert aus dem sie lieber postwendend wieder hinausgestolpert wäre. Ein merkwürdiger Auflauf an Personen in der Klosterheilerstube. Alles gruppierte sich um einen etwas heruntergekommenen Mann auf einem der Betten. Beaks Blick war irgendwas zwischen finster, nachdenlich und ganz finster. Richard schaute wachsam drein. Arne wirkte etwas ratlos ob der ganzen Situation und Raia war die Herrin der Lage, die mit ruhigen Gesten und Handhabungen erstmal die Versorgung übernahm.
Auch ihr Blick heftetet sich dann zwingend auf den Gast der Heilstube auf dem Bett. Die Narbe in ihrem Gesicht begann zu jucken. Kein gutes Zeichen. Sie juckte höllisch. Irgendetwas in ihr erkannt den Mann dort, aber sie fand dazu keinen Namen. Die Haarfarbe, die Augenfarbe... Größe... Bewegungen. Da war eine frappante Ähnlichkeit. Sogar das geschätzte Alter passte.
Himmelarsch und Zwirn.
Am nächsten Tag waren Beak und sie sich einig. Es war, was es war. Es gab eindeutige und weniger eindeutige Anzeichen, doch musste man handeln. Handeln bevor ein Rudel Letharen anfangen würde vor dem Kloster Arien zu singen. Handeln, bevor der Mann sein Gedächtnis wieder erlangte und mit dem Gedächtnis vermutlich Kräfte, die die Kampfklasse des Paladins und ihre eigene weit übersteigen würden. Der Paladin schaffte ihr dann erfolgreich die Laufburschenarbeit an.
Die Verlegung nach Adoran in die Zelle für besondere Gäste wurde dem Oberstleutnant angeschafft. Seine Begeisterung hielt sich in sehr engen Grenzen. Und doch würde er alle notwendigen Maßnahmen mit Umsicht ergreifen.
Höchst persönlich traf die Kronritterin ein am Palast, im Laufschritte sogar. Dem rasch aufgescheuten Schreiber der Majestäten wurde Pergament und Tinte abgeschwätzt und ein Schreiben verfasst. Zwar ohne Siegel, aber der Schreiber konnte die Echtheit und die Verfasserin bestätigen.
Wie nur zu oft, weist die normierte und fast militärische Handschrift schon direkt darauf hin, dass der Inhalt des Schreibens keine guten Nachrichten beinhalten wird. Das Schreiben wird Seiner Majestät direkt übergeben werden durch den Schreiber. Vermutlich mit der Frühstückspost am nächsten Morgen.
Zitat: |
Palast Adoran
31. Goldblatt 267
Kron und Reich zur Ehr, Euer Majestät Ador I. von Alumenas!
Ich erspare Euch für den Moment die üblichen Höflichkeiten und komme direkt zum Punkt. Seit vorgestern Nacht befindet sich im Kloster zu Schwingenstein ein Gast im Heilerhaus. Er hat sein Gedächtnis wohl tatsächlich oder angeblich verloren.
Nach eingehender Beratung und Prüfung sind sich Sir von Sankurio und ich uns sicher, dass jener Gast Isidor ist.
Aus Sicherheitsgründen wird er vom Regiment nach Adoran überführt und dort im Kerker bewacht werden. Näheres organisiert der Oberstleutnant. Die Geweihten werden in Schichten die Wachen unterstützen.
Ich ersuche Euch dringlichst (!) darum keinen Besuch ohne ritterliches Geleit durchzuführen. Niemand kann sagen, ob nicht die Kraft des Alkas noch in jenem Menschen schlummert.
Für Krone, Reich und Glauben.
Ritter der Krone Alumenas
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Später in der Burg dann starrte sie von den Zinnen hinab, in der Hand einen ungetrunkenen Met und hiner sich die Wärme Heinriks. In ihr der eine Gedanke:
"Ein sauberer Schnitt durch die Kehle und eine diskrete Feuerbestattung könnte hier viel Aufregung und auch Schmerz ersparen. Allen." |
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Keylon von Salberg
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Verfasst am: 02 Nov 2024 23:44 Titel: |
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Oh er hatte sich freiwillig gemeldet den Gast mit zu bewachen als er hörte um wen es sich wohl handeln könnte.
Natürlich könnte das die Klosterwächter ebenso, aber er ließ es sich nicht nehmen sich daran zu beteiligen.
