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Die Pfade des Lebens und der Seele
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 02 Nov 2018 22:45    Titel: Die Pfade des Lebens und der Seele
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Alles hört da auf, wo es einst begonnen hat. Und jene Gesetzmäßigkeit war so sicher wie die Gezeiten der Welt. Jeden führte es irgendwann zu seinen Wurzeln zurück. Man musste erst wissen, wer man in der Vergangenheit war, damit man in der Zukunft zu der Person werden konnte, die man sein wollte.

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Schwipp schwapp. Schwipp schwapp. Schwipp.

Da waren sie wieder, diese unsäglichen Gedanken. Und schier nichts außer der Auseinandersetzung mit ihnen wollte sie vertreiben. Die zurückliegenden Tage hatten ihren Geist zum Umdenken bewegt und jetzt, da Thalia der Enge des Schiffes ausgesetzt war, wurde ihr umso bewusster wie nötig es war sich jenen Gedanken zu stellen. Die Reise zum Festland - zurück nach Werlental - war ungewiss gewesen. Welche Steine jene ins Rollen gebracht hatte, war dafür umso klarer. Die Vergangenheit konnte nun ruhen, doch sie würde jene fortan ehren und nicht mehr in die hinterste Ecke ihres Geistes drängen. Sie hatte in all den Jahren Unrecht getan, indem sie geflohen war... vor ihrem alten Leben, ihrer Verantwortung und schlussendlich auch vor ihm. Zweifelsfrei hatte Dheran den Lohschopf in einer Art geliebt, die sie nie hatte erwidern können. Und zu allem Übel war er es gewesen, der sich nach dem Tode ihrer Mutter um Taranee gekümmert hatte. Bis ihre Schwester ihn zu Grabe trug, als er an einer Lungenerkrankung verstorben war. Jene Schuld würde niemals aufgewogen werden, doch zumindest konnte Thalia für sich im Stillen noch Frieden schließen. Sie dachte daran, wie sie zurückgekehrt war...

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- Bruchstein, im Goldblatt 261 -


Bruchstein - eine Stadt mit regem Handel und unzähligen Gerbereien sowie Schneidergeschäften. Den Fuß wieder in jene Stadt zu setzen war anfangs seltsam gewesen und hatte Erinnerungen an ein längst vergangenes Leben wieder aufgewühlt. Früher, als sie erst 9 Winter an Jahren gezählt hatte, war Bruchstein aufregend gewesen, die Augen eines Kindes sahen die Welt schließlich mit einem anderen Blick. Jetzt, da sie eine erwachsene Frau war, mutete es befremdlich an und ein Gefühl des Unwohlseins hatte Thalias Schritte begleitet, während sie die Stadt wieder begann kennenzulernen. Ihre Unterkunft hatte sie in der Stadtmitte gewählt, eine der alteingesessenen Tavernen mit dem Namen zum Goldenen Hirsch gab es nach so vielen Jahren noch immer. Von hier aus begann sie die Tage damit ihre Vergangenheit zu erkunden und sich mit jener wieder vertraut zu machen. Die Schneiderei, in der ihre Mutter früher gearbeitet hatte, existierte noch und der Handel mit Werlentaler Stoffen erfolgte offenbar bis heute. Als sie den Fuß über die Türschwelle getan hatte, wurde sie mit einem Rufen aus dem Hinterzimmer begrüßt.

"Momentchen, ich eile... so schnell mich meine alten Beine noch tragen." Es hatte etwas gedauert, doch als die alte Frau es in den Laden vor geschafft hatte, war ein Starren erfolgt, welches vermuten ließ, das Thalia ein Geist war. "Ach du meine Güte, Temora noch eins... Tehya? Das kann doch nicht sein... Nein nein, das glaube ich nicht!", war der ungläubige Ruf gefolgt. Als die Alte auf Thalia zugeschlürft war, hatte sie mit ihrer Hand nach der Scharfschützin gegriffen. "Nein, nicht die Mutter… aber die Tochter. Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, meine Liebe, das sehe ich selbst mit meinen alten Augen noch. Aber auch Aranir zeigt sich deutlich in deinem Antlitz. Das ich dich noch einmal wiedersehen würde. Willkommen zu Hause, Nes." Anfangs hatte Thalia mit Verlegenheit und Zurückhaltung reagiert, dann aber war sie aufgetaut und hatte der Meisterin ihrer Mutter vieles anvertraut, über das sie sich all die Jahre ihre Gedanken gemacht hatte. Schlussendlich war auch die Sprache auf Dheran gekommen und so bekam Thalia eine vage Bedeutung davon, wie viel sie ihm noch immer bedeutet hatte. "Taranee hat mir vieles erzählt, es tut mir Leid darum. Er hat etwas Besseres verdient..." Solche und ähnliche Schuldgeständnisse waren offen angesprochen worden, doch die Alte wusste stets, wie man ein verlorenes Kind wieder nach Hause holen konnte, um es zu erden. Am Ende des Abends verließ Thalia die Schneiderei wieder, bepackt mit unendlich vielen Ratschlägen und dem Wissen darüber, wo sich Dherans Grabstätte befand. Doch noch etwas trug sie bei sich, ein Geschenk, das so kostbar für sie war, dass es ihr Tränen in die Augen gejagt hatte. Es handelte sich um ein weinrotes Kleid aus Werlentaler Stoffen, das aus den Händen ihrer Mutter stammte.

Einige Tage später hatte sich Thalia endlich getraut den letzten Weg anzutreten, welcher sie zu Dheran führte. Hier lag er nun am Friedhof zur letzten Ruhe gebettet. Das Grab ihrer Jugendliebe zu sehen und dabei in einen inneren Monolog zu treten, war heilsam gewesen. So schlicht die Grabstätte auch war, so schlicht war ihre Entschuldigung, wenn sie auch aus der Tiefe ihrer Seele kam. "Es tut mir leid, Dheran. Du hast das nicht verdient... ich habe deine Treue nie verdient, deine Liebe zu mir. Eine Wiedergutmachung ist im Angesicht deines Todes nicht möglich, doch ich danke dir am Ende. Für alles. Ruhe in Frieden, mein Freund." Noch Tage später in ihrem Tavernenzimmer hatte sie mit sich gehadert, und war schlussendlich noch einmal zu seinem Grab gekommen, um Blumen für ihn dort niederzulegen und sich für immer von ihm zu verabschieden.

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Schwipp schwapp. Schwipp schwapp. Schwipp.

Thalia blickte etwas grün um die Nase zum Horizont und versuchte dort einen Punkt zu fixieren, um ihre leichte Übelkeit ob der Seereise in den Griff zu bekommen. Sie war kein Kind des Wassers aber eines des Feuers zweifelsohne. Während ihre Gedanken von dem flauen Magen zu einem anderen Thema abgelenkt wurden, zeigte sich ganz deutlich, dass sie noch mehr zu tragen hatte. Dieses Mehr befand sich in ihrer Reisetasche und wog schwerer als sie es gedacht hatte. Die Finger glitten in jene und tasteten nach einer kleinen unscheinbaren Phiole. Mit einem leisen Durchatmen wurde jene betrachtet. Ein langer Wegbegleiter und doch einer, der nun einen anderen Weg gehen würde. Ein kleines vom Meereswind verschlucktes Ploppen des Korkens war zu hören, dann musste sie an die Worte denken, die ihr Torjan damals gesagt hatte. Sie hatte in seinen Augen verantwortungsvoll gehandelt, passend zu ihrer damaligen Lebenssituation. Die Verantwortung blieb, stets und immer. Es war wie ein Schatten, welcher ständig bei einem war. Und sie hatte ihn auf eine vertraute Weise liebgewonnen, das ließ sich nicht leugnen.

Nun war es an der Zeit mit jener Verantwortung einen neuen Weg einzuschlagen. Vorsichtig wurde der Inhalt der Phiole über die Reling ins Meer befördert. Und noch während der letzte Tropfen aus dem Glas rann, bildete sich in Thalias Geist ein Gedanke, der sie zum stillen Lächeln brachte. Wenig später wurde auf einer Truhe an Deck Platz gefunden, um dort ein kleines Stück Pergament auszubreiten und es mit kornblauer Tinte zu beschreiben.


Thalia Nesireh de Lekânth hat Folgendes geschrieben:
↞↞↞✺↠↠↠

Wenn du mich findest, so haben es Mutter und Tochter für dich bestimmt. Sei stets stark und vertraue darauf, dass du deine Pflichten erfüllen kannst. Vergesse dabei nie deine eigenen Wünsche und finde das Gleichgewicht zwischen den Dingen. Nur dann wirst du trotz allem Krieg und Gefechte deinen eigenen Frieden finden können. Vertraue auf sie. Und vertraue auf dich. Es wird der Tag kommen, an welchem du dies erkennen wirst. Auch meine Zeit ist nun gekommen und ich blicke der Zukunft entgegen. Lebe wohl und mögest du beschützt sein. Immer.


03. Rabenmond 261 an Bord der Feuerschweif,
auf dem Seeweg von Eirensee nach Gerimor


↞↞↞✺↠↠↠

Die Worte auf dem Pergament wurden nochmal betrachtet, dann rollte sie ihre Botschaft zusammen und steckte sie in die vermeintliche Flaschenpost. Den Korken fest verschließend, atmete sie am Ende tief durch und ließ die Phiole in das Meer gleiten. Dabei fragte sie sich, ob jene jemals eine Bestimmung erfüllen würde, indem sie in die Hände eines Suchenden gelangte. Nur die Göttinnen wussten es und so gab sich der Lohschopf mit der Gewissheit zufrieden, dass sie für sich viele Erkenntnisse über ihre Vergangenheit gewonnen hatte, die ihr in der Zukunft ein wertvoller Wegbegleiter werden würden. Die Pfade des Lebens und der Seele waren verworren, kompliziert und manchmal so undurchsichtig wie wabernder Nebel. Doch in der Zukunft würde sie mehr denn je sie selbst sein können. Körper, Geist und Seele waren endlich im Einklang miteinander. Mit einem warmen Lächeln auf den Lippen und einem leichten Funkeln in den Olivaugen sah Thalia ein letztes Mal zum Meer hinaus auf den Horizont. „Feoras…“, hauchte sie sehnend in dem Bewusstsein, dass sie bald wieder nach Hause kommen würde. Nach Adoran, dort wo sie am Ende hingehörte. Es war wie Atmen, einmal mehr.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 06 Jan 2019 12:25    Titel: Meeresrauschen
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Ein stetiges Meeresrauschen bedeutete nicht unbedingt, dass man vorankam. Es bedeutete in diesem speziellen Fall allerdings, dass man nachdenklich wurde, und das obwohl man voranblickte zum Horizont. Während die Welt um einen herum einen gefühlten Stillstand erlitt, sah man der eigenen Zukunft entgegen, und wusste dabei genau wer oder was man war.

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Schwipp. Schwipp. Schwipp.

Leicht an die Reling gelehnt stand Thalia auf dem vorderen Schiffsdeck und sah zum Himmel hinauf. Dabei waren ihre Gedanken so zahlreich wie die sanft funkelnden Sterne am Firmament. Der Olivblick wandte sich dem Anblick des Mondes zu, der dort wie gemalt am Himmel stand. Keine einzige Wolke trübte das Gesamtkunstwerk und die Winde hatten seit Wochen kein Vorankommen ermöglicht. Flaute. Und das bedeutete, dass sich ihre Heimreise immer weiter verzögerte. Mit einem tiefen Durchatmen sah der Lohnschopf noch ein letztes Mal zum Mond empor. Jener Anblick... jener eine aufkommende Gedanken, es reichte, um sie in die vergangenen Wochen zurück zu versetzen. Und in eine Erinnerung als sie noch 5 Winter gezählt und ihr Vater Aranir noch gelebt hatte.

