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Eine unendliche Geschichte
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Eine unendliche Geschichte
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 07 Nov 2020 19:14    Titel: Eine unendliche Geschichte
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Wenn Schwingen die Schritte tragen – Endlich daheim

Der kühle Wind wehte um ihre Nase und die roten Strähnen flogen ihr durchs Gesicht. Sie stand – wie vor langer Zeit – wieder am Bug des Schiffes, welches sie vom Festland und ihrer langen Pilgerreise zurück brachte. Zurück..
Vor jener Zeit wusste sie nicht mal, was jenes Wort bedeutete. Doch jetzt und hier spürte sie, dass es sie so anzog, wie der Mond die Flut. In Raia wuchs eine innere Kraft empor, eine Euphorie, die sie kaum zu bändigen vermochte. Wäre sie alleine auf dem Schiff gewesen, hätte sie wohl laut gesungen, getanzt oder gelacht – wer vermag es zu sagen.
Doch in ihrer selbst auferlegten Ruhe und Besonnenheit stand sie einfach nur da. Die Hände fest um das feuchte Holz der Reling gelegt und die sehnsüchtigen Augen auf Alathair gerichtet. Es war lange her, dass sie von solchen Gefühlen ergriffen worden war. Und sie wusste genau, wann das gewesen war. Für einen Moment durchzog sie der Schmerz als sie die Bilder vor Augen hatte, da ihre Heimat Varuna in Flammen stand und Kryndlagor seine zerstörenden Schwingen über der Stadt ausbreitete. Jener Tag als Raia Varuna und die Insel verließ war das letzte Mal, dass sie sich heimisch fühlte.
Mit dem nächsten Windhauch verabschiedete sich der alte Schmerz so schnell wie er gekommen ward und nur kurz atmete Raia einmal durch.
Jetzt sah sie eben jener Heimat wieder entgegen und sie wusste, dass sie daheim war. Hier und nirgends sonst konnte ihr Zuhause sein. Das Lächeln auf ihren Lippen manifestierte sich.
Das Kloster der Lichteinigkeit war wahrlich zu ihrem Zuhause geworden und doch wäre der Ort an sich ersetzbar – bis auf den Baum des Lichts gewiss.
Es waren die Menschen, die dort lebten oder den Ort belebten, die jene Sehnsucht in ihr auslösten. Sie machten die Gemäuer zu ihrem Zuhause und dem schönsten Ort der Welt – Raias kleiner Welt.

Langsam tauchten sie vor ihr auf, die Gesichter jener wunderbaren Gefilde. Johanna, Antorius, Aurael, Berenguer, Beak... Andra, Darius, Cyrius und die anderen Wächter und Bewohner Schwingensteins. Raias rehbraunen Augen funkelten inniglich als sie an jene Menschen dachte und ihre Lippen verließ das intensive Lächeln nicht.

Endlich konnte sie sie sehen, die Ufer Bajards und langsam tat sich der Hafen vor ihr auf! Nun entglitt ihr doch ein kleiner Juchzer, so sehr stieg die Vorfreude in ihr auf! Endlich daheim!

Kaum waren die Planken hinabgelassen, sprang die zierliche Akoluthin freudstrahlend von Bord des Schiffes. In Bajard verteilte sie noch einige Gabe an Bedürftige, ehe sie, der Sehnsucht nicht mehr trotzen könnend, nach Schwingenstein aufbrach.

Dort angekommen... war niemand da... Temoras Prüfungen – gerade was Raias mangelnde Geduld anging – waren immer wieder äußerst anspruchsvoll...

Am frühen Abend, während Raia erst durch das Kloster und dann durch Schwingenstein geschlendert war, traf sie – nicht minder überrascht- Beak und die Freude über jenes Wiedersehen entfachte die Euphorie und den kindlichen Enthusiasmus aufs Neue.
Die Nachrichten des Kommandanten und schon ewigen Bekannten... Freund... waren nicht erbaulich, doch konnten sie Raias Tatendrang und den Wunsch zu helfen, wo eben möglich, nicht mindern.

Temora hatte sie nicht ohne Grund zu jener Zeit nach Hause geschickt.
Und doch.. in der Nacht träumte sie sehr intensiv von Varuna und sie war sicher, dass es die Projektion mit Berchgard war.. Temora möge allen beistehen, dass es anders enden würde. Und so stand Raia im Morgengrauen vor der Lichtherrin Antlitz und betete viele Stunden für Berchgard, für eine Lösung und insbesondere für die Menschen!
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 07 Nov 2020 19:15    Titel:
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Zwischen Flügeln und Wurzeln

Die Blaumeise fliegt ihre Runden durch den Klostergarten und Raia folgt ihr ab und an mit ihrem Blick. Der Herbstwind weht heute sanft und mit milder Luft durch den abgeschiedenen Garten – umgeben von den alten Mauern, die so viel Ruhe und Kraft ausstrahlen.
Endlich ist sie wieder zu Hause. Die Pilgerreise hatte viel mehr Zeit in Anspruch genommen als ursprünglich geplant. Um so sehnlicher war der Wunsch endlich wieder Daheim zu sein. Das jenes Zuhause das Kloster der Lichteinigkeit sein sollte, hätte sie nie zu träumen gewagt.
Ihre Wege waren weit und verschlungen gewesen, bis sie hier endlich angekommen war. Die gesamte Reise hatte sich Raia mit ihrem früheren Sein und ihrer heutigen Existenz beschäftigt. Nun fühlt sie sich mit sich im Reinen – zumindest was die Vergangenheit anbelangte.
Raia wusste ja, dass Pilgerreisen wichtig waren, um die Perspektive zu wechseln, den eigenen Horizont zu erweitern und Temoras Lehren in die Welt zu tragen. Doch für die nächste Zeit hoffte sie inständig, dass keine längere Reise mehr anstehen sollte.
Gedankenverloren spielt Raia am Ziergras, welches neben der kleinen Bank unter dem Apfelbaum wächst. Auf eben jener Reise hatte sie hauptsächlich in Waisenhäusern gedient und immer mehr erschien ihr der Gedanke der Demut näher zu kommen. Während Amyra im Zeichen des Mitgefühls sie zum Kloster lenkte und lange Zeit ein wichtiger Wegweiser war, spürt Raia mehr und mehr, dass sie sich auch oder noch mehr Ilara zum Vorbild nahm. Es war alles andere als einfach und klar.

Raias Stirn kräuselt sich und ein schwermütiger Blick verrät das innere Zwiegespräch.
Es ist wahrlich nicht leicht mit sich selbst ins Gespräch zu kommen – manchmal. Was genau störte sie denn eigentlich? Temora würde ihr den Weg zu sich selbst, zu ihr, zu ihren Kindern schon weisen – wie immer. Wenn es eine sichere Konstante gab, dann war es ihr unerschütterlicher Glaube an die Lichtbringerin. Was also grämte sie – was trieb sie um?

Seufzend schlendert sie auf leisen Sohlen durch den kleinen Klostergarten. Der Blick verliert sich immer mehr in den bunten Farben des Herbstes.

War es wahrlich nur die Frage nach Amyra oder Ilara? War es nicht viel mehr die weitergehende Frage, wer sie wirklich war und sein würde?
Vermutlich würde man sie als ruhige und höfliche Akoluthin beschreiben, die nicht viel mehr von der Welt versteht als es die Mauern des Klosters zulassen. Und Raia war ja auch stets sehr bemüht eine vorbildhafte Akoluthin abzugeben, um Temora und der Welt ihre Dankbarkeit zu zeigen, dass sie jene Chance erhalten hatte.
Aber wer war sie noch? Gab es noch eine andere Raia neben der Geweihten? Und wenn ja, wofür?

