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Eine Vorahnung der Ahnen
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Eine Vorahnung der Ahnen
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 12 Aug 2021 21:58    Titel: Eine Vorahnung der Ahnen
Antworten mit Zitat

Die Nacht hatte gerade den Tag abgelöst. Schummriges Licht drang aus vernebelten Fenstern kleiner Hafenschuppen. Die Gassen von Bajard stanken nach Fisch, Fäkalien und ungewaschenen Matrosen, die viel zu lange auf See geblieben waren.
Mandur lenkte seine riesigen Schritte mit bedächtigem Tempo am Pier entlang, wohlwissend dass er auch heute bei seiner Suche dem Ziel kein Deut näher gekommen war.


"Ihr Urväter und Ahnen, helft mir mein Weib wiederzufinden. Gebt mir ein Zeichen wo isch suchen muss." Mandurs volle Lippen formten diese unruhigen Worte- halb Gebet, halb Wunschdenken. Die breiten Nasenflügel bebten, als er in einem Atemzug die salzige Meerluft aufsog, um dann diese in einem tiefen Seufzer wieder aus der Lunge zu pressen.

Er hatte Bajard seit seiner Ankunft auf Gerimor vor einigen Tagen nicht verlassen, in der Hoffnung die Toten würden ihm ein Zeichen zukommen lassen. Irgendein Zeichen, sei es nur ein winzig kleines, welches ihm Gewissheit gab dass seine Reise nach Gerimor nicht vergebens war. Die Zeit drängte, denn Mandur spürte tief in seinem Innersten dass die unwirkliche Chance sein geliebtes Weib von den Toten zurückzuholen mit jedem verstrichenen Tag dahinschwinden würde.

"Jila..." hauchte er leise ihren Namen. Nur allzu gerne erinnerte er sich an ihre bernsteinfarbenen Augen, schmeckte in nostalgischer Erinnerung schwelgend den Duft ihrer haselnuss-braunen Haut und sehnte sich nach den langen nachtschwarz gewellten Locken, in die er so gerne sein Gesicht vergrub.

"Isch werde deine Seele im Totenreisch finden...." schwor er sich insgeheim, die beiden riesigen Pranken entschlossen zu Fäusten zusammengeballt.
Seit seiner Ankunft auf Gerimor hatte er kein Zeichen mehr bekommen und es war wieder Zeit den Toten ein Opfer zu bringen.
Er würde 'Grar' dem einäugigen Raben ein Opfer darbieten und diesen um Erlaubnis zu bitten seine Verbindung zu den Ahnen zu stärken. Vielleicht würde es helfen.


Es musste helfen.

Aber Mandur bräuchte schon etwas Größeres als ein Mufflon als Opfertier, denn scheinbar waren die Toten ihm nicht wohlgesonnen, hatten sie doch sein erstes Opfer schweigend ignoriert...

Mandur spannte seinen muskulösen Brustkorb an, der von massigen Schultern und Armen umrahmt wurde. Man konnte den jungen Mann getrost als einen Hünen bezeichnen, überragte er die meisten Dorfbewohner Bajards um gut zwei Köpfe oder mehr. Gepaart mit seiner südländischen Erscheinung, seiner haselnuss-braunen Haut und den bernsteinfarbenen Augen würde man ihn nur schwerlich in einer Menschenmenge übersehen.
Die Nacht fröstelte, umso mehr weil er es nicht gewohnt war in solch einer Klimazone unterwegs zu sein und weil das schäbige Lumpenhemd unlängst nur noch als Stofffetzen an seinem mächtigen Torso herabhing und weitaus mehr Haut zeigte als es verbarg.
Dieser Ort Bajard behagte ihm nicht und womöglich spürten es auch seine Ahnen, weswegen sie für solch lange Zeit schwiegen.
Dieser Ort Bajard war so gottlos wie die Luft nach Fisch stank.


Zitat:
Ihre Bewohner grüßten nicht 'Eluwa', die Allmutter oder 'Tar', dem Gott des Zorns und schon gar nicht huldigten sie 'Grar' dem einäugigen Raben.
Sie verbanden sich nicht im Geiste mit ihren spirituellen Seelentieren, suchten keinen Rat bei einem Schamanen, deuteten nicht mit kleinen Tierknochen die Strömung des Schicksalsflusses und vor allem nicht verehrten sie das Reich der Ahnen.


Bajard war fremd und kein guter Ort um lange dort zu verweilen. Er würde ein geeignetes Tieropfer für die Ahnen suchen und das Reich der Toten erneut um Rat bitten.

Sein Weg würde ihn bald ins Landesinnere führen. Eine innere Stimme in ihm drängte förmlich danach. Er verstand diese nur noch nicht.



Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 07:58, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 20 Aug 2021 18:07    Titel:
Antworten mit Zitat

Der Zufall hatte Mandur zum 'Leierkastenmann' verschlagen, eine alte heruntergekommene Spelunke im Nirgendwo.
Tags verbrachte Mandur damit kleine Birkenbäume im nahegelegenen Wald der Taverne zu fällen. Seine wuchtigen Hiebe mit der Axt zerkleinerten die Stämme zu Holzkeilen, um sie dann, mit mäßigem Erfolg, in kleine Holzschäfte zu schnitzen, die er wiederum an die örtlichen Bogner zu gutem Preis veräußern konnte.
Zur Abenddämmerung ließ Mandur den Tag ausklingen und genehmigte sich einen warmen Mokka im ‚Leierkastenmann‘.
Wie an jedem Tag, so wurde Mandur schnell des Lauschens der Leierkastendudelei überdrüssig. Trotz seiner muskelbepackten Statur hatte die ganztägige Holzarbeit an seinen Kräften gezerrt und seine Schritte schwerfällig werden lassen.
Nachdem Mandur die Taverne hinter sich gelassen hatte, suchte er sich eine moosbewachsene weiche Stelle unter dem klaren Nachthimmel.
Als er mit dem Rücken so auf dem Boden lag, versank sein Blick verträumt in die Milliarden von kleinen leuchtenden Punkten am sternengetränkten Firmament.
Es war kühl und trotz der Witterung war der Hüne nur mit einer engen Lederhose bekleidet. Die dichten Muskeln unter dem haselnussbraunen Oberkörper würden ihn ausreichend warmhalten.


„Jila, isch werde disch finden.“

Der Widerhall der inneren Stimme im Kopf des Hünen wurde eindringlicher und drängte ihn seine Aufgabe nicht aus den Augen zu verlieren. Kurz bevor Mandur in den Schlaf der Rastlosen fiel, überkam ihm ein Gefühl als ob sein Herz tief im kalten Meeresgrund versunken war. Für diesen Moment sehnte er sich nach der kalten Umarmung des Todes- dann wäre er befreit von der Qual seiner unerfüllten Sehnsucht…




Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 07:58, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 21 Aug 2021 13:13    Titel:
Antworten mit Zitat

Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Ein Bund fürs Leben?

„Meine Seele wird zu deiner Seele“ flüsterten sie beiden mit geeinter Stimme das heilige Gelübte. Ein auffällig bunt geschmückter Haarkranz zierte die lange, gewellte, dunkle Haarpracht der jungen Frau, die alle im Stamm ‚Jila‘ nannten.
In Jilas bernsteinfarbenen Augen spiegelte sich Glück und Erfüllung wider, als sich der hünenhafte Mandur zur ihr hinunterbeugte, um seine Stirn an die Ihre zu schmiegen. Es war eine symbolische Geste, die zur Einleitung einer lanoiikianischen Ehe diente. Der ganze Stamm war bei dieser zeremoniellen Trauung anwesend und von allen Seiten jubelten ihnen die Menschen zu- handelte es sich doch um die Trauung des zukünftigen Schamanen des Dorfes. Das junge Paar konnte nicht glücklicher aussehen an diesem Tag. Die ausgelassenen Hochzeitsfeierlichkeiten erstreckten sich bis tief in die Nacht, begleitet von rythmischen festlichen Trommelklängen.
Es vergingen keine zwei weiteren Monate, als sich am Jilas zierlichen Körper eine kleine Bauchwölbung abzeichnete, ein Zeichen, dass sie ein Kind von Mandur in sich trug, was abermals ausgelassene Feierlichkeiten im Dorf auslöste.


