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Mit dem Wind im Rücken und der Sonne im Gesicht
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Mit dem Wind im Rücken und der Sonne im Gesicht
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 27 Feb 2018 20:52    Titel:
Antworten mit Zitat

» Von Neuen Pfaden und Veränderungen «

Sie war mit dieser cabezianischen Welt nicht aufgewachsen, mit der Wildheit und der Freiheit die sich ihr mit jeden Tag mehr offenbarte. Sie kam aus Seranyth, aus dem alatarischen Reich auf dem Festland, hatte nie körperliches Leid oder Ähnliches erfahren müssen und hatte von klein auf gelernt, eine gute alatarische Frau zu sein. Die Flucht aus den starren Regeln dieser Gesellschaft aus fanatischen Gläubigen, das erste Jahr auf der wankelmütigen See und schließlich ihre Ankunft auf Cabeza – sie hätte es nicht besser machen können. Trotz der starken Kontraste die ihr diese Insel offenbarte, dauerte es nicht lange, bis sie sich vollkommen Zuhause fühlte.
Es war nicht immer leicht, die alatarische Erziehung, die ihr Jahrelang eingemeißelt wurde, abzulegen und vielleicht würde sie auch immer ein winziger Teil von ihr bleiben, vielleicht war sie auch der Grund, warum sie so viele Freunde hier in Gerimor auf alatarischen Boden hatte?
Schwer zu sagen, aber sie war grundlegend zufrieden mit ihrem Leben.
Grundlegend?
Sollte sie, mit dem was sie hatte, nicht vollkommen zufrieden sein? Ein Heim, ein Mann, ein gut laufendes Geschäft, eine Schwester und viele Freunde?
Irgendwie nicht.
Sie mochte es nicht, wie sie sich verändert hatte. Es war hart, es so zu sagen und zum Teil hatten Frauen ja sowieso immer etwas zum Meckern, aber Rin hatte von klein auf ein klares Bild vor Augen, wie sie sein wollte. Sie wollte fürsorglich, weiblich und herzlich sein. Natürlich war ihr auch durchaus klar, dass das Leben auf Cabeza nun mal Veränderungen mit sich brachte und sie wusste diese neue raue Seite an ihr auch zu schätzen, schlicht weil es sie stärker machte. Das, was ihr aber mit der Zeit immer mehr zu schaffen machte, war das Gefühl, wenn die Finger sich um das kalte Metall der Steinschlosswaffen schlossen.
»Ich bin nicht blutrünstig.«
Eine klare Aussage, die sie Tom entgegen gebracht hatte und sie wusste es auch zu schätzen, dass er ihr bedingungslos zustimmte, aber er wusste nicht um das Gefühl, welches die Waffen in ihr hervorriefen. Es war anders, als wenn sie einen Säbel oder ein Katana führte, warum konnte sie nicht genau beurteilen, vielleicht weil es mehr Nähe und Gefahr mit sich brachte, jemanden damit zu verletzten.
Mit den Steinschlosswaffen war es einfach... einfach. Ein Schuss und mit dem richtigen Treffer wurde ein Lebenslicht ausgelöscht, ohne dass jener Zeit gehabt hätte auf die Schnelligkeit der Kugel zu reagieren. Der Knall, der Schwefelgeruch, das Gewicht der Waffe in ihren Händen, es war ein Gefühl von Macht. Sie gab ihr, neben der Sicherheit, aber auch eben jenes Verlangen, sie auch einzusetzen, zu beweisen, dass sie die Stärkere war. Die Entscheidung über Leben und Tod, war so viel mehr aus dem Affekt heraus zu treffen, wenn man die geladene Waffe nur aus der Ferne auf einen Gegner richten musste. Da war kein Pfeil, den man erst aus dem Köcher auf die Sehne legen, kein Schwert mit dem man erst in den Angriff gehen musste. Sie hatte nicht nur einmal das Gefühl, dass eben jene Tatsache sie nur mehr dazu verführte, rabiat und rau zu agieren, eben weil sie wusste, dass sie die Stärkere sein würde.
Aber eigentlich wollte sie das gar nicht.
Das war nicht sie. Das sollte sie nicht sein.
Sie hatte nicht die Macht über diese Gefühle zu bestimmen und es wäre vermutlich besser für sie, wenn sie die Finger von diesen Waffen lassen würde. Tom würde es vermutlich nicht verstehen, seine Muskete war ein Teil von ihm, aber Rin wollte nicht, dass ihre ein Teil von ihr werden würde.

Mit einem Seufzen wanderten die Augen ein letztes Mal über die filigranen Schriftzüge, die auf dem Lauf der Muskete graviert wurden, „Un disparo es un impacto“, ehe sie die Steinschlosspistole dazu legte und beide Waffen mit dem Leinentuch umwickelte. Sie wurden in eine Kiste verstaut und tief unter eines der Regale geschoben, wo sie hoffentlich irgendwann in Vergessenheit geraten würden. Keine Schusswaffen mehr für Rin. Ein schwerer Schritt, aber sie wusste, dass es sein musste. Sie hatte andere Dinge, womit sie sich auseinander setzen musste. Sie hatte vor wenigen Umläufen den Entschluss gefasst, bei Lanaya in die Lehre zu gehen. Sie hatte es Tom auch schon mitgeteilt und auch hier, wusste sie einfach bei seinen Antworten, dass er der Richtige für sie war.

»Ay'... auch wenn's einiges an Zeit kost'n würd'... die ich bei Lana bin und nich' bei dir.«
[...]
»Das würde vermutlich bedeut'n, dass du lange und oft weg bis', aber... wenn es dich glücklich...mach'n würd', dann auch mich. Du kannst mit mein'r Unterstützung rechn'n .«


Sie würde bei Lana wieder zurück zu ihrem Ursprung finden. Sie würde sich mehr auf die Sachen konzentrieren, die sie sowieso schon immer gern getan hatte. Kochen, Getränke zubereiten und sie war sich sicher, dass sie sich auch mit der Hofarbeit anfreunden könnte. Immerhin war sie gern bei ihrer rothaarigen Freundin auf dem Hof, es war immer wuselig und lebendig dort. Die vielen Tiere und Menschen die dort ein- und ausgingen, die Herzlichkeit von Lana, die geradezu aus ihr hinauszuquellen schien und irgendwann, mit viel Arbeit und Übung... da würde sie sich "Rumbrennerin der Isla LaCabeza" nennen können. Das Schießwütige würde sie in Zukunft einfach ihrer besseren Hälfte überlassen - dem stand es sowieso besser.
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 02 Apr 2018 20:20    Titel:
Antworten mit Zitat

» Ein neuer Abschnitt «

Die wärmende Sonne war schon längst in den Tiefen des Meeres versunken und hatte somit dem silbernen Mond die Herrschaft über die Landschaft gelassen. Die verhältnismäßig kühle Nachtluft Cabezas begrüßte sie, sobald ihre Füße den hölzernen Steg betreten hatten, sodass ihr Augenmerk von der kleinen Lichteransammlung der Insel angezogen wurde. Selbst jetzt, tief in der Nacht, wo der Mond fast seine höchste Position bezogen hatte, war der Hafen noch mit Leben gefüllt, wenn auch weniger, als am Tage.
Minfays Lichter brannten hell und die typischen Geräusche, die man eben so von dem cabezianischen Freudenhaus kannte, drangen in die Nacht hinaus. Ein betrunkener Hafenarbeiter torkelte über die Stufen, eine Flasche Rum in der Hand, während er irgendein grässlich schiefes Lied vor sich her sang. Schmunzelnd betrachtete Rin ihn einen Moment, ehe sie sich auf den Weg machte, den Strand am Dschungel zu überqueren – auf zum Faro. Selbst in der tiefsten Nacht, war der Dschungel lebendig und die vielen Tierlaute, zusammen mit dem Rauschen des Meeres, hatten mittlerweile etwas vertrautes und beruhigendes an sich.
Mit einem kleinen Frösteln erklomm sie die Sprossen zum Faro hinauf, der so hoch lag, das die Seekälte im Wind noch ein wenig stärker wurde. Rasch wurde die Tür des Leuchtturms hinter sich zugezogen, ehe sie das Erdgeschoss sondierte. Die wenigen Lichter die brannten, ließen sie schlussfolgern, dass Tom bereits unten war. Rasch war die Grotte betreten, wobei ihr Blick sich auf dem kleinen Notizzettel verankert. Stirnrunzelnd nahm sie diesen an sich, um die dortigen Zeilen zu lesen.

„Sollte ich schlafen, habe ich es nicht mehr geschafft, wach zu bleiben.
Ich liebe dich, Tom“


Ein kleines Seufzen quittierte die Zeilen, während sie den Zettel zusammenfaltete. Es war also wieder einer dieser Nächte. Diese Nächte, in denen sie so spät nach Hause kam, einfach weil die Arbeit es nicht anders zuließ, dass er bereits seelenruhig schlief. Das war definitiv etwas, was sich grundlegend in der letzten Zeit geändert hatte. Seitdem sie beschlossen hatte auf einem Hof in die Lehre zu gehen und seitdem sie der Zunft in Rahal als vollwertiges Mitglied beigetreten war. Es war einfach sehr viel Arbeit, gerade in der Zeit, wo Lana selber nicht da war. Es tat ihr jedes Mal ein wenig Leid, dass Tom so wenig von ihr hatte, weil sie tagsüber meist nur auf dem Festland unterwegs war und am Abend dann einfach nur von Müdigkeit überrumpelt wurde.

Mit einem erneuten, kleinen Seufzen schob sie den Vorhang zur Schlafstätte zur Seite um den schlafenden Piraten einen stillschweigenden Moment lang zu betrachten, ehe sie aus der Kleidung schlüpfte um als lebendiger Eisblock unter die Decke zu ihm zu krabbeln. Das leichte Zusammenzucken und Gegrummel quittierte sogleich den Rin-Eisblock, doch im gleichen Moment schlossen die Arme sich auch schon um diesen, um bereitwillig die Wärme zu teilen. Zufrieden kuschelte sie sich an die Möwe, die Lippen sogleich in einer dankbaren und müden Geste auf seine Brust drückend. Manchmal war sie noch so ungnädig ihn zu wecken, um ein paar Worte oder Zärtlichkeiten auszutauschen, doch in dieser Nacht wollte sie einfach nur noch eng an seiner Seite geschmiegt einschlafen. Sie würde mit den ersten Sonnenstrahlen aufstehen und dann würde wieder alles anders aussehen.

