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[Event-RP] Unternehmen Festbankett
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Morra Thuati





 Beitrag Verfasst am: 23 Sep 2020 18:05    Titel: [Event-RP] Unternehmen Festbankett
Antworten mit Zitat

Tief in den schwarzen Kohleaugen glomm die ewige Glut, die einst ein besonderer Funke zündete und nährte. Der Blick aus diesen dunklen Seelenspiegeln wanderte behutsam, beinahe zärtlich über den vagen Umriss des hohen Bergplateaus, berührte gedanklich jede noch so scharfe Kante und wusste um die Leere dahinter. Doch wem Flügel der Nacht geschenkt werden, der fürchtet den Abgrund nicht. Wer gelernt hat einem Vater zu vertrauen, dessen Gunst über das Ende des Absehbaren ging, der beschäftigte sich nur mit eigenen Unsicherheiten aber fand keine Zweifel in der Größe der weltlichen Aufgaben, die im Dienst dieses einen Vaters standen.
Irgendwann, so wussten sie schon immer, würden sie für diese Treue und Unermüdlichkeit belohnt werden. Keine Frage, auf der Seite des Versagens wurde auch mit offenen Karten gespielt und sie selbst hatte eins gesehen, was sie persönlich auflauern würde, wenn die Erwartungen, die er selbst vertrauensvoll in sie gelegt hatte, nicht erfüllt werden konnten. Keine Schwärze, kein „Aus“, keine Kammern voller Höllenqualen, nur ein einziges Zimmer und...

„... ein lächelndes Gesicht.“

Doch war es keine Furcht mehr, die ihre Schritte lenkte und damals das Schwarz aus den Haaren gerissen hatte. Nein, es war liebevolle Hingabe und das Wissen um den Lohn seiner Zuneigung, den sie alle so plötzlich gekostet hatten, dass die eigenen Seelen mit nur wenigen Worten vor Leben und Freude pulsierten.

„Wir müssen vervollständigen, was verborgen wurde. Verborgen von vielen Händen, wir können es nicht allein schaffen. Bedenkt aber, dass dieses Wissen jeden, der es hat zum ersten Ziel des Nichts macht. Der General wird gejagt werden... er wird sich selbst schützen. Aber dennoch ist jetzt die Zeit das Nichts zu bannen, für alle Zeiten. Der General selbst verbarg ein Teil. Wir werden euch den Weg weisen. Und danke, dass ihr den Spuren zu mir gefolgt seid. Wir werden es nicht vergessen.“

Auch wir haben deinen Dank und deinen Auftrag nicht vergessen. Eine Zeit der Ruhe und der Informationsverteilung war eingebrochen aber nun, wo sie dem Nichts keinerlei Anzeichen für weiteres Wissen gegeben hatten, war es an der Zeit dem einstigen General, den sie nun ihren Herren, Fürsten, Richter, Vater oder gar Erlöser nannten, mit neuer Kraft zu speisen, zu nähren und die Möglichkeit zu geben, sowohl den Eigenschutz zu erneuern, als auch den besagten Weg weisen zu können, ohne von den Schemen und Vasallen des Nichts gefasst zu werden.
Kein leichtes Unterfangen und doch war die Zeit gekommen zu wagen, was hinter der aufgekommenen Stille und dem blutroten Mantel des Vergessens weiterhin pochte, brodelte und nicht vergessen werden sollte: das Versprechen zu wahren und Treuegelübde zu erneuern.

Sie ballte die schmalen, bleichen Hände zu Fäusten, während der Wind hier oben am Plateau, das sie alle so trügerisch kuschelig „Rabennest“ nannten, aufjaulte. Mit dem Windgebrüll entstand, in vollkommenem Kontrast dazu, der feine Singsang tief in der Kehle und blubberte einem fröhlichen Mädchengesangsquell gleich über die bläulich verfärbten Lippen:

„Festbankett, ach wie nett.
S'ist an der Zeit und wir bereit.
Bald erwischt, dann aufgetischt.
Ein Festbankett, so adrett.
Wir geben, um zu beleben.
Gemeinsam laben, an guten Gaben.
Das Festbankett füllt dein Tablett!“


Doch die Gedanken im Kopf folgten einem anderen Muster und woben jenes zur kurzen, innigen Seelenbotschaft.

„Vater, deine Diener haben nicht vergessen...“



_________________
"I, myself, am strange and unusual."
Beetlejuice...Beetlejuice... Beetlejuice!
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Pademian Maurier





 Beitrag Verfasst am: 26 Sep 2020 15:17    Titel:
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Nebelschwaden, diesig und dick wie aufsteigender Rauch über den Dächern einer brennenden Stadt doch zugleich leicht und majestätisch waberte an den Rändern des im Westen gelegenen dichten Waldes, brandete wie Wellen an die noch grünen Zweige einer Lärche und sank, vom Wind getragen wie eine geisterhafte Tänzerin zu Boden. Letzte Nacht hatte es die ersten Ausläufer des sich langsam nähernden Herbstes gegeben und die Luft schmeckte bereits nach dem weißen Frost, der die Tiere und Pflanzen des Waldes bald in einen traumähnlichen Schlaf betten würde.

In einen alten Mantel gewickelt und die Hände in fingerlosen Handschuhen in den Taschen vergraben starrte ein dunkles Paar Augen durch die sich langsam lichtende Wand aus Nebel. Dort, in der Ferne, regten sich die ersten Gestalten, vernahm er die ersten Stimmen erwachender Menschen und ein Lächeln hob die Mundwinkel seines unrasierten Gesichts. Dunkle Stoppel bedeckten das eher hagere Kinn, schmutzige Schatten zogen sich dezent aber dennoch für ein geübtes Auge nicht zu übersehen über seine Wangen und ungekämmt stand sein Haar, schwarz wie Rabenfedern aber stumpf wie es die Schwingen nie waren, vom Kopf ab.

Die in graue und braune geflickte Sachen gekleidete Gestalt wartete noch ein Weilchen, bis genug Leben in die Ansammlung an Männern und Frauen zweifelhaften Rufes, die er die letzten Nächte von seinem Platz fernab ihrer Augen studiert und beobachtet hatte, gekommen waren, dann griff er nach einer alten Flasche Bier und setzte sich in Bewegung. Gerade genug taumelnd, um den Gang unsicher wirken zu lassen, gerade genug nach Bier stinkend, um als einer von ihnen angenommen zu werden, gerade genug Flicken auf Hemd und Hose, um keinen der losen Bande aus Taugenichtsen und Tagedieben einen neidischen Blick auf ihn werfen zu lassen und mit ein paar windschief gedrehten Rollen mit Rauchkraut in den Taschen näherte er sich. Das Knarren der Äste unter seinen Füßen, das Stolpern just in dem Moment, bevor er die ungeschriebene Schwelle „ihres“ Lagers übertrat, dass gelallte Lachen als Folge seiner Ungeschicktheit, all jene Gesten waren seine ausgestreuten Brotkrumen und er wusste es, als er in den Augen der Bande ein Aufleuchten sah, dass sie dezent genug gewählt waren um ihn nicht zu verraten.

„Oi, ‚s das eu’r Lager hier? Is ‚n feines Plätzch’n…kann’ch mich zu euch ans Feuer setz’n? Is schon verdammich kalt drauß’n und so ne warme Feuerstelle wär genau recht.“

Er zog die Hände aus den Manteltaschen, das Innenfutter mit dem am Abend vorher hineingerissenen Loch absichtlich genug hervor lugen lassend um auch die hartnäckigeren Zweifler in sein sorgfältig geknüpftes Netz zu lotsen und streckte die Handflächen nach oben in ihre Richtung aus.

„Wer bist du denn?“, fragte der Große, den er schon seit einigen Nächten als ihren Chef und Oberhaupt ausgemacht hatte. Ein Kerl, schwer wie ein Ochse und mit kleinen tiefenden Augen aber nicht viel klüger als das Stück harten Brotes, das er sich in die andere Tasche des Mantels gesteckt hatte, aber da er stärker und gröber als die anderen Mitglieder seines Lumpenpacks war, hatte er das uneingeschränkte Sagen.

„‘Ch bin Elrias“, er nannte seinen Namen, kurz, einfach, keine sonderliche Ausschmückung. Wenn sie auch auf diesen ausgeworfenen Brotkrumen ansprangen hatte er eine Geschichte vorbereitet, genug Details um ihm ein paar Sympathien einzubringen aber vage genug um ihn nicht um Kopf und Kragen bringen zu können, denn eines war sicher. Der Grad zwischen einer glaubhaften und einer übertriebenen Identität war so hauchfein wie die Schneide eines guten Messers, er erinnerte sich an die Diskussion mit seinem Bruder dem Wanderer.

„Elrias, hmmmm? Und weiter,“ fragte einer der hageren Gestalten aus dem Hintergrund, der, angelehnt an eine der wenigen Frauen, die Augen schmälernd in seine Richtung starrte.

