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Gedanken, Erinnerungen, lose Zettel: Aus einem Notizbuch
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Gedanken, Erinnerungen, lose Zettel: Aus einem Notizbuch
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 22 Jul 2019 00:13    Titel:
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    (aus: Der Wert liegt im Detail)


    Ewigkeit.
    Niemals endend.
    Für immer.
    Ewig.

    Das schiere Ausmaß des Konzepts der Ewigkeit war etwas, das sich dem menschlichen Geist stets wieder entzog, wenn man einmal vermeinte, es sich erfolgreich vorgestellt zu haben. Und dann war es immer noch unendlich viel länger, unendlich viel weiter, unendlich viel unendlicher.

    Eine Ewigkeit lang alles gesehen zu haben, alles gehört zu haben, alles gefühlt zu haben.
    Eine Ewigkeit lang alles zu kennen, alles zu wissen.
    Eine Ewigkeit lang alein zu überdauern.
    Eine Ewigkeit lang einsam.

    Obschon es vermessen, und vielleicht auch unsinnig, war, sich in das Wesen des Schemens einfühlen zu wollen, schnürte der Gedanke an eine derartige Existenz ihr das Herz zusammen. Für sie selbst bei dem Gedanken, so existieren zu müssen. Für die Kreatur bei dem Gedanken, dass er so lebte.
    Eine Ewigkeit lang.

    Ursprünglich hatte sie für sich beschlossen, auf keinen Fall mitzugehen um seine Herausforderung anzunehmen. Weder Gier noch kriegerische Herausforderung erschienen ihr sonderlich reizvoll. Nun allerdings...
    Es war unerwartet tröstlich gewesen zu hören, dass er nicht nur in ihr ein Gefühl der Sorge und des Mitleids ausgelöst hatte. Und als der Gedanke gefallen war, dass die Annahme dieser Herausforderung womöglich auch einen Weg darstellen könnte, zu helfen – nachhaltiger zu helfen, als sich nur als kurzfristige Ablenkung anzubieten, als flackerndes, verlöschendes Lichtlein in ewiger Nacht – hatte auch Elinor sich eingestehen müssen, dass ihr Entschluss vielleicht überdacht gehörte.

    Nachdenklich ging ihr Blick zu ihrer Teetasse, die am anderen Ende des großen Gemeinschaftstisches stand wie für einen unsichtbaren Gast, der dagewesen aber wieder fort war. Eine kleine Geste, so hilflos wie bemüht wie – aller Wahrscheinlichkeit nach – sinnlos.
    Trotzdem. Vielleicht war die Geste etwas wert. Und wenn nur, belächelt zu werden.
    Eine neue Tasse wurde gegriffen und befüllt. Es gab Arbeit zu tun, und es arbeitete sich am Besten mit Tee. Mochten die Götter Feliciana segnen für den Tee, den sie wieder mitgebracht hatte.



    Samt Teetasse wandte sie sich den Bücherregalen zu. Seit dem Einsturz des alten Gebäudes und Einzug in den Neubau waren die wenigen Schriftwerke, die das Unglück überlebt hatten, immer noch nur notdürftig sortiert, zum Teil bereits in neue Regale gestellt, zum Teil noch in Bücherkisten. Einige wiesen noch Spuren des Staubes auf, der sich allgegenwärtig über die Ruine gelegt hatte, die einst das Konzil gewesen war.
    Es war weniger leicht, die Suche einzugrenzen, als sie gedacht hatte. Was erhoffte sie sich? Informationen. Hintergründe zu jenem Wesen, vielleicht einen Namen, eine Geschichte. Hatte womöglich einst ein Forscher oder Liedwirker existiert, der in seinem Streben, alles zu erkunden, alles zu lernen, sich in diesem Drang verloren hatte? Und falls ja, gab es Zeugnisse davon, Berichte, Tagebuchaufzeichnungen? Doch die Ewigkeit hatte die Eigenheit, ewig zu sein. Was, wenn diese Person in einer Zeit gelebt hatte, lange bevor schriftliche Dokumente existiert hatten? Mochte es zumindest noch Legenden geben, die ihn kannten? Oder war seine weltliche Existenz für alle Zeiten vergessen?

    Vergessen...

    Doch für den Moment blieb die Suche, zumindest im Konzil, erfolglos. Alfaran, der mancher Tage eine wahre Nachteule war, versprach, durch alte Inventarslisten zu sehen – und auch wenn die Aussicht auf Erfolg eher gering erschien, war Elinor dankbar, dass der Arcomagus seine kostbare Zeit dafür zu opfern bereit war.

    Blieb der Hort des Wissens – der, obschon seit kurzem ein Gesamtkatalog über die eingeordneten Bücher bestand, immer noch kistenweise unsortierte Bücher verbarg.
    Es versprach, eine lange, einsame Nacht zu werden.
    Aber nur der Bruchteil eines Wimpernschlages eines Sandkörnchens der Ewigkeit.