Das lang geplante Inselfest war ein voller Erfolg gewesen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass es von solcher Lebendigkeit geprägt sein würde und es erfüllte sie mit einer gewissen Genugtuung. Doch schaffte es ein Ereignis, welches am Abend des Inselfestes folgte, alles in den Schatten zu stellen, was sich über den Tag ereignet hatte.
Es war schon ein wenig merkwürdig, dass Tom sie nach dem langen und anstrengenden Tag nochmal zum Strand schleppte, an den Ort im seichten Wasser, wo sie ihren ersten Kuss ausgetauscht hatten, doch dachte sie sich im ersten Moment nicht wirklich etwas dabei. So stumpf und primitiv er auch manchmal wirken konnte, so wusste sie durchaus, dass sein Kern gänzlich andere Seiten offenbaren konnte – außerdem wusste sie diese rohe Männlichkeit, die er manchmal zu Tage legte, durchaus zu schätzen. Dass er sie also verwöhnte, ihr einen schönen Abend bereitete, gerade in den Tagen, wo sie lange anstrengende Stunden hinter sich hatte, war also keine Seltenheit. Die Worte, in Verbindung mit dem Objekt, welches er ihr aber schließlich offenbarte, überrumpelte sie dann doch etwas – obwohl sie eigentlich keinen Grund hatte überrascht zu sein.

»Du has' dich damals in mein Leb'n geschummelt und es geschafft, zu mein'm Mittelpunkt zu werd'n. Zu mein'm Anker, meiner Stütze, auf die ich mich imm'r verlass'n kann. Schlicht, weil ich weiss; Du bis' hier für mich. Ich liebe dich über alles, Rin... und möcht' dich nicht mehr an meiner Seite miss'n. Darum frage ich dich, mi amor, willst du meine Frau werd'n?«

Vermutlich hatte sie ein wenig zu lange den Ring angestarrt, schlicht weil ihr so unglaublich viele Wörter und Handlungen einfielen, mit denen sie Antworten konnte. Schließlich, bevor die Nervosität in ihrer Möwe noch ins Unermessliche anstieg, antwortete sie aber ganz schlicht, aber mit einer absolut tiefen Überzeugung in der Stimme, die gleichzeitig die stumme Frage aufbrachte, wie er das überhaupt fragen konnte. Er hätte sie genau so gut vor vollendete Tatsachen stellen können, denn es gab keinen mehr in diesem Leben, den sie mehr an ihrer Seite wissen wollte, als ihn.

Sie war also verlobt und sie konnte gar nicht beschreiben, wie glücklich sie das machte – es fühlte sich schlicht so an, als hätte sie ihr passendes Gegenstück gefunden. Jemanden der sie ergänzte, ihre Schwächen ausbügelte, ihre Stärken näherte, jemand auf den sie sich vollends verlassen konnte. Jemand, der es schaffte sie mit seiner bloßen Anwesenheit glücklich zu machen.

Das Gespräch mit Elea im Tempel verlief zufriedenstellend, auch wenn Rin Anfangs Bedenken hatte. Bedenken weil Tom eigentlich nicht an Alatar glaubte und sie nicht wusste, wie er mit den Auflagen, die der Tempel ihnen auferlegte, umgehen könnte. Sie wusste, dass er sich gerade auf die cabezianische Inselhochzeit auch freute und das konnte sie nachvollziehen. Sie wäre größer, bunter, ausgelassener und einfach passender für sie, wie für ihn. Aber ob sie das durften, das wussten sie bisher noch nicht – sie hatten es nicht gleich beim ersten Tempeltreffen ansprechen wollen, dass sie überlegten einen weiteren Treueschwur, neben dem im Tempel, auf Cabeza abzuhalten. Es würde also noch einiges an Besprechungen und Zeit kosten, bis sie letztendlich soweit waren. Und das Kleid! Ja das Kleid! Das war ohnehin das Wichtigste, was sie dringend mit Tara besprechen musste. Je nachdem, ob sie im Tempel, wie auf Cabeza heiraten würden, würde sie ohnehin zwei Kleider brauchen.

Einen Moment ließ sie ihre Gedanken noch schweifen, während sie sich dicht an Tom schmiegte, bis die letzte Kälte aus ihren Gliedern gewichen war. Die Finger wanderten noch einige Herzschläge lang über seine Flanke und seine Brust in stummen Gesten der Zuneigung, ehe der Schlaf sie letztendlich völlig vereinnahmte.
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 03 Apr 2018 16:34    Titel:
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» Unfreiwilliges Opfer «

Mit tränenunterlaufenen Augen wurde eine Frau auf die Knie vor den Statthalter zu Boden gedrückt, während sie um Gnade, eine letzte Chance, um es wiedergutzumachen, bettelte. Doch es war bereits zu spät. Das Urteil war gefallen, ihr Tod beschlossen. Mithilfe der Gardisten floss der Statthalter ihr eine Substanz in den Mund, mit welcher wenige Tagesläufe zuvor die Wasservorräte von Düstersee verseucht wurden – Gift. Unter einem gluckernden Geräusch und Schnauben ihrerseits wurde ihr den Mund von einem der Gardisten zugehalten und so fand die Flüssigkeit den Weg in ihren Mangen, wo es langsam die gewünschte Wirkung entfaltete. Ein Teil der Flüssigkeit gelangte in die Atemwege und so wurde es durch die Nase wieder hinausgeschnaubt, doch die Menge, die in ihren Magen fand, war ausreichend. In einem aussichtslosen Kampf gegen das Gift, fiel sie zu Boden, windete sich zur Seite, während ihr immer wieder ein leises Schluchzen entwich. Die Dosis war stark genug, um sie nicht allzu lange zu foltern und so wurden die Bewegung innert weniger Minuten immer langsamer, das Schluchzen schwächer, bis der Körper den Kampf endgültig verlor und die Seele aus ihrem Körper wich. Mit geöffneten Augen, der Blick starr zur beobachtenden Meute gerichtet, machte es fast schon den Eindruck, als hätte sie nochmals zu Tom sehen wollen, der Schuld an ihren Tod trug.
Mit ausdrucksloser Miene, aber schweifenden Gedanken betrachtete er den leblosen Körper eine Weile. Ehrlich gesagt wünschte er ihr nicht den Tod. Ganz im Gegenteil, er war überrascht gewesen vom Urteil, auch wenn es vorherzusehen war. In seinem Inneren hoffte er einfach für eine harte Strafe, nicht aber so eine. Für einen kurzen Moment spürte er gar eine gewisse Reue – ein stummes Zeichen dafür, dass das letzte Stück Skrupel ihn noch nicht erreichte. Dann wiederum rufte er sich in Erinnerung, dass Opfer manchmal notwendig waren, um voranzukommen. Sie war einzig ein Mittel zum Zweck.

Doch wer war diese Frau?

Francesca, 'die Giftmischerin von Düstersee'. Sie hauste schon seit über einem halben Jahreslauf auf der Insel, auch wenn kaum jemand etwas von ihr wusste. Bis auf den ein oder anderen Handel, kurzen Plaudereien oder Treffen, kam es nicht wirklich zu Kontakt mit ihr. Gut, es war keine Seltenheit auf Cabeza, dass solche Leute herumschwirrten, immerhin bestand der Hauptanteil der Inselbewohner aus Dieben, Mördern Piraten und ähnlichem Gesocks. Dennoch sah man solche, die sich aus der Masse hervorhoben und den Kontakt zu den aktiveren Kriminellen suchten, lieber als diejenigen, die hinter verschlossenen Türen ihr Ding durchzogen. Dementsprechend sah sie niemand als eine Insulanierin an, auch wenn sie sich selbst dazuzählte – ein Irrglaube, der ihr später noch zum Verhängnis wurde.
An einem der vielen Kontor-Tavernen-Abende hatte die Giftmischerin eine grosse Sache zu feiern und fand so über die Schwelle in die Taverne. Zuerst war sie eher zurückhaltend, doch nachdem reichlich Rum floss und nur noch die Möwe und sie übrigblieben, wurde sie gesprächiger. Sie berichtete ihm von einem grossen Erfolg. Dabei handelte es sich um ein geglücktes Experiment zu einer hochgiftigen Substanz. Da leuchteten die Alarmglocken in Toms Kopf rot auf, denn kein Mondlauf zuvor kam es auf der Insel, genauer gesagt in Minfays Bude, zu einem Unfall, bei der ein grässlich stinkendender Geruch das ganze Hafenviertel verpestete. Wie sie kurz darauf beichtete, handelte es sich genau um diesen 'Unfall'. Es war ein Experiment für einen Auftraggeber, dem sie Gift verkaufte, mit welchem die Wasservorräte vor Düstersee vergiftet wurden. Düstersee. Alatarisches Gebiet. Wohnort von Personen, die er als 'Freunde' bezeichnete. Freunde, die sie durch das Gift in Gefahr brachte, indirekt gar attackierte. Sie machte einen Fehler, ausgerechnet ihm davon zu berichten. Vermutlich war der grosse Alkoholkonsum daran schuld, aber dennoch. Kein Tag später, nachdem er noch in der Nach nach Düstersee reiste, um sich von der Lage vor Ort ein Blick zu verschaffen, reichte er die Information weiter an Jacqueline. Zufälligerweise brauchte die Isla etwas, womit sie dem alatarischen Reich zeigen konnten, dass sie gewillt sind, miteinander zu arbeiten. Da dauerte es nicht lange, bis die beiden den Entschluss fassten, die Statthalterin von Düstersee zu kontaktieren, um sich ein paar Pluspunkte einzuheimsen.
Ungefähr zwei Wochen später wurde sie unter einem Vorwand in Isabells Büro gelockt, wo sie von vier Personen festgenommen wurde, um noch am gleichen Tag nach Rahal ausgeliefert zu werden. So fand er einen Platz als Hauptzeuge in den Reihen der Zuschauer einer Hinrichtung.


