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Durch Worte verbreitet, vom Wind getragen
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Durch Worte verbreitet, vom Wind getragen
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Alva Hinrah





 Beitrag Verfasst am: 22 Jun 2022 18:27    Titel: Durch Worte verbreitet, vom Wind getragen
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Kannst du den Wind hören?

Wie er die Blätter um die Bäume treibt und sie anstachelt, noch lauter Musik zu machen. Wie er versucht die Wesen im Geäst zu locken, über Stock und Stein zu treten, um noch einen anderen Klang in seine Erzählung zu bringen. Kannst du hören, wie er die Geschichten der Ahnen erzählt, in Erinnerungen schwelgt und die Vergangenheit aufleben lässt? Wie er versucht deinen Geist zu erhellen und dich hinhören zu lassen, auf dass Erzählungen weiter erzählt werden und Namen weiter getragen.

Kannst du es hören?

Das Flackern, welches dir die Annalen deines Volkes aufzeigt? Die hellen und weniger hellen Facetten der Zeit, die dir all das geben, was dein Herz braucht und deinen Geist erfüllt. Dinge, die dich weiser machen und erwachsener, die dich aufleben lassen, die dir helfen, wenn es nichts anderes mehr kann. Die Chroniken deiner Welt, die sich um dich schlingen, wie eine zweite Kleidung und dir aufzeigen wer du bist. Die Kälte und die Wärme jedes einzelnen Luftzuges.

Höre zu.


Die Begrüßung
Rituale und das dazwischen

Dein Name, der Name deines Vaters, deine Bestimmung, dein Clan, dein Blut. Einfache Schritte, die einem bereits als Kind verinnerlicht wurden. Jeder der unseren weiß, wie man sich richtig vorzustellen hat. Und jeder, der es aus unerfindlichen Gründen vergessen hat, wird daran erinnert. Denn es hat etwas mit Stolz zutun. Jeder soll wissen wie man heißt, woher man kommt und wohin man geht.

Das thyrische Volk begrüßt sich seit jeher auf die gleiche Art und Weise. Das bezieht auch den obligatorischen Schlag auf Kinn oder Schlüsselbein mit ein. Wenn ein Mann bei einer Frau auch meistens die Schulter wählt oder sich gar ganz gegen einen Schlag entscheidet.
Unser Volk schlägt natürlich nicht aus Spaß zu. Dieses Ritual hat eine tiefere Bedeutung. Denn es ist wichtig festzustellen, in welchem Zustand sich der neu dazugekommene Clanner befindet. Ist er standhaft und zäh oder schwach und krank. Hält der Schlag einen Thyren auf den Beinen oder wirft er ihn um. Das ist eigentlich die wichtigste Frage, die in diesem Fall durch Taten herausgefunden werden soll. So kann es auch durchaus sein, dass eine Begrüßung von mehreren nur mit einem Schlag besiegelt wird. Denn die anderen haben die Antwort auf diese Frage bereits erhalten. Wenn es auch jedem frei steht, noch einen nach zu setzen. Ein wahrer Thyre erträgt das Ganze mit einem Lächeln und mit diesem wird eventuelles Blut auch zur Seite ausgespuckt.

Und danach wird gesoffen. Angestoßen auf Standhaftigkeit oder einfach darauf, das ein neuer Clanner dazugestoßen ist. Oder einfach weil es Abend ist und der Abend mit einem Anstoß gefeiert wird.

Ich habe erst einen einzigen Schlag gegen das Kinn erhalten und das von der Hand eines Schwertes, dessen Augen verdeutlichten, dass er bereits unzählige Hiebe ausgeführt hatte. Er trug bereits die Makel der Zeit mit sich und in seinen Augen fehlte der Glanz von jugendlichem Leichtsinn und die Aufgeschlossenheit für Neues. Vermutlich weil für ihn nur noch recht wenig neu war. Doch behielt er den Blickkontakt bei, während sich mein Kinn gefühlt drei Meter nach rechts verschob und der Schmerz sich durch meinen ganzen Kiefer zog und in meinen Schädel bohrte.
Ich wusste zu diesem Zeitpunkt nicht genau was meine Beine machten, aber sie waren offensichtlich bemüht darum den Halt nicht zu verlieren. Lediglich die zitternden Knie waren recht schwer zu kontrollieren, aber diesen widmete der Gegenüber nur einen kurzen Blick. Es war ihm egal wie sehr der Baum sich im Wind dehnte und knarzte. Wichtig war, dass er nicht aus der Erde riss und zu Boden ging.

