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Der Weg ist das Ziel
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Der Weg ist das Ziel
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Jynela Dhara





 Beitrag Verfasst am: 27 Jun 2022 10:36    Titel:
Antworten mit Zitat

"Dir zu dienen heißt sich im Kampfe zu schulen, denn jene unbelehrbaren Ketzer werden zur Ankunft deines Reiches auf Erden gerichtet werden."





Sie hatte die Gebote erst kennengelernt, als sie nach Gerimor gekommen war. Die Gesetze und der Glaube in ihrer Heimat war ein anderer, einer dem sie sowieso nie gefolgt war.
Dennoch war dies nur eines der Gebote, die sie schon damals befolgt hatte. Einfach weil es das Richtige war, weil es sich richtig für sie anfühlte.
Dieser Ehrgeiz, der sie manchmal vielleicht sogar ein wenig zu weit getrieben hatte, war am Ende dafür verantwortlich, dass sie nun zu der Person geworden war. Mit ihren Stärken, sicher auch mit ihren Schwächen.
Aber auch wenn sie nun Scharfschützin war, dieses eine Ziel erreicht hatte, wartete da doch noch deutlich mehr auf sie.
In den letzten Monden war ihr bewusst geworden, dass ihr Name vielleicht im Augenblick keine Rolle spielte. Aber vielleicht würde sich dies irgendwann ändern und selbst wenn nicht, der Angriff des Elfen auf Lingor war nur ein weiterer Vorfall, der ihr bewusst machte, wie schnell man in Schwierigkeiten geraten konnte. Ihre Rüstung, der Mantel. Das alles war nur der Anfang.
Ihre Waffen beherrschte sie, aber was wenn sie einmal nicht in der Lage war, eine davon zu benutzen? Selbst wenn sie niemals ganz ohne Waffe das Haus verließ. Eine Garantie würde es nicht geben.
Schon seit sie von Arix Plänen erfahren hatte, spukte ihr der Gedanke im Kopf herum.
Das Lilyth sich dem anschließen würde, überraschte sie so gar nicht. Sie waren sich gerade in dieser Hinsicht sehr ähnlich.
Was Lingor davon halten würde, wusste sie nicht genau. Aber das würde sie sicherlich früh genug erfahren.

Und nun standen sie hier vor dem Ring, zogen ihre Stiefel aus, legten die Bandagen an, um die Hände zu schützen und nahmen am Ende Stellung. Sie hatten sich beide nicht sonderlich darauf vorbereitet besondere Kleidung anzuziehen, um ehrlich zu sein war es ihr selbst sogar recht die Übungen genau so zu machen, wie sie gerade gekleidet war. Im Ernstfall konnte sie auch nichts dagegen tun.
Es begann alles mit ein paar recht einfachen Übungen, dem richtigen Stand, wie man richtig zuschlug, Deckung nicht vernachlässigen. Arix war ein guter Lehrer, er bewegte sich langsam, zeigte sorgfältig worauf es ankam und sie konnten es ihm nachmachen. Es gab kein Signalwort, wenn man unterlegen war, würde man abklopfen müssen.
Arix ahnte aber wohl in jenem Moment noch nicht, wen er sich an diesem Abend in den Ring geholt hatte. Es war nur so ein Gefühl, aber irgendwie wusste sie, dass Lilyth nicht abklopfen würde. Genauso wenig wie sie. Das würde sie aber Arix sicherlich nicht auf die Nase binden.

Zum warm machen gab es ein kleines “Spiel”. Jeder sollte versuchen dem anderen auf die Stirn zu tippen, ohne dabei selbst erwischt zu werden und auch wenn es sich im ersten Moment tatsächlich eher spielerisch anhörte, war es in Wirklichkeit durchaus anstrengend. Körperlich in erster Linie, aber man musste sich auch ziemlich konzentrieren, durfte keine Bewegung übersehen und musste strategisch vorgehen.
Am Ende musste sie dann doch beinahe lachen, als sie gen Ende noch das Klatschen von Lilyths Hand auf Arix Stirn sogar hörte, während sie selbst ihn im gleichen Moment erwischte.