» Eine gemeinsame Zukunft «

Sanft strich der tropisch warme Wind über die Züge und den nackten Oberkörper des Piraten, während er die Augen für einige Sekunden geschlossen hielt und die Wärme mit einem wohlwollenden Laut genoss. Es war noch in den Morgenstunden und auch das Wetter war überraschend ruhig. Der Himmel war blau, fast wolkenlos. Trotz der frühen Uhrzeit, herrschte im Hafen bereits ein reges Treiben. Arbeiten riefens ich Dinge zu, Betrunkene taumelten durch die Gassen, sagen dabei laut und schief und Minfays Mädchen versuchten die Arbeiter mit ihrem 'Charme' als Kunden zu gewinnen. Schiff für Schiff wurden ent- und wieder beladen, während andere Tagelöhner bereits die nächsten Kisten zur Beladung bereitstellten.
Dieser vertraute Anblickt, den er von den Stufen vor dem Kontor aus beobachten konnte entlockte ihm ein sanftes Lächeln, denn es zeigte ihm, dass er zuhause war. Zeitgleich zog er genüsslich an einem der typisch cabezianischen Zigarillos, die für ihre Qualität selbst auf dem Festland bekannt waren.
Eine Weile lang beobachtete er die Szenerie aufmerksam, ehe der Blick jedoch über die Schulter in das Innere des Kontors gelenkt wurde. Rin stand in der Küche und wuselte geschäftig von einer zur anderen Stelle und wieder zurück, während sie das Frühstück für die beiden zubereitete. Sie machte ihn überglücklich und obwohl sie nicht mehr so viel Zeit füreinander hatten, weil Rin die Ausbildung auf einem der Höfe in Rahal angetreten war, liebte er sie jeden Tag mehr und mehr. Umso überraschender waren die gestrigen Worte, als die Blume ihm versicherte, dass sie die Woche über zuhause an seiner Seite verbringen würde, um für die verlorene Zeit aufzukommen. Mhm, ja. Sie hatten durchaus etwas nachzuholen und so war es an der Zeit, den übriggebliebenen Stumpen des Zigarillos wegzuspicken, um dann das Kontor zu betreten, die Tür hinter sich zu schliessen und die Nähe zu seiner Frau zu suchen.

Schon lange fühlte er sich nicht mehr so gut, wie in den letzten Wochenläufen. Natürlich sorgte hauptsächlich seine Blume dafür, gab es doch nichts, was er mehr wertschätzte, als ihre Anwesenheit, ihre Nähe. Aber auch Toni entlockte ihm ein erfreutes Lächeln, wenn immer er an sie dachte. Nach einer längeren Reise fand sie nämlich zurück zur Isla. Sie meldete sich damals nicht ab, war einfach verschwunden. Dass sie zurück war, war also in gewisser Weise beruhigend, auch wenn er sich sicher war, dass sie nie in Schwierigkeiten steckte – dafür war sie, im Gegensatz zu ihm, einfach viel zu vorsichtig. Den Streit, den sie vor ihrer Abreise hatten, war auch verschwunden. Unstimmigkeiten beiseitegeschoben und vergessen. Das erleichterte es unglaublich, ein Gespräch mit ihr zu führen, ohne dass es wieder in einem Streit endete. Man konnte fast schon meinen, sie verstanden sich so gut, wie zu ihrer Ankunft hier auf Gerimor.
Die Möwe war bekannt dafür, oftmals die falsche Worte zu wählen und Personen zu verletzen, obwohl er es nicht beabsichtigte. Darum überlegte er seit ihrer Rückkehr doppelt, was er zu ihr sagte, damit nicht alles wieder in einem Desaster enden würde. Das machte es aber auch doppelt so schwierig, Dinge zu besprechen, die seine Beziehung mit der Blume angingen. Seit Kila war sie auf solche Themen nicht allzu gut zu sprechen, doch es gab etwas, von dem er ihr unbedingt berichten wollte. Selbst wenn er wusste, dass sie nicht davon begeistert sein würde. Er liess sich absichtlich etwas Zeit damit ihr davon zu erzählen. Sie sollte sich erst wieder auf der Insel einfinden. So dauerte es ein, zwei Wochenläufe, ehe er die Gunst der Stunde, als sie gerade miteinander sprachen, nutze und ihr offenbarte, dass er der Blume einen Antrag machen würde. Dass sie nicht die gleiche Euphorie wie die Möwe teilte, als er ihr davon erzählte, war kein Wunder und er verurteilte sie nicht dafür. Überraschend war aber, dass sie recht ruhig darauf reagierte. Gut, sie war überrascht und fragte nochmals nach, ob er sich den Konsequenzen gewahr wäre - immerhin war die Vorstellung für sie, dass ihr Bruder sich, der vor der Ankunft auf Gerimor mit unzähligen Frauen schlief, für eine Frau entschied, etwas befremdlich. Ansonsten gab es jedoch keine Einwände ihrerseits. Nein, sie freute sich gar für ihn und vertraute darauf, dass er nicht den gleichen Fehler wie bei seiner letzten Beziehung machen würde. Sie ging gar so weit, dass sie fragte ob sie dabei sein dürfte, sobald er den Verlobungsring besorgte. Selbstverständlich bejahrte er dies mit einem erfreuten Lächeln auf den Lippen.

Wenige Tage später war es so weit. Den Ring hatten sie besorgt und ein Termin war auch schon gefunden. Zufälligerweise fand das Inselfest auf den Tag genau zwei Monate nach 'Aireens Tod' statt. Nicht zu früh, aber auch nicht zu spät. Perfekt! Zumindest …in seinen Augen.
Das Inselfest war ein voller Erfolg gewesen und hätte nicht besser laufen zu können. Die Isla so lebendig zu sehen, war ein wirklich gutes Gefühl.
Als wäre das nicht schon genug gewesen, gab es noch ein Ereignis, welches ihm noch mehr Freude bescherte. Nachdem auch die letzten Besucher die Taverne verliessen, forderte er Rin trotz der Müdigkeit, die sich langsam nach dem anstrengenden und langen Tag bemerkbar machte, dazu auf, passende Kleidung für ein Bad in der Lagune zu besorgen. In der Zwischenzeit besorgte er etwas Wein und einen Beutel, in welchen er die Flasche und den Verlobungsring hineinlegte. Dios mio, er hoffe inständig, dass sie keinen Verdacht schöpfte, immerhin wollte er sie mit dem Vorwand, dass sie sich einen schönen Abend machen, mit dem Antrag überraschen. Glücklicherweise schien sie sich aber keine grossen Gedanken darüber zu machen – zumindest deutete nichts darauf hin. Nachdem alles Nötige eingepackt war, machte er sich auf den Weg zum Strand, wo er im Wasser auf die Blume wartete. Der Blick schweifte dabei in der Lagune umher. Es war ein Ort, welches er mit schönen Gedanken in Verbindung brachte. Nicht zuletzt war es der Ort, an dem sie sich das erste Mal küssten und alles seinen 'Anfang' nahm. Dass er den Ort dafür ausgewählt hat, um ihr einen Antrag zu machen, war somit kein Zufall. Selbst in einem dreckigen Piraten, wie Tom einer war, steckte ein wenig 'Romantik', so abwegig das auch klang. Als sie dann 'endlich' angekommen war, zog er sie sanft mit sich zum Felsen, wo er nach einem längeren Wortaustausch nochmals in Worte fasste, wie glücklich er war, an ihrer Seite sein zu dürfen, bevor er die eine Frage stellte und ihr den Ring offenbarte.

»Du has' dich damals in mein Leb'n geschummelt und es geschafft, zu mein'm Mittelpunkt zu werd'n. Zu mein'm Anker, meiner Stütze, auf die ich mich imm'r verlass'n kann. Schlicht, weil ich weiss; Du bis' hier für mich. Ich liebe dich über alles, Rin... und möcht' dich nicht mehr an meiner Seite miss'n. Darum frage ich dich, mi amor, willst du meine Frau werd'n?«

Madre mia, auch wenn er sich eigentlich keinerlei Gedanken machen musste, weil ihm im Vorherein bereits klar war, wie die Antwort ausfallen würde, rufte die verzögerte Antwort eine gewisse Nervosität hervor. Seine Blume schien wie versteinert, einzig die Augen huschten blinzelnd zwischen dem Ring und seiner Mimik umher, ehe die Lippen jedoch ein liebevolles Lächeln bildeten. Dieser Anblick allein reichte aus, um ihm jegliche Anspannung zu nehmen, noch bevor sie mit voller Überzeugung in der Stimme zur Antwort ansetzte.

»Was für eine Frage… Ja, Tom…ja ich will.«

Es war offiziell. Sie waren verlobt. Dieses Gefühl der Glückseligkeit in dem Moment, in dem sie antwortete und seine Mundwinkel zu einem breiten Lächeln emporschossen, war unbeschreiblich. Man konnte es mit dem Fertigstellen eines riesengrossen Puzzles vergleichen. Freude! Aber auch das Wissen, das letzte - sein – Gegenstück gefunden zu haben, welches einen vollständig ergänzt und zu einem gemeinsamen Ganzen macht. Diese Gefühle waren nur nochmals eine Bestätigung dafür, dass er die Richtige gefunden hatte.

Der erste Schritt zur Hochzeit war auch bereits getan. Gemeinsam besuchten sie Elea im Tempel, um ihr Anliegen näherzubringen. Dass es mit gewissen Aufgaben und Auflagen verbunden war, war im bereits im Vorherein klar, aber es gab absolut nichts, was ihn von diesem Schritt abgehalten hätte. Man würde aber sehen, was noch auf die beiden zukam. Erst einmal musste er sich um seine Aufgabe kümmern und dann gab es noch einiges zu besprechen – nicht zuletzt wollten sie auch fragen, wie es mit einer zweiten, cabezianischen Hochzeit aussehen würde. Die wäre mehr im Sinne der beiden. Freier, gelassener, mit gutem Essen und Rum. So, wie man sich eine Piratenhochzeit nun mal vorstellt. Hachja, es gab noch so einiges zu tun, aber hey, immerhin bedeutete das, dass es nicht langweilig werden würde!

Schmunzelnd schmiegte er sich langsam von hinten an seine Blume und führte die Finger mit sanften Berührungen über die Taile und dem Bauch, bis auf die gegenüberliegende Seite, sodass die starken Arme um ihre Hüfte geschlungen werden könnten, als er gleichzeitig die Lippen auf ihren Hals auflegte. Diese Woche war eine Ausnahme und so wollte er keine Zeit verschwenden, wenn er schon die Möglichkeit hatte, in ihrer Nähe zu sein.


