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Frühlingsgefühle
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Charica Laudel





 Beitrag Verfasst am: 20 Apr 2020 09:54    Titel: Frühlingsgefühle
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Die blühende Jahreszeit dringt heuer sehr langsam heran. Zögerlich nur dringen Sprösslinge und erste Knospen aus dem moosigen Boden heraus oder schlüpfen aus den Zweigen und recken ihre Köpfchen der wärmer werdenden Sonne entgegen. Die Luft erfüllt sich mit einem frischen und süßen Duft und lockt summende Insekten und freudig trällernde Vögel hervor. Auch eine bunte Gesellin tingelt wieder öfter durch die Wälder. Manchmal ist die Nase ins Unterholz abgesenkt, wo sie auf zarten Pilzgeruch lauert, das Körbchen schon in der Armbeuge harrend, bis zum Rand gefüllt zu werden. Jeden Tag werden außerdem an lichten, trockeneren Stellen hervordringende, aber noch winzige Sprossen begutachtet - und enttäuscht geseufzt, weil Thymian und Rosmarin sich noch gar so sehr zieren, dem Winterschlaf zu entsteigen. Die meiste Zeit jedoch ist Charicas Schritt flanierend, der Blick streift zufrieden über sich wiegende Baumwipfel und gluckernde Bäche. Beobachter würden sie öfters in Zwiesprache mit Bäumen und Efeuranken, Fröschen und Meisen vorfinden können, aber selbst wird sie wohl die Waldeinsamkeit suchen und geniessen.
Oh sicher, Charica ist durchaus ein geselliger Mensch und gerne wird sie auch mal ein befreundetes Wesen mitnehmen - doch lassen sich alleine ganz andere Dinge im Wald erfahren als in Gesellschaft.

Dass ihr zweiter Frühling auf Gerimor sich so lange Zeit ließ, verdrießt Charica zusehends. Sie hat während ihrer Zeit im Tross der bunten Wagen schon Regionen kennengelernt, in denen die Pflanzen das ganze Jahr grünen und blühen, und häufig suchte ihre Familie eben diese Regionen auf, wenn der Winter hereinbrach, um so der Kälte zu entkommen. Doch hier auf der Insel bleibt die bunte Gesellin den Jahreszeiten ausgeliefert, vorallem im nördlichen und deshalb kühleren Junkersteyn konnte die Kälte des Winters ganz schön klirren. Allerdings lernte sie, mit geröteten Wangen und bewaffnet mit heißem Tee (Rum ist optional!) auch diesen extremeren Jahreszeitenwechsel zu lieben.
Nichtsdestotrotz sehnt sie den Frühling schon heftig herbei, mehr denn je, seit der vermaledeite Riss die Dunkelheit gebracht hat. So wendet sie sich mit einer Idee an die Gemeinschaft der Hüter des Nordlichts, deren Teil sie geworden war: Charica wollte symbolisch die Schöpfung Eluives aus ihrem Schlummer erwecken und ein Fest der Hoffnung feiern. Wie gut, dass sie mit dieser Gemeinschaft so gleichgesinnte Komplizen hat!
Die Planung ging mit langen Schritten voran und in der 1-monatigen Vorlaufszeit, hatte sie zwar einiges zu tun, doch wuchs ihre Vorfreude mit jedem Tag. War sie im Wald, konnte sie sich des Gefühls nicht erwehren, dass es unter dem Moos, dem Gestrüpp und der Rinde vor neuem Leben regelrecht brummte und lediglich der kleinste Schubs die bunte Herrlichkeit des Frühlings ausbrechen lassen musste! War sie unter Menschen, freute sie sich an den zahlreichen Zusammenkünften und Geselligkeiten, die sich in diesen Tage ergaben - sei es im Quartier der Hüter, im Hospital zu Adoran oder gar in der Bierstube. Die bunte Gesellin erfüllte nebst der Freude bald neue Lebendigkeit - und nach einer besonderen Begegnung gar ein schmetterlingshaftes Flattern im Bauch. Kurz, sie genoss das Leben in vollen Zügen!

Endlich kam auch der Tag des Frühlingsfestes: fleißige Hände hatten unter Anweisung der Auenbacherin den Waldrand nördlich des Hüterquartiers in einen Festplatz verwandelt - Picknickdecken und Sitzkissen lagen im Kreis unter mit bunten Bändern geschmückten Bäumen, große Körbe platzten, der Eule sei Dank, schier vor frühlingshaften Leckereien und verführerischen Getränken. Überschwänglichen Gemüts begrüßte Charica jeden Gast, ob bekannt oder noch unbekannt, mit einer Umarmung und ergänzte noch fehlende Blütenpracht, wo sie erwünscht, ehe alle zum Festgelände wanderten. Für das Ritual hatten sie gleich zwei Druiden an der Hand, denn der Erzdruide hatte einen seiner Brüder mitgebracht, der mit gewählten Worten Erinnerung an den Fluss der Jahreszeiten hervorrief. Der bunten Gesellin fiel es jedoch zu, Mutter Eluive demütig eine Opfergabe darzubringen, so kniete sie sich in die Mitte des Ritualkreises und bot einen mit einem symbolträchtigen Hühnerei behängten Kirschzweig voll erster zartrosaner Blüten, der vor den Augen der Festgemeinde sich in den Erdboden zersetzte. Daraufhin ging es an eine erfrischend kindliche Aktivität - die Bäume bekamen aus Lehm gestaltete Gesichter aufgepappt, auf dass der Eindruck von Lebendigkeit und Charakter erweckt wurde. Charica jedenfalls hatte den Eindruck, dass die Zweige nach dieser Maßnahme deutlich mehr schwankten und knarrten als zuvor!

Der weitere Abend floß gemütlicher voran und nach einem solchen Ritual schienen Hunger und Durst bei der Festgesellschaft groß zu sein. Beulchens Räucherwerk wurde angezündet und entspannte die Gemüter. Viel wurde gesprochen, besonders das äußerst frühlingshafte Thema der Liebe drang aus jedem Gesprächsgrüppchen, ließ auch die bunte Gesellin schmunzeln und erröten. Schließlich sah und fühlte sie das pulsierende Leben überall um sich und in sich, und als der Eisdrache zum Tanz aufspielte, verlieh sie dem lebensfrohen Flattern im Bauch auch in einem wirbelnden Tanz um den Festplatz Ausdruck. Zuerst mit einem frechgesichtigen Baum als Partner begnügt, wurde sie bald von ihrem Edlen Mentor in eine hopsende Polka gelockt und jauchzte ausgelassen bei den schwungvollen Wendungen und Hebefiguren.
Schade, dass auch das schönste Fest einmal enden musste... doch die Frühlingsgefühle ließen Charica auch im Bett lange nicht einschlafen.
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