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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 01 Jul 2020 10:37    Titel: Anneens vierter Geburtstag
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In manchen Momenten lag in den Eisaugen etwas verborgen, das nicht gerne zum Vorschein kommen wollte, aber dank des Alters und der fortschreitenden Zeit zweifelsfrei da war. Es nannte sich Verantwortung, und umso mehr die Jahre verstrichen, umso größer wurde sie. So wie auch ihre Älteste Anneen stetig größer wurde.

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„Sei vorsichtig, Anneen. Du erwürgst das Kaninchen noch, wenn du es so weiter drückst.“ Kaleyas Nase wackelte wie von selbst bei dem Anblick ihrer Ältesten. Und heute am 30. Schwalbenkunft... aye, da war wieder ein Jahreslauf vergangen. Einer, in dem so viel passiert war. Und jedes Mal, wenn sie Anneen ansah, dann wusste der Eisdrache unweigerlich, wie die Zeit voranschritt. Einst hatte sie das kleine Würmchen mit den babyblauen Augen in den Armen gehalten, und nun sah ein Paar grüngelber Augen so neugierig in der Welt umher und sie rannte über die Wiesen von Argantfels mit den Kaninchen um die Wette. Fast fühlte es sich an, als wenn sie der Mutterliebe entrann, und doch war ihre Bindung immer da, unsichtbar für andere. Anneens Kaninchenverfolgung nahm alsbald ein Ende und sie flitzte wieder zu Kaleya hin. „Ich mag nicht mehr! Die rennen alle davon, wenn sie mich sehen!“ Mit einem empörten Aufblitzen der Augen sah das blonde Mädchen zu ihrer Mutter. „Ach was, sie haben nur Angst, dass sie als Mittagessen im Suppentopf enden. Aber für dich gibt es heute Erdbeerkuchen, aye? Dafür müssen wir aber nach Hause, auch wenn ich noch gerne den ganzen Tag mit dir im Wald von Argantfels verbringen würde.“ Anneen nickte und erwidert dann leise. „Elian hat auch Hunger? Bekommt er Erdbeerkuchen?“ Da lachte Kaleya nur heiter und wuschelte ihrer Ältesten durch die blonden Haare. Sie hatten mittlerweile die gleiche Färbung angenommen wie das Haar von ihr selbst. „Oh nein, mo chridhe... er ist dafür noch viel zu klein.“ Anneen nickte nur und griff suchend nach Kaleyas Hand. Und so flogen der Eisdrache und das Würmchen wieder zum Familienanwesen und beendeten für den heutigen Tag eine Tradition, die nur ihnen beiden gehörte.

Als sie ankamen, wuselten Yvaine und Earon schon im Wohnzimmer herum. Laidir rief seinem Schwiegersohn wie immer Ratschläge zu, wie man den jüngsten Spross von frühster Kindheit an zu einem passablen Handwerker heranziehen konnte. Die Ratschläge hörten erst auf als Anneen auf ihren Großvater zu rannte und dieser sich von dem Geburtstagskind ablenken ließ. Mit einem koboldhaften Grinsen wuselte Kaleya still und heimlich in Richtung des Kaminstübchens, um dort nach Elian zu sehen. Doch jenen Gedanken hatte zweifelsfrei noch jemand anderes gehabt, denn Anchia hielt das Flämmchen bereits behütend in ihre Armen. Kaleya trat neben ihre Mutter und legte eine Hand auf ihre Schulter, dabei Elian betrachtend, der friedlich schlief. „Mo nighean, er ist so ein hübsches Kind geworden. Mutter muss ihren Segen wahrlich gegeben haben, um so ein wundervolles Geschöpf entstehen zu lassen.“ Der Eisdrache konnte nicht anders als liebevoll auf Elians Nase zu stupsen, um ihm nahe zu sein. „Aye, er ist ein Segen. So wie Anneen und Yvaine es sind. Und wie all die guten Dinge, die uns noch zuteilwerden. Ganz gleich, ob es die Liebe der Gemeinschaft der Hüter ist, oder die Ehre dem Hort des Wissens dienen zu können, oder auch nur für mich zu sein und im Raum der Träume die zauberhaftesten Werke entstehen zu lassen, die meine Feder und mein Geist zustande bringen.“

Anchia drückte das schlafende Bündel unvermittelt in Kaleyas Arme bei jenen Worten, ehe sie dann leise zwitscherte. „Und weil du so viel wuselst und in 10 Tagesläufen dein eigener Geburtstag ansteht, kündige ich dir schon einmal dein Geschenk an. Dein Vater und ich sind der Meinung, dass du und Earon einmal etwas Zeit für euch braucht, im Ashatar solltest du dich auf eine Reise auf das Festland vorbereiten. Und die Kinder bleiben hier bei uns. Ich habe für euch eine Amme ausfindig gemacht, die Elian versorgen wird.“ Kaleya schnappte gerade mit dem Mund, so als wolle sie etwas sagen, doch Anchia kam ihr zuvor. „Keine Widerrede, und außerdem ist es besser, wenn du endlich eine Amme hast. Du kannst nicht zwischen all deinen Pflichten und den Jagdausflügen auch noch regelmäßig das Flämmchen an die Brust nehmen.“ Durchaus überrollt wie von einem Kutschenrad sah der Eisdrache auf ihre Mutter. Es gab selten Momente, in denen Kaleya sprachlos war, heute jedoch war einer dieser Momente. „Mathair... das ist wirklich eine wunderbare Idee. Ich bin mir nur noch nicht sicher, ob ich die Kinder solange bei euch allein lassen kann… und Elian ist noch so klein.“ Anchia zwinkerte und hauchte ihrer Tochter dann leise etwas zu. „Das wirst du, und du wirst die Zeit am Festland genießen.“ Es folgte ein Blinzeln und die Eisaugen sahen lange in das Gesicht von Anchia. „Genug davon, nun lass uns Anneens Geburtstag weiter feiern. Ich habe ein besonderes Geschenk für sie genäht... sie wird es lieben. Es ist ein großes weißes Stoffkaninchen mit Schlappohren.“ Und ob jener Verkündung wackelte Kaleyas Nase wieder einmal. Die Zeit rannte und die Älteste wurde noch zu einer wahren Kaninchenfängerin. Yvaine folgte ihr wohl bald, wenn auch noch mit unkoordinierten Schritten. Und Elian... aye, er hatte noch lange Zeit. Mit einem Seufzen ging Kaleya ihrer Mutter hinterher in das Wohnstübchen. Doch während sie sich zu ihrer Familie gesellte, merkte sie eines ganz besonders: Sie war im letzten Jahr um so vieles reifer und verantwortungsvoller geworden. Der Schabernack saß noch immer in ihr, ohne jeden Zweifel... doch er wusste sich im Zaum zu halten, wenn es darauf ankam.
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 20 Jul 2020 17:19    Titel: Küstenflüstern
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Mit vor dem Körper verschränkten Armen stand Kaleya an der Küste von Argantfels und sah in die Ferne, dem Horizont entgegen. Wenn sie hier stand, der Wind ihre Haut küsste und mit ihren langen Haaren spielte, dann wurde ihr erst bewusst, wie klein und unbedeutend sie im Vergleich zur großen weiten Welt doch eigentlich war. Eine Note im großen Lied der Schöpferin, hell und klar, geformt nach ihrer Maßgabe.

Kaleya grinste kurz, als ihr einmal mehr klar wurde, wie die Jahre verstrichen. Es war ihr vergönnt ihren nächsten Geburtstag erleben zu dürfen, denn am 10. Cirmiasum war sie 28 Sommer geworden, kurz nachdem die Sommerwende sich alljährlich einstellte. Andere Seelen hatten nicht so viel Glück und fielen im Kampf gegen den westlichen Feind oder wurden von Krankheit dahingerafft. Ein leises Gefühl von Dankbarkeit beschlich Kaleya und mit einem Lächeln sandte sie in ihren Gedanken ein Dankeschön an Mutter. Sie blinzelte sodann dem Horizont entgegen, denn dort weit im Norden lag das Festland und sie würde schon bald dort verweilen, in drei Wochenläufen würde sie das erste Mal in ihrem Leben den Fuß dort aufsetzen... ein aufregendes Gefühl. Doch bis es soweit war, gab es noch einiges zu erledigen. Angefangen damit, dass sie die Abschriften für das Lied zum heiligen Feiertag des Alsamar verteilen musste. Amelie hatte um ein Exemplar gebeten, ebenso wie Andra. Durchaus etwas stolz dachte sie daran, wie der Liedvortrag in der Kirche von Adoran am 5. Cirmiasum gelaufen war. Das ein oder andere Gesicht hatte sich der ehrerbietenden Liedzeilen wegen erstaunt verzogen. Und obwohl Kaleya nicht gerne im Mittelpunkt stand bei solch großen Festen, so glaubte sie mit jenem Auftritt die Herzen der Zuhörer berührt zu haben. Und auch Schwester Raia war zufrieden gewesen, nannte sie es doch das Herzstück des Feiertages. Mit einem koboldhaften Grinsen ging Kaleya die Liedzeilen in ihrem Köpfchen durch.

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Die Ehre des Herzens

Die gute Seele von Kronwalden nennt man sie, und ihr schöner Name lautet Amelie.
Ihr sanftes Herz schlägt für jeden im Lichten Reich, ob arm oder reich ist ihr ganz gleich.
Als Vogtin ist sie immer direkt zur Stelle, egal ob am Dorfplatz oder in der Kapelle.
Sie fechtet nicht nur mit der Nadel gegen Seide, sie rückt auch den Rahalern zu Leibe.

Die Ehre sei uns gegeben, im Herze geeint zu jeder Stunde im Leben,
frei von Zweifeln und Zögern ihr dienen, im heiligen Lichte beschienen.
Nach mutigem Handeln jetzt streben, einander die Hände nun geben,
Tugenden seien ihre Disziplinen, als dereinst ihre 7 Kinder uns erschienen.

Im Rathaus von Adoran gehört sie zum Inventar, wir singen von Nyome, das ist ganz klar.
Als Fräulein Belfa fingen einst ihre Dienste an, wurde Vogtin von Thronwall sodann.
Riesenberge von Akten sind ihr trautes Heim, was darin über Bürger steht ist streng geheim.
Auch der magischen Künste ist sie wohl vertraut, da hat so manch' Katze schon neidisch miaut.

Die Ehre sei uns gegeben, im Herze geeint zu jeder Stunde im Leben,
frei von Zweifeln und Zögern ihr dienen, im heiligen Lichte beschienen.
Nach mutigem Handeln jetzt streben, einander die Hände nun geben,
Tugenden seien ihre Disziplinen, als dereinst ihre 7 Kinder uns erschienen.

Als Alumenas Ritter kämpfen sie, es sind Helisande, Heinrik und Keylon - was für eine Symphonie.
In der Burg von Schwertfluren schmieden sie Pläne, und zeigen dem westlichen Pack ihre Zähne.
Mit den Edlen Luninara und Moira auf den Burgzinnen, kann kein verräterisch‘ Ketzer entrinnen.
Für König, Reich und Volk setzen sie sich alle ein, sind gesegnet unter Temoras göttlichem Schein.

Die Ehre sei uns gegeben, im Herze geeint zu jeder Stunde im Leben,
frei von Zweifeln und Zögern ihr dienen, im heiligen Lichte beschienen.
Nach mutigem Handeln jetzt streben, einander die Hände nun geben,
Tugenden seien ihre Disziplinen, als dereinst ihre 7 Kinder uns erschienen.

Als Heiler im Hospital zu Adoran ist er wohl bekannt, unser Edler Lucien ist so entzückend charmant.
Auch die Edle Liliana hat hier hilfreiche Hände, sodass Verletzung und Krankheit findet gutes Ende.
Und der Edle Merrik ist im Konzil des Phönix für Erwachte da, Phanodains Gaben sind ihnen so nah.
Einst war die Edle Thalia als Scharfschützin bekannt, dient nun als Rüstungsschneiderin ihrem Land.

Die Ehre sei uns gegeben, im Herze geeint zu jeder Stunde' im Leben,
frei von Zweifeln und Zögern ihr dienen, im heiligen Lichte beschienen.
Nach mutigem Handeln jetzt streben, einander die Hände nun geben,
Tugenden seien ihre Disziplinen, als dereinst ihre 7 Kinder uns erschienen.

Ein Blick hinter des Klosters Mauern offenbart, dass man dort die Ehre als Tugend ebenso wahrt.
Wenn man als Priester den Kopf ihr demütig neigt, ist man als Wächter zum Kampf für sie bereit.
Wenn Kommandant Beak sieht trotz dunkler Schatten stets Licht, weicht die Klosterwache nicht.
In vorderster Front steht Wächterin Andra dort, und jagt Ketzer als auch Schatten rigoros hinfort.

