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[Q] Der Wert liegt im Detail
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » [Q] Der Wert liegt im Detail
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 16 Jul 2019 15:05    Titel:
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Da draußen gab es so viel zu entdecken.
So viele Erinnerungen, so viel Wert im kleinsten Ding.
Gleichmäßig klackten die Kettenglieder durch die Finger, umhüllt von dem schwarzen Nichts. Wie fein sich doch die Perlen anfühlten, wie eben und glatt. An welchen Halse sie sich wohl eigentlich schmiegen sollten? Nur eine feine Dame könnte dies Geschmeide kleiden und der feinen Haut einen eigenen Glanz verleihen. Doch das kleine Geschmeide würde nie seine Bestimmung finden. Es ruhte zwischen schlanken Fingern, die das Abtasten zum Zeitvertreib nutzten.

Da draußen...
Er sehnte sich. Nach Erinnerungen, nach weiteren Dingen und Gegenständen.
Er hatte die Einladung doch ausgesprochen und doch...
blieb der Garten leer und ohne Besuch.
Er wollte doch nur das Wertvollste.
Nicht mehr, nicht weniger.

Vielleicht war der Mensch anders gestrickt, als er es einst war. Wie viel Zeit war vergangen, seit er selbst...? Unwichtig. So unwichtig diese kleinen Fragen, die so oder so keine Antwort haben würden.

Wenn sie nicht kamen, so würde er sie alle einladen müssen.
Jeden einzelnen.

All jene, die bestohlen würden, würden nun träumen. Den gleichen, seltsamen Traum. Unabhängig würde der kleine Zauber sie erreichen und sich in ihre Köpfe hineinweben, um die Bilder zu erhalten:

Zwei tote Bäume stehen rechts und links von einem steinernen Eingang. Wie stumme Wachen scheinen sie dich anzusehen und zu mustern. Du fühlst dich für einen Moment klein, unsicher, zweifelnd, bis dir klar wird, dass Bäume keine Augen haben. Du spürst einen Windzug, der aus der Tiefe zu kommen scheint. Dumpf, muffig, ein Hauch kühler als jene Luft hier oben. Die Treppen... sie rufen dich hinab.

„Ich warte auf dich.“

Eine Stimme flüstert dir ins Ohr, sanft, einladend. Die Ahnung eines Versprechens liegt in diesen Worten.

Plötzlich umgreifen die starken Äste eines Baumes dich, doch du bist nicht mehr oben im Freien, nein. Gänge umgeben dich, die Luft ist stickig und das Licht so mäßig, dass du nur erahnst, wo du dich befindest. Dieser lebende Baum greift nach dir, hebt dich hinauf vom Boden und hinauf in schwindelerregende Höhen. Dir stockt der Atem, du weisst weder, wo oben noch unten ist. Doch da, neben dir! Ein Garten! Du hast ihn noch nie wahrgenommen, hier unten. Dabei dachtest du, das all das Vergessene hier wiederentdeckt wurde.

„Ich warte auf dich. Nur herein...“

Es lockt dich, es ruft dich. Eine leise Ahnung durchströmt dich, wie mächtig dieses Locken ist... samt der Macht dahinter.
Plötzlich lässt der Baum dich fallen.
Du fällst.
Fällst tief... ins bodenlose... ins Schwarze.

Bis du schweißgebadet aufwachst.
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Maria Wildschuetz





 Beitrag Verfasst am: 16 Jul 2019 15:42    Titel:
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Schweißgebadet wacht sie aus ihren Träumen auf. Sie wollte nur, nachdem sie einen Pfirsich gegessen hatte, der ihr nicht bekommen ist, ein wenig die Augen zu machen und ihrem Magen die Möglichkeit geben zur Ruhe zu kommen. Sie sollte sich mal angewöhnen Obst nicht in ihrer Tasche mit Pilzen zu sammeln.

Doch der Pfirsich war sicher nicht daran Schuld das sie diesen Traum hatte. Selbst jetzt noch, hatte sie das Gefühl, als wäre etwas eingedrungen in ihren Schlaf, in ihre Traumwelt. Mutter erzählte einmal, dass Feen in die Träume der Kinder oder Menschen eintreten, um die Träume mit ihnen zu teilen oder auch die schwarzen Männer, um die Träume zu vergiften. Doch dies war anders. weder lieblich verändert, wie man es sich von Feen vorstellt, noch grausam vergiftet wie man es sich von den schwarzen Männern vorstellt.

Hier ging es um was anderes, sie hatte das Gefühl Etwas oder Jemand erwarte sie, warte darauf das sie erscheinen möge. Ihre Gedanken kreisten um den Traum …. Zwei tote Bäume die links und rechts eines steinernden Eingangs standen. Wo könnte das sein, sie wußte sie hatte dieses Bild welches sie im Traum gesehen hatte, auch schon mal beim Kräuter sammeln gesehen. Sie konnte sich jetzt nur nicht daran erinnern wo es war, aber sie hatte eine Ahnung.

Sie wollte Marie danach fragen und dann am Abend ihrer Schwester und ihren Freunden davon berichten und sich mit ihnen auf die Suche machen.

Zwei tote Bäume vor einem steinernen Eingang …. das war ihr Ziel.
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 18 Jul 2019 16:19    Titel:
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    Sanft raschelte der Sommerwind, strich die laue Nachtbrise über ihre Wangen. Die neu aufgestellten Tische und Hocker im Garten des Hort des Wissens versanken in der zunehmenden Dämmerung als Elinor die Kerzen, eine nach der anderen, für die Nacht auspustete.

    Während sie von Kerze zu Kerze wanderte, kam sie nicht umhin, noch einmal über diesen seltsamen, interessanten – vor allem interessanten! - Fall nachzudenken: Die Diebstähle, die sich so unterschieden und gleichsam ähnelten.

    Zwar war die Verbindung rasch von allen gezogen worden: Die Diebstähle von materiell wertlosem Zeug, das aber den Besitzern ein kostbarer Schatz war – und das Auftauchen eines „Schemens“, der danach fragte, was den Leuten viel wert sei.
    Elinor hatte gezögert, die Verbindung gar zu schnell als gegeben vorauszusetzen, um keine falschen Schlüsse zu ziehen. Aber in der Tat – verglich man alle Berichte, so war da eine Verbung: Das Lachen. Das körperlose Lachen, das auch im Regiment gehört worden war, als man einen Zeugen zum vermeintlich herkömmlichen Diebstahl in Bajard vernommen hatte.

    Es war schwer, ein Wesen zu analysieren, das sie noch nie persönlich zu Gesicht bekommen hatte. Aber anhand einiger Berichte, Nachfragen und magischer Vorführungen schien es immer plausibler, dass auf die ein oder andere Art Magie im Spiel war. Ebenso konnte man halbwegs sicher ausschließen, dass es sich um eine Illusion oder ein direkt fremdkontrolliertes Wesen handelte. Vielmehr ließ alles auf eine eigenständige Kreatur schließen. Aber was für eine? Tatsächlich ein Geist, den Gerüchten folgend? Aber Geister pflegten für gewöhnlich kein sonderliches Interesse an materiellem Besitz mehr zu haben. Zumindest konnten sie seiner nicht habhaft werden.
    Ein magische Kreatur? Gar ein Liedwirker, der sein Äußeres entsprechend angepasst hatte?

    Um das herauszufinden, blieb ihr nichts übrig, als „den Schemen“ selbst eimal zu Gesicht bekommen. Und da war ihr im Gespräch mit Moira und Daron ein Geistesblitz gekommen...

