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Sprach der Rabe nimmermehr...
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Pademian Maurier





 Beitrag Verfasst am: 02 Jun 2020 18:49    Titel: Sprach der Rabe nimmermehr...
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Wie kann man einen Menschen beweinen, der gestorben ist? Diejenigen sind zu beklagen, die ihn geliebt und verloren haben.
(Helmuth von Moltke )




Tränen, die sicher nicht die ersten waren und noch weniger die letzten sein würden, liefen über schmutzige und sicher nicht ganz rosige Wangen des Kindergesichts, perlten ohne Gnade aus rotgeweinten Augen, liefen wie kleine Sturzbäche an der schniefenden kleinen Rotznase vorbei und trieften ohne aufgehalten zu werden in den Saum des abgetragenen, jedoch sauber geflickten Hemdchens, wo sie sich vom hellen beige abhebende Flecken bildeten, Zeugnisse der grenzenlosen Trauer des Kerlchens. Das Leid in seiner ursprünglichsten aller Formen, im Mantel des Verlusts, hatte vor wenigen Stunden, vielleicht sogar Minuten, an die bereits ein wenig rissige Türe geklopft und war, nach einem nur kurzen Intermezzo mit den beiden Familienangehörigen der windschiefen Hütte ebenso rasch von dannen gezogen, den dunklen Mantel des Schweigens um sich gebreitet.


Tag 1

„Mama…“, fragend, bittend hallte das leise Stimmchen durch die abendliche Stille, prallte von den Wänden mit den wenigen sauberen Töpfen und Tellern, die wie die Bilder jener reicher Menschen, die sich Tand im Überfluss leisten konnten, auf schmalen Regalbrettern zur Schau gestellt waren und waberte geisterhaft hohl wie ein übers Wasser klingendes Echo zurück zu der gedrungenen, neben dem Bett kauernden Gestalt eines Kindes. „Ma…ma…“. Diesmal noch zögerlicher, letzter Versuch mit der auf dem Strohlager liegenden zweiten Person Kontakt aufzunehmen. Gerade eben noch musste es gewesen sein dass die sanfte Hand sich zum Kopf des Jungen aufgemacht hatte, um darüber zu streichen, ein Atemzug, nicht mehr, konnte vergangen sein, dass ein ersticktes Husten das bleiche Fleisch zum Zittern gebracht hatte, doch die Stille, die sich wie eine Decke bei Nacht über Pademian ausbreitete wusste es besser, wusste dass es wohl mehr als nur der Moment eines Blinzelns ins Land gezogen war. „Ma…“ Nicht mehr genug Kraft in dem einen Wort, das für ihn die Welt bedeutete, sich ausbreitende Stille, die alles ohne Widerstand einnahm. Pademians verheultes Gesicht hob sich über den hölzernen Bettrand, schob sich langsam bis zum schmalen ausgezehrten Ellenbogen der noch jüngeren Frau auf dem Bett vor und stieß wie ein Hund die Nase gegen die noch immer warme Haut, rissig und rau von der vielen Arbeit im Hafen des Armes. Ein letztes Aufflackern, der noch dem Körper innewohnende Lebensfunken, der erst langsam, nach und nach den toten Körper verlässt, veranlasste das Kind sich mit dem ganzen Gesicht an den Brustkorb zu schmiegen, sich darin wie in einem sicheren Hort zu vergraben. „Mama…“, ein Flüstern in den groben Stoff des blauen Kleides hinein, ein Wispern in das Schweigen der sich nicht mehr weitenden Lungen. Die Lippen aufeinanderpressend richtete sich der verwuschelte helle Schopf auf, griff ein wenig hastiger als nötig nach der wollenen Decke und zog sie langsam und so, wie es die Mutter sonst beim Kinde tut, über den auskühlenden Körper. Tastend und als traute er dem Frieden nicht, krabbelte er hinterher, ließ sich zögernd erst auf der äußersten Kante nieder, ehe er schließlich doch den Kopf an ihre Schulter bettete, sich neben sie legte wie all die Nächte seines Lebens, an die er sich erinnern wollte. Ein Hauch der zu stark riechenden Seife lag noch in der Kleidung obgleich der Körper bereits seinen ureigenen Duft ausgeatmet zu haben schien.
Still an die Leiche gepresst, die kleinen Arme um sie geschlungen schloss er die grauen Augen und versuchte das kleine bisschen zu bewahren das von ihr noch präsent zu sein schien. Seine Gedanken schwammen wie aufgeschreckte Fische davon und ließen sich im Netz der Welt aus träumen und Erinnerung einfangen bis von ihm ebenfalls nur ein scheinbar schlafender Kinderkörper übrig war.