Die Ehre sei uns gegeben, im Herze geeint zu jeder Stunde' im Leben,
frei von Zweifeln und Zögern ihr dienen, im heiligen Lichte beschienen.
Nach mutigem Handeln jetzt streben, einander die Hände nun geben,
Tugenden seien ihre Disziplinen, als dereinst ihre 7 Kinder uns erschienen.

- Gewidmet dem Feiertag des Heiligen Alsamar am 5. Cirmiasum 263 -


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Mit einem Nasewackeln lief Kaleya von der Küste weg und steuerte auf Cahlan zu, die am Waldrand nahe des Strandes friedlich graste. Die Stute und sie hatten sich immer mehr angefreundet und mittlerweile ritt Kaleya auf ihr lieber als auf ihrem Hengst Caelai. Er war stürmischer, ganz wie die See, und Cahlan war eher der sanfte Windhauch des Sommers, angenehm getragen wie vom sanften Wogen der Wellen. Auf dem Weg nach Kronwalden dachte Kaleya daran, dass sie endlich die Geschenke für Majalin und Nephele abgeben musste. Sie lagen bereits wohl verpackt im Drachenhort und warteten auf ihre neuen Besitzerinnen. Und da war noch etwas... Earon und sie hatten Paten für Elian auserkoren und die Besuche mussten geplant werden. Natürlich war der Eisdrache neugierig, wie die beiden Auserkorenen reagieren würden, aber das musste noch warten bis nach der Reise. So verhielt es sich auch mit den unfertigen Werken, die auf ihrem Schreibtisch lagen, doch immerhin ging es hier stetig voran. Die vier angefangenen Lieder würden bald zu Ende geschrieben sein, ebenso wie die Junkersteyner Zauberschriften oder das Buch über das Schreiben von Gedichten. Wieder lächelte sie als ihr die Zeilen für den Anfang des Buches in den Sinn kamen, die sie für den Aushang zum Abend der ungeschriebenen Geschichten ersonnen hatte.

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Das Wort aller Zeiten

Gedanken, Geschichten, auf ewig zu Papier gebannt,
dennoch für alle Zeit frei, das habe ich nun erkannt.

Ein Gefühl, das ward mein und in Ewigkeit bleibt,
so wird es sein, wenn mein Herzblut euch schreibt.

Stein und Staub, die meine Ruhestätte einst zieren,
die Magie meiner Worte aber wird sich nie verlieren.

- Gewidmet dem Abend der ungeschriebenen Geschichten am 02. Eluviar 263 -


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Cahlan wieherte auf, so als würde sie Kaleya aus ihren Gedanken reißen wollen. "Aye, schon gut... wir sind gleich da. Der Tag ist noch lang und birgt viele Aufgaben", sprach Kaleya der Stute gut zu und ritt nun etwas schneller auf ihr, um nach Kronwalden einzukehren.


Zuletzt bearbeitet von Kaleya Auenbacher am 20 Jul 2020 17:32, insgesamt 4-mal bearbeitet
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 17 Aug 2020 15:13    Titel: Meeresrauschen
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Der Eisblick lag voller Ruhe und in entspannter Erwartung auf dem fernen Horizont, während Kaleya in den frühen Morgenstunden im Schneidersitz an einem einsamen Sandstrand von Eirensee saß. Als nach einiger Zeit ein silberner Streifen am Horizont auftauchte, dort wo sich Meer und Himmel sanft küssten, lächelte Kaleya verträumt auf. Der Moment des Sonnenaufgangs war etwas besonderes, und gerade heute an jenem frühen Morgen konnte der Eisdrache zum ersten Mal in ihrem Leben den Blick zum Meer richten, dorthin wo östlich in der Ferne irgendwo das verschlafene Gerimor lag und bald in warmes Licht getaucht werden würde.

Die umtriebigen Gedanken schweiften in die Ferne und sie dachte an die Kinder, obwohl es keinen Tag her war, dass sie sich verabschiedet hatten… manchmal hatte es durchaus seine Vorteile durch das Lied den Reiseweg abzukürzen. Den Kindern würde es an nichts fehlen während ihrer Abwesenheit, das war so gewiss wie der Sonnenaufgang am Morgen. Elian war bei der Amme gut aufgehoben, darin war sich Kaleya absolut sicher. Die junge Rielle hatte den Jungen sofort ins Herz geschlossen, so wie auch der Eisdrache selbst. Die Wahl ihrer Mutter Anchia hätte nicht besser sein können. Ob sie die beiden Mädchen indessen wohl im Zaum hielt oder ob ihr Vater Laidir ihnen Einhalt gebieten musste? Gerade jetzt eine Reise zu unternehmen, war anfänglich ein seltsamer Gedanke gewesen, denn die Sturm- und Drangphase machten Anneen als auch Yvaine im Augenblick gemeinsam durch. Das Näschen wackelte und Kaleya versuchte sich von dem Gedanken zu lösen. Sie würden es schon heil überstehen, und die Reise hatten Kaleyas Eltern nicht umsonst ausgeheckt und ihr vor die Nase gesetzt. Sie konnte einmal ganz sie selbst sein, ohne jede Pflichten und dafür mit einem Geschenk gesegnet, welches ihr Herz so wunderbar berührt hatte.

Der Eisdrache hatte die einmalige Gelegenheit in Ihnnerau von Meister Eyven Wiesenthal unterrichtet zu werden. Er war ein alter Freund von Laidir und so hatte er überaus erfreut eingewilligt, dessen Tochter die Malerei mit Ölfarben beizubringen. Kaleya war schon gespannt, wie Meister Eyven wohl war, immerhin waren alle Künstler etwas… sonderbar? Sie grinste bei dem Gedanken koboldhaft auf und fragte sich, wie man sie wohl von außen betrachtet wahrnahm. Sonderbar? Freigeistig? Latent verrückt? Kichernd sah sie auf ihre nackten Füße und besah sich die wackelnden Zehen. Der Wind strich über ihre Haut und das feuchte Haar flatterte in trauter Einigkeit mit ihrer um die Schultern gelegten Leinenstola. „Was hast du nun wieder für einen Schabernack ausgeheckt?“ Der Eisblick richtete sich von den eigenen Füßen weg und wanderte zu Earon, der sich auf sie zubewegte. „Ach nichts, nur die üblichen treibenden Gedanken.“ Die Nase wackelte und unweigerlich grinste sie wieder koboldhaft auf. „Lass uns nach Ihnnerau aufbrechen. Meister Eyven erwartet dich sicher schon und ich muss heute auch noch einige Dinge erledigen.“ Mit einem leichten Nicken erhob sich Kaleya aus dem Sand und hauchte Earon dann noch etwas zu. „Ich ziehe mich nur noch etwas geziemender an, sonst fertigt Meister Eyven wohlmöglich noch ein Aktgemälde von mir.“ Mit roten Ohren sah Earon dem Eisdrachen nach und schon bald kehrte dieser in einem luftigen weißen Sommerkleid zurück. Die Reise hatte gerade erst begonnen und schon jetzt war Kaleyas Herz erfüllt von Frieden und Glück.

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„Hach Kindchen, wäre ich doch nur 20 Jahresläufe jünger, ich würde dir sofort den Hof machen. Deine Mutter Anchia war schon eine wahre Schönheit und noch heute ärgere ich mich darüber, dass Laidir ihr Herz gewinnen konnte, während ich dumm aus der Wäsche schaute!“ Etwas perplex über so viel Offenheit sah Kaleya zu Meister Eyven, der ihr gegenüber am Tisch saß und von der Vergangenheit philosophierte. Es war keinen Stundenlauf her, seit Earon und Kaleya in Ihnnerau angekommen waren und schon jetzt fühlte es sich an, als kannten sie einander ein ganzes Leben – so offen und vertraut war das Gespräch. Earon sah über Meister Eyvens Verkündung typischerweise druidisch-neutral drein, wenngleich Kaleya meinte hin und wieder ein unterdrücktes Schmunzeln auf seinen Zügen erkannt zu haben. „Aber nun genug der alten Schwärmereien! Deine Mutter hat mir eine Mappe von alten Skizzen für Kleider und Schnittmuster von dir geschickt. Das Talent zu zeichnen hast du auf jeden Fall, und ich freue mich bereits darauf dich zu unterrichten. Die Malerei mit Pinseln und Ölfarben solltest du recht gut meistern können, aber darüber sprechen wir später. Eines will ich dir aber gleich vorweg als deine erste Lektion mitgeben: Male die Dinge stets so, wie du sie fühlst und nicht nur so, wie du sie siehst. Wahre Künstler malen hiermit.“ Meister Eyven deutete mit den Händen auf Höhe seines Herzens und lächelte Kaleya dabei an. „Nur so wirst du Kunstwerke schaffen, welche die Gefühle von anderen wahrlich zu erwecken vermögen.“ Kaleya nickte und begriff sofort, dass die Ausbildung hier gänzlich anders verlaufen würde, als sie es sich anfangs vorgestellt hatte. Weniger technisch, dafür weitaus gefühlvoller.

Den Nachmittag verbrachte Kaleya mit Meister Eyven in seinem Atelier, welches von einer gewissen Chaotik geprägt war. Zu gut konnte sich der Eisdrache an die eigene Schneiderstube erinnern und sie wusste, dass Kreativität freien Raum brauchte, um sich gänzlich zu entfalten. So war es auch mit ihrem Raum der Träume in Junkersteyn und Kaleya nahm sich fest vor, dort eine Staffelei aufzubauen. „Zunächst einmal die Pinsel, sie sind genauso wichtig wie die Leinwände und die Farben. Eine Dreieinigkeit, die einander stets bedarf und aufeinander aufbaut. Später stellst du deine Pinsel am besten selbst her, besonders geeignet sind Wiesel- oder Marderhaare. Auch Pferdehaar eignet sich, idealerweise machst du dich mit den verschiedenen Pinselarten vertraut und findest deinen Favoriten. Die Leinwände sollten von einem erfahrenen Schreiner hergestellt werden, damit der Keilrahmen sich nicht verzieht und viele Jahresläufe von gleicher Qualität bleibt. Die Herstellung der Ölfarbe werden wir ebenfalls üben und irgendwann stellst du deine ersten eigenen Farben her. Durch deine Erfahrung als Meisterschneiderin wird es dir leicht fallen die richtigen Farbtöne zu mischen. Und wenn du erst einmal weißt, welche Rohstoffe du benötigst, hast du bereits eine gute Grundlage. Nun lass uns alles in der Praxis ansehen und dem Ganzen etwas Leben einhauchen.“ Meister Eyven drückte Kaleya recht enthusiastisch einen Pinsel aus Fuchshaar in die Hand und deutete auf die kleinen Farbschalen neben der Staffelei. „Versuch etwas einfaches zu malen, um dich mit der Pinselhaltung und der Ölfarbe vertraut zu machen. Wie wäre es mit einer Blume?“ Der Eisblick richtete sich auf die leere Leinwand auf der Staffelei und wie von selbst begann sie daraufhin aus ihren Gedanken heraus einen Zweig Heidekraut zu malen. Anfangs etwas holprig, aber schon bald mit feinem Pinselschwung, als sie sich an die Haltung gewöhnt hatte. So verbrachten Meister und Schülerin den Nachmittag im Atelier und der erste Tag verflog wie ein leichter Windhauch.

„Edelsteine haben für die Malerei eine wichtige Bedeutung. Wenn du sie zu einem feinen Pulver mahlst, kannst du sie mit Hilfe von Bindemitteln zu Ölfarben anmischen. Lapislazuli oder Saphir ergeben ein leuchtendes Blau, Malachit ein intensives Berggrün und Amethyst ein feines Violett bis Purpur. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, und sie aufzuführen würde Wochenläufe dauern. Deshalb habe ich dir eine Abschrift von der Bibliothek in Ihnnerau anfertigen lassen, welche die Herstellung von Ölfarben behandelt. Lass uns nun einige Edelsteinpulver herstellen. Du kannst sie später jederzeit verwenden, um neue Ölfarben herzustellen.“ Meister Eyven schob Kaleya einen Mörser zu, sowie eine kleine Handvoll von Malachiten. Unter Anleitung zerstieß der Eisdrache die Malachite in einer durchaus schweißtreibenden Handarbeit. Es dauerte einen guten Stundenlauf, bis ein passables Edelsteinpulver daraus entstanden war. „Gut so, und jetzt fertigen wir noch Edelsteinpulver aus Lapislazuli an.“ Der Eisdrache schnaufte auf, und fragte sich insgeheim, ob Earon für diese schwere Arbeit vielleicht eine Lösung im Lied der Schöpferin finden konnte. Zum Abend hin wollte er zurückgekehrt sein, und Kaleya hoffte, dass auch Earon weitere Hinweise gefunden hatte, die er sich auf der Reise erhoffte.

