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Die Legende vom Zweigmädchen
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » Die Legende vom Zweigmädchen
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Shessidyr Shartir





 Beitrag Verfasst am: 21 Nov 2018 01:49    Titel: Die Legende vom Zweigmädchen
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Die Legende vom Zweigmädchen - Prolog I




Diese Geschichte, die sich in den Nebeln der Zeit versteckt, beginnt nahe einem einsamen aber doch hochherrschaftlichen Anwesen nahe der Grenze zu einem namenlosen Wäldchen.

Die Nächte werden länger als die Dunkelheit den Tag frisst und schon früh, als noch vor wenigen Mondläufen die Sonne noch hoch am Himmel stand, nimmt der Mond seinen zustehenden Platz am nächtlichen Firmament ein.

Vereinzelt hört man Hunde, als Zusicherung der Nähe zur Zivilisation, bellen und nur wenige Laute sind zu hören, als der Winter immer näher rückt und die Bäume mit ihrem Laub die Erde bedecken.

Doch horch, da raschelt es im Unterholz!

Dieses Geräusch wurde jedoch nicht etwa von Eichhörnchen verursacht, die noch eine letzte Nuss fanden, noch von einem Vogel, der auf der Suche nach wärmenden Dingen für sein Nest war, nein.

Es entstammte den Stiefeln der Brüder Verring, zwei gleichalten räuberischen Brüdern, die im Hafenviertel der Heiligen Stadt aufwuchsen und nun die aufkommende Dunkelheit, die noch nicht vom winterlichen Leichentuch des Alatner bedeckt ware, nutzten, um einige letzte Raubzüge zu machen, bevor dieses zu einem nahezu unmöglichen Vorhaben wurde. Denn mit den längeren Nächten blieben auch die Menschen zuhause und verbarrikadierten sich gerne schon früh in ihren Häusern und Hütten, was es sehr schwer macht, dort ungesehen einzusteigen und noch schwerer macht, ungeschoren wieder heraus zu kommen.

Doch dieses Mal konnte nichts schief gehen, sagten sie sich.

Der Plan wirkte perfekt.

Bei ihrem auserkorenen Ziel handelt es sich um ein reiches Anwesen. Es würde der letzte große Beutezug vor Wintereinbruch sein. Die Brüder haben das Anwesen und seine Bewohner lange Zeit beobachtet, dass sie sich sicher sein konnten, dass es sich nur um zwei Bewohner handelte, die oftmals für Tage nicht dort waren. Natürlich handelte es sich um Bürger des Heiligen Alatarischen Reiches blablabla und Gläubige bestehlen sich untereinander nicht, sagt man. Jedoch ist dieses Gebot für Räuber nicht bindend, wenn man dabei dem Bestohlenen kein Leid zufügt, sagten sich die Brüder immer wieder, um ihre Raubzüge zu rechtfertigen. Tatsächlich hielten sie sich auch daran, denn wenn die Brüder Verring irgendwo "einstiegen", so taten sie es stets unentdeckt und leise.

Und so sollte es auch dieses Mal geschehen.

Es war kurz nach der sechsten Abendstunde. Der Mond stand rund und golden am Himmel und verlieh der abendlichen Flur ein unwirkliches Licht. Zu wenig, um zwei im Unterholz verborgene Ganoven zu erkennen, aber genug, dass diese ihr Ziel genau im Blick hatten.

Seit über drei Stunden gab es keinerlei Bewegungen in dem Anwesen, kein Licht wurde entzündet und Stimmen waren auch keine zu hören. Und einen Hund hatten die Besitzer auch nicht. Sehr leichtsinnig, aber das würde die Sache noch einfacher machen. Und die Nähe zu einer Festung setzt dem Vorhaben die Krone auf, denn wer rechnet schon damit, als Nachbar einer wehrhaften Festung bestohlen zu werden...

Die Ausrüstung war komplett und griffbereit: Haken, Seile, Werkzeuge, Dietriche, Federtränke, Mehlbomben, Diamantschneider...

...weiche Lederrüstungen und Stiefel, wattierte Knüppel. Alles da. Es konnte losgehen!

Die Hecke des Anwesen stellte kein Problem dar als die Beiden sich gekonnt durch diese wanden und leisen Schrittes am Rand eines aussen liegenden Bassins entlang schlichen. Die Fenster des Hauses wirkten mehr dekorativ als gesichert, weswegen die Fingerfertigkeit siegte, das Fenster in Folge mit wenigen Handgriffen geöffnet war und den Brüdern Verring die Eintrittskarte in das Gebäude stellte.

Darin angekommen wussten die Brüder, dass sie einmal wieder goldrichtig lagen: Teure Möbel aus feinem Basaltstein, eine meterlange Wand voller Fässer mit Schildern daran, Vorhänge als Raumteiler. Und das war erst der Anfang. Und es war wirklich niemand hier. Das würde über den ganzen Winter reichen.

Die Brüder entschieden, sich aufzuteilen. Jonah wollte im Obergeschoss nachsehen und Stelin im Keller. Denn oftmals befanden sich die Vorräte im Obergeschoss und die wertvollen Dinge in den Kellern. Zumindest wurde diese Tatsache bisher nie eines besseren belehrt.

Lassen wir Jonah die Treppen nach oben nehmen, während wir Stelin in den Keller begleiten.

Stelin ärgerte sich bereits beim Abgang in den Keller, da die Besitzer des Anwesens auch dort keinerlei Beleuchtung hinterliessen und ein neblig-bläuliches Schummerlicht alles war, was dem Räuber als Anhaltspunkt diente. Jedoch war es eindeutig zu erkennen, dass es sich nur um einen langen Gang handelte, der sich am Ende in einem großen Raum verlor.

Als der Gang weiter erkundet wurde, umschmeichelten auch immer mehr wohlige Düfte die Sinne des Räubers. Scheinbar sollte er dem vermuteten im Keller versteckten Reichtum immer näher kommen. Denn wer sich solche Düfte leisten kann, der muss genug Gold haben.

Am Ende des Ganges angekommen musste Stelin Verring sich erst einmal an den Raum gewöhnen, der mehr wie ein Entspannungsbereich als eine Schatzkammer wirkte: Ein großes Badebecken zierte die ganze Ecke des Raumes und exotische Pflanzen wuchsen darum. Blütenblätter waren am Rand des Beckens verstreut und in der Mitte des Raumes lag ein Ensemble an Damenkleidung. Ein mehr zeigendes als verbergendes Kleid und aus Balronleder gefertigte halterlose Strümpfe. "Man scheint hier einen guten Geschmack zu haben", dachte er sich grinsend und lenkte seine Schritte weiter durch den Keller, wo er hinter einem großen Vorhang ein überdimensional großes Bett mit Eisbärfellen vorfand.

Kopfschüttelnd über soviel Dekadenz suchte er den Raum nach Schatullen, Kisten oder Schmuckkassetten ab, aber.... nichts. Nahezu genervt wirkend schlug er einen weiteren Vorhang zur Seite, wo er jedoch erst einmal stockte. Er hatte mit viel gerechnet, aber nicht mit einem kalten gefliesten Raum mit lauter... Ketten? Und Blut?

Doch für einen Bewohner des Heiligen Alatarischen Reiches sollten solche Anblicke keine Besonderheit sein, daher suchte er weiter. Und wurde fündig! Eine große Kiste stand unbeteiligt in einer Ecke des Raumes und er wusste, dass er darin endlich fündig werden würde.