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- Nahe Bruchstein am Wald "Grünstein", im Sommer 242 -


Ganz leise drang ein Zwitschern an die Ohren von Thalia. Mit neugierigen Blicken wurde der Wald erkundet, während sie an der Hand ihres Vaters den Weg entlanglief.
"Sieh nur Nes, dort drüben sind ein paar Pfifferlinge." Recht bald waren die kleinen Kostbarkeiten eingesammelt und schon kurz darauf wurde die Aufmerksamkeit auf etwas anderes gelenkt, das sich mit rauschendem Geplätscher bemerkbar machte. "Ein Wasserfall, guck! Die Fische plumpsen alle von da oben runter, aber die können ja schwimmen. Nicht so wie ich, die machen alle blubb blubb." Mit einem warmen Lachen schnappte sich Aranir seine Tochter und nahm sie auf die Arme, um dann den kurzen Weg zu dem Flusslauf entlang zu wandern. "Die Fische können seit ihrer Geburt schwimmen, es liegt ihnen im Blut. Für sie ist es wie Atmen. Du musst das Schwimmen erst noch lernen, und ich glaube langsam bist du groß genug dafür." Blinzelnd sah Thalia ihrem Vater in die Augen. "Aber Vater, ich mag doch kein Wasser. Das ist kalt und nass. Feuer ist mir lieber, so schön warm und kuschelig." Mit einem Schmollkind wurden die töchterlichen Reize ausgespielt, dann folgte ein kindliches Kichern. „Du wirst es mögen lernen, meine Kleine. Und wenn nur halb so viel von deinem Großvater in dir steckt wie in mir, dann wirst du auch lernen in der Wildnis zu überleben. Dazu gehört es auch schwimmen zu können oder sich sein Essen selbst zu erlegen. Wenn du älter bist, nehme ich dich auf eine Jagd mit… aber für jetzt bringen wir dir das Schwimmen erst einmal bei.“ Aranir hielt die Kleine weiter liebevoll in den Armen und wanderte dann mit ihr wieder auf den Rückweg nach Bruchstein. „Werde ich mein Geschwisterchen kennenlernen? Ist sie schon da? Darf ich sie dann halten? Ich möchte nämlich eine Schwester, Jungen mag ich nicht, die sind immer so frech.“ Thalia schmiegte sich an ihren Vater und spielte mit den Hirschhornknöpfen an seinem Mantel herum als wäre es das Interessanteste der Welt. „Wenn Eluive es so will, dann ist er oder sie bestimmt schon auf der Welt. Lass uns nach Hause gehen, dann sehen wir es schon bald.“

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„Taraneé“, hauchte Thalia leise und blickte vom Himmel weg und zum Horizont hin, der sich mittlerweile in mattgoldenen Strahlen des Sonnenaufganges wog, um die Dunkelheit der Nacht zu vertreiben. Sie strich sich eine Strähne aus dem Gesicht, die ein sanfter Windhauch dorthin gespielt hatte. Gerade als der Lohschopf wieder zurück in ihre Kajüte gehen wollte, wurde es im Krähennest der Feuerschweif plötzlich laut. „Käpt’n! Die Winde ziehen an! Segel hissen!“ Und als hätte Eluive selbst es so gewollt, tatsächlich konnten die Seemänner endlich wieder die Segel hissen und die Reise zurück nach Gerimor fortgesetzt werden. „Wölfchen, nicht mehr lange… ich sehne mich nach dir. Nach euch. Nach meinem Zuhause.“
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 12 Feb 2019 21:48    Titel: Rückkehr in heimische Gefilde
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Es war eine Sache zu wissen, wer man in der Vergangenheit war und wer man in der Gegenwart dachte sein zu müssen. Sicher wie die Gezeiten des Meeres war es auch, dass man, ganz gleich wie lange man versuchte einen Blick in die eigene Zukunft zu erhaschen, es niemals sehen können würde. Bis der Moment da war und Zukunft zu Gegenwart werden konnte.

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Schwipp. Schwipp. Schwipp.

Mit zusammengepressten Lippen stand Thalia um ein neues an der Reling, der Olivblick fern auf den Horizont gerichtet und die Gedanken hin und wieder durch das ständige Wellentreiben abgelenkt. Noch etwa einen knappen Tageslauf dauerte es laut dem Kapitän der Feuerschweif, bis sie endlich in Adoran anlegen würden, je nach Windstärke und Wellengang. Es wurde also an der Zeit das eigene Hab und Gut langsam wieder zusammen zu packen und die Kajüte zu räumen, die nun solange ihr kleiner Rückzugsort gewesen war. Ein letzter Blick also folgte zum Horizont, dann zog Thalia die Arme um den Oberkörper und lief mit nachdenklichem Blick wie schweren Schritten unter Deck in Richtung ihrer Kajüte. Dort angekommen, wurde mit sorgfältigen Handgriffen das eigene Hab und Gut in eine große Holzkiste verpackt. Im Deckel schlummerte ihr Scharfschützenbogen zusammen mit einigen Pfeilen aus Werlentaler Holz, welche sie in Bruchstein bei einem meisterlichen Bogner in Auftrag gegeben hatte. Ein jeder war mit feinen Schnitzereien am Schaft versehen, bestehend aus Ornamenten von Hirschköpfen und dazwischen ihre Initialen eingeschnitzt. Der Olivblick sah noch eine Weile diesem Anblick entgegen und dabei schweiften die Gedanken ab. Und wieder zu einer Zeit als sie noch am Festland gelebt hatte und im unschuldigen Alter von 14 Jahresläufen gewesen war.

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- Auf dem Weg nach Bruchstein, im Frühjahr 251 -


Ein leises Zirpen hielt den Geist gefangen und lenkte die Aufmerksamkeit von Thalia nur zu gerne ab.
"Nes, nun trödele nicht so, es ist bereits dunkel. Der Mond steht sogar schon am Himmel und leuchtet uns den Weg nach Hause." Mit einem tiefen Durchatmen löste sich der Lohschopf von der friedlichen Ruhe des Geistes, da die Stimme ihrer Mutter sie wieder zurückführte. "Ich komme ja schon. Und nenne mich nicht immer so, ich bin kein kleines Kind mehr." Mit reichlich Unmut holte sie zu ihrer Mutter auf und warf ihr einen bösen Blick zu. "Ach Liebes, für mich wirst du immer die Kleine bleiben, egal wie alt du bist. Sieh nur hoch zum Himmel… Der Anblick der Mondsichel erinnert mich stets daran, dass wir eine Familie sind, auch wenn dein Vater schon so lange nicht mehr bei uns weilt. Wäre er doch nur hier und könnte sehen, was für eine gute Jägerin du geworden bist. Er wäre stolz auf dich, Nes." Mit einem Lächeln lief Tehya weiter und schwieg einen Moment lang, ehe sie weitersprach. "Die Mondsichel war schon immer ein Symbol von Aranirs Familie, so oft habe ich sie auf seine Kleidung sticken müssen... Da war er sehr traditionell musst du wissen. Und die goldenen Fäden machten sich schon immer sehr gut auf dem rostroten Werlentaler Stoffen, die ich so gerne trage. Wenn du doch nur zulassen würdest dieses Handwerk zu erlernen, ich könnte dir so vieles beibringen." Während Thalia ihrer Mutter lauschte, wurde die Aufmerksamkeit allmählich geteilt, ein Geräusch hinter ihnen im Wald lenkte sie ab. "Aber vielleicht nähe ich dir bald einmal ein neues Kleid, du trägst viel zu oft Hosen." Ein Seitenblick von Tehya folgte und wohlwollend wurde das einfache fliederfarbene Leinenkleid betrachtet, welches Thalia am Leib trug. "Mutter, ich gelobe doch schon Besserung und trage Kleider, auch wenn ich darin weniger unauffällig bin und nicht jagen kann mit diesen unendlichen Bahnen von Stoffen... Vater würde mir zustimmen, dass man in Kleidern nicht jagen kann." Doch Tehya hatte für ihre Tochter ob jener Reaktion wie immer nur ein Lächeln übrig. "Würdest du doch mehr zulassen eine Frau zu sein, ein feiner Herr würde dir gewiss seine Aufwartung machen… fehlen nur noch hübsch frisierte Ha..."

Doch soweit kam Tehya nicht mehr, denn ihr wurde schier aus dem nichts kommend ein Messer gegen die Kehle gehalten. "Da bist du also. Haben uns schon gefragt, wo wir dich zu fassen kriegen." Thalia starrte ungläubig auf den Kerl hinter ihrer Mutter und stellte fest, dass er zwei weitere Männer im Schlepptau hatte. "Und du Schätzchen... verschwindest lieber, wenn du deinen hübschen Kopf behalten willst, sonst frisieren wir ihn dir. Los, zieh ab!" Thalia zuckte nur zusammen und starrte wie versteinert auf ihre Mutter.
"Geh Liebes", hauchte Tehya und sah ihre Tochter verzweifelt an. Dann schrie sie ihr unter Tränen zu. "Lauf schon Nes, verschwinde in Temoras Willen!" Wieder zuckte Thalia zusammen, doch ihr Körper setzte sich kurz darauf in Bewegung, so als würde sie von einer fremden Macht angetrieben. Sie merkte dabei gar nicht, als sie nach Luft ringend und unter Tränen in Bruchstein ankam. "Dheran, Dheran! Wo steckst du!" Das Geschrei in der Schneiderei war so laut, dass es durch beide Etagen hallte. Doch er war nirgends zu finden, stattdessen kam die Meisterin ihrer Mutter die Treppen heruntergeeilt. "Thalia, was ist passiert? Wo ist deine Mutter?" Der Lohschopf rannte ihr in die Arme und fing augenblicklich an zu zittern. Und es vergingen nur wenige Augenblicke, in denen sie von einem zittrigen Flüstern zu einem verzweifelten Schreien überging. "Sie haben sie bedroht und mich fortgeschickt... Drei Kerle mit Messern bewaffnet und sie... Sie haben meine Mutter mitgeschleift!" Kurz darauf stand Thalia unter Tränen in den Armen der Schneidermeisterin wie ein Häufchen Elend. "Ruhig, nun atme erst einmal tief durch. Wir werden sie ausfindig machen und von der Stadtwache überführen lassen. Verliere nicht dein Köpfchen, benutze es... Komm Thalia, wir gehen zur Nachtwache. Dort werden wir Hilfe bekommen. Deine Schwester ist bei Dheran daheim, sie ist solange bei ihm sicher wie er bei ihr ist."

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Schwapp.