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 03 Apr 2018 16:36, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 12 Sep 2018 14:58    Titel:
Antworten mit Zitat

» Zeit, so unberechenbar, wie die See selbst «

Zeit war manchmal ein merkwürdiges Ding. Es gab Tage, an denen verging sie so zäh, wie natürlicher Kautschuk, der an einem Baum hinabrann und man betete, dass der Abend endlich näher kam damit man sich schlafen legen und am nächsten Morgen alles nochmal anders beginnen könnte. Dann wiederum gab es auch solche, an denen die Zeit gefühlt bei jedem Wimpernschlag um einen Stundenlauf fortschritt und man sich wünschte mehr davon zu haben, damit man den Tag geniessen konnte. In der Regel erfreut man sich aber einer gesunden Mischung der beiden Zustände – und in etwa so fühlten sich die vergangenen Mondläufe an.

Die Sonne stand bereits im Zenit und schickte die lebensspendenden Sonnenstrahlen ununterbrochen, durch einen klaren, wolkenlosen Himmel zur Erde, wo sie den Lebewesen und Pflanzenwelt die Wärme und Energie schenkte, die sie brauchten. Trotz des wolkenlosen Himmels wehte ein lauer Wind über Gerimor und schenkte Tom, der es sich auf dem Hof in Grenzwarth, im Schatten zweier Bäume auf einer Hängematte bequem machte, eine erfrischende Abkühlung. Den rechten Fuss auf dem von Gras bewachsenen Boden abgestellt, nutzte er diesen, um die Hängematte in ein leichtes Wiegen zu bringen, während er den Moment schlicht genoss. Die Sommertage nahmen zwar bereits ein Ende, doch das hiess nicht, dass es noch einige wärmere Tage gab, die man zu geniessen hatte, bevor die fröstelnde Kälte des Herbstes und wenig später die des Winters Einzug über die Insel nehmen würde. Und weil er Rin bereits ein wenig mit der Arbeit auf dem Hof ausgeholfen hatte, erlaubte er seinen Gedanken, in einem ‘schlummernden’ Zustand, freien Lauf zu lassen.

Sechs Mondläufe und… drei Tage war es nun her, seit Tom seine Blume unter einen Vorwand in das seichte Gewässer der kleinen Lagune lockte und um ihre Hand anhielt. Ja, er hatte sich den Tag tatsächlich genau gemerkt. Sein Vater klärte den damals jungen Tom auf, als sie noch auf der Insel im Herzogtum Nharam wohnten und er ein Knirps war, dass viele Frauen es schätzten, wenn man sich so etwas merkte. Eine Erinnerung, die ihm nach all der Zeit und den Änderungen des Charakters, die seine Person nach und nach zu dem formten, was er heute verkörperte, dennoch geblieben war.

Was hatte sich denn seither alles getan? Das Kontor auf Cabeza wurde beispielsweise geschlossen und in Grenzwarth wiedereröffnet. Seine Blume hatte ihre Ausbildung auf den Höfen und in der Zunft erfolgreich absolviert und das berechtigte sie dazu, einen der Höfe zu pachten. Eine Chance, die sie sich nicht entgehen liess. Der einzige Preis, den sie dafür zahlen mussten war die Schliessung des Kontors auf der Isla. Tom war nicht besonders erfreut darüber, weil er aus Kindestagen noch wusste, wie viel Arbeit ein Hof bedeutete – und das unweigerlich dazu führen würde, dass sie Cabeza weniger oft besuchen würden, als ihm lieb wäre. Wie sich herausstellte, hatte sich seine Befürchtung schon kurze Zeit später bewahrheitet. Die vielen Tiere auf dem Hof nahmen den Beiden die Möglichkeit, die Isla öfter zu besuchen, als sie wollten. Da schafften selbst die gelegentlichen Ausflüge zur Insel, wie die'‘Vorflitterwochen', es nicht, das Bedürfnis gänzlich zu stillen. Doch dieses schob er einfach beiseite, wenn immer er das glückliche Lächeln auf den Lippen seiner baldigen Ehefrau sah. Wenn es bedeuten würde, dass sie glücklich war, würde er dieses Opfer breitwillig bringen, auch wenn es hiess, dass er auf etwas verzichten musste, was ihm eigentlich wichtig war. 'Glücklicherweise' musste er das aber schon sein ganzes Leben lang, was es um einiges vereinfachte, darüber hinwegzukommen und es einfach ihr zuliebe zu vergessen. Hätte man ihn noch vor zwei Jahren gefragt, ob er jemals so einen Schritt gehen würde, er hätte gelacht. Aber für Rin? Für sie würde er nach all der Zeit die Isla gar komplett verlassen, wenn das von ihm verlangt werden würde, wenn auch mit einem anfänglichen, inneren Widerstand. Das würde ihm nämlich weniger leichtfallen. Aber bien – das war zum Glück noch kein Thema. Wichtig war einzig, dass sich seine Blume wohl fühlte, denn dann würde er es auch tun.

Zugegeben, die Vorbereitungszeit auf die Hochzeit, die Besuche in den Tempeln hatte er sich um einiges anstrengender vorgestellt, als sie wirklich waren. Als eine Person, die an keinen Gott glaubte und lediglich Sympathen für die Gebote und Richtlinien hatte – Ja, einige davon waren wirklich sinnvoll und würden einige weiterbringen, auch wenn er kein Freund davon war – war es nicht besonders einfach, diesen Schritt zu gehen. Doch wer weiss, vielleicht erbarmte Alatar selbst sich ihm und verschaffte ihm sogar die ein oder andere amüsante Tempelstunde. Der Gedanke an das Gespräch mit Vladimir alleine amüsierte sein Gemüt immer wieder von neuem. Immerhin hörte man nicht so oft, dass Templer einen dazu raten, die Freizeit zu nutzen, um den Akt zu üben.
Natürlich sprach er die Worte aber nicht ohne Grund aus, denn man erwartete schliesslich von ihnen, dass sie den Pflichten eines verheirateten Paares in der alatarischen Gemeinschaft nachgehen würden, sobald sie vermählt wären. Kinder, neue Kämpfer für Alatar zu zeugen.
Ein verdammt leidiges, immer wiederkehrendes Thema. Im einen Moment glaubte man, vorerst seine Ruhe gefunden zu haben, nicht mehr darüber nachzudenken zu müssen, nur dass man es im Nächsten, mit der Wucht eines geschleuderten Ziegelsteines, an den Kopf geschmissen bekam. Tom hatte dieses Thema bereits zur Seite gedrängt und sich damit abgefunden. Ihm blieb nichts anderes übrig, immerhin konnten keine Heiler etwas dagegen tun. Was ihn aber wirklich an der Sache unglaublich schmerzte, war, dass seine Blume jedes Mal die Erinnerung an die vielen, gescheiterten Versuche ins Gedächtnis gerufen bekam, wenn dieses Thema angeschnitten wurde. Er glaubte ihren Schmerz zu fühlen, teilte diesen mit ihr und das machte es so unfassbar schwer, darüber zu sprechen. Alte Narben sollten nicht aufgekratzt werden, denn man wusste nie, ob eine Wunde wieder zu bluten begann und was die Folgen daraus wären.
Und dennoch schwirrte da im Hintergrund seiner Gedanken, tief hinter den anderen verbogen, eine Frage, die er sich schon länger stellte und eigentlich bereits auf den Grund gehen wollte. Alles was er brauchte war eine Priesterin der Rashar, aber bisher hatte die Angst, enttäuscht zu werden und ein weiteres Stück der Hoffnung zu verlieren, ihn davon abgehalten, diese zu kontaktieren. Dabei könnte er – sie beide – eigentlich nur etwas gewinnen. Im besten Fall eine Bestätigung der Vermutung, die er hatte. Und vor allem von dem er sich wünschte, dass sie richtig wäre. Er würde der Sache demnächst einmal angehen. Wenn die Antwort positiv ausfallen würde, hiess es ja noch nicht, dass er Rin direkt damit belästigen müsste? Immerhin war es ein heikles Thema, bei dem man sehr vorsichtig und langsam vorzugehen hatte. Die nächsten Wochenläufe würden schon zeigen, was mit diesem Gedanken geschehen würde. Seine Aufmerksamkeit widmete er für den Moment erst einmal der sich nahenden Hochzeit.

In weniger als zwei Wochenläufen würde es so weit sein. Die Blume und die Möwe würden gemeinsam vor dem Altar treten und sich, in der Anwesenheit vieler Freunde und Bekannten, unter Alatars Segen das Eheversprechen geben und fortan vermählt sein. Tom konnte es kaum erwarten, vor dem Altar zu stehen und dabei zuzusehen, wie sie langsam zum Altar schreitet. Alleine der Gedanke daran entlockte dem Piraten ein glückliches Lächeln.
Unglaublich. Seine alten Freunde auf der 'diebischen Elster', dem Schiff, auf dem er einst anheuerte, hätten gelacht, wenn sie davon gehört hätten. Auch wenn er damals nie daran dachte, zu heiraten, sondern seinen gemütlichen und freien Lebensstil bis an sein Lebensende zu behalten, hatte er mit der vergangenen Zeit seine Prioritäten geändert und diese nun auf seine Blume ausgerichtet. Der Frau, die er bis in die Ewigkeit folgen würde.
Zeit war unberechenbar. Man wusste nie, was sie bringen würde. Ob erfreuliches oder weniger erfreuliches. In Toms Fall war es aber ersteres. Er blickte mit Vorfreude in die Zukunft, zu dem Tag, an dem er den Verlobungsring mit dem Ehering austauschen würde.

Es war langsam an der Zeit, die Hängematte zu verlassen und die Nähe seiner esposa zu suchen, Zeit mit ihr zu verbringen und dort anzusetzen, wo sie gestern Abend aufgehört hatten.
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 05 Okt 2018 14:37    Titel:
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» Der Beginn einer neuen Zeit «


Vergangene Hochzeitsvorbereitungen und der große Tag

Zeit war manchmal ein merkwürdiges Konstrukt. Sechs Monde? Das war eine kleine Ewigkeit und man hätte noch Unmengen Zeit alles vorzubereiten, was man letztendlich für den großen Tag brauchte ... und plötzlich, gar über Nacht, war es in der gleichen Woche schon soweit und die Dinge, die man brauchte, fielen einen plötzlich wieder ein oder ganz neue Sachen, an die man vorher gar nicht gedacht hatte, wurden wichtig.

Ist das Kleid so in Ordnung? Kann man es nicht hier und da noch ändern?
Passt der Schmuck überhaupt dazu?
Ist es genügend Essen?
Noch wichtiger, ist es genügend Alkohol?
Die Ringe müssen dringend gemacht werden!