Erinnerung

„Du wirst sehen, mein kleiner Pad,“ mischte sich die weiche Frauenstimme der Mutter in den Geruch aus kochenden Bohnen, Fleisch und einer Nase voll Kräutern die ein freundlicher Händler ihm am Morgen für seine Hilfe geschenkt hatte. „auf der Wiese gibt es Blumen in allen Farben und Formen. Kleine, die so blau sind wie der weite Himmel und prachtvolle in einem leuchtenden Rot. Und Bienen surren dir da um die Ohren…echte Bienen die Pollen sammeln um daraus Honig zu machen, dass daneben die Goldsäckel der reichen Bagage aus den noblen Vierteln wie Katzengold wirken.“
Der gerade mal 6 jährige kleine Blondschopf nickte und begann wie ein Honigkuchenpferdchen zu strahlen. Er liebte Mamas Geschichten von der fernen Welt, die er nie kennengelernt hatte, von Menschen die wohl seine Familie waren, die er aber noch nie hatte treffen können, weil sie seinen Vater nicht mochten. Aber von all den Worten hörte er am liebsten die über die große Wiese mit all ihren Wundern die ihm im tristen Grau des Hafenviertels mit dem stets umher wehenden Geruch nach Fisch wie das größte aller Wunder vorkam. Die große Wiese…ein ewig währender Ort des Friedens, der, selbst im Winter mit all seiner Kälte ein Platz der Hoffnung auf ein besseres Ende war… das Paradies eines kleinen Jungen.





Zuletzt bearbeitet von Pademian Maurier am 04 Jun 2020 20:03, insgesamt 2-mal bearbeitet
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Pademian Maurier





 Beitrag Verfasst am: 03 Jun 2020 23:00    Titel:
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Tag 2

Die ersten Flecken, tiefblau wie der düstere Nachthimmel und blutrot wie der verblühende Mohn waren über Nacht an Rücken und Kniekehlen, am Nacken und den Unterseiten der Arme gewachsen und erblühten nun in ihrer vollsten Pracht, als habe ein Künstler das groteske Bild aus seinen Träumen zum Leben erweckt und die tote Mutter zu der gemeinsamen Vorstellung der friedlichen Wiese gemacht. Erste Staubflocken hatten sich in der Nacht auf den starren regungslosen Augäpfeln niedergelassen, deren Farbe nur noch ein verblasster Abglanz ihres ursprünglichen Strahlens war. Als Pademian bei den ersten Strahlen der Sonne die müden Glieder reckte und sich aus den sich ausdünnenden Schwaden des Traumes hervor wand, empfing ihn nicht wie sonst die wärmende Umarmung, die ihm den Weg in den Tag bislang eröffnet hatte. Stattdessen fühlte er sich gegen einen eisigen starren Körper gedrückt, dessen fehlendes Leben ihn bis ins innerste Mark entsetzte, spürte er doch ihre Anwesenheit noch immer in der kleinen Kammer. Er glaubte fast die Augen schließen zu können, wie bei einem Versteckspiel und sie beim Öffnen halb unter den Tisch gekauert wiederzufinden, lachend, weil er sie so schnell hatte entdecken können. Sich aufrichtend lenkte er das Augenmerk von den dünnen Armen, der rauen Haut der Handgelenke und dem stillstehenden Brustkorb hinauf zum leeren Blick ihres Gesichtes. Tief in die Höhlen eingesunken, die Feuchtigkeit unter den Staubkörnern vertrocknet war ihr Fokus nur noch der Zimmerdecke und dem was dahinter ruhte gewidmet. Ihn sah sie längst nicht mehr. Kalte Furcht lief ihm wie eisiger Regen über Arme und Beine, packte ihn am Kragen und schüttelte ihn, bis er sich hätte übergeben wollen. Zu schnell fuhr er nach vorn, griff mit den Händen nach ihrem Gesicht und versuchte verzweifelt die inzwischen der Leichenstarre zum Opfer gefallenen Lider zu schließen… ohne jeden Erfolg.

