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[Q] Von den kleinen Ängsten
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 04 Jun 2021 08:22    Titel:
Antworten mit Zitat

***

Zwei Raben sind es, Schlaf und Tod
Weiß, des einen‘ Federkleid,
Der andre schwarz, so wie die Nacht
Doch beide herrschen sie mit Macht
Über zwei Zaubersphären weit,
In welchen ew’ges Dunkel droht.

Zwei Raben sind es, Schlaf und Tod
Unter deren Flügel Kindlein wandeln,
die jene Reiche still beschreiten
Seelen, Geist und Angst begleiten,
ganz in SEINEM Namen handeln
„IHM zu dienen…“, das Gebot.

***



Ein Handel ist ein Abkommen, in dem meist etwas ausgetauscht wird. Gefallen gegen Informationen, Ware gegen Wertgegenstand, Handwerk gegen Münzlinge und so weiter. In fast allen Fällen sind am Handel mindestens zwei Parteien beteiligt, die diesen vorher ausmachen und manchmal sogar schriftlich fixieren. Einen Handel nicht einzuhalten, um einseitig Profit daraus zu schlagen, gilt als ungemein unschicklich und ist verpönt. Einen Handel mit einem Herold des Herren nicht einzuhalten, gilt schlichtweg als närrisch und lebensmüde, kein Wunder also, dass sie pünktlich an dem Ort, den sie untereinander „Rabennest“ nannten, erschienen.
Nervös, so erschienen manche zum Teil, andere wiederum aufgeregt oder gar euphorisch, doch keiner wusste, dass sie bereits beobachtet wurden, dass man stoisch notierte und diese Notizen in ein besonderes Buch wanderten. Still wurde auch gelauscht, als die Runde die Lobpreisung begannen und bar jeglicher Emotionen bemerkt, dass „sie“ bereits anwesend war.
Alle hatten versprochen mit ihr zu spielen und ein jeder hatte gelobt, diese Spielwiese mit größter Achtsamkeit zu betreten. Nun war es an der Zeit das richtige Fingerspitzengefühl zu beweisen und wieder oblag ihm nur, die folgenden Beobachtungen zu bewerten, dementsprechend zu notieren und zuletzt den Bericht zu verfassen.

Als der Traumfänger ins Spiel kam, vernahm er nicht nur ihr helles Lachen, sondern folgte er dessen Bewegungen mit starrenden Blicken, sah wie er das rissige Fluchgewebe aufnahm und wusste, dass es das hübsche Schmuckstück aus dunklen Federn, weißen, kleinen Perlen und schwarz gefärbtem Leder samt Spinnennetzschnürung nicht überleben würde. Schade eigentlich, denn in gewisser Weise erinnerte es ihn an das vortreffliche, symbolische Bild, das die Mohnblume ihnen genannt hatte:

Das Spinnennetz des Herren und je nach Erfolg und Gunst rückten sie alle ein wenig näher.

In der letzten Zeit begannen sich die Rabenkinder nach und nach richtig zu bewegen. Einer nach dem anderen legte die ersten unbeholfenen Hüpfer und Flatterversuche ab, streckte die Flügel und hob sich dem Herren entgegen. Sie alle würden in die Bahnen gelenkt werden, für die der Eine sie auserkoren hatte. Das Räblein, das heute ihren Flugversuch wagte, war ihm nicht unbekannt, im Gegenteil. Ihre Geschichte und seine hatten sich verbunden, als er sie vor vielen Jahren aus den Klauen der weißen Frau gerissen hatte, selbst wenn sie damals etwas verlieren musste, dass ihr niemand wieder bringen konnte. Erstaunlich, dass sie es bisher nicht realisiert hatte, musste sie doch längst bemerkt haben, dass bestimmte Dinge sich nicht so entwickelten, wie es eigentlich hätte sein sollen. Wie dem auch sei, das war nicht sein Belang, nicht sein Auftrag und auch nicht sein Problem.
Er beobachtete, bewertete, notierte und manchmal… manchmal führte er.

Der Rauch schwand in dem Moment vollkommen und er hörte den Fluch zerbrechen.
Ein scharfes, schneidendes Geräusch, wie reißender Stoff, gemischt mit dem hellen, schrillen Klang eines zerspringenden Gefäßes.

Die Runde hörte nichts dergleichen, schien nicht einmal zu merken, wie sich der Traumfänger im Rauch auflöste und einzelne Reste durch die feinen Nebel rutschten und schwanden. Viel zu sehr waren sie gefesselt von den Worten der kindlichen Gestalt aus waberndem Rauch.