„Seh ‚ch aus als könnt‘ ‚ch mir sowas Nobles wie nen Nachnamen leist’n? Dann hätt‘ ‚ch auch ‚n weiches Kissen und nich‘ nen krummen Rücken von der verdammt’n Wurzel auf der ‚ch im Rausch heut Nacht eingeschlaf’n bin.“ Er streckte sich ein paar Mal und ließ den Mantel auffallen, einen Blick auf die geflickte Untergarnitur gebend und sah den Kerl und ein paar Umstehende nicken.

„Keiner von uns hat sowas, nen Nachnamen, wir sind keine feinen Pinkel wie die aus den großen Städten.“

Der junge Mann mit dem rabenschwarzen Haar gestattete sich ein schiefes Lächeln und nickte ein paar Mal sehr emsig.

„Also was is nun, kann‘ ‚ch mich setz’n? Komm mir vor wie ‚n geröstetes Schwein auf’m Teller das alle anstarren und ‚s is nich so als wär viel an mir dran. ‚S hat meine Holde mit sich genomm’n als se mich hat sitz’n lassen.“

„Ich bin Boan, das hier ist meine Truppe…setz dich El und erzähl ein bisschen was von dir!“

Der Rattenfänger hinter der Maske des verranzten Taugenichts mit den dunklen Haaren grinste und flüsterte leise aber gut hörbar in seinem Geiste: „Die Falle ist zugeschnappt!“

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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 26 Sep 2020 20:27    Titel:
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Nebel dicht und träge lag wie eine Decke aus ausgefranster Schafs wolle über Wetterau. Die Luft, welche die junge Blondine in ihre Lungen zog, war kalt und einer der ersten Vorboten des sich nahenden Herbstes. Die ersten Blätterkleider nahmen bereits die üppigen und nur allzu bekannten gelb, rot und orange töne an. Während manch ein Blatt seine Spitze rötlich färbte, andere gar orange oder bräunlich, waren andere Blätter bereits in ein sonniges goldgelb getaucht.

Kleine Dampfwolken stiegen rhythmisch aus Mund und Nase auf, während das grell grüne Augenpaar seinen Blick in Richtung Süden festhielt. Das Netz war gesponnen in dem sich alsbald die sieben Auserwählten verfangen und nie wieder herauskommen würden. Ein Schicksalsfaden nach dem anderen näherte sich seinem Ende und noch waren es drei weitere die fehlten. Drei, die sie, wie eine Spinne, in ihr Netz lockte.

Kurz hörte sie das leise und unzufriedene Grummeln und Brummen aus dem Schlafzimmer. Die offene Tür verschaffte der deutlich kälteren Außenluft Eintritt in ihr Heim, woraufhin sie sich wieder in das Haus begab. Am Abend nach der Besprechung hatte sie ihn zwar in die Planung eingeweiht, doch zufrieden war er sichtlich nicht, auch wenn er wusste, dass es im Dienste des Herren geschah. Auf leisem Fuß sammelte sie ihr ‘‘Werkzeug‘‘ aus dem Kleiderschrank ein. Jeder Griff saß und penibel genau wurde der Stoff der spärlichen Kleidung dort hin geschoben wo er sitzen sollte. Prüfend glitten die filigranen Finger über den dünnen, seidigen Stoff. Die Strümpfe hoch bis zu den Oberschenkeln gezogen, die Schuhe von zierlicher Gestalt, mit flacher Sohle, um auch ja nicht den Halt unter den Füßen zu verlieren. Anziehende Düfte von Enzian und Jasmin wurden aufgetragen und selbst das immer gepflegte, lockige Haar wurde nicht ausgelassen und mit Enzianwasser bedeckt.

So leise wie möglich legte sie sich den Umhang, welcher so schwarz wie Rabengefieder war, um ihre Schultern und zog die Kapuze behutsam auf ihr Haupt. Ihre Schritte führten sie wieder zu der heimisch eingerichteten Terrasse, die Tür diesmal hinter sich zuziehend. Der Morgen war noch lange nicht angebrochen und auch die ersten Sonnenstrahlen würden erst in den nächsten ein oder zwei Stunden an den ersten Stellen das dichte Nebelwerk durchdringen. Doch jedem Diener war bewusst wie kostbar die Zeit war und man nicht einen Augenblick von ihr verlieren sollte. So hob das Goldlöckchen ihren Fuß, setzte diesen an das Geländer und drückte sich vom Boden ab. Inmitten des Absprunges segelten sanft ein paar rabenschwarze Federn zu Boden und man hörte nach nicht allzu langer Zeit nur noch das unheilvolle Krächzen eines Raben in der Ferne.

Leise raschelte eine der Baumkronen auf, als der Rabe sein Ziel erreicht hatte. Die kleinen, kohlefarbenen Knopfaugen spähten über das Lager welches kaum noch beleuchtet war. Das große Lagerfeuer glomm müde vor sich hin und spendete weder genügend Licht noch Wärme. Manche der Wegelagerer, wohl die dominanten unter ihnen, machten sich in den löchrigen und undichten, alten Wägen breit, die bestimmt schon das eine oder andere Jahrzehnt und mit Gewissheit mehrere Winter hinter sich hatten. Andere hingegen suchten ihren friedlichen Schlaf nahe am Lagerfeuer. Wieder andere kuschelten sich in ihre glorreich gestohlenen Felle von einfachen Bürgern, Bauern oder von irgendwelchen Hafenbewohnern, während die ärmsten unter ihnen in mittlerweile löchrigen Stofffetzen die sie als ‘‘Decke‘‘ bezeichneten ihren Schlaf zu finden versuchten. Der Rabe hatte das Nest schon einige Tage lang beobachtet, wusste wer welchen Namen trug, wen sie leichter und wen sie weniger leicht um den Finger wickeln konnte. Jeder von ihnen unterschied sich vom anderen. Jeder war ein Individuum für sich. Die eine dumm wie Brot, der andere naiv, wieder ein anderer überschätzte sich gerne in seiner Position. Eine insgesamt interessante und auch amüsante Konstellation. Doch diesmal war es die Naivität die siegen sollte und bald ihrem Herren zugute käme. Die Gaben waren gewählt und mussten nur noch in das bereits wartende Netz gelockt werden.

Die Schwingen weiteten sich, wieder folgte ein leises aber kurzes Rascheln und führten den Raben von der Baumkrone zum Waldboden. Beinahe lautlos landete das Goldlöckchen, erst mit ihrem rechten, dann mit ihrem linken Fuß auf den weichen, Mooslastigen Waldboden. Leicht wie eine Feder umrundete das Goldlöckchen das Lager, tänzelte, drehte sich im Kreis und summte leise Melodien vor sich her. Erst einmal, dann zwei mal, sogar ein drittes mal, ehe sie am Rande, zwischen zwei der Wägen zu stehen kam. Nahe an der Feuerstelle kauerte ein junger Bursche, Johann war sein Name und war ein, vielleicht auch zwei Jahre jünger als das Goldlöckchen selbst. Der Stoff an seinem Körper war verdreckt, einige Stellen mehrfach geflickt und wieder gerissen, seine Haut über und über mit Schmutz bedeckt. Er wirkte etwas Mager. Und doch hatte er dieses gewisse Leuchten in seinen bernstein, fast rehbraunen Augen. Empathie… Lebensfreude… Eine Seele, bereit vom Herren empfangen zu werden. Mit einem zufriedenen Lächeln auf den Lippen wurde die Kapuze nach hinten geschoben und die Stimme zum sanften, lieblichen Gesang angehoben.

Komm mit mein Kind, kommt mit,
folge mir auf Schritt und Tritt.

Komm mit mein Kind, komm mit,
ich führe dich ins Glück.

Komm mit mein Kind, komm mit,
sei fürs Bankett der dritt.

Komm mit mein Kind, komm mit,
gehörst bald zum Herzstück.


Müde rieb sich Johann seine Augen, drehte sich zur lockenden Stimme und blinzelte immer wieder, bis sich seine Sicht klärte. Mehrere Augenblicke lang lauschte er der Stimme, blickte sich um, während alle weiter, so friedlich sie nur konnten, ihrem Schlaf folgten. Skepsis und Faszination wechselten sich in den Zügen des Burschen. Doch gewann seine Naivität. Ohne etwas zu sagen, folgte er dem Goldlöckchen tief in den dunklen Wald hinein.

Und die erste Falle schnappte zu…

Am nächsten Morgen folgte der zweite Streich und die Dummheit ward zum Untergang.

Zur früheren Morgenstunde als am Vortag umkreiste das Goldlöckchen erneut das Lager. Die Glut war beinahe erloschen und nur an vereinzelten Stellen konnte man die eine oder andere schwach glimmende Laterne ausmachen. Diesmal war der Abstand zum Lager um einige Schritte größer, dafür ihr Gesang ein wenig lauter und drang an eines der Wägen heran. Diesmal sah man ein kleines Licht aufglimmen. Eine Kerze die in eine Laterne eingebracht wurde. Das Goldlöckchen lehnte sich mit dem Rücken an einen dicken Baumstamm, während sie die Arme zwischen ihrem Körper und dem Baum platziert hatte. Ihr rechtes Bein hatte sie angewinkelt, der Stoff des mager bestückten Kleides rutschte über ihr Bein und legte den Oberschenkel gerade einmal so frei, dass man einiges an Haut sah und doch so wenig, dass die Gier und Neugierde des Gegenübers wuchs.