Das Glück des jungen Paares sollte nicht lange andauern…




Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Die Ankunft




Weitere Monate waren vergangen, als in jener Nacht ein Dreimaster aus Schwarzwasser nahe des Dorfes anlegte, vom Bord ging die zehnköpfige Handelsdelegation eines regionalen Adeligen aus Schwarzwasser, der sehr erpicht darauf war, zwei Tonnen des begehrten lanoiikianischen Mahagoni-Holzes zu erwerben. Der Konflikt war so gut wie vorbestimmt, besaßen die Lanoiikianer keineswegs diese Unmenge an Mahagoni-Holz, auf die die Fremden bestanden. Auf anfängliche hitzige Diskussionen folgte ein Handgemenge, bis schließlich der Klang einer Donnerbüchse den nächtlichen Frieden abrupt beendete.




Mandur, seines Zeichens noch kein fertig ausgebildeter Schamane seines Stammes, hatte sich an diesem Abend nicht der Gruppe an Dorfoberhäupten angeschlossen, um die fremden Seefahrer aus Schwarzwasser zu empfangen. Jedoch als die ersten Schüsse fielen, schreckte er von seinem Lager aus Binsen und Tropenpflanzenblättern auf.
Geistesgegenwärtig packte er mit seiner großen Pranke den zierlichen Arm der noch halb schlafenden Jila, um sie sanft, aber bestimmt zu wecken. Seine hochschwangere Frau im Schlepptau, flüchtete Mandur mit großen Schritten aus dem Haus Richtung des nahegelegenen Waldrandes. Von allen Seiten erklangen weitere Schussgeräusche- das ohrenbetäubende Stakkato an Pistolen- und Musketenschüssen wollte schier kein Ende nehmen.
Das vormals so friedliche Dorf - Mandurs Heimat- wurde in ein grausiges Chaos gestürzt. Fackeln flogen durch die Luft und die archaisch aus Holz und Palmenblättern gefertigten Hütten fingen schnell Feuer.
„Jila, komm, beeil dich, wir müssen hier weg!“ brüllte Mandur seiner hochschwangeren Ehefrau zu, die keuchend versuchte mit dem Hünen Schritt zu halten. Als sich Jila’s Schritte immer mehr verlangsamten, packte Mandur die kleine zierliche Frau mit beiden Händen und trug sie fortan in den Armen- seine großen Schritte trugen ihn geschwind Richtung der Palmenwälder, den Schutz der Bäume suchend. Neben ihren Köpfen zischten Kugeln vorbei, und rund um Ihnen erklangen qualvolle oder klagende Schreie von Müttern, Kindern und Säuglingen, die entweder versuchten, ihr eigenes oder das Leben ihrer Liebsten zu retten.
Es herrschte ein grausames Blutbad, welches erahnen ließ, dass das lanoiikianische Volk mit ihren primitiven Holzspeeren und Steinschleudern den technologisch viel fortgeschrittenen Seefahrern aus Schwarzwasser nichts entgegensetzen konnten. Die wenigen mutigen lanoiikianischen Seelen, die zu den Waffen griffen, wurden schnell niedergeschossen. Der sehr einseitige Konflikt dauerte keine halbe Stunde an und doch kam es wie eine Ewigkeit vor.


Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Flucht aus dem Paradies

Mandur rannte, so schnell ihn seine Beine trugen, durch den Wald, immer bergauf Richtung den steilen Hängen des Vulkanberges, der mittig der Halbinsel, die meiste Landmasse Lanoiikas einnahm. Mandurs Muskeln in Armen und Beinen brannten vor Schmerz, rannte er so schnell er konnte um ihrer beider Leben und das des ungeborenen Kindes. Die Welt um ihm schien zu verschwimmen und sich zu drehen, als er nur mit einem Ziel vor Augen schwer schnaufend mit seiner Frau in den Armen am ,Heiligtum‘ ankam. Das ,Heiligtum‘ war eine Art in das Vulkangestein der Insel eingelassene Höhle. Sie diente den Schamanen des Stammes als Rückzugsort, damit diese über ein kompliziertes Opferritual namens ‚das Medium‘ mit den Göttern und den Ahnen kommunizieren konnten. Mandur hatte unzählige Male diesen Ort aufgesucht, um die Abfolge des Rituals der Schamanen zu verinnerlichen, und bis auf wenigen Seelen war der Ort nicht einmal allen Angehörigen des Stammes bekannt. Ein gutes Versteck also, um dem Schrecken der Außenwelt zu entfliehen.



Am Eingang der Höhle, sich in Sicherheit wissend, ließ er die ebenfalls schwer atmende Jila wieder langsam zu Boden gleiten. Mandur keuchte zwar schwer und seine Arme und Beine fühlten sich an, als hätte jemand diese mit kochend heißen Nadeln durchbohrt, aber sie hatten es geschafft!
Der sanfte Riese beugte sich zu seiner Frau herunter, die gut zwei Köpfe kleiner war als er und hauchte ihr einen liebevollen Kuss auf die Stirn, in der Hoffnung dass sie sich auch beruhigen würde. All die Angst und Hektik auf der Flucht war sicherlich keineswegs gut für das Ungeborene in Jilas Leib. Als er sanft seine Lippen von der Stirn Jilas löste, erkannte er in Jilas feuchten bernsteinfarbenen Augen eine Mischung aus Schrecken, Furcht und Verzweiflung. Zärtlich ließ Mandur seinen Handrücken über die weiche Wange seiner geliebten Ehefrau gleiten, ehe sie ihm schluchzend in die Arme fiel. Ihre schweißgebadeten Körper pressten sich in einer innigen Umarmung aneinander- zumindestens so gut es der prallgefüllte Babybauch nun mal zuließ. Jilas Kopf schmiegte sich Trost suchend an Mandurs muskulösen Brustkorb. Er hatte wie üblich nichts an was seinen Oberkörper bedeckte und genoss, wie sie ihr warmes Anlitz in seine Umarmung tauchte. Mandur gab ein leises ‚Pscht‘ von sich, begleitet von dem beruhigenden melodischen Tenor eines Summens, in der Hoffnung der noch immer schluchzenden Jila Trost zu spenden.
Nach einer kurzen Weile hatte das Schluchzen aufgehört und Jila löste sich widerwillig, aber bestimmt von ihm, um in etwas Abstand Mandur mit großen traurigen Augen in der Dunkelheit anzublicken.
Der fade Mondschein kämpfte sich nur mit Mühe durch die dichten Mangrovenblätter, aber ließen dennoch Jilas zierliche weibliche Umrisse erahnen. Sie war so schön anzusehen und er liebte sie wirklich über alles!



„Mandur, ich bin überglücklich, dass wir uns ...“, *unterbrochen von einem kurzen Husten* „…uns einander gefunden haben.“ Ohne etwas zu ahnen, konnte Mandur nicht umhin seine vollen Lippen zu einem glückerfüllten Lächeln zu verziehen. Sie waren in Sicherheit! Und das war alles was für ihn zählte!

‚Ich bin auch froh….‘ schwirrte es durch seinen Kopf- er wollte etwas Liebevolles entgegnen, brachte aber die richtigen Worte nicht zustande.

„Mandur, versprich mir dass wir uns auf der anderen Seite…“ Jila begann nun schwerer zu keuchen, „versprich mir dass wir uns auf der anderen Seite wiederfinden werden.“

Ihre Worte klangen nach einem traurigen Abschied.

„Wir sind in Sicherheit.“ hauchte Mandur ihr beschwichtigend zu, doch dann überkam ihn plötzlich eine böse Vorahnung. Er hob seine Pranken gen Himmel- im matten Mondlichtschein erkannte er, dass diese von Blut dunkel gefärbt waren. Entsetzen lähmte ihn fast vollständig und seine Pupillen weiteten sich vor Angst.

Just in diesem Moment sah er wie Jila nur noch keuchend und kraftlos in seine Arme torkelte....




Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 07:59, insgesamt 11-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 22 Aug 2021 18:18    Titel:
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Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Das Ritual




Hastig trug Mandur Jilas schlaffen Körper in das Innere der Höhle, das auch von seinem Stamm als das ‚Heiligtum‘ bezeichnet wurde. Seine vollen Lippen formten um Verzeihung bittende Worte, war es doch normalen Stammesangehörigen wie Jila nicht befugt den heiligen Rückzugsort der Schamanen zu betreten. Aber dies war ein Notfall und die Götter und Ahnen mögen es ihm aufgrund der prekären Situation verzeihen. Im Dunkeln stolperte Mandur zum Steinaltar, der für gewöhnlich dazu diente den Göttern Opfergaben in Form von ausblutenden Hühnern und Ziegen darzureichen. Behutsam ließ Mandur die keuchende Jila auf die kalte Steinplatte sinken. Fieberhaft suchten seine prankenartigen Hände das kleine Steinpodest ab und zu seinem Glück fasste er nach einigem Tasten die Feuersteine. Mithilfe des bereitliegenden Reisigs schaffte er es mit zittrigen Händen nach einigem Anlauf eine kleine Flamme zu entzünden. Diese benutzte er dazu, um die im Fischöl getränkten Fackeln zu entfachen und das ‚Heiligtum‘ in warmes Fackellicht zu tauchen.



Ihm bot sich ein Anblick, der ihm die ganze Aussichtslosigkeit der Situation offenbarte. Direkt unterhalb Jilas Rippen klaffte seitlich eine Schusswunde, aus der Blut in rhythmischen Stößen hervorschoss. Jila hatte eine Menge Blut verloren und ihr Gesicht war leichenblass. Er musste sie dringend versorgen! Ohne viel Zeit zu verlieren zog Mandur seinen Lendenschurz aus, und zerriss ihn in längliche Fetzen, die er dann benutzte, um die Wunde provisorisch zu schließen. Das Blut durchtränkte den Stoff und bald hatte er nur noch blutrote Stofffetzen in den Händen. Vergeblich versuchte er die Wunde zu schließen.
Es dauerte nicht lange, als Jilas Atmung aussetzte.



Mit dem letzten Atemzug hatte Ihre Seele die Welt der Lebenden verlassen.




Jila hatte soviel Blut verloren dass es in die Abtropfrinne des steinernen Opferaltars rann, auf welchem ihr lieblicher und nun lebloser Körper ruhte. Das Blut floss dann schließlich in gemächlichem Tempo in eine kleine Holzschale, die ursprünglich für Opferrituale vorgesehen war.
Mandurs Augen füllten sich mit Tränen und schluchzend wandte er sich an die Totems der Götter. Einem Völkerforscher möge in diesem Moment auffallen, dass die Götter in den Reichen mehr oder weniger auch in Form von Götzenabbildungen in etwas abgewandelter Form vertreten waren- wenn auch das Götterpantheon in der Heimat Mandurs von exotischen Einflüssen etwas verwässert wurde. Da war 'Eluwa', die Allmutter der Fruchtbarkeit, deren Totem recht üppige Brüste und eine überdimensionale Vagina besaß. Gefolgt vom 'Tar', dem Gott des Zorns, der von einem Krieger mit Pantherkopf symbolisiert wurde. Nebst anderen Totems verschiedener Götterfiguren fand sich zu guter Letzt auch ein kleiner einäugiger Rabe- es war die Statue von 'Grar', dem Gott des Todes...



Mandur vermengte die Stücke der Namkawurzel, eine lichtscheue Höhlenpflanze, die nur auf seiner heimatlichen Halbinsel Lanoiika zu finden war, mit der Asche seiner Urahnen. Letztere hoben die Schamanen üblicherweise für rituelle Anlässe in großen Urnen aus Ton auf und wurde gerne dazu benutzt eine Verbindung zur Nachwelt aufzubauen. Den Lehren der Dorfältesten nach, wanderten die Seelen der Urahnen in den großen Seelenfluss und nur die Schamanen vermochten es mit dem großen Seelenfluss zu kommunizieren. So manch ein Schamane glaubte im Seelenfluss auch die Stimmen seiner Urväter hören zu können.
Mandur benutzte reichlich Spucke, um die Zutaten zu einer dunklen Masse zu vermischen. Er hatte den Vorgang von seinem Vater, dem amtierenden Stammesschamanen gelernt. Die dunkle klebrige Masse schmierte Mandur sich unter die Augenlider, um die Verbindung zum Seelenfluss herzustellen und das Tor zum Reich der Toten aufzustoßen. Mandur schmetterte die Gebete an die Allmutter- Eluwa anflehend sie möge Jila mit neuem Leben erfüllen und sie wieder gesunden lassen. Verzweifelt versuchte er Eluwa um Gnade zu bitten, versicherte ihr dass er alles tun würde, um Jila wieder ins Leben zu rufen.



Er würde alles tun...


Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 07:59, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 22 Aug 2021 21:06    Titel:
Antworten mit Zitat

Die Gestalten in Grau verschwendeten keine Zeit, verloren keine überflüssigen Worte, hielten sich nicht mit unnötigen Förmlichkeiten auf.
Mandur konnte kaum seine Finger vor sich sehen, geschweige denn das Ziel ihrer Reise erahnen.
Er wusste nur dass seine unfreiwillige Gesellschaft ihm keine Option gelassen hatte als ihr zu folgen.
Nach einer ganzen Weile erreichten sie ein altes baufälliges Schloss, das scheinbar mehr von Spinnweben als vom richtigen Mauerwerk zusammengehalten wurde. Mandur lief ein kalter Schauer über den Rücken, als er die kühlen grauen Treppenstufen des Eingangsbereiches erklomm und in das wenig einladende Innere des Schlosses geführt wurde.



Sie ließen ihm keine Wahl.
Mandur sollte eine Art Prüfung überstehen oder....
Er war sich gewiss dass das Unausgesprochene für ihn nichts Gutes bedeuten würde.


"Besorgt einen Gegenstand, etwas Symbolisches, das seinen innersten Wunsch zum Ausdruck bringt."

"Er soll uns etwas bringen, dass ihn und seine Geliebte verbindet..."

""Vergangenheit, das Hier und das Jetzt und die Zukunft...verbunden im Wunsch des Inneren Ichs..."

Dies waren ihre Worte, verbunden mit der Aufgabe sich auf die 'Suche' zu machen.
Als Mandur wieder in die Freiheit entlassen wurde, stolperte er rückwärts die Treppenstufen am Eingangsbereich herab. In ihm brannte der innige Wunsch ganz ganz weit weg zu laufen. Doch diese Gestalten würden nicht rasten. Sie würden Jagd auf ihn machen, bis sie ihn zur Strecke gebracht haben.


Er musste das 'Symbol' finden und vielleicht eröffnete sich gar eine Gelegenheit Jila zurückzuholen...


Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 07:59, insgesamt einmal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 31 Aug 2021 11:20    Titel:
Antworten mit Zitat

Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Auferstehung


Mandur hatte schon fast aufgegeben, als er die flatternden Schwingen eines Vogels am Höhleneingang vernahm. Im schummrigen Licht konnte er kaum ausmachen welche Vogelart, geschweige denn welche Farbe das Tier hatte, doch das Krächzen eines Raben das darauf folgte war unmissverständlich. Gerade als Mandur wütend den Raben zu verscheuchen versuchte, hallte eine vertraut klingende Stimme in der Höhle und wiederholte mit geisterhaftem Flüstern seinen Namen. Das Blut gefror in seinen Adern, denn die vertraut klingende Stimme war die seiner geliebten Jila.
Der Leichnam Jilas hatte sich gespenstisch langsam vom Opferaltar aufgerichtet. Mandur konnte sie kaum wiedererkennen. Der vormals haselnussbraune Teint seiner Geliebten war einer kalten Blässe gewichen. Die starre, blau angelaufene und von Qual gepeinigte Fratze ähnelte nur entfernt den lieblichen Gesichtszügen seiner Frau. Die verkrampften Hände der Untoten formten sich zu Klauen und gruben sich tief in den eigenen Skalp, als wollte sie sich selbst die Haare vom Kopf reissen. Die Untote beugte sich ruckartig nach vorne, um dann wieder gepeinigt den Rücken nach hinten durchzustrecken. Alle Vieren verbogen sich auf unnatürliche Art und Weise, so dass Gelenke knacksend aneinanderrieben und Sehnen mit lautem Peitschen rissen. Und als sei das Grauen nicht genug - zu allem Überfluss bannten sich zwei kleine Säuglingshände ihres Ungeborenen zwischen den Schenkeln der untoten Jila den Weg ins Freie.
Mandur spürte ein rasendes Pochen in seinen Schläfen. Angst, Wut und Verzweiflung machten sich in ihm breit als er die entstellte Abart seiner Jila auf sich zuwanken sah.