Raia blickt hinauf zum Himmel und ihr Blick verrät, dass sie sich bereits bei Temora für ihre unzähligen und kindlichen Fragen entschuldigte.

Eines Tages würde sie es schon wissen und jetzt hatte sie sich genug um sich selbst gekümmert. Es gab viel zu viel zu tun und wahrlich wichtigere Belange, um die sie sich zu kümmern hatte – vor allem um die Menschen, die in jenen Zeiten voller Sorge waren.

Als der Fuß die steinerne Treppe zum Klosterinneren betritt, kehrt das ruhig Lächeln zurück und mit den nächsten Schritten weichen auch die Sorgenfalten von ihrer Stirn.
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 04 Dez 2020 21:19    Titel: So nah und doch so fern...
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Clamavi de Produndis – Far over the misty mountains

Es war deutlich kälter geworden und die letzten Blätter hatte der gestrige Wind von den Bäumen geweht. Raia saß über einem halbfertig geschriebenen Brief ganz oben in der Bibliothek und ihr Blick war schon einige Zeit ins Land geschweift. Von hier oben hatte man einen herrlichen Ausblick! Sie sah vage gen Festland und seufzte leise auf. Johanna und Aurael waren irgendwo da draußen und sie fehlten ihr. Raia hing nicht einfach so schnell an Menschen, aber ihre Brüder und Schwestern und auch die Klosterwache, waren ihre Familie. Lächelnd erhob sie sich vom Stuhl und stellte sich direkt ans Fenster. Ihr Blick fiel auf den Baum des Lichtes, die weitläufige Klosteranlage und auf die darunterliegende Klosterwache. Es war doch wirklich das schönste Fleckchen Erde, welches sie kannte. Lächelnd zog sie das warme Wolltuch enger um sich und mit einem tiefen Atemzug nahm sie die kalte Winterluft in sich auf. Es war die letzten Tage, Wochen gar, so viel geschehen, dass Raia das erste Mal Zeit fand alles nochmal Revue passieren zu lassen. Dem Geschehen so nah und doch so fern!

Der Angriff auf Berchgard und der Versuch der Rückeroberung, gemeinsame Besprechungen aller Beteiligter, das wunderbare Bürgerschaftsgespräch mit Vogtin von Thronwall, Seelsorgegespräche, Waffenweihen, ihr erster Unterricht für Skorgrim und ihr erster öffentlicher Unterricht im Glaubenshaus – dessen Leitung sie nun erhalten hatte. Die Unterrichte auf Menek`Ur waren interessant, lehrreich und ein wenig .. Nun ja, die Diplomatie stand bisher noch nicht auf ihrem Unterrichtsplan. Alle Völker und selbst die Völker an sich hatten immer mal wieder Themen, die es zu besprechen galt. Die Kommunikation ist die Brücke zwischen den Kulturen, deren Unterschieden und Gemeinsamkeiten. Es bleibt spannend! Nur Raia mochte es gar nicht so gerne allzu spannend… Nun gut! Das waren wohl die Prüfungen, die Temora ihr auf ihrem Pfad zur Lichtherrin selbst auferlegte und sie würde sie meistern – bestimmt! Den Prüfungen so nah und doch so fern!

Und dazwischen gab es noch zahlreiche Begegnungen… Allen voran: Der König war zu Gast im Kloster gewesen! Aufregend und beruhigend gleichermaßen, so war er doch direkt heraus und – irgendwie sogar bodenständig. Seine unvermittelten Fragen – auch an Raia selbst – hatten sie ein wenig überfordert und bis jetzt war sie sich nicht sicher, ob sie sich halbwegs manierlich und respektabel verhalten hatte. Bisher waren ihres Wissens nach zumindest keine Rügen eingegangen. Dem König so nah und doch so fern!

Überhaupt hatte Raia das Gefühl, dass sie immer mehr aus den sicheren Klostermauern hinausgeführt wurde und sich der Welt dort draußen, die sie lange doch eher gemieden hatte, stellen musste. Doch sie war nicht alleine. Hochwürden Antorius, der sich voller Geduld und Hingabe um sie kümmerte, war sehr geschickt im Gleichgewicht zwischen Fördern und Fordern, Berenguer forderte sie gerne und viel und dennoch wusste sie um seine stetige Unterstützung. Und Beak hielt Raia nicht nur, wenn sie tatsächlich strauchelte, weil sie mal wieder verträumt über Wurzeln stolperte, sondern, wenn diese große Welt sie mal wieder sichtlich überwältigte. Andra war ihr immer ein Rätsel. Vor allem, da Raias Gefühl versprach, dass Andra immer für sie da sein würde und das auf viele verschiedene Arten. Cyrius wurde ihr immer vertrauter und sie empfand seine humorvolle Art als wahrlich erfrischend. Doch dahinter mochte sich ein sehr loyaler und tapferer Mann verbergen. Sie hoffte inständig, dass sie jenen Menschen, die ihr so viel gaben, auch Selbiges zurückgeben konnte. Den geliebten Menschen so nah und doch so fern!

Raia ging zu ihrem Platz zurück und sah auf den unvollendeten Brief hinab. Die Finger strichen über die mittlerweile getrockneten Lettern. Ein Wenig schürzte sie die Lippen und fragte sich, ob dieser Brief angemessen und richtig war. Nun ja.. ein Geschenk. Nicht mehr… vermutlich.
Leise lachte sie auf, schüttelte den Kopf über sich selbst und schrieb den Brief zu Ende. Als das Kloster bereits im tiefen Schlaf weilte, hörte man das leise Rascheln der Robe, das Gras am Baum des Lichts unter den Füßen und dann versank die Akoluthin in ein langes stilles Gebet – Der Welt so nah und doch so fern…


Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 05 Dez 2020 07:35, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 10 Jan 2021 10:56    Titel:
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Winterwelten

Wie so oft hatte Raia sich ganz oben ins Turmzimmer des Klosters zurück gezogen, umgeben vom Duft alter Bücher und des Nebelwaldes. Mochte es wirklich irgendwo einen friedlicheren Ort geben? Vermutlich nicht..
Sie war direkt nach einem heißen Bad hinauf gegangen und flechtete ihre roten langen Haare im Blindflug zu einem seitlichen und ordentlichen Zopf. Anders waren die rötlichen Wellen kaum zu bändigen und im Alltag des Klosters doch eher hinderlich.
Sie wechselte das Fenster und sah gen Berchgard.. Vage, und die in Schnee getauchte Landschaft machte eine Ortung nicht leichter, erkannte sie noch die Schemen.
.. Jeden Abend betete sie für eine baldige Lösung und vor allem auch Erlösung.. Sie vertraute denen, die sich emsig und unnachgiebig bemühten, kämpften und tüffelten. Es musste eine Lösung geben... Denn sonst.. Wer weiß es schon... Für Raia gab es kein "sonst". Zu innig und fest war ihr Glauben an die Lichtherrin und Ihre Streiter.
Noch ein tiefer Atemzug und die kalte frische Winterluft durchströmte ihre Lungen und füllte den Körper und Geist mit neuer Energie. Lächelnd schloss Raia das Fenster und stieg die steilen Treppen hinab. Früher hatte sie die unzähligen Treppen des Klosters noch gerne gezählt - heute kannte sie jede auswendig.
Ihre Finger glitten an den steinernen geschwungenen Wänden entlang und sie musste leise Lachen.. Ob sie wahrlich für immer im Kloster leben würde? Was würde das Leben und vor allem Temora noch für sie bereit halten wollen?
Zufrieden und ausgelassen führten sie ihre Schritte in die klösterliche Küche.
Ein wenig aufgeregt, vor allem aber freudig, begann sie das reichhaltige Winterbuffet zu bereiten. Sie hatte sich für ein offenes Buffet entscheiden, um die verschiedenen Geschmäcker besser kennenzulernen, um zukünftig die Gerichte danach aussuchen zu können. Ausserdem machte ihr es immer noch am meisten Spaß, anderen eine Freude zu bereiten..
Nach einem langen und freudigen Tag, zwischen Küche, Garten und Weinkeller, stand sie am frühen Abend relativ zufrieden in der Klosterküche und sah sich um..
Das wird bestimmt schön und sie liebte es, wenn buntes Treiben das sonst so ruhige Klosterleben unterbrach.. Und wenn nur für einen Abend.
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 12 Jan 2021 11:40    Titel:
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Raia wandelt durch das imposante Kirchenschiff und findet die Tür zum Klosterinneren dank Cassius geöffnet vor. Ein dankbares Neigen des Kopfes folgt ihm gegenüber und ihre Schritte lenken zu ihrem Zimmer. Doch mitten im Kreuzgang hält sie inne und geht die zwei Stufen zum Baum des Lichts inmitten des Klostergangs hinab.