Einige Atemzüge später fand er sich an der ihr gegenüberliegenden Wand wieder, die Knie an den Körper gezogen und mit den Armen umschlungen, zitternd und sich selbst vor- und zurückwiegend, wie sie es bei ihm getan hatte, als er noch ein kleiner Bub gewesen war. Ein zweites Mal machten sich die Gedanken, als wollten sie ihn vor dem Schrecken schützen, auf die Reise, zurück…


Erinnerung

„Meinst du er hat mir etwas mitgebracht? Ein kleines Schiff oder mein eigenes echtes Messer wie’s die großen Kinder auf der Straße haben um Fische auszunehmen?“ Die Stimme des Jungen überschlug sich vor Freude und Übermut beinahe während er die Nase an der Butzenscheibe des Fensters plattdrückte, um den Vater noch einen Moment eher zu Gesicht zu bekommen. Beschreibungen, eine alte Skizze und ein Paar seiner abgetragenen Stiefel, die hatte er gesehen, aber den Vater selbst hatte er in seinen 8 Lebensjahren kein einziges Mal zu sehen bekommen. Seefahrer kamen selten nach Hause, das wusste er nur zu gut, daher empfand er den Moment als umso kostbarer. „Glaubst du er erkennt mich? Ich seh‘ ihm schon ein klein bisschen ähnlich sagen die Leute auf der Straße, oder?“ Pademian wandte, als erneut keine Antwort auf seinen Schwall an Fragen ertönte den Kopf und sah in die Richtung seiner Mutter die nur schweigend und brütend zu ihm hinüberblickte. Er fand etwas in ihren Augen, etwas Unbekanntes. Angst?
In diesem Moment näherte sich von draußen ein Schatten der klapprigen Eingangstüre und dreimal erklang das kräftige, beinahe gewaltvolle Klopfgeräusch.
Er war hier…





Zuletzt bearbeitet von Pademian Maurier am 04 Jun 2020 20:03, insgesamt einmal bearbeitet
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Pademian Maurier





 Beitrag Verfasst am: 04 Jun 2020 20:02    Titel:
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Tag 3