„Aber nun will ich dir etwas sagen. Dir, Morra. Ich werde dich zu jemanden bringen…“

Das war sein Stichwort, denn nun schien die Zeit gekommen, die Szenerie zu verlassen, in andere Gefilde zu tauchen und dort auf das Räblein zu warten. Diesmal hatte sie nicht versagt, diesmal hatte er sie nicht retten müssen. Gut so, eine weitere Rettung wäre auch nicht mehr vertretbar gewesen und er hatte ihr gesagt, was geschehen würde, wenn sie einen weiteren Fehler im Ausmaß ihres naiven Ausflugs in die Geisterwelt gemacht hätte. Doch sei es drum, der Herr hatte Weitsicht bewiesen, denn nicht die Geisterwelt schien ihr Terrain, nein.

Er tauchte die Flügel kurz in die ewige See im Nebel und fand die eine Insel im Meer der Träume, an welcher die schwarze, kleine Barke bereits anlag. Bald würden es zwei sein, wenn sie eine gelehrige Schülerin blieb.



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Morra Thuati





 Beitrag Verfasst am: 04 Jun 2021 17:21    Titel:
Antworten mit Zitat

Vom Meer der Träume

So wie Kinder sich den Sternenhimmel vorstellen, genau so fühlte sich dieser Ort an. In einem Meer aus glitzernden Lichtlein, die auf einem endlosen, nachtschwarzen Vorhang leuchteten ruhte diese einzige Insel und wirkte dennoch nicht verloren oder einsam, sondern wob sich in die gesamte Atmosphäre ein. Der große Baum, an dessen mächtigen Wurzeln sie lehnte, streckte seine Äste bis weit in die Dunkelheit darüber, welche wie ein Spiegelbild zur ewig weiten See, weitere Sterne herabfunkeln ließ. Hier und da waberten die Nebel um die Insel herum und da verstand sie auch, dass nicht nur Schönes und Kindheitsträume im Meer schwammen, sondern auch deren Ängste dort lautlos umherschaukelten und versuchten über die dunklen Sternenwasser auf die andere Seite zu kommen.

Irgendwo dort mussten es auch noch tiefer in die Traumwelt gehen, zumindest hatte sie Berichte gelesen, die von einem wagemutigen Besuch der Diener in dieser Sphäre kündeten. Wobei Berichte vielleicht ein wenig zu euphemistisch ausgedrückt war, denn der einzige Rapport hierzu war sehr stichpunktartig gehalten und ging auf Personen zurück, die allesamt nicht mehr unter den Brüdern und Schwestern auf Gerimor zu finden war. Manche davon waren in andere Länder entschwunden, fern der nervenaufreibenden Insel und weitere hatten sich in die Umarmung des Vaters ergeben, konnten nicht mehr befragt werden. Ein Name auf der Liste aber war ihr sehr wohl bekannt und doch wagte sie sich noch nicht, ihre Neugierde mit all den Fragen an ihn zu stillen. Schwer und noch schwerer, nun wo er zur „Stimme des Todes“ berufen worden war und der knochige Rabenschädel dann und wann mit dem Gesicht zu verschmelzen schien und eine höchst schauderhafte Symbiose einzugehen schien. Dennoch, es war an der Zeit und sollte sie diese Begegnung, zu der das Rauchmädchen sie hiermit gezogen hatte, überleben, dann müsste sie den Schritt wagen und Fragen stellen, denn die Antworten konnten ihr Überleben sichern, besonders nach den Worten des Flößers.

„Du kennst mich nicht und doch bin ich dir schon lange so nahe.“

Nur mit Mühe und Not war sie dem Impuls widerstanden, um unter die Kapuze zu sehen und das Gesicht darunter zu betrachten. Stattdessen stellte sie nur still fest, dass das Haar, welches hier und da unter dem fließenden, unwirklichen Stoff hervorspitzte, ihre Farbe hatte und die Haut ebenso blass wie die ihre war.

„Hast du Angst Morra?“

Die Frage hatte sie aus dem Konzept gebracht und etwas vor den Kopf gestoßen, denn sie konnte sie fühlen, diese eine Angst, die irgendwo dort, in Form einer schlanken, still warteten Silhouette, hinter den Nebeln lauerte, daher entschied sie sich dafür die Antwort im Bezug auf die Insel, die Barke und ihn zu werten.