Sofort spürte er den Groll in sich auftauchen den er für diesen Mann empfand. Groll... Hass vielleicht, den er natürlich unterdrückte.
Er war ihm damals vor Adoran mit andren entgegengetreten und war von ihm dermaßen geschlagen worden das es ihm nicht nur Körperlich weh getan hatte und der Kampf damals gegen den König war legendär gewesen, das sich zum Schluss gar Temora und Alathar eingemischt hatte.
Und heute? Heute befand er sich in der Heilerstube, ohne Gedächtnis nicht wissend wer er war. WAS er gewesen war.
Als er am Abend Geräsuche vom inneren hörte, machte auch er sich kurz bemerkbar, als Zeichien das jemand vor der Türe stand.
Ein Bad wünschte er sich...
Ein BAD !!! Keylon hätte ihn am liebsten gepackt und in den nächsten Fluß geworfen.
Aber nein, das wäre wohl nicht im Sinne der Göttin. Er hatte ihm gerade gesagt das er keine Befugniss hätte das Haus zu betreten als die Gräfin hinzutrat.
Sie begrüßten sich und als sie das Heilerhaus betrat, folgte ihr Keylon sichernd.
Als sein Blick den Mann musterte, musste er zugeben das er nicht sehr bedrohlich aussah, aber was hatte er auch erwartet? Er war nicht mehr der Mann der damals bewaffnet und maskiert vor ihm gestanden hatte.
Dennoch würde sich Keylon nicht täuschen lassen. Keinen Moment verlor er die Konzentration und den Mann aus dem Blick.
Helisande bot ihm gar an ihn zur Burg zu geleiten damit er ein Bad nehmen und sich etwas stärken konnte, und er nahm natürlich an.
Als sie hinaus traten, schloß sich ihnen noch seine Eminenz Antorius an und gemeinsam machten sie sich auf den Weg zur Burg.
Helisande stellte ihm das Bad, besorgte neue Kleidung und lud ihn dann zu Tisch wo er Speis und Trank bekam.
Keylon verstand nicht wie die Gräfin so freundlich zu ihm sein konnte, sogar als sie mit ihm Sprach.
Warum holte man nicht einfach Ador her und ließ den Mann dann auf dem Schafott enden?
Nun es war nicht an ihm Vergeltung zu üben.
Er war nur als Wache hier und das tat er. Fast wartete er darauf das der Mann sich von jetzt auf gleich in das Monster verwandelte das er damals war.
Nachdem sie sich gestärkt hatten begleitete man den Mann den man nun Ismael nannte, in die kleine Kapelle, wo Antorius den Versuch startete, Ismael klerikal auf den Zahn zu fühlen.
Er ließ sich Zeit und die Worte flossen dahin, die Keylon selber tief beeindruckten, aber Ismael schien nicht darauf zu reagieren, so das sie dann abbrachen und gemeinsam zurück zum Kloster aufbrachen.
Die kurze Exkursion war vorbei und Ismael wieder in seinem Heilerhaus.
Der Hohepriester und die Gräfin verabschiedeten sich und Keylon nahm seine ihm selbst auferlegte Wacht wieder auf.
Kurz nur unterhielt er sich noch mit Ismael, brachte ihm noch Krüge Wasser hinein.
Er klärte ihn über den Westen auf und den Gegensatz von Alathar und Temora, außerdem erklärte er ihm das er froh sein könne hier gelandet zu sein und das man ihn woanders wohl getötet hätte, und als Ismael dann mit den Worten
„ Nun, man muss mir ja nicht direkt überall eine Krone aufsetzen.“
scherzend antwortete konnte er ein zusammen zucken nicht verhindern.
Ismael bemerkte es wohl und erklärte irritiert das dies ein Scherz wäre und Keylon meinte dann nur
„Man glaubt zu wissen wer ihr seid und glaubt mir. Da seid ihr hier am sichersten aufgehoben.“
„Und wer bin ich?"
„Es ist nicht an mir Euch dieses zu sagen, ich hoffe das ihr euch bald erinnert
und dann ... Herr Ismael ... seid ihr hier genau da wo ihr sein solltet“
Mit diesen Worten verabschiedet er sich dann und schloß die Türe vor der er wie gewohnt seine Wache wieder aufnahm.