Bei all dem war Rin sicherlich nicht die Art von Braut, die einen Nervenzusammenbruch bekommen würde, denn bei allen Fragen, die sich doch auftürmten, war sie sich immer sicher, das Tom der Richtige war – da gab es nichts zu rütteln. Wobei sie sich eingestehen musste, dass je näher sie dem großen Tag kamen, desto empfindlicher wurde sie auch. Als würde sie nach Kleinigkeiten suchen, damit sie sich über Tom beschweren konnte – Frauen waren nun mal komische Wesen.
Da war auch ein Futtertrog, der nicht vollständig gefüllt war, schon ein kleines Drama oder eine leere Flasche die auf den Tresen stand, anstatt das man sie ins Regal räumte.
Vermutlich wusste die Möwe es, denn er schien einfach darüber hinwegzusehen oder ignorierte es in seiner typischen cabezianischen Art, die sie so an ihm schätze und ehe sie sich versahen, standen sie im Tempel vor dem Altar. Das Ziel einer langen, nicht immer einfachen Zeit, in der sich gerade in der Anfangszeit oft Fragen oder Zweifel aufgetürmt hatten.

Die Zeremonie war verhältnismäßig lang und gänzlich anders, als sie es von Ilyas kannte. Die Rede von Viyaria Rilytia, das Opfern des Springaffen, das Blut welches über die Hände gegossen wurde, die Versprechen die sie aneinander gaben, der Segen der Templer und letztendlich waren sie Mann und Frau. Die Festlichkeiten danach waren wundervoll, die vielen Glückwünsche und kreativen Gaben, den Zuspruch den sie bekamen, das Lied von Lerisha und alles was sich an diesem Abend ereignete würden ihr wohl auf immer im Gedächtnis verankert bleiben.
Vermutlich fiel es ihr bei all dem nicht weniger schwer, als der Möwe, sich zurückzuhalten und erst nachdem wirklich alle Gäste den Platz des Festes verlassen hatten, machten sie sich selber auf den Weg nach Cabeza, um dort im Faro die Woche für sich verbringen zu können. Es ist wohl kaum notwendig diese Woche genauer zu beschreiben, denn jeder der die beiden kennt, wird sich jene vermutlich ausreichend ausmalen können.

Gegenwart

Sie wusste nicht direkt was sie aus dem Schlaf geholt hatte, doch das erste was sie spürte war die intensive Wärme der Möwe an ihrer Seite, sowie die Arme die sich wie eigentlich immer um sie geschlungen hatten. Wie so oft war sie vor ihm wach und als wäre es eine Art morgendliches Ritual befreite sie sich, nach einigen Momenten des schweigsamen Kuschelns, aus seinem Griff – vorsichtig um ihn nicht zu wecken, damit sie die Stufen ins Erdgeschoss nehmen konnte. Gähnend wurde sie direkt vom schiefergrauen, gar schwarzen Hund begrüßt, dessen Gemüt grundlegend als faul zu beschreiben war und so äußerte sich seine Begrüßung auch mehr in einem hektischen Schwanzwedeln, während er einfach liegen blieb und zu ihr aufstarrte. Schmunzeln ging sie neben Noc in die Hocke um ihn einen Moment zu kraulen, ehe sie sich jedoch der Küche widmete. Frühstück machen für sich und es für Tom bereit zu stellen, denn aus Erfahrung wusste sie, dass sobald sie seine Seite verlassen hatte, es meist nicht lange dauerte, bis er sich auch aus den Fellen quälte... meistens.

Ebenso gehörte es zur morgendlichen Routine den Hof zu machen. Reifes Obst einsammeln, Blumen gießen, das Feld auf Unkraut, infizierte oder reife Pflanzen kontrollieren, sowie Hilde, Berta und Gerda melken – wenn es nötig war die Schafe von ihrer Wolle befreien. Die Hühner hatte sie mittlerweile Tom überlassen, genau so wie das Füttern der Tiere. Seit wenigen Umläufen kamen dann auch noch die Welpen hinzu, die Nieve, die schneeweiße Hündin, kurz nach ihren Flitterwochen zur Welt gebracht hatte. Die Pferde hatte sie komplett vom Hof verbannt, damit im Gehege die Welpen aufgezogen werden konnten, welche sie jeden Tag mit Argusaugen kontrollierte. Da waren wohl auch grundlegend mütterliche Instinkte im Spiel, immer wenn sie sich um die tollpatschigen kleinen Fellmöpse kümmerte, die noch unbeholfen durch die Gegend tapselten. Eine Art Kinderersatz, dafür, dass sie wohl niemals eigene haben würde – eine Tatsache, an die sie während den ganzen Glückwünschen zur Hochzeit natürlich stetig erinnert wurde, aber zu verdrängen versuchte. Es war nun einmal so, wie es war und das vor sich her leiden, brachte ihr da ebenso wenig wie Tom, der dadurch nur am mitleiden war.
Noch hatten die kleinen Fellknäule keine Namen, doch wusste sie, dass Naemi auf jeden Fall einen bekommen sollte und sobald sie sich sicher war, dass alle die ersten Tage ihrer Existenz überstehen würden, würden Tom und Ihr sicherlich auch Namen einfallen.

Wenn sie mit diesem morgendlichen Hof-Ritual fertig war, war es meistens bereits Mittag und wenn Tom seinen faulen, cabezianischen Hintern dann doch noch nicht aus den Fellen bewegt hatte, war es an ihr diesen dort hinaufzuziehen – was sie mit einer gewissen Schadenfreude immer wieder gerne tat. Dabei gab es immer wieder verschiedene Möglichkeiten von äußerst liebevoll zu ziemlich gemein und vermutlich würde es heute wieder eher ein kalter Lappen werden, einfach... weil ihr danach war.


Zuletzt bearbeitet von Arina Erlenhain am 05 Okt 2018 15:59, insgesamt einmal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 04 März 2019 14:44    Titel:
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» Von Skepsis und Zuversicht «

Es ist nicht so, als würde uns Skepsis schon in die Wiege gelegt werden, doch lernen wir, mit den Jahren unseres Erwachsenwerdens, das ein gesundes Maß durchaus gesund für uns sein kann. Sei es um Entscheidungen oder Meinungen zu hinterfragen oder nicht allem zu glauben, was launische Winde einem zuflüstern. Wenn das Elternhaus sich allerdings auf den Grundpfeilern von Gehorsam und Disziplin gründet, dann kann es unter Umständen schwer werden. Das was die Eltern sagen ist richtig und wahr, ohne Zweifel und somit ist auch der Weg, den sie einem vorbereiten für das zukünftige Leben, exakt der Weg, den man ohne jammern und Skepsis gehen soll. Der Glaube an dem All-Einen ist richtig – in Ungnade möge derjenige fallen, der dies auch nur anzuzweifeln wagt und ebenso ist der, von den Eltern ausgesuchte, Mann an seiner Seite der Richtige.
Was passiert mit einem Menschen, der so aufwuchs, aber dessen Grundpfeiler letztendlich erschüttert werden und bröckelnd wie altes Gemäuer in sich zusammenfallen? Ein kleiner Stein der sich aus dem festen Gebilde der Gegenwart lockert und hinab schlägt, der auf seinen Weg viele andere aus den Fugen reißt, bis irgendwie alles gar keinen Sinn mehr ergibt.

Skepsis und auch Misstrauen werden selber gelernt, durch die Schicksalsschläge, welche das kleine, gelockerte Steinchen mit sich bringt. In Frage gestellt wird jegliche Entscheidung, die für einen selber getroffen wurde und letztendlich steht man aber vor dem Problem, nicht zu wissen, wie man selber für sich etwas entscheiden soll. Woher soll man auch wissen, das es richtig ist, wenn nach Jahren der Vorbestimmung niemand mehr da ist, der einen eben genau das sagt?

In Rins Fall war die Handlung die Flucht aus den alten Fängen und eine daraus resultierende Reise auf den weiten des Meeres, welche zwar vage Zuversicht, aber auch viel Scheitern mit sich brachte. Je nach Persönlichkeit und Zustand wird ein Scheitern tiefe Risse in das Gemüt eine Person schlagen und bei der Weißhaarigen wuchs mit der Zeit eine ausgeprägte, skeptische Natur heran, bei der im Grunde alles in Frage gestellt wurde, was nicht auf allen erdenklichen Wegen erst mal ausgiebig geprüft wurde.
Glauben? Irrelevant, jeder ist für sich selbe verantwortlich.
Gerechtigkeit? Gibt es nicht.
Mitgefühl? Hätte dein Gegenüber welches für dich übrig?
Was man hat, das hat man und wehe dem der es haben will.

Die Monde auf See hatten mit großer Sicherheit Rins Gemüt in vielen verschiedenen Facetten geprägt und das begraben, was sie in ihrer Heimat gewesen war. Der alte Name wurde der See überlassen, auf dass er dort vergessen werden würde und als einziges Ziel stand die Freiheit klar und deutlich vor dem inneren Auge. Freiheit, etwas, was ihr mit der Zeit so wichtig geworden war, dass selbst neue Freundschaften schwer waren zu schließen, geschweige denn eine Beziehung mit ihre Möwe, denn im Grunde, wären es wieder Fesseln gewesen, welche sie sich angelegt hätte.

Bei all der Skepsis und dem Misstrauen, welche die See mit sich gebracht hatte, so waren es aber auch Zuversicht und letztendlich Vertrauen, welches neu erlernt werden konnte. Mit der Zeit war es gar so, als würde die Möwe jene ausgeschlagenen Steine aus ihrem Gemäuer wieder zu einem schillernden Mosaik zusammenfügen, als würde sie ein Teil ihres ursprünglichen „Ich's“ in ihm wiederfinden. Nicht nur, dass er ihr die Zuversicht, das Vertrauen und die Grundpfeiler wieder gab, er machte sie auch mutiger, stärker und selbstsicherer. Es ist nicht zu leugnen, dass eine gewisse Abhängigkeit mit der Zeit entstand und auch ihre ach so geliebte Freiheit damit eingeschränkt wurde, aber das war irrelevant – denn warum sollte man sich von etwas entfernen, was einem von Grund auf gut tat? Er schaffte sogar das größte Loch in ihrem Herzen zu schließen, welches von Zweifel und einem gewissen Selbsthass geprägt war. Das Wissen keine Kinder bekommen zu können, hatte sie Jahre begleitet und im Grunde war es immer etwas an ihr gewesen, was sie gehasst und abgelehnt hatte. Eine Sache die man vielleicht auf kurze Zeit verdrängen kann, aber nicht für immer und erst Recht die Ehe mit ihrer Möwe, brachte den alten Wunsch wieder an die schimmernde Sonne herauf.