    Irgendwo in den alten Bäumen, die den Hort des Wissens umgaben, ertönte der Ruf einer Eule. Elinors Blick ging in die zunehmende Dunkelheit herauf. Es war still hier, so viel stiller, als Adoran des Nacht je sein konnte. Tröstlich, unheillvoll, sanft, undurchdringlich.
    Sie ging zurück zum Gebäude, schloss ab, und setzte sich auf die Treppenstufen, um noch eine Weile ihren Plan zu sortieren und im Licht des Leuchtsteins vor dem Hort eine Vorschrift für ein paar Einladungen in ihr Notizbuch zu schreiben.
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Orban Sirgen





 Beitrag Verfasst am: 18 Jul 2019 23:16    Titel:
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    Es sollte ein ruhiger Nachmittag werden. So wie 'meistens'. Tordienst am Westtor und danach um private Dinge kümmern die anfallen könnten. Aber mit dem Auftauchen der Rekrutin an seiner Seite hatte nicht einmal er gerechnet. Die kannte er noch nicht einmal. Nie bei der Truppenvorstellung gesehen. Nie bei Aufstellungen gesehen. Bei keinen Unterrichten. Bei keinen Patroullien. Und dann stand sie aufeinmal neben ihm, hatte einen Wisch in den Händen mit dem sie unbeholfen herum fuchtelte und ihn dabei hilfesuchend anstarrte. Etwas 'Auffälliges' ansehen sollte er sich. Etwas Dienstinternes. Während der Unheil drohende Waffenkopf schon in östliche Richtung gen Stadtinneres deutete, stapfte die zur Wegweisern degradierte schon voran...

    ...Sie hatten den Marktplatz gerade betreten und waren dabei, ihn zielstrebig zu überqueren, als ihn plötzlich eine sonderbare Wahrnehmung überkam und zwang, instinktiv langsamer zu werden. Etwas beobachtete sie, folgte ihnen. Menschenaugen? Neugierige? Nein; - das Treiben am Markt war wie üblich. Das Dreierpack neben dem großen Brunnen schnatterte und gackerte über Getuschel und Höhnerei, umtriebige Händler die versuchten Waren feil zu bieten oder feil gebotene Ware einzukaufen. Vögel die ihre Runden zogen. Nichts ungewöhnliches also, und die Rekrutin warf ihm auch schon einen fragenden Blick zu während er sich da so unnachgiebig umsah...

    "Gardist? Alles in Ordnung?"

    ...Er sah zurück in ihre unsicheren Augen. Ein Kopfschütteln, um die Situation als Unwichtigkeit abzutun. Doch dann ertönte es. Das Altbekannte. Aus dem Sinn aber nie aus den Erinnerungen Verschwundene. Das Unheimliche. Geheimnisvolle. Ein Flüstern, das wie ein Säuseln mit dem Wind durch seine Gedanken getragen wurde. 'Was ist das Liebste, dass Du zu verlieren fürchtest?' Diese Frage hatte er schon einmal gehört. Und dieses darauffolgende, leise Lachen von undefinierbarer Natur. Es umschlang ihn, ließ seine Gedanken verrückt spielen. Mitleid unterdessen für die Figur der Rekrutin, die aufgrund seiner nach Wahnvorstellung aussehenden Gestikulierung nicht mehr wusste, wie ihr geschah. Und dann war es wieder da. Das Säuseln, das Gelächter. 'Du hast mir das letzte Mal kein Geschenk hinterlassen, Gardist.' Die zunehmenden Windstöße. Er hatte dem keine Beachtung geschenkt - und doch war es so schnell vorbei, wie es auch angefangen hatte: das Barett, das in dieser Einheit als Merkmal für langjährige Treue gegenüber Krone, Reich und Regiment stand. Für ihn als erfahrener Soldat ein besonderer Verlust, war das Militär doch seit der Jugend ein Teil von ihm wie der natürliche Blutfluss in den Arterien...

    ...Weg. Weg das einfache Uniformsstück. Weg ein Teil von dem, was seine Zugehörigkeit zur Truppe kennzeichnete. Geblieben nur, der fade Beigeschmack des Verlustes...


Zuletzt bearbeitet von Orban Sirgen am 18 Jul 2019 23:25, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 21 Jul 2019 00:00    Titel:
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    Stille hatte sich einmal mehr über den Hort des Wissens gelegt. Es war nicht mehr die Stille, die ihn so lange umfangen hatte, als seine Türen verschlossen waren, nicht die staubige, leere Stille eines Gebäudes voller Erinnerungen, voller Worte und Gedanken, die nicht mehr gehört wurden.
    Diesmal war die Stille anders. Nicht mehr drückend und verlassen, seit die Regale abgestaubt waren, die Bücher darauf harrten, neu sortiert zu werden und auch der alte Bibliothekar wieder zufrieden am Tisch im Eingangsbereich saß.

    Und doch hing an diesem Abend eine gewisse Melancholie in der Stille, strich um die Regale, kroch um die Säulen und Podeste. Sie war schwer zu greifen, lockte kurz mit einem Hauch von Nostalgie, trotzte unvermittelt mit drückender Schwermut vergessen geglaubter Erinnerung, nagte mit der Frage, ob es der Hilfe bedurft hätte. Noch bedurfte.

    Ein Leben, in der Zeit jede Bedeutung verloren hatte. In der Sein und Nichts verschwammen. Wie einsam, wie unendlich traurig musste das sein. Selbst, wenn die Bedeutung dieser Emotionen längst vergessen waren.

    Elinor war wieder ins Obergeschoss des Horts gegangen, stand an jenem Flecken, auf dem sie gestanden hatte, als diese Gestalt aufgetaucht war. Die Gestalt, die Berichte vor dem ihren „Schemen“ genannt hatten. Es war in der Tat schwer, etwas Zutreffenderes zu finden für diese finstere Gestalt, die so ungreifbar war und doch direkt vor ihnen, gut einen Kopf größer als sie, mit einer Stimme, die mal geisterhaft fern klang und dann wieder nah, tief, freundlich, fast sanft.
    Doch diesmal war da nur Stille vor ihr, und das Muster der dunklen Fließen dort, wo die Gestalt wieder verschwunden war, nachdem sie den Bannkreis um sie gelöst hatte.

    Es war ein Geschenk, hatte Feliciana gesagt, und sie hatte recht: Es war ein Geschenk, einen Einblick erhalten zu haben in die Beweggründe dieses Wesens. Beweggründe, die so anders waren als angenommen, die nichts von Gier oder Habsucht zeigten, keine niederen Beweggründe erkennen ließen, nichts bezweckten, außer den Wert des Vergessenen aufzuzeigen, ob schmerzhaft oder tröstlich.
      Wenn alles erfahren ist, alles verstanden ... dann bleibt nur noch das Vergessene, verborgen vor dem Suchenden.
      Der Preis, alles zu wissen. Die Gesamtheit dessen, was
      ist, zu kennen.

    Vergessen, wer man einst war. Wer man wurde.
    Welch Schicksal.
    Und doch, welch Geschenk das Wesen ihnen gemacht hatte. Sie hatten hinter die vermeintliche Wahrheit geschaut und eine ganz andere Wahrheit gefunden.

    Nachdenklich drehte Elinor das Vergissmeinnicht in der Hand, dass Feliciana ihr gegeben hatte und wandte sich der Treppe ins Erdgeschoss zu.
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 22 Jul 2019 00:12    Titel:
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    Ewigkeit.
    Niemals endend.
    Für immer.
    Ewig.

    Das schiere Ausmaß des Konzepts der Ewigkeit war etwas, das sich dem menschlichen Geist stets wieder entzog, wenn man einmal vermeinte, es sich erfolgreich vorgestellt zu haben. Und dann war es immer noch unendlich viel länger, unendlich viel weiter, unendlich viel unendlicher.

