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Eine ganz private Reise
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Eine ganz private Reise
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Sasha Pherenike Hagenstol





 Beitrag Verfasst am: 05 Jun 2020 16:49    Titel: Eine ganz private Reise
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Das Anwesen lag gut eine Reitstunde entfernt zur Hauptstadt Bruchstein. Von der Größe und Pracht konnte es gewiss nicht mit den hochherrschaftlichen Häusern des Adels mithalten, zeigte aber dennoch, dass die Familie Hagenstolz gut betucht war und es zu etwas gebracht hatte. Das Haus war großzügig gebaut, die Gartenanlage ganz ansehnlich und auch die Stallungen der Familie boten einen ordentlichen Anblick und lohnendes Ziel für die Gäste des Hauses.

Sasha teilte sich das Haus mit ihren Eltern und vier Geschwistern, zwei Schwestern und zwei Brüdern, und ein paar wenigen Angestellten, die sowohl auf dem Anwesen, im Haus, als auch in den Stallungen für Ordnung sorgten. Sie war die Älteste der fünf Kinder und trug damit allzu oft auch die Verantwortung für die Jüngeren, insbesondere seit sie das Jugendalter erreicht hatte. Was sie zuvor stets gern getan hatte, nämlich die Geschwister zu betüddeln und zu beschützen, führte seit es zur Pflicht wurde zunehmend zu Frust und Qual. Jeden Moment, den sie für sich hatte, kostete sie aus. Zu ihren Wegen der Flucht zählten unter anderem ausgiebige Ausritte auf ihrer temperamentvollen Stute Windspiel, zu denen sie meist noch mindestens ein Büchlein mitnahm, um irgendwo unterwegs eine Rast einzulegen und zu lesen. Manchmal sperrte sie sich auch in der hauseigenen Bibliothek ein, um dort etwas Ruhe zu finden und weitere Bücher zu verschlingen.

Dem Vater gefiel diese Leidenschaft und so bemühte er sich redlich darum, dass der Lesestoff nicht ausging. Das vielfältige Interesse der Ältesten sorgte darüber hinaus dafür, dass sich in der Bibliothek alsbald eine sehr bunte Mischung an Wissen sammelte. Sasha sog alles in sich auf, ob es sich um die Fauna und Flora handelte, oder die Ingenieurskunst, oder die Stickerei, wahlweise auch gerne um Geschichten und Verse, die Kunst des Liedes, oder auch über ganz fantastische Dinge, von denen sie noch nie im Leben zuvor gehört hatte.
Immer, wenn der Hauslehrer kam, um die Rasselbande zu unterrichten, entdeckte das junge Mädchen was Neues, was ihr Interesse weckte, und es sorgte beständig dafür, dass sie wissbegierig lernte, ihre Geschwister ebenso dazu anhielt und anspornte, wo es nur ging – sehr zu ihrem Verdruss. Zum Leidwesen aller entwickelte sie dabei zuweilen eine Spitzfindigkeit und Pingeligkeit, die manch einen zum Wahnsinn treiben konnte.

So gingen die Jahre in aller Beschaulichkeit mit guter Erziehung, lehrreich und familiär turbulent ins Land, bis der Tag kam, da sich die junge Frau, mittlerweile jenseits der zwanzig Sommer, entschloss auf eigenen Füßen stehen zu wollen und den Weg vom Festland fort auf die Insel anzutreten. Gesegnet mit gut betuchten Eltern hatte sie schon vormals dann und wann ein Schiff betreten dürfen, wenn der Herr Papa eine Reise nach Alrynes antreten wollte, um etwaige Geschäfte abzuwickeln. Grundsätzlich aber war sie stets recht froh, wieder zurückzukehren und ein besonderer Glanzpunkt war bei Abfahrt und Ankunft immer gewesen am herzoglichen Schloss vorbeizufahren. Jedes Mal streckte sie den Kopf dabei aus der Kutsche hinaus und sah solange zu dem riesigen Anwesen hin, wie sie konnte, in der Hoffnung einen Blick auf den Herzog zu erhaschen, den sie schon von Kindesbeinen an inniglich verehrte.
Nun aber bestieg sie das Schiff für eine ganze Weile lang zum letzten Mal. Den Anblick des Anwesens hatte sie auf ein Blatt gebannt, das sie in einem Büchlein bei sich trug. Die Wogenreiter sollte sie nun nach Gerimor bringen. Der Herr Papa hatte die sichere Passage bezahlt und sie genoss den Komfort einer Einzelkabine für sich dank dessen. Die Reise würde einige Zeit in Anspruch nehmen, und sie war froh, dass sie sich wenigstens ein bisschen Lektüre hatte einstecken können, ebenso ihre Utensilien, die sie zum Zeichnen benötigte. Sie vor der feuchten Meeresluft zu schützen, war dagegen wieder ein anderes, aber sie hatte sich vorgenommen ihr Bestes zu geben.

