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Briefe von Herzen
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Endres Corin





 Beitrag Verfasst am: 09 März 2024 12:09    Titel: Briefe von Herzen
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Platsch. Platsch. Plitsch platsch. Platsch.

Ein kleiner, flacher Kieselstein fliegt knapp über dem Wasserspiegel entlang, streift die Oberfläche einige Male ehe er sein Momentum verliert und im Dunkel des Gewässers zu Boden sinkt.

Mit baumelnden Füßen hockt der junge Endres an einem kleinen Steg in der Nähe Adorans. Ein immer noch sehr knäblich wirkender junger Mann, gerade erst dem Kindesalter entsprungen. Etwas matt wirkt sein aschblondes Haar im Schein der Morgensonne, doch das grünliche Blau seiner Augen funkelt leicht, als er den Kopf hebt und von den Strahlen geblendet wird. Es ist kühl hier draußen, seine Wangen sind leicht gerötet, und trotzdem trägt er kaum mehr als ein einfaches Hemd und einen alten, fast zerfallenen Umhang, den er mit auf diese Reise genommen hatte.

Als er den Blick von den Weiten des Meeres löst und über die weiten steinernen Mauern Adorans schweifen lässt, entrinnt ihm ein leiser Seufzer, ein Vielklang unterschiedlichster Emotionen, die an diesem Morgen in seinem Kopf um die Vorherrschaft kämpfen. Erleichterung, weil er einen Ort gefunden zu haben scheint, an dem er Antworten finden könne. Dankbarkeit, gegenüber den Göttern, die ihm den Weg bereitet haben, aber auch gegenüber jenen, die ihn wohlwollend in Empfang nahmen. Besorgnis ob der Hindernisse und Aufgaben, die ihm bevorstehen würden. Ungewissheit über seine eigenen Erwartungen, Hoffnungen, Wünsche. Und Sehnsucht. Nach der Heimat. Nach dem Bekannten. Nach einer Zeit, in der nicht alles aus den Fugen geraten war.

Es ist später Vormittag, als Endres längst wieder den Weg in die Stadt und in das Hafenviertel der Stadt gefunden hat. Der Marktplatz ist um diese Zeit nur spärlich besucht, ein paar Passanten halten sich dort auf und unterhalten sich über die Götter, die Welt, und vermutlich irgendwelche Geschäfte, die ihn nichts angingen. Niemand bietet jedoch gerade seine Waren feil, zumindest nichts, was er sich würde leisten können. Am Hafen findet er dann doch einen Krämer, eine mürrische alte Seele, der ihm zwar hilfsbereit Schreibmaterial verkauft, jedoch sehr froh scheint, als Endres wieder seiner Wege zieht. Ein seltsames Betragen, das die Leute in dieser gewaltigen Stadt an den Tag legen. Er würde sich daran gewöhnen müssen, und es würde ihn viel Zeit kosten.

Schließlich findet er eine ruhige kleine Ecke in der Nähe der großen Kirche der Stadt, Temora geweiht, und beginnt zu schreiben. Er schreibt mit der Hand eines einfachen Mannes, der das große Glück hatte, in den Grundzügen unterrichtet worden zu sein, doch dem dies keineswegs eine tägliche Übung ist. Allein, alles in ihm drängt danach, diese Zeilen zu Papier zu bringen. Er hatte bislang kaum den Boden dieses Landes, gar dieser Stadt betreten, doch seine Reise von fern der Heimat währte nun schon mehr als drei Wochen. Und es würde weitere Wochen brauchen, bis der Brief zurück dorthin gelangen würde. Es war an der Zeit.


    Adoran, Hauptstadt des Herzogtums Lichtenthal
    Neunter Lenzing des Jahres 267

    Liebste Aleidis,
    liebster Berit,

    ich bin gut angekommen.

    Wir waren jetzt drei Wochen auf See. Dann sind wir endlich hier an Land angekommen, das Land, von dem der Priester gesprochen hat. Erst war ich in einer kleinen Küstenstadt, die sehr nach Meer und Fisch roch. Aber ich hatte großes Glück. Oder die Götter standen mir bei. Der Priester würde sagen, die göttliche Mutter hat dafür gesorgt, dass ich meinen Weg schon finde. Ich bin am Markt auf eine Gruppe von Leuten gestoßen, und ich musste sie nach dem Weg fragen. Woher sollte ich wissen, wo hier ein Konvent liegt? Zum Glück bot sich einer an, mir zu helfen. Er sah ganz anders aus, dunkle Haut, andere Züge im Gesicht. Er sprach auch merkwürdig. Aber er war nett, sehr nett sogar. Er sagte mir, der Konvent sei in Adoran. Das ist, wo ich gerade bin. Ich sitze hier in Adoran und schreibe euch diesen Brief. Adoran ist eine riesige Stadt, sowas habt ihr noch nicht gesehen. Wohl die wichtigste in diesem Herzogtum Lichtenthal. Jedenfalls sagte er mir nicht nur das, er brachte mich sogar hin. Schneller als gedacht. Er ist nämlich wie ich, vermute ich. Hoffe ich. Es war gar komisch, und mir fehlen die Worte, es richtig zu beschreiben. Aber ich werde es euch noch beschreiben, sobald ich es verstanden habe. Versprochen!

    Jedenfalls bin ich in Adoran angekommen. Er führte mich direkt zum Konvent. Und ich traf dort eine Frau, die mir viele Antworten geben konnte. Sorgt euch also nicht um mich. Meine Reise verlief gut. Und ich habe das Gefühl, hier kann ich mehr erfahren über das, was mir passiert ist. Aber ich werde viel lernen müssen.

    Nichts von alledem wäre möglich gewesen ohne euch. Ich vermisse euch. Beide. So sehr. Ich vermisse unsere Ausflüge in die Berge. Oder unsere Runden auf dem Heuboden. Gestern Nacht konnte ich nicht schlafen, ich musste die ganze Zeit daran denken, wie wir den Hühnerstall von Oma Jaschka mit Gülle beworfen hatten! Ob wir jemals wieder solchen Spaß haben werden? Ob wir uns jemals wiedersehen?

    Nein, ich will nicht so denken. Ich darf nicht so denken. Natürlich sehe ich euch wieder. Ihr kommt mich hier besuchen, nicht wahr? Ich habe keine Ahnung, wie, aber ich bringe euch hierher. Ihr müsst das hier sehen. Die Stadt ist so riesig! Alles aus hartem Stein! Überall bunt bepflanzte Gärten, lauter Händler und Menschen. Und die Wachleute, in schimmernden Rüstungen! Ich kann kaum hinsehen, wenn sich die Sonne darin spiegelt, weil mich das blendet. Ich weiß gar nicht, was ich hier soll. Aber ich bleibe tapfer, habt keine Sorge.

    Das Papier geht aus, und ich kann mir kein zweites Blatt leisten. Deswegen muss ich jetzt hier enden. Aber ich schreibe euch bald wieder. Oder schreibt ihr mir! Lasst es einfach an die Bank hier in Adoran schicken, ich werde täglich nach Nachricht von euch sehen!

    Grüßt meine Eltern. Und meine Geschwister. Ich vermisse sie auch. Ich vermisse euch. So sehr.

    Endres

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