    Eine Ewigkeit lang alles gesehen zu haben, alles gehört zu haben, alles gefühlt zu haben.
    Eine Ewigkeit lang alles zu kennen, alles zu wissen.
    Eine Ewigkeit lang alein zu überdauern.
    Eine Ewigkeit lang einsam.

    Obschon es vermessen, und vielleicht auch unsinnig, war, sich in das Wesen des Schemens einfühlen zu wollen, schnürte der Gedanke an eine derartige Existenz ihr das Herz zusammen. Für sie selbst bei dem Gedanken, so existieren zu müssen. Für die Kreatur bei dem Gedanken, dass er so lebte.
    Eine Ewigkeit lang.

    Ursprünglich hatte sie für sich beschlossen, auf keinen Fall mitzugehen um seine Herausforderung anzunehmen. Weder Gier noch kriegerische Herausforderung erschienen ihr sonderlich reizvoll. Nun allerdings...
    Es war unerwartet tröstlich gewesen zu hören, dass er nicht nur in ihr ein Gefühl der Sorge und des Mitleids ausgelöst hatte. Und als der Gedanke gefallen war, dass die Annahme dieser Herausforderung womöglich auch einen Weg darstellen könnte, zu helfen – nachhaltiger zu helfen, als sich nur als kurzfristige Ablenkung anzubieten, als flackerndes, verlöschendes Lichtlein in ewiger Nacht – hatte auch Elinor sich eingestehen müssen, dass ihr Entschluss vielleicht überdacht gehörte.

    Nachdenklich ging ihr Blick zu ihrer Teetasse, die am anderen Ende des großen Gemeinschaftstisches stand wie für einen unsichtbaren Gast, der dagewesen aber wieder fort war. Eine kleine Geste, so hilflos wie bemüht wie – aller Wahrscheinlichkeit nach – sinnlos.
    Trotzdem. Vielleicht war die Geste etwas wert. Und wenn nur, belächelt zu werden.
    Eine neue Tasse wurde gegriffen und befüllt. Es gab Arbeit zu tun, und es arbeitete sich am Besten mit Tee. Mochten die Götter Feliciana segnen für den Tee, den sie wieder mitgebracht hatte.



    Samt Teetasse wandte sie sich den Bücherregalen zu. Seit dem Einsturz des alten Gebäudes und Einzug in den Neubau waren die wenigen Schriftwerke, die das Unglück überlebt hatten, immer noch nur notdürftig sortiert, zum Teil bereits in neue Regale gestellt, zum Teil noch in Bücherkisten. Einige wiesen noch Spuren des Staubes auf, der sich allgegenwärtig über die Ruine gelegt hatte, die einst das Konzil gewesen war.
    Es war weniger leicht, die Suche einzugrenzen, als sie gedacht hatte. Was erhoffte sie sich? Informationen. Hintergründe zu jenem Wesen, vielleicht einen Namen, eine Geschichte. Hatte womöglich einst ein Forscher oder Liedwirker existiert, der in seinem Streben, alles zu erkunden, alles zu lernen, sich in diesem Drang verloren hatte? Und falls ja, gab es Zeugnisse davon, Berichte, Tagebuchaufzeichnungen? Doch die Ewigkeit hatte die Eigenheit, ewig zu sein. Was, wenn diese Person in einer Zeit gelebt hatte, lange bevor schriftliche Dokumente existiert hatten? Mochte es zumindest noch Legenden geben, die ihn kannten? Oder war seine weltliche Existenz für alle Zeiten vergessen?

    Vergessen...

    Doch für den Moment blieb die Suche, zumindest im Konzil, erfolglos. Alfaran, der mancher Tage eine wahre Nachteule war, versprach, durch alte Inventarslisten zu sehen – und auch wenn die Aussicht auf Erfolg eher gering erschien, war Elinor dankbar, dass der Arcomagus seine kostbare Zeit dafür zu opfern bereit war.

    Blieb der Hort des Wissens – der, obschon seit kurzem ein Gesamtkatalog über die eingeordneten Bücher bestand, immer noch kistenweise unsortierte Bücher verbarg.
    Es versprach, eine lange, einsame Nacht zu werden.
    Aber nur der Bruchteil eines Wimpernschlages eines Sandkörnchens der Ewigkeit.






Zuletzt bearbeitet von Elinor Tiefenbruch am 22 Jul 2019 00:28, insgesamt einmal bearbeitet
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Maria Wildschuetz





 Beitrag Verfasst am: 22 Jul 2019 16:44    Titel:
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Nachdem Tedean, wie versprochen, mich nach Haus begleitet hatte, war mein größter Wunsch zu schlafen. So legte ich mich nach der Abendtoilette zu Bett und starrte über mir die Matratzenunterseite an. Langsam verlor sich mein Blick und meine Gedanken schweiften zur Besprechung des gestrigen Abends.

Nachdem die ersten chaotischem Augenblicke vergangen war, wurde über das Erscheinen des Schemens erzhält und was es an Wege offen legte. Ein Wesen welches zu Lebzeiten nach Wissen gestrebt hatte und über die Suche und das Erlangen von Wissen, sich selbst und seine Bedürfnisse vergessen hatte. So hatte ich es jedenfalls verstanden.

Dieses Wesen hatte einige Wege offen gelassen, man könne sich der Gier hingeben und wohl auch somit dem Kampf oder aber dem Abwarten und somit dem Vertrauen. Wer sich der Gier und dem Kampf hingeben würde, solle wissen, das er damit auch sein Leben riskieren würde und der der abwartet und vertraut, würde sein Eigentum ebenfalls zurück bekommen.

Feli hatte auch nochmal über das Wesen erzählt und beim zuhören kam mir der ein oder andere traurige Gedanke. Dieses Wesen scheint mir ein ganz ganz trauriges Wesen zu sein. Wenn es wirklich so was, das er sich über das Wissen sammeln, selbst verloren hat, dann muss man dem Wesen helfen. Etwas zu entwenden, um zu sehen welche Gefühle dabei bei Anderen entstehen und auch wieder Wissen zu erlangen, das ist doch schlimm.

Als alle Anwesenden ihre Gedanken und Bedenken erklärt hatte, passierte es plötzlich. Vor uns erschien das Wesen, ich fiel fast rücklinks vom Stuhl, hätte Tedean mich nicht aufgefangen. Eigentlich bekam ich gar nicht soviel mit was gesagt wurde, außer das Sophia ihm wohl am liebsten sofort an die Gurgel gegangen wäre. Doch ich hatte das Gefühl das in der Luft Trauer, Einsamkeit und Wehmut lag. Ach jetzt sprach er wieder Einladungen aus, Einladungen unsere Dinge die uns am Herzen lagen zu holen, aus den Höhlen der vergessenen Ebenen. Dort wo er Lebte, vergessen aus einer anderen Zeit. Nachdem er verschwunden war, schloss man sich noch einmal kurz und man wollte schnell einen Zeitpunkt finden, an dem man sich traf um in die Höhlen der Vergessenen Ebenen zu erforsche, die Dinge wieder zu finden, die entwendet wurden.

Ich für meinen Teil werde gehen, aber weder aus Gier, noch aus Groll, noch um dem Wesen kein Vertrauen zu schenken. Sonder weil er mich, genauso wie die anderen Eingeladen hat. Für mich ist die Einladung eine Art Bitte, ihm zu helfen die Ewigkeit endlich zu überwinden.
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 01 Aug 2019 09:42    Titel:
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    Bisher war die Suche nach Hinweisen oder Informationen über dieses Wesen erfolglos geblieben. Noch mochte sie aber nicht aufgeben.
    Nachdem Regiment und Ritterschaft ihre entgültige Entscheidung gegen die Expedition getroffen hatten, war vermutlich zumindest mehr Zeit, sich mit der Recherche zu befassen.

