Da war es nur noch Einer

[Christo]

Als sein Auge sich schloss war der Rabe bereits verschwunden...

Vor ein paar Stunden war er in den Wald gegangen, um die Raben zu finden, dort wo er sie suchte waren sie nicht gewesen.

Einen Raben aber konnte er dann doch finden, einen wie er wusste weiblichen Raben unter dem Boden des Waldes versteckt, ein Körper in stiller und ungestörter Ruhe vor der Welt.

Mit einem leisen Seufzen und dem Gefühl von Alter auf den Schultern und in den Knien ging er dort neben ihr in die Hocke und folgte dem Bedürfnis ein paar der sogenannten Unkräuter die hier und dort vorwitzig und zu übermütig wucherten heraus zu rupfen.

Unachtsam warf er die Kräuter ein paar Schritte durch die Luft zur Seite und ließ dabei die Gedanken hin und wieder durch die Farben von Blättern oder Blüten in die Vergangenheit abdriften. Es war seltsam, dass er sie nur noch aus der Gedächtnis heraus beschreiben konnte und niemand mehr in der Lage war sich mit ihm an ihr Gesicht zu erinnern. War soviel Zeit denn wirklich schon vergangen?

Es musste wohl so sein das die Zeit voran gegangen war, denn ihm tat seltsam der Rücken weh nach nur sowenig Arbeit und so wurde der Boden wahrlich anziehend. Der Stamm neben dem verborgenen Grab die Rückenlehne, der Waldboden der weiche Sitz und die Erinnerungen das harte kratzige Kissen. Sein Blick ging dort Richtung der verborgenen Grabkammer und was sah er dort? Die verzehrten Abbilder der Vergangenheit die sich auf ihn zubewegten.

Ein noch junger nicht gerade hoch gewachsener Mann mit strohigem blonden Haar, auf den Armen eine von Kopf bis Fuß mit blutiger Flüssigkeit verschmierte Frauengestalt. Hinter ihnen eine weitere junge Frau, mit einer roten Kappe und einem schmerzlich verzogenem Gesicht. Aus unterschiedlichen Gründen wankend, vor Gewicht und Leid, legte der junge Mann die weibliche Gestalt neben Fames ins Gras. Zum Greifen nah waren die drei Erinnerungsgestalten und doch war da gerade nur ein Gesicht das er wirklich sehen wollte und nachdem er die Hand ins Nichts ausstreckte.

Bei der Berührung die gar keine wahr, verschwanden diese Abbilder seiner Erinnerungen wieder dahin woher sie gekommen waren, im Gestern... in den kleinen Reuen. Die Hand in der Luft wo sie gerade noch berühren wollte drehend, erkannte er das er seine Handschuhe ausgezogen hatte und nicht mehr wusste wann. Der Blick ging so auf die Brandnarben, die sie auch noch gesehen hatte, er aber seid ihrem Fehlen lieber hinter Stoff oder Kettengeflecht versteckte. Versteckte... er ballte die Hand zur Faust, welche kurz zitterte und dann mit einem weiteren schweren Seufzer, dort auf das Erdreich klopfte wo die Gestalt aus der Erinnerung wirklich lag. Vor allem aber war dort wo die Faust die Sicht verborgen hatte, nun ein Rabe.

So sah er nun genau hin und dankte für das Zeichen und die Möglichkeit...