Zuletzt bearbeitet von Keylon von Salberg am 02 Nov 2024 23:45, insgesamt einmal bearbeitet |
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Keylon von Salberg
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Verfasst am: 02 Nov 2024 23:44 Titel: |
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Zuletzt bearbeitet von Keylon von Salberg am 02 Nov 2024 23:45, insgesamt einmal bearbeitet |
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Raia Lathaia
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Verfasst am: 03 Nov 2024 19:00 Titel: |
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In schnurrgerader Haltung saß Raia nun die dritte Nacht in Folge auf dem Stuhl in der Klosterheilstube; obere Etage.
Die dritte Nacht in Folge erbat sie der Herrin schützenden Wall um den Ort.
Die meiste Zeit über war es still - sehr sehr still.
Sie lauschte dem Plätschern der Quelle, lauschte den Atemzügen des Schlafenden, lauschte seinen Träumen - sofern er sie aussprach.
In stiller Meditation saß die Hohepriesterin da und war.
Ihr inneres Auge hingegen war rastlos, suchte klerikale Strukturen, göttliche Schatten! Ihr nach innengekehrter Blick ließ sie sich selbst sehen, nur noch in Stofffetzen gekleidet, barfuß, blutige nackte Füße, zerkratze Haut, rennend in einem Labyrinth der Dunkelheit - eilend, nicht panisch.
Raia hatte ihr ganzes Sein in dieser Welt hingegeben, um mit ihrem Licht in der Dunkelheit nach Alatar zu spähen, ihn zu fühlen, sein Nahen zu erahnen.
Jeder Weg eine Sackgasse, gleich wie lang sie ihn gelaufen war. Nichts.
Stille. Dunkelheit. Kleines Licht. Ihr Herzschlag war langsamer geworden und erklang in ihrer Vorstellung als Widerhall ihrer eigenen Schritte.
Kurz lauschte sie auf Geräusche im Hier, lenkte ihre Gedanken zum Schlafenden und erfasste aus der Erinnerung sein Antlitz.
Raia war ihm gegenüber teilnahmslos. Fremdartig distanziert. Er war nur der Körper. Er bereitete ihr keine Sorgen. Seine Seele verloren in eben jenen düsteren Gängen, die sie seit drei Nächten durchschritt. Gleich, welchen Namen er tragen mochte - irrelevant für sie. Der Mensch war längst fort. Eine Hülle, eine Marionette.
Der Blick der Hohepriesterin richtete sich wieder nach innen. Das waren die Wege, die für sie wichtig waren. Wo der Schlafende war, konnte der Schwarze nicht weit sein. Bald würde er ihn spüren, erahnen, würde seine scharfen Klauen nach ihm ausstrecken.
Darauf wollte Raia vorbereitet sein. Die Griffe der weltlichen Macht waren bereits fest und so konnte die Geweihte sich in dieser Hinsicht beruhigt zurückhalten.
Ein tiefer Atemzug und alsbald durchstreifte sie die klerikalen Gefüge, die sie sich in ihren Gedanken als dunkles Höhlenlabyrinth ausgemalt hatte. Immer tiefer trat sie in dieser Nacht in die Finsternis ein...
Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 03 Nov 2024 19:28, insgesamt 2-mal bearbeitet |
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Helisande von Alsted
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Verfasst am: 03 Nov 2024 19:12 Titel: |
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„Lasst uns unsere Erinnerung nicht mit einer Last belasten,
die schon vergangen ist.“
William Shakespeare
Ismael.
Der erste Name, der ihr eingefallen war als der junge Mann sie aus seinen brauen Augen so ansah und sich selbst wohl nach seinem Namen fragte. Er sah nun wohler aus, wollte baden und schien aus seiner Situation das beste machen zu wollen. Je länger ihr stiller Blick auf ihm verharrte, forschend, prüfend... je länger sie seine Bewegungen beobachtete, desto unwirklicher wirkte das alles auf sie.
Isidor - der gefallene jüngere Bruder des Königs. All seine Portraits, Abbilder, jedes Andenken an ihn war in Alumenas vernichtet worden oder im Giftschrank hinter verschlossenen Eichenpforten gelandet. Der Zweitgeborene, wie sie selbst eine war, der immer im Schatten des Älteren stand. Der Zweite, der nur eine "Absicherung" war, falls der Kronprinz nicht erwachsen werden sollte. Der Abgehängte, der Unwichtigere, der, welcher nie herrschen würde.