Er kniete sich nieder und stellte fest, dass diese Kiste weder gesichert noch mit einer Falle versehen war. Wie leichtsinnig...

Doch verlassen wir Stelin fürs Erste und sehen nach, was seinen Bruder Jonah im Obergeschoss erwartete.

Dieser stieg die Stufen hinauf und fand daraufhin eine elegante Altane vor, die ihn mit einem exzellenten Ausblick über die umliegenden Wälder begrüßte. Jonah wusste zwar, dass es in den oberen Etagen meistens weniger wertvolle Ausbeute gab, aber dafür eben nahrhaftere Dinge, da viele Leute ihre Speisekammern dort versteckten. Jonah war ein gutes Abendessen sowieso mehr wert als Juwelen, weshalb er seinem Bruder die Freude an den wertvolleren Beutestücken gönnte und sich selbst an den Leckereien gütlich tun konnte.

Nachdem er die Aussicht für einen Moment auf sich wirken liess und gleich den Fluchtweg von dieser hohen Warte aus nochmals prüfte, öffnete er eine schwere Tür und fand vor sich einen nahezu königlich wirkenden Raum. Der Mond schien durch die Fenster herein und offenbarte einen großen herrschaftlichen Raum, der zur Hälfte regelrecht mit Kissen geflutet war, die auf einem kostbaren Teppich lagen. Kissen waren zwar keine Beute, dachte er schmunzelnd, aber irgendetwas von Wert wird sich hier schon verstecken.

Jedoch konnte er diesen Gedanken nicht zu Ende denken, da ein gellender Schrei und ein Ruf nach Hilfe ihn aus seinen Vorstellungen rissen. Das war doch Stelins Stimme! Sofort nahm er den wattierten Knüppel in die Hand und rannte nach unten. Während er die Treppe hinunter hastete, wunderte er sich, dass Stelin so laut schrie. Die beiden haben bisher stets leise gearbeitet und egal, was geschah, den Mund gehalten.

Unten angekommen, konnte Jonah seinen Bruder nirgends finden. Wo steckte er nur? War er etwa immer noch im Keller? Da ihn ein unglaublich mulmiges Gefühl beschlich, holte er sein Stiefelmesser heraus, denn das war nun ernster als gedacht. "Scheiß drauf, niemanden verletzen zu wollen" waren seine Gedanken, als sich seine Nackenhare stellten. Denn aus der Richtung, in der Stelin vor nicht einmal zehn Minuten verschwand, waren erneut hilfesuchende Schreie zu hören. Hatten die da unten etwa einen Warg versteckt? Er konnte seinen Bruder nicht im Stich lassen, also stieg er die Stufen in den Keller hinab und stolperte über etwas.

Jonah ärgerte sich noch über eine derart primitive Stolperfalle und stieg weiterhin mit gezücktem Messer die Stufen hinab. Dort fand auch er am Ende der Stufen den langen Gang vor und sah diesen entlang, als ein verzerrtes Gurgeln seine Aufmerksamkeit fesselte und ihn mit einem lebendig gewordenen Alptraum konfrontierte:

Am Ende des in neblig-blaues Licht gehüllten Ganges lag ein Pärchen in inniger Umarmung am Boden. Die Silhouette mit den langen Haaren sah aus wie eine Frau, die den liegenden Mann leidenschaftlich an der Wange küsste und ihn fest umklammert hielt.

Jonah war verwirrt von diesem Anblick und konnte den Zusammenhang zwischen seinem um Hilfe schreienden Bruder und dieser Szenerie nicht ergründen, als ein Detail seine Aufmerksamkeit für einen Bruchteil eines Augenblickes fesselte. Von dem verschlungenen Pärchen aus ging eine dunkle Spur bis zum Ende des Ganges, an dem er nun stand. Und diese dunkle Spur... war Blut.

Als er dieses grausame Detail erkannte, sah die weibliche schemenhafte Silhouette zu ihm auf und erhob sich in einer fließenden Bewegung, die im Wind flatternder Seide ähnlich war, und liess ihren Liebhaber am Boden liegen. Jedoch erkannte Jonah nun, dass es sich bei diesem "Liebhaber" nicht um irgendjemanden handelte, sondern um seinen Bruder. Als die beiden Umrisse sich voneinander trennten, fragte er sich, weshalb sein Bruder dort einfach so lag, als er realisierte, dass seinem Bruder vom Nabel ab die gesamte untere Körperhälfte fehlte und dunkle Umrisse nur zu erahnen gaben, was dort nun herausquillt.

Als ihn bei dieser unwirklichen Erkenntnis die pure Panik ergriff, liess er einen lauten Schrei los und rannte so schnell es ihm möglich war, die Treppe hinauf. Zuvor sollte er jedoch noch sehen, dass die knochendürre Gestalt mit den langen struppigen Haaren ihm mit langsamen taumelnden Schritten folgte.

Am Ende der Stufen angelangt, stolperte Jonah in seiner angsterfüllten Hast nochmals über diese Stolperfalle, die sich diesmal bei genauerer Betrachtung als die fehlenden Beine seines Bruders herausstellten.

Dieser Anblick zerstörte die Psyche des Räubers nun vollständig und hinterliess ein in der Ecke des Kellerabganges kauerndes Wrack, welches zitternd und unkontrolliert zwischen dem grausigen Anblick und den Stufen hinunter in den Keller hin und her sah, aus deren Richtung leises Tapsen zu hören war, welches immer näher kam.

"Sie waren sehr unartig, ja... der weiße Rabe liebt keine unartigen Spielzeuge..." waren die letzten Worte, die Jonah Verring hörte, als auch sein Leben in dieser eisigen Nacht des Rabenmondes sein Ende fand.





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Shessidyr Shartir





 Beitrag Verfasst am: 22 Jan 2019 21:52    Titel:
Antworten mit Zitat

Zugehörige Geschichte: https://forum.alathair.de/viewtopic.php?p=748907#748907

Sechzehn Leben



Mit einem leisen *Klick* öffnete sich der Mechanismus.

Todessang.

Die Kette lag nun lose in ihrer Hand.

Todessang.

Das giftige Grün der Schlangenaugen schimmerte dunkel im nächtlichen Licht und er war frei.

Todessang.

Doch wirkte es nur so, denn die folgenden Momente, Sekunden, Augenblicke und Herzschläge wirkten wie eine halbe Ewigkeit und darüber hinaus.

Jede Sekunde schien ein anderes Bild gewalttätig in die Gedanken des "Weißen Raben" zu projizieren. Die verworrenen und verstörenden Gedankenwelten, Visionen gleich, schienen sich im Kreise zu drehen, sich zu wiederholen, ineinander überzugehen um irgendwann wieder einen gefühlten Anfang zu bilden.

Und jede der Sekunden brachte eine eigene Gefühlsregung mit sich, die sich wie eine Mauer aus drückender, schwerer Hitze über die junge Frau warf. Freude, Angst, Ekstase, Verzweiflung, Liebe, Trauer, Treue, Hass, Begeisterung, Hoffnungslosigkeit, Hingabe, Wahnsinn, Erfolg, Rache... und so vieles mehr. Und auch sie gingen alle mal fließend, mal mit grausamer Kante ineinander über um entweder solipsistisch einsam zu existieren oder miteinander in unmöglicher Konstellation zu stehen.