Unsanftes Erwachen, das Gefühl von kalter Bedrängnis umfing Pademian als er ein weiteres Mal aus den Fesseln von Delirium und Traum erwachte, sich aus ihnen herausschälte wie aus einem zu eng sitzenden Hemd. Graue Nebelschwaden hatten vor dem Fenster ihre Aufwartung gemacht und tanzten gespenstisch im lauen Wind des beginnenden Morgen auf und ab. Irgendwo außerhalb vernahm er das Geschrei einiger Fischer, die mit ihrem Fang gerade im Hafen des Dorfes einfuhren doch sie erschienen ihm seltsam fern, fast als gehörten sie nicht mehr zu seiner Welt. In den Geruch des Fisches mischte sich ein weiterer, süßlich wie verfaulendes Fleisch das in großer Hitze einige Tage in der Sonne hing. Zuerst dachte er, die Kinder aus dem Nachbarhaus hätten ihrer Mutter wieder einen Streich gespielt und eine tote Maus aufs Dach des Hauses geworfen wo sie, der Witterung ausgesetzt langsam vermoderte doch brauchte es nur wenige der stinkenden Atemzüge bis er die Richtung, aus der die Schlieren der Verwesung an ihn heran trieben einordnen konnte. Entsetzen packte ihn und er übergab das wenige, das sein Magen noch behalten hatte auf den festgetretenen Lehmboden neben sich. Gerade als er sich wieder in die schützende Kugel zusammenrollen, die Geräusche und Gerüche ausblenden wollte drang ein leises Rascheln an sein Ohr, zwei große sanfte Schwingen, schwarz wie öliger Schlick, so lautlos wie fallender Schnee senkten sich am offenen Fenster, vor dem das Bett mit der Leiche seiner Mutter stand.
„Schu…, verschwinde, es gibt hier nichts für dich zu holen…“ wollte er dem Raben entgegenrufen doch außer einem kraftlosen „Sch…“ überkam kein weiteres Wort die Lippen. Völlig entkräftet, seit 3 Tagen hungernd und ohne die geringsten Reserven schaffte der kleine Kerl es noch sich auf die Beine zu ziehen um den ungebetenen Gast zu verjagen doch holte ihn die segensreiche Ohnmacht, noch ehe er einen Schritt tun konnte. Das Delirium hatte ihn zurück als er mit dem Gesicht voran auf dem Boden aufprallte.

Erinnerung

„Verschwinde Balg“, „Pack dich, nutzloser Fresser“, „Wenn’de nicht spurst prügel ‘ch dich grün und blau du Hurensohn!“ Kalte gewaltvolle Worte zwischen verzogenen wulstigen Lippen hervorgebracht, untermalt durch die gehobene geballte Faust die laut auf die hölzerne Tischplatte schlug als wollte sie ein Loch in eben jene dreschen. „Hol mir ‘n Bier Rotznase und starr mich nicht an, sonst fängste ein paar dass dir das Hören und Sehen vergeht.“ Der kleine Pademian starrte den kräftigen Mann, dessen eines Auge ihn wie ein Raubvogel zu verfolgen schien unentwegt an, wie die Maus in den Pranken einer fauchenden Katze. „Hörste schlecht?“ Der kahlköpfige Vater drückte den breite und muskulöse , jedoch nicht massigen Körper in die Höhe und ging auf seinen Sohn zu. Als dieser sich noch immer nicht rühren wollte holte er aus und ehe Pademian sich versah spürte er einen brennenden Schmerz der sich von der Nase aus über sein ganzes Gesicht zog. Glühend heiß wie das Herdfeuer, an dem er sich unvorsichtig einmal die Hand angesengt hatte und stechend als habe er kopfüber versucht einen Bienenstock auszuleeren, zog es über die recht Wange hin zur Nasenspitze und er schrie jaulend auf. „Biste schwachsinnig? Ich hab dir gesagt du sollst mir ein Bier holen.“
„Lass den Jungen, ich habe hier schon ein Bier für dich. Er ist noch klein, er bekommt ja noch nichts in den Tavernen. Und er stiehlt nicht. Er ist ein guter Kerl.“ Die Stimme seiner Mutter erschien ihm wie ein Anker, Rettung und Frieden, liebevoll und mutig, wie es nur Mütter sein können. Einen Moment lang verharrte der fleischige Koloss, als den Pademian seinen Vater in Erinnerung hatte noch, dann lachte er kehlig auf und bewegte sich auf seine Mutter zu, packte sie grob am Handgelenk und griff mit der anderen nach der Bierflasche. „is nicht wie sein alter Herr, was, wird mal ein feines Bürscherl, der kleine Herr Hosenscheißer.“ Die Mutter verzog bei der Grobheit nur das Gesicht, gab aber keinen Mucks von sich, als wollte sie ihm die Genugtuung nicht geben, sich die Blöße nicht geben. „hast den Kleinen ganz schön verweichlich, Weib. Aber keine Sorge…ich bin jetzt hier und wird aus ihm nen richtigen Kerl machen.“