Am nächsten Morgen machten sich Meister Eyven und Kaleya zusammen mit Earon auf den Weg außerhalb der Stadt. Sie ließen Ihnnerau hinter sich und reisten in ein naheliegendes Waldgebiet. Dort wartete die nächste Aufgabe auf Kaleya, die darin bestand eine landschaftliche Szene auf die Leinwand zu malen. Sie suchte sich dafür eine Stelle aus, die halb im Schatten lag und doch durch Licht erhellt wurde, welches durch die Baumkronen hindurchschien. Auf dem Waldboden wuchsen violette Glockenblumen inmitten von saftig-grünen Farnen. Es fehlte nur noch eine kleine Elfe, zumindest sagte das Kaleyas Fantasie. Zwar war es nicht die Aufgabe von Meister Eyven, doch es fühlte sich richtig und gut an dieser friedlichen Szene eine kleine Elfe mit violetten Flügeln und einem grünen Glockenblumenkleidchen hinzuzufügen. Stunden später wirkte die fertige Leinwand wie aus einem Märchen entsprungen. Gewissermaßen. Mit etwas Stolz stand Kaleya vor dem Bild und wartete darauf, dass Meister Eyven sein Urteil fällte. „Sehr gut, die Malerei mit dem Pinsel liegt dir schon gut in der Hand. Der Auftrag der Ölfarbe ist aber noch zu dick an einigen Stellen. Dadurch kann das Gemälde später aufplatzen und es bilden sich Risse. Das ist immer eine sehr ärgerliche Angelegenheit. Versuche daher zu dicke Farbaufträge zu vermeiden. Die unterste Schicht sollte immer die dünnste sein, nach oben hin kann sie dann deckender werden. Wenn du das beherzigst, wirst du lange Freude an den Gemälden haben. Oder deine Kunde, die gewiss Schlange stehen werden.“ Meister Eyven zwinkerte Kaleya zu, und der Blick aus den erfahrenen Augen verriet, dass er wusste, wovon er sprach. Er sah in der Arbeit des Eisdrachens viel Potential, und dass er nichts über die Qualität der ausgesuchten Szenen sagte, galt als deutliche Zustimmung. Er wusste, dass Kaleya die richtigen Momente auswählte und für die Ewigkeit auf die Leinwand bannte.

Am späten Nachmittag wurde der Weg zurück nach Ihnnerau genommen und man saß des abends bei einem guten Tropfen Eirenseer Whiskey zusammen. „Wann immer dir eine Idee kommt, halte sie in einem Skizzenbuch fest. Sie kommt sonst nie wieder und ist für immer verloren. Du hast ein gutes bildliches Gedächtnis und kannst die Szenen jederzeit auf die Leinwand bringen. Du musst dir nur noch überlegen, ob du dich auf ein gewisses Thema spezialisieren möchtest. Manche Maler fertigen nur Auftragsarbeiten an, Portraits von einfachen Leuten oder auch von Adligen. Andere wiederum finden in der Naturmalerei ihre Erfüllung. Und auch Gemälde von Gebäuden oder Orten sind sehr beliebt. Wenn du mich fragst, solltest du dich nicht festlegen, denn was ich bisher von deiner Hand Gemaltes sah, war alles sehr vielversprechend.“ Earon lächelte bei dem Urteil von Meister Eyven zu Kaleya hin und die sah durchaus etwas überrumpelt drein. „Ich versuche meine Gedanken und Gefühle in die Szenen zu bringen, die mein Herz mir weist. Ich denke allerdings, dass ich für Portraits noch sehr viel Übung brauche. Es ist nicht leicht, die individuellen Züge eines Menschens auf die Leinwand zu bringen und dabei dem Auftraggeber gerecht zu werden. Stellt euch nur mal vor, ich male die Nase eines Adligen nur einen Hauch zu lang. Das würde ewige Schmach und Schande bedeuten, und sich gewiss herumsprechen! Eine sehr heikle Angelegenheit, da sich Menschen für gewöhnlich in einem anderem Licht sehen als in dem, in welchem sie beschienen werden.“ Meister Eyven lachte auf und auch Earon grinste erheitert über Kaleyas Worte. „Sehr weise, gut gesprochen. Mit der Zeit wirst du aber auch die Malerei von Menschen perfektionieren. Übe stets und suche dir Menschen, die es dir nicht krumm nehmen, wenn die Nase mal etwas länger ist oder der Bauch mal etwas voller gerät. Nur so lernst du dazu, indem du Fehler machst und sie erkennst.“ Der Eisdrache grinste und am Ende stießen alle gemeinsam mit dem Eirenseer Whiskey auf den Beginn von Kaleyas Berufung als Malerin an.


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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 20 Aug 2020 08:40    Titel: Meister Eyven Wiesenthal
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Buntes Treiben, laute Stimmen, unzählige Inspirationen. All das war Ihnnerau und diese Eindrücke füllten den Geist des Eisdrachens mit unendlich vielen Ideen für Gemälde. Wann immer ihr etwas in den Sinn kam, zeichnete sie eine Skizze davon in ihr Büchlein, damit es später zum Gemälde werden konnte.

Summend lief Kaleya durch die Straßen von Ihnnerau. Hinter ihr liefen Meister Eyven und Earon, unterhielten sich angeregt und lachten hin und wieder heiter auf. Trotz des hektischen Treibens in der Hauptstadt von Eirensee und dem drohenden Riss am Himmel, war der Moment ruhig und entspannt. Das Gespann befand sich auf dem Weg zur Bibliothek von Ihnnerau und hatte zuvor schon das Theater der Stadt besichtigt sowie außerhalb die Papiermühle. Zu Kaleyas Erstaunen war beides weniger pompös als sie es erwartet hatte. Die Papiermühle war keineswegs klein gewesen, doch sie diente eben ihrem Zweck und es stank wie in jeder Herstellungsstätte für Papier fürchterlich nach faulenden Lumpen. Das Theater war klein aber fein gewesen und dank der Beziehungen von Meister Eyven hatten sie einen Blick in die Werkstatt werfen können. Dort standen mannshohe Gemälde, die als Hintergrundrequisiten für die Aufführungen verwendet wurden. Insbesondere die schillernde Farbenpracht der Gemälde hatte den Eisdrachen beeindruckt und sie hatte wieder an Meister Eyvens Worte gedacht... eine ordentliche Auswahl an Edelsteinpulvern war essenziell!

Gedankenverloren endete der Fußweg durch Ihnnerau schließlich an der Bibliothek. Dort hingen an den Außenwänden in regelmäßigem Abstand Banner von Eirensee mit dem aufrechten goldenen Handschuh auf blauem Hintergrund. An den Enden der Banner baumelten goldene Quasten und der Anblick verriet Kaleya, dass in dieser Bibliothek so einige Schätze lagern mussten. Es drängte sich ihr regelrecht auf. Sie konnte nicht sagen, zu welcher Stunde sie die Bibliothek betraten, sie wusste nur, dass es schon dämmerte, als sie wieder hinauskamen. Beladen mit allerhand Abschriften aus Büchern über die Malerei von Menschen und Tieren setzten sie ihren Weg wieder zurück zu Meister Eyvens Wohnhaus. „Sieh nur, wie fein die Gesichter gemalt sind. Das ist kein Vergleich zu dem Bildband, den ich auf Felicianas und Dirinthars Hochzeit angefertigt habe. Dagegen sind meine Malereien wie Kinderzeichnungen.“ Kaleya seufzte und deutete Earon auf all die wunderbaren Bilder in den Büchern. Dabei dachte sie immer wieder an die zurückliegende Hochzeit und den angefertigten Bildband, verglich regelrecht und suchte nach Fehlern, die sie selbst bei den angefertigten Bildern gemacht hatte. Was ihr aber ebenfalls nicht aus dem blonden Köpfchen ging, war der Tanz, den sie endlich gewagt hatte. Einst hatte sie das Lied über den verlorenen Tanz komponiert, in dem es darum ging, endlich wieder die Lust am Tanzen zu finden. Doch sie hatte sich nie gewagt, bis zur Hochzeit der Vanwaldes. Und das Gefühl war berauschend gewesen, es hatte sich gut angefühlt, all die Ängste und schlechten Erinnerungen hinter sich zu lassen. Vielleicht würde sie noch ein Bild malen, auf dem sie und Earon tanzend zu sehen waren. Doch bis dahin galt es weiter zu üben... der Schwung des Pinsels war schließlich auch eine Form des Tanzes!

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„Meister Eyven, ich habe es endlich geschafft!“, rief es am nächsten Morgen laut durch das Atelier und Kaleya machte einen regelrechten Luftsprung dabei, und dass trotz der durchgearbeiteten Nacht an der Leinwand. Der alte Maler kam gemütlich in das Atelier geschlurft, in der Hand eine Tasse Kaffee haltend und betrachtete Kaleyas Werk. Auf dem Bild war eine Ritterin in Rüstung dargestellt, was für sich noch nicht den Jubel des Eisdrachens erklärte. Viel interessanter war der Hintergrund, auf dem ein aufsteigender Phoenix zu erkennen war. Die Flügel waren flammenzüngelnd, und mit blattgoldenen Verzierungen versehen. Einzelne Federn schillerten einem förmlich entgegen und ließen das Gemälde erstrahlen. „Sehr gut, warte noch eine Weile, ob die Verzierungen sicher halten. Dein Pinselschwung scheint mir indessen gut vorangeschritten zu sein. Und wie ich sehe bist du bei den Pinseln aus Fuchshaar geblieben. Ich schenke sie dir, als Erinnerung an deine Zeit bei mir.“ Etwas wehmütig blickte Kaleya auf Meister Eyven und jener lächelte den Eisdrachen einfach nur an. „Sei nicht traurig, deine Zeit ist nun gekommen in Lichtenthal die schönen Künste weiter zu verbreiten. Irgendwann möchte ich von dem pinselschwingenden Eisdrachen von Gerimor hören, der mit Gemälden die Herzen der Menschen genauso sehr zu verzaubern vermag wie mit ihren Worten.“ Die Eisaugen funkelten nun auf und ein koboldhaftes Grinsen zeigte sich auf Kaleyas Zügen. „Ich werde euch nie vergessen, und hoffe eines Tages eurer Kunst ebenbürtig zu sein.“ Etwas gefühlsduselig umarmte Kaleya den alten Meister, was fast dazu führte, dass der gute Kaffee verschüttet wurde. „Nun mach dich ans Packen, Kindchen. Und denk daran, die beiden Leinwände gut einzupacken. Wir wollen doch nicht, dass deine Kunstwerke auf der Reise kaputt gehen.“ Das Näschen des Eisdrachens wackelte und Kaleya nickte etwas. Wenn Earon das gehört hätte, würde er sicher nur die Augen verdrehen. Wie auf Kommando trug der Wind etwas an ihre Ohren heran und in ihren Gedanken formten sich seine Worte. Vielleicht sollte ich dem alten Meister Eyven eine Reise nach Gerimor spendieren, dein Vater würde sich sicher freuen seinen alten Freund einmal wiederzusehen. Und so denkt er wenigstens nicht mehr, die Reise durch Mutters Pfade wären eine wilde Hatz. Kurzzeitig verzogen sich Kaleyas Lippen, doch sie ließ Meister Eyven dann aus ihrer Umarmung frei und räusperte sich. Kurz darauf wurde dann eine große Packparade veranstaltet.

Allerhand Material wie Edelsteinpulver, Pinsel, Bücher und Papier und natürlich ihre zwei Gemälde würden auf die Reise nach Hause mitgenommen werden. Aber auch ihr Skizzenbuch mit zahlreichen Motiven für weitere Gemälde befand sich in Kaleyas Tasche. Zusammen mit dem Brief über Meister Eyvens Ausbildung und Abschriften aus der Bibliothek von Ihnnerau. „Die Zeit bei euch verging wie im Flug und ich kann nicht in Worten ausdrücken, was ich an Dankbarkeit empfinde. Vielleicht seht ihr einmal in euer Atelier, wenn wir abgereist sind. Ich glaube ein kleiner Eisdrache hat dort etwas für euch auf dem Tisch hinterlassen.“ Kaleya zwinkerte und umarmte Meister Eyven dann, ebenso wie Earon es im Anschluss tat. Schon bald darauf reisten die Auenbachers aus Ihnnerau ab, während Meister Eyven in sein Atelier ging und auf dem Tisch eine Zeichnung vorfand. Darauf war er selbst mit einer Pfeife in der Hand abgebildet und unter dem Portrait stand schwungvoll mit Tinte geschrieben: „Ein kleiner Dank in rechter Form. Und ein Versprechen, dass ich euer Abbild auf die Leinwand bringen werde, sobald ich wieder in Lichtenthal bin.“ Meister Eyven lächelte, tätschelte die Zeichnung und schlurfte dann in die Küche seines Wohnhauses, um sich einen Kaffee zu gönnen und die Pfeife anzustecken.