EINS - ANGST - FREUDE

Ein Feld voller Sonnenblumen. Und Du mitten darin. Die Köpfe allesamt in Deine Richtung gerichtet. Der Himmel, der Himmel jedoch! Ohne Sonne, ohne Mond, nur eine sich ständig verändernde wabernde Mischung aus den Farben violett, schwarz und blutrot. Es regnet. Doch spürst Du keine Tropfen. Du weisst, dass hinter Dir das sichere Haus Deiner Eltern ist, doch so sehr Du Dich umdrehst, es scheint immer vor Dir zu entfliehen und nur in Deinem Blickwinkel zu existieren. Du läufst. Und doch stehst Du. Kein Entkommen.


ZWEI - LIEBE - VERZWEIFLUNG

Ein langer grauer Pfad. Du stehst an seinem Rande. Festgefroren. Vor Dir laufen in unendlicher Parade Gestalten wie aus Kohlebrocken gleich entlang. Der Himmel ist ein tiefes königsblau. Und da! Einer der Kohlemenschen hat ein Gesicht! Und so ein schönes noch dazu. Du spürst, wie Dein Herz Deinen ganzen Leib in Flammen setzt! Er ist so schön! Du wagst es nicht, ihn anzusehen. Und doch bleibt er stehen. Bei Dir! Er sagt Dir seinen Namen! Er ist einfach so schön! Du willst immer bei ihm sein! Doch... warum geht er? Er geht! Warum geht er?! Warum wird er wieder zum Kohlemenschen...? Nein...


DREI - HOFFNUNG - SCHMERZ

Alles ist grün! Ein wahres grünes Inferno. Blätter, Bäume, Büsche, Äste, Sträucher, Gras, alles da, alles im Weg! Doch Du weisst, dass er da ist! Immer geradeaus. Der Hunger zehrt an Deinen Kräften, der Durst an Deinem Verstand. Doch Du weisst, dass er da ist! Sie sind in diese Richtung gegangen. Ist er das? Nein, das ist ein Baum. Ist er das? Nein, das ist ein Strauch. Ist er das? Nein, das ist ein Wolf! Ein lauter Schrei. Die Welt dreht sich. Ein einziger Wirbelsturm aus Grün. Wunderschön! Doch diese Schmerzen. Alles wird schwarz...


VIER - WAHNSINN - RACHE

Du läufst eine staubige Straße hinab. Es ist heiß. SEHR heiß. Deine Haut ist feuerrot und wirft kleine Blasen. Du siehst nicht viel, Deine langen struppigen Haare hängen wie Lianen vor Deinem Gesicht. Alles flimmert. Du läufst gegen eine unsichtbare Wand. Da! Eine Stimme! Ein Schrei! Und alles wird rot. Du empfindest Freude. Denn das rot ist Blut und du weisst, dass er Dich angelogen hat. Du empfindest Traurigkeit. Und die Straße führt weiter. Stechender Schmerz - und alles wird schwarz. Und alles wird rot. Und Du siehst nur noch ein Bild vor Dir: Zwei abgeschlagene Hände, die einen Magen voller Goldmünzen halten.


FÜNF - HOFFNUNGSLOSIGKEIT - HOFFNUNG

Die Welt ist schwarz. Doch da steht er! In einem Lichtstrahl! Er ist so schön! Du hörst Wellen, Wasser, das Meer! Du willst zu ihm, doch es kommen immer mehr Kohlemenschen, die Dir den Weg zu ihm versperren. Doch endlich! Du hast es geschafft! Er sieht Dich an. Du bist so glücklich! Und er streckt die Hand nach Dir aus. Er fasst an Deine Brust. Nein, IN den Brustkorb! Was macht er da? Er reisst Dein schlagendes Herz heraus! Warum tut er das?! Er wirft es auf den Boden! Es zerspringt wie eine Vase aus Glas. Und Du fällst. Als könnte die Welt Dich nicht mehr halten. Und er sieht weg. Und alles wird dunkel.


SECHS - BEGEISTERUNG - GIER

Vor Dir ist eine Gestalt. Sie besteht zur einen Hälfte aus einem Mann und zur anderen Hälfte aus einem Panther. Du bewunderst dieses Wesen so sehr! Du weisst, dass es nicht sterben kann! Ist das derjenige, den Du gesucht hast? Du willst das Wesen berühren. Und bist eingesperrt. Überall Gitter. Es wird kalt. Wo ist Dein Herz, fragst Du Dich... alleine im Dunkel.


SIEBEN - HINGABE - SCHMERZ

Der Panthermann ist vor Dir! Seine schwere Rüstung schimmert im Licht, obwohl es völlig dunkel ist. Du siehst nur ihn vor Dir, er läuft, flaniert, schreitet wie ein Gott in einer Welt, die nur aus königsblau besteht! Du hörst Stimmen und siehst Dich um. Doch als der Panthermann aus Deinem Blick verschwindet als Du zur Seite siehst, wird die Welt in einem Bruchteil eines Augenblickes rot und Du spürst, wie unerbittliche Riemen einer Peitsche Dein Fleisch züchtigen und das Gefühl von Feuer und Lust auf Deiner Haut hinterlassen. Wo ist der Panthermann?! Da! Du siehst ihn wieder! Mit einem Male ist die Welt wieder königsblau und angenehme Kühle und ein Gefühl der Sicherheit umgibt Dich. Du folgst ihm.

ACHT - WAHNSINN - PANIK

Tiefe Nacht. Du schläfst. Doch Du siehst Dich selbst schlafen. Eine Frau kommt zu Dir. Sie schleicht wie ein Raubtier um Dich herum. Todessang. Was will sie von Dir? Todessang! Sie singt... ein Lied! NIANA KYTARR! Du spürst, wie Du immer stärker wirst! Du spürst, wie die Nacht Dich nicht mehr halten und der Tag Dich nicht mehr bannen kann! Du wirst zu Deinem Körper hingezogen und gleitest in ihn hinein wie der Wind ein Seidentuch auf eine Statue läge. Doch es ist nicht Dein Körper, nein! Da sitzt jemand! Ein junges Mädchen mit orangeroten Haaren. Es sitzt zusammengekauert in einer Ecke. Du hast sie endlich gefunden! Endlich gehört sie Dir alleine! Nun kann sie Dir nicht mehr entkommen! Du siehst ihre großen furchterfüllten Augen, denn sie weiss, dass sie Dir nun nicht mehr entkommen kann und bereits weiss, was Du nun mit ihr tun wirst. Oh, all diese Dinge. Oh, all diese Nächte. Todessang!


NEUN - SCHMERZ - EKSTASE - FURCHT

Und plötzlich! Da war es wieder! Du siehst es vor Dir! Eine Gestalt aus Deinen Träumen und Gedanken... sie starrt Dich direkt an. Das war nur ein Traum! Ein grässlicher Traum! Es musste so sein... nirgends sonst gibt es solche Wesen!

Zwei Köpfe, zu einem verschmolzen, schwebten auf dem Halsstumpf der Kreatur. Der eine Kopf sah aus wie jener des Kohlemenschen, den Du schonmal gesehen hast... und der Dir so vertraut vorkam! Und die andere Hälfte... sah aus wie der Panthermann... Wie geschmolzen gingen die beiden Gesichter der Männer ineinander über, wobei der Mund des einen an der Stirn des anderen war, die Augen weit und verrückt aufgerissen. Der Körper war aber der einer Frau! Jedoch kalkweiss und mit Narben übersät... und verdreht! Verdreht, wie ein ausgewrungender Waschlappen. Es lacht... es lacht dreckig... etwa über Dich? Oder Deine Angst? Du willst nur noch weg.