Ich war ein stabiler Baum. Und nachdem ich zur Seite ausgespuckt hatte und der Körper wieder gerade stand und weniger wie ein verwachsenen Geäst wirkte, nickte ich kräftig. Der Schmerz war berauschend, das Gefühl willkommen und der Stolz in der Brust kaum zu beschreiben. Ich stand noch und ich war zufrieden damit. Und er auch.

Kein weiteres Wort, keine Wertung in seinem oder meinem Blick. Man kannte sich nun und war bereit den restlichen Abend zusammen am Feuer zu verbringen. Doch das Pochen in meinen Adern hörte nicht auf. Und das Gefühl kam Jahre später wieder und wieder und presste sich in jede einzelne Pore. Die Begrüßung war wie ein Rausch für mich, ein Warten, ein Hoffen. Ich war bereit für die Faust, bereit mich zu beweisen. Ich war zäh und standhaft.
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Alva Hinrah





 Beitrag Verfasst am: 28 Jun 2022 11:03    Titel:
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Narben und Stolz
Fallen und Aufstehen

Wer eine Narbe hat, der präsentiert sie. Und wer eine Geschichte dazu hat, präsentiert sie laut. Während es andernorts so ist, dass man seine Wunden zumeist verbirgt, hinter einem schicken Tuch oder irgendeiner Paste, die sich irgendwie dem eigenen Ton der Haut angepasst hat, ist es unter Sturmheulern üblich, die Tribute eines Kampfes zu offenbaren.
Und das mit Stolz und gehobenen Kinn, am besten noch während die Wunde blutet und man trotzdem noch in der Lage ist gerade zu stehen und einen Met zu saufen.

Wer Narben hat und darüber erzählen kann, der ist nicht tot. Und am Ende ist alles eben besser als das. Die Narben auf der Haut sind die Geschichte jedes Einzelnen. Man ist wie ein wandelndes Buch, wobei die Zeilen nicht jeder lesen kann und nur wenige die Erlaubnis haben, darin zu blättern. Eine Wunde prägt. Auch die, die nicht auf der Haut zu sehen sind und sich lediglich im Geiste festgefressen hat.

Als der erste Schlag meinen Kiefer berührte, war ich mir zumindest darüber im Klaren, dass ein Schlag im Ring sich von dem abhebt, was man zur Begrüßung erhält. Der Schmerz war ein anderer, die Situation und das Gefühl um diese herum ebenfalls. Es war wie ein Rausch, der sich in mir ausbreitete und all das, was mich sonst scheu werden ließ, vertrieb: Ich fiel zu Boden und stand sofort wieder auf, nur um den nächsten Schlag zu kassieren und meine Bewegungen zu wiederholen. Die Tatsache, dass ich immer wieder in der Lage dazu war, auf die Beine zu kommen, rechnete ich mir bereits hoch an.

"Achte auf die Deckung, Weib."

Deckung. Er war im Vergleich zu ihr ein riesiger Fels, der den höchsten Wellen trotzte, während ich wieder und wieder über den Strand geschwappt wurde und versuchte zurück ins Wasser zu kommen.

"Ich will zuschlagen!"
"Erstmal lernst du nicht getroffen zu werden, dann das Andere."


Als das Schwert aus dem Mandreclan erneut die Faust hob, rückte ich wie von selbst zur rechten Seite hin, nur um dann auf der Linken erwischt zu werden. Doch er nickte, anerkennend, während ich mich wieder aufrichtete und einmal zur Seite ausspuckte.

Ja, ich hatte darum gebeten. Und ja, ich wollte weiter machen. Also hob ich die Arme so an, dass die Unterarme als eine Art Schild vor meinem Gesicht fungierten.

Ich wollte Geschichte schreiben.


Zuletzt bearbeitet von Alva Hinrah am 16 Aug 2022 18:18, insgesamt einmal bearbeitet
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