Und er hatte geherrscht. Benebelt und verführt von Alatar hatte er als Alka das Alatarische Reich geführt, beherrscht, geknechtet und in Schlachten geschickt. Er hatte einen Krieg geführt und das recht erfolgreich.
Der Alka- herrisch und arrogant. Impulsiv und ungerecht, aus Launen heraus soll er getötet haben. Die starre Maske hatte stets sein Gesicht verborgen, sein Blick jedoch, er war immer unmittelbar gewesen. Sie war ihm begegnet. Mehr als einmal und das letzte Mal hatte sie es nur knapp überlebt, da der ältere Bruder sich ins Gefecht geworfen hatte.
Doch war er es?
War der Mann dort in der zerschlissenen Kleidung, in dem vernachlässigten Körper mit dem direkten Blick und dem wenig apologetischem Auftreten wirklich Isidor?
Je länger sie nachdachte, desto mehr schlichen sich Zweifel ein oder wollten sich einschleichen. Das rechte Maß, es war ein schweres in diesem Falle. Beak war sich recht sicher gewesen, so wie sie auch. Die letzte Sicherheit musste von Seiner Majestät kommen und mit ihr der Richtspruch über den Bruder oder der Richtspruch über zwei Ritter, die sich akut zum Deppen gemacht hatten.
Das Gedächtnis verloren und doch konnte er reiten. Nicht nur irgendein Pferd, sonder eines ihrer ziemlich großen Schlachtrösser. Ohne zu Zögern war er aufgestiegen, mit einer sicheren Selbstverständlichkeit wurde der Sitz korrigiert, die Zügen aufgenommen und die richtigen Hilfen gegeben. Er konnte reiten. Reiten wie ein Ritter. Der Körper erinnert sich oft an Handlungen, Bewegungen und Abläufe, die der Verstand schon längst vergessen hat oder vergessen will. Es würde spannend werden, was sie noch hervorprovozieren würde.
Er hatte sie als den Drachen erkannt.
Doch was war, wenn Ismael wirklich nur Ismael war und niemand sonst? Ein junger Krieger, der einfach bei einem tragischen Zwischenfall mit Orgern und Orks sein Gedächtnis verloren hatte und nun fäschlich als Staatsfeind Nummer eins gehandelt wurde? Was war, wenn sich alle irrten?
Doch was war, wenn die Seele Ismaels eine reine Seele immer noch war? Falls er eins Isidor oder der Alka war? Wenn das Dunkel von ihm genommen wurde und Alatar ihn einfach weggeworfen hatte, wie eine nutzlos gewordene Puppe? Was war dann übrig? Was wäre ihm gegenüber gerecht, wenn er von all den Freveln und Verfehlungen nichts mehr wusste und es nie wieder erinnern würde?
Gnade? Doch welche Gnade? Die eines Bruders oder die eines Schwertes?
Eminenz Antorius hatte etwas bei der klerikalen Untersuchung entdeckt, etwas gut Verborgenes. Ismaels Hände hatten gekrampft auf seinen eigenen Beinen. Man würde weiter prüfen.
Doch die Frage, die sie viel brennender umtrieb war eine ganz andere. Was würde passieren, wenn der junge Mann dort Isidor war und der Alka wieder erwachen würde? Welche Gnade würde es dann geben?
Und doch, doch war es, was es war. Es mochte Dummheit sein oder ihre eigene Arroganz. Sie fürchtete ihn nicht.
Ismael. |
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Der Erzähler
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Verfasst am: 03 Nov 2024 21:17 Titel: |
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Die Ankunft
Mein Kopf pocht vor Schmerz, als hätte jemand mit einem Hammer darauf eingeschlagen. Die Ereignisse des Abends wirken verschwommen, als ob sie halb Traum, halb Wirklichkeit wären—fern und doch so nah. Meine Schritte führten mich schließlich zu einer Werkstatt, wo Arne mich empfing und sich um mich kümmerte, bis sich die Stube immer mehr mit Menschen füllte. Die Namen verschwammen; in meinem Zustand konnte ich mir nur die wichtigsten Details merken, während ich mechanisch funktionierte und der Schmerz meinen Geist benebelte. Irgendwann fand ich mich in der Heilstube des Klosters wieder, umringt von Priestern, die mich behandelten, als wäre mein Erscheinen eine Besonderheit. Mir war es egal – ich brauchte nur ein Bett, saubere Kleidung, etwas zu essen und zu trinken. Schließlich glitt ich in einen tiefen Schlaf.