Die Begabung den Stift zu führen und die Klarheit von Harmonie, Symmetrie, aber auch Geometrie und Kalligrafie in Bilder zu bannen, dies aber auch noch lebendig darzustellen und in vielen verschiedenen Stilrichtungen, hatte sich mit den Jahren deutlich verbessert und seit Kurzem schien es ihr sogar zu gelingen, sich Gesehenes zu einem späteren Zeitpunkt so klar vor Augen zu führen, als stünde sie davor. Das Bild, was daraufhin entstand wirkte nicht allzu selten lebensecht. Die Veränderung an sich hatte sich ziemlich plötzlich eingestellt, wie von Geisterhand. Zuerst hatte sie es für eine Art Verrücktheit gehalten, als es sich wiederholte, war sie über sich selbst verwundert und auch eine Spur verängstigt, denn soweit sie sich zurückerinnern konnte, war es nie so klar gewesen, wenn sie versuchte sich das Gesehene ins Gedächtnis zu rufen. Nun war es aber so, als stünde sie tatsächlich wieder vor Ort und als könne sie immer wieder hinschauen, um jedes noch so kleinste Detail genau zu erfassen.
Die Furcht wich irgendwann der Begeisterung und die Feststellung, dass sie es nur vermochte, wenn sie sich für das Motiv wahrlich interessierte und sich darauf konzentrierte. Was allerdings auch auffällig war für sie, war die Tatsache, dass es nur einen sehr flüchtigen Blick brauchte, um sich einzuprägen, was sie zeichnen wollte. Das, und es schien sich etwas zu verändern, kurz vor diesem Augenblick des Verinnerlichens, auch wenn sie es nicht greifen und begreifen konnte.

Ihre Reise brachte es darüber hinaus mit sich, dass dort auf dem Schiff noch zwei weitere Gäste Platz fanden, die sie begleiteten. Einer davon war ein hochgeschossener hagerer Mann mit dunklem Haar und grauen Schläfen, dessen Grau sich weiter in den Vollbart hineinzog. Sie schätzte ihn auf etwa vierzig bis fünfzig Sommer, und eine Frau, die sie nur ein einziges Mal zu Gesicht bekam, was bei Licht betrachtet eine enorme Leistung darstellte, denn das Schiff war nicht wirklich riesig und Sasha hielt sich meist an Deck auf, solang das Wetter es zuließ. Das Skizzenbuch füllte sich zusehends mit Bildern von Takelagen, Seeleuten, aber auch von dem älteren Herrn und allem, was ihr zu zeichnen einfiel.
Der Mann, sein Name war Horent Stefyos, entpuppte sich als ein Magier, was natürlich ihr Interesse weckte. So nutzte sie die Tage auch den armen Mann buchstäblich zu zersieben mit Fragen. Womit sie allerdings nicht gerechnet hatte, war seine Neugier bezüglich ihrer Bilder. Sie zeigte sie ihm bereitwillig, berichtete sogar von ihrem neuentdeckten Talent, woraufhin er ein sehr nachdenkliches Gesicht machte und langsam nickte.

Später, als sie in ihrer Kabine war, und Zeit fand ein paar Zeilen zu verfassen für ihr Tagebuch, brachte sie dann unter anderem folgendes zu Papier:

»Magister Stefyos empfahl mir, mich an eine Akademie der magischen Künste zu wenden, er vermutet, dass ich begabt und erwacht sein könnte, was ungleich auch ein Risiko für meine Gesundheit bedeuten könnte, wenn ich mich nicht schulen ließe. Er zieht es allerdings vor selbst keine Prüfung darob vorzunehmen, schon gar nicht auf dem Schiff. Seeleute, so meint er, wären oft sehr abergläubisch und hätten es nicht zwingend mit der Magie. Infolgedessen werde ich mir nun doch schauen müssen, ob ich eine Akademie ausfindig machen kann, die sich dessen annimmt.