‚Versprich mir dass wir uns auf der anderen Seite wiederfinden werden.‘

Ihre Worte hallten ihm durch seinen Kopf und er verpasste sich selbst eine saftige Ohrfeige, in der Hoffnung all dies sei nur ein böser Albtraum.

‚Mandur, ich bin überglücklich, dass wir uns einander gefunden haben.‘

Der lebende Leichnam hatte sich ihm bis auf Ellenlänge genähert und packte seine Unterarme, so als wollte die untote Jila ihn zu einem Tanz auffordern. Fauliger Atem entwich ihrem halb geöffnetem Maul- Geifer, Blut und Galle tropften ihr sporadisch vom Mundwinkel. Wie angewurzelt blieb er am Fleck stehen. Er wollte davonrennen, sich von ihr loslösen, aber es schien als hinderte ihn eine höhere Macht an der Flucht. Der Rabe hatte sich flatternd auf Mandurs Schultern niedergelassen und krächzte ihn herausfordernd an. Erst jetzt erkannte Mandur im Fackelschein, dass der Vogel nur ein Auge besaß, welches mittig im Kopf sitzend ihm zublinzelte.

‚Und so wie du mir deine Frau als Geschenk überbracht hast, so schenke mir zehntausend Seelen und sie wird wieder dein sein.‘ hallte das düstere Versprechen der unheiligen Macht in Form von Jilas Stimme.

Ihre Stimme klang unwirklich und dunkel. Eindringlich sprach sie in seinem Kopf auf ihn ein und allmählich vermischte sich Jilas Stimme mit den Stimmen von Millionen Anderen- unheilvoll flüsterten sie im Kollektiv immer wieder das Gelübte der Ehe:

‚Meine Seele wird zu deiner Seele‘.

Mit diesen Worten schloss der lebende Leichnam Mandur in seine innige Umarmung...





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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 31 Aug 2021 13:21    Titel:
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Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Der Schwur


Immer wieder drang der kleine Ritualdolch in den untoten Leichnam Jilas, biß sich durch das untote Fleisch, zertrennte Bindegewebe und durchstach Innereien. Mandur hatte seine große Pranke auf ihren Kopf gelegt und versucht sich aus der Umarmung der Untoten zu lösen und die sich windende Kreatur von sich abzuhalten. Das Wesen erinnerte nur noch entfernt an seine verstorbene Frau Jila. Die entstellte Fratze, die langen Klauen und das verwesende Fleisch verhöhnten seine Erinnerungen an die ehemalige Schönheit seiner Frau.

Mandurs Augenwinkel bluteten Tränen aus Wut und Schmerz, als er verzweifelt versuchte mit dem Dolch diese Missgestalt aufzuhalten.
Die vielen kleinen Dolchstöße, die Mandur wie Nadelstiche in den untoten Torso Jilas trieb zeigten wenig Wirkung und hielten das Ungetüm keineswegs in seinem Tun auf. Im Gegenteil, angestachelt von den ihr zugefügten Wunden zerrissen schrille trommelfellzerfetzende Schreie der Kreatur die stickige Luft der Höhle.

Als letzten Ausweg drückte Mandur mit seinen bloßen Händen zu und zertrümmerte mit seinem stählernen Griff die Schädeldecke Jilas. Die wabbernde Hirnmasse seiner Frau quoll zwischen den Fugen der sich aufreissenden Haut und Schädelknochens....

Enttäuschung und Qual machte sich in dem Hünen breit, denn er hatte den Leichnam seiner Frau geschändet und ihre Seele für ewig entehrt.

Kraftlos sank der dunkle Riese auf die Knie zu Boden. Der Dolch war an die eigene Kehle gesetzt und es brauchte nur eine winzige Bewegung von Mandur, um sich selbst die Kehle aufzuschlitzen.

Er wollte nicht mehr leben. Nicht mehr sein ohne sie. Nicht mehr sehen, nicht mehr schmecken, nicht mehr atmen.
Mandur wünschte sich in diesem Moment nichts inniger als den Tod...

Aber er konnte seinem elendigen Dasein jetzt noch kein Ende setzen. Er wusste dass er seinen Fehler begleichen musste. Wie- das war ihm noch nicht bewusst, jedoch würde er nach Antworten suchen seine Frau Jila wieder herzustellen.

Nicht um seiner Willen, denn mit seiner Tat hatte er sie definitiv nicht mehr verdient.



Nein, er musste um Jila's Willen versuchen entweder ihre Seele wieder zurückzuholen oder ihr zu mindestens ewigen Frieden zu schenken...


Mandur wählte das Leben, um sich dem Tod zu stellen. Um Jilas Willen....


Ihm brannten zwei Fragen auf der Seele:

- Wo würde er ihre Seele wieder finden?

- Und wie würde er sie wieder zurückholen können?




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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 31 Aug 2021 14:20    Titel:
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Rückblick hat Folgendes geschrieben:

Rückblick: Reise nach Gerimor


Tief unter dem Deck eines Zweimasters, der Kurs nach Bajard nahm, vergrub sich die zusammengekauerte Gestalt Mandurs in Lumpen und schweren Decken gehüllt.

"Suche nach mir..."

"Hole mich zurück Mandur..."

"Nähre meine Macht..."


Die Stimme Jilas hallte unerbittlich in seinem Kopf, flößte ihm sanfte Versprechen zu und umgarnte wie widerspenstige Ranken seinen Verstand. Mandur konnte kaum mehr klare Gedanken fassen und verbrachte manchmal Tage im Delirium, im Geiste einen Zweikampf mit der inneren Stimme ausfechtend.
Er versuchte sich von ihr loszuwinden, ihren bitter-süßen Versprechungen zu widerstehen, ihr standzuhalten.

Vergeblich.

Tief in dunklen Gedanken schwelgend, die ihn langsam von innen vergifteten, hoffte Mandur Antworten auf Gerimor zu finden...






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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 03 Sep 2021 22:31    Titel:
Antworten mit Zitat

Begegnung

"Suche nach einem Symbol der Vergangenheit, das Hier und das Jetzt und die Zukunft...verbunden im Wunsch des inneren Ichs..." Die dumpf klingenden Stimmen der Gestalten in Grau hallten in Mandurs Gedanken wider und formten mit dem verzerrenden Flüstern in seinem Kopf ein zusammenhangsloses geisterhaftes Zwiegespräch. Ein monotoner, sich immer wiederholender Wortwechsel, der Mandur keine klaren Gedanken fassen ließ. Das verzerrende Flüstern aus tausend Stimmen, das ihn auf seiner Reise nach Gerimor begleitete fand keinen Abbruch und drängte den Hünen eindringlich die Suche voranzutreiben.

Auch wenn ihm in einigen guten Augenblicken einleuchtete, dass Jila sich nicht mehr unter den Lebenden aufhielt, so war sein Verstand in den meisten Momenten so benebelt, dass er sich nicht mehr an diese Tatsache erinnerte. So begann Mandur eine sinnlose Odyssee durch die Landen Gerimors, in einer aussichtslosen Suche nach seiner verstorbenen Frau Jila. Seine wirre Hoffnung wurde jäh enttäuscht. Es war wenig überraschend, war Jilas vermeintliche Existenz doch gänzlich ein Konstrukt aus Mandurs Fantasie und lediglich eine wilde Hoffnung, genährt durch die sanften Versprechen einer dunklen Macht.
Nach etlichen Tagen und Wochen des Umherstreifens hatte Mandur seine Jila fast aufgegeben und auch bei der Findung nach dem ‚Symbol‘ für die Gestalten in Grau war er kein Stück weitergekommen. Nur noch Adoran und Wulfgard standen noch auf seiner Liste der Orte Gerimors, die er nicht besucht hatte und so plante er seine Reise zur Hauptstadt Lichtentals nun anzutreten. Der Weg war noch weit und Mandur war sich ebenfalls nicht sicher ob er nicht an der falschen Wegkreuzung abgebogen war.
Erschöpft und mutlos ließ sich der dunkle Riese an einer Weggabelung auf einem am Wegrand liegenden dicken Baumstamm fallen und während er sitzend ziemlich mühselig an einem ledrigen Stück Trockenfleisch nagte, ließ er den Alltag vor sich vorbeiziehen. In der Ferne beobachtete der Hüne wie sich die Ochsenkarren entlang des Handelsweges nach Adoran schlängelten. An Ernte was die Bauern nicht einlagern konnten, brachten sie in die Städte, um es auf dem dortigen Markt zu veräußern.