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Traumsequenz:
Die Luft, die ich einatme, ist kalt und klar, schneidet fast in der Brust. Die Nacht hat sich wie ein schwerer Mantel über das Meer gelegt, als wolle sie es vor den Augen der Welt verbergen. In der Ferne tanzt das flackernde Licht des Hafens über die Wellen, wie ein ferner Funken Hoffnung. Doch mir ist es, als würde dieser Ort mich kälter empfangen als alle anderen, als läge etwas in der Luft, das schwer auf meinen Schultern ruht, tiefer als nur die feuchte Nachtkühle.
Um mich herum auf dem Deck herrscht emsiges Treiben, jeder bewegt sich mit der Gewissheit eines bevorstehenden Triumphs. Mein Bruder, künftiger König von Alumenas, wird gefeiert, und bald, sehr bald, wird seine Krönung die Stadt und das Volk für sich einnehmen. Ador selbst steht dort, majestätisch und selbstsicher, die Aufmerksamkeit jedes Mannes, jeder Frau um ihn scharend, als wäre er das Licht, zu dem sich alles Leben hinwendet. Perfektion bis in die kleinste Geste – das Bild des herrschenden Monarchen. Mein Mund wird zu einer schmalen Linie, das eisige Gewicht in meinem Inneren zieht mich noch tiefer in die Dunkelheit, die mich umgibt. Meine Züge versteinern, meine Wangenknochen spannen sich, und die Kälte legt sich auf meinen Blick. Ein Vorteil, dass niemand in meine Richtung sieht, dass ich hier im Schatten dieses Bildes stehen kann.
Das königliche Schiff gleitet fast lautlos an den Hafen heran, die Segel hell im Mondlicht wie ein Geist, der aus der Dunkelheit selbst geboren ist. Stolze Banner flattern im Wind, Wappen und Farben, die Adoran widerspiegeln. Dann bricht es los: ein Jubel, der in die Nacht schmettert, Stimmen, die sich vereinen in Rufen und Klatschen, und ein Echo, das zwischen den Mauern widerhallt.
„Der Kronprinz! Jubel! Der Kronprinz ist hier!“ Die Menge vor uns tobt, und der Boden scheint zu erzittern unter den Rufen derer, die den strahlenden Herrscher begrüßen. Wachen drängen die Menschenmassen zurück, eine Schneise öffnet sich, sodass die Ritter und die königliche Familie ihren Weg in die Stadt antreten können. Ich schließe die Lücke zwischen mir und Ador, hinter seinem Rücken, im Schutz der Dunkelheit, die immer noch über mich hinwegzieht wie ein stummer Schatten. Mein Blick haftet sich an seinem Hinterkopf, meine Augen verengen sich unwillkürlich, als das Gewicht in meiner Brust mich tiefer zieht.
Langsam senke ich die Lider, atme tief die kalte Luft ein, fühle, wie die Dunkelheit sich in meinen Lungen ausbreitet. Dann hebe ich das Kinn und öffne die Augen wieder, der kalte Nebel, die eisige Distanz in meinem Inneren kehrt zurück.
„Ein weiterer Tag im Schatten des strahlenden Ersten,“ murmle ich leise, meine Worte verschwinden im Trubel, gehen unter im hellen Glanz, den sein Bild erzeugt.
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Die nächsten Tage vergehen wie im Flug, und allmählich gewinne ich an Kraft zurück. Doch mein Verstand bleibt leer wie ein unbeschriebenes Blatt, meine Erinnerungen verschollen, als wäre ich neu in diese Welt geworfen worden – ohne Wissen, ohne Vergangenheit. Nur vereinzelt regt sich etwas, ein flüchtiges Gefühl, das mich sanft berührt, wie eine Ahnung, die an längst Vergessenes rühren will.
Sie nennen mich nun Ismael, und ich spüre die Blicke der Skepsis, das Murmeln hinter vorgehaltener Hand. Sie denken wohl, ich bemerke nicht, wie sie mich betrachten. Aber ich bin nicht dumm, nur… vergesslich. Oder so scheint es.