Nun bekomme ich es doch mit der Angst zu tun. Wenn das wahr sein sollte, habe ich keine Ahnung, was das überhaupt für Folgen für mich hat, geschweige denn, wie es dann weitergehen soll. Seine Behauptung ist wie ein Stoß ins kalte Wasser. Seine Mahnung und Warnung die Möglichkeit missachtet zu lassen, hat mir den Schrecken in die Glieder fahren lassen, auch wenn er es mir hoffentlich nicht angemerkt hat, denn ich habe mich redlich bemüht, es zu verbergen.

Wenn ich es weiter überdenke, staune ich zugleich und bin ganz aufgeregt, denn es bietet ja auch zugleich ungeahnte Möglichkeiten. Aber die Euphorie sollte ich zunächst bremsen, und zusehen, dass ich mir alsbald Hilfe suche.«

Den Magister hatte Sasha am Folgetag an einem Hafen von Alrynes verabschiedet und ihre Reise weiter fortgesetzt. Erst Tage später sollte die Wogenreiter wieder an Land gehen. Dieses Mal lief sie in den Hafen Bajards ein.
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Sasha Pherenike Hagenstol





 Beitrag Verfasst am: 08 Jun 2020 15:05    Titel:
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Tagebuch I, Erster Eintrag

Adoran
8. Schwalbenkunft 263

Gerimor, neue Heimat, hier bin ich. Das Eiland scheint mir sehr fruchtbar zu sein, das Leben ist hier lebendiger und gleichsam bäuerlicher, als an manch anderem Ort, den ich schon sehen durfte in meinem Lebensviertel. Vater wäre begeistert, Mutter entsetzt. Bereits nach den wenigen Tagen, die ich hier bin, fürchte ich, ich schlage nach meiner Mutter, denn zeitweise bekomme ich vor Entsetzen kaum noch Luft, auch wenn ich mich redlich bemühe, mir nichts anmerken zu lassen. Ich trage die tiefe Hoffnung in mir, dass die ersten Eindrücke nicht die Letzten sein werden und ich in mancher Hinsicht noch Besserung erfahre. Außerdem gestehe ich offen, es ist ja nicht alles schlecht.

Ein Part davon ist die Unterbringung, die ich sehr beschaulich aber attraktiv finde für eine alleinstehende, wohlerzogene und junge Frau, wie ich es bin. Es handelt sich hierbei um eine kleine Wohnung, die alles hat, was ich zunächst benötige. Sie bietet mir einen Rückzugsort, Ruhe und ich habe es behaglich und trocken, sauber und ordentlich obendrein. Nach der langen Reise auf dem beengten Schiff ist das eine Wohltat. Insbesondere den Service, dass ich einen großen Badezuber gebracht bekomme, wenn mir nach einem heißen Bad zumute ist. Zum Leidwesen der Wirtsleute ist das just jeden Tag der Fall, was aber nicht nur allein mit meinem Hang zur Reinlichkeit zu tun hat, sondern auch mit der gestellten Aufgabe seitens der Akademie, zu der ich direkt auch noch kommen möchte.

Sie stellt den zweiten Part dar, der sich mir positiv auftut, zumindest in Teilen. Ich habe dort vorgesprochen und es wurde bei mir eine Begabung festgestellt, ein weiterer Sinn, wie es im ersten Unterricht bereits hieß, der mir zuvor nicht bewusst gewesen war, aber mich dankbar sein lässt gegenüber Magister Stefyos, der mich anwies eine der hiesigen Akademien zur Prüfung aufzusuchen. Aller Anfang ist schwer, und ich bin mir sicher, ich mache es ganz bestimmt niemandem leicht mit meinem Wesen und meiner Haltung zu diesem oder jenem zurecht zu kommen. Insbesondere dann, wenn es um gute Erziehung und Benimm geht, scheine ich da ganz eigene Prinzipien zu haben, im Gegensatz zu dem ortsansässigen Menschenschlag. Nun kann ich nicht sagen, dass ich prinzipiell schlecht behandelt werde, denn so ist es keineswegs, aber hier und da fehlt mir eine gewisse höflich-distanzierte Zurückhaltung bei der ein oder anderen Person. Das macht es für diese bestimmt unkompliziert im Umgang mit den anderen Personen, die es ebenso halten und in Mehrheit vorhanden zu sein scheinen, dafür aber umso komplizierter mit mir und auch für mich. Im Gegenzug dazu bin ich mir sicher, dass sich mein Umfeld irgendwann daran gewöhnen wird, und ich ihnen für das, was ich wertschätze, den nötigen Respekt abringen werde: Einen gepflegten und manierlichen Umgang miteinander.