Thalia rieb sich die Augen und schüttelte die Erinnerung ab, in welche sie viel zu tief eingetaucht war. Damals hatte sich gezeigt, dass sie ihrer Mutter nicht hatte helfen können, die drei Kerle hätten sie direkt mit verschleppt. Es hatte sich auch herausgestellt, dass es sich um ehemalige Söldner handelte, die einst mit Aranir zusammen gearbeitet hatten. Doch er hatte sie verlassen und ihnen den Rücken zugekehrt, als er erkannt hatte wie verdorben ihre Herzen wirklich waren. "Ich vermisse euch... so sehr." In jenem zerbrechlichen Moment saß Thalia neben ihrer Truhe auf dem Bett in ihrer Kajüte und dachte auch daran zurück, wie sie nach Gerimor gereist war, um Teyha zu finden. Taranee war bei Dheran zurückgeblieben und der Lohschopf hatte ihm ein schwerwiegendes Versprechen abgerungen. Die Wahrheit über Thalias Verschwinden hatte Taranee erst kürzlich erfahren, nun da sie selbst nach Gerimor gekommen war. Mit aller Macht wischte Thalia die Erinnerung hinfort, welche ihre Vergangenheit so sehr zeichnete und ließ sich ermattet rückwärts auf ihr Bett sinken. All diese Erinnerungen waren ein Teil von ihr und hatten sie geprägt. „Was wäre nur passiert, wenn sie dich nicht zu sich geholt hätten, wenn du noch leben würdest… vielleicht wären wir heute noch in Bruchstein, und vielleicht hättest du mich sogar in die Lehre genommen, nur damit ich nicht dem Leben meines Vaters hinterher eifere.“ Selten führte Thalia Selbstgespräche, doch die Zeit auf See hatte sie wohl in diesem Punkt etwas seltsam werden lassen und so schien es ihr völlig normal ihre Gedanken auszusprechen, auch wenn niemand in ihrer Kajüte war.

Mit einem Seufzen schloss sie die Augenlider und bemerkte erst dann, dass das stetige Schwipp-Schwapp nicht mehr zu hören war. Die Sinne tasteten im Nichts nach Anhaltspunkten, und einige Augenblicke später vernahm Thalia die Geräusche von eifrigen Füßen, die über Deck schier in alle Richtungen liefen. „Klar machen zum Segel raffen und Ankerwerfen!“ Ganz offensichtlich war die Reise nun endlich vorbei. Eine Reise, die Thalia verändert hatte. Wie sehr, das würde sie noch erfahren, denn die Saat dieser Veränderung hatte in ihrer Seele bereits einiges verändert, ohne dass sie es bewusst wahrnahm.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 07 Aug 2019 11:11    Titel: Der Klang der Seele
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Wenn die Zukunft zu Gegenwart wurde und man endlich begriff, was dies für den eigenen Weg bedeutete, brauchte es einen mutigen und aufrechten Gang. Denn hinter allen Entscheidungen musste man sich fragen, ob es die Ehre gebot jene Schritte zu gehen. Doch was war jene Ehre schon, wenn man mit zweifelsfreiem Geist wusste, dass man nicht mehr zu jenen Geboten hielt. War es dann nicht ehrbarer, wenn man zu der unumstößlichen Wahrheit stand und man endlich begann dem Klang seiner eigenen Seele zu folgen?

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Schwipp schwapp. Schwipp schwapp. Schwipp.

Fern am Horizont zeichneten sich die Umrisse des Festlandes ab und die ersten Möwen begannen am Himmel kreischend ihre eleganten Kreise zu ziehen. Der Wind flaute allmählich ab und so war es auch mit Thalias Aufregung. „Nicht mehr lange, noch ein paar Tage… Bruchstein wartet.“ Mit einem seligen Lächeln wandte sich Thalia von der Reling ab und begab sich in die Kajüte, in welcher Feoras auf der Pritsche lag und in einem Buch schmökerte. „Wölfchen, wir werden bald anlegen am Hafen von Ihnnerau. Wir sollten unser Hab und Gut zusammenpacken, damit wir direkt weiterreisen können nach Bruchstein.“ Feoras klappte das Buch zu, erhob sich und wisperte seiner Frau dann zu. „Ich kann mir Schöneres vorstellen als zu packen. Zum Beispiel, dass…“, verkündete das Wölfchen, grinste aber nur unvollendeten Satzes und ließ seinen Blick aus dem Fenster der Kajüte schweifen. „Später, vielleicht… Deine Heimat wartet. Ich bin schon gespannt, was uns in Bruchstein erwartet. Die Stadt ist immerhin eine Hochburg der Schneider, Weber und Gerber!“ Mit einem warmen Lächeln begegnete Thalia ihrem verschmitzt grinsenden Mann, doch dann sah sie ebenso aus dem Fenster hinaus und in ihre Gedanken trieben sie zum Anfang ihrer Reise zurück.

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- Am Hafen von Adoran auf dem Weg nach Ihnnerau, im Sommer 262 -


„Die Seereise wird etwa einen Mondlauf dauern. Zumindest ist das die Einschätzung des Kapitäns der Feuerschweif. Übrigens finde ich es sehr nett, dass er uns mitnimmt zum Festland. Er scheint ein besonnener und ehrlicher Mann zu sein. Ich kann verstehen, dass die letzte Überfahrt für dich erträglicher war, auch wenn die Seekrankheit dich plagte. Doch nun hast du mich zur Ablenkung, meine Schöne.“ Mit einem wölfischen Grinser wurde Thalia in die Arme gezogen und dabei etwas gegen die Reling gedrückt. Es folgte ein tiefes Seufzen, dann legte sich der Olivblick auf den Hafen von Adoran. Vielleicht ein bisschen zu nachdenklich, doch so war der Lohschopf nun einmal. „Was beschäftigt deinen Geist, Thalia? Erzähl es mir, außer mir wird dir nur das Meer lauschen.“ Die Arme wurden enger um sie geschlungen bei jenen Worten, vertrauensvoll und zugleich auch beschützend. „Immerzu und fortwährend der Gedanke, ob ich die richtige Entscheidung treffe. Weisst du… Der Heilige Alsamar lehrt uns, dass wir eine Aufgabe niemals abbrechen sollen und die Loylität gegenüber Schülern und Mitstreitern hoch bewertet wird. Ich habe eine Verantwortung auf mich genommen, gegenüber der Ritterschaft, Lichtenthal und den Scharfschützen… dieser kann ich mich nicht ohne weiteres entziehen. Das ist genau das, was die Lehren Alsamars mir sagen, aber tief in meinem Herzen, da trage ich diese Saat aus Werlental in mir. Und ich spüre, dass ich diese Veränderung brauche und ihr folgen muss.“

Die Hände des Wölfchens wanderten zu Thalias Nacken und begannen dann jenen mit leicht kreisenden Bewegungen zu massieren. „Ist es denn ehrbar, wenn du eine Aufgabe folgst, hinter der du nicht mehr länger mit vollem Herzblut stehen kannst? Liebste, seit ich dich kenne bist du eine Ausreißerin, schon immer hat dich Adoran mit seinen Pflichten im Regiment eingeengt und geradezu erdrückt.“ Kurz drehte Thalia den Kopf und ihre Olivaugen sahen Feoras abermals nachdenklich wirkend an. „Ich war jung und brauchte Führung nach den Erlebnissen, die ich nach dem Tod meiner Mutter gemacht hatte. Und heute weiß ich, dass Vaughain mir eine Verantwortung zutrug, weil er wusste, dass ich sie tragen würde. Wölfchen... manchmal wünschte ich, dass der elende Spießer mich nie in Adoran festgehalten hätte, mich stattdessen einfach hätte ziehen lassen. Dann wäre ich heute wohl nicht Scharfschützin, geschweige denn Edle des Reiches. Ich wäre einfach nur Thalia, Jägerin im Walde und vielleicht würde heute auch noch kein Menschenblut an meinen Fingern kleben…“ Feoras umgriff Thalias Hüfte bei jenen Worten und drehte sie zu sich, das hellblaue Augenpaar ruhte ungewohnt ernst auf ihrem Antlitz. „Du bist schon immer die langen Wege gegangen und hast nie die kürzesten bevorzugt. Es waren immer die steinigen, als wenn du von jenen angezogen würdest. Und doch hast du diese Herausforderungen angenommen und ihnen alle Ehre bereitet, die ihnen gebührte. Doch nun wird es an der Zeit, dem Klang deiner Seele zu lauschen und diesem endlich zu folgen.“ Eng in Feoras Umarmung eingeschlungen, atmete Thalia die Seeluft durch und ließ den Blick an der Schulter ihres Mannes vorbeigehen, ein letzter Blick zum Hafen folgte und dann legte die Feuerschweif ab. Sie segelte in eine Zukunft, die auf Thalia noch wartete.

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Hektisches Treiben tobte am Hafen von Ihnnerau und so war es nicht verwunderlich, dass Thalia und Feoras zügig ihr Hab und Gut auf die nächste Kutsche verladen ließen, um jenem Treiben zu entkommen. Während die Kutsche aus der Hauptstadt von Eirensee stetig hinauspolterte und ihren Weg Richtung Bruchstein nach Werlental nahm, saß Thalia abermals mit nachdenklichem Blick und nach draußen gerichteten Olivaugen da, um zu Grübeln. „Nun mach nicht so ein Gesicht, meine Schöne. Du siehst aus, als würdest du zu deiner eigenen Beerdigung fahren.“ Mit einem verzogenen Mund sah der Lohschopf zu Feoras, der gemütlich ihr gegenüber auf der Kutschbank saß. „Vielleicht ist es das auch… vielleicht, wer weiß das schon. Immerhin beerdige ich mit dieser Reise meine Vergangenheit. Für den Moment bin ich froh, wenn wir sicher in Bruchstein ankommen, dann sehen wir weiter. Die Lehrmeisterin meiner Mutter sollte meinen Brief mit der Nachricht über unsere Anreise bereits erhalten haben. Sie ist eine sehr gutmütige, aber doch auch strenge alte Dame, du wirst sie ganz gewiss mögen. Das erinnert mich daran, dass ich Oberst von Gipfelsturm auch noch einen Brief schreiben muss… Temora und Eluive mögen mir vergeben.“ Thalia atmete tief durch und fügte dann leiser an. „Wenn wir in Bruchstein sind… Ein Schritt nach dem anderen.“ Und so holperte die Kutsche mit den Lekânths weiter ihres Weges und nahm direkten Kurs nach Bruchstein.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 25 Aug 2019 11:49    Titel: Thenerys' Wärme
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Es war ein sonderbares Gefühl erstmals im Leben dem Klang der eigenen Seele zu folgen. Dort wo er einst immer gewesen war, gehörte er nun nicht mehr hin. Aber der neue Ort, an dem dieser Klang nun verweilte, war ein Ort voller Wärme – so als würde man in angenehm weiche Decken gebettet, zwischen denen man nie mehr hinausschlüpfen wollte.

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Klack Klack, Klack Klack. Klack Klack, Klack Klack. Hooooo!

„Thalia, bist du so gut und kümmerst dich um die Lieferung? Der Stoffhändler hat gerade vor der Tür Halt gemacht. Feoras und ich tüfteln noch an einem neuen Schnittmuster.“ Der Ruf von Thenerys ließ Thalia warm auflächeln. Die Stimme der alten Dame hatte zweifelsfrei etwas Strenges und Unnachgiebiges, und doch war ihre Art so herzlich, dass es Thalia nie so vorkam wie ein harscher Militärbefehl. Mit federleichten Schritten bewegte sich der Lohschopf Richtung Tür und öffnete dem Stoffhändler. Jener begann auch schon direkt die vielen Rollen in die Schneiderei hineinzutragen. Mit erstaunten Olivaugen wurde die Bestellung gemustert und als schließlich alles im Flur verräumt war, quittierte Thalia dem Lieferanten einen Beleg und verabschiedete sich wieder von ihm. Angetan wurden die Stoffrollen der Reihe nach dann betastet, mit so leichten Fingern als würde der Stoff unter ihnen bei zu wenig Bedacht zu Staub zerfallen. „Das ist Damast, und daneben stehen Brokat und Barchent. Lodenstoff sollte auch noch geliefert werden, der steht sicher dahinter.“ Mit einem mütterlich anmutenden Tätscheln auf Thalias Schulter lächelte Thenerys und deutete danach in die Schneiderstube zurück. „Ich geselle mich gleich zu euch… und dann erzählt ihr mir, was ihr mit den ganzen Stoffen vorhabt. Aber erst muss ich noch einen Brief aufsetzen.“ Mit einem kurzen Kopfneigen entschuldigte sich Thalia von der alten Dame und schritt dann die Treppe im Flur hinauf, welche in den Wohnbereich des Hauses führte. Feoras und sie waren erst einen knappen Wochenlauf hier in Bruchstein angekommen, und doch fühlte es sich schon an wie eine halbe Ewigkeit.