Die Steigerung der Übung waren dann die “sanften Ohrfeigen”, die Arix aber wohlweislich nur den beiden Frauen überließ. Spätestens jetzt dürfte ihm allerdings klar geworden sein, dass sie beide diese Sache durchaus ernst nahmen.
Hier im Ring war die Freundschaft zu Ende, es gab kein Mitleid und es gab kein Nachsehen.
Dennoch blieb das Grinsen, als das erste Klatschen auf die Wange zu hören war. Und es blieb auch bestehen, bis Arix den Kampf für beendet erklärte.
Beide wussten, dass es ein Übungskampf war, beide wollten sich verbessern, ihr Ziel erreichen. Aber genauso war es ihnen auch egal, ob es am Ende einen Sieger gab. Solange sie nur etwas mitnehmen konnten. Und vielleicht waren sie gerade deshalb das perfekte Paar in dem Ring.
Arix Rufen zum Ende, drang nicht einmal wirklich zu ihnen durch, so sehr waren sie in ihren Kampf vertieft und mussten sich danach seine kleine Rüge deswegen anhören.

Danach übten sie noch ein wenig die richtige Schlagtechnik, erst nur in der Luft, dann an der Puppe. Es war nicht schwierig, das sicher nicht, aber dennoch stellte sie sich in Gedanken die Frage, ob sie im wirklichen Kampf noch an diese einstudierten Bewegungen denken würde.
Am Ende sprachen sie sogar noch kurz darüber, wie es sein würde, wenn man in einem echten Kampf einen Gegner hatte, der sich auch wehren würde und nicht nur wie die arme Puppe jeden Schlag einsteckte.
Mittendrin sah sie kurz aus den Augenwinkeln, wie Lilyth den Gürtel von ihrem Hemd löste, es über den Kopf strich und auf die Seile war.
In diesem Moment sah sie die Narbe zum ersten Mal richtig. Lilyth hatte sie erwähnt, sie wusste auch, dass ihre Freundin ab und an mit Schmerzen zu kämpfen hatte, wenn das Wetter sich änderte. Das Gefühl kannte sie nur zu gut. Bisher hatte sie die verheilte Verletzung aber weder richtig zu Gesicht bekommen, noch wusste sie, wie sie entstanden war. Es genügte zu wissen, dass Lilyth sie nicht gerne zeigte, um sie abzuhalten zu viele Fragen zu stellen. Sie selbst verbarg ihre eigenen Narben immer. Es war ein gutes Zeichen, dass sie sich scheinbar hier mit ihnen so sicher fühlte, um eben jenen Panzer fallen zu lassen. Vielleicht war es doch an der Zeit es noch einmal anzusprechen….







Arix riss sie mit seiner Bemerkung aus ihren Gedanken. Die Grundsubstanz hatten sie gelernt, aber als Arix nun verkündete, dass sie vielleicht noch eine kleine Übung machen würden, dann aber der Unterricht für den Abend beendet war, konnte weder Lilyth noch sie selbst ihre Enttäuschung verbergen.
Für sie war Unterricht schon immer etwas gewesen, bei dem man am besten sofort anwandte, was man lernte, sich ausprobierte, an die Grenzen ging und vielleicht auch manchmal darüber hinaus.

Sie würden also kämpfen und sie musste doch ein wenig Schmunzeln, als Arix erneut das abklopfen erwähnte und Lilyth ihn nur trocken darauf hinwies, dass er dazwischen gehen soll, falls der Kampf ausarten würde.
Als wüsste sie genau, wohin es führen würde.

Lilyth zögerte nicht und griff sofort an. Für den ersten Moment konzentrierte sie sich selbst einfach nur darauf, sie zu beobachten, ihre Bewegungen zu verfolgen und den Schlag abzuwehren. Als sie jedoch sah, wie Lilyth aus dem Ausfallschritt zurückwich, nutzte sie die Gelegenheit für eine Revanche. Sie musste beinahe Schmunzeln, als sie merkte, dass Lilyth genau das gleiche tat, sie beobachtet, dafür sorgte, dass sie stets vor ihr stand und nicht unbedingt aus dem Hinterhalt angreifen konnte. Die volle Aufmerksamkeit der Wölfin ruhte auf ihr.
Der Kampf war noch relativ ruhig, die ersten Schläge trafen zwar ihr Ziel, aber noch waren sie beide darauf bedacht, das eben gelernte irgendwie auch anzuwenden. Doch mit jedem Moment der verstrich, schien eher ihr Instinkt zu übernehmen.
In jenem Moment als es ihr gelang, Lilyth ein wenig zurück zu drängen und sie gegen die Puppe stieß, bot sich dieser eine Wimpernschlag, in welchem sie den Kopf drehte. Sie traf mit voller Wucht, nur um im nächsten Moment das leise Knurren zu vernehmen, als sie mit ebenso viel Wucht durch Lilyths Schulter nach hinten gerammt wurde. Als sie Lilyths Blick begegnete, das Blut sah, welches von ihrer aufgeplatzten Lippe lief, die sich zu einem Grinsen anhob, musste sie ebenso Grinsen.