Holger war ein stämmiger Mann gewesen, wenn auch nicht der schlaueste. Er begaffte alle Frauen im Lager die gerade mal hübsch genug für eine Nacht waren und holte sich bereits die eine oder andere Ohrfeige ab. Immer näher kam das Licht seiner Laterne die mit jedem Schritt ein wenig hin und her schwankte.

Eh wen habn wa denn da? Wat suchtn so‘n klenes Goldkelchen zu so‘ner Stund nachts allen im Wald?

Kraftvoll drang Holgers Stimme an ihr Gehör, welches ihr ein schüchternes Lächeln entlockte. Ihr grell-grünes Augenpaar funkelte ihn förmlich aus der Dunkelheit heraus an.

Ich war unterwegs zu einem Bankett und verlief mich dabei im Wald. Ich hoffte in der Nähe eures Lagers bis zum Morgengrauen ausharren zu können.

N‘ Bankett… so so… Meinst mit viel Futter, ner gutn Gesellschaft und so‘n krams. Hätts‘t auch ruhig die Nacht in meiner Burg verbring‘n können, statt hier am Baum zu stehn‘.

Brummig lachte der etwa an die dreißig Jahre alte Mann auf und dem Goldlöckchen entging nicht wie er die milchige Haut ihres Oberschenkels anstarrte. Würde sie es nicht besser wissen, würde sie sogar glauben zu sehen wie ihm die Sabber am Mundwinkel herablief.
Dem Goldlöckchen war bewusst was gerade solche Kerle liebten. Leichte Beute.. doch war ihm noch nicht klar, dass er diesmal die leichte Beute sein würde. Ihr rechter Zeigefinger wickelte immer wieder eine ihrer Locken auf und ab, umschmeichelte verspielt ihre Lippen mit dem feinen Haarstrang. Verlegen blickte sie ihm entgegen.

Würdet… würdet ihr mich denn zum Bankett begleiten? Man würde euch zum Dank sicher so viel essen geben bis ihr umfallt. Und ich… würde euch natürlich meinen ganz persönlichen Dank aussprechen.

Aber sicher klenes. Ich kann doch nich so‘n junges Ding wie dich allen durch‘n Wald laufn lassn.
Wie is‘n überhaupt dein Name?


Nenn mich Eloise.

Schon schnappte auch die zweite Falle zu und die Dummheit siegte. Nun war es an den Geschwistern den Kreis der Sieben zu schließen, während das Goldlöckchen den ahnungslosen Holger in sein baldiges Verderben führte.




Zuletzt bearbeitet von Victoria Deklie am 26 Sep 2020 20:50, insgesamt einmal bearbeitet
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Corastin Kiems





 Beitrag Verfasst am: 26 Sep 2020 22:05    Titel:
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Ich hatte nicht die beste Laune. Sicherlich hatte Sie mir mitgeteilt wie sich das ganze Unternehmen zusammensetzte. Grundsätzlich begrüße ich solche Ideen und auch diese Sache mit dem Festbankett war, auch in seiner süffisanten Titulatur nach meinem Geschmack. Aber ich mochte es noch nie sonderlich wenn Sie sich aufbrezelte um so Ihre Opfer zu fangen. Aber ich würde ihr in diesem Fall keine Vorbehalte machen. Jeder hatte so seine Methode entwickelt. Grundsätzlich gesehen habe ich selbst mal so angefangen, um den Finger wickeln, mitnehmen und dann mein Machwerk verrichten wie es mir in den Sinn kam.

Auf gewisse Weise hatte ich mich jedoch entwickelt, mich mit meiner Zweiteilung arrangiert und verbündet, bin eins geworden mit mir Selbst und meinem Sein. In vielen Regionen würde man dazu seinen Göttern danken als diese billige Floskel ausgesprochen die man überall her kennt. Bei mir ist das aber offensichtlich exakt das was hier zutrifft.... mhm und ich bin sehr dankbar. Ich darf meine Natur ausleben... und ich darf mich auch abreagieren wie es mir passt. Ich weiß ja was und wie Sie es zustande bringt, das bedeutet aber nicht das ich das auch tun muss, unsere Wege sind zahlreich wie wir es selber sind.
"Kra'thor sei dank."



Er ging langsam und leise durch den Wald. Die dunkelgraue Robe mit den mannigfaltig gestalteten Runen und Zeichen ließ ihn mit der nunmehr ausgebreiteten Dunkelheit verschwimmen. Einzig die Geräusche seiner Bewegungen die ab und zu ein Hölzlein striffen ließen seine Anwesenheit erahnen. Und da war da noch sein Begleiter... der längst verstorbene Korpus, der ihn begleitete war so still wie stumpfsinnig, einzig seinem Willen untergeordnet die er Ihm Dank der Gaben des Vaters aufzwingen konnte. Sein Name war für ihn ebenso unbedeutend wie jegliche Gefühlsempfindung, Schmerz oder Skrupel im Allgemeinen. Sein Geruch, ein exquisiter Moder- und Fäuleduft begleitete ihn ebenso wie er den Diener begleitete der in der Gestalt des 'Bruder Ars' gewandet war.

Ihr Ziel war ein kleiner freier Punkt im Wald, eine Lichtung, in der es Menschen zweifelhaften Rufes hingezogen hatte. Ein Nest von ebenso verdammten wie gierigen Seelen. Der Bruder brauchte sie nicht alle. Einer würde für den Anfang genügen… der Rest… würde ihm dazu dienen sich abzureagieren. Er konnte das Lachen der rauen Kerle hören. Sie messen sich im Wetttrinken und machten sich über diejenigen lustig die sie vor kurzem ausgenommen haben.

Vermissen würde sie niemand.

Das Chaos dauerte geschlagene 7 Minuten. Während die durch einen Knüppel bewusstlos geschlagene Wache ihr Heil in der Bewusstlosigkeit suchte, fiel der Untote ton- und wortlos über den ersten der Räuber her, biss und riss sich an seinem Fleische fest. Entrüstete und erschrockene Schreie entfleuchte dem Diebesgesindel, hieben mit ihren Waffen auf den empfindungsarmen Körper ein und bemerkten erst viel zu spät das sich unter Ihnen ein Schattenaufgerichtet hatte. Die dünne Klinge eines Rapiers schnitt dem ihm am nächsten stehenden die Kehle soweit auf, das die abrupt ermüdende Luftröhre ein stückweit die Freiheit der Waldesluft erhaschte um sein Blut beim letztem ausatmen in blubbernden Schaum zu verwandeln. Eine virtuose Ouvertüre im Angesicht des Grauens das in den nächsten Momenten über die kleine Bande hereinbrach.



Niemand würde etwas zu berichten wissen über den Vorfall im Wald. Vielleicht würden irgendwann einige Späher oder Abenteurer im Walde von Tirell die verstümmelten Leichen finden, die dort beinahe achtlos zurückgelassen worden sind. Vielleicht jedoch, ganz vielleicht, hat ein Wanderer in dieser Nacht noch auf den Straßen Richtung Nimmerruh einen berobten Mann in Begleitung gesehen. Begleitet von einem an einer Kette gefesselten Mann mit einem Sack über den Kopf, der von einem ausgemergelten, schlurfenden Mann geführt wurde. Leise rasselte einzig die Kette, ansonsten waren die drei Nachtwanderer still. Einzig ein Krächzen ward zu vernehmen als sie die Straße in Richtung Nimmerruh nahmen.

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Shessidyr Shartir





 Beitrag Verfasst am: 28 Sep 2020 01:11    Titel:
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“Räuber... Banditen... Lumpenpack und Gesindel.“, so waren die Worte der “Kleinen Schwester”.

Ein “Königshappen” sollte es sein, etwas ganz besonderes. Doch wie soll man eine Delikatesse im Abschaum finden? Als könnte man Perlen im Schweinetrog finden. Oder Gold in der Latrine. Oder eine besonders schmackhafte Seele für den Meister unter nichtswertigen Verbrechern.

“Vater” hat sie Ihn genannt. Wenn ich überlebe, was auch immer sie mit mir vorhaben, darf ich Ihn auch so nennen. Ein wundervoller Gedanke.

Doch waren der Worte genug gewechselt als die nachtblau gewandete Gestalt sich von den kalten Stufen der Nimmerruh erhob und ihre kaum hörbaren Schritte in Richtung der dichten Wälder lenkte. Weg von hier. Zu einem Ziel, von dem noch nicht bekannt war, wie es überhaupt aussah.

Als die Blätter des Wildpfades leise raschelten, weckten sie auch eine schlafende Erinnerung.

Eine Erinnerung an ein altes Leben. Ein anderes Leben.