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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 03 Sep 2020 20:47    Titel: Die Seele des Eisdrachens
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Wenn du selbst nicht mit den Waffen kämpfen kannst, dann Kämpfe mit deinem Herzen. Für das, was du liebst und zu beschützen bereit bist. Und wenn es sich so anfühlt, als würde es dich zerdrücken, dann fliege hinauf in den Himmel und sei was dir bestimmt ist. Man muss nicht die Größe eines Drachen haben, um dessen Seele zu besitzen. Stark, unbändig und entschlossen. Ganz gleich, was geschah.

Kaleya blickte Anneen mit einem Lächeln an und schlug dann sanft das Märchenbuch zu. Yvaine war bereits eingeschlafen. Elian konnte den zauberhaften Erzählungen nun wahrlich noch nicht folgen, wenngleich er ebenso im Land der Träume schlummerte. Das blonde Mädchen mit den grüngelben Augen aber sah die Mutter voller Neugierde an. „Nun schlaf, morgen lese ich euch eine neue Geschichte vor. Träum süß, mo chridhe.“ Gerade als Kaleya die Älteste zudeckte, begann ein dumpfes Beben die Erde zu erschüttern und es grollte unheilvoll aus der Ferne. An Schlaf war nun keineswegs mehr zu denken und Anneen sah ihre Mutter voller Furcht an. „Mama, was ist das? Das ist so laut und tut in den Ohren weh.“ Instinktiv griff Kaleya mit den Armen um Anneen und drückte sie mütterlich. „Tschtt, schon gut. Die Erde hat wohl... Schluckauf.“ Die erstbeste Beruhigung, die ihr einfiel. Doch sie wusste, dass irgendetwas nicht stimmte. Und als Earon in das Kinderzimmer kam und Kaleya anblickte, konnte sie an seinem bloßen Blick erkennen, dass irgendetwas ganz und gar nicht stimmte. Die Eisaugen weiteten sich und ohne, dass Kaleya etwas sagte, nickte Earon nur und machte sich mit etwas eiligeren Schritten auf den Weg.

Gerade als Kaleya die Älteste weiter beruhigte, grollte es wieder und die Erschütterung war so heftig, dass Yvaine und Elian davon geweckt wurden - und zu schreien begannen. Mit größter Eile scharrte sie die Kinder um sich und tat das nächstbeste, was ihr einfiel. Sie fing einfach an beruhigend zu singen. Die Melodien des Liedes von der Himmelsharfe füllten das Kinderzimmer und sie streichelte abwechselnd die Mädchen und das Flämmchen. Mit der Zeit übertrug sich die Ruhe der Mutter auf die Sprösslinge und auch das Grollen der Erde ließ nach. Als endlich alles schlief, war es der Eisdrache, der im Raum der Träume über den Büchern brütete. Die Zauberschrift von der blauen Krake war endlich fertig geschrieben und sie las die Geschichte nochmal durch. Doch immer wieder flogen die Gedanken davon, fragten sich, was geschehen war. Und ob es Earon gut ging. Sie schob die Zauberschriften seufzend beiseite und widmete sich dem nächsten Werk, das sie fertig geschrieben hatte. Entstanden aus dem Abend der ungeschriebenen Geschichten, hatte sie einen Ratgeber für das Schreiben von Geschichten begonnen und nun endlich fertiggestellt. Auch hier las sie alles nochmals durch und lenkte die umtriebigen Gedanken auf diese Weise ab.

Am nächsten Morgen war klar, was die Erdbeben verursacht hatte und Kaleya wusste, was das für ihre Familie bedeutete. Ohne, dass die Kinder es mitbekamen, wurden die wichtigsten Sachen gepackt. Darunter waren auch die Originale sämtlicher Bücher und noch ein paar andere wichtige Dinge. Die Kiste würde in Sicherheit gebracht werden, ebenso wie Anneen, Yvaine und Elian. Was niemand erfahren würde, war der Ort, an dem jene Sicherheit vermeintlich herrschte. In der Not unternahm die Familie Auenbacher alsdann eine Reise in einen tiefverborgenen, unbekannten Ort mitten im Wald. Dort, wo Frieden herrscht und hoffentlich Sicherheit bestand. Sie würde alles machen, um die Kinder zu beschützen. Und wenn es bedeutete, am Ende selbst zu kämpfen. Die Fortschritte im Schießen mit der Armbrust waren vorangeschritten und mittlerweile konnte sie eine Drachenarmbrust bedienen. Innig hoffend, die Waffen nicht erheben zu müssen, traf sie mit den Kindern und Earon in einer verborgenen Hütte ein. Das würde der Ort werden, an dem sie sich zurückzogen und Schutz suchten, verborgen vor der Welt.

In den nächsten Tagen sah Kaleya dabei zu, wie die Kinder in dem kleinen Hain spielten, der inmitten des Waldes lag. Sie ahnten nicht, welche Bedrohung herrschte und welche Ängste Kaleya oder Earon mit sich herumtrugen. Seufzend schüttelte der Eisdrache den blonden Schopf und sah auf ihre Mappe mit den unfertigen Liedern. Dort lagen noch immer die Skripte für das Lied der Schatten, Eluives Sternenlicht, Varunas Heldenlied und Krathors Verderben. Darunter stapelten sich weitere unfertige Buchwerke. Sie würde nun Zeit haben, um all diese Werke fertig zu schreiben. Zupfend wurde ein weiterer Zettel hervorgekramt und die Eisaugen starrten auf die etwas krakelige Schrift. Sie hatte die Nacht über nicht geschlafen... wie auch bei den aktuellen Ereignissen um Berchgards Zerstörung. Auf ihre schrullige Weise allerdings wurden diese Gedanken verarbeitet und tatsächlich stand da ein kompletter Liedtext auf dem Zettel. Es war das vierte Lied, das sich mit dem Himmelsriss und den aktuellen Geschehnissen befasste. Und der Name dieses Werkes war der rote Funkenregen von Berchgard.

— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Der rote Funkenregen von Berchgard

An Berchgards ruhenden Berghängen wohl lauernd,
tiefschwarzer Schatten in den Himmel steigt auf.
Jauchzend, grollend und bedrohlich - überdauernd,
knackende Erde stiehlt des Lebens friedlichen Lauf.

Rote Funken regnen auf uns nieder,
das Vergessen steigt drohend empor.
Wir werden kämpfen, immer wieder,
stehen fest, geeint an Berchgards Tor.

Stille und Harmonie weicht purem Chaos schicksalhaft,
dem Himmel folgend, spaltet sich hundertfach die Erde.
Unausweichliche Flucht wird hier schmerzhaft entfacht,
Bürger verlassen Berchgard hektisch zu Fuß und Pferde.

Rote Funken regnen auf uns nieder,
das Vergessen steigt drohend empor.
Wir werden kämpfen, immer wieder,
stehen fest, geeint an Berchgards Tor.

Sensenhaft geht der Tod in den zerstörten Strassen um,
und rote Kristallwesen laben sich an wahrer Zerstörung.
Wenn alles scheint verloren, dürfen wir nicht sei‘n stumm,
das Erheben der Waffen wird unsere eiserne Beschwörung.

Rote Funken regnen auf uns nieder,
das Vergessen steigt drohend empor.
Wir werden kämpfen, immer wieder,
stehen fest, geeint an Berchgards Tor.

Wenn wir unbeirrt hoffen, ertragen wir jeden Schmerz,
werden den einen Weg finden, der uns sicher befreit,
Liebe, Zuversicht und Glaube - immer geeint im Herz,
und aus Trümmern eine neue Kraft für uns gedeiht.

Rote Funken regnen auf uns nieder,
das Vergessen steigt drohend empor.
Wir werden kämpfen, immer wieder,
stehen fest, geeint an Berchgards Tor.

Tragen einander in aller finsterster Stunde,
Zuversicht entsteht aus kristallroter Wunde.

Rote Funken regnen auf uns nieder,
das Vergessen steigt drohend empor.
Wir werden kämpfen, immer wieder,
stehen fest, geeint an Berchgards Tor.

- Gewidmet der Zerstörung Berchgards am 30. Ashatar 263 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Kaleya griff sich an die Stirn und blickte von dem Liedtext auf. Anneen und Yvaine sahen gespannt dabei zu, wie ein Frosch über die Wiese des Hains hüpfte und hatten ihre wahre Freude daran. Elian schlummerte noch immer auf seinem Schaffell und bekam von dem Unfug seiner Schwestern nichts mit. Mit etwas mehr Leichtigkeit, nun da sie wusste, dass es den Kindern gut ging, sah sie wieder auf ihren Stapel an Werken. Es mussten auch noch irgendwo die Notizen für die nächste Ausgabe der Nebeleule sein... doch umso länger sie suchte, umso nervöser wurde sie. Als alles dreimal umgewälzt war, gab sie die Suche auf, da ihr klar wurde, dass ihre Notizen noch in Junkersteyn lagen. Davon unabhängig war nun sowieso nicht die Zeit für eine Veröffentlichung... Gerimor wurde erschüttert und stand gefühlsmäßig kurz davor entzwei zu reißen. In dieser Situation würde sich niemand mit der Nebeleule befassen. Das brachte sie aber zu dem nächsten Gedanken... sie musste dringend Briefe aufsetzen. Es galt wie immer viel Schreibarbeit zu erfüllen, mal weniger und mal mehr angenehm, ganz nach Inhalt. Doch all dies würde noch warten müssen, denn nun galt es die Mädchen aufzuhalten, bevor sie dem armen Frosch noch die Beine ausrissen, den sie sich gefangen hatten.
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 07 Sep 2020 16:41    Titel: Finstere Gedankenspiele
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Wenn der Vollmond einsam am Himmel stand und alles in sein silbernes Licht tauchte, dann begann man von diesem Anblick erfüllt nachzudenken, über das Leben, den Tod und alles zwischen Himmel wie Erde, das man sich nicht erklären konnte.

Zwitschernd läuteten die Vögel den neuen Tag ein und schenkten Kaleya damit unbewusst einen kurzen Moment der Ruhe und des Friedens. Hier im Hain schien die Welt vollkommen still zu stehen und wenn sie sich darauf besann, wurde es in ihrem Inneren ruhiger und das Chaos begann sich davon zu mildern. Doch heute war eine dieser Nächte gewesen, an denen sie nicht hatte schlafen können. Der Mond war silbern an des Himmels Zelt gestanden und wenn sie zu ihm aufgesehen hatte, dann überkam sie ein kalter Schauer. So wie bereits im Rabenmond des letzten Jahreslaufes, als die Idee für das Lied von Krathors Verderben ihren Geist überflutet hatte. Und nun… war jenes Lied fertiggeschrieben, so als hatte sie eine unbekannte Macht dazu gedrängt jenes düstere Werk zu vollenden. In ihrem Kopf hämmerte die schwere, pochende und gewaltige Melodie und machte sich Kaleyas glockenhelle Stimme zu eigen. Die Worte entschlüpften ihrem Munde, ganz gleich wie sehr sie sich innerlich dagegen wehrte, es geschah einfach als sei es ein mächtiger Bann. Sie fühlte wie skurril es war, so als würden an diesem verborgenen Ort das Leben und der Tod zusammenfinden, gefüllt von… was eigentlich? Zuneigung, Hingabe, Liebe? Oder doch eher von Einsamkeit, Verzweiflung und Hass? Noch ehe sie diese finsteren Gedankenspiele weiterführen konnte, ließ ihr Geist sich gänzlich auf das Lied ein.

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Krathors Verderben

Der Mond stand silbern an des Himmels Zelt,
und brachte stille Gewissheit über die Welt.
Gar verirrte Seel‘ spürt hier unbehaglich‘ Not,
und in des Rabens Schwingen fliegt der Tod.

Diese Verlockung ist von gar eis'ger Hand,
flüsternd und lieblich ihrer Stimme Klang.
Wenn dünner Finger zeigt zum Todesland,
dann wird man des Raben nächster Fang.

Sein glänzend schwarzer Blick gilt dir allein,
und sein Krächzen geht bis in Mark und Bein.
Überbringt dir das Zeichen, deine Zeit ist um,
so wird eine weitere Seele für immer stumm.

Diese Verlockung ist von gar eis'ger Hand,
flüsternd und lieblich ihrer Stimme Klang.
Wenn dünner Finger zeigt zum Todesland,
dann wird man des Raben nächster Fang.