Die Lehrstunde war vorbei.

Der Kampf begann nun richtig.

Ihr Brüllen hallte kurz durch den Keller und wäre sie nicht so sehr auf das vor sich liegende konzentriert gewesen, hätte es sie beide sicherlich köstlich amüsiert, wie Arix vor Schreck zusammen zuckte.

“Heilige Scheiße, die weiber meinen das Ernst….”

Sie hatte nicht wirklich die Zeit sich zu fragen, was er denn von ihnen erwartet hatte, oder sich darüber weiter Gedanken zu machen. Ein Angriff folgte auf den nächsten, sie wichen aus, hoben die Hände zum Schutz, versuchten sich abzudrängen.
Nachdem sie sich nach einem gut gezielten Schlag in den Magen zusammen krümmte, riss sie dennoch die Faust noch einmal hoch um Lilyth am Kinn zu erwischen. Ein kurzes Durchatmen, aus den Augenwinkeln konnte sie sehen, wie Lilyth sich einen Augenblick auf einem der Pfosten abstützte und schon ging es weiter. Nicht eine der vorherigen Übungen war noch für die beiden Kämpfenden greifbar, am Ende ging es nun nur darum zu treffen und nicht getroffen zu werden. Jede Lücke, jeder kleine Fehler wurde genutzt, nur um dem anderen eine weitere Lektion mitzugeben.
Einen weiteren Treffer konnte Lilyth durch eine Drehung ihres Gesichts zwar noch ablenken, aber dadurch bekam sie den Schlag auf die Schläfe ab und in jenem Augenblick, zog sie dann die Hand zurück. Ihrer beider Atem ging leise keuchend als die postwendende Antwort gegen ihren Magen sie beinahe in die Knie zwang. Gerade noch schaffte sie es so weit zurück zu weichen, um nicht die volle Wucht abzubekommen. Allerdings sah sie die Faust noch kommen, die sie dann mit Wucht am Kinn traf. In dem Moment als auch sie Blut schmeckte, ertönte ein lauter Pfiff von Arix.

Der Kampf war zu Ende und verdammt nochmal es war ein richtig Guter gewesen.

Auch wenn ihnen beiden das Blut übers Kinn lief, das Gesicht vom Schweiß glänzte und wahrscheinlich beiden die Muskeln brannten, grinsten sie sich noch kurz an, als sie den Ring verließen.
Das hier würde erst der Anfang sein.






Zuletzt bearbeitet von Jynela Dhara am 24 Feb 2024 19:10, insgesamt einmal bearbeitet
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Jynela Dhara





 Beitrag Verfasst am: 22 März 2023 13:03    Titel:
Antworten mit Zitat

Mit einem Ruck öffneten sich ihre Augen und sie war wieder einmal hellwach. Kein Laut war über ihre Lippen gekommen, keine Reaktion, sie war einfach wach geworden.
Wieder der gleiche Traum und sie spürte noch den Hauch von etwas. Als würde noch ein leises Fauchen in der Stille der Nacht nachhallen.
Kein wirklicher Albtraum, eher ein Traum, der zum Nachdenken anregte und dafür sorgte, dass er sie nun seit einiger Zeit mitten in der Nacht weckte und sie danach nur schwer wieder in den Schlaf zurück fand.
Sie kannte das bereits.
Sie neigte dazu Dinge, die ihr wichtig waren, mit in den Schlaf zu nehmen, ohne dass sie etwas dagegen tun konnte.