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- Bruchstein im Haus von Thenerys, im Sommer 262 -


Die Feder kratzte ein letztes Mal in aller Seelenruhe über das feine Papier, welches Thalia am letzten Abend gemeinsam mit Thenerys geschöpft hatte. Nun komplettierte eine feine, klein gehaltene Handschrift in königblauer Tinte das Werk und Thalia setzte ihre Unterschrift unter ihre Zeilen. Sie atmete tief durch, so wie sie es immer tat, wenn ihre Gedanken sie zu sehr antrieben. Innehaltend wurde mit dem Blick der Brief ein letztes Mal gemustert. Dann - als die Worte für gut befunden wurden und sich eine gewisse Zufriedenheit in ihrem Geiste einstellte - versiegelte der Lohschopf den Brief und erhob sich von ihrem Platz. Ihre Schritte waren leise wie immer, die Bewegungen geschmeidig und ihr temporäres Verschwinden aus dem Haus von Thenerys nicht bemerkt.

Durch die lebhaften Straßen von Bruchstein führten Thalia ihre Wege, vorbei an dem mit bunten Wimpelketten geschmückten Markt und schließlich zur alten Poststube, in welcher das kostbare Gut abgegeben wurde. Und so machte sich ein persönlicher und vertraulicher Brief auf den Weg von Bruchstein nach Gerimor, wo er schließlich in Adoran auf dem Schreibtisch von Oberst von Gipfelsturm landen würde.


Thalia Nesireh de Lekanth hat Folgendes geschrieben:
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- Bruchstein im Herzogtum Werlental, gesetzt am 6. Ashatar 262 -


Ruhm und Ehre der Krone, Oberst von Gipfelsturm!

Zuallererst hoffe ich, dass Ihr bei bester Gesundheit seid und in Lichtenthal die gewohnte Ordnung herrscht. Ich bin sicher, dass Ihr dafür alles in eurer Macht Stehende unternehmt und unter dem vertrauensvollen Blick der Schildmaid entsprechend zum Besten lenkt.

Vielleicht verwundert es, dass Euch ein Brief aus dem Herzogtum Werlental von mir erreicht. Die zuvor notwendigen Reisevorbereitungen nahmen meine gesamte Zeit in Anspruch. Somit war es mir nicht möglich Euch vor meiner Abreise persönlich aufzusuchen und um ein Gespräch zu bitten. Über dies erbitte ich um Eure Nachsicht und hoffe demütigst, dass Euch meine folgende Botschaft nicht vergrämen möge.

Hiermit ergeht an Euch Mitteilung, dass ich mit sofortiger Wirkung gemäß Eures Berufungsbescheids vom 02. Eluviar 260 mein Amt als Ausbildungsleiterin der Scharfschützen niederlege und offiziell aus dem Dienst des Lichtenthaler Regimentes zurücktrete. Selbstredend erhebe ich damit keinerlei Anspruch mehr auf den Stand als Edle sowie den damit verbundenen Titel, welcher mir seinerzeit mit Erhebung der militärischen Würden eines Scharfschützens verliehen wurde.

Mein Leben habe ich bisher stets in den Dienst des Reiches gestellt und als Soldatin meinen Beitrag geleistet. Unter dem Lichte Temoras und der Wärme Eluives habe ich unter dem Baum des Lichtes in der Nacht der Andacht anlässlich meiner Vermählung erkannt, dass jener Weg - solange ich ihn auch ausdauernd und demütig gegangen bin - nicht der meinige ist. Stets habe ich Folge geleistet, wenngleich es auch oft nicht das war, was ich selbst für mich gewollt habe. Irgendwann aber erkennt man, dass es das Einzige ist, was zählen sollte. Meine Vergangenheit hat mich zweifelsfrei geprägt und zu dem gemacht, was ich heute bin.

Geformt von Sir Vaughain von Nordwind, Sir Fjalon von Thorn und der Edlen Talianna van Hainklang bin ich zutiefst dankbar für diese Erfahrung, denn ihr Erbe hat mich von einem jugendlichen Hitzkopf zu einer besonnenen Denkerin heranwachsen lassen. Dennoch kann ich nicht länger dieser Ehre nacheifern und muss erkennenden Blickes in die Zukunft sehen. Eine Zukunft, in der keine militärischen Einsätze mehr auf mich warten und ich meine tödlichen Fähigkeiten, die ich mit der Ausbildung zur Scharfschützin erlangt habe, nicht länger einsetzen kann und will. Es klebt genug Blut an meinen Pfeilen und damit auch an meinen Händen. Ich sehne mich nach einem ruhigeren Leben und die Reise nach Werlental ist der erste Schritt dorthin.

Sofern Ihr wünscht, stehe ich Euch nach meiner Rückreise zur Verfügung, um auch von Angesicht zu Angesicht über den Inhalt meiner Zeilen zu sprechen.


Mögen Temora und Eluive euch beschützen.


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Auf dem Rückweg machte Thalia sich so allerhand Gedanken und spätestens mit Eintreffen in der alten Schneiderei war klar, dass der Lohschopf endlich mit der Meisterin ihrer Mutter sprechen musste. Vorsichtig wurde die Tür geöffnet und der Lohschopf setzte den Weg in die Schneiderstube fort. Dort stand sie eine Weile unter dem Türrahmen und beobachtete Thenerys und Feoras, bis sie sich schließlich mit einem dezenten Räuspern bemerkbar machte. „Das sieht nach einiger Arbeit aus. Vielleicht kann ich euch später behilflich sein? Inzwischen muss ich euch leider unterbrechen, wir müssen reden… Thenerys, könnte ich dich wohl kurz entführen?“ Etwas verblüfft sah die alte Schneiderin zu Thalia. Und das Gesicht, dass sie in dem Gesicht der Scharfschützin erkannte, war zweifelsfrei auch das Antlitz von Tehya - so herzlich und warm, dass keine Spur Härte in den Zügen Thalias zu finden war.“ Den musternden Blick von Thenerys bemerkend, lächelte Thalia kurz und atmete dann durch. „Ich wollte dich um deine Hilfe bitten… es geht um eine Ausbildung zur Schneiderin. Du hast schon einmal eine Lekânth ausgebildet und es wäre mir eine Ehre, wenn du mir gemeinsam mit Feoras helfen würdest meinen Wunsch umzusetzen.“ Feoras lächelte seiner Ausreißerin zu, als sie endlich mit dieser Neuigkeit herausrückte. Mit einem Schmatzer schüttelte Thenerys den weißblonden Schopf und wackelte dann zu Thalia herüber. “Kindchen, ich dachte schon du würdest niemals fragen… nun komm, wir sprechen in der Küche bei einem guten Grünsteiner Kräutertee darüber. Und so verschwanden die beiden Frauen für den Rest des Tages und sprachen über die Vergangenheit, die Gegenwart sowie auch über die Zukunft.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 29 Sep 2019 14:17    Titel: Gedanken zwischen Schuss und Kette
Antworten mit Zitat

Was geschah, wenn man sich selbst in die Stoffe einhüllen konnte, die man mit den eigenen Händen fertigte? Welche heilsame Wärme umfing den Körper und wie glockenhell ertönte der Klang der Seele? Und was, wenn man bemerkte, dass dies wahrhaftig kein Traum war, sondern es sich um die Wirklichkeit handelte? Um eine Wirklichkeit, die man gerade erst begann zu begreifen und die einen Tag für Tag froh auflächeln ließ... Es war ein warmes Lodern des Herzens, dass man nie wieder missen wollte.

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- Bruchstein im Haus von Thenerys, im Spätsommer 262 -


"Halte das Weberschiffchen gerader, etwa so", sprach Thenerys in einem ruhigen Tonfall und lenkte dabei Thalias Hände sanft entlang des Webstuhls. "Auf diese Weise wird die Bindung gleichmäßiger und du kannst den Schuss besser durch die Kette hindurchweben." Die alte Schneiderin ließ Thalias Hände los und sah dem Schützling eine ganze Weile zu, bis sie irgendwann zufrieden nickte. "Gut so, nun hast du die grobe Technik raus. Deine Finger sind geschickt, sie brauchen nur viel Übung und du die nötige Erfahrung, dann wird dein Stoff eines Tages von ganz alleine entstehen." Thenerys erhob sich von ihrem Schemel und lächelte dabei wieder. "Übe noch weiter und nach dem Mittag wird Feoras dir zeigen, welche Stickstiche es alles gibt." Und so blieb Thalia am Webstuhl zurück und hing ihren Gedanken hinterher. Dabei vergaß sie die Zeit derartig, dass sie vom Wölfchen höchstpersönlich zum Mittagessen eingesammelt wurde. "Liebste, hast du nun etwa den Webstuhl geheiratet? Es gibt Rindergulasch mit Pfifferlingen vom Grünstein. Eigens von mir zubereitet, also unterstehe dich hier noch länger zu sitzen." Wie immer folgte ein frecher Grinser und der Lohschopf konnte nicht anders als ein warmes Lachen zu verlieren. "Ich eile, als wenn ich da wiederstehen könnte."

Am späten Nachmittag saßen Feoras und Thalia in der Schneiderstube zusammen, und um sie herum lagen ein Dutzend farbige Garnrollen, Nadeln und diverse Stickkränze, auf denen feiner Leinenstoff aufgespannt war. "Temora hilf, und ich dachte als junges Mädchen ein Kreuzstich wäre schwierig. Aber das hier ist... es sollten ganz sicher kleine Rosen werden? Es sieht eher aus wie... Pferdeäpfel?" Ein kehliges Lachen entwich Feoras und er betrachtete Thalias 'Werk' genauestens. "Der Rosenstich erfordert viel Übung und Sorgfalt. Hast du das Bogenschießen etwa an einem Tag gelernt? Hier, noch ein Versuch." Frech grinsend reichte Feoras dem skeptisch dreinblickenden Lohschopf einen neuen Stickkranz. Mit verzogenen Lippen auf den Zügen wurde das selbsterwählte 'Folterinstrument' ergriffen und Thalia begann erneut einen Versuch. "Was bin ich froh, dass ich in meiner Ausbildung zur Scharfschützin Geduld gelernt habe. Stelle dir vor ich wäre so ungeduldig wie damals als wir uns in Bajard kennenlernten..." Der Olivblick wurde vielsagend auf Feoras gerichtet und somit von der Stickarbeit abgelenkt. "Nur bei mir verlierst du die Geduld und Beherrschung. Wie gut, dass ich keine Stickarbeit bin. Aber warte erst bis ich dir den Blattstich beibringe. Dann kommt gewiss noch mehr Freude auf!" Mit einem tiefen Durchatmen widmete sich Thalia wieder ihrem Werk und vergaß um ein neues die Zeit an diesem Tag.