Aber Du kannst Dich nicht rühren.
Keinen Finger rühren, um es zu vertreiben.
Keine Augen schliessen, um es nicht sehen zu müssen.
Keine Lippen öffnen, um um Hilfe zu schreien.
Keine Beine bewegen, um wegzulaufen.
Egal, wohin Du siehst, es ist vor Dir.

Du bist gezwungen, dieses grauenhafte Wesen anzustarren, doch war es auf einmal, als würdest Du fortgerissen. Weg von diesem Alptraum.

Alptraum? Ja! Du musst das nur geträumt haben... denn Du öffnest Deine Augen und liegst wieder in diesem Zimmer, welches gleichermassen Dein Gefängnis war. Du bist erleichtert, atmest erleichtert ein und aus. Es war nur eine Vision. Diese war schrecklich, aber das Wissen, dass Du sie nur ab und an siehst, war Beruhigung.

Doch mit einem Male verspürst Du etwas. Bestialische Schmerzen waren es! Doch nicht nur irgendwo, nein... am gesamten Körper! Was war das...? Du hebst den Kopf und blickst an Dir herab. Was Du siehst, muss auf Dich wie eine Ewigkeit gewirkt haben... doch war es in Wirklichkeit wohl nur eine Sekunde in einer Sekunde.

Es war ein Bild des Grauens. Das Bettlaken hatte eine schwarz-rote Färbung angenommen und leises Tropfen von zäher Flüssigkeit war zu hören. Dein ganzer Leib ist überzogen von grässlichen Kratzwunden... tiefe Wunden, aus denen Dein Blut nur in Strömen fliesst und dem unschuldig reinweißen Bettlaken seine abartige Färbung gibt. Deine Arme weisen kräftige Bisswunden auf...

Nur einen Augenblick später realisierst Du, dass Du es wohl selbst gewesen sein musst... denn an Deinen krallengleichen Fingernägeln hängen noch einige Hautfetzen... sie wirken regelrecht abgeschabt. In Deinem Gesicht, an den Beinen, den Armen, dem Bauch - einfach überall! Überall diese klaffenden Wunden...

Der Schockmoment war vorüber und gnadenlose Schmerzen breiten sich stärker als jemals erlebt über Deinen Körper aus. Kurz bevor eine Ohnmacht durch den massiven Blutmangel Dir die Welt vor Augen verschwimmen lässt, reisst Du noch Deine Lippen auf und ein gellender Schmerzensschrei verlässt den stark verstümmelten Körper... bevor alles schwarz wurde.


ZEHN - ANGST - VERZWEIFLUNG


Du hörst eine androgyne Stimme. Sie spricht immer wieder monoton die folgenden Worte mit einer abscheulichen Sicherheit:

"Und am Ende signalisiert eine Erschütterung des Weltengefüges das Ende aller Dinge...

Gerimor wird sterben... ebenso seine umgebenden Inselreiche!

Eluives Essenz wurde endgültig vernichtet!

Nichts mehr blieb der Göttermutter...

Horteras war gezwungen, zuzusehen, wie Eluives Essenz schmolz.

Menschen, Elfen, Letharen, Menekaner... sie alle...

Alle fielen in die aufgebrochene Welt hinein...

Tief in die Abgründe, in denen die grässliche Explosion stattfand .

Sie weckte alle Götter - alle!

Und sie alle kamen, um zu retten, was zu retten war... vergebens!

Dabei übergab Alatar seine Schwester Temora der Vergessenheit, als ihr göttlicher Leib von dem Brudermörder zerschmettert wurde, als sie sich voller Sorge auf die Welt zustürzte.

Doch auch Alatar würde vergehen...

wie alle anderen, als ein grauer Schatten sie alle vernichtete!

Und so Endete es, wie es alles begann...

Im Nichts..."


ELF - HITZE - KÄLTE - VERGESSENHEIT - SCHMERZ

Du spürst etwas an Dir ziehen. Immer stärker! Etwas zieht Dich ins Dunkel. Und Du siehst nichts mehr. Nur noch Nichts. Du bist eingesperrt. Jemand trägt Dich und Dein Gefängnis! Die Welt ist rot. Und schwarz. Und kalt. So unendlich kalt. Du wartest.


ZWÖLF - KÄLTE - BEGIERDE

Alles um Dich herum ist dunkel, finster, grabeskalt. Doch Du rufst. Unaufhörlich. Du weisst nicht, wen, aber doch weisst Du es mit einer absoluten Sicherheit. Und Du spürst etwas. Nähe. Berührung. Und mit einem Male siehst Du wieder etwas! Um Dich herum ist alles in tiefstem blaugrün gehalten. Und Du spürst, dass Du stirbst. Und sofort wird wieder alles schwarz.


DREIZEHN - ZORN - LUST

Sie lügen! Deine Sicht wird immer wieder von überwältigenden gelbfarbenen Wellen gestört. Du siehst immer wieder Gestalten wie aus Kohle auf Dich zulaufen. Du zerschlägst sie alle mit großer Leichtigkeit. Und Du isst sie! Zu den gelblichen Wellen gesellt sich ein sattes blau. Als Du die Fetzen der Kohle in Deinen Mund schiebst, spürst Du, wie Du Dich immer stärker fühlst und ein Kribbeln durch Deinen ganzen Leib wandert. Sanfte Töne von rot schleichen sich ein. Du hast Hunger. Großen Hunger! Und Du hörst einen Namen: "Terren!!!"


VIERZEHN - ANGST - HASS

Grau. Die Welt ist grau. Du liegst in einer kleinen Gefängniszelle am Boden, in Ketten. Du kannst Dich nicht bewegen, bist wie gelähmt! Vor Dir steht eine Person. Doch besteht sie vollends aus Kohle. Nur das Gesicht... es verändert sich stetig! Und ein jedes Mal, wenn das Gesicht sich ändert, spürst Du etwas anderes... und es lacht über Dich. Es sind viele. Sie haben Angst vor Dir. Du kannst es riechen.

Der kaltherzige Ritter... Du bist ihm egal. Er hält Dich wie ein Tier.
Die unsichere Ratsdame... Sie wünscht sich, Du wärst nicht hier. Sie möchte auch nicht hier sein.
Die Heilerin mit dem Sprachfehler... Du bist ein Versuchsobjekt für sie. Sie nimmt Deine Hände ab.
Der Ritter des Panthermannes... Er kennt Dich. Er gibt vor, Dich nicht zu kennen.
Die Priesterin des Tempels... sie ist eine Fassade. Doch sie trägt eine Maske.
Die Herrin des Panthers... Sie ist mächtig. Sie ist klug. Sie ist unsicher.

Und so viele Gesichter mehr, die Du nicht einordnen kannst...