So weit entfernt und nun doch irgendwie ... wieder so nahe.

Der seit mehreren Wochen andauernde Schlafmangel tat sein übriges als die schwarz umrahmten Augen mit jedem Schritt in der aufkommenden Kälte der nebligen Wälder von Schattenwinkel damit kämpften, den Körper am funktionieren zu halten. Der Todessang war nun fort... er hat ihn geraubt. Und es fühlte sich mit einem Male wieder so... frei... an. Doch war diese Freiheit wirklich das, was sie wollte? Alles fühlte sich so mühselig an. Und so einsam.

Kurz wurde alles schwarz. Doch sind nur die Lider zugefallen. Das darf nicht noch einmal geschehen. Die Augen auf den Weg gerichtet. Voran.

Jedes Geräusch war zu hören, als wäre es hundertfach verstärkt und doch in Watte eingehüllt. Das Knacken eines Zweiges. Das Rascheln der Blätter. Das Knarzen der Stiefel. Der eigene Atem. Wie ein Traum.

Erneut wurde alles schwarz. Die Schwäche fühlte sich immer schwerer an, wie bleierne Ketten die überall auf ihr lagen und trügerisch flüsterten, sich doch einfach hinzugeben und die Schwärze einfach gewähren zu lassen. Jeder Atemzug fühlte sich an wie eine überlebensgroße Aufgabe. Und es blieb schwarz.

***

Erneut öffnete sie die Augen. Die Insel Lameriast im Frühling des Jahres 255.

... und so entliess er sie.

Der Fürst verwendete nicht viele Worte um sein Anliegen auszudrücken. Er brauchte es auch nicht, denn es war ihr bewusst, dass er Menschen verachtet, denen man alles zweimal erklären muss. Und sie gehörte garantiert nicht zu diesen, sie, als seine treueste Dienerin.

Es war ein sonniger Nachmittag im Frühling. Draussen zwitscherten die Vögel der Insel Lameriast das Lied vom erwachenden Frühling, angenehme Wärme lag auch spürbar in der Luft und ein herzerwärmender Duft nach nassem Gras in der Sonne, Blumen und einer leichten Meerbrise, welche von Neuhaven mit einem Nordwestwind hierher getragen wurde, erfreute die Sinne vieler Lebewesen.

Nicht jedoch ihre, als sie gedankenverloren durch die kühlen Gänge der Burg Eisenwart lief und sich die Worte des Fürsten nochmals genau einprägte und mit ihren eigenen wiederholte:

"Geh heute Abend nach Varuna, Shessidyr. Dort wirst du beim Brunnen am Marktplatz einen Mann namens Ludwig Kannath treffen. Er wird dir sagen können, wo du den Flüchtigen finden kannst. Er wird dir auch seinen Preis nennen. Enttäusche mich nicht, Shessidyr!"

"Enttäusche mich nicht, Shessidyr", sagte er. Sie wusste, was er damit meinte. Würde sie versagen, wäre es an ihr, seine schrecklichste Seite kennenzulernen - die des grausamen Meisters, der mit Genugtuung Schmerzen zufügt. Nein, das wollte sie nicht, wirklich nicht.

Ludwig Kannath und der "Flüchtige" starben grausame Tode. Der eine verlor im wahrsten Sinne des Wortes bei lebendigem Leibe sein Gesicht... der andere wurde gefunden und als Opfer eines Wolfsrudels deklariert, so verstümmelt war sein Körper.


***

Eine Sekunde der Unachtsamkeit. Ein lautes Rascheln. Sie riss die Augen auf. Es war nur ein Wachtraum. Doch einer, der eindringlich an das erinnern sollte, was vor ihr lag: Erneut gab es einen Meister, der nach Erfolg verlangte. Und erneut würde Versagen nicht akzeptiert werden.

“Räuber... Banditen... Lumpenpack und Gesindel.“ schien der Wind zu flüstern. Oder war es nur ihre durch die Übermüdung geschundene Vorstellung? Die Worte der "Kleinen Schwester" brannten glühenden Eisen gleich in ihren Ohren. Wie Musik aus der Tiefe der Seele selbst.

Ein "Königshappen". Also etwas Besonderes. Somit schieden Räuber und Gauner, die Reisenden auf den Wegen auflauerten, bereits aus, da sie diesen in ihrem geschwächten Zustand sowieso nicht einmal annähernd Herr werden könnte und diese ihr vom Gefühl her zu... "unköniglich" seien.

Doch was wäre ein angemessenes finales Filetstück für den Meister? Eine Frage, auf die es keine befriedigende Antwort gibt, da das Wissen, nach dem sie suchte, von den Rabenpriestern eifersüchtig gehütet wurde wie die eigene Keuschheit von einem temorianischen Priester.

Also war sie nun bei dieser Suche völlig auf sich allein gestellt. Nur sie, ihr geschwächter Leib und die übermüdete Intuition. Die Intuition, die ihr schon oft die Haut rettete. Die Intuition, die Lügen und Hochmut sich selbst enttarnen lassen. Die Intuition, die darauf besteht, dass die Lösung dieser Frage in der Heiligen Stadt Rahal selbst liegen könnte. Die Intuition, die ihr verrät, dass sie sich dort vorerst besser nicht sehen lassen sollte.

Und so geschah es in der Nacht des 22. Searums, dass ein fleischgewordener Alptraum wieder auf der Insel Gerimor wandeln sollte, als in einem düsteren Gewölbe in Schattenwinkel präzise und geheimnisvolle Arbeit durchgeführt wurde:

Rostrote Haare wichen einer strohblonden Färbung und wurden zu einem Zopf gebunden...
Eine abgetragene Robe wurde abgestriffen und der narbenübersähte spindeldürre Leib bedeckt von einem sauberen braun-grünen Reisekleid...
Die wettergegerbte Färbung der Gesichtshaut wurde fein säuberlich überschminkt um die Illusion einer elfenbeingleichen Haut zu erschaffen...
Selbst Duftwasser wurde dezent aufgetragen um die Erscheinung der jugendlich-naiven Frau mit der hell-klaren Stimme und den großen Augen zu perfektionieren...

"Emma" war somit wiedererweckt worden. Auch wenn der Todessang nun fern war, so konnte sie sich noch gut daran erinnern, wie sie gemeinsam diesem junge Mädchen nach und nach das Leben herausschnitten. Sie hat so wundervoll gesungen. Und nun... bin ich sie.

Durch die Veränderung der Machtverhältnisse im alatarischen Reich würde sich höchstwahrscheinlich niemand mehr an die Bluttat erinnern, die vor etwa einem Jahr Junkersteyn bis ins Mark erschütterte. Somit wäre das junge naive Mädchen, das auf dem Markt Äpfel kaufen will, sicher von keinerlei Interesse für die imperialen Truppen.

Eine Tür fiel leise ins Schloss und nicht minder leise Schritte verließen das spätnächtliche Schattenwinkel in Richtung des Osttores der Heiligen Stadt.

Als der Morgen dämmerte kam das Ziel der Reise in Sichtweite. Wie erwartet war es weniger streng bewacht als das stolze Haupttor Rahals. Zwar weniger bewacht, aber nicht minder schwer befestigt als das Haupttor. Doch das sollte eine weitere Zivilistin nicht weiter stören die an diesem Tag die Heilige Stadt "auf der Suche nach passender Nahrung" betrat.

Das Leben in Rahal hatte sich nicht groß verändert. Die neue Verwaltung des Senates sorgte effektiv dafür, dass trotz des Risses und der welterschütternden Ereignisse das Leben einen relativ normalen Gang nahm. Kaufleute priesen ihre Waren an, Templer ließen gelegentlich Passanten verhaften, die die Gebote des All-Einen nicht korrekt aufsagen konnten, Soldaten beäugten das Ganze misstrauisch aber gelangweilt und ein Gefühl der allgegenwärtigen Beobachtung war nahezu überall präsent. Es hat sich wirklich nicht viel verändert.

Nun galt es nur noch, eine Delikatesse für den Meister zu finden. Einzige Voraussetzung: Es durfte nur niemand sein, der in dem Kristall-Konflikt noch von Nutzen sein könnte. Keine leichte Aufgabe. Im Nachhinein betrachtet vielleicht sogar eine völlig bescheuerte Idee, in der streng bewachten Hauptstadt des Alatarischen Reiches jemanden finden zu wollen, der diese Anforderungen erfüllt. Aber vielleicht würde sich die Intuition ja einmal wieder als zuverlässig herausstellen.

"Jemand, der entbehrlich ist. Ein Verbrecher. Jemand, der der Gesellschaft nicht nützt." sagte sie sich immer wieder einem Mantra gleich auf und hoffte auf ein plötzliches Ende ihrer Suche als die silbergrauen Augen denen einer Katze gleich alle möglichen Ecken und Gassen beobachteten während das tollpatschig wirkende Äußere gelegentlich über Gegenstände stolperte und alltägliche Dinge wie Holzschalen oder Löffel bewunderte.

Und es musste wahrlich erst Abend werden als alles wieder so geschah, wie es wohl geschehen sollte.