Vor jenem kniet sie sich in den Schnee und legt den Kopf in den Nacken, um in die glitzernde Baumkrone hinauf zu sehen. Sie hockt sich gänzlich hin und bettet die Hände in ihren Schoß, den Blick fest in der Baumkrone verankernd.


„Oh Temora, welch Wege und Würden Du mir schenkst.. Wie habe ich das verdient? Du segnest mich mit einem derart schönen Leben, dass ich es an Tagen wie diesen kaum zu fassen wage. Die Winterluft ist rein und erfrischt den Blick aufs Wesentliche. Meine Liebe zu Dir ist grenzenlos und doch spüre ich, dass mein Herz groß genug scheint, um auch weiteren Menschen gerecht werden zu können. Oh, Lichtherrin, glaubst Du das auch? Kann ich Dir genug dienen, wenn ich anderen Liebe schenke? Was erwartest Du von mir für all das Glück, welches Du mir bescherst?“


Der Blick ist weiterhin fest im Glitzer des Heiligtums verankert und ihr Herz schlägt ruhig und doch intensiv nach jenem Gebet. Mit niemanden war es ihr möglicher in jene Zwiegespräche zu gehen als mit der Herrin selbst. Und sie war sich gewiss, dass die Antwort alsbald zu erblicken sein würde.

Als die Nässe des schmelzenden Schnees unter ihren Knien allmählich fröstelnde Kälte zum Körper durchdringen lässt, atmet sie noch einige Male tief ein und erhebt sich. Nebensächlich streift sie den Schnee von der Robe und geht noch einen Schritt weiter auf den Baum zu.
Raia legt ihre Hände an die urige Rinde und streicht mit den Fingerspitzen über den knorrigen Untergrund.


Was bin ich mit Dir... was wäre ich ohne Dich?



Lächelnd und voller inniger Freude führen sie ihre Schritte zum Schlafsaal, wo sie ihr Bettlager hat. Ein kurzer Blick auf die sonst leeren Betten. „Ein wenig mehr Leben wieder im Kloster.. ja, das wäre auch schön. Aber ich habe alles, was ich brauche und bin so dankbar!“

In gänzlicher Zufriedenheit und dem Hauch von Aufregung fällt sie in einen tiefen und traumreichen Schlaf..


Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 12 Jan 2021 15:19, insgesamt einmal bearbeitet
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 21 Jan 2021 22:04    Titel:
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Das Knirschen des Schnees

Es waren die kleinen Schritte des Lebens, welche oftmals das Ziel erreichen ließen.
Und manchmal waren es schon längst bekannte Schritte, die gänzlich neue Spuren hinterließen.

Raia hatte die Robe einen Deut angehoben und schritt durch den frischen Neuschnee der letzten Nacht. Der kalte Atem dampfe bei jedem Schritt in die eiskalte Morgenluft. Am Rande Schwingensteins blieb sie stehen und sah um sich herum. Es war eine imaginäre Grenze, die sie nur im äußersten Notfall alleine überschreiten würde. Nichts war an jener Situation wirklich gefährlich und dennoch empfand Raia es immer als ein kleines Abenteuer, die Grenzen entlang zu streifen.

Ein kleines schelmisches Lächeln stahl sich auf ihre Lippen und sie beugte sich hinab, nahm mit der behandschuhten Hand Schnee auf und formte ihn mit beiden Händen zu einem Schneeball. Raia hielt ihn vor sich und betrachtet ihn amüsiert. Sie warf ihn einige Mal etwas in die Luft und freute sich, dass er stabil in ihre Hand zurückfiel. Als sie ein geeignetes Ziel – einen knorrigen alten Baum entdeckte – visierte sie an und warf den Schneeball gegen die Rinde. Es war kein großes Kunststück aus der Entfernung und bei dem Ummaß des Baumes erst recht nicht. Raia juchzte dennoch kurz auf. Schnell blickte sie sich um und lachte dann leise über sich selbst und ihre Kindlichkeit.

Kopfschüttelnd und grinsend kehrte sie um und sah auf Schwingenstein. Ein wohliges Seufzen entfährt mit einer kleinen Atemwolke ihren Lippen.
Ja, ihre Welt war klein und überschaubar. Doch sie war für sie zu bewältigen – zu begreifen in ihrer Gänze. Sie kannte jedes Gesicht – fast, jeden Winkel, erkannte Stimmen und Lachen und sie liebte dieses Leben hier.
Im Neuschnee fielen ihr ihre eigenen Spuren auf und sie blieb stehen, um ihnen mit dem Auge gen Kloster zu folgen.

Spuren hinterließen alle Begegnungen. Die einen verblassten wie die Spuren am Strand schneller, die nächsten bleiben wie Eselsohren in einem gelesenen Buch und wiederrum andere tauchen ein ins Sein und hinterlassen ihren Abdruck auf der Seele und werden nie mehr vergehen.
Das Geräusch, welches jeder Schritt, den Raia nun langsam im Schnee zurück schritt, erfüllte sie mit vielen Bildern der Vergangenheit – mit vielen Begegnungen, die sie geprägt hatten…

Kurz hielt sie inne und blickte vom Vorplatz der Klosterkirche hinab. Und seit einer kleinen Weile hatte das Knirschen des Schnees unter ihren Füßen noch eine neue Bedeutung dazu gewonnen.

Lächelnd und sichtlich erfrischt vom frühmorgendlichen Spaziergang schritt Raia zum Bildnis Temoras und kniete nieder zu ihrem morgendlichen Gebet, welches erfüllt war mit Worten der Dankbarkeit und Freude auf Zukünftiges.

Die tiefe Wintersonne stieg in ihrem Rücken auf und beleuchtete für einen Moment das Kirschenschiff und das Bildnis. Raia atmete tief ein und hob den Blick an, sich gänzlich in jenem Moment verlierend – dankbar.


Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 22 Jan 2021 08:52, insgesamt einmal bearbeitet
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 03 Feb 2021 12:59    Titel:
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Loreena McKennitt – The wind that shakes the barley

Ein Blick zurück…

Raias Schritte hatten sie gen Varuna gebracht und am Waldrand, gerade an der Grenze stehend, sah sie zu dem, was einmal war und heute so befremdlich und bedrohlich wirkte.

Als sie Varuna das letzte Mal strahlend und lebendig sah, war sie fast noch ein Kind gewesen, hatte sich in viele Wirrungen verstrickt, ohne es gewollt zu haben.