    Leise schloss Elinor das letzte durchblätterte Buch, einen staubigen Folianten, einer der wenigen, der aus der Ruine des alten Konzils gerettet werden konnte. Es fehlte an Aufzeichnungen mündlicher Überlieferungen der ferneren Vergangenheit. Womöglich war das Wissen über dieses Wesen vergangen mit den letzten Leuten, die darüber gesprochen hatten. Wer wusste schon, vor wievielen Jahren.

    Jedenfalls war es ein Dilemma.
    Sie stimme mit Feliciana absolut überein, dass hinter diesem Wesen mehr steckte als ein beliebiger „Feind“ der aus Jux und Dollerei etwelche Spielchen mit den Lebenden veranstaltete. Zwar war es gefährlich, zu viel in die Kreatur und seine Intentionen hineinzudenken – aber zumindest gab es zunächst keine Anhaltspunkte für tatsächliche Bösartigkeit.
    Aber eben auch nicht für ein friedliches Wesen.

    Sie war schon zuvor hin- und hergerissen gewesen. Die Herausforderung selbst war vom Schemen klar formuliert worden als eine riskante Unternehmung, die sich an Jene richtete, die von Gier oder Abenteuerlust getrieben wurden. Ein ewiger Kreislauf, inszeniert durch ihn – in welchem Rhythmus? Zu welchem Zweck? War es nur Abwechslung im monotonen Grau der Ewigkeit, oder steckte mehr dahinter?
    Eingangs war sie recht entschlossen gewesen, sich davon fernzuhalten und die Herausforderung anderen zu überlassen. Ihre Stärke hatte noch nie auf dem Schlachtfeld gelegen.
    Dann hatte großer Konsens geherrscht, gemeinsam zu gehen. Dem hätte sie sich bereitwillig angeschlossen – im hinteren Teil der Gruppe, zwar auch als Unterstützung, vorrangig aber in der Hoffnung, mehr über das Wesen zu erfahren.
    Der Konsens war wieder vergangen – und in diesem Fall konnte es Elinor Ritter Heinrik nicht verdenken, dass seine Entscheidung gefallen war, wie sie nunmal gefallen mal. Auch, wenn sein Versuch, ihr die Teilnahme zu „verbieten“ lächerlich war. Aber angesichts des Umstandes, dass es sich um Ritter Heinrik handelte, musste man über die Formulierung hinwegsehen und sich auf den Inhalt konzentrieren: Eine deutliche Bitte, aus fundierter Sorge geboren.
    Das Risiko war in der Tat nicht abzuschätzen, der Einsatz aber nicht notwendig. Es bestand durchaus die Möglichkeit, geduldig abzuwarten – und sollte in der Tat niemand sonst der Herausforderung nachkommen, so konnte man immer noch handeln. Aber Gier und Wagemut waren auf Gerimor weit verbreitet, man musste davon ausgehen, dass sich die Dinge entwickeln würden.

    Nur um die Möglichkeit, mehr herauszufinden, war es definitiv schade.
    Aber vielleicht ergab sich spätestens bei der erhofften Rückgabe der abhanden gekommenen Gegegenstände eine Möglichkeit, nochmal ins Gespräch zu kommen.
    Und dann waren da noch die Bücher...
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Auriane Treuwind





 Beitrag Verfasst am: 07 Aug 2019 12:23    Titel:
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Lebhaft und meditativ knisterte das immerwährende und immerwärmende Feuer im Kamin des Hortes. Das Wasser, versteckt im vielgenutzten Wasserkessel, brodelte schon eine gewisse Zeit vor sich hin, die junge Frau, die davorstand und es über das Feuer gehangen hatte, schien es jedoch keinesfalls zu bemerken. Fern war der Blick in die Flammen gerichtet, starr und unbeweglich die Haltung. "Worüber nur dachte sie nach?" würde sich vielleicht ein zufälliger Besucher wundern, vielleicht auch nicht. Die Gedanken an diesem Tage waren vielfältig. Ein neues Amt, eine neue Verantwortung. Worte, wollten sie ausgesprochen werden, mussten noch sorgfältiger, noch durchdachter gewählt sein. Das Bild, welches sie geben würde, würde nicht nur auf sie sondern auf den Hort und somit auch auf den Orden zurückfallen. Außerhalb der Grenze gar würde man wohl eine unbedachte Tat auf das Reich zurückführen. Verantwortung. Pflicht. Ja, im Grunde hatte sich nicht viel geändert, es war lediglich offizieller geworden, handfester... Die Entscheidungen, die sie aussprach, waren nunmehr kein Vorschlag mehr. Sie waren eine Anweisung. Und jene mussten bedachter sein, durften keinen Eindruck erwecken, dass sie jemandem den Vorzug gab oder jemanden benachteiligte. Gabriellas Erscheinen an diesem Tage hatte sie gar nicht einmal wahrgenommen, erst als jene die Stimme erhoben hatte. Ohne nachzudenken grüßte sie sie zurück; beim Vornamen. Erst mehrere Herzschläge später bemerkte sie ihren Fehler, sowas durfte nicht passieren. Oder doch? Immerhin hatte sie sie ja bereits formlos angesprochen... Manchmal war es doch verwirrend, dieses zerbrechliche und zugleich zähe Gefüge. Bei ihrem nächsten Zusammentreffen mochte sie vielleicht endlich ihren Mut zusammenklauben und Gabriella ansprechen.

Es sollte eine Besprechung des kommenden Vortrages sein an diesem Tage. Ein Vortrag, bei dem sie sich keinerlei Fehler erlauben durfte. Nach einer recht kurzen Zeit jedoch war das meiste besprochen und es war offensichtlich, dass sich beider Wissensstand nicht unterschied. Eigentlich war da noch jenes eine gewesen, was sie hatte ansprechen wollen als plötzlich die eigentlich festgekeilte Türe im unteren Geschoss mit nicht minder Lautstärke zuknallte. Erschrocken fuhr die junge Bibliothekarin zusammen, verschluckte sich fast an ihrem Gebäck als schlagartig die Luft eingesogen wurde. Für gewöhnlich zog doch nicht so ein Wind durch den Hort, dass er die Türen so zufallen lassen könnte! Vielleicht war der Zauber erloschen, der den Hallen des Wissens gar im Winter die wohlig warme Wärme im Innern hielt? Oder war es ein Unruhestifter oder nur jemand Unachtsames? Es galt, es herauszufinden. Ohnehin war es ihr immer wieder ein Rätsel, warum die Besucher, vor allem an Tagen, an denen ein Vortrag angekündigt war, den Keil aus der Tür stießen, um sie zu verschließen...