FÜNFZEHN – SCHMERZ - HASS

Deine Welt ist ein Tunnel in den schillerndsten Farben. Rund um Dich herum hörst Du viele, dutzende, sind es hunderte? Stimmen. Aufgeregte Stimmen, sehr viele! Du hast furchtbare Angst. Denn Du weisst, dass ICH Dich hierher gebracht habe und Du nichts dagegen tun konntest. Jemand redet. Du hörst die Stimme nur gedämpft. Deine Tränen und Dein Herzschlag lassen Dich die Welt nur wie durch Watte wahrnehmen. Du willst fort, aber sie lassen Dich nicht. Du wirst festgehalten. Aber... was tun sie da?! Jemand näht bei vollem Bewusstsein Deine Lippen zu! Mit einem dicken Lederfaden! Du willst schreien, Tränen verlassen Deine Augen, mein liebes Kind, doch alles, was Du hörst, ist mein Lachen. Niemand sieht Deine Unschuld. Der Mann vor Dir auch nicht. Er geniesst es, Dich leiden zu sehen. Jeder Stich mit der Nadel lässt Deine Sinne verschwimmen, die Welt für einen Augenblick verzerrt wahrnehmen. Deine Lippen sind versiegelt. Du spürst ein grausames Brennen, als wäre Dein Mund mit kochendem Pech gefüllt. Du ringst mit den Schmerzen, als sie Dich Deiner Kleidung berauben. Du willst Dich bedecken, doch ich lasse es nicht zu. Die Menge starrt Dich an. Sie wollen Blut sehen. Deines!

Du willst weg. Aber sie lassen Dich nicht. Und Du hörst und spürst ein Knallen. Das Brennen, welches eben noch an Deinen Lippen hing, ist nun auf Deinem Rücken. Eine Bullenpeitsche reisst das Fleisch Deines Rückens auseinander! Du empfindest große Schmerzen, Du willst schreien, aber es geht nicht. Denn Dein Schrei öffnet nur Deine Lippen. Die Nähte halten. Und doch können sie den Reflex nicht vollständig unterdrücken und die beiden Schmerzquellen verschmelzen zu einer unbeschreiblichen Qual. Erneut trifft er Dich! Die erste Naht reißt! Oder war es das Fleisch Deiner Lippen? Du gibst auf, ich spüre es. Aber es ist noch nicht vorbei, mein liebes Kind. Es hat gerade erst begonnen...


SECHZEHN – ERLÖSUNG - ÄQUILIBRIUM

Du erwachst aus einem Traum. War der Traum Dein Leben und Du bist tot? Du hörst Stimmen.

Das trügerische Goldhaar...
Das Kind des Meisters...
Der Nachtfluss...

Sollten sie alle nicht aus Kohle sein? Waren sie ein Teil des Traumes? Und doch erinnerst Du Dich an sie. Denn sie alle haben Dich zu mir geführt, mein liebes Kind.

Dein Leiden...
Deine Macht...
Deine Tränen in stiller Nacht...
Todessang...!
Sonnenblume mein...
gehst ins Grab jetzt ein...
Lang gewesen bist du mein...
Todessang!
Weißer Rabe...
ohne Klang, hörst Du meinen Leidgesang?
Nun gehörst Du mir, mein Kind...
folge meinem Ruf... geschwind...
TODESSANG!

. . .


Sechzehn Sekunden. Acht Atemzüge. Vierzig Herzschläge.

Das Gefühl von glühenden Nadeln im Gehirn. Es ist so schwer, zu atmen. Und dieses Flüstern! Aus allen Ecken scheint es zu kommen. Selbst aus dem eigenen Kopf.

Die sechzehn Sekunden mögen kurz wie ein Traum zur Mittagszeit erschienen sein, doch genügten sie dem Phantom, sich zu manifestieren und sein neues Gefäß, sein neues Opfer, seine neue Wohnstatt, seinen neuen Besitz genauestens zu studieren.
Die junge Frau namens Victoria war ein saftiges Beutestück. Ihr gemarterter Geist schien heller als die Sonne an einem klaren Wintertag. So viele schmerzhafte Erinnerungen waren unter ihrer jungen, ansehnlichen Fassade verborgen. So viel Leid hatte sie erlebt. Ihr Geist wurde bereits gebrochen. Einmal. Zweimal. Dreimal. Vielmal. Und doch ist sie stark.

Der alte Name wird vergehen, beschloss das Phantom. Diese Hülle habe ihm lange genug gedient. Endlich fand sich jemand, der das Gefängnis öffnete, in das dieser unsägliche "Priester" Tyrius Sendar das Phantom einst verbannte.

Der Todessang witterte die pulsierende Energie der jungen Frau. Sie wird ihm so gut zu Diensten sein, ja!

Vor Victorias Augen spielte sich etwas merkwürdiges ab: Sie sah in der Ecke ein altes, abgenutztes Schaukelpferd. Es begann zu wippen. Von alleine. Und bewegte sich geräuschlos wippend auf sie zu. Ein leises Summen, eine Melodie eines Kinderliedes war zu hören. Ein leises Kichern eines Kindes.

"Einen Schandfleck habe ich zur Welt gebracht!"

Ein knacken war zu hören, wie das Bersten von Eis.

"MAMA!"

Risse bildeten sich in dem Schaukelpferd. Und Blut begann, aus diesen Rissen zu tropfen. Erst wenig, dann mehr. Immer mehr!

‘‘Nein Mutter! Nicht! Bitte nicht Mutter! Mutter, nein!‘‘

Aus den Wänden des Kellers brachen die Steine heraus. Und hinter ihnen schwallte noch mehr Blut heraus. Victoria stand bis zu den Knien in zähem dunkelroten Blut. Aus allen Richtungen konnte sie die Schreie des kleinen Mädchens hören. Es waren ihre eigenen. Lange verdrängt und nun wieder gnadenlos an die Oberfläche ihrer Seele gerissen.

"Er kommt! Gib Acht!" war noch als angsterfülltes Amalgam des Flüsterns von unzähligen Stimmen von Jungen und Mädchen, Männern und Frauen, jung und alt, zu hören, als das Schaukelpferd zusammenbrach und in dutzende Stücke zerbarst.

Stille. Atemlosigkeit. Victoria stand dort alleine im Keller. Vor ihr lediglich ein schwarzes verschrumpeltes Herz mitten im Raum. Leise erklang in der Ferne eine schwere Glocke.

Todessang!

Aus dem Herz erwuchs eine Nebelschwade. Ein weiterer Glockenschlag,

Todessang!

Die Nebelschwade wurde größer und nahm Gestalt an. Ein weiterer Glockenschlag.

Todessang!

Die grauschwarze Nebelschwade pulsierte und windete sich, etwas war in ihr zu erkennen. Ein weiterer Glockenschlag.

Ein Kichern eines kleinen Mädchens war zu hören.

In der Nebelschwade werden Knochen sichtbar. Und hinter diesen Knochen scheinen Gesichter zu sein! Viele Gesichter! Sie alle bewegen sich in einem nie enden wollenden Flux der Emotionen, manche lachen, manche weinen, manche schreien stumm, manche wirken leer. Ein weiterer Glockenschlag.

Und sie hörte die Stimme ihrer Mutter:

"Komm zu mir, mein Kind. Dann wird alles wieder wie früher sein!"


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Zuletzt bearbeitet von Shessidyr Shartir am 22 Jan 2019 21:56, insgesamt einmal bearbeitet
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Shessidyr Shartir





 Beitrag Verfasst am: 06 Jul 2019 21:19    Titel:
Antworten mit Zitat

Der Ort, an dem das Fleisch singt





Der dritte Cirmiasum 262, ein lauer Sommerabend in Junkersteyn. Die Vögel singen, angenehm warmer Wind rauscht durch die in sommerlichen Grün stehenden Büsche und Bäume und die noch lange am Himmel stehende Sonne taucht die pittoreske Idylle in allgegenwärtige Sepia-Farbtöne, die das Städtchen wie ein Bild aus einem lange vergessenen Buch wirken lässt.