Seine Schwingen tragen die Seele weit hinfort,
zu jenem gar leblosen und nimmerruhen Ort.
Bis er sich auf macht, um neue Seele zu suchen,
hoffe, dass du ihn nicht als nächstes hörst rufen.

Diese Verlockung ist von gar eis'ger Hand,
flüsternd und lieblich ihrer Stimme Klang.
Wenn dünner Finger zeigt zum Todesland,
dann wird man des Raben nächster Fang.

- Gewidmet der Vollmond Nacht am 12. Rabenkunft 262 -

OOC: Man denke sich dazu die Melodie des Liedes „Lyfjaberg“ von Wardruna :-)


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Kaleyas Herz klopfte schwer und die Eisaugen starrten zum Wasserlauf des Haines hin. Sie zog ihre Arme instinktiv um den Körper und ließ die Gedankenmühle weiter treiben. Was immer sie dazu gebracht hatte das Lied zu singen, es war erschütternd und angsterfüllend. Ganz so als hätte er gespürt, was in dem Eisdrachen vorging, kam Earon aus der Hütte und hielt auf Kaleya zu. „Die Mädchen sind wach und haben nach dir gefragt. Elian schläft noch, wird aber sicher bald dem Vorbild seiner Schwestern folgen. Ich breche wieder auf, wenn du mich hier nicht brauchst.“ Kaleya seufzte leise und kramte einige Briefe aus ihrer Tasche. „Kannst du die bitte verteilen, es wäre wichtig, dass heute noch alle ausgetragen werden.“ Earon nickte und nahm ein Dutzend Briefe entgegen, ehe er entschwand und die Familie sicher in den verborgenen Tiefen des Waldes zurückließ.


Zuletzt bearbeitet von Kaleya Auenbacher am 07 Sep 2020 16:41, insgesamt einmal bearbeitet
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 04 Okt 2020 12:12    Titel: Im letzten Sommerlicht
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Zufriedenheit zeichnete das Gesicht des Eisdrachens als sie in den tiefen Wald hinein blickte. Es war der Anblick der letzten schwirrenden Glühwürmchen des Jahreslaufes, der ihr Gelassenheit und Zuversicht schenkte. Trotz der aktuell aussichtslos erscheinenden Situation in Berchgard wusste sie instinktiv, dass andere Zeiten kommen würden. Sie alle mussten nur darauf vertrauen, sich den Schatten stellen, die sich um sie alle herumgelegt hatten wie der erste dichte Nebel des herannahenden Herbstes. Kaleya wusste, dass die Hüter in Sicherheit waren, ihre Kinder und damit die große Familie, die ihr in den letzten Jahresläufen geschenkt worden war. Und dieser Umstand gab ihr Kraft. Sie schöpfte aus diesem Quell aber auch andere Dinge. Die Muse hatte sie gerade in dieser schwierigen Zeit geküsst und der Stapel an unfertigen Werken auf dem Tisch in der Hütte wurde stetig kleiner. Zuletzt hatte sie die Melodie der Schatten und Eluives Sternenlicht zu Ende geschrieben. Damit waren es nun 4 Lieder innerhalb des Himmelsrisszyklus und Kaleya war sicher, dass noch einige hinzukommen würden.

— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Die Melodie der Schatten

Wo noch friedliche Ruhe im Walde ist zu finden,
mag diese Harmonie schon bald entschwinden.
Es raschelt zwischen den Bäumen seltsam auf,
ein Schatten erscheint, bei Eluive - jetzt lauf!

Schatten, flackernd und eiskalt berührend die Haut,
wenn das Herz rast, wird gar angsterfüllt geschaut.
Die Schritte werden steif, Blicke gehen unstet umher,
jetzt die Ruhe zu bewahren, fällt so unendlich schwer.

Glühende Augen bohren sich heiß in deinen Nacken,
des Waldes Unterholz beginnt drohend zu knacken.
Der Schatten schleicht zu dir, greift nach dem Licht,
der Blick in die Finsternis offenbart sein Angesicht.

Schatten, flackernd und eiskalt berührend die Haut,
wenn das Herz rast, wird gar angsterfüllt geschaut.
Die Schritte werden steif, Blicke gehen unstet umher,
jetzt die Ruhe zu bewahren, fällt so unendlich schwer.

In tiefer Seele weißt du, Licht und Schatten sind eins,
doch fühlst dich wohler in des Lichte warmen Scheins.
Begreifst, dein wahres Ich liegt im Schatten verborgen,
doch nach der Nacht erscheint stets Licht am Morgen.

Schatten, flackernd und eiskalt berührend die Haut,
wenn das Herz rast, wird gar angsterfüllt geschaut.
Die Schritte werden steif, Blicke gehen unstet umher,
jetzt die Ruhe zu bewahren, fällt so unendlich schwer.

- Gewidmet dem Auftauchen der Schatten im Lenzing 263 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Eluives Sternenlicht

Friedliche Klänge, tief verwoben in ihr zauberhaftes Sternenlied,
erzählen uns die uralte Sage von leuchtend heller Hoffnung jetzt.
Ein Augenblick, in dessen Bann bestiehlt uns schattenhafter Dieb,
ach, wie haben wir die stille Zeit und ihr warmes Licht geschätzt.

Tiefschwarze Nacht vertreibt nimmermehr unendliches Licht,
am Himmelszelt funkeln Eluives Sterne, wo stets Hoffnung ist.
Haltet immer zusammen, trotz finsterer Wolken, weicht nicht,
vergesst niemals Erinnerungen, wenn ihr nur voneinander wisst.

Wenn wir im Gras liegen und unendlich Sternenmeer uns bescheint,
die Augen erfassen uraltes Funkeln am Himmel in jenem Augenblick.
Vereint in Zuversicht und unser Herz fühlt was der Verstand meint,
wissen ganz sicher, Frieden liegt allein in Mutters göttlich' Geschick.

Tiefschwarze Nacht vertreibt nimmermehr unendliches Licht,
am Himmelszelt funkeln Eluives Sterne, wo stets Hoffnung ist.
Haltet immer zusammen, trotz finsterer Wolken, weicht nicht,
vergesst niemals Erinnerungen, wenn ihr nur voneinander wisst.

Niemals vergessen wir uns in Dunkelheit, das Licht überdauert die Zeit,
unsere Erinnerungen führen uns an der Welt letztes tiefschwarzes Tor.
Selbst wenn uns das Nichts mit dem Himmelsriss droht, wir sind geeint,
aus jener Not tut sich wahrhaftiger Mut aus menschlicher Seele hervor.

Tiefschwarze Nacht vertreibt nimmermehr unendliches Licht,
am Himmelszelt funkeln Eluives Sterne, wo stets Hoffnung ist.
Haltet immer zusammen, trotz finsterer Wolken, weicht nicht,
vergesst niemals Erinnerungen, wenn ihr nur voneinander wisst.

- Gewidmet meinen Mann Earon für eine Nacht unter zauberhaften Sternen am 29. Lenzing 263 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Mit einem zufriedenen Seufzen ließ Kaleya die Gedankenmühle zum Stillstand kommen und verdrängte die Melodien aus ihrem Kopf. Sie würde am kommenden Abend noch genug Musik machen und bis es soweit war, mussten die Kinder noch bei ihren Eltern untergebracht werden. Mit großer Sicherheit war der Kristallbuch Abend auch für den Eisdrachen die Gelegenheit endlich wieder das ein oder andere nicht ganz alkoholfreie Getränk zu genießen. Gerade als Kaleya nach Earon rufen wollte, rief dieser aus der Hütte hinaus. „Mein Herz, Yvaine braucht weibliche Überzeugungskraft, dass sie in ihrem Kleid ganz zauberhaft aussieht, auch wenn es nicht rosa ist…?!“ Lachend erhob sich der Eisdrache von dem umgefallenen Baumstamm und sah nochmal zu den Glühwürmchen, ehe die Dämmerung von der abendlichen Finsternis verdrängt wurde. Dann wuselte sie in die Hütte und bereitete die Kinder auf die Abreise vor.
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 27 Okt 2020 22:54    Titel: Samhain
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Wenn der Schleier sich senkte und die Grenzen der Welten miteinander verschwammen, war man nicht davor gefeit, in diesen unwirklichen Nebeln zu ertrinken. Finger und Hände griffen gierig nach dem Leib und zerrten zwischen dieser und jener Welt. Es galt die eigenen Augen zu schließen, innezuhalten und dem Klang des Herzens zu lauschen. Dieser wusste immer, wohin die eigene Seele gehörte.

Fröstelnd überzog Kaleya eine unsagbare Kälte, welche den Herbst unbestreitbar malte. Der Sommer war vergangen, die Nebel waren gekommen. Und in diesen Tagen waren die Schleier zwischen den Welten so dünn, dass man beinahe hindurchgreifen konnte. Die Seelen längst Verstorbener überquerten die Grenze und trieben so manchem Lebenden einen kalten Schauer in den Nacken. Diesseits und Jenseits. Der Eisdrache sah beinahe aufgeregt in den nebelverhangenen Wald des verborgenen Haines und fragte sich, ob zu Samhain die Bruderschaft hier wirken würde. Es kribbelte ihr in den Fingern, darüber etwas niederzuschreiben, in geheimnisumwobenen Geschichten und berührenden Versen. Doch sie wusste, dass dies hier - dies alles - etwas war, was niemand jemals wissen durfte. Sie würde all dies hüten wie ihre Kinder, stets darauf bedacht dieses Geheimnis zu wahren, in welchem sie seit einigen Mondläufen lebte. Der Hain war zu einem Zuhause geworden, und doch trieb ihr die Mystik dieses Ortes so kurz vor Samhain eiskalte Schauer auf die schuppige Drachenhaut. Konnten Eisdrachen frieren? Sie dachte daran, wie diese besondere und stille Zeit dazu geführt hatte, dass sie 'Varunas Heldenlied' endlich fertiggeschrieben hatte, war jenes Lied doch seit dem letzten Jahreslauf zwischen all den Notenblättern unvollendet liegengeblieben. Jetzt aber war der richtige Moment gewesen, dieses Werk zu seinem Finale zu bringen. Ein Lied, welches die Toten besang, für alle Zeit darauf bedacht den Ahnen würdevolle Ehre zu erweisen. Kein anderer Moment als Samhain war dafür geeignet, das wusste Kaleya aus tiefstem Herzen.

— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Varunas Heldenlied

Am Himmel zeichnen sich sanft Töne des Morgens,
friedlich ruht Morgentau auf rußschwarzen Ruinen.
An diesem alten Ort gab es nie Anlass des Sorgens,
doch schicksalhafte Tragik war Varuna beschienen.

Varunas letztes Heldenlied düster erklingt,
die Zerstörung nahm ihren tragischen Lauf.
Klingengerassel überdauert hier jede Zeit,
Endlichkeit schwört einstigen Tode herauf.

Die stolzen Mauern waren gebaut für die Ewigkeit,
und unter Mutters Sonne gedieh friedvolles Leben.
Da schworen sich zwei Knappen einen feierlich' Eid,
ahnten nicht, was der Tod ihnen einst würde geben.

Varunas letztes Heldenlied düster erklingt,
die Zerstörung nahm ihren tragischen Lauf.
Klingengerassel überdauert hier jede Zeit,
Endlichkeit schwört einstigen Tode herauf.

In dieser Stadt schwang sich auf blutigen Flügeln empor,
ließ nichts als Asche zurück, geboren aus heißem Brand.
Ein alter Wyrm, dessen Name lautete fortan Kryndlagor,
bekämpft von Varunas Helden, für König sowie für Land.

Varunas letztes Heldenlied düster erklingt,
die Zerstörung nahm ihren tragischen Lauf.
Klingengerassel überdauert hier jede Zeit,
Endlichkeit schwört einstigen Tode herauf.

Stilles Ende hat unsere beiden Knappen zuletzt beehrt,
als ein todbringender Rabe flog an des Feldlagers Rand.
Einem wurde der Tod gegeben, dem anderen verwehrt,
seitdem wandert einsame Seele durch das irdische Land.

Varunas letztes Heldenlied düster erklingt,
die Zerstörung nahm ihren tragischen Lauf.
Klingengerassel überdauert hier jede Zeit,
Endlichkeit schwört einstigen Tode herauf.

Der Tod ereilt jeden, keine Seele wird jemals verkannt,
so wird sein Diener gar Bote der Anderswelt genannt.

Varunas letztes Heldenlied düster erklingt,
die Zerstörung nahm ihren tragischen Lauf.
Klingengerassel überdauert hier jede Zeit,
Endlichkeit schwört einstigen Tode herauf.