Es stellte sich langsam als mühselig heraus, die Tarnung des tollpatschigen jungen Sonnenscheines aufrecht zu erhalten und der Gedanke, dies noch für mehrere Stunden tun zu müssen, sorgte, höflich ausgedrückt, für Unwohlsein.

Doch riss sie urplötzlich eine Hand, die aus einer Seitengasse heraus nach ihrer Schulter griff und sie gewaltsam zu sich heranzog, aus ihren Gedanken und rief den Reflex des Überlebenskampfes hervor. Verdammt, sie hatte für einen kurzen Moment nicht aufgepasst! Und diese elendige Müdigkeit hat sie noch träger gemacht, als sie es jemals tolerieren würde.

Aber nun war es zu spät. Es galt nun an erster Stelle, die Tarnung aufrecht zu erhalten. Daher würde sie erst einmal beobachten, was geschieht.

"Was macht denn so ein süßes Ding wie du noch so spät hier... Hast du dich verlaufen, Kleines?" fragte eine rauchige tiefe Stimme selbstüberzeugt als ein starker Arm sie an die kalte Wand der Seitengasse drückte.

Unter normalen Umständen hätte sie jedem Kerl, der es wagt, sie so widerlich anzusprechen, bereits ohne Vorwarnung etwas ganz bestimmtes abgeschnitten. Doch dieser hier war irgendwie... anders. Ein Räuber hätte bereits seine Waffe gezogen, ein Vergewaltiger wäre schon tot und ein Menschenhändler hätte sie schon versucht, bewusstlos zu schlagen. Da er keinen wirklich aggressiven Eindruck machte, beobachtete sie ihn nun genauer.

Sie sollte Recht behalten, als sie nach der Geschwindigkeit und Festigkeit des Griffes auf einen jüngeren Mann schätzte: Die vor ihr stehende breitschultrige aber drahtige Gestalt war vielleicht gerade einmal 25 Jahre alt. Das Gesicht mit dem dreisten schurkenhaften Schmunzeln wurde von einem groben Dreitagebart und nachtschwarzen verwuschelten Haaren auf halber Schulterlänge eingerahmt und bot mit den tiefen dunklen Augen ein Kunstwerk erster Güte.

Die elegante aber sehr leger getragene Kleidung roch nach Tabak und Wildkraut während ein leichter Hauch nach Rum das Gesamtbild abrundete und dem zugegebenermaßen hochattraktiven Äußeren nur zuspielte.

"Nicht sonderlich gesprächig, hm? Brauchst aber keine Angst zu haben, Kleines. Ich tu dir nix, wenn du die Klappe hältst." waren seine Worte, bevor er seinen festen Griff etwas lockerte. "Denn ich hab hier genau, was du suchst."

Sie war sich sicher, dass das nicht der Fall sein könnte, aber ihr gespieltes Äußeres sah den jungen Mann unsicher und verängstigt an, als dieser sein Hemd aufknöpfte und eine kleine Schachtel herausholte, die er zuvor an einer beeindruckenden Tätowierung, die die halbe Brust bedeckte, vorbei führte.

"Da drin ist die Erfüllung aller deiner Wünsche, komm, probier mal." Waren seine Worte, als er die Schachtel öffnete und kleine sorgsam aufgereihte Kügelchen darin zum Vorschein kamen.

Sie nahm eine der Kügelchen. Und schluckte sie. Auf ihre Frage, ob er sie dann gehen lässt, folgte nur ein raues Lachen. "Jetzt haben wir doch schon so viel Spaß... nein. Die Dinger sind aus gepresstem Wildkraut und Visionspilzen. Du wirst gleich merken, dass du nicht mehr gehen willst, meine Süße"

Viele Menschen in dieser Situation wären wohl nun in eine Falle ohne Rückfahrschein gegangen, doch befand sich das kleine Drogenkügelchen nicht in ihrem Mund sondern in ihrem Ärmel als sie ihm vorspielte, wie sie immer lockerer und heiterer wurde, sich gar näher an ihn heranschmiegte und den eigenen Körper schwerer und träger machte.

Sie konnte den siegessicheren Ausdruck auf seinen Zügen sehen, als er sie stützte und immer weiter, tiefer in die dunkle Gasse mitführte.

"Wo wir jetzt hingehen, habe ich noch mehr davon. Du wirst nichts anderes mehr haben wollen. Wir werden so viel Spaß haben, Kleines." waren seine letzten Worte, bevor er sie in eine winzige Bretterbude hinter der Hafenmauer führte und die Tür verschloss.

Die aufkommende Nacht wurde von Alkohol begrüßt. Hartem Alkohol. Und Wildkrautstängeln. Und vielen weiteren Rauschkugeln, die er ihr verabreichte und sie jede einzelne artig schluckte. Zumindest war es das, was sie ihm vorspielte. Je mehr Alkohol und Rauschmittel der junge Mann in sich hatte, umso leichter wurde es auch, ihm vorzuspielen, harten Alkohol zu trinken oder diese verflixten Kügelchen zu schlucken. Zwar spürte sie auch seine immer enthemmter werdenden Hände auf ihrem Körper und dieses Gefühl widerte sie so unendlich an, doch war es ihre Intuition, die ihr sagte, dass diese genau die Ereignisse sind, die zum Ziel führen werden, da er immer gesprächiger wurde.

Die Nacht wurde lang und die größte Herausforderung war es den jungen Mann zu überzeugen, dass sie sich ihm noch nicht hingeben würde aber dabei gleichzeitig mehr und mehr Informationen aus ihm herauszubekommen.

Und als die Sonne dann endlich aufging, lag der junge Leckerbissen in tiefem Schlaf an sie gekuschelt. Und sie hatte es tatsächlich geschafft, ihre Kleidung anzubehalten. Auch wenn der linke Ärmel nun voller Rauschkügelchen und die Kissen hinter ihr vom Alkohol nur so getränkt waren.

Zumindest wusste sie nun, dass der junge Mann den klangvollen Namen "Javier" trägt und in Rahal bereits seit einigen Wochen die Sehnsucht vieler nach kurzweiliger Vergessenheit befriedigt.

Vielleicht war es wirklich auf irgendeine groteske Art von Vorteil, dass der Meister ihr seit ungezählten Tagen finstere schwarzgefiederte Träume schickt. Denn die schlaflosen Augen vermochten auf diese Art selbst im Wachen zu schlafen. Und so war er immer hier. Verwirrende Träume von Rabenschwärmen, die sich zerteilten, über die fremdartige Landschaft flogen und sich wieder zusammenfanden um dann mit einem Male ein Gesicht zu bilden. Das Gesicht der "Kleinen Schwester". Der Schwarm bewegt sich und zerberstet in dutzende, nein, hunderte Raben. Alle krächzen. Laut. Und alles wird weiß. Das Krächzen wird leiser und weicht einem penetranten Pfeifen im Ohr.

Sie muss eingeschlafen sein. Denn sie befand sich wieder in der windigen Bude im Rahaler Hafenviertel und in ihren Armen lag Javier, der Drogenhändler. So schwach, so verletzlich. Sie könnte ihm nun das Leben aushauchen für all die Berührungen der gestrigen Nacht. Ja, es wäre so einfach. Ein Stich hier. Ein Schnitt dort. Und... er wacht auf!

Sie musste sich erst ins Bewusstsein rufen, dass sie nicht Shessidyr, das "Zweigmädchen", wie Bruder Ars sie poetisch nannte, war sondern Emma, das naive Dummchen.

Die Augen des jungen Mannes öffneten sich und er war verwundert, dass sie noch hier war. Es war absurd, aber sie log ihm in diesem Moment vor, dass sie sich wohl in ihn verliebt habe und nicht gehen will. Und noch absurder war, dass er es ihr scheinbar glaubte. Tatsächlich machte ihn dieser unerwartete Ausdruck sprachlos, sorgte aber dafür, dass er seine Wachsamkeit nun völlig über Bord warf und in ihr mehr sah als ein leichtgläubiges Dummchen. Sie würde diesen Unsinn nie verstehen, doch funktionierte es nahezu jedes Mal so reibungslos.

Und so verbrachte sie einen langen Tag damit, einem nicht enden wollenden Schwall an Erzählungen zu lauschen und ihm immer wieder vorzuschwärmen, was sie an ihm alles bewundert. Und nahezu unbemerkt wurde eine weitere Flasche Alkohol geöffnet. Und ein weiteres Rauschkügelchen hervorgeholt. Und die Erzählungen wurden immer ... interessanter.

So erfuhr sie, dass Javier bis vor einigen Monaten noch einer der Straßenräuber der südöstlichen Wälder war und dann um seine Beute betrogen wurde, obwohl er viele der besten Überfallpläne anfertigte und sich darum kümmerte, dass viele Wachsoldaten und Beamte angemessen bestochen waren. Doch er war zu intelligent für dieses Umfeld und so war er "entbehrlich" geworden. Als Dank ließen sie ihm das nackte Leben und zehn Minuten Vorsprung. Ein schwacher Trost.