Raia schloss die Augen und atmete die kalte Winterluft und den Geruch des Waldes ein. Gewiss, die Monde bevor Varuna fiel, hatte Raia ihren eigenen Hof vor den Toren der Stadt bezogen und sich auf die Pferdezucht konzentriert – weg vom Hof und seinen tausendfachen Facetten.

Langsam tauchten sie vor ihrem inneren Auge auf, die Gesichter und Namen jener wunderbaren Zeit!

Kupferrotes Haar, markante und doch kindliche Gesichtszüge und das ehrlichste und eindringlichste Lächeln der Welt – Antares von Falkenburg. Wehmütig griff Raia um ihr Amulett. Obwohl die beiden nur etwa sieben Jahresläufe auseinander waren, empfand die ein zutiefst inniges Gefühl für den Jungen, der heute zu einem jungen Mann herangereift sein müsste. Raia würde ihn so gerne wiedersehen! Mit der Ärmelspitze ihres Mantels wischte sie sich eine Träne aus dem Augenwinkel.

Braune lange Haare, mannshoch, absolut gerade Haltung, glänzende Rüstung – Darna! Diese Anmut und gleichzeitig tobende Gewalt! Ihre Worte waren scharf wie die Klinge und ein Blick von ihr ließ ganze Heere verstummen… Weise und erhaben und dennoch bodenständig und bescheiden! Vermutlich hatte Raia nie wieder eine solche Frau kennengelernt und würde es vermutlich auch nicht mehr…

Rafael…. grenzenlose Ritterlichkeit und Menschlichkeit! So ritterlich er war, so menschlich war er auch geblieben. Er hatte Antares adoptiert, den Hof immer mit Leben und Lachen gefüllt… Er hatte Rais Leben von Grund auf verändert und sie zu dem geführt, wo sie heute stand. Tiefe Trauer erfüllte sie jeden Tag, da sie an ihn dachte. Ein nicht zu erklärender Verlust! Seit damals stand jeder Falke, den Raia sah für diesen einzigartigen Menschen!

Der kleine Wirbelwind Selissa! Nach der Trauer des Verlusts von Rafael, konnte sie nun wieder auflachen. Ach, was war es wunderbar mit Selissa! Sie war engstirnig, biestig, unnachgiebig und unendlich treu! Ein herrliches Geschenk!

Eileen und Mansur – die beiden Namen gehörten zusammen! Die Gräfin hatte Raia Mansur geschenkt – einen prachtvollen Hengst, der ihr einige Zuchterfolge bescheren hatte können und ihr mehr als einmal das Leben gerettet. Dankbarkeit für eine solche Sanftheit an Frau – mütterlich!

Und noch ein Gesicht tauchte auf, welches verschwommen war, weil es durch ein aktuelles Antlitz überdeckt wurde. So oft hatte sie in der letzten Zeit in dieses Gesicht geblickt, dass sie sich an den jungen Beak kaum mehr richtig erinnern konnte. Umso klarer war sein Gesicht heute vor ihr… und in jenem Gedanken an den Beak zu Zeiten Varunas, wurde sie durch leise Schritte hinter sich unterbrochen. Raia drehte langsam den Kopf herum und musste sichtlich auf lächeln, als der Kommandant hinter ihr aus dem Wald auftauchte und neben sie trat, den Blick auf Varuna gerichtet. Einen Moment verglich sie beide Antlitze – aus längst vergangener Zeit und heute, ehe sie seinem Blick folgt. Erst nach einer Weile des Schweigens und dem Blick auf Varuna wurde die Stille sanft unterbrochen .... „Kehren wir heim.“ Ein Nicken und beide gehen schweigend aber lächelnd gen Schwingenstein zurück.


Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 03 Feb 2021 13:00, insgesamt einmal bearbeitet
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 05 Feb 2021 15:49    Titel:
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Faun - Hymne der Nacht

Grenzenlos


Die Schneestiefel knirschen bei jedem Schritt im Schnee, ehe Raia einen Moment innehält. Ihr Blick gleitet zum Grenzstein und dann in die andere Richtung – gen Bajard.

Lächelnd und doch für einen Moment zögernd überschreitet sie die Grenze und geht weiter gen Bajard. Der Blick schweift aufmerksam herum, wenngleich sie noch immer ein wenig durcheinander wirken mag.

Ihre Gedanken schweifen ab an die Geschehnisse der letzten Tage und ein tiefer wohliger Seufzer entfährt ihr, ummantelt vom Dampf des warmen Atems, der die eiskalte Luft trifft.

Als sie nur das Haus – das erste eigene Heim seit ihrem kleinen Hof vor den Toren Varunas – erwerben wollte, nahmen wahrlich ganz andere Wege ihren Lauf. Zuerst tat sich der Boden auf, so fühlte es sich an, als Raia die Ohnmacht ergriff.

Ihre Augen öffnete sie wieder an einem frühlingshaften Ort an einem Wasserfall. Alles schien unwirklich und doch so nah. Alles schien da und doch nicht greifbar. Es näherte sich ihr ein unbekannter und doch vertrauter Mann. Es war ein wohltuendes und gleichsam aufregendes Gespräch – mit Fasamar. Recht schnell war sie sicher, dass es Fasamar sein musste – Temoras Kind der Geistlichkeit, der dort vor ihr saß und mit ihr sprach.
Alles in Raia fühlte sich geborgen und sicher an – Nichts konnte sie hier und jetzt bedrohen oder sie verunsichern. Unsagbar schön!

Fasamar hielt sie für bereit … Bereit wofür? Und noch bevor Raia die Frage hätte stellen können, wurde alles um sie herum wieder dunkel und Ranken trugen sie in eine andere Welt.

Als sich Raias Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah sie ein altes Gewölbe, welches beruhigend bläulich schimmerte. Vor ihr standen drei riesige Wächterstatuen. Eine jede von ihnen stellte eine allesentscheidende Frage, die Raia mit dem Blick tief in ihr Inneres, zu beantworten wusste. Wirklich nicht leicht sich selbst derartig offen zu stellen.

Der Weg war frei in einige riesige Halle, die Raia umschloss wie die Arme einer Mutter. Ein Adler, eine längst vertraute Stimme, ein tiefer Blick in ihre Seele und ihr ganzes Sein!

Raia war durch die Prüfung Temoras zur Diakonin aufgestiegen und nichts konnte sich inniger anfühlen für jenen Moment! Es war als wäre sie ihrem Zuhause noch ein Schritt näher gekommen – als würde das Haus des Lebens immer mehr Gestalt annehmen…

Ein Geräusch am Waldrand ließ Raia aus ihren Gedanken reißen. Sie sollte ihr Glück nicht überspannen. Ihr erster Spaziergang nach Bajard – ganz alleine – sollte lieber nicht mit etwaigen Blessuren enden. Das gab nur ordentlich Ärger und diesen vermied Raia, wie stets, so gut sie konnte.

Beruhigt setzte sie ihren Weg weiter fort und ein Blick über die Schulter – aus der Gewohnheit heraus - ließ sie in eine leere Winterlandschaft blicken. Was hatte sie sich denn erhofft von diesem einsamen Spaziergang? Welche Abenteuerlust hatte sie dazu bewegt? Viel zu gerne teilte Raia doch ihre Erlebnisse – zu gerne war sie in Gesellschaft. Gewiss, ein kleiner Spaziergang nur für sich… Aber..

Leise seufzte sie und grinste schief über sich selbst. Etwas fehlte…

Sie schlenderte in Bajard gemütlich über den Markt und machte sich dann doch recht bald auf den Heimweg. „Oh Raia, du mutige Abenteurerin!“ Lachend und kopfschüttelnd kehrte sie nach Schwingenheim zurück.