- Gewidmet meinem ersten Besuch in Varuna am 29. Goldblatt 262 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Mit einem Kopfwiegen sah Kaleya nochmals in den dichten Wald des Haines. Sie würde Samhain also hier verbringen. Was es der Familie und ihr wohl brachte? Die Lippen zuckten und sie dachte an die Worte ihrer eigenen Großmutter. "Mo chridhe, was immer du beginnst, bringe es zu Ende. Alles hat einen Anfang und ein Ende verdient. Und wenn du noch nicht bereit dafür bist, für etwas ein Ende zu finden, dann lass deine Gedanken ruhen und kehre zu einer ruhigeren Zeit wieder zu ihnen zurück. Der Schleier wird sich dann vielleicht lüften, der den Weg bis dahin vor dir verbarg." Und mit diesem unbändigen Gedanken beseelt, wusste Kaleya auch, dass die Situation auf Gerimor rund um den Himmelsriss noch kein Ende gefunden hatte. Es war wie an Samhain, ein Schleier, der so dünn geworden war, dass sie alle bald finden würden, was ihnen dabei half, dieser aussichtslosen Situation ein Schnippchen zu schlagen.
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 15 Nov 2020 15:09    Titel: Von Gold zu Rot
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Was der Fall der Schleier zum Ende des Goldblattes offenbart hatte, war nicht greifbar, es war auf absurde Weise nicht real - und zweifelsfrei war es doch irgendwie da und hatte mit dem Rabenmond unverkennbar seinen Einzug gehalten. Es schwelte wie ein vergessenes Lagerfeuer, dessen Rauch einem die Tränen in die Augen jagte. Würde das Gold Lichtenthals vergehen, und nichts als Rot zurückbleiben?

Kaleya blinzelte schwer, als sie die letzten Worte mit rabenschwarzer Tinte auf das feine Pergament schrieb. Es war ein weiteres Lied, welches sich dem Himmelsriss-Zyklus zuschreiben ließ... das 5. Werk mittlerweile und jenes trug den Namen „Von Gold zu Rot“. Die Zeilen waren düster, unbehaglicher, so wie der Rabenmond sich den Menschen offenbarte. Schon immer hatte der Eisdrache das Gefühl gehabt, dass nicht der Alatner der dunkelste aller Mondläufe war, sondern eben der Rabenmond. Kaum verwunderlich, dass die Hüter am 12. Rabenmond gegründet worden waren, um Mutters Licht in die Finsternis zu bringen. Der 4. Jahrestag war verstrichen und schmerzlich wurde Kaleya bewusst, wie sehr sie das Leben in der Gemeinschaft und im Nordquartier vermisste. Die Zeiten waren so finster, so unbeschreiblich dunkel und... wenn sie an den gestrigen Besuch in Adoran zurückdachte... da wurde ihr klar, dass die Menschen einander begannen sich in dieser Finsternis gegenseitig zu verlieren... und vielleicht auch zu vergiften. Von Gold zu Rot. So war es von außen betrachtet und mit den letzten fallenden Blättern blieb zu hoffen, dass das Gold in anderer Form zurückkehren würde. Kaleya warf einen letzten nachdenklichen Eisblick auf das Notenblatt und besann sich des Liedtextes dieses finsteren Werkes noch einmal.

— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Von Gold zu Rot

Herbstliches Farbenspiel überlagert die Kristalle,
wenn Gold zu Rot sich kämpft, ist's an der Zeit.
Rote Blätter landen lautlos auf zerstörtem Walle,
Mut ist so mächtig, haltet die Waffen wohl bereit.

Von Gold zu Rot, gar wie rinnend Blut zum Tod,
des Lebens Schmerz, vergeht in Schwarz dahin.
Wenn der Seele droht, des Fährmanns stille Boot,
von Gold zu Rot, entflieht ihr wohl der letzte Sinn.

Schwärmende Vögel ziehen wie Armeen weit hinfort,
des Himmels letzter Frieden, in Schwarz verschieden.
Unerbittliche Bedrohung, so kalt, so kalt an jedem Ort,
wer wird obsiegen, wenn Menschen Pläne schmieden.

Von Gold zu Rot, gar wie rinnend Blut zum Tod,
des Lebens Schmerz, vergeht in Schwarz dahin.
Wenn der Seele droht, des Fährmanns stille Boot,
von Gold zu Rot, entflieht ihr wohl der letzte Sinn.

Herrscht unter uns Frieden, so herrscht er doch nicht,
der Bewahrung verschrieben, doch darin auch Verlust.
Bis die letzten roten Blätter fallen mit uns ins Gericht,
sind wir ertrunken, in kochendem Blut, so unbewusst.

Von Gold zu Rot, gar wie rinnend Blut zum Tod,
des Lebens Schmerz, vergeht in Schwarz dahin.
Wenn der Seele droht, des Fährmanns stille Boot,
von Gold zu Rot, entflieht ihr wohl der letzte Sinn.

Von Gold zu Rot, gar wie rinnend Blut zum Tod,
von Gold zu Rot, verfällt die Seele stetigem Tod.

- Gewidmet den dunkelsten Gedanken im Rabenmond 263 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Ein kindliches Quietschen ließ den Eisdrachen aufsehen. Anneen jagte Yvaine quer durch den Hain und das in einer Lautstärke, dass der armen Mutter die Ohren klingelten. „Schluss jetzt! Ihr benehmt euch schon wie Erwachsene mit Lagerkoller!“ Das Notenblatt in ihren Händen wurde sorgsam in die Mappe mit allen Eisdrachenliedern gelegt, dann machte sich Kaleya daran die Mädchen wieder einzufangen. Die nächsten Tage würden noch etwas härter werden, denn sie selbst musste hier auf die Kinder Acht geben, während da draußen Earon mit den anderen Hütern innerhalb der Kampftruppen dem Nichts entgegentreten würden. Sie würden versuchen Berchgard wieder zurückzuerobern. Mochte ihnen Mutter beistehen und das Gold den Weg zurück finden in ihrer aller Leben.


Zuletzt bearbeitet von Kaleya Auenbacher am 15 Nov 2020 15:10, insgesamt einmal bearbeitet
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 21 Dez 2020 11:41    Titel: Jul
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Das Rot wurde überdeckt von unschuldigem Weiß, funkelnd in der Stille wie ein gut verborgenes Wintergeheimnis. Und in diesem funkelnden Winterland wurde das Geheimnis gut behütet im wiedergeborenen Licht des Julfestes.

Liebevolle sahen Eisaugen dabei zu, wie drei Kinder am Kamin mit kleinen, geschnitzten Holzfiguren spielten. Es klackerte leise, während Königsfigur und Bauer aneinandergerieten. Im Kamin flackerte und knackte das Feuer und im Wohnzimmer wurde der Geruch einer winterlichen Räuchermischung verströmt. Die Mischung aus Kamille, Zimt und anderen Kräutern erweckte die müden Lebensgeister des Eisdrachens. Heute würde der Tag so kurz sein wie nie in diesem Jahreslauf und die Nacht schon bald hereinbrechen. Bereits in der Morgendämmerung hatte Kaleya die Haustür nach einem alten Brauch ausgeschlagen mit einer selbstgebundenen Rute aus Misteln, Tannenzweigen und Efeu. Das Julfest konnte kommen und damit die Wende des Jahreslaufes einleiten. Es lag nun zwar schützender Schnee auf der Erde, doch darunter würde sich alles Leben erneuern. Mit einem Nasewackeln lief Kaleya zum Fenster herüber und betrachtete die unberührte Schneedecke im Hain.

Die Schneeflocken tanzten in einer stummen Melodie vom Himmel und ließen den Eisdrachen träumen, aber auch zurückbesinnen. So viele Werke hatte sie in diesem Jahreslauf geschrieben. Von diversen Ratgebern über neue Bände der Junkersteyner Zauberschriften bis hin zu musikalischen Werken für die Eisdrachenlieder. Und davon waren auch einige dem Himmelsriss gewidmet. Sie würde die stille Zeit nun nutzen, um einen Liedband zu binden, der unter dem Namen "Der Himmelriss Zyklus" erscheinen würde. Neben den Schreibarbeiten waren auch die ersten Leinwände aus ihren Händen entstanden und im Geiste dankte sie Meister Eyven für seine Lehre. Sie würde ihm stets gedenken und heute Abend ein Gebet zu Mutter senden, welches ihm gelten sollte. Mochte sein Lebenslicht noch lange scheinen und der alte Mann noch viele glückliche Jahresläufe verbringen.

Nasewackelnd öffnete Kaleya das Fenster und steckte den Kopf hinaus. Die tanzenden Schneeflocken kitzelten ihre Nase und die Kälte streifte die Wangen beißend. Hier am Hain konnte sie so viel Inspiration schöpfen aus den allerweltlichsten Gedanken. Es war ein einfaches Leben, und die Ferne des Krieges um die roten Kristalle sowie das Nichts ließ es umso unwirklicher erscheinen. Berchgard war am 16. Rabenmond zurückerobert worden und Kaleya war froh, dass Earon bei dieser Mission überlebt hatte. Mochten sie noch viele gemeinsame Jahresläufe vor sich haben und Mutter ihre schützende Wärme stets um sie hüllen. So wie auch um ihre Familie und um die Hüter des Nordlichts. Jener Gedanke brachte Kaleya dazu, dass sie noch eine alte Tradition umsetzen musste. Wie zu jedem Julfest, würden die Hüter auch dieses Mal mit einem Gedicht von ihr bedacht werden. Liebevolle Zeilen, witzreiche Szenen, unvergessliche Momente. Familie. Der Eisdrache schloss das Fenster und machte sich daran jenes Werk entstehen zu lassen. Bei einer heißen Tasse Met mit Kirschsaft, leckeren Vanilleplätzchen und geschwisterlichem Gerangel.


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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 23 Jan 2021 11:08    Titel: Yvaines dritter Geburtstag
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Gold und silbern, so eisig schön. Jener Anblick im Tal, wenn der Morgen von goldenen Sonnenstrahlen wachgeküsst wurde und der ewig anmutende Schnee zu funkeln begann. Ein Funkeln, dass die Seele tief berührte und Halt gab in diesen schweren Zeiten. Der Winter hatte das verborgene Tal fest im Griff, und die Familie forderte den Eisdrachen fortwährend.

Die Kinder tobten draußen im Schnee, besser gesagt die Mädchen. Elian ruhte wie immer friedlich in seinen Schaffellen und gab seiner Mutter etwas Zeit für sich, die gerade die letzten fertig geschriebenen Seiten zusammenband für das Liederbuch um den Himmelsriss Zyklus. Schneebälle flogen draußen hin und her, und Kaleya hörte Yvaine ausgelassen kichern. Wie groß das Mädchen geworden war, erstaunte sie immer mehr. Umso älter die Kleine wurde, umso mehr nahm sie das äußere Erscheinungsbild von Earon an. Die langen rotbraunen Haare wellten sich leicht und wippten wild hin und her, während Yvaine wie ein aufgedrehter Floh durch den Schnee hüpfte. Nur die Augen, die hatte sie zweifelsfrei von Kaleya geerbt, denn sie waren ebenso blau und von eisiger Farbe. Sie stachen aus dem kleinen Gesichtchen mit den Sommersprossen hervor und wirkten stets wach, aufgeweckt und manchmal schon fast etwas störrisch. Sie kam eben sehr nach ihrem Vater, gepaart mit der wuseligen Seite von Kaleya, und dieser Gedanke ließ den Eisdrachen nur mehr weitergrinsen. Der Geburtstag dieses kleinen Wirbelwindes hatte sich am 21. Hartung zum dritten Mal gejährt und Kaleya fragte sich, wie das Mädchen einst aussehen würde, wenn erst das Erwachsenenalter erreicht war. Bei Anneen indessen war jene Frage simpel zu beantworten, denn sie hatte die gleichen aschblonden Haare wie ihre Mutter. Lediglich die grüngelben Augen, die zeigten eine andere Herkunft, doch es gehörte zweifelsfrei zu der im Schwalbenkunft werdenden Fünfjährigen. Und wenn sich Kaleya fragte, wie Elian einmal aussehen würde, dann lachte sie stets leise auf und betrachte den kleinen Kerl ausgiebig. Die gleichen wolkenhellen Augen, das gleiche rotbraune Haar… es gab keinen Zweifel, Elian kam voll und ganz nach seinem Vater. Mochte Mutter ihr beistehen, wenn die Zukunft zwei von seiner Sorte für sie bereithielt!