In Rahal angekommen wurde ihm bewusst, dass der Riss am Himmel und alles Chaos in der Welt einen gewaltigen Bedarf an Rauschmitteln erzeugt haben, da die Menschen auf alle möglichen Arten versuchten, sich von diesen bisher nie gesehenen Schrecken abzulenken. Und hier kam seine Erfahrung mit Tinkturen und Kräutern nun nahezu gelegen.

Immer mehr Bürger kauften von ihm. Und alles führte er in Eigenregie durch. Denn der Verrat saß noch tief und die Menge an Geld, die er verdiente, würde bald den nächsten Verrat hervorrufen. Denn eine Krone für eine Rauschkugel war ein stolzer Preis. Der jedoch bereitwillig von vielen gezahlt wurde. Und in der Bretterbude standen noch ungezählte Kisten.

Sowieso hatte er bald ausgesorgt, denn er hat einen großartigen Auftrag an Land gezogen. Durch einen Kunden hat er eine Verbindung in die Alatarische Armee bereitet und unter dem Deckmantel einiger Offiziere und Soldaten würde er eine große Menge dieser Rauschmittel in die Kasernen und Lager verkaufen können. Hunderte. Und da er der einzige ist, der sich auf so einen riskanten Handel einlässt, wird es auch keinerlei Konkurrenz geben.

Wie eine Offenbarung wurde ihr am Ende des Tages nach diesen Erzählungen klar, dass ihre Intuition sie auch dieses Mal nicht betrogen hatte und Javier, der Drogenhändler, den sie in Gedanken noch "Leckerbissen" nannte, wirklich einer sein würde. Für den Meister. Für Vater. Für Kra'thor.

"Javier, ich habe da ein paar Freunde, die ich dir gerne vorstellen würde..." waren die Worte, die ein Schicksal besiegeln sollten. Es ging um eine wilde und versteckte Feierlichkeit junger Leute aus reichen Familien, zu der diese Rauschkugeln sicher sehr gut ankämen.

Und so machten sich noch an diesem Abend ein großer attraktiver dunkelhaariger Mann mit einer schweren Tasche und eine kleine blonde Frau, die ständig ganz nah an dessen Seite verweilte, auf den Weg in Richtung Südosten.

Über die Brücke.
Durch Schattenwinkel.
Über die Furt.
Durch den Wald.
Über den Bergpfad.

Bis zu einem Punkt, als das Letzte, die Javier an diesem Tag hören sollte "VORSICHT, HINTER DIR!!!!" waren und nach einem dumpfen Schmerz am Hinterkopf ihn gnädige Ohnmacht übermannte.

Die Nimmerruh würde nun einen weiteren Bewohner haben.

Sein Name ist Javier.

Und er ist ein Leckerbissen. Ein Königshappen.


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Rowan





 Beitrag Verfasst am: 28 Sep 2020 21:09    Titel:
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Wo Wasser ist, ist Leben…

...na ja, noch.


Sie beugt sich über das Wasserbecken, grüne Augen funkeln ihr entgegen. Die Haare fallen in das Gesicht. Sind das Augenringe? Platsch wird der Wasserkrug ins Wasser getaucht und aufgefüllt.
Tropfen auf dem Boden zeichnen den Weg, den sie durch Nimmerruh geht.
Sie hat einen bestimmten Weg. Sie hat momentan eine Bestimmung. Sie ist der Häppchenbewässerer. Sie gießt das Unkraut der Menschheit. Sie befeuchtet die Kehlen derer die sich nun dort oben befinden.

Die da oben, das Unkraut, die Unmenschen, der Abschaum. Namen sind unwichtig. Egal ob nun Holger oder Johann, sie sind dreckig und stinken. Sie geiern, gafern und gaffen. Sie entkleiden mit den Augen. Sie sind widerwärtig.

Sie liegen in Ketten. Sie hungern. Sie waren erst still. Aber das Jammern beginnt. Die Ungewissheit. Die Angst. Die Wut. Der Zorn. Ketten rasseln, es wird an Verankerungen gerissen.

Sie spucken, sie fluchen, sie schreien.

Trockene Kehlen….

Da, tap tap tap, Schritte sind auf der Treppe zu hören. Eine kleine und schlanke Gestalt erscheint.
Wie immer ein Wasserkrug in den Händen, ein Lächeln auf den Lippen.
Lippen die sich nie bewegen. Kein Laut ist zu hören. Die Augen sprechen, denn sie wissen um das Schicksal der Angeketteten.

Der Blick gleitet über die Gefangenen, nein Gäste. Sie sind Gesindel, sie tragen keine feine Kleidung. Bis auf einer. Sein Blick scheint klarer als vor zwei Tagen. Aber der Raum ist voller Fragezeichen. Mit jedem Laut den die Gäste von sich geben, werden es mehr. Es sind immer dieselben Fragen:

Wo bin ich?
Wer bist du?
Was soll das?
Meint ihr, ihr kriegt mich klein?
Wenn das meine Frau erfährt… .


Es sind überaus höfliche Gäste:

Du mit deinem scheiß Wasser.
Verpiss dich Schlampe.
Du bist sicher gut zu vögeln.
(Ja, zu Raben!)


Aber sie geht nicht, nicht bevor sie jedem ein wenig Wasser eingeflößt hat. Sie geht nicht immer trocken hinaus. Aber es ist nicht ihre Kehle die dann trocken bleibt.

Sie muss sich arg zusammenreißen. Einzig das Wissen um das Schicksal der „Gäste“ vermag sie weiterhin still ihre Aufgabe durchführen lassen. Denn laut lachen das kann sie am Ende.


Zuletzt bearbeitet von Rowan am 28 Sep 2020 21:13, insgesamt einmal bearbeitet
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Alecia Rundhammer





 Beitrag Verfasst am: 29 Sep 2020 09:29    Titel:
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Oh süßer Herbst du schöne Zeit
birgst den Tod im buntesten Kleid.
Wissentlich was danach kommt,
raubst du die Wärme an der Front.

Hüllst die Welt in ein Nebelkleid,
ein düsteres Bild welches im Kopfe verweilt.
Das Leben zieht aus, es verendet im Boden,
wird erst kurz darauf, mit neuem Leben verwoben.

Drum ist das Bild oft falsch dargestellt,
ist es doch der Tod welches das Leben inne hält.
So gibt es am letzten Tage der Woche
das Ende des Anfangs, der dunklen Epoche.




Der Klang der unzähligen Regentropfen, welche unnachgiebig auf die Schindeln niederprasseln. Das leise knistern des Feuers im Kamin, welches sich züngelnd und tänzelnd durch das trockene Holz frisst und es zu Asche verwandelt.
Das knarzen der Fensterrahmen, welche dem Druck des Windes nicht nachgeben wollen und sich mit aller Gewalt dagegen zu pressen scheinen - oder schlicht der Rahmen der sie hält, stetig kurz davor nachzugeben. Ein poltern, ein krachen, ein lautes Geräusch welches bis in Mark und Gebein geht, zuvor war da das Licht welches für einen Augenblick, wie Krallen, hinab gen Erde zuckte. Als würde es nach etwas greifen wollen.
Die wohl vergänglichste Jahreszeit hielt Einzug, der Herbst.


Es ist Nacht und ein Herbststurm zieht über das Land hinweg, eine gemütliche, ruhige Nacht, zumindest ist kein Besuch zu erwarten. Das Feuer schenkte das Licht und gibt die Wärme für den Raum, jeden Tag begaben wir uns zu dem kleine Häuschen am Rande von Kronwalden und legten Holz nach mit der Begründung, dass die Räumlichkeiten für den Wiedereinzug warm gehalten werden müssen. An manchen Tagen jedoch, kehrten wir nicht zurück zur Burg, es war nichts was von Belang war wenn wir fehlten, wenn das Burgfräulein fehlte. Es ist alles gerichtet, die beste Jahreszeit war, wenn die Pilze durch die verfaulten, nährreichen Böden wachsen konnten und ihre voll Pracht entfalteten. Es ist der Tod welcher ihnen das Leben schenkte und wir nahmen ihnen jenes wieder um es wiederum anderen zu geben die damit ebenso, zum Ende hin, Leben schenkten. Die Verwesung schenkt immer Leben.

Die Schwester hatte viele Pilze gesammelt, verschiedenste, wir sortierten sie aus, der Geschmack muss stimmen, es sollte doch ein Festmahl sein. Die Reinigung sollte stets etwas sein, was mit Liebe zum Detail vollzogen wird.


‘Schnipp, Schnapp, kommt herein in das liebe Töpfelein.’

Ich spüre wie die Mundwinkel sich heben, ein lächeln, erfreut und sogleich mit Aufregung bespickt.

‘Es wird eine gute Suppe sein, sie wird ihre Wirkung entfalten. Ja, ja, das wird sie.’