Zuletzt bearbeitet von Elinor Tiefenbruch am 22 Jul 2019 00:28, insgesamt einmal bearbeitet
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 01 Aug 2019 09:42    Titel:
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    (aus: Der Wert liegt im Detail)


    Bisher war die Suche nach Hinweisen oder Informationen über dieses Wesen erfolglos geblieben. Noch mochte sie aber nicht aufgeben.
    Nachdem Regiment und Ritterschaft ihre entgültige Entscheidung gegen die Expedition getroffen hatten, war vermutlich zumindest mehr Zeit, sich mit der Recherche zu befassen.

    Leise schloss Elinor das letzte durchblätterte Buch, einen staubigen Folianten, einer der wenigen, der aus der Ruine des alten Konzils gerettet werden konnte. Es fehlte an Aufzeichnungen mündlicher Überlieferungen der ferneren Vergangenheit. Womöglich war das Wissen über dieses Wesen vergangen mit den letzten Leuten, die darüber gesprochen hatten. Wer wusste schon, vor wievielen Jahren.

    Jedenfalls war es ein Dilemma.
    Sie stimme mit Feliciana absolut überein, dass hinter diesem Wesen mehr steckte als ein beliebiger „Feind“ der aus Jux und Dollerei etwelche Spielchen mit den Lebenden veranstaltete. Zwar war es gefährlich, zu viel in die Kreatur und seine Intentionen hineinzudenken – aber zumindest gab es zunächst keine Anhaltspunkte für tatsächliche Bösartigkeit.
    Aber eben auch nicht für ein friedliches Wesen.

    Sie war schon zuvor hin- und hergerissen gewesen. Die Herausforderung selbst war vom Schemen klar formuliert worden als eine riskante Unternehmung, die sich an Jene richtete, die von Gier oder Abenteuerlust getrieben wurden. Ein ewiger Kreislauf, inszeniert durch ihn – in welchem Rhythmus? Zu welchem Zweck? War es nur Abwechslung im monotonen Grau der Ewigkeit, oder steckte mehr dahinter?
    Eingangs war sie recht entschlossen gewesen, sich davon fernzuhalten und die Herausforderung anderen zu überlassen. Ihre Stärke hatte noch nie auf dem Schlachtfeld gelegen.
    Dann hatte großer Konsens geherrscht, gemeinsam zu gehen. Dem hätte sie sich bereitwillig angeschlossen – im hinteren Teil der Gruppe, zwar auch als Unterstützung, vorrangig aber in der Hoffnung, mehr über das Wesen zu erfahren.
    Der Konsens war wieder vergangen – und in diesem Fall konnte es Elinor Ritter Heinrik nicht verdenken, dass seine Entscheidung gefallen war, wie sie nunmal gefallen mal. Auch, wenn sein Versuch, ihr die Teilnahme zu „verbieten“ lächerlich war. Aber angesichts des Umstandes, dass es sich um Ritter Heinrik handelte, musste man über die Formulierung hinwegsehen und sich auf den Inhalt konzentrieren: Eine deutliche Bitte, aus fundierter Sorge geboren.
    Das Risiko war in der Tat nicht abzuschätzen, der Einsatz aber nicht notwendig. Es bestand durchaus die Möglichkeit, geduldig abzuwarten – und sollte in der Tat niemand sonst der Herausforderung nachkommen, so konnte man immer noch handeln. Aber Gier und Wagemut waren auf Gerimor weit verbreitet, man musste davon ausgehen, dass sich die Dinge entwickeln würden.

    Nur um die Möglichkeit, mehr herauszufinden, war es definitiv schade.
    Aber vielleicht ergab sich spätestens bei der erhofften Rückgabe der abhanden gekommenen Gegegenstände eine Möglichkeit, nochmal ins Gespräch zu kommen.
    Und dann waren da noch die Bücher...


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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 25 Aug 2019 19:25    Titel:
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(aus: Der Wert liegt im Detail)


___________________________________________________________


    -V-.
    Ein abgegriffener, alter Ledereinband. Verblichene Seiten. Vergilbter Schnitt. Penible Handschrift.
    Vorsichtig, sanft, fast liebevoll streicht sie über das „V“.

    Eine Erinnerung.
    Ein Leben. Ein Herz. Ein Mensch.

    „Ihr werdet nicht vergessen,“ wiederholt sie ihr stilles Versprechen in die leisen Räume des Horts, als die Abschrift fertig ist, eine Abschrift die sich bemüht, Schrift und Papier und Seele des Buches gleichermaßen zu kopieren.

    Ein Buch.
    Ohne Kommentar liebevoll in die Auslage des Horts gelegt, das Original sorgsam daheim gehütet.

    Ein Bekannter. Ein Lehrer. Ein Vertrauter.
    Unvergessen.