Mandur vermisste die vertraute, feuchte, warme Luft seiner Heimat.

Gerimor war fremd, trocken und kalt.

Das helle Lachen einer jungen Frau weckte den Hünen aus seinen Tagträumen auf. Mandur folgte dem Klang der lieblichen Stimme, die nach Frohsinn und Lebensfreude strotzte und erkannte in einiger Entfernung eine kleine zierliche Person mit aufgeweckten saphirblauen Augen so tief wie das Meer, lange blonde Strähnen zu einem großen Zopf geflochten, auf denen ein großer Sommerhut etwas schief thronte.
Mandur wusste nicht mehr genau wie ihm geschah, aber schon lange war er sich nicht mehr so sicher, dass sie der Schlüssel war…


Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 7-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 03 Sep 2021 23:31    Titel:
Antworten mit Zitat

Das Bajarder Stadttor

Das blonde Fräulein mit dem Strohhut stieß noch eine vorsichtige Warnung aus, Mandur möge nicht durch das bajarder Stadttor reiten, wenn er nicht mit dem Querbalken des Tors Bekanntschaft machen wollte.

Doch es war zu spät.

Kraftvoll scharrte die braune Stute mit ihren Hufen und ging dann -den Trab überspringend- direkt in ein Galopp über, als der Hüne wenig besonnen seine muskulösen Schenkel in die Flanke des Tiers presste. Die erste Reitstunde Mandurs dauerte nicht lange an. Es war nicht einmal eine Reitminute, als das Unglück passierte. Durch Mandurs Statur war es schier unmöglich für ihn den besagten Querbalken des Stadttores zu verfehlen. Ein lautes 'Klonk' ertönte als Mandurs harter Dickschädel an das metallbeschlagene Holz prallte. Es war ein Wunder dass Mandur beim Fall sich nicht das Genick gebrochen hatte, sondern auf seinem Rücken landete, jedoch setzte bei der Landung sein Hinterkopf hart auf dem Boden auf....

Als Mandur wieder zu sich kam, sah er in ein tiefes Saphirblau an Augenpaar, das ihn besorgte anblinzelte. Die Stirn zu Falten gelegt und das kleine Nässchen gerümpft, hatte die junge blonde Frau mit dem Strohfut ein feuchtes Tuch auf seine Stirn gelegt, um die große Beule zu kühlen. Freudig glucksend und erleichtert dass er wieder bei Bewusstsein war, schenkte sie ihm ein herzerwärmendes Lächeln das Eisberge zum Schmelzen bringen könnte. Mandur war sich nicht sicher ob ihm deswegen schummrig war oder sein Sturz vom Pferd die Schuld daran trug...
Als Dank für ihre Fürsorglichkeit, versprach Mandur das blonde Fräulein mit Strohhut nach Hause zu begleiten, denn die Sonne würde bald untergehen.
Die folgenden Stunden vergingen wie im Flug... auf ihrem Weg erzählte das Fräulein frohmutig und unbekümmert von ihrer Familie, dass sie auf einem Gutshof arbeitete und Pferdezucht zu ihren Leidenschaften zählte. Kurzgebunden beantworte Mandur ihre neugierigen Fragen, so wie es seine zurückhaltende Art war. Doch innerlich spürte er zum erstem Mal seit langem wieder die Wertigkeit des Lebens und er war dankbar dass sie ihn aus seiner bedrückenden Melancholie riß und ihn in ihre fröhliche, unbekümmerte Welt entführte.

Er hatte das Gefühl, nein er war sich sogar sicher, dass er etwas Besonderes gefunden hatte.

Etwas, nach dem er nicht gesucht hatte und das doch das Vakuum in seinem Herzen füllte.



Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 7-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 05 Sep 2021 13:45    Titel:
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Bis dass der Tod uns scheidet

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Zwei Herzen treffen sich in Einsamkeit. Zierliche Finger schmiegen sich zögerlich in die Handfläche einer großen Pranke, die sich dann einfühlsam verschließt und sie nie mehr loslassen will.


Mandur hatte sich mittig ins Pentagramm begeben. Dunkles Flüstern, gesprochen mit unheilvollen Stimmen, umgaben Mandur. Die grauen Gestalten, jede von ihnen vermummt, so dass ihre wahren Identitäten nicht preisgegeben wurden, schickten ihre Bitten zum ihrem dunklen Herrn in der Hoffnung, er oder einer seiner dämonischen Herolde würden sich in irgendeiner Form manifestieren, um den grauen Bittstellern ihre Gunst zu gewähren.

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Erneut suchte ihre Hand seine Pranke und auch er schob diese vorsichtig in ihre Richtung, in der Hoffnung beide würden sich in der Mitte begegnen. Anfangs zaghaft aus Angst vor Zurückweisung, dann immer mutiger tasteten sie sich vor, um in fast unmittelbarer Nähe anzuhalten. Würde sie genau empfinden wie er? Würde er genau empfinden wie sie? War alles nur ein großes Missverständnis?


Mandur hatte den großen Jutesack vor sich auf den Boden gehievt. Die Klinge des Ritualführers war gezückt und die blitzende Spitze blanken Metalls ragte in Richtung von Mandurs Kehle.

„Wähle ihm zu dienen oder das Ende durch die Klinge.“

Wenn ich jetzt den Tod wähle, werde ich für ewig mit meiner Frau Jila vereint sein….

Für einen kurzen Moment war die zweite Option tatsächlich eine echte Option für ihn. Eine schnelle zuverlässige Lösung.

Wenn ich das Leben wähle…

Er rief sich das Saphirblau ihrer verträumten Augen, ihrer Seelenspiegel, ins Gedächtnis und vor ihm erschien das herzerwärmende Lächeln der blonden Frau mit Sommerhut, die es geschafft hatte das Vakuum in seiner Seele zu füllen.

Wenn ich das Leben wähle, werde ich dem Tod dienen.

Welch Ironie des Schicksals.


Mandur wischte sich mit dem Handrücken die Tränen und den Schweiß von den kantigen Wangen. Mit deutlichem Widerwillen kippte er den Inhalt des Jutesacks vor sich gut sichtbar für alle Anwesenden in das Zentrum des Pentagramms. Allerlei Inhalte ergossen sich auf den Boden, ein paar Beine, ein abgehackter Fuß, Arme und Hände, dann ein entstellter Kopf sowie der zierliche Torso einer jungen Frau….

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Ihre Blicke waren gen Osten in die Ferne gerichtet und verfingen sich in den nächtlichen Schleiern der nebeligen Luft Wulfgards. Das Land der Thyren war vielleicht nur ein halber Tagesritt entfernt und man konnte im nächtlichen Himmel noch vereinzelte Lichter sehen, die nach und nach erloschen, als die Nacht fortschreitete. Die beiden Groß und Klein standen regungslos auf dem Balkon des kleinen Fachwerkhauses, welches den Mittelpunkt des einsamen Hofguts bildete. Während sich ihre Blicke in der Schönheit der nächtlichen Dunkelheit verloren, berührte seine Hand gelegentlich die weiche Haut ihres Oberarms. Die Nacht war kalt und er bemerkte wie die blonde Frau zu seiner Seite gelegentlich zitterte, aber sich dennoch wacker wenig anmerken ließ.