Wahrscheinlich hatte es schon damals begonnen, als man sie von ihrer Familie, von ihrem Zuhause weg gezerrt hatte. Die Jahre im Armenhaus hatten ihr Übriges dazu getan. Es war nicht so, dass sich ihr die Nackenhaare aufstellten, wie es oft war, wenn sie eine schlimme Vorahnung hatte, nein, es war eher so, als würde ihr jemand mit einer Feder durch den Nacken streichen.
Ein Gefühl, das sie warnte und das vielleicht DIE beste Voraussetzung dafür war, den Weg einzuschlagen, den sie gegangen war.

Manchmal waren es nur Geräusche, manchmal war es nur ein Schatten im Augenwinkel. Aber manchmal waren es auch Personen, denen sie begegnete.
Worte, die sie hörte.
Szenen, die auf den ersten Blick vollkommen harmlos erscheinen, aber in Wirklichkeit deutlich mehr bedeuteten.
Oder einfach eine kleine Veränderung in einer Mimik.
Sie war sich selbst nicht sicher, ob das nun eine Stärke oder eine Schwäche war.
Wahrscheinlich beides.
Ein leises Seufzen kam über ihre Lippen und der Blick glitt zu der schlafenden Gestalt neben sich. Einen Augenblick überlegte sie, ob sie aufstehen sollte, ein wenig an die frische Luft, aber am Ende würde sie ihn noch wecken. Also blieb sie liegen.

Ihr Blick glitt wieder einmal zur Wand zu ihrer Linken. Ihr Bogen hing dort, die Vorrichtung hatte Lingor entwickelt und hergestellt und sie machte es ihr möglich, nicht nur ihren Bogen anständig aufzubewahren, sondern auch ihren Köcher aufzuhängen.
Sie hatte ihn eben im Traum noch in der Hand gehabt. Es war ihr Bogen, den sie damals selbst gebaut hatte, aber dennoch nicht mehr der Gleiche. Dieses Bild verfolgte sie nun lange genug, dass sie beschlossen hatte, sich damit auseinanderzusetzen.
Es wurde nun wirklich Zeit.





~*~Monate vorher…~*~








Mit einem leisen Seufzen legte sie kurz das Schnitzmesser ab und streckte die Schultern durch. Auf ihrem Arbeitstisch lagen verschiedene Zeichnungen, Skizzen, ihre ganzen Planungen und daneben unterschiedliche Holzstücke.
Für jemanden, der sich die Arbeit mit Holz nicht zum Beruf gemacht hat, hatte sie in den Jahren mehr als genug gelernt, um endlich einen perfekt ausbalancierten Bogen zu bauen..
Ihre Ausbildung würde sich irgendwann dem Ende nähern und dann musste ihr Bogen fertig sein. Nach dem Unterricht bei Ennika, als sie gemeinsam einen Bogen gebaut hatten, ließ sie der Gedanke nicht mehr los, endlich selbst loszulegen.
Allerdings hatte sie damals eher klein begonnen, mit einem Reiterbogen.
Der Unterricht mit KalOshra war ein Auslöser dafür gewesen. Sie hatte ihn in das berittene Bogenschießen eingeführt und gleichzeitig einiges über die Rashar und ihre Reittiere gelernt. Außerdem hatten sie sich an jenem Abend ausgetauscht über ihre Bögen, die Köcher, die Art zu schießen und dabei viele Gemeinsamkeiten entdeckt. Schon immer hatte sie selbst immer eher kürzere Bögen bevorzugt und dafür versucht, mit Kraft einiges an fehlender Reichweite hereinzuholen.


Es war keine Pflicht mehr für einen angehenden Scharfschützen, den Bogen selbst zu bauen. Aber sie sah es für sich selbst als unabdingbar, dass die Waffe, mit der sie für Alatar in den Krieg ziehen würde, aus ihrer eigenen Hand stammte.
Sie wollte sie kennen, sich darauf verlassen, dass alles, was sie damit anging, in ihrer Verantwortung lag.