___________________________________________________________
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 18 Okt 2020 16:32    Titel:
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    Das Knarzen von Dielenbrettern überönt die Stimmen, die Schritte, das Knirschen von Wagenrädern auf Kopfstein vor der alten Türe. Noch einen Moment ist es still im Haus - Gerwald schon wieder seit einem Tag im längeren Einsatz, die eigenen Taschen gepackt. Alles wie vor diesem turbulenten Jahr - als wäre kaum ein Tag dazwischen vergangen.
    Zeit aufzubrechen. Den bekannten Weg zum Hafen herunter, aufs Schiff.
    Den unscheinbaren Stab genommen, ein letzter Blick durchs Haus.
    Unterwegs. Zurück.


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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 25 Nov 2020 22:39    Titel:
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    (aus: Akt I: Die Stille)


    Kälte kroch durch die Straßen Adorans, brachte den Geruch verwesenden Laubes und feuchter Erde mit sich und einen ersten Vorgeschmack auf den Winter.
    Elinor flüchtete fröstelnd in ihr Haus, das ihr leer und still und fremd vorkam.

    Auf den ersten Blick war ihr Gerimor erschienen, als hätte sie nicht länger als einen Tag daheim in Werlental verbracht. Wäre da nicht der elende Riss am Himmel, der sich wie ein düsteres Mahnmal über den Himmel zackte, alles sähe aus wie immer. Aber nichts war wie immer.

    Das Licht in der Oberstadt war gestern nicht mehr zu sehen gewesen, hatte Korporal van Dragane berichtet. Das ging Elinor nicht aus dem Kopf. Licht, das aus einem Haus gestrahlt war, und die Hoffnung auf dort verbarrikadierte Überlebende befeuert hatte. Als die Aussicht auf baldige Fortsetzung der Offensive und damit einhergehende Befreiung der Oberstadt noch in greifbarer Nähe erschienen war, schien das Licht eine standhafte Selbstverständlichkeit. Natürlich würde man etwaige Überlebende rasch befreien!
    Dann hatte sich die Hoffnung auf schnelle weitere Erfolge zerschlagen, als der rote Nebel sich in Berchgard ausgebreitet hatte. Und nun war das Licht fort.
    Vielleicht war es der düsteren Stimmung und der Kälte geschuldet, doch heute fiel es Elinor leichter als zuvor, sich die Angst etwaiger Überlebender vorzustellen, die in der Oberstadt von rotem Nebel und Kristallwesen eingekesselt waren. Deren Hoffnung während der Offensive womöglich aufgeflammt war, nur um dann bitter enttäuscht zu werden. Die die abziehenden Truppen von oben beobachten konnten – sie aber nicht mehr zurückkehren sahen. Die sich womöglich vergessen oder aufgegeben fühlten, während vielleicht die letzten Vorräte Brennholz zur Neige gingen und die Kälte unter der Türschwelle hindurch in das Haus kroch, und mit den ersten Vorgeschmack auf den Winter brachte. In eine Stadt, die plötzlich leer und still und fremd war.

    Elinor schüttelte die Emotionen ab. Mitgefühl in allen Ehren, aber es war wichtig, einen kühlen Kopf zu bewahren. Also!
    Es sei Wochen, Monate hergewesen, dass Berchgard gefallen war, hatte Herr Felsschläger zu recht angemerkt. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Licht überhaupt von Überlebenden herrührte, war im Grunde wohl gar nicht derart groß. Es gab andere mögliche Gründe für ein Licht aus einem der Häuser. Eine Lichtreflexion in einem Fenster vielleicht.
    Und falls es so doch Überlebende waren, warum sollten sie ausgerechnet jetzt in größere Not geraten, als es vorher schon der Fall war? Auch wenn man wohl nicht unterschätzen durfte, dass etwas – oder eben jemand – den Nebel und die Kristallwesen in gewisser Weise herausgefordert hatten. Das konnte womöglich auch hypothetische Überlebende betreffen.

    Wenn man ihnen – den hypothetischen Überlebenden, falls es sie gab – ein Zeichen geben konnte, das würde doch reichen, um Hoffnung zu wecken.
    Sie hatte an der Nordflanke des Bergmassivs gestanden und den kalten, grauen Stein empor gestarrt bis an jene Stelle, an der man sich fast schon einbilden konnte, die Dächer der Oberstadt zu sehen. Oder waren es tatsächlich ihre Dächer?
    Zum Klettern viel zu steil, hatte Moira ernst verkündet. Elinor hätte auch einen maßgeblich weniger steilen Berg nicht erklimmen können. Aber etwas anderes konnte sie. Fliegen. Theoretisch. Die Sache mit der Magie war aktuell so eine Sache. Andererseits hatten aber auch etliche Kampfmagier bei der Offensive in Berchgard keinen auffälligen Schaden davongetragen oder verursacht… theoretisch war es also einen Versuch wert. Aber erst musste sie darüber schlafen. Etwas übers Knie zu brechen war noch nie hilfreich gewesen.

    Doch als sie unter die Bettdecke schlüpfte, einen letzten Blick auf die Regimentssammelfigur ihres Mannes warf – Schütze mit Hasenpfote! - und noch einen Moment den Geräuschen des nächtlichen Adorans lauschte, kroch die Kälte einmal mehr mit unter ihre Decke und ließ sie frösteln.


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