Gen Gabriella entsendete sie eine Entschuldigung als sie sich auch schon aufmachte. Doch... nichts. Es war niemand da, nur das lose Klappern der Fensterläden in der allumfänglichen und wohltuenden Ruhe des Hortes. War das Fenster überhaupt geöffnet worden? Da sie heute nicht am Schreibtisch gearbeitet hatte, eigentlich nicht... Es pochte an der Türe, laut und unüberhörbar. Erlaubte sich da jemand einen Scherz? Die Türe erst zuschlagen zu lassen, um uns mit einem Klopfen zu rufen? Sie rief, ebenso laut, dass es offen sei, allgemein war es doch bekannt, dachte sie sich… wobei, wenn sie an ihre ersten Tage im Reiche dachte… nein, man sollte nicht davon ausgehen, dass etwas allgemein bekannt war, auch wenn manche… aber lassen wir das, es führte ohnehin zu weiteren Gedanken, die ohnehin sich im Kreise drehen würden.
Auf diesen Ruf hin passierte… nichts. Nichts als Stille war es, die der Bibliothekarin antwortete und der Gesang des Windes, der sein Lied durch die offenen Fenster des Hortes sang. Vielleicht war die Person zu ängstlich und hatte die erlogenen Geschichten gehört, die man sich scheinbar bei den Ketzern erzählte? Und so wurde dann die Türe geöffnet, ein suchender, auch neugieriger Blick nach draußen geworfen… wo nichts zu sehen war. Absolut nichts außer die üblichen, emsigen Geschäfte des Waldes und des Unterholzes, doch… da war etwas. Oder jemand? Es wurde ihr sichtlich unheimlich, ein Schauder durchfuhr sie und eilige Gänsehaut bemächtigte sich ihrer, die Haare im Nacken stellten sich regelrecht auf. In unbeholfener Weise spannte die junge Frau die Zehen an als wolle sie sich in die Steinfliesen damit vergraben, um möglichst schnell zurück in die Sicherheit des Hortes eilen zu können… und somit dort jemanden zu haben, der sich weislich besser mit dem Feinstofflichen auskannte, was uns alle durchwob.

Kaum dass sie draußen war jedoch, bepackt mit diesem flauen Gefühl… öffnete sich die Türe ein weiteres Mal und schlug ebenso rasch zurück ins Schloss. Ohne, dass indes jemand sie betätigt hätte. Ein kleiner Gedanke schoss es ihr durch den Kopf, doch verwarf sie ihn wieder. Diese verrückte Lunafwynn konnte sich kaum unsichtbar machen vor unserer aller Augen. Und wenn doch? Sie verfluchte sich kurz, dass dieses Weib noch immer in ihren Gedanken hauste.
Plötzlich ertönte aus dem Innern ein Ruf Gabriellas, ein einzelnes Wort und die Türe, die sie dafür öffnen wollte… zog sich von alleine zu! Auch wenn sie sich durchaus bewusst war, dass Gabriella sich weitaus besser zu erwehren wusste als sie, durchkam sie dieser starke Beschützerinstinkt allen gegenüber, die ihr lieb und teuer waren. Selbst für einen Blinden wäre es wohl offensichtlich gewesen, dass sie mehr empfand als nur die Wertschätzung einer guten Zusammenarbeit. Beim zweiten Versuch gelang es ihr glücklicherweise und so stürzte die Bibliothekarin regelrecht in den Hort, nur um von der Elegida warnend zurückgehalten zu werden.

Ein Wortwechsel, die Frage nach Allwissenheit. Allwissenheit? So etwas konnte es nicht geben… jenachdem wie man Wissen definierte. Wissen entstand in jedem Atemzug neu, veränderte sich, war in Bewegung… man konnte niemals alles wissen, wieso also unterstellte er uns, dass jeder Narr danach strebe würde? Woher wolle er es wissen? Nicht nach allem strebten sie doch, nach Besserem und mehr. Vielleicht auch bei dem einen oder anderen mit dem Hintergedanken nach dessen Nützlichkeit. Nur ein Narr hingegen würde denken, dass er alles wissen könne. War dieser Schemen also ein Narr? Sein Interesse schienen die Karten zu sein, alt und abgegriffen, sie hatte damit nichts anzufangen gewusst, doch nun… hatte er irgendwie ihr unstillbares Interesse daran geweckt. Wie sehr würde sich Gabriella danach sehnen, wenn sie verschwunden seien, fragte er sie, scheinbar neugierig und wann verstand man Verlust überhaupt. Ja, wann verstand man ihn? Meistens dann, wenn es verschwunden war, was immer da war… ein Mensch, ein Gegenstand… oder auch eine Erinnerung? Wenn weder das Auge noch der Geist darauf zugreifen konnte, war es dann verloren… oder hatte sich seine Präsenz nur geändert? Im Grunde war es nur eine andere Form des Seins… still ermahnte sie sich, die Gedanken schweiften ab beim Lauschen und der Schemen hatte etwas losgelöst, sei es gewollt gewesen oder nicht, was sich in ihr verselbstständigte.

„Eine niedliche Begleitung habt Ihr da, würdet Ihr sie vermissen?“


sprach der Schemen für sie beide vernehmlich und etwas Heißes regte sich in der Bibliothekarin. Niedlich, ja? Sie erzürnte es sichtlich, wie nur sollte man ihrem Wort etwas Ernstes abgewinnen können, wenn man sie so sah… niedlich. Egal, was sie tat, es gelang ihr offenbar nicht, der Schemen hatte einen wunden Punkt getroffen.
Doch dann… wollte man sie entführen? Schon wieder? Als würde sie es förmlich so anziehen… das eine „Unglück“ folgte aufs nächste… oder vielmehr die eine Prüfung jagte die nächste. Viele Prüfungen waren es in letzter Zeit gewesen, größere standen bevor.

„Was ist dir denn das Liebste mein Kind?“


erklang es unmittelbar darauf in ihren Gedanken. Auch, wenn es ihr nicht fremd war, dass Stimmen in ihren Gedanken erklangen, dieses unverhoffte und unerwartete Erklingen überraschte sie. Es war zwecklos, so unvorbereitet wie sie war, konnte sie sich nicht erwehren an das zu denken, was sie hier auf Gerimor sehr zu schätzen gelernt hatte: Essen. Keinen Hunger leiden zu müssen. Einen vollen Magen haben zu können. Für sie war es keine Selbstverständlichkeit, ihr Denken war auf eine gewisse Art und Weise noch immer in einer Art „Überlebensrhythmus“, doch dann… unbewusst, kamen ihr die Erinnerungen der letzten Tage in den Sinn und das Bild neben der Küche nahm Form an. Nur kurz, und doch… jenes Bild, welches das Erste seiner Art einer Freundin gewesen war, jenes Bild, welches sie ein jeden Tag ermahnt hatte, nicht vom Pfad abzukommen… jenes Bild, welches die Erinnerung an solch prägende Tage hatte, die sie ein Stück weit stärker verändert hatten. Vielleicht auch eine sehr kleine Erinnerung an… so etwas wie Liebe? Auf eine ganz andere Art und Weise vermutlich gar, wie man sie sehen würde.

Bald ging es höher, hin zum Echsenei, zu den relativ wertvollen Artefakten. Und das Spiel begann. Was würden sie tun, um zu verhindern, dass er sich nimmt, wonach es ihm beliebt? Was machte es sie sie sicher, dass all das ihm nicht gehörte? Oh, Sicherheit, in der man sich so manches Mal wog… sie konnte einen blind machen. Vor allem aber scheinbar hegte ihn die Frage, wie man Allwissenheit erlangt und für ihn schien es da nur den Weg zu geben, sich der Erinnerung anderer zu bedienen… und sei es ein Echsenei und die mögliche Trauer, die die Mutter erfuhr als man es ihr entwendete. Eines aber war sie sich sehr sicher, auch der Blick Gabriellas, den sie nur aus dem Augenwinkel hatte wahrnehmen können, konnte sie nicht daran hindern, jenes auch laut auszusprechen: Man konnte nicht sich selbst stehlen. Das, was uns ausmachte, was uns über all die lange Zeit, über die vielen Generationen hinweg geprägt, entwickelt und gelehrt hatte… konnte er nicht nehmen, die Summe unseres Seins, denn jene Erinnerung und jenes Wissen wohnte in jedem von uns inne und auch er schien ein Teil davon zu sein. Doch… es schien ihn nicht zu interessieren. Oder doch und er tat so als ob er keinerlei Interesse dafür hatte? Was wusste sie schon, auch sie war am Lernen, stand am Anfang von Spiel, hörte nur hier und da von der „höheren Politik“ und lernte sie immer wieder von Neuem kennen…

