Taisha Omar
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Verfasst am: 05 Aug 2020 19:28 Titel: Wenn eine Blüte verblüht... |
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Als die Abendsonne den Wüstensand küsste war es im Haus still geworden.
Lange war es her, seit sie sich aus Menekur zurückgezogen hatte und zu der Familie ihres verstorbenen Mannes zurückgekehrt war. Nur wenigen hatte sie mitgeteilt was der Hakim Bashar ihr vor ihrer Abreise gesagt hatte. Das sie nicht mehr lange zu leben hatte und in ihr eine unheilbare Krankheit wütete. Seit dieser Nachricht waren Jahresläufe vergangen und doch spürte sie, wie mehr und mehr die Lebenskraft aus ihrem Körper wich.
Sie hatte in ihrem Leben alles gehabt.
Armaiti eine wundervolle, herzliche Schwester, die sie immer in ihrem Herzen trug. Stolz erfüllte ihr Herz, als sie wieder an sie dachte. Sie hatte den Weg ins Haus der Allmutter Eluive gefunden und war für sie selbst immer ein Vorbild gewesen.
Ihren geliebten Fadrim Aasim, einen starken Bruder, der es wie ein kaum ein anderer geschafft hatte als Emir das Volk der Wüste zu führen. An ihn dachte sie mit Sehnsucht und Liebe zurück.
Ebenso dachte sie an ihren Zwillingsbruder Imraan, der nie ein Emir sein wollte und doch ein guter gewesen ist.
Doch als ihre Gedanken weiter kreisten, so folgten immer mehr Gesichter und lachende Wüstenkinder in ihre Erinnerung zurück.
So erinnerte sie sich deutlich an:
Abbas, Aylin und Tahir, Raniya, Noelani, Hanieh, Callista, Khalida, Fahd, Hajifa, Delilah, Amali, Radeeh, Shaymaa, Yara, Tooru, Samija, Hamza, Mustafa, Nahlah, Chalid, Thahida. Viele kehrten nun in ihre Erinnerung zurück, so dass ihre Augen ihr Lächeln widerspiegelten.
Sie sah gemalte Bilder, hörte noch einmal die Klänge der begabten Natifahs, erkannte die Umrisse der Akademie und die Silhouette des Palasts.
Ein letztes Mal sah sie in den Handspiegel.
Die einst so stolze Natifah und Wüstenblume der Omar, war von der Krankheit gezeichnet. Nein so wollte sie nicht gesehen werden, so sollte sich niemand an sie erinnern. Sie hatte mit der jungen Blüte schimpfen müssen, doch schlussendlich hatte sie ihr die kleine Phiole gebracht um die sie gebeten hatte. So betrachtete sie eine sehr lange Zeit den grün golden schimmernden Inhalt.
Sie wollte in Würde gehen, jetzt wo sie es noch konnte, anstatt dahin zu siechen mit der Gewissheit irgendwann nicht mehr die Kraft für diesen Schritt zu haben.
Als sie nun den Korken aus der Phiole zog um das Gift zu trinken, keimte ein letzter Gedanke in ihr auf. Sie hatte wirklich alles gehabt. Liebe…. Glaube…. Hoffnung und ein erfülltes glückliches Leben.
Dann trank sie es. Ein letztes Mal bäumte sich ihr Körper im Kampf für das Leben auf, bevor der letzte Atemzug aus ihren Lungen wich.
Taisha starb mit 35 Lebensjahren, gewandet in einen weißen Sari, einem Fächer an ihrer Seite, die Hand auf ihr Herz gelegt, an ihrem Hals eine feingliedrige Kette mit einem Anhänger aus Gold und Silber, dem Wappen der Omar.
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