Glauben, Opfer, Mut und Kraft. Grundpfeiler, wie sich beim Treffen mit den Rashar herausstellte, die es zu beweisen gab, damit der Wunsch nach einem Kind irgendwann in Erfüllung gehen könnte. Die letzten drei waren nicht das Problem, vielmehr war es da wieder die alte Skepsis, welche sich hinauf buddelte, als Tom ihr vor wenigen Wochen davon erzählte, dass die Rasharpriesterin ihr 'Problem' eventuell lösen könnte. Es war nicht das Misstrauen gegenüber Lararshii oder ihrer Mutter Ahamani, vielmehr war da eine gewisse Angst, was passieren würde, wenn es nicht funktionierte. Nach all den Rückschlägen in ihrer Vergangenheit, hatte sie diesen Teil von sich unter Selbsthass, Resignation aber auch Akzeptanz vergraben. Niemals mit Tom eine Familie gründen zu können, war eine Tatsache, die sie akzeptieren musste, damit sie eben nicht vom Schmerz aufgefressen wurde. Jener Schmerz würde unweigerlich wieder hinaufkriechen, sollte das alles nicht funktionieren.
Das war im Grunde ein Teufelskreis, denn Lararshii sagte ihr deutlich, dass es keinen Sinn hätte, wenn sie Zweifeln würde, wenn sie nicht daran glauben würde und nach einem elendig langen hin und her, mehr als einer schlaflosen Nacht, die sie neben ihrer Möwe verbrachte, versuchte sie sich dafür zu öffnen.

Zuversicht und Glauben schlichen sich in das Innere und brachten eine ungeahnte Hoffnung mit sich, die sich in einer spitzbübischen Natur und guter Laune äußerte. Sie war stark, sie war mutig, sie war bereit Opfer zu bringen, wieso sollte es also nicht funktionieren? Sie wusste das Tom sich in seinem Inneren sorgte, dass Opfer, welches sie bringen müsste, wäre zu groß und sie musste ihm versprechen, sich selber dabei nicht zu vergessen – aber als das wurde überschattet von den Vorstellungen der möglichen Zukunft.
Nun hieß es sich jeden Morgen und Abend vor dem heimischen Kaminfeuer zu setzen und leise Worte an Ahamani zu richten, ihre Gebote zu verinnerlichen und wenn möglich zu folgen. Die drei Aufgaben, welche die KunLir ihr offenbarte, zu überstehen und letztendlich darauf zu hoffen, dass die Mutter sich ihr im Tempel zeigen würde, wenn es soweit war. Über das daraus resultierende und offenbar riskante Ritual machte sie sich in diesem Moment keine Gedanken – sie war glücklich.

Der Schnee war endlich verschwunden, die Blumen fingen sehr langsam wieder an zu blühen und die Sonne gewann immer mehr an Kraft. Der Sommer war Rins Element und so blickte sie auch der wärmeren Zeit voller Zuversicht entgegen, auch wenn es bedeuten würden, dass wieder sehr viel Arbeit auf dem Hof anfallen würde. Vielleicht, wenn sie Glück hatte, würde sich aber dieses Jahr ein Knecht oder eine Magd finden, mit der sie die Arbeit teilen könnte.
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 04 März 2019 17:37    Titel:
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» Von Verzweiflung und neuen Lichtblicken «

Wenn man sein Leben lang durch gewisse Schicksalsschläge dazu gezwungen ist, anfallende Probleme selbst zu lösen, koste es was es wolle, gewöhnt man sich allmählich an die anfallenden Lasten, die diese mitbringen. Man versucht einen Weg zu finden, mit diesen zu leben, Lösungen zu suchen oder die Hindernisse schlicht zu umgehen, um sein Ziel dennoch zu erreichen. Man packt alles selbst an und wartet nicht darauf, dass die Hilfe, die man benötigt, auf einen zukommt, sondern nimmt sein Schicksal selbst in die Hand. Wenn man dann jedoch auf etwas trifft, dass einem gänzlich unbekannt ist oder gar keinen Ausweg zu haben scheint, kann jener ungewohnte Zustand durchaus eine gewisse Verzweiflung hervorrufen.

Verzweiflung. Ja, das war eines der Gefühle, die er damals, an dem Abend, an dem seine Blume ihm offenbarte, dass sie ihm keine Kinder schenken könnte, einen Platz in seinem Inneren fand. Eine Lücke in der sonst so zuversichtlichen Eigenart des Piraten, die es ausfüllte und dafür sorgte, im Stillen mitgetragen zu werden.
All die Erinnerungen an die gescheiterten Versuche mit ihrem ersten Ehemann, die unzähligen Besuche bei den Heilkundigen und die damit zusammenhängenden, negativen Nachrichten. All der Schmerz spiegelte sich in ihrem Silberblau wider und obwohl er damals noch kein Teil ihres Lebens war, so teilte er ihr Leiden. Ihr Schmerz wurde zu seinem. Etwas, dass sie fortan teilten.

Nichtsdestotrotz blieb etwas zurück. Etwas, dass ihn dazu bewegte sich selbst an den Cojones zu packen und die Rasharpriesterin aufzusuchen, um ihr endlich die Frage zu stellen, die ihm vor allem seit dem Tag der Hochzeit, als seiner Blume und ihm all die Glückwünsche überreicht wurden und die Erinnerung an ihre Situation zurückgerufen wurde, im Kopf umherschwirrte. Wäre es möglich, Rin durch ein Ritual zu heilen, damit sie in der Lage wäre, Kinder zu bekommen?

Eine Antwort erhielt er vor kurzem. Wenn auch eher indirekt. Das Gespräch warf mehr Fragen auf, als es eigentlich beantwortete und dennoch war er recht zufrieden mit dem Ergebnis. Es liege im Rahmen des Möglichen, wäre aber mit Prüfungen und der Gunst des Rasharvolkes und der Göttin selbst, die es zu gewinnen gab, verbunden. Sie konnte ihm zwar kein Versprechen geben, aber es reichte zumindest aus, um seine Hoffnung weiter zu nähren.

Das grössere Problem stellte eher das Gespräch mit seiner Ehefrau dar. An jenem Abend versicherte er ihr, dass er nicht zwingend Kinder bräuchte, um glücklich zu sein. Dass eine Beziehung mit ihr ihm mehr als genügen würde. Immerhin liebte er sie. Dass er weiter nach Lösungen suchen würde und sie es bis dahin einfach weiter versuchten, hat er auch erwähnt. Wie würde er ihr aber mitteilen können, dass er sich bei einem anderen Volk um mögliche Hilfsmittel erkundigte, ohne den Eindruck zu vermitteln, dass er gelogen hatte? Es war kein einfaches Unterfangen. Vor allem wenn man bedachte, dass die primitive Möwe nicht gerade talentiert darin war, die richtigen Worte zu finden und es manchmal schlicht an Sensibilität mangelte.

Trotz allem, dass er das Thema möglichst vorsichtig und mit gewählten Worten ansprach, sah man ihr das Unbehagen deutlich in ihrer Körperhaltung und dem Silberblau an. Den Blick, den sie ihm widmete, einer stummen Frage gleich, warum er ausgerechnet dieses Thema ansprechen musste, glichen einem Hieb in den Magen. Unwohlsein und eine gewisse Reue kamen in ihm auf. Doch hielt es ihn nicht davon ab, ihr über die Möglichkeit, die sich ergeben hatte, zu berichten. Er konnte gar nicht anders. Es wäre falsch gewesen ihr diese Information vorzuenthalten, denn er wusste ganz genau, wie sehr sie sich ein Kind wünschte. Man sah es der Blume an, wenn sie die Kinder beobachtete – lächelnd und doch mit einer gewissen Trauer im Blick. Letztendlich war es ohnehin bereits ausgesprochen und auch die Entscheidung überliess er ihr gänzlich. Sie zu etwas zu bewegen, was sie nicht wollte, dass passte ihm nicht. Ihr war die Freiheit genauso wichtig wie ihm und dazu gehörte auch die Freiheit, Entscheidungen selbst zu treffen.

Umso glücklicher machte es ihn, dass sie sich dazu entschloss, diesen Weg zu gehen und zu versuchen, die Gunst des Volkes und der Göttin für sich zu gewinnen. Dass sie zu Beginn zweifelte, dass dieses Unterfangen von Erfolg gekrönt werden würde, hatte sie schon am ersten Abend erwähnt, doch je mehr Tage verstrichen, desto zuversichtlicher erschien sie ihm. Das wiederum nahm einen direkten Einfluss auf ihn, da er sich davon mitreissen liess.
Herausforderungen würden auf die Beiden zukommen, denen es sich zu stellen galt und überwunden werden müssten. Es würde kein einfacher Weg werden, das war ihnen klar, doch lag Beiden etwas daran, es zu versuchen. Auch wenn das bedeutete, dass die Möwe, eine Person, die nichts für Götter übrighatte, sich mit einer eben solchen Identität auseinandersetzen musste.

Glauben war eines der Voraussetzungen, wenn sie ihren Wunsch erfüllt haben wollten. Es war grösste Herausforderung für Tom, selbst wenn er noch nicht wusste, welche Aufgaben man ihm auferlegen würde. Der schmuddelige Pirat war schlicht kein Freund solcher Dinge und bewegte sich fernab der Pfade, die man einem Gläubigen zuordnen würde. Nichtsdestotrotz erwischte er sich selbst dabei, wie er manchmal vor dem Kamin sass, den tanzenden Flammen zusah und im Kopf seine Bitten an Ahamani weiterleitete, in der Hoffnung gehört zu werden. Die Gebete selbst waren zwar geprägt von einer rauen Wortwahl, die nicht selten ins Cabezianische überging, und glichen mehr einem Gespräch zwischen Befreundeten, doch waren diese zumindest ernst gemeint.

Grundsätzlich konnte der schmuddelige Pirat sich aber nicht beschweren. Es ging ihm blendend. Er hatte eine wunderschöne Esposa, die ihn in allen Belangen mehr als nur verwöhnte und zudem seine manchmal anstrengende Art noch nicht satt hatte. Jemanden, dessen Nähe er geniessen konnte, ganz gleich in was für einer Situation die Beiden steckten. Und genau das liess ihn mit der gewohnten optimistischen Einstellung in die Zukunft blicken.