Erleichtert und guter Dinge, dass sie ihren alleinigen Ausflug ohne Schaden anzurichten, beendet hatte. Als sie die Tür ihres neuen Heimes aufmachte, hielt sie kurz inne und schaut einen Moment länger auf ihre kleine Veranda. Dann zog sie die Tür hinter sich zu.

Kurze Zeit später saß Raia inmitten eines Berges aus Büchern und las hier und da, um sie dann zu sortieren, zu entstauben und wieder zu lesen. Die kleine Kerze neben ihr flackerte noch tief bis in die Nacht….
Raia schlief auf dem Bärenfell und neben ihren Büchern irgendwann ein. Aufregende Tage… sehr aufregende Tage!


Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 05 Feb 2021 15:53, insgesamt einmal bearbeitet
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 19 Feb 2021 09:23    Titel:
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(Seven for a Secret - Meadows at night)

Steinige Treppen



Kratzend und scheuernd erklangen die Geräusche von den steinernen Treppen vor dem Kloster der Lichteinigkeit. Soeben graute der Morgen und Raia hatte einen Eimer dampfenden Wassers mit einer Seifenlauge hinaus geschaffen und begann nun von oben nach unten herab die Treppen des Klosters auf den Knien zu reinigen.

Jede Prüfung war ihr willkommen, jede Lehre ein Genuss!

Und so nahm sie die selbstauferlegte Aufgabe an diesem Morgen sehr ernst. Immer wieder tauchte sie die borstige Bürste in das heiße Laugenwasser ein und schrubbte den Stein.

Der Abend an dem die Alarmglocken Schwingensteins erklungen würde noch lange im Gedächtnis der Diakonin verweilen. Nein, es war nicht viel geschehen – Temora sei Dank!

Vermutlich hatten die donnernden Glocken und herbeieilende Freude Schwingensteins die Rahaler Brut zum Abzug bewogen – vielleicht hatten sie ihre Mission aber auch abgeschlossen – eine Mission, die sich Raia noch nicht erschloss - wer vermochte es schon zu sagen. Die giftigen Gedanken des Westens wollte Raia nicht verstehen!

Aber sie - diese Ausgeburt des Dunkeln – war quasi in ihr Wohnzimmer gestürmt und hatte es gedroht zu verwüsten. Ja, so fühlte es sich an! Wie ein Einbruch, ein Eintritt in die eigenen vier Wände – eine Bedrohung als hätte nachts ein Räuber an ihrem Bett gestanden – mit dem Messer in der Hand. Viel schlimmer noch.. Dieses Hasspack hatte ihre Familie bedroht!

Raias Wangenknochen mahlten und die Bewegungen der groben Bürste auf dem Stein wurde massiver. Nach einem Moment sah sie die Treppen empor und atmete einige Male tief durch. „Das rechte Maß!“, raunte sie zu sich selbst, kontrollierte ihre Gefühle und machte artig weiter.
Am liebsten hätte Raia sich eine Herde von unzähligen Pferden geholt und wäre donnernder Hufe nach Rahal reingeritten.. gleich mit welcher Konsequenz! „Diese..“ Raia atmete wieder einmal durch und schrubbte fleißig – sehr sehr fleißig – weiter.

Als sie in etwa das untere Drittel der ewigen Stufen erreicht hatte, war sie ruhiger. Das Gefühl von Frieden kehrte langsam in ihre Brust zurück, die Atmung wurde sanfter und die Züge der zierlichen Frau wieder weicher.
„Wir können froh sein, dass es so ausging und keinem etwas geschah.“ Die Worte, der ihr so vertrauten und geliebten Stimme, hallten nach und sie senkte demütig das Haupt. „So sei es!“

Die letzten beiden Stufen wurden nicht mit weniger Hingabe doch aber mit weniger Kraft gereinigt.

Und als Raia sich endlich von den Knien erhob, erhob sich mit ihr die Sonne in ihrem Rücken über die Ausläufer der Klamm und sie blickte zum Kloster hinauf.
„Oh Temora, die Du uns gibst Hoffnung und Licht, ich danke Dir für Deine Geduld und Zuversicht und noch viel mehr, dass Du uns – Deine treuen Diener – beschützt und wohl behütest.“

Raia warf die Bürste in den Eimer, hob jenen am Henkel an und trat die frisch geputzten Treppen zum Kloster hinauf.
Alles war wie vorher – fast!


Zuletzt bearbeitet von Raia Lathaia am 19 Feb 2021 09:27, insgesamt einmal bearbeitet
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 14 März 2021 10:35    Titel:
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Ein Geschenk für eine menekanische Hochzeit

Es war Morgengrauen als Raia im Kloster herumlief und emsig einige Gegenstände zusammensuchte, die sie die letzten Tage vorbereitet hatte.
Eine kleine Holzplatte, die sie abgeschliffen hatte, Äste in allerlei Form und Größe, die sie im Wald zusammen gesucht und im Kaminzimmer getrocknet hatte, getrocknete Blüten aus sowohl ihrer als auch aus der Sammlung des Klosters, kleine Glasperlen, die sie auf irgendeinem Markt glücklicherweise einst gekauft hatte… Kordeln, einen Hammer, kleine Metallstifte von Meister Arne.. Und einige Bögen Papier die Skizzen ihres Vorhabens enthielten.

An diesem frühen Morgen hatte Raia sich in den Kreuzgang des Klosters begeben und auf einer der Stufen gen des Baumes des Lichts Platz genommen. Um sie herum ein geordnetes Chaos an besagten Utensilien.

Nun begann sie den größten der kleinen Äste, der eine Gabel aufwies auf der Platte zu befestigen. Danach verflocht Raia immer mehr kleine Äste an der Mitte. Immer wieder zog sie die kleinen Glasperlen durch passende Ästchen. Die getrockneten Blüten wurden zu Blättern und tauchten den Baum in sanfte Farben. Und dann sah sie sich die zwei kleinen hölzernen Statuen an und atmete tief durch.

Ja, sie hätte einen Schreiner fragen können, aber es war ihr sehr wichtig, dass dieses Hochzeitsgeschenk – Hochwürden Antorius hatte sie um die Beschaffung gebeten – mit eigenen Händen fertigte. Ein Geschenk einer Geweihten Temoras an einen Geweihten Eluives zur Hochzeit.

Raias Ziel war es, dass der Baum des Lichts aus Schwingenstein symbolisch nach Menek`Ur kam und dass Mutter und Tochter – Eluive und Temora – in jenem Baum des Lichts vereint waren. Das alles sollte die Verbundenheit beider Völker und vor allem beider Geweihtenschaften symbolisieren.

Erst am frühen Abend - Raia saß in einem Haufen von Spänen und sonstigen Resten Ihres Tuns – hielt sie den Baum des Lichts in Miniatur gegen den wahren Baum des Lichts. Zufrieden war sie, wenngleich es eine einfache und nicht meisterliche handwerkliche Leistung sein mochte.

Baum des Lichtes, dessen Glasperlen im Lichte funkeln. In den Ästen sitzen Eluive und Temora, die sich lächelnd ansehen, je eine Hand am Baum.

Doch sie kam aus ihren Händen in voller Demut vor dem Bündnis der Liebe zu einem Menschen und zu Eluive und Temora selbst. Jetzt blieb nur noch zu hoffen, dass die Menekaner, das reiche und stolze Volk, es ebenso sahen – und natürlich Hochwürden… Raia räumte ihre Sachen fort und nahm ihre Arbeiten zum Anlass, den Kreuzgang ordentlich zu fegen und zu wischen. Man sah und hörte die junge Diakonin noch bis zum nächsten Morgengrauen.