So strichen die ersten Wochenläufe ins Land und neben dem Weben und der Stickerei zeigten Thenerys und Feoras dem Schützling auch die ersten Grundlagen der Spinnerei, der Gerberei und des Schneiderns. An einem der lernfreien Tage wanderte Thalia des Morgens über den Markt von Bruchstein und sah sich dort so allerhand Waren an. Und so fand sie dann auch einen Stand, an welchem diverse Nähutensilien angeboten wurden. Der Olivblick fiel auf eine Schere, auf welcher ein schreitender Hirsch eingeprägt war. "Beste Bruchsteiner Schmiedekunst! Die Schneide ist scharf genug, um damit Hunderte von Zuschnitten zu machen. Wollt ihr sie einmal ausprobieren, junge Dame?" Der Verkäufer reichte Thalia die Schneiderschere und sogleich wurde jene von allen Seiten betrachtet. Sie lag angenehm in der Hand und auch das Schneiden eines Stückes Leinenstoff war mühelos möglich. "Ich nehme sie. Bietet ihr auch Etuis mit verschiedenen Nadeln?" Der Verkäufer nickte und schob Thalia ein Ledermäppchen zu, das aus dunkelbraunem Leder gearbeitet war. Auf der Vorderseite war ebenfalls der schreitende Hirsch einpunziert, welcher auch schon die Schere zierte. Im Inneren befanden sich zahlreiche Nadeln in unterschiedlichen Größen für die Schneiderei und für die Stickerei, darunter waren aber auch Stopfnadeln und ein paar halbrund gebogene Ledernadeln. Nach kurzem Verhandeln über den Preis machte sich Thalia dann wieder auf den Rückweg zu Thenerys' Haus.

Noch am selben Abend setzten sich Thenerys und Feoras mit Thalia in die Kaminstube und unterhielten sich bei Grünsteiner Tee über den weiteren Ausbildungsverlauf. "Morgen werden wir einige Zuschnitte vorbereiten und dann darfst du dein erstes Schneiderstück anfertigen, wir haben uns einen Umhang für dich ausgesucht, der nicht all zu schwierig herzustellen ist. Wir beginnen bei Morgengrauen, je nachdem wie du dich anstellst, vielleicht sind wir am späten Nachmittag fertig." Es folgte ein Blinzeln von den Olivaugen und ein wohliges "Mhh" wurde in die Teetasse gemurmelt. "Aber davor solltest du dich hierum kümmern." Feoras zog einen Brief hervor, der zwischen ihm und der Sessellehne versteckt gehalten war, und reichte jenen Thalia an. "Irgendwann musste Antwort kommen, aber so schnell hatte ich es doch nicht erwartet. Ihr entschuldigt mich..." Mit einer geschmeidigen Bewegung erhob sich der Lohschopf aus dem eigenen Sessel und stahl sich dann in die oberste Etage des Hauses. Dort begann sie in andächtiger Ruhe die Antwort von Frau Oberst zu lesen und bis spät in die Nacht ihren Gedanken nachzuhängen, und so wurde auch das Gesicht ernst dabei verzogen - dennoch wurde es aber auch von einer gewissen Erleichterung gezeichnet, nun da die Anspannung allmählich nachließ, die sich ob der Erwartung aufgebaut hatte.


Helisande von Gipfelsturm hat Folgendes geschrieben:
Thalia erhält eine Antwort der Offizierin, gemeinsam mit einem Bündel an Papieren und einem Beutel mit einigen Goldstücken.


    Regimentskasell Adoran
    07. Ashatar 262


    Kron und Reich zur Ehr, Frau Lekanth!

    Ich habe Eure Zeilen erhalten und lese sie mit gleichteilig Bestürzung und Anerkennung. Manche Wege, die wir beschreiten führen uns nur bis zu einer bestimmten Kreuzung, dann gilt es die Abzweigung zu wählen, die uns wirklich bestimmt sind und uns am Ende bestimmen.
    Anbei erhalte Ihr Eure Dokumente zur ehrenhaften Entlassung, eine entsprechende Rüstlizenz wird Euch auf Wunsch noch ausgefertigt und zugestellt. Ebenso der noch fällige Sold bis zum Ende des letzten Dienstmondes.
    Euren Rücktritt als Ausbilderin und Scharfschützin, sowie der Verzicht auf den Titel der Edlen wird von mir an die entsprechenden Stellen weiter gereicht. Ich danke Euch im Namen des Reiches für Euren tapferen Dienst in den Reihen des Heeres und der Ritterschaft. Möge Temora Euch segnen und mit dem Frieden beschenken, den sich Euer Herz erwünscht.

    Für König, Reich und Glauben!


    Helisande von Gipfelsturm
    Oberst des Lichtenthaler Regimentes

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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 29 Sep 2019 14:53    Titel: Der Umhang des Waldes
Antworten mit Zitat

Wenn das Herz erst in Flammen stand und sich wohlige Wärme darin ausbreitete, dann entstand die Grundvoraussetzung dafür, dass man mit Leidenschaft und Herzblut einer Sache nachging. Doch diese eine Sache war viel mehr als das. Es war eine neue Berufung.

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- Auf dem Weg von Bruchstein zum Grünstein, im Spätsommer 262 -


Stunde um Stunde verging und es folgte irgendwann ein tiefes Durchatmen, ehe die Gedanken sortiert waren und der Federkiel ergriffen wurde. Wie schon beim ersten Brief an Helisande, kratzte die Feder beim Schreiben um ein Neues über die Papieroberfläche, um endlich mit kornblauen Lettern beschrieben zu werden. Nach Fertigstellung des Briefes, lang nachdem der Morgen angebrochen war und die ersten Sonnenstrahlen den neuen Tag einläuteten, wurde jener eigenhändig in der Poststube von Bruchstein abgegeben, um sich auf seine Reise nach Gerimor zu machen und dort wieder zu Händen von Frau Oberst abgegebenen zu werden.


Thalia Nesireh Lekanth hat Folgendes geschrieben:
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- Bruchstein, 6. Searum 262-

Ruhm und Ehre der Krone, Oberst von Gipfelsturm,

eure Zeilen haben mich erreicht und ich bedanke mich für die Übersendung des Dienstentlassungsbescheids. Gleichsam hoffe ich, dass eure Bestürzung sich gelegt hat und so danke ich euch aufrichtig für eure offenen Worte über eben dies. So es euch keine Umstände bereitet, erbitte ich ergebenst um die Ausstellung der Rüstlizenz.

Fortan stehe ich dem Lichtenthaler Regiment bei Bedarf als Beraterin in Ausbildungsangelegenheiten für Scharfschützen zur Verfügung, sofern ihr auf mein Wissen zurückgreifen möchtet. Weiterhin kann ich euch hiermit verkünden, dass mein neu gewählter Weg mich in die Ausbildung zu einer Schneiderin geführt hat und so unterbreite ich euch das Angebot, jedwede Lederrüstungen und Waffengurte für das Regiment anzufertigen und jene auch Instand zu halten. Die Schneiderei zum Bösen Wolf wird nach meiner Rückkehr für jene Dienste zur Verfügung stehen.

Den Weg des Friedens, den sich mein Herz erwünscht, habe ich bereits beschritten und so werde ich auf der nicht kämpfenden Seite als bescheidene Bürgerin dem Reich und der Krone auf ewig zur Verfügung stehen.

Temoras reichen Segen und Eluives Wärme mit euch.


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Mit durchaus angespannten, fast schon gewohnt militärischen Schritten wurde der Rückweg vom Postamt genommen, dann aber entlang der großen Strasse aus Bruchstein hinausgeführt. Thalia atmete tief durch, als sie endlich aus der Stadt heraus war. Manche Dinge veränderten sich eben nie. Sie würde immer eine Streunerin bleiben, ganz gleich welcher Berufung sie in ihrer Zukunft auch folgte. Es war ein heimliches Erbe, dass ihr Aranir schon vermacht hatte, als sie noch in dem ersten Paar Kinderschuhe gesteckt hatte. "Mhh, Vater... wenn du nur wüsstest, was aus deiner kleinen Nes geworden ist." Mehr als gedankenverloren kamen die Worte aus Thalias Mund, während sie am Ufer des Grünsteiner Flusses entlang wanderte. Die ersten Blätter hatten sich bereits wie eine wärmende Decke um das Flussufer herum ausgebreitet und zauberten eine friedliche Stimmung in die Umgebung. Der Lohschopf wurde leicht gestreckt und zur Sonne gerichtet, welche trotz des anbrechenden Searums noch einige Kraft aufzuweisen hatte. "Wie gerne wünschte ich mir, dass du noch hier wärst. Wir könnten gemeinsam am Grünstein entlang wandern, vielleicht würdest du mir deine Geschichten und Abenteuer erzählen, nachdem sie nie für meine Kinderohren bestimmt waren."

Mit einem sanften Kopfschütteln wurde ein kleiner Pfad abseits des Flussufers eingeschlagen und irgendwann befand sich Thalia an einer eher ruhig gelegenen Stelle des Waldes. Der Olivblick sah sich wie immer aufmerksam in der Umgebung um und schon bald setzte sie sich wieder in Bewegung, als ihre Augen erspäht hatten, was sie suchte. Mit einem sanften Schmunzeln lief sie dann zu einer gelb blühenden Pflanze und kniete sich auf den Boden. Mit großer Sorgfalt begann sie die Wurzeln des Krapps mit den Händen freizulegen und schnitt mit einem kleinen Messer einige Teile davon heraus. Jene wurden so vorsichtig wie zerbrechliche Bergkristalle in ein Leinentuch gelegt und als die gewünschte Menge gesammelt war, wurde das Wurzelwerk des Krapps wieder mit Erde abgedeckt. "Fehlen nur noch ein paar Holunderbeeren für Blau, Schafgarbe für Olivgrün und mhh.. Eicheln für Braun." Mit einer geschmeidigen Bewegung stand Thalia wieder aus der Hocke auf und suchte folgend nach den begehrten Schätzen, um damit ihren eigenen Vorrat an Färberpflanzen ausstatten zu können. Am späten Nachmittag war ihr Sammelkorb prall gefüllt und so schlug der Lohschopf den Heimweg an. Auf dem Weg dorthin ging sie in Gedanken nochmal durch, welche Pflanzen für welche Farbe geeignet waren, immerhin hatten Feoras und Thenerys ihr zahlreiche Unterweisungen dazu gegeben. Mit leichtem Bedauern dachte sie dabei auch an Kornblumen, welche zu dieser Jahreszeit nicht mehr zu finden waren.

Ehe sich Thalia aber von diesen Gedanken wieder lösen konnte, stellte sie fest, dass ihre Füße sie wie von allein nach Bruchstein zurückgetragen hatten. Mit einem diebischen Schmunzeln kehrte sie in Thenerys Schneiderei ein und rief dann in bescheidener Zurückhaltung. "Meine Hausaufgabe ist erfüllt!" Wie immer saßen die beiden Schneider in der Schneiderstube und tüftelten über einem Schnittmuster.
"Dann lass einmal sehen, was du uns mitgebracht hast." Sogleich wurde die waldige Diebesbeute inspiziert und Thenerys ergriff dann die Schafgarbe. "Sehr schön Thalia, damit können wir deinen Umhang einfärben. Die Beize haben wir bereits vorbereitet. Das ergibt einen schönen Olivton, und wenn die Färbung erst abgeschlossen und getrocknet ist, kannst du mit der Bestickung beginnen. Aber nun lass uns einen Tee trinken und nochmal die Farbmöglichkeiten durchgehen." Und so wurde der Schützling wieder unter die Fittiche genommen und der Tag klang bei knisterndem Kaminfeuer aus.