Zuletzt bearbeitet von Thomas Erlenhain am 04 März 2019 17:39, insgesamt einmal bearbeitet
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 11 Sep 2019 14:12    Titel:
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» Sehnsucht «

Wärme umfing sie, ummantelte sie sicher und sorgsam wie eine dicke, weiche Decke in kalten Wintertagen. Dieses Gefühl vermittelte ihr Sicherheit... und Geborgenheit, ein fester Bestandteil der Dinge, die sie brauchte. Und es war auch etwas, von dem sie wusste, dass es niemals verschwinden würde, da die Möwenschwingen sie stets halten würden. Sie hielten sie ... seit mehr als zwei Jahresläufen und es Bestand kein Zweifel darin, dass sie es noch für viele, viele Jahre tun würden. Widerwillig schüttelte sie, nach einigen weiteren Momenten der Geborgenheit, die dämpfende Trägheit ab, getrieben von dem Wissen, dass da Oben ein ganzer Hof samt Bewohner darauf wartete bestellt und bewirtet zu werden. Träge schlich das ihr eigene Silberblau über die vertrauten, aber noch leicht schummrigen Umrisse neben ihr und die Finger lösten sich von der warmen Taille um langsam hinauf zu streichen. Zäh folgten sie den verschwommenen Linien der Hautbilder, bis sie auf dem Abbild der Sirene innehielten – wo die Fingerspitzen sich schließlich regungslos ablegten. Ein kleines Seufzen drängte sich über die Lippen und die Stirn warf sich in Falten, als ihr gewahr wurde, dass da heute kein Hof und keine Tiere waren, die auf sie warteten - ihr Körper aber aus reiner Gewohnheit den Schlaf verlassen hatte und sie innerlich dazu drängte aufzustehen.
Die Versuchung, die schlafende Möwe neben sich zu wecken, schwappte für einen kleinen Moment einer Meereswelle gleich über Sie hinweg. Jedoch widerstand sie diesem Drang und anstatt sich wieder in die behütete Wärme seiner Nähe zu begeben, drückte sie sich langsam auf, um leise das Lager aus Fellen, Decken und Kissen zu verlassen. Sie konnte seinen vorwurfsvollen Blick deutlich vor ihrem inneren Auge sehen... vorwurfsvoll und schmollend, darüber dass sie ihn nicht geweckt hatte. Aber damit musste er leben, sie wusste genau was für ein großer Morgenmuffel ihr Ehemann war und so ließ sie ihn schlafen, bis der Punkt gekommen war, an den sie ihn gefahrlos wecken konnte - ohne das er sie direkt wieder mit sich unter den Decken begrub.

Es dauerte nur wenige Wimpernschläge bis sie sich im leichten Tropenwind, hoch Oben auf dem Leuchtturm der Isla, befand und langsam den Blick über das ihr dargeboten Bild lenken konnte. Die Sonne kämpfte sich gerade erst über die Bergkette hinauf, so dass die Pirateninsel vom feurigen Licht beschienen wurde. Es war viel zu lange her, dass sie sich die Zeit genommen hatte, hier Oben zu verweilen und sie hatte ganz vergessen, wie sehr sie diesen Anblick schätze. Von hier aus konnte sie den Hafen in seiner Gesamtheit erblicken, auch wenn zu dieser Stunde nur noch Überlebende des nächtlichen Trinkgelages über den Steg torkelten oder ein paar verfrühte Schiffe vor Anker gingen. Das Leben auf der Isla begann zumeist erst, wenn die Sonne schon höher hinauf geklettert war und der Rausch sich bei den meisten ausgeschlafen hatte. Mit einem tiefen Durchatmen schloss sie die Augen, die morgendliche Wärme der Tropensonne genießend, mit dem Wissen, dass, sobald sie wieder auf dem Festland waren, sie diese mit am Meisten vermissen würde. Auch wusste sie, wie viel Tom für sie aufgegeben hatte, damit er mit ihr auf dem Festland leben konnte – selbst wenn er ihr immer wieder beteuerte, dass es das Wichtigste für ihn wäre, bei ihr zu sein, wusste sie, wie sehr er die Zeit hier vermisste. Eben darum würde sie dafür sorgen, ein paar mehr Tage hier zu verbringen, der Knecht würde sich um den Hof und die Tiere kümmern, auch wenn es eine gewisse Nervosität in ihrem inneren schürte, so „lang“ fort zu sein.

Mit einem Schmunzeln ließ sie ihren Blick kurz zur Falltür wandern, welche den Weg hinunter in den Leuchtturm verbarg, ehe sie wieder auf die Bucht blickte, wo die Möwen bereits ihre Kreise zogen und die ersten Fischerbote nun langsam den Pier verließen. Ein wenig Wehmut, gar Sehnsucht machte sich bei den Anblick in ihr breit – sie erinnerte sich zu gut an die Zeit, als sie den Kontor noch am Hafen betrieben hatten, die Abende am Lagerfeuer des Strandes, die Tage unter der schwülen Hitze der cabezianischen Sonne. Das Jammern über die stürmischen Tropenunwetter, das Fluchen über die Schäden, welche jene Stürme immer wieder mit sich brachten – das Feilschen mit schmierigen Piraten und anderem Gesocks.
Die enge Bindung zwischen all den Bewohnern.
Pack schlägt sich, Pack verträgt sich.
Wie gern wäre sie hier geblieben, hätte sich einen Hof auf der Isla aufgebaut, eine kleine, beschauliche Spelunke betrieben und sich das Seemansgarn der Betrunken jeden Abend von Neuem angehört. Manchmal verlaufen die Dinge jedoch nicht so, wie man sie gerne hätte und unglücklich war sie auch gewiss mit ihrem Leben auf dem Festland nicht. Immerhin hatte sie dort Familie – aber es war etwas anderes als hier, auf der Insel der Piraten, auf der Insel der Freiheit. Mit ihrem Mann hatte sie immerhin ein Stück Cabeza an ihrer Seite, ein Stück der strahlenden Sonne und des stürmischen Windes, welches sie bis zum bitteren Ende festhalten würde. Sie hoffte das Er sich diese Seite immer bewahren würde, egal wie lange sie im rahalischen Reich leben würden, egal wie lange sie sich augenscheinlich an die Gesetze und Gebote dort halten mussten.

In den letzten Monden hatte sie eine Verbindung zu den Rashar hergestellt. Sie hatten angefangen sich den Prüfungen zu stellen – manche davon waren einfacher, manche schwieriger und wieder andere nahmen einiges an Zeit in Anspruch. Zeit, die sie sich jedoch gerne nahm, weil sie wusste, was am Ende dieses Weges, wenn Ahamani so wollte, auf sie warten würde und sie musste zugeben, dass sie mit der jungen Göttin wesentlich mehr sympathisierte, als für ihren Vater Alatar. Die Gebote und die Lebensweise hatten etwas... vertraulicheres für sie und ihre Kinder waren angenehmer, als jene von ihrem Vater. Erst gestern hatten sie den von RashNakKii gewünschten Pelikan eingefangen und so war es nun an ihr, wieder Kontakt zu der rasharischen Bäuerin aufzunehmen, damit sie mit ihrer Aufgabe fortfahren konnte. Das hatte jedoch auch Zeit, bis Tom und Sie die Isla wieder verlassen würden – für den Moment hieß es, diese seltenen Tage zu genießen und sich zurückversetzt in die Anfangszeit zu fühlen. Sie wusste, wie er sich freuen würde, wenn sie ihm nachher mitteilen würde, dass sie vor hatte, noch ein paar Tage länger zu verweilen. Mit einem tiefen Durchatmen schloss sie wieder die Augen, fühlte die warme Seeluft auf der Haut und verharrte noch bis zu dem Moment, an dem sie wieder hinunter steigen würde, um ihren Cabezianer zu wecken.
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Arina Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 21 Jun 2021 19:45    Titel:
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» Eine verhängnisvolle Fahrt «


Sie befanden sich nun schon lange auf Reisen. Mit dem Untergang der Isla La Cabeza hatte das Gefühl nicht nachgelassen, dass sie etwas verloren hatten. Der Hof in Grenzwarth hatte die erste Zeit ein wenig Ablenkung verschafft, doch war eher mehr wie eine rostige Abdeckung über dem eigentlichen Problem. Sie waren Heimatlos und die Entwicklung der alten Mannschaft gefiehl ihnen nicht.

»Irgendwann, mi dedalera, hab'n wir uns're eigene Isla.«

Wie oft hatte der Freibeuter diese Worte gesagt? Geboren aus Sehnsucht und einem gewissen wahnwitzigen Teil, der ihm stets anhaftete. War es so wahnwitzig? Wenn es La Cabeza gegeben hatte, muss es auch weitere Inseln geben, die so waren? Im optimalen Fall auch ohne eine gruselige Mahu. Irgendwann juckte es den Beiden schließlich zu sehr unter den Fingern und das geplünderte Schiffswrack in Grenzwarth wurde aufgegeben, damit sie mit dem nächsten Schiff auf Reisen gehen konnten.

Schon auf den ersten Schiff machte sich so etwas wie Vertrautheit in Rin breit und auch Tom konnte sie ansehen, dass er es vermisst hatte. Als würde ein verlorener Teil ihrer selbst wieder zu ihnen finden, so bald sie auf See waren. So verbrachten Monde damit von Schiff zu Schiff, von Hafen zu Hafen zu reisen, dabei nahmen sie durchaus Arbeiten auf den Schiffen an, damit sie mitgenommen wurden.

Irgendwann kam ihr Mann schließlich mit einem Strahlen im Meereblau seiner Augen zu ihr, in der Hand eine verwitterte Karte – ein breites Grinsen, voller Vorfreude auf seinem Gesicht.

»Rin! Schau mal her, was ich erbeut'n konnt'!«

Skeptisch hatte ihr Blick sich auf dem zerfledderten Stück Pergament, ein zweifelnder Blick, der Toms Begeisterung jedoch nicht trüben konnte.

»Wo has' du die her, Tom?«

»Beim „Aufgespießten Kraken“ gewonn'n.«


Ein kleines Schnaufen und ein vorwurfsvoller Blick wurde ihrem Mann zuteil, der es mal wieder nicht lassen konnte sich dem Glücksspiel hinzugeben. Ihren Blick quittierte er jedoch einfach mit einem Kuss auf ihren Mundwinkel, ehe er ihr die Karte zuschob.