Dieser Ismael, den sie so kritisch beäugen, sehnt sich nach einem Bad, nach einem Moment der Ruhe, fern vom unaufhörlichen Treiben der Klosterheilstube. Ich will die Welt jenseits der Klostermauern sehen, und die Dame von Alsted gewährt mir diese Freiheit. Also machen wir uns auf zur Burg. Das Bad und das gute Essen dort wirken Wunder, fast fühle ich mich wieder wie ein Mensch. Doch Seine Eminenz hat noch mehr vor an diesem Abend – und plötzlich frage ich mich, ob ich in eine Falle getappt bin.
Es heißt, ich soll mich einer klerikalen Untersuchung unterziehen. Was immer das bedeuten mag, ich willige ein, lasse die Zeremonie über mich ergehen. Ein Gefühl von Wärme und Frieden durchströmt mich, doch tief in mir regt sich auch etwas anderes: eine unterschwellige Unruhe, ein Kribbeln, das nicht weichen will.
In dieser Nacht kehren Bilder zurück. Verlorene Visionen und blasse Erinnerungsfetzen tauchen auf, bedrängen mich. Ich sehe eine Gestalt, stolz und mächtig. Ein Bruder. Ador. Mein Bruder? Es ist mehr als nur ein Bild; es ist ein Drang, ein Ruf, der aus dem Dunkel meiner Gedanken bricht. Ein Zorn flammt kurz in mir auf – und mit diesem unbehaglichen Gefühl erwache ich, die Bilder schon wieder verblassend.
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Sequenz - Raias Blick in das klerikale Geflecht
Du wirst eine tiefe, fast unirdische Stille spüren, als würden sich endlose, verlassene Gänge vor dir entfalten. Deine klerikalen Sinne tasten sich vorsichtig an den Wänden dieser leeren Pfade entlang, streifen durch Gassen, in denen nur das Echo von längst vergangenem nachhallt – vage und undefinierbar, als käme es aus einer längst vergessenen Zeit. Doch je weiter du dich wagst, desto dichter wird der Nebel, der dich umgibt, bis er wie eine undurchdringliche Wand vor dir steht, eine schwere, graue Masse, die alles Licht erbarmungslos verschluckt. Selbst hier, im Herzen dieses undurchschaubaren Schleiers, tastest du vergeblich, die Dunkelheit bleibt ungerührt, eine allgegenwärtige, kühle Präsenz. Ein Gefühl von Unzulänglichkeit breitet sich in dir aus, ein Drang, nach jemandem oder etwas zu greifen, das dir helfen kann, diesen Nebel zu durchdringen. Allein wirst du nicht weiterkommen – die Einsicht, so leise und zwingend wie ein Flüstern im Dunkeln, sagt dir, dass du die Hilfe eines anderen brauchst, um das Verborgene zu enthüllen.
Zuletzt bearbeitet von Der Erzähler am 03 Nov 2024 22:27, insgesamt einmal bearbeitet |
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Der Erzähler
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Verfasst am: 03 Nov 2024 22:26 Titel: |
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*löschen*
Zuletzt bearbeitet von Der Erzähler am 03 Nov 2024 22:27, insgesamt einmal bearbeitet |
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Raia Lathaia
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Verfasst am: 03 Nov 2024 23:28 Titel: |
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Der Morgen dämmerte bereits als Raia die Augen öffnete und eine recht lange Weile brauchte, um wieder ins Hier und Jetzt zu gelangen.
Ihre Wangen waren blass, die Lippen spröde, der sonst so fein geflochtene Zopf, der ihre welligen Haare im Zaum hielt, hatte sich teilweise gelöst - trotz stundenlanger Regungslosigkeit.
Ein Gebet und deutlich helleres Licht um sie herum später, atmete sie tief ein. Es fühlte sich an wie aus einem Alptraum erwacht. Anstrengend!
Nach einem Bissen in ein Brot und einem Schluck Milch konzentrierte sie sich wieder auf den Schutz um sich und diesen Ort herum.
Das nächste Bild, als sie kurz vor dem vom Nebel verhüllten herbstlichen Sonnenaufgang, der die Welt in silbriges Licht legte, die Augen wieder schloss, waren sommerliche Weizenfelder und der Geruch von Kräutern, das Schnauben von Pferden. Ihr Anker. |
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