Ein leeres Zimmer im Hause Lenjar. Eigentlich ist es das kleine Reich von Amelia und Mael, doch an diesem Abend sollte es leer bleiben. Die Einladung der geliebten Amme Vivien war doch zu verlockend, als dass die beiden Kinder sie hätten ausschlagen können. Am Wochenende würden sie wiederkommen und bis dahin wären der Wind und ab und an ihre Mutter Alanna die einzigen Gäste in diesem schönen Kinderzimmer. Fast wirkt es, als würde selbst das ordentlich aufgeräumte Spielzeug den kühlen Luftzug genießen, der durch das offene Fenster mit dem nach innen wehenden Vorhang erfrischend hereindringt.

Doch dann, horch, vermischen sich plötzlich andere Töne mit dem Wind.
Etwas dissonantes.
Etwas, das selbst die Vögel zum schweigen bringt, als wollten sie sich selbst vergewissern, was sie da eben gehört haben.

Und erneut. Ein seltsames Geräusch. Fast animalisch klingend. Befremdlich.

Seien wir der Wind und folgen dem Geräusch zu seinem Ursprung. Die Treppen hinab, tiefer und tiefer. Bis das Geräusch klar zu erkennen ist und sich als Schmerzensschreie einer Frau herausstellen. Doch anstelle zu verstummen sollten sie erst der Beginn einer Symphonie des Grauens sein, die das verschlafene Städtchen Junkersteyn aus seiner täglichen Beschaulichkeit herausreißt und zum Mittelpunkt einer unbeschreiblichen Gewalttat macht, die Herzen und Seelen einiger Zeitgenossen auf lange Zeit entstellen.

Doch um all das zu verstehen, müssen wir die Zeit ein paar Tage und Stunden zurück drehen.


Junkersteyn, dritter Cirmiasum. Wenige Stunden zuvor.

"Emma... was tust du da... was soll das?"
"Mach mich los, verdammt! Du musst das nicht tun!!!"


"Emma"... ja. Das war der Name, den sie ihr gegeben hatten. Oder genauer gesagt, den sie ihr gegeben hat.

Es war so einfach, fast schon spielerisch, ihnen allen eine traurige Geschichte vorzugaukeln: Das naive blonde Bauernmädchen, das noch über seine eigenen Füße stolpert, wenn man nicht gut genug auf sie aufpasst.

Von einer rührenden Leichtigkeit des Lebens beseelt, war dieses Bauernmädchen bald von Menschen umgeben, die sie anziehend und faszinierend fanden. Oder nervig. Oder herzzerreißend liebenswert. Oder leicht zu verführen.

Dirinthar...
Rylzar...
Laina...
Sophie...
Moira...
Charlotte...
Heinrik von Talgrund...
Alanna...

um nur einige zu nennen. Doch was alle diese Menschen nicht wissen konnten, dass "Emma" bereits seit Jahren tot war. Aus schierer Mordlust heraus wurde vor vielen Jahren ein Mädchen auf Lameriast getötet. Der Todessang forderte es. Sie sah so jung, so rein, so voller Energie aus. Und alles, was der Todessang mordete, war er auch in der Lage, zu imitieren. Es musste nur noch eine passende Verkleidung entstehen und die Täuschung war perfekt. So auch "Emma".

Über den unschuldig dreinblickenden großen Augen, dem kristallklaren herzensguten Lachen und der Eigenart, sich selbst über die kleinsten Kleinigkeiten begeistert zu wundern, vergaßen selbst die wachsamen Augen mancher Menschen die Tatsache, dass der ganze Körper voller Narben war. Narben, die sie sich über all die Jahre selbst zugefügt hatte, als das Phantom einmal wieder seinen blutigen Tribut forderte. Wie auch dieses Mal.

Jeder Tag mehr, den sie in dieser ekelhaften, falschen Hülle, dieses verzerrte Spiegelbildes ihrer selbst, verbringen musste, brachte sie an den Rand des Ungehorsams gegenüber der Verkleidung. Jeder Tag mehr schürte ihren inneren Hass IHNEN gegenüber. Jeder Tag liess eine unstillbare Gier nach dem Leid anderer und ihrer selbst aufflammen.

Bald wäre eine Grenze überschritten...

Junkersteyn, dritter Cirmiasum. Wenige Stunden danach.


Es fühlte sich gut an. Endlich konnte sie ihre Maske ablegen. Endlich würde der Plan Früchte tragen. Endlich konnte sie endlos sein. Eins mit dem Meister.

Der weiße Rabe.
Der Nachtwind.

Der Meister hatte sie erhört. Erwählt.

Würde der Meister auch den Namen erwählen? Wenn sie sich Ihm bedingungslos hingibt? Ihm eine artige und folgsame Dienerin ist? Wenn sie jeden Augenblick des Seins nutzt, die Aufmerksamkeit des Großen Raben auf sich zu ziehen? Jeden Windhauch nutzt, um Sein Flüstern im Wind zu hören?

"Emma... was tust du da... was soll das?"
"Mach mich los, verdammt! Du musst das nicht tun!!!"


Doch das war kein Flüstern im Wind. Ein Misston. Wildes plappern. Eine vertraute Stimme.

Als sie ihre Augen öffnete fand Shessidyr sich in einer fremden Umgebung. Eine Art Gewölbe. Was tat sie hier? Die letzten Augenblicke... waren es Minuten? Stunden? wirkten... bestenfalls verschwommen.
Da, erneut dieser Misston!

"Ich kann dir helfen! Du musst nicht tun, was sie verlangen!"
"Emma... bitte... das ist doch Wahnsinn! Verdammt, mach mich los!!!"



Fortsetzung folgt...
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Shessidyr Shartir





 Beitrag Verfasst am: 29 März 2020 16:03    Titel:
Antworten mit Zitat

Warnung: Diese Geschichte behandelt ausgeprägte Thematiken zu Suizid und Gewalt. Weiterlesen auf eigene Verantwortung. Empfindliche Gemüter sollten bitte nicht weiterlesen. Danke.





K A T H A R S I S
Teil I

Wie man Geister macht
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*KLICK*

Ein Moment der Klarheit.

Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate... sie flossen einfach so vorbei. Wie ein Strom. Und mit ihm die Erinnerungen.

Ich fühle mich leer, leicht und doch irgendwie traurig. Heute ist ein schöner Tag. Irgendetwas wundervolles ist geschehen. Nur was?


Und... wo bin ich?


Ich stehe in einem kleinen Raum. Der Raum wirkt sehr gepflegt, nahezu hübsch. Auf den sauberen Möbeln liegen kleine Zierdeckchen und auf der großen Spiegelkommode steht seitlich eine Blumenvase mit einer Stoffblume darin. Auf den Lehne des Stuhles liegt ein sorgfältig zusammengefaltetes hübsches Reisekleid. Es ist weiß, grün und erdbraun.

Die Mitte des Raumes stellt ein akkurat gelegter runder Teppich dar. Er ist rot, gelb und dunkelblau und wirkte sogar gebürstet. Wie penibel.

Ein kleines Bett steht in der Ecke des Raumes, das Bettzeug wirkt dabei kaum angerührt. Ein kleines Schälchen mit bedufteten Stoffstreifen steht am Kopfende des Bettes, scheinbar um dem Schlafenden wohle Träume zu bescheren.