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Die Wochenläufe vergingen fortwährend und die Zeit verflog für Thalia wie im Flug. Mit der Zeit lernte sie immer mehr Grundlagen des Schneiderhandwerks, über die Weberei, das Zuschneiden von Stoffen, das Nähen, die Stickerei und auch das Färben. All die Erkenntnisse hielt sie dabei auf zahllosen Zetteln in einer einfachen Ledermappe fest und jene füllte sich laufend mit allerhand Notizen. Jeden Morgen ging sie ihre Aufzeichnungen durch und begann den Tag mit einer Hausaufgabe, die immer leichter von der Hand gingen. Eines Morgens am Frühstückstisch legten Thenerys und Feoras ein in Leinen eingeschlagenes Bündel vor ihr aus. "Pack es nur aus, meine Liebe. Es ist ein Geschenk von Thenerys und mir." Mit einem fragenden Gesichtsausdruck wurden ihre beiden Lehrmeister angesehen, ehe sie nach dem Bündel griff. "Und ich dachte bereits ihr habt mir einen ganzen Stapel an Hausaufgaben vorbereitet, mhh..." Indessen wurde das Leinen aufgeschlagen und was sich Thalias Anblick dann präsentierte, verschlug ihr schlichtweg die Sprache. Mit vorsichtigen Fingern wurde die Ledermappe ergriffen und in andächtiger Ehrfurcht betrachtet. Das grüne Leder hatte die Farbe ihrer Augen, ein sattes und dunkles Olivgrün. Auf der Vorderseite waren feine Punzierungen eingearbeitet, welche ein Muster aus Kornblumen darstellten. In der Mitte war außerdem noch ein schreitender Hirsch eingebettet. Und im unteren Eck der Mappe befanden sich ganz klein die Initialen 'T.L.' in verschnörkelter Schrift.
"Die Mappe hat einst deiner Mutter gehört, ich habe sie ihr geschenkt während ihrer Lehrzeit. Feoras und ich haben die Kornblumen nachträglich hinzugefügt und das Leder eingefärbt. Sie soll nun dir gehören und sich fortan mit vielen Schnittmustern füllen. Tehya hätte gewollt, dass du sie erhälst. Sie hat stets dafür gebetet, dass eine ihrer Töchter als Schneiderin in die Lehre geht." Thenerys lächelte sanft, während Feoras das Grinsen fast aus dem Gesicht sprang ob Thalias überrascht-gerührten Gesichtsausdrucks. Es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis die aufgestiegenen Emotionen wieder unter Kontrolle waren und der Lohschopf etwas erwidern konnte. "Ich... Phew, ich bin wirklich sprachlos. Es... ihr habt mir damit mehr gegeben als nur eine hübsche Ledermappe. Es ist ein Erbe, das mich in liebevoller Erinnerung an meine Mutter denken lassen wird. Ich danke euch von Herzen, das ist mehr als ich verdient habe." Sie wischte sich über die Augenlider als einige Tränen der Rührung sich über ihre Wangen ausbreiteten. "Schon gute, Nes... Schon gut. Sie fehlt mir auch schmerzlich, selbst nach all den Jahresläufen noch", sprach Thenerys beruhigend und reichte Thalia dann ein weiteres Bündel. "Gebe das hier bitte Taraneé, wenn ihr wieder auf Gerimor angekommen seid. Eine Erinnerung an eure Mutter soll auch sie haben und ich glaube, dass sie sich genauso sehr darüber freuen wird wie du über die Ledermappe." Das Bündel für die Schwester wurde entgegengenommen und dann nickte Thalia fest. "Nun wird es aber Zeit für die Arbeit. Lass uns einmal sehen wie weit du mit deinem Umhang schon bist. Hopp Hopp, der Tag wartet auf uns. Später müssen wir noch in ein Adelshaus, um dort neue Brokatvorhänge auszuliefern."

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"Wird dieses Gefühl je vergehen? Die Zuversicht einmal in meinem Leben eine richtige Entscheidung getroffen zu haben, die ganz allein für mich galt und die mir so viel Erfüllung schenkt?" Mit einem wohligen Seufzen lehnte sich Thalia an Feoras an und blickte dann auf das zusammen gestellte Reisegepäck. Dabei war der Olivblick durchaus auch von einer gewissen Wehmut erfüllt und doch war er gleichsam so voller Wärme. "Meine Liebe, du gehst endlich deinen eigenen Weg, einer der dir Frieden schenkt. Manche Dinge im Leben brauchen ihre Zeit, bis sie gedeihen können. Das ist wie mit unserer Ehe, es musste sich alles erst entwickeln bis wir soweit waren. Dein neuer Weg beginnt gerade erst und ich werde immer an deiner Seite sein. Die Schneiderei wird nun von uns beiden genutzt und ich freue mich auf diese Zeit." Mit einem leisen Murren vergrub Thalia den Kopf an Feoras Schulter und flüsterte ihm dann etwas zu. Er nickte daraufhin und dann begaben sie sich gemeinsam in die Kaminstube. "Wir haben alles gepackt, Thenerys. Und nun wird ein rauschender Abschied gefeiert, um an unsere gemeinsame Zeit zu gedenken." Feoras grinste der alten Schneiderin frech wie immer zu und zwinkerte kurz.
"Jungchen, der Rausch des Alkohols ist für die Jugend, drum bedient euch einfach in der Küche. Und bring mir Tee mit! Thalia, du bleibst hier", sprach Thenerys resolut und winkte sie dann mit einer einfachen Handbewegung zu sich. "Ich habe deinen Umhang noch um ein Detail ergänzt. Zieh ihn einmal an, meine Liebe." Und so reichte die alte Schneiderin Thalia den olivgrünen Umhang und sah ihr beim Ankleiden zu. Als Thalia die Fibel bemerkte, die in den Stoff eingestochen war, folgte ein sanftes Lächeln. Mit vorsichtigen Fingern wurde jene geschlossen und nochmals sorgsam betastet. "Du weißt, dass der schreitende Hirsch das Wappen von Werlental ist. Es soll dir eine Erinnerung sein an unsere gemeinsame Zeit und auch soll dich stets ein Stück deiner Heimat begleiten." Thenerys grinste sanft, doch schneller als sie sich umsehen konnte war Thalia zu ihr geeilt, um sie mit einer liebevollen Umarmung zu bedenken. "Sie ist wunderhübsch, ich danke dir von Herzen. Einmal mehr bin ich sprachlos... und wieder habe ich das Gefühl auch dieses Geschenk nicht verdient zu haben." Thenerys schüttelte den Kopf und wollte gerade etwas sagen, als Feoras die Kaminstube mit einem Tablett in den Händen wieder betrat. "Ihr werdet doch wohl nicht ohne mich Abschied feiern! Meine Liebe, du siehst mit dem Umhang entzückend aus, er wird dich gewiss viele Jahre begleiten. Aber nun lege ihn ab und lass uns den letzten Abend genießen." Und so fanden sich die drei Schneider für einen letzten gemeinsamen Abend in der Kaminstube zusammen, und damit wurde gleichsam der beginnende Weg einer jungen Schneidergesellin eingeläutet.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 06 Okt 2019 17:16    Titel: Eine schneiderische Berufung
Antworten mit Zitat

Wenn eine neue Berufung die Arme nach jemanden ausstreckte, gab es genau zwei Wege. Entweder man ließ sich von ihrer wohligen Umarmung umfangen oder man lief Hals über Kopf vor ihr davon. Die Flucht hatte in diesem Fall dort geendet, wo sie einst begonnen hatte. Und endlich schien es als wenn das vorherbestimmte Schicksal des Lohschopfes ein für alle Mal seinen richtigen Lauf nahm.

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- Auf dem Weg von Bruchstein nach Ihnnerau, im Herbst 262 -


"Du siehst wunderbar aus in dem neuen Kleid, meine Liebe. Tehya wäre zu Tränen gerührt, könnte sie dich doch nur so sehen. Das Blau von Kornblumen steht dir ausgezeichnet, trage die Farbe so oft du kannst. Und nun mache nicht so ein trauriges Gesicht, eure Abreise ist der Beginn eines neuen Lebensabschnittes. Das sollte aller Grund zur Freude sein. Wir schreiben uns so oft es geht, versprich mir das?" Thalia atmete tief durch, schloss Thenerys in ihre Arme und wisperte leise an ihre Schulter. „Ich verspreche es, bei Temoras Stärke und Eluives Wärme, ich verspreche es bei meinem Leben. Du wirst mir so unendlich fehlen.“ Ein zerbrechliches Seufzen folgte, dann löste sich Thalia von der alten Schneiderin. „Zeit aufzubrechen, meine Schöne. Die Kutsche steht bereit zur Abfahrt und unser Gepäck ist aufgeladen“, kam es von Feoras als er zu den beiden Damen zurückgeschlendert kam. „In Ordnung, dann lass uns aufbrechen... in ein neues Leben, zumindest für mich. Lebe wohl, Thenerys.“ Thalia verneigte sich in aller Ehrfurcht vor der alten Schneiderin und flüchtete dann in die Kutsche, weil sie Angst hatte die Tränen würden sie auf helllichter Straße überkommen. "Sie ist eine ehrbare Frau mit aufrichtigem Herzen, und sie lernt sehr schnell... das Talent für die Schneiderei muss offenbar in der Familie liegen. Aber nun Jungchen, ist die Zeit des Abschiedes auch für uns gekommen." Feoras umarmte Thenerys ebenso und flüsterte ihr dann etwas zu, das nur für ihre Ohren bestimmt war. Darauf grinste die alte Schneiderin nur amüsiert und machte dann eine scheuchend-resolute Handbewegung. Und so verließen Thalia und Feoras Bruchstein nach mehreren Mondläufen wieder, vollgepackt mit guten Erinnerungen, neuen Erkenntnissen und jeder Menge Werlentaler Stoffen.

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Schwipp schwapp. Schwipp schwapp. Schwipp.

Thalia stand an die Reling gelehnt und blickte auf den Hafen von Ihnnerau, der immer weiter in die Ferne geriet und irgendwann nur noch ein winziger Punkt am Horizont war. Ein laues Lüftchen wehte und die Segel des Schiffes bliesen sich langsam aber sicher auf. „Ich kann nicht glauben, dass mir Bruchstein so sehr ans Herz gewachsen ist. Damals bin ich geflüchtet und fand auf Gerimor eine neue Heimat. Nun fühlt es sich seltsam an wieder zurück zu kehren.“ Feoras hielt die Arme fest um Thalia geschlungen und wisperte ihr dann leise etwas zu, was den Lohschopf zum Lächeln brachte. Wenig später nickte sie und sah nochmal auf den fernen Punkt am Horizont. „Ich habe den Brief an die Hofkanzlei entsandt. Er müsste in wenigen Tagen dort eintreffen. Mögen Temora und Eluive mir für jene Entscheidung vergeben, doch es war... die einzig richtige Sache, die ich in meinem Leben je getan habe... neben der Tatsache, dass ich dich geheiratet habe.“ Ein winziges Schmunzeln umspielte Thalias Lippen und sie drehte sich dabei Feoras zu. „Lass uns unter Deck gehen, ich habe Hunger und außerdem wartet meine nächste Lektion in der Schneiderei auf mich.“ Der Lohschopf zwinkerte ein wenig, dann aber wurde der Weg unter Deck genommen und das Ehepaar bezog seine Kajüte. Als Thalia auf den Tisch sah, lag dort ihre olivgrüne Schneidermappe und obenauf ein Zettel, welcher die Kopie des Briefes an die Hofkanzlei darstellte. Sie lächelte sanft, aber doch auch zuversichtlich. Die Rückreise nach Adoran würde einige Wochen dauern und bis dahin würde auch der Hofkanzler das Schreiben erhalten haben. Zeit genug, um sich darauf einzustellen nach Hause zu kehren und sich daran zu gewöhnen wieder in Lichtenthal zu leben.