Dass dieser eine Bogen ein Doppelbogen werden würde, stand außer Frage. Zum einen weil sie die Möglichkeit hatte, einzelne Teile zu erneuern, wenn es nötig sein sollte, zum anderen weil er in seiner Nutzung deutlich effektiver war, als ein normaler Langbogen.
Ihr Ziel war es, eine kleinere Waffe zu bauen, die dennoch eine hohe Spannkraft haben würde und sich für einen Reiter ebenso eignete. Eine Waffe, die sie nicht mit einer Größe, die sie selbst überragte, behinderte, sondern die es ihr auch weiterhin ermöglichte, wendig zu bleiben.
Ihre Augen glitten wieder einmal über die Zeichnungen und Pläne
Das Holz würde die Tiermaterialien tragen und weil Horn deutlich belastbarer ist als Holz, würde sie somit eine geringere Schichtdicke erreichen. Am Ende würden die Bogenarme also elastischer sein und weniger Gewicht mit sich bringen.
Der einzige Nachteil war, sie würde den Bogen noch besser pflegen müssen, als jeden vorher. Aber daran war sie gewöhnt. Sie erinnerte sich noch gut an den Unterricht des Senators, als es um die Pflege des Bogens ging, darum, wie wichtig eben jene war. Mit der Zeit war ihr das ins Blut übergegangen und sie hatte keine Zweifel, dass sie diesen Bogen mit all der Sorgfalt behandeln würde, die er benötigte.

Wichtig war ihr vor allem eines:

Ein langlebiges und stabiles Griffstück, das sie im besten Fall nicht nur mehrere Jahre, sondern sogar Jahrzehnte begleiten konnte. Sie wollte es so gestalten, dass sie am Ende eine optimale Handstellung erreichen würde. Dadurch würde sich ein präziser und wiederholbarer Schuss deutlich erleichtern. Bei der Pfeilauflage würde sie horizontal und vertikal abrunden, um eine möglichst geringe Auflage des Pfeiles zu erhalten.


Irgendwann stand der Plan.

Schon nach dem Unterricht bei Ennika hatte sie begonnen sich um das Holz zu kümmern, Dämonenhorn und Knochen gesammelt und Lederreste gelagert.
Die Phasen der Trocknung hatte sie effektiv genutzt, um die genauen Pläne zu überprüfen, anzupassen, einen Zeitplan zu arbeiten, der sich jeweils den Trockenphasen anpasste.
Über die Wochen hatte sie nach dem Dienst und zwischen den Unterrichten immer wieder Zeit in der Werkstatt verbracht. Nachdem sie den Holzkern gesägt, gehobelt und am Ende geraspelt hatte, wurden die Holzteile über heißem Dampf in Form gebracht.
Sie achtete bei der Holzauswahl penibel darauf, dass sie dem Faserverlauf folgte und keine davon trennte.
Vor dem Kleben passte sie die Oberflächen perfekt an.
Sie verfluchte diese Zeit regelrecht, denn nach einigen Stunden Arbeit mit dem Ziehklingenhalter spürte sie jeden Muskel in ihren Armen und Schultern.
Durch die von Lingor angefertigte Lösung, die ihre Finger reinigte und entfettete, so gut es ging, wurde ihre Haut spröde und trocken. In dieser Zeit hatte sie mehr als einmal blutige Stellen an den Händen.
Einfach war es sicherlich nicht, aber in jener Zeit waren es bereits die ersten Träume gewesen, die ihr Stärke gegeben hatten. Als würde ihr jemand bei ihrer Arbeit über die Schulter blicken. Als wären die Schmerzen nur eine Prüfung und jeder vergossene Tropfen Schweiß die Bezahlung für den am Schluss auf sie wartenden Lohn.

Als sie am Ende auch den Bogenrücken in die richtige Form gebracht hatte, kümmerte sie sich um seine Verstärkung mit einem festen Sehnenbelag aus Drachensehnen.
Mit ihrem Rohling war sie bereits zufrieden, doch die wirkliche Arbeit lag noch vor ihr.

Die Feinarbeit.

Schon Shea hatte ihr damals beigebracht, dass man beim Tillern lieber weniger, als zu viel entfernt. Jede einzelne steife Stelle im Bogen bearbeitete sie sorgfältig, erst durch schnitzen, dann nur noch durch Schmirgeln und am Ende nutzte sie nur noch Hitze für die wirklich letzten Feinarbeiten. Vermutlich war es auch ihr Einfluß, der dafür sorgte, dass sie am Ende einen eher schlichten Bogen ohne große Verzierungen an die Senatoren zur Prüfung überreichte.
Weil sie bereits früher gelernt hatte, dass es um das Innere ging, dass die Perfektion im Material und im Bau lag und nicht in Bildern.
Sie hatte ihr Bestes gegeben, ihre Ausbildung laut den Senatoren mit Bravour und Zielstrebigkeit zu Ende gebracht. Er hatte ihr damals gesagt, dass sie mit jedem Tag ihrer Ausbildung gewachsen war, aus dem Boden, dem Willen Alatars.