Kerzenlicht erhellt den Raum. Wobei erhellt das falsche Wort ist. Ein kleiner geschmolzener Wachsstumpen hielt noch eine winzig kleine Flamme und es würde nur noch wenige Herzschläge dauern, bis sie erlischt.

Vor der Tür ist eine Kommode quer gestellt. Es soll scheinbar niemand herein kommen. Warum...?




Wie bin ich?


Ich stehe auf einem wackeligen Tisch und sehe vor mich. Vor mir steht ein junges Mädchen mit blonden Haaren und zerrissenen, verschlissenen Kleidern. Ich höre leises Schluchzen, welches in der Dunkelheit des kleinen Raumes von den immer dunkler werdenden Schatten verschlungen wird und niemals gehört werden wird. Nicht in dieser Nacht, nicht in diesem Moment. Nie mehr. Nur von mir.


Wer bin ich?


Ich... kann mich nicht erinnern...?

Doch... halt! Ich weiß es! Ich bin Hermina. Hermina Morwied!

Das ist mein Name. Warum habe ich Angst davor, ihn auszusprechen?

Ich... nein! Ich darf ihn nicht aussprechen! Nicht einmal daran denken! Mein ganzer Körper zittert, als ich daran denke, den Namen auszusprechen.

Ich... bin Emma. Ja! Das ist mein Name... Emma. Aber warum...?

Wie eine untrennbare Begleitung zu dieser Frage wird alles dunkel. Schwarz.

Als ich die Augen wieder öffne stehe ich auf einer einsamen Lichtung mitten im Wald. Ich muss kurz die Augen zugemacht haben. Es war wohl nur ein Traum. Mein kleiner Korb voller Pilze ist noch da. Stimmt, ich wollte in den Wald gehen und Pilze sammeln. Die schmecken zu dieser Jahreszeit einfach am besten. Die Bäume legen langsam ihre Herbsttracht an und heute ist ein wunderschöner Tag. Ich werde nun nach Hause gehen! Ich rücke nur noch eben meinen Blumenkranz aus Schafgarbe und Flachs zurecht und dann kann es losgehen.

Oh, da ist jemand!

Eine blonde Frau kommt aus dem Wald. Sie trägt ein Reisekleid in weiß, grün und erdbraun. Ich habe sie gar nicht gesehen. Sie kommt direkt auf mich zu, warum hält sie nicht an? Ich will ihr ausweichen, aber im letzten Moment kommt sie zum stehen.

Sie ist seltsam. Sie deutet nur auf mich, scheint mit sich selbst zu sprechen und sagt, dass ich perfekt bin und nun dem Meister gehöre. Was auch immer das bedeuten mag.

Sie läuft um mich herum. Irgendwie albern. Aber ich kann ihre Blicke auf mir spüren. Immer wieder sagt sie leise "Perfekt!". Nun fasst sie mich auch noch an! Wie... merkwürdig! Irgendwie kitzelt es, als sie mich mit ihren komischen langen Fingernägeln streichelt. Hihi!

"Der Name nimmt sie mit... Meister" sagt sie und läuft weiter um mich herum. Ich kann sehen, wie sie mich immer weiter ansieht. Fast schon abschätzend.

"Bin ich etwa nicht fesch genug?" frage ich amüsiert. Irgendwie ist das lustig.

Autsch! Ich spüre nur einen schneidenden Schmerz am Hinterkopf als alles um mich herum dunkel wird. Ich höre im Dunkel nur noch folgende Worte...

"Ja Meister... der Name folgt... es wird auch bald vorbei sein..."

Erneut öffne ich die Augen. Ich bin in einem dunklen Raum. Ein Kerker? Ein Gewölbe? Ich will hier raus! Aber ich kann nicht. Ich bin angekettet. Und nackt.

Als ich an mir herabsehe, erkenne ich, dass mein Körper von Narben und Verletzungen überzogen ist. Und ich erinnere mich... an so vieles... an den Schrecken... die Schreie... das Flehen... und die Schmerzen.

Ich erinnere mich wieder. Ich habe diese blonde Frau nicht mehr gesehen. Nur noch eine dunkelhaarige Wahnsinnige, deren Glieder so dürr sind, dass sie manchmal aussehen wie Zweige.

Sie hat mir weh getan. Sehr. Ich kenne nun Teile meines Körpers, die ich zuvor nicht kannte. Und auch, dass man dort und überall Schmerzen empfinden kann.

Sie sagte, dass es bald vorbei sein wird, wenn ich artig sein werde. Also tat ich alles, was sie von mir verlangte. Und doch tat sie mir weh. Aber nicht mehr so sehr... wie zuvor.

Ich wollte nur, dass es vorbei ist. Ich habe schon vergessen, welcher Tag es ist. Welcher Monat? Ich... weiss es nicht mehr. Ich hörte nur jeden Tag ihre helle Stimme, weich wie Samt aber voller abgrundtiefer Bosheit, wie sie mich fragte, wie mein Name sei.

Sie bestrafte mich, egal, ob ich antwortete oder nicht. Mit Nägeln. Klingen. Zangen. Hämmern. Sägen. So vielem, mit dem man Dinge erschaffen und reparieren kann. Oder zerstören... wie mich.

Irgendwann sagte sie mir, dass ich nun einen Namen habe. Ich bin Emma.

Ich habe sie nicht weiter gefragt, ich habe getan, was sie verlangt hat. Und es war gut, denn sie schien zufrieden zu sein, als ich ihr mit dieser Antwort auf ihre Frage antwortete und einmal wieder wirkte es, als würde sie mir nicht so sehr weh tun, wenn ich alles so tue, wie sie es will.

Ich scheine nun den Verstand zu verlieren, denn manchmal... vermisse ich die Schmerzen, die sie mir zufügt. Tut sie es aus Spaß? Oder um mich gefügig zu machen? Ich bin bereit für alles, was sie tut... denn ich will ihr gefallen. Ich bin Emma.

Ich konnte es spüren, als sie jeden Buchstaben meines Namens aus mir heraus schnitt, bis nur noch das übrig war, was sie sagte.

Ich bin Emma.





Ich kann mich an nichts mehr erinnern. Ich stehe auf der Straße. Ich trage ein weiß, grün und erdbraunes Reisekleid. Und meine Haare sind blond. Ich weiß nur, dass mir jemand furchtbar wehgetan hat. Und dass ich Hilfe brauche. Da ist eine große Stadt. Bekomme ich dort Hilfe? Ich werde zu den Wachsoldaten gehen...


Warum bin ich?


Ich bin Emma. Ich weiß nicht, warum sie mich festnehmen als sie mich sehen. Sie halten mich fest wie ein wildes Tier. Und manche von ihnen sehen mich so hasserfüllt an. Warum nur...? Was habe ich ihnen getan?

Sie werfen mich in eine Zelle. Niemand sagt etwas, alle sehen mich nur wütend an. So viele fremde Gesichter und Menschen kommen und gehen. Sie stellen Fragen... so viele. Und ich weiß keine Antwort auf sie.

Selbst ein Priester ist hier. Er ist nett. Aber sehr streng. Warum tun sie das...?

Ich bin Emma. Und ich habe Angst.


Wann werde ich sie wiedersehen?