Thalia Nesireh Lekanth hat Folgendes geschrieben:
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- Bruchstein, 6. Goldblatt 262-

Ruhm und Ehre der Krone, Euer Exzellenz von Eulenburg,

ich hoffe, dass Ihr Euch bester Gesundheit erfreut und erbiete Euch meine bescheidenen Grüße. Vielleicht verwundert es, dass Euer Exzellenz ein Brief aus dem Herzogtum Werlental von mir erreicht, wo meine Heimat doch eigentlich Adoran ist. In den letzten Mondläufen weilte ich in Bruchstein und ging persönlichen Angelegenheiten nach, die jedoch auch das Reich als solches betreffen. So hoffe ich nun innigst, dass Euch meine nachfolgende Botschaft nicht vergrämen möge.

Am 6. Ashatar erteilte ich Botschaft an Lady Helisande von Gipfelsturm, Ihres Zeichens Oberst des Lichtenthaler Regiments und gleichsam meine Vorgesetzte, dass ich meine amtliche Berufung zur Ausbildungsleiterin der Scharfschützen vom 02. Eluviar 260 niederlege. Damit einhergehend habe ich mich dazu entschlossen, auch mein Amt als Scharfschützin des Reiches Alumenas aufzugeben und fortan einen friedlicheren Weg im Leben zu beschreiten. Selbstredend erhebe ich damit keinerlei Anspruch mehr auf den Stand als Edle sowie den damit verbundenen Titel, welcher mir seinerzeit mit Erhebung der militärischen Würden eines Scharfschützens verliehen wurde. Ist es schlussendlich doch eine Leistung, die ich fortan nicht mehr erbringen kann und aus welchem Grunde ich es nicht verdient habe weiterhin Titel und Rang zu führen. Am Ende bin ich nur eine bescheidene Bürgerin, die dem Reich fortwährend treu ergeben sein wird, auch in meiner neuen Berufung, die ich in Bruchstein gefunden habe.

Da es die Ehre gebietet, stehe ich dem Reich fortan gerne als Beraterin in Ausbildungsangelegenheiten für Scharfschützen zur Verfügung, sofern ihr auf mein Wissen zurückgreifen möchtet. Weiterhin kann ich Euch hiermit verkünden, dass mein neu gewählter Weg mich in die Ausbildung zu einer Schneiderin geführt hat. Selbstredend werde ich dem Reich zur Verfügung stehen und durch Rüstungen wie Waffengurte für den Schutz unserer kämpfenden Truppen eintreten. Jenes Angebot habe ich bereits Frau Oberst von Gipfelturm unterbreitet. Den Weg des Friedens, den sich mein Herz erwünscht, habe ich bereits beschritten und so werde ich auf der nicht kämpfenden Seite als bescheidene Bürgerin dem Reich und der Krone auf ewig dienen.

Temoras reichen Segen und Eluives Wärme mit Euch.


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Zuletzt bearbeitet von Thalia Nesireh de Lekanth am 07 Okt 2019 04:19, insgesamt einmal bearbeitet
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 19 Okt 2019 08:03    Titel: Aufbruch in ein neues Leben
Antworten mit Zitat

Die Aussicht darauf, was einen nach einer langen Reise wieder zuhause erwartete, fühlte sich an wie das kribbelnde Gefühl, kurz bevor man in die Schlacht zog. Es war das Unbekannte im Bekannten, und so würde jede Situation stets eine andere sein. In diesem ganz speziellen Fall aber war es die Aussicht auf Frieden und Ruhe, die den Olivblick erwartete. Und dabei schien der Lohschopf das erste Mal im Leben gänzlich mit sich und der Welt im Einklang zu sein.

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- Ankunft auf Gerimor, im Goldblatt 262 -


Schwapp schwapp. Schwapp schwapp. Schwapp.

„Noch ein paar Tagesläufe mehr und ich wäre so grün wie das Moos im Wald von Grünstein geworden, ich schwöre es bei Temora und Eluive.“ Mit durchaus wackeligen Beinen hakte sich Thalia bei Feoras unter und blickte auf die Küstenlinie von Gerimor. Es war bereits tief in der Nacht und nur der Mond erhellte die Silhouette der Insel durch den schleierhaft dichten Seenebel hindurch. „Sobald wir angelegt haben, lassen wir unser Hab und Gut ausladen. Ich möchte so schnell wie nur möglich wieder in unserem Heim einziehen.“ Thalia lehnt sich gegen Feoras und atmete dabei tief durch. „Und dann muss ich in den kommenden Tagen einige Angelegenheiten regeln. Mit Taranee sprechen und Frau Oberst die Ehre erweisen steht ganz oben auf meiner Liste der unaufschiebbaren Angelegenheiten. Außerdem sollten wir uns Gedanken machen, ob wir die Schneiderei ein wenig umbauen, nun da wir zu zweit darin wirken werden.“ Feoras legte Thalia den Finger auf den Mund und hauchte ihr dann leise zu. „Lass uns erst einmal ankommen, meine Schöne. Ein Schritt nach dem anderen, genieße die Ruhe und den Frieden noch etwas, die du in Bruchstein erlangt hast, bevor du dich wieder in das Gefecht stürzt… im übertragenen Sinne.“ Feoras zog die Mundwinkel wölfisch grinsend an und deutete Thalia dann auf die Küstenlinie. „Sieh nur, wir sind da. Adorans Palast… aber wieso brennen derart viele Lichter?“ Thalia kniff die Augen ob Feoras Worten zusammen und die Stirn runzelte sich ein wenig in Falten. „Das kann nur bedeuten, dass Seine Majestät anwesend ist.“ Mit einem tiefen Durchatmen wurde der Anblick des Palastes wahrgenommen. Es war wie ein warmes Leuchtfeuer, dass den Lohschopf gefühlt wieder zuhause willkommen hieß. Und bei jenem Anblick füllte sich Thalias Herz wieder ein Stück weit mit der Zuversicht, dass Adoran ihre Heimat war und sie hier aufgrund der Veränderung ihres Pfades fortan ein friedlicheres und glücklicheres Leben führen würde.

„Vorsicht, die Felle und Leder dürfen nicht nass werden, sie sind ganz frisch gegerbt und müssen noch trocknen.“ Thalia wies den Quartiermeister des Schiffes über das Abladen ihrer mitgebrachten Waren aus Bruchstein an und nickte. Dann überzeugte sie sich davon, dass auch die große Kiste mit den Werlentaler Stoffen unversehrt über Bord geladen wurde. Als alles Hab und Gut auf eine Kutsche abgeladen war, nickte Thalia dem Quartiermeister zu und legte ihm dann die Hand auf die Schulter. „Ich danke euch, dass die Mannschaft eures Kapitäns den unwirtlichen Wetterverhältnissen auf See entkommen ist. Ich glaube so schnell war ich noch nie auf Reisen unterwegs vom Festland nach Gerimor… wenngleich diese rasante Überfahrt meinem Magen nicht sonderlich bekam.“ Der Quartiermeister lächelte Thalia an und erwiderte das Schulterklopfen dann. „Macht es gut, Frau Lekânth und ich hoffe, dass wir uns einmal wieder sehen werden. Kapitän Elidor würde sich sicher freuen, sich mit euch über die Feinheiten bei der Jagd erneut zu unterhalten. Er hat euch sehr ins Herz geschlossen müsst ihr wissen… auch wenn der alte Kautz das nie zugeben würde. Temora und Eluive mögen euch beschützen.“ Thalia lächelte dem Quartiermeister zu, dann aber stieg sie zu Feoras in die Kutsche und so holperte jene bei Anbruch des Morgen die Straßen von Adoran entlang, um das Ehepaar zurück in das Bauernviertel zu bringen, wo das Familienanwesen gerade zu darauf wartete wieder mit Leben gefüllt zu werden.
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 19 Jan 2020 14:26    Titel: Selige Lehrzeit
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Wenn man Ruhe und Frieden im Herzen verspürte, verflog die Zeit wie im Flug. Es war ein warmes Gefühl, wie eben auch jenes, welches man an einem knisternden Kaminfeuer verspürte. Man wollte aus dieser Wohligkeit nicht mehr heraustauchen und ewig darin versinken. Doch fernab dieses Behagens gab es da trotz allem noch ein Leben, das mit Aufgaben auf einen wartete.

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- Am Weiher von Kronwalden im Goldblatt 262 -


Die Luft am Weiher von Kronwalden war bereits herbstlich kalt und die ersten noch warmen Strahlen der Sonne begannen den Tag zu erhellen. Thalia hockte auf einem Baumstamm und spähte über die Wasseroberfläche, über welcher der erste Morgennebel des herannahenden Winters lag. Es tat gut wieder auf Gerimor zu sein, das merkte Thalia mehr und mehr. Und doch hatte die zurückliegende Reise den Lohschopf weiter geformt, so als hätte ein kleiner Teil ihrer Seele geschlummert und darauf gewartet endlich zu erwachen. Seitdem Feoras und sie in Adoran angekommen waren, hatten sie sich zurückgezogen, regelten die liegengebliebenen Angelegenheiten und... Thalia für ihren Fall mied es mit ihrem alten Leben in Regiment und Ritterorden neu anzubandeln. So war es auch mit dem Adel, sie hielt Abstand von all dem und besann sich darauf, wer sie war... oder besser: wer sie sein wollte.

Und was sie war, passte zweifelsfrei nicht in das enge Korsett ihres alten Lebens. Sie war schon immer eine Ausreißerin gewesen, eine freiheitsliebende Streunerin und letztendlich jemand, der gerne in der Wildnis umherstreifte und den eigenen Gedanken dabei nachhing. Wahrscheinlich wäre aus ihr sogar eine passable Waldläuferin geworden, wenn ihre Vergangenheit sie nicht in die Ausbildung zur Scharfschützin getrieben hätte. Kurz zuckten die Mundwinkel bei der Vorstellung daran, dass all das nun wieder auf sie wartete. Mit geschickten Fingern griff Thalia nach ihrem Bogen und betrachtete ihn. Es war nicht mehr länger der Doppelflügelbogen des Regimentes, sondern ihr alter Bogen, der ebenso mit Kornblumenschnitzereien verziert war, aber wenig militärischer Bauart war. Es war einfach nur ein Bogen, mit dem man jagen konnte und der... nicht das Werkzeug dafür war, um Menschen zu töten. Mit einem tiefen Durchatmen erhob sich Thalia aus ihrer hockenden Haltung. Ihre Bewegungen waren dabei noch immer so geschmeidig und raubtierhaft, wie sie es seit ihrer Ausbildung waren. Ein Zug an ihr, der niemals verloren gehen würde und der ein Überbleibsel ihrer Zeit als Scharfschützin war. Mit zielstrebigen Schritten bahnte sich Thalia ihren Weg zurück nach Adoran in Richtung des Bauernviertels, dabei hingen ihre Gedanken wieder ihrer Ausbildung zur Schneiderin nach.