Mandur kniete sich zum Torso herunter, drehte ihn um, so dass die nackten einst ästhetischen Brüste des Leichnams ihm entgegenstarrten. Mit roher Gewalt tauchte er seine mächtigen Pranken in die Bauchdecke, wühlte sich durch Eingeweide, kämpfte sich mühevoll weiter empor und brach Rippen, zerfetzt Lungenflügel auf der Suche nach etwas Bestimmtem.

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Er beugte sich zu ihr vor so dass sie Gesicht zu Gesicht standen. Er konnte ihren schneller werdenden Atem spüren. Als sie ihrerseits die Distanz zwischen ihrer beider Lippen verkürzte, erschien es ihm wie eine halbe Ewigkeit, bevor er den zarten Geschmack ihrer Lippen schmeckte. Anfänglich zögerlich beschämt, dann zärtlicher, vollendeten sie das Geplänkel ihrer Lippen zum feurigen Kuss, nun endlich in Gewissheit was sie füreinander empfanden.


Mit einem brutalen Ruck riss Mandur das Herz aus dem Brustkorb. Kleine Stücke geronnenen Blutes flogen in alle Richtungen, als das Herz mit Gewalt von den Blutgefäßen getrennt wurde. Mit einer ehrfürchtigen Geste präsentierte er das Herz in seiner großen Handfläche dem Ritualführer. Ein dezentes Nicken dessen war das einzige Zeichen, dass Mandurs Suche nach dem Symbol für die Begierde seines Innersten Ichs beendet war. Ein Symbol welches die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft präsentierte.

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Ein helles glucksendes Lachen, als der dunkle Riese die kleine blonde Frau mit Leichtigkeit hochhob, um sie auf seinen stämmigen Armen die Treppe emporzutragen. Sie hakte ihre Arme um seinen muskulösen Oberkörper und schmiegte ihren Kopf genießerisch in seinen Brustkorb. Im Gewächshaus angekommen holten sie beide tief Luft, unwahrscheinlich dass das kurze Besteigen der Treppen ihnen den Atem raubte, wohl eher ein Ausdruck der Erleichterung, dass sie endlich unter sich waren und die vertraute Zweisamkeit nun genießen durften.


Kleine Nadelstiche peinigten den dunklen Riesen und ließen seine Knochen spröde werden. Seine Kehle begann auszutrocknen und auf seiner Haut zeichneten sich tiefe Furchen ab. Kraftlos ließ sich Mandur auf die Knie fallen. Die unheilige Macht durchströmte seinen Körper, brannt sich durch seine Adern, zerdrückte seine Lungenflügel und zerriss seine Eingeweiden.

'Das ist das Ende….' schossen die Gedanken durch Mandurs Kopf.

Das Feuer des Todes loderte in jedem Winkel seines Körpers, nährte sich von seiner Existenz und brannte sich tief in seine Seele ein…

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Im matten Schein der Laterne hatte sie sich an ihn geschmiegt, um der nächtlichen Kälte zu entkommen. Behutsam hatte Mandur die stämmigen Arme um ihre Schultern gelegt und zärtlich streichelten seine Fingerkuppen über ihren Rücken. Die nackten Füße der jungen Frau standen auf Zehenspitzen und versuchten sich trippelnd vom kalten Boden zu lösen. Der dunkle Riese hatte seine vollen Lippen in die gewellten blonden Strähnen vergraben, um sich begierig und ein letztes Mal ihren Duft einzuprägen… Die blonde Frau mit den saphirblauen Augen hatte ihren Kopf dicht an seine stählerne Brust gedrückt. In inniger Umarmung kosteten die beiden die Magie des Momentes aus und es kam ihnen so vor als würde die Zeit in diesem Moment stillstehen.


Mandur erhob sich langsam von der Mitte des Pentagramms. Die Qualen und Schmerzen, die ihn zuvor zu Boden gerungen hatten, waren verschwunden. Stattdessen spürte er eine neue Kraft in ihm wachsen, die dunkel, bedrohlich und lauernd darauf wartete zu einem nachtschwarzen Feuer entfacht zu werden.

Es war vollbracht.

Er hatte sein Leben dem dunklen Herrn verschrieben und einen Pakt geschlossen, der nicht gebrochen werden konnte.

Rückblick hat Folgendes geschrieben:
Mandur hauchte ihr einen letzten butterweichen Kuss auf die Stirn. Die kraftvollen Pranken verkrampften sich, fuhren ihren Rücken empor und glitten Richtung ihres Nackens. Es wäre ein Leichtes gewesen nun den schlanken Hals zu packen und zuzudrücken. Dann würde er sie und ihn selbst von der Aussichtlosigkeit ihrer Liebe befreien. Jilas Stimme in seinem Kopf flüsterte Mandur eindringlicher ein, dass es getan werden musste. Es war die beste Lösung…
Doch Mandur drückte nicht zu. Stattdessen strich er liebevoll mit dem Handrücken über die zarte Haut ihres Nackens. Dann löste er sich widerwillig und langsam von ihr und verschwand wortlos sie hinter sich lassend im Dunkeln der Nacht…


Er würde das Leben wählen, um dem Tod zu Dienen.




Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 26 Sep 2021 12:10    Titel:
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Der Schlund

Ein Traum hat Folgendes geschrieben:
Fade wabbernde Schlieren von Nebelschwaden schwebten über den Bannkreis, breiteten sich schwimmend über das in Blut gezeichnete Rund am Boden aus, welches das Pentagramm-Muster mittig des finsteren Raumes umkreiste. Mandur hatte seine breiten Arme vor der eigenen Brust gekreuzt und alle Muskelsehnen stählern angespannt, während seine vollen Lippen das leise Gebet formten. Zu seiner Rechten und Linken intonierten seine beiden Brüder in Grau in tiefster Versunkenheit ihrerseits die leisen, aber eindringlichen Gebete, während die wachen allgegenwärtigen Augen der hohen Schwester das Tun der drei Lakaien kritisch prüfenden Blickes überwachten. Geflüsterte oder leise sich wiederholende Worte, ein Mantra gleich, echoten unheilvoll in den düsteren Hallen der Katakomben um irgendwo in den verwinkelten Tunneln zu verklingen. Als das Ritual vollbracht wurde, ruckte der blasse Schädel des Skelettes und wird die Anwesenden mit seinem kalten Blick aus dunklen leeren Augenhöhlen anstarren. Ein kalter Luftzug, der sich aus den Fugen der rissen Wände hindurchzwängte, umschmeichelte kühl den dunklen Riesen und ließ ihn frösteln.

Dieser Ort. Der Treffpunkt der Dienerschaft, die dunkle Festung- er besaß auf Mandur eine magische Anziehung, die sich von Tag zu Tag intensivierte. Die Stimmen erinnerten ihn daran, dass er eine Schuld zu begleichen hatte, hauchten ihm mit sanftem Verlangen düstere Versprechen zu, die er nicht ignorieren konnte. Wie ein Strudel riss die düstere Kraft an diesem Ort Mandur wie einen Ertrinkenden in seinen Sog, schlang sich mit ihrer Essenz um die muskulösen, aber doch kraftlosen Glieder des Hünen und labten sich an seiner Lebenskraft wie Tausende kleiner ausgehungerter Blutegel. Mandur wollte sich losreißen und sich dieser Kraft entziehen, in sichere Gewässer schwimmen und gegen die Ohnmacht ankämpfen nicht mehr Herr über sich selbst zu sein. Doch das Ergebnis war dass Mandurs Verzweiflung ihn nur umso mehr in den dunklen hungrigen Schlund zog, sich an seinen Ängsten labte und die Qualen seiner Seele genüsslich verzerrten.

Er rief voller Verzweiflung im letzten Ausweg ihren Namen, versuchte im Moment der Finsternis ihre sanftmütigen saphirblauen Augen sich vor dem geistigen Auge auszumalen. Das Bild der jungen blonden Frau mit schiefem Strohhut auf dem Kopf verschwamm matt in der Ferne und verblasste in Anwesenheit der unheiligen Kraft, die seine Seele mit unbarmherziger Gewalt gebieterisch in ihre Klauen vergrub….
Ein weiteres Mal schrie Mandur ihren Namen heraus, dieser Hilferuf noch verzweifelter und geplagter als zuvor, doch vergebens. Der Schlund zog ihn unaufhaltsam hinein in den Abgrund, verschlang Mandurs Beine und Unterleib, ehe die schwarze wabbernde Masse seinen Torso komplett umhüllte, bis schließlich nur noch sein Kopf herausschaute. Hunderte kleiner schwarzer Zungen lösten sich aus der schleimigen dunklen Masse und schlängelten sich Fäden nachziehend in Richtung von Mandurs qualverzerrtem Gesicht, setzten tausende kleine Nadelstiche in seine Haut, um schließlich fließend in seine vor Angst geöffneten Hautporen einzudringen. Als Mandurs Kopf auch vom schwarzen Schlund umschlossen wurde, ragte nur noch seine verzweifelt ausgestreckte Pranke hervor, die im ersterbenden Zucken nach einem Halt suchte.