Ich werde freigelassen. Sie haben nichts gefunden, was meine Schuld beweist. Für was? An was bin ich schuld? Ich bin alleine in der Fremde. Ich habe Rahal einmal aus der Ferne gesehen, doch mehr nicht. Und nun... bin ich im Osten, dem Land der lichten Götter. Keiner spricht mit mir, jeder meidet mich.

Ich... vermisse den Schmerz ihrer Berührungen auf meiner Haut. Das Gefühl, dass sie mir weniger weh tut, wenn ich etwas gut mache. Ich gehöre ihr. Doch wo ist sie...?


Wozu bin ich gut?


Die Zeit vergeht. Sekunden, Minuten, Stunden, Tage, Wochen, Monate... sie flossen einfach so vorbei. Wie ein Strom. Und mit ihm die Erinnerungen.

Ich fühle mich leer, leicht und doch irgendwie traurig. Heute ist ein schöner Tag. Irgendetwas wundervolles ist geschehen. Nur was?

Ich stehe auf einem wackeligen Tisch und sehe vor mich. Vor mir steht ein junges Mädchen mit verwaschen blondgefärbten Haaren und zerrissenen, verschlissenen Kleidern. Ich höre leises Schluchzen, welches in der Dunkelheit des kleinen Raumes von den immer dunkler werdenden Schatten verschlungen wird und niemals gehört werden wird. Nicht in dieser Nacht, nicht in diesem Moment. Nie mehr. Nur von mir.

Das Mädchen trägt eine Schlinge um den Hals. Ein robustes Hanfseil. Es ist über den Dachbalken geworfen und sie hat sich das Ende des Seiles um die Hüfte gebunden. Was hat sie vor? Sie will doch nicht etwa...?

Das Mädchen dreht sich zu mir um. Dieses Mädchen... bin ich!

Sie, nein, ich!, lächle mich bitter an und ich kann ihre, nein, meine! leeren, trauererfüllten Augen sehen. Ich will nicht mehr. Sie kann nicht mehr. Ich höre ein leises Flüstern in meinem Ohr. Es ist die Stimme meiner Peinigerin.

"Es wird bald vorbei sein..."

Sie, nein, ich, drehe mich wieder fort von mir.

Bei allen Göttern, sie wird doch nicht! Ich werde doch nicht!

NEIN! NICHT!

Sie springt von der Tischkante. Ich will mich aufhalten.

Doch meine Hand gleitet durch mich hindurch, als ich zusehen muss, wie ich mich mit der Schlinge um den Hals vom Tisch stürze. Im selben Augenblick erlischt die winzige Flamme der kleinen Kerze in der Ecke und ein grausiges knackendes Geräusch gefolgt von einem kaum wahrnehmbaren Röcheln ist der letzte lebendige Laut, den dieser Raum für lange Zeit hören wird.

Vielleicht sehe ich dieses Zweigmädchen ja dort wieder, wo ich nun hingehe. Ich glaube... ich liebe sie.


Was bin ich?


Ich bin Hermina Morwied. Und ich... bin nicht mehr.





Es war in der Nacht zum 21. Lenzing als die Berührung des Wahnsinns ein weiteres Opfer forderte. Vielleicht würde sie ja gefunden und jemand erinnert sich an die Zeit des Jahres 262, als der Sommer dem Herbst wich und Junkersteyn der Schauplatz einer sinnlosen Gewalttat wurde, die niemals vollständig aufgeklärt wurde.
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 Beitrag Verfasst am: 27 Apr 2020 21:55    Titel:
Antworten mit Zitat

K A T H A R S I S
Teil II

Kairos - Nadelwind
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Es sind viele Wochen und Tage vergangen, seit der Mann namens "Schattenauge" uns zum ersten Mal sah.

Wir können die Gegenwart des Meisters in ihm spüren. Als könnte er in das Dunkel hineinsehen, in dem wir wohnen.

Direkt angesehen hat er uns, ja.

Und er empfand... gar nichts!

Er ist weise. Und mächtig.

Und er hat etwas vor.

Tückisches Schattenauge.

Wir müssen dafür sorgen, dass der Name nicht mehr flüstert.

Sie hat ihm bereits zu viel gesagt.

Wir werden das zu verhindern wissen...


Der Abend des 27. Wechselwindes hinterlässt ein Anwesen in Schattenwinkel ohne Lichter und Bewohner. Nur die untergehende Frühlingssonne hinterlässt um die achte Abendstunde noch vereinzelte Lichtstrahlen, die in trügerischem orange langsam aber sicher in graue Nuancen übergehen und die kühle Nacht einladen.

Jedoch sollte das orange der untergehenden Sonne nicht der letzte Ursprung dieser Farbe für diesen Tag sein. Dort, in einer Ecke, in der Stufen zu einem verbotenen Ort unter der Erde führen, ist der zaghafte orange Lichtschein einer Kerze zu erkennen, der sich immer weiter heraufzuwagen scheint.

Leise Schritte eines nackten und eines beschuhten Fußes sind zu hören als die Ecke des Raumes langsam aber sicher erhellt wird und eine elegant gekleidete Gestalt, eine junge Frau, mit sauber geflochtenen Haaren herauftritt. Die Finger der linken Hand umfassen den Ring eines bronzenen Kerzenhalters und balancieren diesen regelrecht liebevoll, auf dass die Kerze stets gerade gehalten und kein Tropfen Wachs verschüttet wird.

Die Schritte der Gestalt wirken hierbei träge und forciert, nahezu mechanisch, als diese sich aufmacht, das Haus nach etwas zu durchsuchen. Etwas, wovon ein ganz genaues Bild vor dem geistigen Auge bestand und was auch nach kurzer Zeit bereits gefunden wurde. Etwas, was die Augen mit einer Panik erfüllt und die Mundwinkel mit einem diabolischen Grinsen entstellt.

Innerhalb kürzester Zeit ist das orangene Licht wieder verschwunden und das graublau der sterbenden Abendsonne beansprucht das Anwesen wieder für sich.

Jedoch wird die Stille nur oberhalb der Erde vorherrschen.

Etwa vier Meter unter der Erde wird ein erhitztes Wortgefecht stattfinden. Und obwohl Worte fallen, verletzende, grausame, harsche, ist kein einziges zu hören...


"Nein... Nein! Das... kannst du doch nicht tun!"

"Doch... ich kann. Und ich werde!"

"Bitte... lass mich...ich tue es auch nie wieder!"

"Du lügst... und ich werde dich lehren... DAS... niemals wieder zu tun. Du ... gehörst mir."

"Nein... Nein! BITTE NICHT!!!"

Ein gellender, lauter Schrei und einige darauf folgende sind höchstens gedämpft im darüber liegenden Anwesen zu hören, im finsteren Gewölbe des Hauses scheinen diese sich um ein vielfaches zu hallen und erzeugen so für einen Bruchteil eines Momentes eine perfekte Kakophonie der Grausamkeit als ... es still wurde.

[Auf Aufforderung entfernt.]

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Zuletzt bearbeitet von Shessidyr Shartir am 21 Mai 2020 20:35, insgesamt einmal bearbeitet
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 Beitrag Verfasst am: 01 Mai 2020 23:50    Titel:
Antworten mit Zitat

K A T H A R S I S
Teil III

Kairos - Nadelwind II
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Du weisst, wie es war...

Sie haben dich zum Schweigen gebracht...


[Auf Aufforderung entfernt.]


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Zuletzt bearbeitet von Shessidyr Shartir am 21 Mai 2020 20:04, insgesamt einmal bearbeitet
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