Und genauso war es mit ihrem Bogen gewesen.

Dann war es soweit ihn aus den Händen zu geben. Er musste der Prüfung der Senatoren, oder eher des Scharfschützen im Senat Stand halten, bevor sie ihn zurückbekommen würde.
Und in dem Augenblick als der Senator ihr beim Abschluss ihrer Ausbildung den Bogen dann endlich final in die Hand legte, spürte sie, wie sich von dem Holz über ihre Fingerspitzen eine leichte Wärme ausbreitete.

Als wäre er ein Teil von ihr.




~*~In den letzten Wochen...~*~



Dieses Gefühl war geblieben. Jedes Mal, wenn sich ihre Finger um den Bogen schlossen, war es wieder da und gab ihr eine Ruhe und Sicherheit, die sie in ihrer Aufgabe benötigte.

Und nun, noch nicht einmal ein Jahr später, verfolgte sie dieser eine Traum.
Wieder der unwirkliche Wald.
Wieder diese Geräusche, keine Angst, nichts, vollkommen Zufriedenheit und das Wissen, genau dort zu sein, wo sie hingehörte..
Und dann der Schatten, der Blick, der auf ihr ruhte.







Und jedes Mal, wenn sie dann auf ihren Bogen hinsah, den sie in der Anwesenheit ihres einzigen Herrn gesenkt hatte, war dort dieses Bild.
Wie eine Momentaufnahme, eingebrannt.
Und es ließ sie nicht mehr los.

Also begann sie erneut zu planen.


Zuletzt bearbeitet von Jynela Dhara am 24 Feb 2024 19:14, insgesamt einmal bearbeitet
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Jynela Dhara





 Beitrag Verfasst am: 01 Apr 2023 21:36    Titel:
Antworten mit Zitat

Dieses Mal war es allerdings vollkommen anders.

Sie war nun keine Schülerin mehr, auch keine Rekrutin, sondern Scharfschützin. Der Bogen diente ihr nun schon eine ganze Weile und sie würde sich niemals freiwillig von ihm trennen.
Das, was nun bevorstand, war eher der künstlerische Aspekt des Ganzen. Das Problem dabei war nur: Sie war keine Künstlerin und sie würde sicherlich niemals eine werden.
Aber sie verstand das Handwerk, das mit ihrer Berufung verbunden war. Sie konnte zeichnen und auch wenn die Zeichnungen nicht perfekt waren, mit dem stetigen Bild vor Augen, begann sie mit den ersten Skizzen.
Mit den ersten 100 Skizzen wohl eher.
Hier ging es nicht darum, ein einfaches Bild zu schaffen, sondern hier ging es darum, einen Moment festzuhalten und zwar in dem sie es schaffte, eben jenes Bild in die dünne Platte zu schnitzen, die schon seit Monden in ihrer Kiste lag.

Obwohl sie nicht genau sagen konnte warum, sprach sie lange nicht über ihr Vorhaben. Stattdessen nutzte sie ihre freie Zeit, die sich Dank den Pflichten in der Garde und der Bruderschaft, wie auch in der Loge, als nicht sonderlich viel erwies, und arbeitete an der Skizze.
Irgendwann war sie dann zufrieden.

Dennoch ließ sie sich noch ein paar Tage Zeit, bevor sie die Mappe erneut öffnete. Die letzten Male war ihr immer wieder etwas aufgefallen. Kleinigkeiten, die nicht perfekt erschienen. Aber dieses Mal war da nichts mehr und sie spürte, wie sie leicht zu Lächeln begann.
Genau dieses Bild würde ihren Bogen zieren.