„Nicht vor dir, nein, ich hab’s dem Rauchmädchen versprochen…“
„Gut, Morra, denn ich fahre das Floß zwischen Traum und Wirklichkeit. Wenn ein jeder in die Traumwelt geht, so bestimme ich, wohin er reist. Weißt du, was das bedeutet?“
„Du bist der, der die Nebel kontrolliert, bereist und die Dinger darunter bewachst, zusiehst, dass sie nicht entkommen. Du bist in gewisser Weise der Wächter einer anderen Welt, oder?“
„Ja, ich sehe die Ängste und ich bringe sie hinüber in die Welt der Träume… Albträume, wohlige Träume und Kinderträume…“

Sie hing noch an seinen Worten und lauschte, da endlich alles Sinn ergab und zuckte daher nur minimal, als er aufstand, um sie herum ging und hinter ihr stehenblieb, während der Flößerstab kurz auf ihre Schultern tippte und ein seltsames Kribbeln im Nacken begann.

„Und nun fahre ich dich, denn du wirst lernen, zwischen Traum und Wirklichkeit zu wandeln, Morra. Du wirst mit mir auf das Floß gehen, um die Träume der anderen zu sehen. Der Anfang aber wird schwer und jede Angst, die du selbst mit dir auf das Floß lässt, wird dir zur Gefahr.“

Da schien sie wieder näher, die Gestalt im Nebel und ehe die kleine Welle des Grauens sie erfasste, sprach sie offen heraus, was ihr als Angst im Nacken saß, beschrieb sie, die Gestalt deren Abbild da im Nebel wartete und endete schließlich mit der Frage, deren Antwort sie schon ahnte, seit sie die Hallen der Raben betreten hatte:

„Er ist mein Grauen und nun… muss ich mich dieser Angst entledigen?“
„Ja…“

Zurück blieb am Ende eine schneefarbene Feder und sie kannte die Stimme, die ihr, wie so oft, ruhig den Weg wies.

„Kehren wir heim.“

Sie wollte ihm danken, dafür, dass er gekommen war, nun ein kleiner Teil ihrer Selbst, eine Spiegelscherbe in einem wundersamen, nein wahrlich traumhaften Mosaik, doch sie brachte nur eine leise Bestätigung hervor und vernahm das Rauschen weißer Schwingen. Ob es seine oder ihre eigenen waren wusste sie später nicht einmal mehr genau zu sagen. Vollkommen gleichgültig, denn diese Kleinigkeit versank hinter dem Erlebten und schwamm irgendwo dort, wie eine kleine Angst im Meer der Träume, das eine schmale Barke mit einem Flößer und einem Mädchen lautlos durchglitt.

~*~




~*~


Le Fin!

_________________
"I, myself, am strange and unusual."
Beetlejuice...Beetlejuice... Beetlejuice!
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Jadia Conandil





 Beitrag Verfasst am: 05 Jun 2021 14:46    Titel:
Antworten mit Zitat

[...]eine enge, schwarze Kiste
an der der süßliche Geruch Rosenöls klebte
und das beengende Gefühl der
Kinderseele Jadias
ungewollt und vergessen zu sein[…]


Sing sing, was geschah...
Niemand da,
niemand hier,
geschlossen die Tavernentür.

Sing, song, was geschah...
rauf da rauf da,
nie wieder hinein,
will nicht mehr vergessen sein.

Sing sing, was geschah...
stehe oben, stehe da
Rosen füllen den Raum
steh oben, kein Traum

Sing sing, was geschah
nie wieder da!
Sing, tanz, lach ihm ins Gesicht
was du fühlst interessiert nicht mal dich...



Die Tavernentür schwang auf, feste Männerschritte traten über die Schwelle. Mit einem hörbaren Aufprall landete sie. Denn unter ihren Füßen war keine Kiste gewesen, die wirkliche Traumblase zerplatzte. Noch im Fallen rauschte der filigrane Körper durch die Wolke an süßlichem Hurenduft und landete auf dem Teppich im Spagat. Die Matrosen an der Tür stockten und starrten zu ihr hin, dann das übliche Gejohle, wenn sie ihre Kunststückchen aufführte. Schnell raffte sich der geschundene Geist zusammen, sperrte die verlassene Kinderseele in die schwarze Kiste. Die Hände setzten flach auf und mit einem Anspannen des Körpers, federte sie aus dem gesessenen Spagat hinauf und direkt in einen Handstandüberschlag.

"Willkommen... frisch vom Schiff? Rum oder lieber nen Bier? Ich? Ich bin Jadia.. ich erfülle Wünsche... Pfannkuchen hab ich heute, wenn du artig bist, kriegst auch den Apfelmus dazu in den keine Maus gepisst hat... "

Es geht weiter. Angst, Sehnsucht, Gefühle sind Ballast. Tänzer haben keinen Platz für Ballast, denn ihr Haus ist immer die das Jetzt und Hier. Die Vergangenheit ist stumm, die Zukunft ist blind, die Welt in die nur der Rabe fliegen kann. Auch in ihren Träumen.
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