Eine Einladung mit Hinweisen, wo er zu finden sei, wurde ausgesprochen; eine Einladung, die mit Reichtum locken wollte, im alatarischen Reich. Und dann versank alles irgendwie in einem Nebel, nachdem sie die schnöde Feststellung geäußert hatte, dass er ja nicht viel größer sei als sie, nachdem er sie als den „kleinen Schatz“ betitelt hatte… ein unsichtbarer Ruck, nein vielmehr eine Wucht zog oder stieß sie mit erbarmungsloser Kraft nach hinten und gegen die Wand, an der sie benommen zu Boden rutschte. Schon wieder ein tätlicher Angriff in kurzer Zeit und zugegebenermaßen war es dumm von ihr gewesen, das auszusprechen, was sie dachte. Das musste sie wahrlich noch üben…
Durch das anhaltende Rauschen in den Ohren drangen immer wieder Worte in ihr Bewusstsein, irgendetwas mit „Name“ vernahm sie und ließ sie an Drachen denken. Den Namen eines Drachen musste man doch auch wissen, um mehr Macht über ihn besitzen zu können…
Wahrlich aus der Wolke kam sie erst wieder heraus als jemand versuchte, ihr den Kiefer zu brechen, zumindest war das der unmittelbare Gedanke, der auf den zusätzlichen Schmerz folgte, der ihr ohnehin durch den Aufprall oder auch den Zauber innewohnte und sie durchzog. Leise Wut überkam die Bibliothekarin, kaum dass die Liedwirkerei Gabriellas Früchte trug und sie wieder ihre Sinne beisammen hatte. Wut, die aber wieder ihren Willen schürte. Ihren Willen, sich zu verändern, gar vielleicht einmal in solche Fußstapfen treten zu können, dass man ihr mit Respekt begegnete und sie nicht als Kind und dergleichen sah, denn das war sie nicht. Es würde sicherlich ein weiter Weg werden, aber sie würde ihn gehen.

Es ging auf den Heimweg, auch wenn sie selbst es nicht unbedingt wollte, doch die Worte Gabriellas ließen in ihr auch keinen Widerspruch zu. Kaum daheim überkam sie erstaunlicherweise ein irrwitzig großes Verlustgefühl, es durchströmte sie, nahm ihr ganzes Sein nahezu ein, was sie sich nicht erklären konnte als der verhangene Blick zu der leeren Stelle fiel, an der noch am Morgen jenes Bild, jene Ermahnung und jene Erinnerung gehangen hatte. Jenes, was sie jedes Mal bewusst ansah, sich seiner jederzeit bewusst machte, waren doch die Worte ihrer Freundin ihr noch so lebhaft im Ohr… etwas, was man einst sehnsüchtig wollte, würde der Gewöhnung anheim fallen, wenn man es erst einmal besaß… und dem hatte sie zuvorkommen wollen. Mit Erfolg bisher. Und doch, in diesem einen Moment, bevor sie in ihr Bett beordert wurde, war die Gipswand erschreckend kahl.
„Schmerz ist ein großer Lehrer“, hatte sie nun vielmals vernommen gehabt und nun hatte sie eine weitere Art des Schmerzes kennengelernt, der sich mit dem Körperlichen paarte, den sie versuchte zu beherrschen kaum, dass der Zauber nachließ. Ein letzter Blick vorm Einschlafen hoch zu Gabriella, wie sie Wache saß neben ihrer Schlafstatt, auf sie Acht gab… sie musste es nicht tun und sie tat es dennoch. In diesem Moment wurde sie sich mehr denn je bewusst, was Freundschaft und dergleichen bedeutete. Ja, es war ein Schatz und wenn man nicht stark war, konnten andere ihn einem entreißen.

„Klein“, „niedlich“, „Gehilfin“, hatte er sie also genannt und damit, ob wissentlich oder nicht, einen gewissen Zorn geschürt. Wer war er also, dieser Schemen, dass er aus seiner Ewigkeit emporgestiegen war zu den Menschen und sie ihrer Dinge beraubte, die ihnen am liebsten waren? Die ihnen den Schmerz des Verlustes beibrachten? Gehörte er vielleicht noch gar nicht so lange der Ewigkeit an, sodass der Schmerz der Einsamkeit ihn eingeholt und hinausgetrieben hatte in die Welt der Lebenden? War es mehr Schein denn Sein? Fragen über Fragen, die sich in ihr regen würden die kommende Zeit. Hinweisen sollte nachgegangen werden in alten Büchern, sie würde Menschen aufsuchen und sie befragen und die Augen offenhalten, ob sie etwas von dem sehen würde, was der Schemen erwähnt hatte. Vergessene Pfade und Erinnerungen… ein Garten. Was musste ein Garten beinhalten also, damit er ein Garten war? Sah jeder einen Garten gleich? Fest entschlossen war sie, dem nachzugehen und besser vorbereitet würde sie sein. Sie würde ihn finden, nicht alleine, nein, so töricht war sie nicht. Doch sie würde ihn finden. Bald. Bald war ihr Ziel und dafür war sie bereit, andere Dinge ruhen zu lassen, um sich dem widmen zu können… gemeinsam, nicht alleine.
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Maria Wildschuetz





 Beitrag Verfasst am: 16 Aug 2019 11:21    Titel:
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Zwei Tage ist es her, als sie mit einigen Leuten, aufgebrochen ist, die Einladung des Schemens anzunehmen. Immer wieder hatte sie drüber nachgedacht und sich gefragt, ob sie es verantworten kann, andere mit in Gefahr zu bringen. Aber Feli hatte recht, bringen wir und nicht jeden Tag in Gefahr und bekämpfen bei den Erkundungen der Höhlen, Monstren die ihnen das Leben nehmen wollen.

Außerdem, war sie immer noch überzeugt, dass man den Schemen nicht töten würde, sondern erlösen würde von dem was ihn Quält.

Nun ja die machten sich auf den Weg und fanden auch die Stelle aus ihrem Traum, dort wurden sie auch schon erwartet und abermals herein gebeten. Nachdem die Steinwand sich geöffnet hatte, wurde der Blick auf einen Gang gesäumt von Hecken frei. Sie traten ein, ein Orientieren war nicht möglich verzweigte sich der Weg sofort wieder. Aber schnell stellten sie fest, dass sie sich in einer Art Labyrinth bewegten.

Verschiedene Wege führten in verschiedene Ebenen, Luft, Feuer, Eis und Erde und in jedem Teil befand sich ein Gegenstand den sie aktivieren mussten und natürlich mussten sie die Wächter besiegen. Stunden dauerte die Erkundung an und sie zerrte an ihren Kräften, war es doch in dem einen Teil heiß wie in einer Feuerhöhle, so war es im nächsten Teil bitter kalt und sie konnten sich vor Kälte kaum bewegen. Dann wieder stürmisch wie auf hoher See, so das sie sich mit ihrem Köper gegen den starken Wind stemmen mussten und im nächsten Teil sumpfig und stickig, dem ersticken nah.

Und dann....

dann standen sie ihm gegenüber, dem Schemen der all die Dinge gestohlen hatte, um sich ihrer Erinnerungen zu bemächtigen. Am Anfang wurde schon klar gesagt, der Kreislauf kann beginnen und hier beim Schemen schien zumindest für den Zeitpunkt das Ende zu sein. Entweder sie schafften es, oder sie ließen ihr Leben, das waren die Möglichkeiten. Sie stellten sich dem Kampf und mussten schnell feststellen, das der Schemen nicht so einfach zu befreien war, aber er tötete sie nicht, nein er verschonte ihr leben, als die letzte Person aus der Gruppe erschöpft zu Boden ging, wurden sie aus den Gemächern des Schemens teleportiert, lebend und erschöpft.