„Mandur, Scht…. Mandur….“

Ein gleißendes Licht verdrängte das Nachtschwarz das den dunklen Hünen zuvor noch umklammert hielt. Sanft schmiegte sich eine weiche Hand an seine ausgestreckte nach Halt gierende Pranke….




Als Mandur seine Augen öffnete, blinzelte er in das liebevoll Saphirblau strahlende Augenpaar. Der zuvor noch sorgenerfüllte Blick der jungen Frau war augenblicklich nach seinem Erwachen einem zarten herzerwärmenden Lächeln gewichen, das sein Herz wie Schokolade im Feuer zerschmelzen ließ. Sein Herz raste immer noch wie wild, seine Glieder waren immer noch vor Schrecken gelähmt und schweißgebadet richtete er sich langsam auf, um sich zu orientieren. Schützend hatte sie ihre zierlichen Arme um seinen massiven Brustkorb gelegt, um ihm Halt zu bieten und ihm in diesem Moment der Verwundbarkeit beruhigenden Trost zu schenken. Die vielen Tausenden von Muskelfasern seines Oberkörpers vibrierten immer noch stetig von den zuvor erträumten Todeskrämpfen, doch er war in Sicherheit. Erschöpft und tief durchatmend bettete er sein Haupt in ihre Umarmung, um seinen großen Körper nach Wärme suchend an sie zu schmiegen.

Ohne sie wäre er dem Nachtschwarz verfallen gewesen…

Der Seelenfürst bestimmte über sein Leben und Tod, aber sie war es, die ihn im Leben hielt. Sein einziger Strohhalm an den er sich klammerte, ehe der dunkle Schlund des Todes ihn für ewig vereinnahmen würde.
Dem war er sich sicher.
Todsicher.


Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 6-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 01 Okt 2021 21:09    Titel:
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Wunsch aus ganzem Herzen - ein Versprechen?

Glitzernde Sterne säumten den wolkenklaren Nachthimmel. Er hatte ihre Hand ergriffen und diese wie ein Heiligtum behutsam in seine großen Pranken gebettet. Als sie beide ihre Blicke gen Osten empor zu den Sternen richteten, dort wo zwei Gestirne hell leuchtend sich im Sternenhimmel hervorhoben und zwei schwächere Punkte in einiger Entfernung wie zwei kleine Spiegelbilder den beiden Helleren folgten. Dort war die Stelle, zu der es die sehnsüchtigen Blicke der beiden Liebenden hinzog, wenn sich ihre Blicke in der Ferne des Sternenbildes verloren.

"Die Liebenden"- es war die Bezeichnung des Sternenbildes der in Sehnsucht aufeinander Geplagten und in Zweisamkeit nun vereinten Seelen. Im stillen Bitten formten sie beide diesen einen Wunsch. Ein Wunsch, der nicht ausgesprochen werden durfte und der nicht im Vorfeld vereinbart wurde, der aber aus dem tiefsten Bedürfnis ihrer beider Herzen hervorgebracht wurde. Nur wenn der Wunsch geheim blieb, so war es die Tradition aus Mandurs Heimat, so würde dieser schlussendlich in Erfüllung gehen.
Immer und immer wieder formten ihre beider Lippen voller Hoffnung und Hingabe diesen einen Wunsch. Ein stummer Wunsch, der nur in ihren Gedanken existierte und als Traum zu zerbrechlich war, um ausgesprochen zu werden.

Als Mandur sein Bittstellen beendet hatte, richtete er langsam und forsch sein Blick auf die junge Frau in seiner Umarmung. Und fast zeitgleich hatte sie ihm den Blick zugewendet. Als sich ihre Blicke kreuzten, traf sein Bernsteinbraun auf ihr Saphirblau und es schien ihm als ertränke er in diesem wunderschönen blauen Seelenmeer....


Song: Yiruma- Moonlight: https://youtu.be/99GyFmnH59s



Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 5-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 13 Okt 2021 07:09    Titel:
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Ewigkeit

Der Tag war schon fortgeschritten und es wurde versäumt das Feuer des Kamins mit neuem Brennholz zu nähren. Während sich die Wärme der sterbenden Flamme allmählich zurückzog, begann eine dunkle Präsenz sich über die beiden friedlich schlafenden Körper bedrohlich auszubreiten. Das dunkle Etwas, eine finstere Kraft hatte bislang tief in Mandur geschlummert. Zu schwach war sie und auch ihr Wirt, um sich im jetzigen Zustand der Außenwelt zu offenbaren. Doch in diesem friedlichen Moment wagte der Schatten sich langsam hervor, um aus allen Poren auf Mandurs dunkler Haut hervorzuströmen und sich über den beiden friedlich Schlafenden zu materialisieren. Nachtschwarze Schlieren tanzten in gequälten Windungen schemenhaft im matten Lichtschein, schwebten über die warme trockene Luft des Raumes und krochen über das weiche flauschige Bärenfell, auf die die beiden schlummernden Körper ruhten. Und so als verhöhnte das aufkommende Nachtschwarz das verblassende Licht, drehte verspielt seine züngelnden Spitzen in wilden Pirouetten und zuckte zusammen unter dem leisen Knistern der ausgebrannten Kaminflamme. Und als das nachtschwarze Etwas sich zusammenzog und wie eine kleine Wolke über Mandur schwebte, erweckte es fast den Eindruck, als ob sie ihren Wirt mit ihren schwarzen tentakelartigen Auswuchungen behutsam unter einer dunklen Decke begraben wollte.
Es hatte Hunger, ein unstillbares Bedürfnis nach dem gequälten Schmerz eines hilflosen Verstandes, nach der in Verzweiflung sich windenden Qualen eines rastlosen Bewusstseins, einer in Pein gematerten Seele, die in Ewigkeit verdammt sei eine endlose Folter zu ertragen. Es wollte sich laben an seinen Opfern, zusehen wie sie sich windeten und um ihr mickriges Dasein kämpften… Es wollte so viel, aber es war noch zu schwach….
Verspielt tänzelnd umschlang das Nachtschwarz den zierlichen Körper der jungen Frau, vereinnahmte ihre weiblichen Umrisse und tastete mit den vielen Hunderten an dunklen Zungen über die schlafende Schönheit. Dem intuitiven Bewusstsein des Nachtschwarzes war bewusst dass sein Herr, der Seelenfürst diese schmackhafte Seele nur allzu gerne vereinnahmen würde, hatte sie doch so viele Facetten an interessanten und delikaten Emotionen in ihrem jungen Leben so intensiv durchlebt. Doch noch war ihr Glaube zu stark, die Gefahr zu groß dass diese Seele den rechten Pfad finden und sich den Klauen des Fürsten entziehen würde. Das Nachtschwarz musste geduldig sein, es musste das delikate Essen, das es nur allzu gerne verschlingen würde, weiterhin im fremden Garten kultivieren, es großziehen wie eine zerbrechliche Pflanze. Eines Tages.... Eines Tages würde das Nachtschwarz stark genug sein, um sich zu offenbaren. Und dann würde hoffentlich dieses schmackhafte Exemplar an Verstand seinen Hunger stillen können...
Das Nachtschwarz hatte sich zurückgezogen, um sich wieder in eine lauernde Position zu begeben.