Nun wartete jedoch die nächste Herausforderung:

Die Einlegearbeit musste fertig sein, bevor sie in den Bogen eingesetzt wurde.
Sie konnte nicht wochenlang auf ihn verzichten. um genau zu sein wollte sie das eigentlich nicht mal wenige Stunden, also war der Zeitplan ziemlich genau und eng.
Unter allen Umständen musste sie sich daran halten. Also würde sie in Ruhe mit dem Schnitzen beginnen und erst wenn sie komplett fertig war, die Platte einsetzen und ihr Werk vollenden. Die Arbeit würde sich noch einmal auf einen Tag belaufen und die Nacht zum Trocknen. Anschließend würde der Bogen wieder einsatzbereit sein.

Das Holz für die Platte hatte sie schon vor langer Zeit gewählt. Da sie nur ein kleines Stück benötigte, hatte sie nicht gezögert. Die Reste des alten Bogens ihres Bruders lagen in Stoff gehüllt immer noch tief in ihrer Truhe. Die Vorbehandlung hatte einiges an Zeit in Anspruch genommen, aber irgendwann lag die Platte wie ein Stück Pergament vor ihr. Es war ihr Weg die einzige Verbindung zu der Familie, die sie irgendwann einmal gehabt hatte, mit in die Gegenwart zu nehmen. Jener Bogen war ihr erster gewesen, zu groß, zu unhandlich für ein Kind, zwischendurch verloren geglaubt, wiedergefunden und am Ende nach all den Jahren geborsten.
Die Narbe die zurückgeblieben war sah man kaum, nur wenn man es wusste und selbst dann musste man danach suchen.
Aber all das, all jene Erinnerungen, die Geschehnisse, die Geschichten die dahinter verborgen lagen, würden nun ewig ein Teil sein und sie begleiten.
Dann griff sie nach ihrem Werkzeug, legte alles bereit.

Sie konnte mit dem Schnitzen beginnen.








Seltsamerweise ging ihr die Arbeit schnell von der Hand. Deutlich schneller als gedacht und sie spürte, dass sie die Stunden beinahe genoss und ihre Euphorie nur anstieg, je näher sie dem Ende kam.
Irgendwann blieben ihr nur noch die letzten Verzierungen.
Vermutlich war es tatsächlich ein wenig verrückt, vermutlich würden die Steine auch nicht ewig halten und sie würde jene irgendwann ersetzen würden. Aber sie konnte einfach nicht widerstehen und wählte zwei kleine Bernsteine aus, um die Augen des Panthers zu vollenden. Sie passten perfekt zu der goldenen Einfassung, die sich im gesamten Griffstück wiederfand.


Sie wählte einen ruhigen Abend, um ihr Werk endgültig zu vollenden. Es war still im Haus und sie hatte einige Laternen und Kerzen entzündet, um genug Licht zu haben.
Vollkommen konzentriert setzte sie endlich die Platte in das Griffstück ihres Bogens ein und glättete letzte Kanten.
Mit einem tiefen Atemzug sank sie dann in ihrem Stuhl zurück und ihr Blick ruhte noch eine ganze Weile auf dem Bogen.
Zufrieden, vermutlich auch stolz, aber vor allem erleichtert.
Es war endlich geschafft und auch wenn das Ergebnis wahrscheinlich nicht perfekt war, war es alleine ihr Werk. Selten hatte sie etwas geschaffen, was ihr so wichtig war.

Als das Licht kurz flackerte, schien es beinahe so, als würden die Augen des Panthers aufleuchten und ihr Herzschlag beschleunigte sich kurz.

Dann hoben sich ihre Mundwinkel zu einem zufriedenen Lächeln.






Zuletzt bearbeitet von Jynela Dhara am 24 Feb 2024 19:17, insgesamt einmal bearbeitet
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Jynela Dhara





 Beitrag Verfasst am: 26 Mai 2023 21:54    Titel:
Antworten mit Zitat

Dir zu dienen heißt sich im Kampfe zu schulen,
denn jene unbelehrbaren Ketzer
werden zur Ankunft deines Reiches auf Erden
gerichtet werden.



Sie musste sich ein wenig strecken, um nach ihrem Seesack zu greifen. Doch als ihre Finger das alte Leder berührten, zog sie ihn zu sich hinab und betrachtete ihn einen Augenblick prüfend.
Dann schob sie ihn allerdings noch einmal zurück in den Schrank.

Vermutlich war es nicht die beste Idee, wenn Lingor ihn zu Gesicht bekam, bevor sie nicht mit ihm gesprochen hatte. Seine Begeisterung über ihre Abreise würde sich wahrscheinlich in Grenzen halten.