Als Dank für die Annahme der Herausforderung erhielten, wir die Familien Wildschütz, das Familienbanner wieder, in neuem Glanz und durchzogen von schimmernden Regenbogenfarben. Außerdem erhielt jeder der Begleiter ein Schmuckstück, gefüllt mit den Erinnerungen des Schemens. Diese Erinnerung ist nun in jedem der Gruppe vorhanden, die sicher nicht so einfach vergessen wird, denn das Schmuckstück wird sie immer daran erinnern, wie sie als Gruppe zusammen standen, zusammengewürfelt aus verschiedenen Charakteren und doch haben sie sich vertraut und zueinander gestanden.

Um am Haus hängt nun das neue alte Banner, in neuem Glanz.
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Der Erzähler





 Beitrag Verfasst am: 18 Aug 2019 13:26    Titel:
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Der Kreislauf hatte begonnen.
Nie würde er enden, stets neu beginnen.
Ein stetes Sehnen, ein stetes Erinnern.
Unsterblichkeit...
Sie trat nun ein, da man sich wieder und wieder erinnern würde.
An ihn...

So viele Eindrücke, die ihn nun umfangen würden.
So viele Erinnerungen und Eindrücke, die in seinen Garten kämen.
Was dort draußen geschah, wurde hineingebracht, in sein Heim. Menschen mit Ambitionen, mit Gefühlen und einem Leben voller Ereignisse. Sie würden ihn besuchen kommen, immer und immer wieder und den Kreislauf weiter nähren, füllen mit ihrem Tun. Es hatte begonnen, was zu beginnen hatte. Und nun würde es nie enden.

Der Zweck der Dinge war genutzt und überflüssig geworden.
Sie konnten zurück, in jene Hände, denen sie einst gehörten.
Wie er es versprochen hatte.
Aber auch nur in jene Hände, denen er es versprochen hatte.

Der Kreislauf hatte begonnen und würde eine Ewigkeit anhalten.
Unsterblich.
Nie vergessen.
Das, was er einst sehnte, würde eintreten.
Nicht vergessen zu werden und nicht zu vergessen.

Nur wenige Male würde er noch die Welt dort draußen betreten können, um sein Versprechen zu halten und einzulösen. Danach würde er sich nähren von jenen, die ihn besuchen kommen würden. Um selbst nicht zu vergessen. Um nicht vergessen zu werden.

Einst hatte er einen Namen. Ein Mensch. Mit Herz und Blut. Die Erinnerungen kamen langsam, nebulös. Es brauchte Zeit. Zeit, die er nun hatte.

Eine endlose Ewigkeit lang Zeit.
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Elinor Tiefenbruch





 Beitrag Verfasst am: 25 Aug 2019 19:25    Titel:
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___________________________________________________________


    -V-.
    Ein abgegriffener, alter Ledereinband. Verblichene Seiten. Vergilbter Schnitt. Penible Handschrift.
    Vorsichtig, sanft, fast liebevoll streicht sie über das „V“.

    Eine Erinnerung.
    Ein Leben. Ein Herz. Ein Mensch.

    „Ihr werdet nicht vergessen,“ wiederholt sie ihr stilles Versprechen in die leisen Räume des Horts, als die Abschrift fertig ist, eine Abschrift die sich bemüht, Schrift und Papier und Seele des Buches gleichermaßen zu kopieren.

    Ein Buch.
    Ohne Kommentar liebevoll in die Auslage des Horts gelegt, das Original sorgsam daheim gehütet.

    Ein Bekannter. Ein Lehrer. Ein Vertrauter.
    Unvergessen.


___________________________________________________________
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Victoria Deklie





 Beitrag Verfasst am: 03 Sep 2019 17:33    Titel:
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Um den Wert eines Jahres zu begreifen: Fragt einen Magier, der dabei ist seine letzte, entscheidende Prüfung zu vollziehen.
Um den Wert eines Monats zu begreifen: Fragt eine Mutter, dessen Kind viel zu früh zur Welt kam.
Um den Wert einer Woche zu begreifen: Fragt einen Handwerker, welcher sich für ein, vielleicht auch zwei Tage, nach einer harten Arbeitswoche die Finger wund gearbeitet hat, auszuruhen vermag.
Um den Wert eines Tages zu begreifen: Fragt einen Tagelöhner, der seine Familie durchfüttern muss, um nicht am Hungertuch zu nagen.
Um den Wert einer Stunde zu begreifen: Fragt Verliebte, die aufeinander warten.
Um den Wert einer Minute zu begreifen: Fragt einen Gardisten, welcher für seine Verspätung Strafdienste leisten müsse.
Um den Wert einer Sekunde zu begreifen: Fragt einen Krieger, dessen Unachtsamkeit ihm den Todesstoß einhandeln würde.
Um den Wert einer Millisekunde zu begreifen: Fragt einen Heiler der jeden Funken der Zeit nutzt, um seinen Patienten zu helfen.

Wer kann den Wert der Ewigkeit verstehen?
Die Götter können es. Mir sagte man, dass man die Ewigkeit auf zwei verschiedene Weisen zubringen kann: in Gemeinschaft mit ihnen oder getrennt von ihnen. Für ewig in der Hölle oder für ewig im Himmel.
Mein Weg führte mich in den brennenden Schlund der Hölle… und ich VERGÖTTERE es!

Rot durchtränkt & schwarz getrocknet

Die zarten, blassen Finger zeichneten die Spuren der Geschichte nach, welche die Wand in Victorias Keller ausschmückten. Die einen besaßen Gegenstände, an welche sie sich, ähnlich einer Rettungsboje, klammerten. Andere nutzen ihre spärlich verbliebenen Erinnerungen, die mit der Zeit immer mehr verblassten und bei manchen sogar mit jeder Erzählung veränderten. Victoria war jedoch anders. Narben, tief in ihre Seele getrieben, wie ein scharfes Messer in ihrem Leib, erinnerten sie Tag für Tag an all das geschehene. All das was die Kinderaugen sahen, brannten sich tief im Kern ihres Wesens ein. Angst brannte in jeder Faser ihres Körpers, selbst als sie auf Gerimor ankam und den Weg als Todbringerin, an der Seite ihres Herren, noch nicht kannte. Wie oft ihre Beine sich taub und gelähmt anfühlten. Wie oft ihre Lungen brannten, weil sie dachte, jemand hätte sie gefunden und würde nun Jagd auf sie machen. Es waren Wunden die nie Heilen würden. Doch die Angst, welche sie Jahre zuvor stets fütterte, hatte sie mit jeder Leiche, die sie ihrem Herren zum Opfer werden ließ, mit Asche begraben. Die Furcht vor ihrer Mutter war getilgt und nichts würde sie wieder heraufbeschwören können.

Erneut glitten die Fingerspitzen über einen eingetrockneten Blutfleck entlang. Diesmal war es ein anderes Muster und jedes erzählte seine ganz eigene Geschichte. So unterschiedlich und einzigartig. Das Weinrot hatte sich mit der Zeit schwärzlich verfärbt und erinnerte sie irgendwie an ihn. Wie unrealistisch es doch in ihrem Geiste nachhallte.