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Tief und ruhig atmete Thalia durch, konzentrierte sich auf ihr Ziel und stellte dabei ganz am Rande ihrer Wahrnehmung fest, dass ihr Unterfangen nichts anderes war wie ihr Handeln bei der Jagd, wenn sie ihren Gefühlen folgte und sich in der Wildnis treiben ließ. Doch das hier war der Schneidertisch und keine moosbewachsenen Felsen des Grünsteins, zwischen denen sie dem Wild auflauerte. Nur ruhig, du hast alle Zeit der Welt, es zwingt dich niemand zur Eile. Gute Dinge brauchen ihre Zeit. Langsam setzte Thalia die Lederschere an das wertvolle Balronleder an und schnitt bedächtig die ersten Schnittmuster daraus. Sie ließ sich Zeit und fühlte das Leder mit den Fingern ab. Es zeigte einem genau, welche Möglichkeiten es einem bot, man musste sich nur einfühlen und darauf einlassen. Es war wie einem Lied zu lauschen, das tief in die Seele überging und jene berührte. Und dieses spezielle Lied war dunkel, abgründig und gefährlich, denn die Noten des uralten Dämons prägten es. Mit vorsichtigen Handbewegungen legte Thalia die ersten Zuschnitte beiseite und betrachtete darauf hin ihr Nadeletui.

Sie schmunzelte diebisch auf und strich kurz mit den Fingern über das dunkelbraune Leder. Die Einpunzierung des schreitenden Werlentaler Hirsches erfüllte ihr Herz noch immer mit einem tiefen Heimatgefühl und jenes Gefühl ließ sie sanft auflächeln. Kurz darauf griff Thalia nach einer gebogenen Ledernadel und zog sie aus dem Nadeletui heraus. "So spitz wie ein Pfeil, kleiner noch und doch genauso tödlich, wenn sie in die falschen Hände gelangt..." Thalia drehte die Ledernadel zwischen den Fingern und die dunklen Olivaugen betrachteten das Werkzeug musternd. Der Zeigefinger tippte auf die Nadelspitze und die Haut drückte sich dabei leicht ein, bis sie nachgab und ein winziges Tröpfchen Blut aus der Fingerkuppe entrann. "In deinen Händen ganz gewiss tödlich, auch ohne Gift auf der Nadel, meine Schöne. Mit dir sollte man sich so oder so nicht anlegen, denn auch wenn du nun Schneiderin bist, weißt du noch immer hunderte Möglichkeiten wie man jemanden tötet." Mit einem Zucken des Mundwinkels begleitet, schenkte Feoras seiner Frau ein wölfisches Grinsen und trat dann an den Schneidertisch. "Bist du dir sicher, dass du dieses Leder schon anfassen willst?", fragte Feoras und strich kurz mit den Fingern über die Zuschnitte, um jene fachkundig zu mustern. "Es ist nicht nur einfach irgendein Leder, es ist düster, abgründig und beseelt von dem Dämon, der es einmal am Leib trug. Und ich fühle es, auch wenn ich es noch nicht beschreiben kann... Ich verstehe nun, warum einige Menschen sich dieses Leder läutern lassen." Feoras nickte Thalia auf jene Worte hin zu und grinste dann wieder wölfisch. "Gut, ich sehe schon, dass du hier alles unter Kontrolle hast. Dann sorge ich in der Küche für unser leibliches Wohl. Und wenn alles soweit ist, entführe ich meine Schöne von ihrer Arbeit!" Schmunzelnd sah Thalia ihrem Mann hinterher und machte sich dann wieder an die Arbeit.

Stunden später saß Thalia über alle Maßen gesättigt in der Bibliothek und schrieb sorgsam ihre Erfahrungen auf, die sie bei der Verarbeitung des Balronleders gemacht hatte. Hier und da folgten einige Zeichnungen, die mit Randnotizen versehen wurden. Mit einem zufriedenen Gesichtsausdruck wurde der gesamte Eintrag noch einmal gemustert und dann wurde ihre olivgrüne Ledermappe wieder zugeschlagen. Mit einem Anflug von Gefühlsduselei sah sie auf die Initialen im unteren Eck der Ledermappe. Diese waren sowohl ihre eigenen als auch die ihrer Mutter. Ob Tehya gewusst hatte, dass einmal eine ihrer Töchter dem Beruf der Schneiderin nachgehen würde? Zweifelsohne wäre sie ohnmächtig geworden, wenn sie erfahren hätte, dass Thalia zu einer Scharfschützin ausgebildet worden war und zahlreiche Seelen in die Untiefen des Unterreiches geschickt hatte, egal wie verderbt sie auch gewesen waren. Doch in Thalias Adern floss eben nicht nur der Sanftmut und die Nachdenklichkeit ihrer Mutter, sondern auch das Erbe ihres Vaters Aranir. Und er hatte als Söldner sicher genauso viel erlebt und gesehen wie Thalia in ihrem Leben als Schärfschützin. Mit einem diebischen Grinsen stellte Thalia fest, dass auch Taranee viel von ihrem Vater geerbt hatte was den Charakter anbelangte. Hitzköpfig und stur, direkt aber auch von scharfem Verstand. Und ihre kleine Schwester wusste genau was sie wollte, zumindest hatte sich jener Eindruck in Thalias Gedanken gebildet seit sie wieder zueinander gefunden hatten.

Zueinander gefunden... mhh. Es war an der Zeit herauszufinden, wie Taranee nun in Anbetracht der vergangenen Mondläufe zu ihr stand. Mit einem Seufzen erhob sich Thalia und ging zu einem der Bücherregale herüber. Dort zog sie ein Bündel achtsam heraus und schlug den Stoff beiseite. Das zum Vorschein kommende weinrote Familienkochbuch hatte viele Jahresläufe ihrer Mutter gehört, und davor ihren Ahnen. Sanft strich Thalia mit den Fingern darüber und betrachtete den goldenen Halbmond. Zeit dafür es an ihre Schwester weiterzureichen und dank ihres ersten Kunden, seitdem sie nach Gerimor zurückgekehrt war, wusste sie auch, wohin es Taranee verschlagen hatte. Der Weg würde sie einmal mehr nach Schwingenstein führen, der Ort an dem so vieles begonnen hatte...
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Thalia Nesireh de Lekanth





 Beitrag Verfasst am: 26 Jan 2020 19:58    Titel: Eine frühmorgendliche Gebetsstunde
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Es war eine Sache Aufgaben im Leben zu verfolgen. Es war eine gänzlich andere, wenn man einst den Glauben an die Lichtbringerin verloren hatte, diesen wieder zu finden. Sie hatte ihn gefunden, und es war ein langer Weg dorthin gewesen.

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- Am Morgen des 26. Hartung 263 in der Klosterkirche von Schwingenstein -


Kniend und mit gesenktem Kopf betete Thalia zu Temora. Sie war dabei nicht in irgendeiner Kirche, sie war dort, wo einst alles begonnen hatte. In der Klosterkirche von Schwingenstein. Hier hatte sie im Jahre 256 Temora angefleht ihr die Mutter zurückzubringen. Sie hatte nicht auf die Gebete geantwortet. Die Dienerin dieser Göttin war gestorben, und hatte dabei aus ihren beiden Kindern Vollwaisen werden lassen. Zu früh aus dem Leben gerissen, und doch hatte sie Taranee und Thalia einst Leben geschenkt. Der heutige Tag gehörte Thalia, und sie betete zu Temora, dass sie ihr zu ihrem Geburtstag ein Geschenk machen würde. So wie schon zur Nacht der Andacht anlässlich ihrer Hochzeit, so hoffte Thalia nun auch, dass die Herrin ihr ein Zeichen senden würde. Das Gebet war innig und weit über einen Stundenlauf verbrachte der Lohschopf in der Klosterkirche. Die Sonne ging gerade erst auf und schickte die ersten schwachen Strahlen durch die Kirchenfenster. Es war anfangs ein schwaches Licht, gewann dann aber an Wärme und vertrieb die Kälte dieses Wintertages. Und mit jedem Strahl mehr wurde Thalia auch wärmer ums Herz. Sie war ein Kind des Winters, und doch brannte in ihr schon immer auch das Feuer des Sommers. Ihre Mutter Tehya und auch ihr Vater Aranir hatten ihre Tochter mit allem ausgestattet, was es brauchte, um ein ehrbarer Mensch zu sein... es hatte nur lange gedauert, bis Thalia es unter dem Licht der Herrin und der Wärme der Mutter erkannt hatte... Den Sanftmut ihrer Mutter, den Glauben an das Gute und die Seele, die keine Grenzen für Mitgefühl und Liebe kannte. Aber auch die eiserne Entschlossenheit ihres Vaters, den unbändigen Drang etwas anzupacken und niemals aufzugeben. Egal wie düster die Zeiten auch waren.

Mit einem sanften Lächeln erhob sich Thalia und blickte nochmal durch die Kirche des Klosters. Wenig später dann bahnte sie sich ihren Weg hinaus in die Kühle des Morgens. Sie lief vorbei an dem Haus, in dem Taranee mittlerweile lebte und warf ihr einen Zettel in den Briefkasten. Jener sprach eindeutig davon, dass sie ihre Schwester heute Abend zum Abendessen einlud und vielleicht gab es ein Rezept im Kochbuch der Familie Lekânth, welches Taranee ausprobieren wollte... immerhin gehörte dieses Familienerbstück nun seit einiger Zeit ihr und es war Thalia ein inniger Wunsch, dass etwas der Bruchsteiner Küche seinen Weg in den Haushalt der Lekânths fand. Es gab Traditionen wie das Geburtstagsessen von mit menekanischen Gewürzen angemachten Hühnerkeulen, Grillkartoffeln und süßem Dattelmus, und dazu noch den schweren Würzwein. Aber manchmal musste man Traditionen eben auch ändern, wenn man erkannte, dass man sich verändert hatte. Und Thalia hatte sich verändert, mehr denn je in ihrem Leben. Sie war nun Schneiderin und folgte damit dem Ruf ihrer Mutter. Vielleicht auch dem der Herrin, wer wusste das schon so genau. Was ganz klar war, war allerdings die Tatsache, dass sie diesen Geburtstag nicht alleine verbringen würde. Feoras würde bei ihr sein, und so der kleine Sturkopf es wollte, auch Taranee erstmals wieder. Thalia konnte sich nicht mehr daran zurück erinnern, wann sie den letzten Geburtstag gemeinsam verbracht hatten. War es zu ihrem 15. Winter, der letzte, bevor sie nach Gerimor abgereist war? Soviel Zeit war verstrichen, und in Thalias Gedanken spielte eine Frage heute eine besondere Rolle: Würde sie ihr Leben nochmal so beschreiten? Auf Rache aus sein und deshalb die Kampfkunst erlernen? Die Ausbildung zur Scharfschützin zu beschreiten, nur um dann zu erkennen, dass der Kampf diese Gedanken niemals vertreiben würde. Dass sie nicht dazu gemacht war zu töten und stattdessen das Erbe ihrer Mutter antreten würde? Es gab nur eine Antwort darauf, und sie lautete Ja. Sie würde jederzeit wieder diesen Weg gehen, um all das zu erkennen. Mit einem Lächeln machte sich Thalia auf den Weg nach Adoran, um dort im Anwesen der Familie Lekânth einzukehren. Und dabei wirkten die Olivaugen, die sonst immer in ein ernstes Gesicht eingebettet waren, so offen und warm wie selten in Thalias Leben. Sie war glücklich, und bei der Wärme Eluives und dem Licht Temoras hoffte sie, dass es noch viele Jahre so bleiben würde.


Zuletzt bearbeitet von Thalia Nesireh de Lekanth am 26 Jan 2020 20:00, insgesamt einmal bearbeitet
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