Das Pergament lag auf ihrem Schreibtisch und an sich wäre sie nicht sonderlich überrascht gewesen, wenn nicht die letzten Zeilen gewesen wären.
Sie kannte Tero seit ihrer ersten Reise nach Weidenheim und vielleicht würde noch Zeit bleiben, seine Familie kennenzulernen.
Aber am Ende war seine Nachricht eher verwirrend als eine Aufklärung.
Der letzte Satz.
Es war der letzte Satz, der sie unruhig machte.

Mit einem leisen Seufzen begann sie zu packen.





~*~Einige Tage später…~*~



Sie blickte sich nicht mehr um, als sie über die Planken auf das Schiff ging. Der Seesack war ziemlich schwer, sie hatte ihre Rüstung nicht angelegt und musste sie nun herumschleppen. Ansonsten reiste sie wie immer eher mit wenig Gepäck.

Der Abschied am Hafen war ihr erspart geblieben. Sie hasste diese Szenen in der Öffentlichkeit und war froh, dass Lingor sich für einen privaten Abschied bereit erklärt hatte. Das sie am Ende einfach ging, war sicher nicht in seinem Sinn gewesen. Aber es war so eine wunderbare, freie und schöne Stimmung gewesen, dass sie nicht eine Sekunde vor hatte, jene durch eine Abschiedsszene zu zerstören. Sie hoffte inständig, dass ihre Zeilen ihn besänftigen würden...

Der Abend war ein besonderer Abend für sie gewesen. Nach all den Monaten, in denen sie Konrad ausgebildet hatte, nach seiner Ernennung zum Scharfschützen, hatten sie nun endlich die Zeit gefunden, ihren Schwur von Waffenschwester zu Waffenbruder mit Blut zu binden.
Über Monate hatte sie ihn nicht mit dem Vornamen angeredet, obwohl sie mit ihm mehr als genug Zeit bei den Unterrichten und außerhalb verbracht hatte. Aber nun waren sie auf einer Ebene. Beide Scharfschützen vorm Herrn. Allerdings hatte sie sich tatsächlich so sehr an das “Vylen” gewöhnt, dass sie nicht sicher war, ob sie das wirklich ablegen würde.

Es hatte gut getan, noch einmal alle zu sehen und am Ende hatte sie vor allem das Gefühl, dass Lingor von den Gedanken ein wenig abgelenkt war. Er würde ihr unendlich fehlen.

Nachdem sie ihre Sachen verstaut hatte, ging sie zurück an Deck. Die Unruhe hatte bereits begonnen, die Matrosen bereiteten das Ablegen vor und gerade als sie den Fuß an Deck setzte, setzte das Schiff sich in Bewegung.

Mit einem tiefen Atemzug trat sie an die Reling und blickte auf Rahal, das in der Dämmerung immer weiter in die Ferne rückte.
Es würde ihr fehlen. Vor allem ER würde ihr fehlen.







Jetzt blieb nur die Frage, wie lange sie unterwegs sein würde. Tage. Eine ganze Woche?
Sie hatte nur eine kurze Nachricht in der Bruderschaft hinterlassen. Konrad war informiert, Aresh ebenso. Ein kurzer Lichtblitz lenkte ihren Blick dann ab und als sie wieder gen Land blickte, war die Stadt bereits verschwunden.

Und dann passierte es.

Für einen Augenblickt spürte sie, wie sich die Härchen in ihrem Nacken aufstellten. Wie aus dem Nichts kam dieses ungute Gefühl, wie eine Warnung.
Das Gefühl, dass etwas nicht stimmte und das sie schon so oft in ihrem Leben gespürt hatte.
Das Gefühl, dass sie die Stadt eine ganze Weile nicht mehr sehen würde.

Es schauderte sie einen Moment.

Dann aber schloss sie kurz die Augen, presste die Finger der Hand zusammen bis der Schmerz des Schnittes sie einholte.
Morgen war auch noch ein Tag um darüber nachzudenken, was sie erwartete. Und mit jenem Gedanken wandte sie sich ab und kehrte dem Sonnenuntergang im Westen den Rücken zu.


Zuletzt bearbeitet von Jynela Dhara am 24 Feb 2024 19:17, insgesamt einmal bearbeitet
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