*Zisch*
*Klatsch*
*Fopp*

„Yvaine!!! Lasssss das! Das ist kalt und nass!“ Kaleya sah bei dem Geschrei aus dem Fenster und sah wie Yvaine ihre ältere Schwester mit Schneebällen in die Mangel nahm. Eine weile lang sah sie sich das Schauspiel noch an, dann öffnete sie das Fenster und rief etwas strenger hinaus. „Schluss jetzt, ihr zwei frechen Schneeriesen! Rein mit euch und klopft die Füße an der Türschwelle ab.“ Mit verdrehten Augen sah Kaleya dabei zu, wie die Mädchen in die Hütte schlurften, mehr widerwillig als wirklich enthusiastisch. Sie kämpften ihre eigenen Kämpfe aus den Augen ihrer Kindheit betrachtet. Wenn sie ahnen würden, welche Kämpfe außerhalb des Tales stattfanden, würden sie wohl in Schockstarre verfallen. Doch so war es eben, die Kindheit war friedlich und in dieser kleinen Welt sollte es keinen Platz geben für solche Gedanken. Kaleya tat alles dafür, dass sie noch lange unbeschwerte Kinder bleiben konnten und die Wirren des Schicksals aus ihnen nicht zu schnell Erwachsene machten. Oder Waisen… jener Gedanke trieb Kaleya seit dem Erscheinen des Himmelsrisses um, und es war nun einmal unabänderlich, dass sie sich um die Kinder kümmerte, während Earon draußen half, wo er konnte. Es entbehrte dabei nicht einer gewissen Ironie, dass der Eisdrache früher nicht kämpfen wollte, aber es gekonnt hätte und nun kämpfen wollte, aber es nicht konnte. Zeiten änderten sich. Menschen änderten sich. Und so war es an Kaleya eine gewisse Vernunft an den Tag zu legen, wenn sie ihre Kinder sah, die nichtsahnend und fröhlich in die Welt hinein lebten, während draußen ein kristallroter Sturm tobte.
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 06 März 2021 22:48    Titel: Vernementon
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Immerwährender Frieden in Zeiten des Krieges mit dem Nichts – es war so unwirklich, und doch war es Wirklichkeit. Im Vernementon schien die Zeit still zu stehen und es gab nichts als Frieden und die entzückende Melodie des Lebens. Doch das Leben bestand nicht nur aus Rückzug, es musste stets fortbestehen und nach vorne schreiten.

Erfüllt von einer eigenartigen Melancholie packte Kaleya ihre Schreibutensilien und schnürte zahlreiche Blätter zu einem ordentlichen Stapel zusammen. Auf den Notizen standen zahlreiche Notenfolgen, lose Gedankenfetzen, etliche Ideen unterschiedlichster Natur und all dies… war mit ihrem Herzblut geschrieben. Es war zweifelsfrei so, dass seit der Einkehr im Hain ihr Drachenherz erfüllt worden war von tausenden Funken, wie sie einen in der Nacht am Sternenhimmel anlachten. Und am Tage, da war eine unnachgiebige Wärme ihr stets wie eine wärmende Decke gewesen, die sie zu keiner Zeit unbehütet ließ. Gold und silbern. Mit Earon und den Kindern war der Eisdrache wahrlich gesegnet unter Eluives Angesicht und es gab nichts auf der Welt, was sie gegen diesen Zustand eintauschen wollte. Wenn die eisigen Augen von bedächtig geschlossenen Augenlidern bedeckt wurden, da spürte sie es in ihrem ganzen Sein – es war der tiefste Frieden, den sich ein Mensch jemals wünschen konnte. Und doch gehörten sie hier her nicht hin.

Dieser Ort, dieser uralte Vernementon, sollte weiter im Verborgenen liegen. Er hatte sie solange verborgen, wie es nötig war, und nun war die Zeit gekommen zurückzukehren. Kaleya griff sich bei jenen Gedanken beherzt an ihre Halskette, die sie einst von Leetha vor der Hochzeit mit Earon hatte anfertigen lassen. Es war ein Kristall, in dessen Inneren sich vier mystische Tropfen ineinander verschlungen zeigten, welche die vier Elemente symbolisierten. Jener Kristall fühlte sich an, als wäre er im absoluten Gleichgewicht der Welt geboren und gerade deshalb tasteten die Finger der Bardin nun Halt suchend nach ihm. Und jenes Gleichgewicht der Welt, es hatte sich verschoben, wieder einmal. Die Heimat rief, Junkersteyn wollte seinen Eisdrachen zurück. Und mit jenem Gedanken zeichnete sich auf Kaleyas Gesicht ein herzliches Lächeln, denn sie hatte für diesen inneren Kampf einmal mehr die Feder geschwungen und ihre Gefühle in einem Lied verarbeitet. Es würde das sechste Lied des Himmelsriss Zyklus sein, und doch würde es mit Ausnahme von Earon niemals jemand zu Gesicht bekommen. Dieses ganz spezielle Lied zeichnete einen halben Jahreslauf, der den wuseligen Eisdrachen in seiner goldenen und silbernen Art für immer verändert hatte. Kaleya dachte an jene Liedzeilen, die in ihren Eisdrachenliedern verborgen lagen, sie gehörten nur Earon und ihr.

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Gold und Silbern

Wenn im verborgenen Tale die Sonne küsst Eluives Land,
der Morgen taucht unberührt' Schnee in friedvolles Sein.
Funkelnd berührt jener Anblick das mächtige Seelenband,
wenn das Leben kommt zur Ruhe in diesem weißen Hain.

Gold und silbern, so eisig und doch so schön,
winterliche Winde, die nimmermüde wehen.
Sonnige Melodie erfüllt alle, so muss es sein,
küsst selbst den Eisdrachen von Junkersteyn.

Das kalte Wasser fließt wie das Leben immerwährend dahin,
und das kräftig pochende Herz ist eins mit Körper und Geist.
Der Klang des Wasser gibt der Melodie des Herzens den Sinn,
doch liebliche Stimme die ferne Heimat stets sehnend preist.

Gold und silbern, so eisig und doch so schön,
winterliche Winde, die nimmermüde wehen.
Sonnige Melodie erfüllt alle, so muss es sein,
küsst selbst den Eisdrachen von Junkersteyn.

Kristallroter Nebel verschwindet und Zuflucht scheint vergangen,
die Nacht wird zum Tag, und Dunkelheit wird beschenkt von Licht.
Doch ein seltenes Sternenlied wird vom Eisdrachen wohl besangen,
in der Himmelsharfe schenkt der Nordstern allen goldene Zuversicht.

Gold und silbern, so eisig und doch so schön,
winterliche Winde, die nimmermüde wehen.
Sonnige Melodie erfüllt alle, so muss es sein,
küsst selbst den Eisdrachen von Junkersteyn.

Ein letzter Blick aus eisigen Augen schweift über verborgenes Tal,
und der leise Gedanke an Rückkehr scheint innerlich so zerrissen.
Doch Melodie gehört hinaus in die Welt, es ist ihre göttliche Wahl,
und so fügt sich jene Harfe, doch sie würde den Himmel missen.

- gewidmet der Rückkehr nach Junkersteyn nach sechs langen Monden am 24. Eisbruch 264 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Frieden. Ruhe. Geborgenheit. Wärme. Kreativität. Hoffnung. Rückkehr.

All dies verband Kaleya mit dem Lied und mit dem Hain. In der Nacht leuchtete ihre Seele den Sternen seitdem noch mehr entgegen, schien wie der Nordpolarstern der Himmelsharfe auf seine wundervolle Art. Und am Tage wärmte ihre Seele jeden, der ihr wohlgesonnen war und strahlte die Liebe Eluives in die Welt hinaus. Sie war wahrlich gesegnet, so fühlte es sich zumindest für sie an. Wie es sich wohl für Earon anfühlte Eluive wahrlich zu dienen, in seinem ganzen Sein ihr Lied zu spüren? Sie hatte nur eine blasse Vorstellung davon, wie mächtig dieses Gefühl ihn wohl durchströmen musste. Bei dem Gedanken daran wurde die alabasterfarbene Haut noch etwas blasser, sie wollte wahrlich nicht wissen, wie es war die Gewalt der Elemente in sich zu spüren. Es war gut, dass er der besonnene Druide war und sie die freigeistige Bardin. Nasewackelnd wuselte Kaleya mit einem koboldhaften Grinsen auf den Lippen in das Wohnstübchen der Hütte und sah auf die drei Kinder am Boden, die sich wie immer um irgendwelche kindlichen Angelegenheiten kappelten. „Mo chridhe, ich glaube die Mädchen brauchen dich als Schiedsrichter…!“ Der Eisdrache sah sich das Spektakel noch einen Moment an, das im schwesterlichen Streit ausgebrochen war, bis ihr Vater zu Hilfe eilte und den Streit in bedachter Manier beendete. „Oh, wie ich all das hier vermissen werde…“ Earon, der zwischenzeitlich Elian in die Arme genommen hatte zum Schutz vor seinen streitenden Schwestern, sah Kaleya einen Moment an und wusste instinktiv, was durch den Kopf des blonden Eisdrachen ging. „Es wird eine Zeit geben, in welcher die Hütte wieder nur uns gehört.“ Und jene Worte waren ein leises Versprechen, das den Abschied aus dem Hain erträglicher werden ließ. Den Quell ihrer Muse, ihres Friedens und der Wärme Eluives. Ein letzter wehmütiger Eisblick folgte, als die Familie den schmalen Bergpass entlanglief, der das verborgene Tal von der restlichen Welt trennte. Und der letzte Blick zurück prägte sich tief in Kaleyas Geist ein. Es war wahrlich ein Versprechen.


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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 13 Mai 2021 08:07    Titel: Elians erster Geburtstag
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Wolkenhelle Augen blickten hinaus aus einem Fenster, direkt auf den Wald von Argantfels. Die ersten warmen Sonnenstrahlen des Eluviar verzauberten diesen Ort nahezu, und damit auf den kleinen Jungen, der am 12. Eluviar auf die Welt gekommen war. Jener Zauber hielt an diesem Tage die gesamte Familie Auenbacher in ihrem Bann.

Im Nordquartier der Hüter gab es großes Gewusel und auch lautes Mädchengeschrei. Während der Eisdrache in der Küche stand und sich mit größter Mühe damit beschäftigte einen Erdbeerkuchen zu backen, rannten Anneen und ihre kleinere Schwester Yvaine um den Hauptakteur des Tages herum. Elian sah aus seinen wolkenhellen Augen und im Sitzen nur auf die zwei schwesterlichen Wirbelwinde, während er seinen stoffigen Baumgesellen fest umklammerte und immer wieder an einem der weichen Äste herumnuckelte. Der grüne Stoff war bereits ein wenig angesabbert, doch das störte den jüngsten Auenbacher nicht und so beobachtete er einfach nur still weiter. Insgesamt hatte sich der kleine Knirps in seinem ersten Lebensjahr ganz prächtig entwickelt. Er krabbelte munter durch die Gegend und wagte auch bereits seine ersten wackligen Schritte. Glücklicherweise war Elian ein Kind, dass sehr ruhig war und selten Aufstände machte, er sah sich vieles von Anneen und auch von seinem Vater ab, wenn es um die ruhige Seite ging. Die quirlige Art von Yvaine allerdings, damit haderte er, vor allem wenn sie ihm seinen stoffigen Baumgesellen wegnehmen wollte. Beinahe konnte man behaupten, dass das alte Stofftier bald an dem Kind festwachsen würde. Vielleicht… nein, die Vorstellung wollte Kaleya nicht weiter durchdenken.

„Maamaaa, liest du uns deine neue Geschichte vor? Die von den Kobolden im Wald?“, rief es aus dem Wohnbereich des Nordquartiers und Kaleya musste unweigerlich aufgrinsen. Es schien fast so als hätten die Kinder eine unterbewusste Wahrnehmung dafür, dass der Erdbeerkuchen fertig gebacken war und so dauerte es nur wenige Wimpernschläge, bis Anneen und Yvaine in der Küche standen, um mit großen Augen zu ihrer Mutter aufzusehen. „Das Buch liegt unten im Gemeinschaftsraum. Sei so lieb und geh es holen, Anneen.“ Da nickte der blonde Minidrachen nur und wuselte auch schon los, während Yvaine mit flinken Fingern versuchte noch übrig gebliebene Erdbeeren aus der Schale zu stibitzen, die dort auf der Küchentheke neben dem frisch gebackenen Erdbeerkuchen standen. Kaleya lachte als sie den Versuch bemerkte und hob den Finger tadelnd an. „Aber, lässt du das stehen? Die sind für unseren blättrigen Freund im Wald. Wir bringen es ihm später. Aber nun lass uns mal nach unserem Geburtstagskind schauen.“ Kaleya griff Yvaine instinktiv bei der Hand und lief mit ihr herüber in den Wohnbereich. Dort saß Elian immer noch an Ort und Stelle und blickte fasziniert aus dem Fenster in Richtung des Waldes von Argantfels hinaus. Noch immer nuckelte er dabei an seinem Baumgesellen herum und wirkte mit sich und der Welt absolut im Reinen.