Summend werden die Pilze zerkleinert und in den Topf gelegt, etwas Butter hinzugegeben, so werden sie erst einmal mit ein paar Zwiebeln geschmort. Etwas Salz und Pfeffer und nur der Kopf des Roten, nicht zu viel, ein kleiner Kopf, ganz frisch und noch jung, soll er doch nicht gänzlich zerstören, sondern nur einige wunderhübsche Bildchen schaffen.
Rühren muss man es, noch ein paar Kräuter hier und da.


‘Darf ich denn gehen?’ Dringt da die Stimme des jungen Burschen in den Raum hinein, es vermag wohl etwas zweifelnd klingen, vielleicht nun auch etwas verängstigt, ob es an den Selbstgesprächen lag?

‘Oh, bleib doch noch Kind, wir sind gleich fertig, eine Suppe stärkt dich, ehe du aufbrichst.’
Dringt es da in der Disharmonie der Stimme über ihre Lippen und sie summt weiter.
Ein rütteln der Türe ist zu vernehmen, wohl der Bursche welcher nach draußen möchte, vernünftig und verständlich, man folgt eben auch keiner Frau in ein fremdes Haus. Welch Glück das es Nacht ist und das verweilen in der Nacht in Kronwalden verboten. Der Bursche, ein Wegelagerer.


Ein Gefühl der Reue. ‘Erbärmlich, sei still und schweig, es wird ihn keiner vermissen.’

‘Setz dich, oder wir schneiden dir gleich die Kehle durch!’

Er wehrt sich, das tut er, ein kleiner Kampf etwas Gerangel. Sicherlich wird man es hören und werden Patrouillen vorbei laufen, wird man meinen können kurz etwas gehört zu haben, zumindest drang etwas aus der Richtung des Hauses, doch kurz darauf herrschte wieder die Stille in dem kleinen Örtchen - besinnliche Ruhe im Herbststurm selbst.

Nach geraumer Zeit, wird der Deckel des großen Aquariums zugeschoben, das Rauschen der sich im roten Wasser windenden Piranhas wird zu vernehmen sein. Leise summend schreitet sie zum Bad.

Nach der Arbeit sollst du Ruhen und was für den Körper tuen.
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Morra Thuati





 Beitrag Verfasst am: 09 Okt 2020 17:18    Titel:
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Sieben sollen es sein,
denn die Sieben ist eine besondere Zahl.
Immer und immer wieder zeichnet sie die Geschichte Alathairs.
Ja, Sieben sollen es sein.


Holle

Als sie das Bewusstsein wiederfand und verstand, dass die verdammte Göre sie in die Irre geführt hatte und vermutlich auch dafür verantwortlich war, dass sich kalte Eisenketten um ihre Handgelenke schmiegten, um sie so mit der muffigen Mauer des Verließturmes zu verbinden, da glomm der Zorn und Hass wie eine Stichflamme auf. Sie brüllte, verwünschte die eigene Dummheit und mangelnde Vorsicht, schwor raßend blutige Rache an der dreckigen kleinen Schlampe, der sie den Wein abgenommen hatte, um ihn höhnend vor den Augen der angeblichen Botin zu trinken... ah, diese verfluchten Kohleaugen. Zu spät hatte sie den Glutfunken darin aufglimmen gesehen und das spöttelnd belustigte, helle Lachen erst vernommen, als ihr die Sinne zu schwinden begannen. Das sollte dieses Miststück bereuen, sobald sie ihrer habhaft werden könnte, würde sie ihr diese dämonischen Augen genüsslich selbst auskratzen!
Doch nach Stunden kamen die elendiglich garstigen Geschwister Hunger und Durst Hand in Hand in den Raum und sorgten dafür, dass aus dem tobenden Geschrei, den Drohungen und Racheglüsten ein erstaunlich schmales Flämmchen wurde, das nur noch schwach brannte und von der aufkeimenden, eisigen Angst nach und nach erstickt werden sollte. Panik veranlasste sie zu anderen Taktiken, ließ sie schmeicheln, betteln und versprechen, was das Zeug hielt, doch die Fesseln blieben kalt, erinnerten sie unbarmherzig an das Schicksal, was einem eigentlich an solchen Orten erwartete. Wie viele hatte sie nicht selber lebendig begraben? In Gruben geworfen, in Felsennischen gesteckt und mit Steinen bedeckt. War das die Vergeltung für all jene, die sie um Hab, Gut und Leben gebracht hatte?
Wie ein klammes, blindes Untier aus tiefen Seen tauchte das Grauen innerlich hinauf und verschlang mit einem lautlosen Schnappen jegliche Hoffnung, zog Licht und Zukunft mit sich hinab und verschwand für immer spurlos. Sie begann zu weinen und als sie alle Tränen vergossen hatte, da wurde sie endlich still. Sehr, sehr still.

Johann

Wer blondem Gift folgt, der muss sich nicht wundern, wenn er einen langsamen, qualvollen Tod stirbt. Der Spruch wand sich um seine Gedanken, ließ sie nie vollends alleine und flüsterte selbst noch in seinen Träumen bohrend weiter. Im Gegensatz zu einigen seiner Mitgesellen machten er und sein Kumpane Holger keine Anstalten allzu lange zu schreien. Kräfte, so hatte er früh gelernt, sparte man sich für den richtigen Moment auf. Meist, so war es zumindest seine Erfahrung, war dieser gekommen, wenn sie ihren Spaß mit den jungen Frauen, die sie beide gerne umgarnten, gehabt hatten und es an der Zeit war, den Damen zu erklären, dass nach dem Schäferstündchen nicht mehr heimgehen würden, sondern in Ketten gelegt und mit Schlägen gefügig gemacht, bald an Bord eines Sklavenschiffes wandern dürften. Selten musste dabei viel Blut vergossen werden, wenn man eben wusste, wie und wo man die aufgesparten Kräfte richtig einsetzte. Zu zweit, so hatte er geglaubt, wäre es ein leichtes Spiel mit dem schlanken Weibsbild gewesen und alles an ihr hatte nach einer verdammt großen Menge an Goldverdienst gerochen, wenn man sie verkauft hätte... wenn, wenn.
Stattdessen saßen sie beide hier, in Ketten gelegt, in einem kalten Turmzimmer am vermeintlichen Ende der Welt. Hunger nagte in den Eingeweiden und die blondgelockte Dirne mit der goldenen Stimme zeigte sich kein weiteres Mal. Stattdessen aber wurde ihm von Tag zu Tag die weniger auffällige Gestalt der stummen Schwarzhaarigen mit den intensiv grünen Augen vertrauter. Hatte er sie zuerst verspottet und bespuckt, so sehnte er ihr Erscheinen nun längst innig herbei. Schön erschien ihm das unscheinbare Wesen jetzt, so schön wie der jüngste Strahl der Morgensonne, das Glitzern frischgefallenen Schnees und das unwirkliche Schimmern des Regenbogens, denn in ihren Händen trug sie Tag um Tag zur selben Stunde zuverlässig das Elixir herbei, welches einen jeden der bunt zusammengewürfelten Verbrecherbande im Turm noch am Leben hielt: Wasser!

Karlena

Es langte nicht, es löschte die eine Not zwar ausreichend, doch vermochte es keineswegs die Schmerzen im Magen zu lindern oder gar Kraft in die zittrigen Gliedmaßen zu hauchen. Kühl und frisch, das Quellwasser aus den Krügen, die sie ihnen jeden Abend brachte aber auf Dauer würde der Hunger obsiegen und sie alle elend zu Grunde richten. Wie das aussah, das wusste sie nur zu genau, denn einige der Menschen, deren Hof oder Hütten sie geplündert hatten, waren nach dem Einfall der "Aaskrähen" nicht mehr in der Lage wieder auf die Beine zu kommen und beim nächsten Besuch fanden sie die ausgemergelten Leichen in den einfachen Behausungen und zumindest für jene, die sich vorher nicht erhängt hatten, fand Boan noch den ein oder anderen höhnenden Satz.
Ja, eigentlich hätte nur Boan hier sitzen und hungern sollen! Schließlich war es irgendwo seine Schuld, dass sie jetzt mit in dieser Misere badete. Er war blauäugig genug gewesen um diesem charmanten Bengel mit dem viel zu hübschen Gesicht gleich am ersten Abend Zugang zum Quartier der "Aaskrähen" zu verschaffen und ihn ihr damit regelrecht auf dem Silbertablett zu servieren. Nur eine Nacht hatte sie gewollt, nur ein bisschen Lust und Hitze, doch das, was sie im Zelt des Burschen erwartet hatte, waren lediglich Schmerzen am Hinterkopf und gnädige Schwärze danach gewesen. Jetzt litt sie hier den Hungertod, den so viele ihrer ehemaligen Opfer erfahren hatten und wimmerte auf, als nach einigen Tagen der Leere im Magen auch der Verstand weich zu werden drohte. Unscharf, verschwommen und wirrer wurde es. Illusionen begannen sich wie von selbst zu weben. Es kam der Abend, an welchem sie plötzlich diesen köstlich würzigen Suppengeruch in der Nase hatte. Ja, das war es doch, was sie eigentlich gewollt hatte: Lust und Hitze. Lust auf einen Napf voller heißer Pilzsuppe.