Kieron… Das Wesen, welcher die Leute um das kleine Hab und Gut bestahl, ähnelte der Dienerin mehr als man denken würde. Zwischen Leben und Tod pendelnd, wirkte er nicht wie eine Bedrohung oder wie ein Monster. Eher war die junge Dienerin fasziniert von ihm. Die Umrisse waren zwar nur schwer zu erkennen, doch konnte man erahnen, dass er sie um ein gutes Stück ihrer Körpergröße überbot. Der Klang seiner Stimme… war bassig, tief und jagte ein prickelndes Gefühl über ihren Rücken. Die Art wie er sprach war nobel. Vielleicht war er ja von blauen Blut? Vielleicht ein Edelmann, ein Ritter oder doch mehr? Doch wäre er von blauen Blut, würde er es sich derart erdreisten, nach den tiefsitzenden Erinnerungen zu greifen, die ein jeder in sich trug? Es schickte sich in der Tat nicht. Langsam hob sich der linke Mundwinkel der Dienerin an. Victoria war auch hier keinen Deut besser. Wer war sie schon zu sagen, was sich schickte und was nicht? Ein leises lachen drang über ihre Lippen und hallte an den Wänden wieder. Die jüngeren Schwestern waren schlicht verärgert über seine Dreistigkeit. Er bohrte tief in ihnen, suchte nach einem vergrabenen Schatz und hielt ihnen eine verbale Schatzkiste entgegen, die in ihren Geistern wieder hallte. Victoria hingegen entlockte der freche Schemen ein Lachen. Die Worte die sie in ihrem Kopf hören konnte… niemals würde sie jene jemals vergessen. Denn aus eben jenen zog sie ihre Kraft, schürte ihren Hass und fütterte ihren Zorn, bis er eines Tages wie ein Vulkan ausbrechen würde. Zu schade, dass er sich nicht mehr als sein vorheriges Dasein nicht erinnerte. Es war an der Dienerschaft, ihm einen Namen zu geben und so tauften sie ihn Kieron.
Kieron… der nachhallend ein Prickeln unter ihre Haut jagte und dessen Stimme sich tief in ihr Gehör gebrandmarkt hatte und dieses nicht mehr so schnell verlassen würde.

Rot wie Blut & schwarz wie Pech

Sowohl das Ritual als auch die Beschwörung nagten an ihrem Geist. Eines der beiden konnten bereits stark an den eigenen Kräften zerren, besonders dann, wenn etwas schiefgehen sollte. Lange war Daphnes Stimme verklungen, auch wenn Victoria ihren Träumen und den Übergang auf die andere Seite nicht entgehen konnte. Vieles im Leben würde unausweichlich bleiben. Aber hatte nicht alles auch etwas gutes an sich? Mit der Zeit fiel es Victoria leichter die Kontrolle zu behalten, wenn ihr Geist einmal wieder abschweifte. Die Erkenntnis, ursprünglich als Gefäß für ihre missratene Mutter zu dienen, war natürlich ein tiefer Schlag in die Magengrube. Der Schmerz bohrte sich durch ihren Körper, als würde tatsächlich gleich etwas auf der anderen Seite wieder heraustreten. Konnte sie nicht als Magierin dienen, so sollte sie als Gefäß dienen. Ohne es zu wissen, nährte Mylanthe sie. Die Zumutungen hätten ein jedes Kind schon lange zum Selbstmord getrieben.

Während ihre Finger ein weiteres Muster nachzeichneten, sinnierte sie weiter über das vergangene. Man solle vergeben, aber nicht vergessen. Für manche galten die Worte zwar, doch nicht für Victoria. Sie würde weder vergeben noch vergessen. Ein kleines, blondgelocktes Kind zeichnete sich in ihrem inneren Auge ab. Gerade einmal sieben Jahre alt, gekleidet in alte Lumpen, die Haut blass und die Wangen voller Ruß und Staub. Eine Wache zerrte sie aus dem Kerker, welches sie seit einigen Monden ihr neues Heim nennen durfte. Kreischend und beißend, nach der Wache tretend, wehrte sich das junge Kind. Mehr als ein starker Ruck an ihrem Arm und das wütende, männliche Schnauben war nicht zu vernehmen. Er zerrte die kleine Victoria wie nichts durch die Hallen. Genervt von ihrer Gegenwehr packte er sie und warf sie sich über die Schulter, bis nur noch ihr leises Wimmern und seine schweren Schritte zu hören waren. Victoria wusste genau auf was sie zusteuerten.
Dampf bildete sich vor ihren Lippen, Schnee bedeckte die Landschaft und tauchte die Wiesen und Wälder in glänzendes weiß. Und auch wenn der Himmel in tiefe Dunkelheit getaucht war, wurde die Sicht nicht gestört. Die weiße Decke, die über der Insel lag, glitzerte als würden sich die Sterne selbst darin widerspiegeln und einem den Weg weisen wollen. Umso schlimmer war das Wissen, dass schon bald roter Lebenssaft das reine weiß bis in den Grund verseuchen würde. Mit jedem Schritt knirschte der Schnee leise unter den Füßen der Wache. Und mit jedem weiteren Schritt, mit dem man die Burg verließ, näherte man sich dem leisen weinen und wimmern einer jungen Frau. Kupferfarbene, feine Strähnen klebten an ihren Wangen. Tränen der Angst bahnten sich einen Weg über ihr Gesicht, sammelten sich an der Spitze ihres Kinns und fielen schwer zu Boden. Viele schwarze Kerzen, die nach Myrrhe und Weihrauch rochen und auch nach ein paar anderen ihr unbekannten Kräutern, tauchten den Ritualplatz in ein gedämmtes Licht. Niemals würde sie die Unverständnis im Blick des silber-grauen Augenpaares je vergessen. Unzählige Massen an Blut wurden auf diesen Steinen vergossen und sie wollte erst gar nicht wissen, wie viele Leben es gekostet hatte.
Welch Ironie, dass nun ihre eigenen Wände von solchen Geschichten geprägt waren. Das grüne Augenpaar blickte nebulös auf den dunklen Fleck vor sich.

Sie kannte die Frau die damals ihr Leben verlor, wenn auch nicht gut. Man hatte wohl gesehen, wie sie Victoria heimlich etwas zu essen brachte. Eigentlich war sie eine begnadete Magierin. Doch mit Mylanthe konnte sie sich bei weitem nicht messen und niemals blieb etwas ihrem Blick verborgen. Ihr verzweifelter und ängstlicher Blick blieb an der kleinen Victoria haften. Das letzte was sie darin lesen konnte, war das Wissen, es nicht bereut zu haben dem kleinen, hilflosen Mädchen geholfen zu haben. Ein schwerer Kloß und ein Schwall von aufkeimender Übelkeit hatten sich im eigenen Magen breit gemacht. Es dauerte nicht lange bis man das knacken von Knochen, schmerzvollen Schreien und dem Röcheln einer erstickenden hörte. Aus der aufgeschlitzten Kehle floss das Blut schwallweise heraus, bedeckte den steinigen Boden und fügte sich in jede noch so kleine Ritze ein. Warm kam es dem kleinen Mädchen hoch und ergoss sich matschig auf den Schnee. Tränen brannten in den Kinderaugen, während sich der Geruch von erkalteten Eisen in ihre Nase festsetzte.

Wie ironisch und hämisch das Schicksal doch sein konnte.
Langsam klärte sich ihr Blick wieder und die Hand glitt einmal, fast schon streichelnd, über die Wand. Ein sanftes Lächeln zeichnete sich auf ihrem Gesicht ab. Jeder Schrei, jedes Gesicht blieb in ihren Erinnerungen. All die Spiele, die sie spielte und jeder Tropfen Blut würden für immer in diesem kleinen, persönlichen Tempel bleiben. Das vor dem sie einst Angst verspürte trat in den Hintergrund und wurde ersetzt durch das Gefühl der Lust, des Wohlwollens und einer tiefen Hingabe. Und all das für ihren Herren.
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