Die Ruhe währte nicht lange, denn Anneen kam gerade mit dem neuen Buch wieder die Treppe aus dem Keller hinauf. Als Kaleya das Buch in den Händen ihrer Ältesten erblickte, musste sie unweigerlich wieder liebevoll lächeln, während sie das Werk an sich nahm. Selbst nach einem Jahreslauf war es noch immer sonderbar, dass Elian ausgerechnet an dem Tage geboren war, da der Hort des Wissens zu Nebelpass seine Pforten das erste Mal geöffnet hatte. Der 12. Eluviar musste wahrlich ein gesegneter Tag unter Eluives warmen Blicke sein. Und so gesegnet war Kaleya auch sehr froh darüber, dass der Hort seit einigen Wochenläufen endlich wieder geöffnet hatte. Kaleya liebte diesen Ort, und sie liebte den Zauber, den jedes einzelne Buch mit sich brachte. Ihre Gedanken schweiften für einen Moment, doch als Yvaine an ihrem Kleidärmel zuppelte, da blinzelte der Eisdrache einmal und schlug das Buch auf. „Dann sehen wir einmal, was unsere lieben Kobolde heute im Schilde führen, aye?“ Yvaine jauchzte begeistert, Anneen nickte und Elian sah Kaleya einfach nur voller Vertrauen aus seinen wolkenhellen Augen an. Als die Geschichte begann, schweifte der Eisblick aus dem Fenster und für einen Moment meinte sie, dass dort in dem von der Nachmittagssonne erstrahlten Wald von Argantfels Schnattelfeu zwischen den Farnen herumschlich, so als würde das Wesen die Erdbeeren bereits riechen, die dort auf der Küchentheke bereitstanden.


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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 13 Jun 2021 10:30    Titel: Die letzte Schlacht
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Geburt und Tod. Leben. Die Melodie der Mutter. Und der letzte Frieden, bevor man in die Schlacht zog. Jede Note war so eigen, und zusammen ergab alles Eins. Sie waren eins. Bis zum Ende, wann immer es sie ereilen würde.

Kaleyas Eisblick sah ein letztes Mal auf die Silhouette des Nordquartiers. Sie wusste nicht, ob sie hier hin zurückkehren würde. Die letzte Schlacht stand bevor und jedes noch so kleine Lebenslicht war nun in größter Gefahr. Die drei Lebenslichter, die ihrem Blute entsprangen waren, weilten seit der gestrigen Nacht in der Sicherheit von Adoran bei ihren Eltern, die Zuflucht bei Freunden gesucht hatte. Niemals würde Kaleya Anneens Gesicht vergessen, als die grübgelben Augen zu ihr aufgeblickt hatten. „Mo chridhe, wir werden uns wieder sehen. Sei stark, für Yva und Elian, hast du das verstanden?“ Der kleine Minidrachen mit den blonden Haaren hatte genickt, und damit Kaleya die Gewissheit gegeben, dass sie mit ihrer kindlichen Ruhe auf die Geschwister Acht geben würde. Lange an diesem Abend hatte Kaleya zum Himmel geblickt, die zuckenden Blitze gesehen und versucht ihre Gedanken zu sortieren. Es war ihr mit einem Lied geglückt. So schnell wie jenes hatten sich die Gedanken niemals aus ihrem Geist befreit und über die Feder auf das Papier ergossen.

— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Die letzte Schlacht

Das Herz schlägt bis zum Hals, die Hände sind so klamm.
In mir da schreit es furchtbar auf, doch ich stehe stramm.
Zuckend, wütend schlägt der Blitz, taghell wird die Nacht,
der Bote trommelt seinen Takt, er ruft zur letzten Schlacht.

Blàths. Ghaoil. Fuaim na beatha.

[Wärme. Liebe. Klang des Lebens.]
Niemals ist ein Kampf vergebens.
Feumaidh mi mo mhàthair a chuideachadh.

[Ich muss Mutter helfen.]
Was immer kommt, in allen Welten.

Unheilvoll beginnt es nun, doch wie wird es enden,
wird der General des Nichts uns den Tode senden?
Wenn Rauch und Funken streben glühend auf,
werden alle Menschen fallen dann zu Hauf?

Blàths. Ghaoil. Fuaim na beatha.

[Wärme. Liebe. Klang des Lebens.]
Niemals ist ein Kampf vergebens.
Feumaidh mi mo mhàthair a chuideachadh.

[Ich muss Mutter helfen.]
Was immer kommt, in allen Welten.

In meinem Geiste ziehen Gedanken wolkengleich,
und mein Gesicht ist angsterfüllt und kreidebleich.
Das Trommeln am Himmel erinnert erneut daran,
jeder wird im Kampfe sein, gleich ob Frau, ob Mann.

Blàths. Ghaoil. Fuaim na beatha.

[Wärme. Liebe. Klang des Lebens.]
Niemals ist ein Kampf vergebens.
Feumaidh mi mo mhàthair a chuideachadh.

[Ich muss Mutter helfen.]
Was immer kommt, in allen Welten.

Der Morgen kommt, ein letztes Licht den Wege weist,
Mutter wird bei uns allen sein, im Herzen wie im Geist.
Wird unser aller irdisches Leben hier und heute enden,
oder göttlich' Kraft die letzte Schlacht zum Guten wenden?

Blàths. Ghaoil. Fuaim na beatha.

[Wärme. Liebe. Klang des Lebens.]
Niemals ist ein Kampf vergebens.
Feumaidh mi mo mhàthair a chuideachadh.

[Ich muss Mutter helfen.]
Was immer kommt, in allen Welten.

- gewidmet der letzten Schlacht gegen das Nichts am 13. Schwalbenkunft 264 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


Niemals fröstelte es den Eisdrachen, doch nun… fror selbst sie und eine Kälte wollte sich ihrer beschleichen, die nur schwer abzuschütteln war. Eine eisige Umklammerung, wie ein Todeshauch. Doch gegen diese Gefühl gab es ein Mittel und sie wusste schon jetzt, dass sie es einsetzen würde. Die Melodie, die als Summen ihrem Munde entsprang, war tröstlich. Es spendete Zuversicht. Es war reinste Wärme, und Liebe. Es war der Klang des Lebens.
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Kaleya Auenbacher





 Beitrag Verfasst am: 17 Jun 2021 17:13    Titel: Ein einziger Herzschlag
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Ein einziger Herzschlag reicht aus, um zu wissen, dass man lebt. Dass man das Schlimmste überlebt hat.

Ein Kreischen war zu hören, dass in Mark und Bein ging. Wildes Stampfen und das Annähern von Füßen. Ein Flackern im Dunkel, dann kurz Stille, wie vor der nächsten Welle. Ein Aufschrei nah am eigenen Ohr, und dann Hände, die gierig und leckend nach einem griffen. Das Gefühl eines Erdbebens in der Umgebung, so als würde man gleich auf die eigenen Füße fallen. Doch man merkt, dass man bereits am Boden liegt. Ein weiterer Augenblick der Stille, dann Flattern die Augenlider angstgeweitet wieder auf. Und was man dann zu Gesicht bekommt, ist der Himmel auf Erden und es lässt das Herz kräftiger schlagen. Poch Poch.

Grüngelbe Augen blickten auf Kaleya herab. Das Gesicht gezeichnet von einem friedlichen Lächeln. Und dann tauchte ein Paar blauer Augen dort auf, so hell wie die eigenen. Und in diesem Moment war die Welt wieder in Ordnung, als der Eisdrache in die Gesichter ihrer Mädchen blickte. „Ihr kleinen Wildfänge, gönnt eurer Mutter doch etwas Schlaf.“ Doch die jüngere Yvaine grinste frech aus ihrem Gesicht, das von rotbraunen Haaren gerahmt wurde. „Schlafen kannst du, wenn du tot bist. Maussseetot, so wie das Nichts!“ Die Worte der Tochter entlockten Kaleya ein Lachen und der kindlichen Wahrheit konnte nichts entgegengesetzt werden. Earon und sie hatten den Mädchen erzählt, was passiert war. Auf eine kindgerechte Art und Weise. Doch sie sollten die Wahrheit wissen, weshalb sie mit den Großeltern in Adoran hatten verharren müssen, während Blitze das Land überzogen und später Erdbeben ganz Gerimor erschüttert hatten. Warum ihrer Mutter Tränen in den Augen gestanden waren, als sie am Morgen der Schlacht von dannen gezogen war. „Na gut, du hast mich überzeugt. Geht in die Küche, ihr kleinen Spatzen… ich komme gleich nach.“ So wurde brav genickt und Kaleya konnte einige Momente für sich nutzen, um ihre Gedanken zu sortieren.

Die Schlacht hatte alles von ihr abverlangt und im Geheimen war sie froh, dass sie vor knapp fünf Jahresläufen begonnen hatte sich im Kampf zu schulen. Sie hatte es damals begonnen, nachdem Anneen geboren war. Doch nie hätte sie erwartet auf diese Weise ihre Fähigkeiten zu nutzen, dem Ende der Welt entgegenstehend. Der Eisdrache war froh um jeden falsch gestoßenen Fechthieb, um jeden verschossenen Bolzen, um jede Beule in ihrem Drachenschild. Und diese Erkenntnisse brachte noch etwas mit sich. Sie war nicht mehr nur die ehemalige emsige Meisterschneiderin. Sie war nicht mehr nur die lebensfrohe Bardin. Sie war nicht mehr nur Mutter von drei zauberhaften Kindern. Sie war nicht mehr nur die Leiterin der Hüter des Nordlichts. Und sie war auch nicht mehr nur eine Hüterin im Hort des Wissens zu Nebelpass. Sie war zu einer Kämpferin geworden. Heimlich, still und leise hatte sie sich mit dem Kampf vertraut gemacht. Und das hatte ihr vor ein paar Abenden das Leben gerettet. Poch Poch.

Der Blondschopf wurde gewuschelt und sie versuchte ihre Gefühle zu ordnen. So wie auch schon am Vorabend, als sie wie von selbst ein weiteres Lied über die Ereignisse der letzten Schlacht geschrieben hatte. Der Eisblick klebte einen Moment auf dem Papier, sog die Liedzeilen förmlich ein, die dort in blauer Tinte geschrieben standen. Und dann legte sie den Liedbogen achtsam beiseite und hauchte leise ein paar Worte, die von der Stille des Schlafgemachs verschluckt wurden, als sie jenes wuselnd verließ. Die gesprochenen Worte waren wie das Nichts verschluckt worden und zurück blieb der Liedbogen mit dem achten Lied des Himmelriss Zyklus.

— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —

Vom Ende des Nichts

Hunderte Blitze stürmen wie Heerscharen auf uns ein,
sie künden das Vergessen tosend und zerstörerisch an.
Am Blutdenkmale stehen die fünf Völker nicht allein,
die Herrin des Lichts prescht voller Zuversicht heran.

Funken verglühen im Schwarz der Welt,
göttliches Licht auf unseren Antlitz fällt.
Und das Vergessen wird vergessen sein,
unter der Sterne so glänzenden Schein.

Am Himmel fechten Selene und selbst Kryndlagor,
sie beschützen Eluives Schöpfung mit all ihrer Kraft.
Klirrend fällt herab, was voreinst das Ende beschwor,
nichts außer Kristallstaub bleibt, es scheint geschafft.

Funken verglühen im Schwarz der Welt,
göttliches Licht auf unseren Antlitz fällt.
Und das Vergessen wird vergessen sein,
unter der Sterne so glänzenden Schein.

Drei Funken regnen vom Himmel, der Weg wird gezeigt,
und aus den Fragmenten wird der Schlüssel zum Siegen.
Vor dem erschienenen Protektor sich niemand verneigt,
sind rudimentäre Kreaturen, oh närrische Eintagsfliegen!

Funken verglühen im Schwarz der Welt,
göttliches Licht auf unseren Antlitz fällt.
Und das Vergessen wird vergessen sein,
unter der Sterne so glänzenden Schein.

Die nachtschwarzen Klauen dringen nicht durch den Wall,
das Heer der fünf Völker hält dem Protektor weiter stand.
Horteras Stern geboren aus Fragmenten bringt ihn zu Fall,
und so geschah's als das Nichts aus Ala'thair verschwand.

Funken verglühen im Schwarz der Welt,
göttliches Licht auf unseren Antlitz fällt.
Und das Vergessen wird vergessen sein,
unter der Sterne so glänzenden Schein.

- gewidmet dem Sieg über das Nichts am 13. Schwalbenkunft 264 -


— — — — — ⊰ ✴ ⊱ — — — — —


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