Mandur schreckte in dieser Nacht schweißgebadet auf. Das mulmige Gefühl, das sein Herz durchflutete und es zu ertränken drohte, verriet ihm dass etwas nicht stimmte, aber es war kein greifbares Gefühl. Sein Blick fiel auf die junge Frau, die ruhig neben ihm schlummerte und sogleich fielen ihm die Sorgen vom Herzen, als ihr friedlicher Anblick die blitzartigen düsteren Gedanken, die ihn umkreisten, erdete.
Sie war so schön anzusehen.
Sie war so vieles für ihn- eine zärtliche Geliebte, eine treue Freundin, eine Bastion des Lebens, die umkreist wurde von den finsteren Klauen des Todes. War es selbstsüchtig von ihm sie als Frau an seiner Seite für die Ewigkeit zu erwählen?
Ohne Zweifel war es das und jegliche Interessenkonflikte mit dem Seelenfürst würde für Mandur den Tod bedeuten.
Und doch konnte er sich nicht von ihr lösen- nicht einmal ihretwegen. Sie war sein Anker im Leben und ohne sie würde er zweifelsohne dem Tod geweiht sein- wortwörtlich.
Der Seelenfürst bestimmte die Anzahl der Tage, die er noch auf Erden wandeln durfte.
Mandur wiederholte innerlich den Schwur seinem Herrn ein ergebener Diener zu sein. Denn dem Herrn zu dienen bedeutete Leben. Und Leben bedeutete, dass ihm mehr Zeit mit ihr bleiben würde. Seine tiefste Hoffnung war, dass es für immer sein würde, auch wenn die Metapher der Ewigkeit lächerlich klingen mochte im Angesicht der unaufhaltsamen Natur der Vergänglichkeit.



Song:: Skylar Grey - I know you (https://youtu.be/aJKxWW_2uTg)


Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Mandur Varangal





 Beitrag Verfasst am: 16 Okt 2021 20:51    Titel:
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Anknüpfend an:
[Q] Wächterfleisch - Arm dran oder Arm ab?
https://forum.alathair.de/viewtopic.php?t=111911

Song: Skylar Grey - Coming Home (https://www.youtube.com/watch?v=hxADTEJalRw)



Zuhause

Der flackernde Schein der sich züngelnden Flammen zeichnete einen weiten tanzenden Schatten hinter der jungen Frau, die ihm halb beschämt und halb stolz die kleine Schatulle überreichte. Mandur hatte keine noch so kleine Ahnung was sich in dieser Schatulle befinden mochte, doch das aufgeregte Funkeln in ihren saphirblauen Augen verriet, dass ihr dieser Moment ungemein wichtig war. Sie hatte ihn so vieles gegeben die letzten Wochen. Aufmerksamkeit, Geborgenheit und ein unendliches Meer an Liebe wurden ihm zuteil. Ein ungewohntes Gefühl und sicherlich nicht das, was er bei seiner Ankunft auf Gerimor erwartet hatte vorzufinden. Als sie ihm die kleine Kiste zuschob, erlag sie ihrer Angewohnheit in Momenten der Freude und Verlegenheit zu glucksen. Es war ein ansteckender Laut, den er die letzten Wochen, die er mit ihr verbrachte hatte lieben gelernt hatte. Denn sie besaß die Fähigkeit wie ein gleißendes Licht die Dunkelheit in seinem Gemüt zu vertreiben, um ihn vergessen zu lassen welches Monstrum sich tief in seinem Innersten verbarg....

Mandur öffnete vorsichtig die kleine Schatulle einen Spalt weit ohne jegliche Erwartungshaltung, aber doch ein wenig angespannt, so dass er für einen kurzen Moment unbewusst die Luft anhielt.

Gespannt starrten ihre saphirblauen Augen ihn an, als würden sie ein Urteil in diesem Moment erwarten. In diesem Augenblick der Ungewissheit, in dem sie erwartungsvoll versuchte von seinen Lippen und seiner Mimik eine Reaktion auf ihr Geschenk abzulesen- diese Momente der Unsicherheit, Verwundbarkeit und der Ungewissheit waren für ihn eine der unwiderstehlichen Seiten an ihr, in die er so vernarrt war.
In diesen sich scheinbar ewig hinziehenden Sekunden spürte er wie ihre Zuneigung und Leidenschaft für ihn sie genauso innerlich zerriss und in ihr ebenso dieses feurige Verlangen brannte, die auch in seinem Herzen loderte. Sein Blick verfing sich an den wild herabregnenden blonden Strähnen, glitt vorbei über das sommersprossengespickte Näschen, die geschwungenen roten Lippen des halb geöffneten sinnlichen Mundes, die nur viel zu lange vernachlässigt wurden und sich nach Liebkosung und Zuwendung sehnten.

Song: Ruelle - I get to love you (https://www.youtube.com/watch?v=WxwO3TJ8mbg)

Mandur öffnete vorsichtig die Schatulle und entlockte den alten Metallscharnieren ein leises dünnes Ächzen. Der Anblick der sich ihm nun bot war ein wahrhaft überwältigender Blütenzauber, der seine Sinne überflutete. Mittig des Kästchens befand sich ein Briefumschlag und daneben ein kleiner Weidenkorb. Umrahmt wurden diese beiden Gegenstände von vier in voller Pracht erblühte Rosenblüten, die ringsum von kleinen als Ornamente angeordneten Sternen verkleidet wurden, so dass der Eindruck bestand, dass ein von Blüten verzierter Sternenhimmel sich vor ihm auftat. Mittig des kleinen Weidenkorbes lag ein kleiner Schlüssel, umgeben von zwei Gebäckfiguren- ein Männlein und ein Weiblein- sowie ein kleines Gebäckhäuschen und neben einer Halbmondsichel zwei Sterne, die das Sternenbild „der Liebenden“ abbilden sollte.




*Mandur öffnete gespannt den kleinen Briefumschlag, und folgende Nachricht war zu lesen* Brief hat Folgendes geschrieben:

Ein Herz mag nicht ohne das andere Herz mehr sein. Sie gehören zusammen - für immer.
Halten wir unsere Herzen fest zusammen, so dass sie sich lieben können und mögen sie sich nie wieder trennen.
Ich möchte mein Herz mit einem Menschen teilen, nämlich mit dir Mandur, den ich von ganzem Herzen liebe.
Deine Liebe ist der einzige Schlüssel, der wirklich das aufzuschließen vermag, was lange versiegelt blieb.
Ich habe die Liebe zurückgefunden durch dich.
Du hast mein Herz berührt und es hat sich für dich geöffnet.
Hiermit gebe ich dir nicht nur mein Herz und meine ganze Liebe, sondern den Schlüssel als Symbol für alles was ich dir zu geben habe.
Halte diesen Schlüssel immer in Ehren und behüte ihn wie du mich behütest.
Ab dem heutigen Tag wird dies dein Heim sein, deine Zuflucht, dein Heiligtum und unser Zuhause.


In ewiger Liebe


Fiebrig huschte Mandurs Blick aus seinem bernsteinbraunen Augenpaar über diese Zeilen. Als konnte er dem Inhalt keinen Glauben schenken, überflog er die Worte als Akt der emotionalen Rückversicherung immer und immer wieder, versuchte ihre Bedeutung in seinen Kopf einzuhämmern.

Konnte dies wahr sein?

So etwas Schönes hatte noch nie ein Mensch jemals zuvor zu ihm gesagt oder sich in diesen Ausmaßen ihm geöffnet. Als ihm Tränen der Ergriffenheit entkamen, musste er -immer noch nach den richtigen Worten ringend- seinen großen Kopf in ihre Schulter betten. Schweigend umhüllte sie ihn in einer behutsamen Umarmung und spendete ihm Halt und Geborgenheit….

„Meine Liebe, meine Sonne, meine Königin. Uns kann nur der Tod trennen…“, gelobte der dunkle Hüne mit zittriger Stimme seiner Geliebten.
Tränen des Glückes rannen ihm von den Wangen und perlten in das weiche Bärenfell auf dem sie beide saßen.

Sie schmiegte ihren Kopf nun an den Seinen und bejahte seine Worte.
„Willkommen mein Schatz“, flüsterte sie mit hauchdünner Stimme und führte ihre Hand sanft an seine Wange.

Er war 'zuhause' angekommen.

Bei ihr.


Zuletzt bearbeitet von Mandur Varangal am 05 Dez 2021 08:00, insgesamt 3-mal bearbeitet
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