Das folgende Lachen in der Erinnerung an die erste Begegnung mit seinem Vater hielt ihn noch mit eisernen Pranken gefangen als ein lautes Kreischen, der Schrei eines Vogels das Band an die Vergangenheit zerschnitt und Pademian an die Oberfläche des ‚Hier und Jetzt‘ tauchen ließ. Der Rabe, groß wie eine kleine Katze sprang auf dem Fenstersims umher und beäugte ihn nachdenklich. Die prächtigen Schwingen ausbreitend warf seine Silhouette sich als Schatten durchs Zimmer und legte sich über das Gesicht des Jungen. Dann war er fort und mit ihm das Gefühl, den Nachhall der Mutter noch immer zu spüren. Nur noch der starre verwesende und sich aufblähende Körper einer unbekannten Frau blieb zurück um bald wieder zu Erde zu werden, nachdem die keimende Madenbrut sich an ihr sattgefressen hatte.
Nichts hielt ihn mehr, niemand war mehr übrig um ihn zu trösten und ihm von der großen Wiese zu erzählen. So nahm der kleine Pademian die Beine in die Hand und hastete dem davon fliegenden Vogel hinter her.
„Nimm mich mit… bitte…“

Die Wahrheit über Monster

Die Wahrheit ist
jedes Monster
das du je getroffen hast
und jemals treffen wirst
war einst ein menschliches Wesen
mit einer Seele
die weich
und leicht
wie Seide war.

Jemand stahl
das seidige Gefühl
und verwandelte die Seele
in das was man nun sehen kann

Wenn du also das nächste Mal
eines jener Monster siehst,
erinnere dich immer daran:
Fürchte nicht das Ungeheuer vor dir,
fürchte dich vor dem
was es erschaffen hat.

(Nikita Gill)


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Pademian Maurier





 Beitrag Verfasst am: 06 Jun 2020 20:33    Titel:
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Seit einigen Tagen schon hatte er den kleinen Jungen mit Haaren so grau wie Mäusepelz vor der Spelunke beim Betteln erwischt. Jeden Tag hatte die kleine Gestalt übler ausgesehen, war es am Anfang noch nur ein geschonter linker Arm, gesellte sich bald das Humpeln hinzu und heute zierte sein Gesicht ein Veilchen so blau wie er noch wenig gesehen hatte. 10 vielleicht 11 Jahre hatte der Bengel erlebt, vermutlich eher weniger. Wer solchen Schrecken Zuhause sah alterte unwillkürlich schneller und die Schatten hatten schon viel der unschuldigen Kinderseele zersetzt, würden sie bald ganz verschlungen haben. An die schräg gegenüberliegende Häuserecke gedrückt wartete er bis der letzte Gast ins Innere des eher fragwürdigen Gasthauses getaumelt war und die Straße außer ihm und dem Kind nur gähnende Leere zeigte, dann schälte er sich aus dem Schatten der ihn bis eben noch umgeben hatte und schlenderte auf Quirin, so hieß der Unglückswurm, zu, eine Münze über die rechte Hand tanzen lassend.

„Bist noch ganz schön spät hier draußen, Kurzer.“ Er setzte sein nettestes Lächeln auf und senkte den Kopf gerade genug, dass der Kleine seine Augen im Gegenlicht nicht ausmachen konnte.
„Jjjj…jjjjaaaa, Herr…ich muss hier warten, Herr. Mein Vater ist noch ein Bier trinken und ich muss noch ein paar Münzen dafür zusammenklauben…“ Ein Rest Scham klang durch all die bereits aufgebaute Gleichgültigkeit noch hindurch, zeigte ihm, dass in dem geschundenen Körper noch immer eine Kinderseele schlummerte die es wert war zu retten. „Ich geb dir ne Münze, sogar eine aus echtem Silber aber dafür musste mir nen Gefallen tun. Ich brauch einen gewissenhaften Überbringer für eine Nachricht. Kennst du da jemanden dem ich vertrauen kann?“

Der Köder war ausgelegt und er wusste beim ersten Blick in das leuchtende Auge dass er nicht lange warten würde müssen.