Vermutlich hat sie das erste Gebet des Tages verschlafen – irgendwo auf einer Bank im Kloster liegend.
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 22 Apr 2021 22:38    Titel:
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Die Zeit der Mauern ... scheint vorbei.

Seicht weht der erste warme Frühlingswind und umspielt die roten Wellen um das blasse Gesicht. Raia sitzt in ruhiger gerader Haltung vor ihrem Haus auf einer Bank am kleinen Teich und lässt den Gedanken freien Lauf. Es war soviel geschehen und wenngleich sich alles richtig anfühlte, war es, als würde etwas Besonderes bevorstehen.
Raia lehnt sich an den groben Stein der Hauswand und zieht die Knie zu sich hoch. Ein leiser wohliger Seufzer als sie ihr Kinn auf die Knie bettet und die erste Wärme des Jahres ihr Gesicht wohlig umschließt.
Lange hatte sie gehadert, ob der Auszug aus dem Kloster die richtige Entscheidung gewesen war. Sie liebte die sicheren Mauern, die Nähe zum Baum des Lichts, die gewohnten Abläufe und Geräusche. Der Einzug ins neue Heim, ihr erstes eigenes Haus seit Ewigkeiten – ungewohnt.
Endlich war sie nun ein wenig eingerichtet, wenngleich noch eher grundlegend als üppig. Und das würde vermutlich auch so bleiben. Raia brauchte wahrlich nicht viel. Sie liebte ihre Bücher, an kühlen Abenden den Kamin und kochen tat sie weiterhin hauptsächlich im Kloster. Zuhause machte sie nur ihren geliebten Tee. Fast sprunghaft erhebt sie sich und schreitet die wenigen Stufen des Nebeneingangs empor. Kurz zur Seite sehend, ob Andra nebenan vielleicht irgendwo zu sehen ist. Als dies nicht der Fall ist, findet Raia sich in ihrer beschaulichen Küche wieder und öffnet einige Gläser, die sie mit Lederstücken zugebunden hatte. Wohlige Düfte steigen in ihre Nase und bei der Minze hält sie einen Moment inne und lächelt in sich hinein.
Kurze Zeit später schreift Raia mit einer dampfenden Tasse wohltuenden Tees durch Schwingenstein. Kaum ein Ort war für sie wohliger, beruhigender und sicherer als jenes Fleckchen Erde. Ihre Gedanken schweifen zu Berchgard und dem Mitgefühl mit jenen, die ihr Leben oder ihr Zuhause verloren hatten. Demütig sieht Raia zur alten Kirche des Klosters hinauf und wieder spürt sie die Kraft jener Mauern in sich aufblühen. Viel hatte Raia bisher nicht tun können. Sie hatte Beistand geleistet, ein wenig bei den Aufräumarbeiten geholfen, aber nach wie vor fühlte es sich unvollkommen an. Als sei dort noch mehr, aber sie sah es noch nicht. Raias Lippen schürzen sich leicht als sie an Sir Heinrik denkt, der sie an einem jener Tage geleitet hatte. Es war eine kleine Überraschung, war sie dem Ritter selten begegnet und hatte sie doch das Gefühl, dass jener Turm eher dem Schwert vertraute als irgendwem sonst – auch Temora. Um so freudiger war ihr das Geleit erschienen, auch die Unterhaltungen und seine Bitte nach einem Abschlussegen hatte Raia sehr erfreut. Vielleicht bedurfte es manchmal einfach nur weniger Worte und Gesten, um ganze neue Wege zu bestreiten. Die Mauern wurden abgetragen. Und doch, so war ihr bewusst, mussten alle, Sappeure, Garde, Ritterschaft, Geweihtenschaft, jeder Einzelne, zusammenstehen, um diese Macht zu besiegen, um wieder den Frieden und die Sicherheit für alle zu erhalten, wie Raia es hier inmitten Schwingensteins empfand.

Raia findet sich vor einem ihr mittlerweile wohlbekannten Haus in Schwingenstein wieder, stellt den Tee auf das Geländer der Terrasse und geht zu den Pferden am Haus. Sanft fahren ihre Hände über das Fell und kraulen geübt unter der Mähne. Ihre Stirn lehnt sich gegen den Hals einer vertrauten Stute und sie atmet tief ein. Ja, manchmal sehnte sie sich zu jenem Leben zurück. Es dauert meist nur einen Wimpernschlag, denn diese innige Liebe zu Temora erfüllte sie in keinem bekannten Maße. Wenngleich ihr manchmal die Freiheit und vor allem das körperliche Arbeiten fehlte, vor allem der Umgang mit ihren allesgeliebten Pferden, bedurfte es wie jetzt, oft nur eines Momentes, dass sie sich wohlig fühlte. Raia verteilt noch fleißig einige Apfelstückchen und als sie ihre Tasse mit dem bereits kühlen Rest an Tee vom Geländer nimmt, sieht sie einmal am Haus hinauf. Lächelnd kehrt sie durch die kleinen Pfade Schwingensteins zum Kloster zurück, doch die Gedanken bleiben hängen.
Sie verbrachten wirklich viel Zeit zusammen und jeder Moment war irgendwie besonders. Ein kurzer Tee auf der Veranda, ein spannender Ausflug in die dunklen Höhlen, ein abendlicher Spaziergang. Lange kannten sie sich und doch lernten sie sich gerade erst richtig kennen, so schien es ihr. Es war, als hätten sie einander die Tore geöffnet und sich gegenseitig eingeladen am Leben des anderen teilzunehmen. Raia lächelt noch eine Weile vor sich hin, während sie schon längst, in der Klosterküche angekommen, begonnen hatte zu werkeln. Summend huschte sie durch die Küche und freute sich, dass zum Mittag wieder Leben ins Kloster kommen würde.
Auch auf dem Tisch in der Klosterwache stand ein Körbchen mit dampfenden Töpfen, wie so oft.

Als Raia zum frühen Abend heim geht, vorbei an all den Mauern, die sie umgeben, seufzt sie wohlig. Eine jede Mauer sollte stehen, denn erfüllt sie doch ihren Sinn. Es war an jedem nur, den Einlass zu finden.
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 03 Mai 2021 09:41    Titel:
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Tanz der Gezeiten

Gefühlt war es ein ganzes Leben, welches zurücklag, seit sie mit Darna, Rafael, Selissa und vielen anderen wunderbaren Menschen die Zeit am Hofe Hohenfels genossen hatte. Gefühlt war es ein halbes Leben her, da sie in den Genuss von Tanzstunden kam, von Etiketteunterricht und durch Farion das Lesen und Schreiben lernte. Gefühlt… war es eine andere Raia und doch trug sie die Bilder der Vergangenheit so präsent in ihrem Herzen als sei dies alles gestern erst geschehen.

Raias nackten Füße schritten durch das höher werdende Gras, die ersten Pusteblumen und den sattgelben Löwenzahn. Die Vögel eiferten mit buntem Gezwitscher um die Wette und jener Morgen hatte den Hauch eines Neubeginns. Ihre Schritte lenkten sie am Rittersee vorbei gen Süden und das Meer bot die natürliche Grenze ihres Weges. Die frische Brise umwehte die rote wellige Mähne, die am frühen Morgen noch nicht zum strengen Zopf geflochten war und Raia schloss genüsslich die Augen als der Salzgeruch ihre Nase trifft. Langsam ließ sie sich am Ufer nieder und tauchte die Füße ins kühle Nass. Ein kurzer Schauer überfuhr den Rücken, ehe sie mit vom Wind leicht geröteten Wangen die Augen öffnet und dem Spiel der Wellen zusieht.