Holger

Dieser wohlige Duft bahnte sich durch seinen müden Geist und riß ihm die Lider regelrecht mit Gewalt wieder auf. Der Anblick, der sich ihm nun aber bot, war alles Andere als erwartet und entlockte seiner Kehle ein klägliches Wimmern. Da stand sie, das blonde Goldkehlchen, das zuerst für Johanns Verschwinden und dann für seinen persönlichen Untergang verantwortlich gewesen war. Sie erschien ihm weiterhin unwirklich anziehend und selbst jetzt, seiner Kräfte und grober Laune beraubt, hob er die zittrigen Hände, wollte sie berühren, das blonde Haar liebkosen und in diese leuchtend lebendigen Augen blicken. Wenn er schon sterben sollte, dann mit einer herrlichen Erinnerung an die schönste Frau, die ihm je untergekommen war. Sie lächelte sanft zu ihm herab und sprach über die Schulter zu einer Gestalt mit grünlich-grauen, langen, gepflegten Haaren. Nun erst realisierte er, dass sie ihm nicht ihm Wahn erschienen war, sondern wahrlich vor ihm und den anderen Gefangenen mitten im Turmzimmer stand. Nur die Gewandung, in die ihr lieblicher Leib gehüllt war, erfüllte ihn mit kaltem Schrecken, denn die schwarzgraue Robe voller rötlicher Runen und scheinbar glimmender Symbole verlieh ihr etwas unsagbar Tödliches. Ihre Begleiter hatten ähnliche Kleidung gewählt und für einen raschen Moment fürchtete er, dass sie hier und jetzt kurzen, blutigen Prozess mit ihnen allen machen würden. Einer in der Gefangenenrunde, Guenther der Name des armen Lumpen, wollte die ersten Stunden heulend lamentieren und kreischend berichten, wie man angeblich seinen gesamten Wegelagerertrupp ausradiert hatte, doch konnte er nur abfällige Worte und Tritte seitens der Mitgefangenen erwarten, die ihm die Geschichte vom Meister der Untoten nicht glauben wollten. Jetzt aber revidierte er seine Kurzsicht und senkte bebend den Kopf, um das Ende zu erwarten, als zwei weitere Grauroben auf ihn zuhielten und etwas in den Händen trugen. Wie irrwitzig seltsam kam ihm aber der nächste Augenblick vor, als sich dieser gute, tröstende Suppenhauch unmittelbar vor seiner Nase schmeichelnd in dünnen Dampfschichten manifestierte und er auf den gefüllten Napf starrte. Fettäuglein schwammen da munter im kräftigen Suppengrün, kleine Speckwürfel und Kartoffelstücke drückten sich quasi kuschelnd an glänzende Pilzköpfchen und das köstliche Bild schaltete alle Bedenken, nein alle anderen Gedanken, schlichtweg aus. Lachend griff er nach dem Löffel und begann die göttliche Gabe mit durch und durch echtem Heißhunger herabzuschlingen.

Boan

Narren, allesamt! Und er mittendrin. Viel zu schnell hatte er sich von dem allgegenwärtigen Suppenwahn anstecken lassen und erst als der Löffel den hölzernen Boden der großzügigen Schüssel zu berühren begann, da schlich sich das lauernde Misstrauen schnell in den Verstand, klarte ihn ein wenig auf und zischelte eifrig, dass mit der plötzlichen Güte irgendetwas nicht stimmen konnte. In der Runde der Rabendiener, denn als solche erkannte der gerissene, alte Anführer der "Aaskrähen" die Gestalten in den grauschwarzen Robenkitteln, fehlte Elrias, der dreckige Hurenbock, der ihn so ausgefuchst hinterhältig und leider auch noch wortwörtlich übers Ohr gehauen hatte. Alles an Kräften und Wut hatte er sich für den Gauner aufgehoben, denn wenn er nun schon seinen letzten Atemzug aushauchen sollte, so würde Elrias, wenn das denn sein Name war, mitgehen, das hatte er sich geschworen. Nun aber, als der Bauch mit warmer Suppe gefüllt war, da kitzelte den erfahrenen Räuber die eher kalte Frage, ob man da nicht vielleicht Gift beigemischt hatte. Unter Umständen blieb ihm jetzt also nur noch wenig Zeit und so verteufelte er jene die stumm die Schüsseln erneut in die Mitte schoben, um so lautlos einen Nachschlag zu erbetteln. Narren!
Aber zum Glück schienen die Raben den Bitten nicht nachkommen zu wollen, mit dem Versprechen nach einem "Festbankett" lotsten sie die zittrig wankenden Gestalten aus dem Turmzimmer, durch finstere Hallen und gespenstische Räumlichkeiten, nur um sie dann weiter hinauf, am Hang des Berges entlang, Stufe um Stufe zu locken - bis sie auf dem seltsamen Plateau inmitten des Kreises, umgeben von weiteren Rabenjüngern, endlich ihren Bestimmungsort gefunden zu haben schienen.
Er, Boan, zumindest hatte sein Ziel unmittelbar vor den Augen, denn da stand Elrias, nur wenige Schritt von ihm entfernt und schenkte ihm ein grässlich seliges Lächeln. Bittere, grantige Worte kamen dem alten Haudegen jetzt über die Lippen und doch bemerkte er schon bei den ersten Phrasen entsetzt, dass sich die Silben nur noch schleppend formen ließen. Der Geist begann in bunteren Farben zu zeichnen und tauchte die Sinne allesamt unter, bis sie im schillernden Meer des giftigen Rausches ertranken. Zu spät, zu spät! Sein Widerstand schmolz dahin, glotzend und staunend ließ er es geschehen.

Guenther

Hier oben ergab es endlich einen Sinn, ja hier oben auf dem Bergplateau, wo der Wind bis zum Kreis fauchte und sie doch im Inneren nicht streifen wollte, wo die Stimmen um ihn herum, mal hell und mädchenhaft süß, mal weiblich weich und verlockend oder doch salbungsvoll kräftig und männlich, von großen Taten und Lobpreisungen verkündeten, da verstand er, was sie von ihm wollten. Nein nein, nicht sie, nicht die kleinen Räblein, der ganz Große war es, der ihn gesegnet hatte. Sein dunkler, glänzender Murmelblick hatte sich in seine Seele gebrannt und ihn alleine, aus all seinen Kameraden und Spießgesellen, erkoren. Sicher, ihr Ende war grausig anzusehen gewesen und selbst jetzt, wo er doch verstanden hatte, fürchtete er bei dem Gedanken an das blutige Gemetzel erneut die Kontrolle über seine Blase zu verlieren, doch ihr Opfer war das Endergebnis wert, davon war er nun vollkommen überzeugt. Ja, der Zweck heiligte die Mittel! Staunend beobachtete er die Wunder um ihn herum und ergab sich dem Hochgefühl Teil einer unglaublich wichtigen, vielleicht gar weltrettenden Queste zu sein. "Queste" allein das Wort klang episch und viel zu gewaltig für einen Nierenstecher und Halsabschneider, wie ihn, doch selbst das wollte er jetzt nicht mehr hinterfragen. Er, der nicht einmal einen Nachnamen sein Eigen nennen konnte, würde endlich auf den Wegen einer höheren Bestimmung wandeln.
"Nicht wandeln... fliegen.", korrigierte ihn die Stimme aus dem Nirgendwo leise und zärtlich liebkosten diese wenigen Worte seinen Geist, öffneten Herz und Seele.
Strahlend beobachtete er, wie die erste anmutige Frauengestalt die Form eines kleinen Rabenvogels annahm und begeistert gluckste er auf, als eine Zweite ihn jubelnd darauf aufmerksam machte, dass auch ihm Federn zu wachsen schienen. Sie stachen ganz schmerzlos aus der Haut heraus, hüllten ihn in leuchtendes Blauschwarz ein und majestätisch hörte er die eigenen Schwingen rauschen, als er sie wedelnd bewegte. Ja, diese Flügel waren gefertigt um den Boden weit hinter sich zu lassen - er wurde für diesen einen Tag geboren. Geboren um zu fliegen!

Javier

Ein schwarzer, kühler, knisternder Abend.
Emma, Mädchen mit dem Sonnenhaar, ich denke an dich.
Ich fühle mich lebendig und frei.
Fortgehen!
Ein Schritt noch, ein Sprung...

Hoch in den Himmel der Gedanken springen.
Emma, Mädchen mit dem wissenden Blick, ich sehne mich nach dir.
Vogelsymbiose und selbst fliegen.
Wegfliegen!
Ein Schritt noch, ein Sprung...

Die hässliche, eisige Welt verlassen.
Emma, Mädchen der Verhängnis und finaler Tusch, ich suche dich.
Frei in den Wolken schweben.
Ein Schritt noch, ein Sprung...

Das erste und letzte Mal mit weitausgebreiteten Armen und geschlossenen Augen fliegen... ein Schritt noch!




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