„Ich bin vertrauensvoll. Ich kenne die ganze Gegend, jede Gasse und jede Straße und die Schleichwege…die kennt niemand so gut wie ich.“
Noch einmal ein Überlegen vortäuschend wiegte der große schlanke Mann den Kopf von einer zur anderen Seite ehe er Quirin die Münze entgegenstreckte. „Geh in die Straße der sieben Quellen und richte dem Wirt in der ‚Tanzenden Meerfrau‘ aus dass ich ihm besorgt habe was er will. Wenn er nach meinem Namen frag dann sag ihm, die Krähe habe dich geschickt.“ Eifrig nickend verstaute der Kleine die Münze in seinen Taschen und humpelte los, davon in Richtung der ihm genannten Adresse. 5 Atemzüge wartete der Mann, dann verschluckte auch ihn die Dunkelheit als er dem Kind auf Schleichwegen, die nur er kannte folgte, sah wie die Botschaft überbracht wurde und wie sich Quirin dann ebenso schnell auf den Weg zurück zu seinem betrunkenen Vater machte um ihm den verdienten Lohn zu bringen.

Selbst aus dem Dunkel heraus konnte er die Vorfreude des Burschen ausmachen, endlich ein Lob für seine erbeutete Münze und den geretteten Abend in der Taverne einzusacken doch würde es nicht so weit kommen. Er kannte Männer wie den Vater des Kindes. Besoffene Raufbolde, Schläger, Mörder und Vergewaltiger, die schlimmsten von allen. Er hatte sie alle gesehen, mit ihnen an einem Tisch gesessen und Karten gespielt. Egal wie viele Münzen man ihnen gab, ändern würde sich sicher keiner von ihnen.
Quirin hatte etwas Besseres verdient.

Leise wie ein Schatten schlich der Mann sich an die nächste Häuserecke und packte, die Hände über den Mund des Kindes gelegt, dieses, ehe es aufschreien konnte.
„Es tut mir leid mein Kleiner… so nen Vater sollte keiner haben…kein Kind sollte ständig zu Brei geprügelt werden bis nichts mehr von ihm übrig ist. Hab keine Angst…‘s wird nicht wehtun.“
Seine Hände umschlossen ihn fester, bis nur ein leises Gurgeln dem Griff entkommen konnte.
„Da, wo du jetzt hingehst ist’s besser, es ist eine große Wiese wo es Blumen so bunt und schön gibt dass du dich nicht sattsehen kannst. Und Bienen machen dort den besten goldenen Honig… es ist ein friedlicher Ort, glaub mir. Du musst dort niemals erwachsen werden und kannst immer Kind bleiben. das klingt doch gut oder?“
Noch einige Minuten erklang die Stimme des Mannes während der tote Körper des Kindes noch in seinen Armen hing, das Genick gebrochen.
„Schlaf gut…und träume süß.“


Als man am nächsten Morgen die Leiche eine Querstraße neben der Spelunke fand war Pademian längst weitergezogen, ob des Schreiens und Zeterns des seiner Arbeitskraft beraubten Trinkers taub und keinen Blick an dessen Krokodilstränen verschwendend.


Und der Rabe weichet nimmer – sitzt noch immer, sitzt noch immer
Auf der blassen Pallasbüste ob der Thüre hoch und hehr;
Sitzt mit geisterhaftem Munkeln, seine Feueraugen funkeln
Gar dämonisch aus dem dunkeln, düstern Schatten um ihn her;
Und mein Geist wird aus dem Schatten, den er breitet um mich her,
Sich erheben – nimmermehr!
(Edgar Allan Poe – Der Rabe)


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