Nach dem Abend in der Krypta zu Berchgard bedufte es dieses Morgens, um den Geist von Bildern zu befreien, die Seele zu reinigen und dem Körper ein Quäntchen Freiheit zu gönnen. Die Hauptarbeit hatte bei Gnaden Breitenau und Novize Alexander gelegen und doch spürte Raia, dass die Waschung der gefundenen Leichname mehr war als eine Zeremonie, wie sie nun mal üblich war. Wieder einmal war Raia bereits mit dem Ort und noch viel mehr mit den Menschen hier nah verbunden. Eine Stärke und Schwäche gleichermaßen – für wahr. Einerseits – wie auch schon damals zu Zeiten des blühenden Varunas – fühlte sich Raia, wenn sie einmal Vertrauen und Nähe gefasst hatte, unendlich verbunden. Schwingenstein war längst ihre Familie geworden. Aber durch die Schlachten um und die Aufräumarbeiten in Berchgard, die Anteilnahme an dem Leid… Raia atmete tief durch. Ja, es war viel gewonnen und doch war es scheinbar noch nicht vorbei. Etwas bewegte sich schattenhaft um sie alle.

Irgendwo in der Ferne hörte sie Hufgetrappel und es riss sie sanft aus den dunklen Gedanken. Gleichmäßig war das Trippeln und verband sich mit dem Schlagen der Wellen, dem Rascheln der Blätter in den Bäumen. Immer wieder erkannte Raia die Melodie der Welt in jenen Momenten. Mit einem Blick, der in die unbekannte Ferne schweifte, hörte sie dem Lied um sich herum zu und ein unendlich inniges Lächeln stahl sich auf ihre Lippen. Die Finger glitten zum Handgelenk und sie drehte den Armreif unbedacht eine Weile gedankenverloren. Sie zog die Füße nach einer Weile aus dem Wasser und erhob sich. Die Hand wanderte zu ihrer Kette hinauf und der Blick wandte sich zurück gen Osten. Hinter ihr brach eine seichte Welle und riss sie aus den Gedanken. Ein paar Tropfen der Gischt benetzten ihren Rücken und für einen Moment wartet sie auf einen Adler, der am Himmel erscheinen würde, denn ein allumfassendes Gefühl stieg in ihr empor. Uneindeutig, unbekannt, unendlich. Sie lauschte in die Melodie der Welt und doch waren dort keine himmelblauen Klänge deutlicher als zuvor zu erkennen. Das Gefühl aber blieb, pochte deutlich in ihr hinauf. Die Schritte lenkte sie heim, die blauen Dächer Schwingensteins waren schon zu sehen, das Kloster im Hintergrund wirkte wie ein mächtiger Anziehungspunkt.

Mit noch immer bloßen Füßen huschte sie die Treppen zur Kirche empor und geradewegs zum Baum des Lichts. Erst als die dort auf die Knie sank und die beruhigende Nähe und Kraft wahrnahm, verlangsamte sich ihr Herzschlag allmählich wieder.

Noch immer kein Zeichen… Natürlich nicht. Raia blickte am Baum empor, bettete die Hände in den Schoss und begann über sich selbst zu lächeln. So fühlte sich das also an…
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 23 Okt 2022 14:49    Titel:
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Unruhige Zeiten I

Raia kniete am Baum des Lichts, doch der Blick war ausnahmsweise nicht gesenkt, sondern nach oben gerichtet. Seit jener Nacht, da das Schändliche passierte, spürte sie einen pochenden dumpfen Schmerz in ihrem Körper. Er war überall und nirgends genau auszumachen. Jene Stelle, da der Ast entfernt wurde, war mehr als ein Makel. Es war das Zeichen von Verrat und tiefstem Schmerz.

Sie selbst spürte immer wieder, wie die Wut in ihr aufstieg und das Misstrauen. Und nur die innigsten Gebete und die tiefste Mediation konnten den Sturm in ihr beruhigen. Sie gab nicht einmal Emilia die Schuld. Sie kannte die vergifteten Zungen der Diener und Krathor selbst hatte einst versucht ihrer habhaft zu werden. Nur der stärkste Verstand und die sicherste Seele konnten einer dauerhaften Vergiftung ohne Schaden entgegenwirken. Emilia war ein Bauernopfer. Zu schwach, um sich gegen die Machenschaften der Dunkelheit zu wehren. Bedauerlich.

Das Gift der Schattenwelt durfte keinesfalls Besitz von ihr oder der Gemeinschaft ergreifen. Das war Raias oberstes Ziel. Zu einfach würde es in diesem Moment der Verwundbarkeit sein, sich in die treuen Seelen zu setzen.

Temoras Weitsicht und Ihr Schwert würden es zu verhindern wissen!
Wieder atmete Raia tief und konzentriert ein. Diese Wut…

Es war spät und statt in den Schlafsaal zog es sie durch die Gassen Schwingensteins. Nach außen mochte die zierliche Priesterin voller Ruhe und Zuversicht wirken – nicht zu Unrecht – doch der innere Kampf war immens.

Aufmerksam wanderten die bernsteinfarbenen Augen durch die seicht beleuchteten Wege, tastete die Gebäude und vor allem die Schatten ab, die hier und da durch Laternen und das Mondlicht projiziert wurden.

Als sie in etwa die Mitte Schwingensteins erreicht hatte, kniete sie nieder und breitet die Arme aus. Sie vermochte diesen Ort nicht alleine zu beschützen, doch vielleicht könnte ihre Kraft, durch Temora gesegnet, Schwingenstein eine ruhige und wohlige Nacht schenken.

Und so betete sie bis zum Morgengrauen und entsendete ihre ganze Kraft zu den Bewohnern ihrer Heimat in der Hoffnung, dass das Licht die Nacht erhellen und den Seelen Frieden schenken möge. Der Keim des Zweifels und Misstrauens sollte nicht weiter reifen dürfen!

Die Geräusche hinter den Mauern nahmen zu und hier und da erleuchteten Kerzen nun die Häuser. Erst dann und als kaum mehr Schatten durch die Nacht auszumachen waren, erhob sie sich.

Langsam und kraftlos fanden sie ihren Weg zu Beaks Anwesen. Erschöpft und blass trat sie ein…. Hier würde sie wieder Kraft finden. Still suchte sie sich einen Platz am Kamin, dankte Temora im Stillen für Ihre Stärke und das Licht der Zuversicht und schlief tief und fest ein.
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 23 Okt 2022 15:22    Titel:
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Unruhige Zeiten II

Das Bewerbungsgespräch zum Vogt von Schwingenstein im Hause derer von Sankurio war eine willkommene, wenn auch nicht vollkommende Ablenkung. Mit nahezu jedem Herzschlag spürte Raia den Schmerz, den ihr die kurzweilige Beschädigung des Baumes verursachte. Die bereits gewachsene Knospe minderte ihn langsam aber stetig. Dennoch konnte man es ihr wohl ansehen. Blass und angespannt, ruhiger noch als zuvor und das sonst beinahe penetrante Lächeln war versiegt.

Und doch konnten jene Menschen, die neben der Klostergemeinschaft immer mehr Teil ihres Lebens und ihrer Familie wurden, ihr am Ende des Abends doch das ein oder andere Lächeln entlocken. Und mit diesem kam auch ein wenig der alten Kraft zurück.