Der dritte Part, und für mich ein ganz wertvoller, wenn nicht gar der Wertvollste im Moment, ist der Beginn von möglichen Freundschaften mit der ein und anderen jungen Frau, auch mit meinen Mitschülern an der Akademie. In diesem kleinen Kreis fühle ich mich bislang sehr wohl, auch wenn mir manches bei manchem noch zum Teil unbegreiflich erscheint, und ich das Gefühl habe, dass meine Geduld in mancher Hinsicht vielleicht etwas arg begrenzt ist. Daran habe ich also selbst noch zu arbeiten. Aber zuvorderst ist da noch etwas Anderes, woran ich arbeiten muss, und woran ich nun den dritten Tag dransitze, oder auch drinnen. Wie man es nun genau nehmen möchte, bleibt dem Leser überlassen, der das gute Stück nach meinem Ableben findet.

Seit dem Abend des Unterrichts (oder vielmehr der Nacht, denn es wurde sehr spät) sitze ich nun jeden Tag in dem Badezuber voller Wasser und bemühe mich willentlich und redlich darum, das Wasser anders wahrzunehmen, als auf üblichem Wege, will heißen: Im Lied. Niemals hätte ich erwartet, dass etwas so schwer von der Hand geht und so sehr an meiner Geduld zerren würde. Vermutlich war es denkbar einfach und ich stand mir einfach selbst im Weg. So verbrachte ich am heutigen Tag sage und schreibe drei Stunden im Zuber, bis das Wasser entschieden zu kalt wurde, um noch weiter darin zu verweilen und meine Finger aussahen, als wäre ich bereits um sechzig Jahre gealtert in der Zeit. Bei den Göttern, wer hätte gedacht, dass ich einmal vor solchen Herausforderungen stehen würde? Jeder Erwartung an mein weiteres Leben hat sich völlig umgekrempelt und nun kann ich sehen, wie ich damit fertig werde. Was wäre denn, wenn es mir nicht gelänge? Die Frage wagte ich gar nicht laut zu stellen, offen gestanden. Meine überstrapazierte Geduld sorgte beim Aufstehen im Badezuber jedenfalls dafür, dass ich einmal kräftig und wutschnaubend aufstampfte und genau in dem Moment hatte ich den Eindruck, da wäre es gewesen. Dieses Etwas, das, was so anders war, als die üblich gespürte Nässe, Kälte oder Wärme, je nachdem, wie frisch das Badewasser war. Ein Gefühl, wie behauptet wurde. Ein Gefühl, dass ich versuchte direkt nochmal zu greifen und zu fassen. Ich muss bestimmt nicht erklären, wie schwer sich die Frustration in meiner Brust einnistete, als es nicht gelang. Ich habe vorerst aufgegeben.

Möglich, dass die Idee von mir eine dumme war: Je mehr Wasser, desto leichter müsste es doch fallen. Da das weniger funktioniert hatte, setzte ich mich, der nächsten Idee folgend, mit einem Glas Wasser an den Tisch und bemühte mich darum, dieses Gefühl in mir wieder auszulösen. Was soll ich sagen? Der Wille war da, darauf schwöre ich Stein und Bein! Allein an der Umsetzung scheiterte ich um ein weiteres Mal. Ich glaube, für heute gönne ich Geist und Seele eine Pause davon und werde mir bei Ermyne noch einen wunderbaren Kirschkuchen mit Sahne erbetteln, mich damit in mein Zimmer einsperren und die Zeit mit Zeichnen und Lesen verbringen. Ein Tag Ruhe vor dem ganzen Trubel ist sicher nicht verkehrt.

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