»Nu' schau!«

»Aye aye.. immer mit der Ruhe.«


Mit einem Seufzen nahm sie die Karte entgegen, die schon die besten Tage hinter sich hatte. Sie war voll mit persönlichen Handnotizen, definitiv nicht von Tom und zeigte offenbar einen Weg an, um zu seiner abgelegeneren Inselgruppe zu gelangen. Alles andere als Vertrauenswürdig.
Vermutlich sah Tom die Zweifel in Rins silberblauen Augen, denn er schlang die Arme einfach um ihre Taille und drückte sie an sich.

»'S könnt' uns're Insel sein, mi dedalera.«

»Ich weiß' nich' Tom... das sieht nich' so aus... als wär's 'ne schlaue Idee, no?«


Doch der Enthusiasmus in seinem Blick war ungebrochen und deutlich schüttelte er den Kopf.

»Wer nich's wagt, der gewinnt auch nich's! Wir sind scho' zu lang' auf Reis'n und ich möcht' dich und mich einfach wieder im Leuchturm seh'n.«

Ein Funken Wehmut breitete sich im Inneren der Weißhaarigen aus, als sie an den Leuchtturm auf La Cabeza dachte, den sie so lange bewohnt hatten und mit einem Seufzen willigte sie schließlich an.

Und damit begonnen die Vorbereitungen. Sie mussten ein Schiff finden, welches bereit war sie in die Nähe der Inselgruppe zu bringen, die laut den Seemännern jedoch umgeben war von unheilbringenden Riffen. Manche erzählten von Sirenen, welche die Kerle verführen würden, andere behaupteten, dass dort Kraken oder Seegeister ruhen würden. Für Rin weniger vertrauenerweckend, doch Toms Begeisterung war ungebrochen und so konnte auch sie sich nicht dazu ringen lassen, ihm vom Gegenteil überzeugen zu wollen.

Es dauerte eine Weile bis sie ein Walfangschiff gefunden hatten, welche bereit war sie mitzunehmen und sie gaben ihr letztes, gespartes Gold dafür, dass sie das Beiboot nutzen durften, so bald sie in Reichweite des Riffs waren.

»Und du bis' dir ganz sicher, ay', mi verano?«

Ein unsicherer Blick gen Tom folgte, während sie das Schiff betraten und er widmete ihr das breite, sympathische Grinsen, welches sie so sehr an ihn liebte.

»Si, der Kerl war immerhin selber mal dort und hat von den einzigartig'n weiß'n Stränd'n und Klipp'n der Islas erzählt.«

Stillschweigend betrachtete sie ihren Mann noch einen Augenblick, ehe ein kleines Nicken folgte, während sie das Schiff der Walfänger betraten. Das erste was sie taten war das Beiboot des Schiffes zu kontrollieren und es machte tatsächlich einen sehr guten, robusten Eindruck. Es war sein Gold wert.

Die Fahrt bis zu den Riffen verlief recht ereignislos, das Meer war ruhig, auch wenn sich immer mal wieder am Horizont eine dunkle Linie abbildete, als würde ein Sturm näher kommen – doch er zog immer wieder davon. Schließlich war der Tag gekommen, an dem sie das Beiboot in mehr unruhiges Gewässer niederließen um das Schiff der Wahlfänger für ihre letzte Reise zu verlassen. Das Meer schaukelte zwischen den Riffen, brach sich hier und dort an den schroffen Gestein und Rin konnte auf den ersten Blick erkennen, dass das gewiss kein einfacher Weg sein würde – aber es erschien auch nicht unmöglich und so packte sie an, damit sie sich nach und nach einen Weg, wie die Karte es ihnen zeigte, zur Inselgruppe bahnen konnten. Die Inselgruppen waren bereits am Horizont zu sehen und führten zu einem ungeahnten Hochgefühl in der Brustgegend der Rumbrennerin.

Doch dann kippte das Wetter. Der Sturm, der die ganzen Tage über nur in der Ferne zu sehen gewesen war, brauste nun unaufhaltsam näher, brachte hohe Wellen und kalten Wind mit sich. Die Finger schlangen sich enger um die zitternden Ruder, die Kälte fraß sich durch die Seemannsmäntel hindurch. Die ersten Momente schafften sie es noch das Boot zwischen den rauen Riffen hindurch zu manövrieren, doch die ureigene Strömung, welche die Inselgruppen zu umgeben schien, sowie die stürmischen Wellen forderten schließlich ihren Tribut.

In einem letzten Moment konnte sie noch das Gesicht von Tom sehen, in dem zum ersten Mal ehrliche Angst zu erkennen war, ehe eine heftige Welle das Boot erfasste und es wie eine Nussschale gegen die Steine schmetterte. Ein letzter Blick – dann Schwärze und sie bekam nicht mehr mit, wie ihre Lungen sich mit Wasser füllten und der letzte Funke von Leben schließlich aus ihr wich.
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Thomas Erlenhain





 Beitrag Verfasst am: 13 Jan 2022 08:20    Titel:
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» Endstation, Ziel erreicht «


Mühevoll und nach Luft schnappend, zerrte er sich und Rins leblosen Leib an den Strand der Tropeninsel, die sie ansteuern wollten. Tom hatte das Glück - oder Pech, wenn man s aus seinr Sicht betrachtete - den Aufprall gegen die Felsenwand überlebt zu haben. Die Schwärze umgab ihn zwar auch, doch im Gegensatz zu seiner Geliebten vermochte er es sein Bewusstsein wiederzuerlangen, bevor er in der Tiefe des Wassers ertrank. Für Rin jedoch, war jede Hilfe zu spät. Er konnte nur noch ihren Leib aus dem Wasser bergen.
Noch bevor er das Wasser aus seinen Lungen gänzlich ausgehusten und richtig nach Luft geschnappt hatte, stiess er einen qualvollen Schrei aus, der selbst den Sturm für den Moment zum Schweigen brachte. Im nahegelegenen Dschungel streckten Vögel obdessen auf und flogen hoch in die Lüfte. Die Arme des Piraten schlossen sich um Rin, zogen sie näher zu sich heran und umarmten den Körper in einer verweifelten Geste. All die Vorfreude, all die Pläne, die er sich im Kopf ausmalte und seiner Rin mit Begeisterung in den Augen weiter erzählte, verflüssigten sich von einem zum nächsten Moment. Eine falsche Entschedung seinerseits, ein Wimpernschlag und alles war vorbei.

Er wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, als er den Kopf wieder von ihrem Hals anhob, an dem er sein erschöpftes und von der Trauer gekennzeichnetes Gesicht verbarg. Der Sturm jedoch war bereits weitergezogen und eine unheimliche, stechende Stille zog ein, die ihn durchgehend, stumm an seinen Verlust erinnerten.
Da sass Tom nun, allein auf der eigenen Insel, die sich seine Ehefrau und er sich immer wünschten, seit Cabeza unterging. Sie hatten ihr Ziel erreicht, aber zu welchem Preis? Sie hatte ihm wiederholt gesagt, dass sie sich bei seinem Vorhaben unwohl fühlte und er ignoriere sie. Zu gross war sein Verlangen nach einem neuen Abenteuer, danach, ihren Wunsch endlich zu erfüllen. Und nun trieb er sie damit in den Tod. Das war kein Leben, dass er führen wollte. Nicht, nachdem er solch ein Band mit ihr gefestigt hatte. Sie waren eins - ohne Rin gab es keinen Tom.

Für ihn waren die nächsten Schritte deswegen rcht schnell entschieden. Mithilfe von Treibholz und seinen Händen grub er ein Loch in den weissen Sand der Tropeninsel, von dem Rin so sehr schwärmte, seit Tom ihr erzählt hatte, was der Kerl ihm über die Insel berichtete, von dem er die Karte gewann. Nachdem die Arbeit vollrichtet war, stieg er vorsichtig in das Loch und hob Rins leblosen Körper vorsichtig, als bestünde sie aus feinstem Porzellan, hoch, um sie darin zu platzieren. Die Hand führt über ihre Wange, streich ein paar der Strähnen hinter ihr Ohr, we er es immer bei ihr zu tun pflegte, ehe er wieder hinauskrabbelte.
Sein Werk war aber noch nicht vollendet. Sie hatte mehr verdient als ein schäbiges Loch. So machte er sich auf den Weg in den Dschungel, samelte dort Steine und Hölzer, um daraus eine Art Altar zu bauen, den er letztendlich mit diversen tropischen Pflanzen schmückte, die Rin so mochte, um ihr jenes zu widmen. Es war das indeste, dass er als Entschuldigung für sie machen konnte.

Letztendlich stieg er aber wieder zu ihr in das Loch, in der rechten Hand seine Pistole, die er so liebte. Geladen, der Spannhahn bereits zurückgezogen. Langsam legte er sich neben ihr hin, blickte kurz zu dem Himmelszelt empor, an dem die Wolken brachen und erste Lichtstrahlen hindurchliessen, eh die meeresblauen über ihre 'schlafende' Mimik fuhr. Ein wenig umständlich schlang er die Arme um ihren Leib, um sie zur Hälfte auf sich zu ziehen. Der eine Arm angewinkelt und die Hand auf seiner Brust platziert, das eine Bein über seine geschoben - so, wie sie für gewöhnlich abends auf ihm einschlief.
Schliesslich, mit tiefer und langgezogener Atmung und einer Träne, die über die Wange kullerte, legte er seine Hand um ihre, die auf seiner Brust auflag. So griff er nach der Pistole und legte ihren, wie seinen Finger um den Abzug und setzte den Lauf an seiner Kehle an, so dass die Kugel in einen Kopf wandern würde, sobald er abdrückte.

»Bald sin' wir wieder vereint, mi dedalera.«

...raunte er noch und versiegelte seine Lippen liebevoll mit den ihren für einen letzten Kuss, ehe er gemeinsam mit ihr den Abzug der Pistole betätigte.

Nur noch ein lauter Knall war auf der Insel zu hören, ehe die Stille sich wieder darüber legte. Sie waren vereint, gemeinsam in einem Grab an dem Strand der Insel, die sie ihr neues Zuhause nannten. Sie hatten ihr Ziel letztendlich erreicht, wenngleich nicht auf die Art, die sie sich erträumt hatten. Die folgende Flut würde dafür sorgen, dass der Sand das Loch füllen und ihre beiden Leiber für immer verschlucken würde. Weit ab jeglicher Zivilisation auf einer Insel, die aufgrund der tödlichen Riffe vermutlich so schnell von keiner Person gestört werden würde.
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