Raia hatte in den letzten Monden immer mehr gespürt, dass das Leben außerhalb der Klostermauern gleichsam wichtig wurde. Das eine war die geistliche Seite, der absoluten Hingabe zur Herrin und der vollkommenden Verschriebenheit für die Gemeinschaft des Klosters und der Gemeinde. Die andere Seite hatte ihr, so war sich Raia sicher, Temora selbst gezeigt.

Sie kam nicht umhin zu verstehen, dass nur Beak in der Lage war, ihr die Welt außerhalb zu zeigen und dessen Bedeutung. Denn ihre Herzen schlugen im gleichen Takt, ihre Seelen suchten dasselbe Licht, ihre Gedanken fanden dieselben Worte. Beak hatte die Tore geöffnet und Raia war hinausgetreten. Die Welt außerhalb des Klosters war deshalb so wichtig, weil es doch das war, wofür Raia lebte und kämpfte. Es waren die Menschen außerhalb der Klostermauern, die sie schützen wollte.

Und durch den Angriff auf das Kloster selbst, war es Raia das erste Mal ironischer Weise bewusst geworden. Es war ein langer stiller Kampf in ihr gewesen, dass sie meinte, der Herrin und dem Kloster zu dienen und sich nur auf jene zu fokussieren, der rechte Weg sei, Temoras zu folgen. Die Tugenden zu leben und ihren Dienst zu tun.

Doch die Bedrohung kam von außen. Ja, sie hatte dieses Mal das Kloster und gar den Baum des Lichts selbst getroffen. Aber was nützte eine Priesterin, die artig ihre Aufgaben erledigte, wenn sie kaum einen Bezug zu dem hatte, was es am meisten zu beschützen galt. Gewiss hatte Raia angenommen, dass sie das bereits tat. Aber der Weg war bis hierhin zu einseitig gewesen.

Das Licht musste hinaus in die Welt!

Und etwas begann in ihr zu lodern… eine neue Kraft, ein neuer Atem, eine gänzlich neue Sicht auf die Welt!

Beak riss sie aus den Gedanken als er ihr ein Schriftstück in die Hände gab. Die verborgene Tugend… Bartholomeos… natürlich! Einen Moment bedurfte es, bis sie wieder ganz im Hier und Jetzt war. Bedauerlich, dass der Schelm gerade nicht da war. Wenn er eines konnte, war es für Zerstreuung zu sorgen. Das mochte über lange Sicht nicht zielbringend sein, aber einem jeden, der gerade so sehr mit sich kämpfte, einen Moment des Durchatmens schenken.

Später, als es ruhig im Hause geworden war, rührte sie den besonderen Tee zusammen und sah aus dem Fenster von Beaks Haus in die Gassen Schwingensteins. Sie hörte seine Schritte über sich auf den Holzdielen, das Knistern der Feuerstelle, ihren Herzschlag. Kaum ein Moment konnte friedlicher sein, beschützter, geborgener.

Die Zeit für Veränderungen war angebrochen...
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Raia Lathaia





 Beitrag Verfasst am: 26 Okt 2022 07:42    Titel:
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Unruhige Zeiten III

„Poch, poch poch“. Raia blinzelte und aus dem Dämmerzustand des Schlafes wollte sie sich erheben und die Tür öffnen, doch kaum hatte sie den Kopf angehoben, ereilte sie der Schwindel und ihr wurde bewusst, dass das Pochen keineswegs vom Klopfen an der Tür herrührte, sondern aus ihrem eigenen Kopf kam.

Resignierend ließ sie sich wieder ins Kissen sinken, langsam und bedacht dieses Mal.

Sie drehte den Kopf im Liegen und sah zu Berenguer herüber, der ruhig und friedlich zu atmen schien. Raia atmete etwas durch. Die Übelkeit kam in überraschenden Wogen. Ein versichernder Blick gen Fässchen, welches man ihr dankenswerterweise neben das Bett gestellt hatte. Das Übergeben hatte sich eingestellt, die Übelkeit war unnachgiebiger.

Als sie sich auf die andere Seite drehen wollte, macht sich zu aller Überfluss noch der Streifschuss am Oberarm bemerkbar, wenngleich Fräulein Esther wirklich kleine Wunder bewirkt hatte, dass es ihr bereits wieder besser ging. Nicht, dass die Verletzungen massiv gewesen wären, doch der kräftige Hieb gegen die Schläfe hatten sie binnen eines Herzschlags zu Boden gehen lassen. Der Bolzen, der sie zuvor gestreift haben musste, war ihr erst später aufgefallen. Alles auch nicht wichtig.

Die Genesung musste ganz woanders stattfinden – in ihrer Seele!
Es waren der Angriffe gegen das Kloster und Schwingenstein zu viele in zu kurzer Zeit… Von Häresie über den verräterischen Akt Emilias hin zum offenen Angriff einer ganzen Horde der dunklen widerwärtigen Brut!

Übelkeit – ein Moment der Stille.

Das größte Gift war der Zweifel, der sich gewiss nicht nur in ihr aufzubäumen versuchte. Und genau diese Saat durfte nicht auf fruchtbaren Boden treffen. Es galt die Seele zu heilen von den dunklen Schatten und widerstandsfähig zu machen.

Ihr Blick glitt über Esther, die es sich zwischen den beiden Krankenlagern auf dem Boden „gemütlich“ gemacht hatte hin zur Tür gen Klostervorplatz. Hier und da hörte sie leise das Scheppern der Rüstungen, murmelnde Gespräche der Klosterwache, der Ritter, des Regiments, der Thyren und Kaluren. Alle waren sie gekommen….

Berenguer hatte mithilfe der Herrin einen Adlerschrei zu ihr gesandt, Amelie, die gerade neben ihr war, eilte zurück zum soeben aufgelösten Adelsrat. Meister Arne und die Edle von Quellhain hatten die Wachen alarmiert und die Glocken läuteten bedrohlich gen Westen. Und Raia… ja, sie war ihrer Schwäche erlegen und ungerüstet, unvorbereitet einfach ihrem Glaubensbruder und Herrn Felhaven zur Hilfe geeilt… zur Hilfe… das Wort schmeckte ein wenig nichtig.

Sie wollte auf Zeit spielen, in sicherer Hoffnung, dass bald das gleißend Banner der Lichtenthaler am Horizont auftauchen würde. Doch… sie konnte nicht. Sie konnte nicht niederknien. Mal wieder…

Die Hilfe kam in geballter Kraft - keinen Moment zu spät! Temora sei Dank!
Donnernde Hufe, scheppernde Rüstungen, surrende Klingen... Doch die Brut war fort!


Erst im letzten Moment hatte sie die Klinge an Berenguers Hals gesehen und womöglich hätte sie einen ablenkenden, wenngleich sinnlosen Angriff versucht. Aber da flohen die widerlichen Maden der Dunkelheit bereits. Natürlich nicht, ohne Spuren zu hinterlassen. Berenguer musste versucht haben ihr zur Hilfe zu eilen, denn auch ihn hatte ein gezielter Schlag gegen den Hinterkopf kurzweilig zu Boden gestreckt. Herr Felhaven war mit aller Dramatik des Moments beseelt, aber der Schnitt an der Hand wurde von Hochgeboren von Salberg bestens versorgt und sollte alsbald heilen, zumindest körperlich.

Nur Raia kam nicht zur Ruhe…

Langsam, Schritt für Schritt, kehrte sie in ihr Inneres zurück, ersponn sich eine Waldlichtung, mit taubedeckten Blumen, zarten Nebelschwaden und einem über ihr kreisenden Adler. Der Blick nach außen wurde still, die Augen schlossen sich und in tiefer Meditation der Dankbarkeit gleitet nur ein Wort über ihre Lippen, bevor sie in einen Dämmerzustand zurückfiel:

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