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Leben heißt Dienen
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 13 Jul 2018 13:27    Titel: Leben heißt Dienen
Antworten mit Zitat

Leben heißt dienen.

Die 1,70 große Frau mit den blonden Locken wuselte seit ein paar Wochen durch Adoran. Ihr Arbeitseifer war offensichtlich und so grüßte man sie schon beim vorbei flitzen von weitem, denn für einen Plausch hatte sie selten Zeit. So viele Dinge gab es zu erledigen, so viel Wäsche musste gewaschen, so viele Teller gespült und so viele Pflanzen gepflegt werden. Charlotte kam aus der Arbeit nicht mehr raus und sie zwang sich, jeden Sonnabend eine Pause zu machen und einfach irgendwo in Adoran einen ruhigen Platz zum lesen zu finden.
Immer wieder ermahnte sie sich, nicht in irgendein Fettnäpfchen zu treten und dennoch passierte es am laufenden Band. Sie meldete sich, laut Gerüchten beim falschen Stadthalter, rief einen Markt ins leben ohne vorher den Segen der Stadt einzuholen, versuchte möglichst heimlich eine Taverne zu eröffnen, damit Eve sich wieder etwas mehr aus dem Adelsviertel bewegte. Und doch schien es nicht perfekt.

>> Eine Liste, ich brauche dringend Planung in meinem Eifer!<<

Kaum gefrühstückt, rannte Charlotte zu Trudi und packte die Satteltaschen. Erst musste die Parzelle versorgt werden, anschließend wurde Holz für den Winter gehackt, die Wäsche, der Haushalt, der Laden. Charlotte seufzte schwer. So viel Verantwortung auf einer Person, das würde nicht lange gut gehen. Sie brauchte Hilfe, Personal für den Laden! Aber Vertrauen in andere und ihren Fähigkeiten fiel ihr sehr schwer. Sie wollte lieber alles alleine machen, damit es perfekt wurde. Aber es ging nicht mehr alleine. Die Gesellschaft der Leute brachten sie auf den Boden zurück, ein Stück weit raus aus ihrer Arbeitssucht. War es denn eine Sucht? Anscheinend ja.
Als man Charlotte kurz vor der Hochzeit nach Lichtenthal schickte um im Hause von Talgrund zu dienen, wusste sie nicht was sie erwarten würde. So viel Neues und plötzlich so viel Verantwortung für eine Hausmagd, nein, nun war sie Haushälterin und stand als Angestellte auf der höchsten Stufe. Und sie fühlte sich zu Beginn mit allem überfordert, der Alltag pendelte sich nach der Hochzeit aber zügig ein und auch die Papiere aus Winterfels wurden rasch durch lichtenthaler ausgetauscht.
Aber dennoch war es stets die oberste Pflicht, zu dienen. Den Lehensherren dienen und dem Adel alle Wünsche von den Augen ab zu lesen. Ein Leben, dass Charlotte nie anders gekannt hatte.

Leben heißt dienen.

Sie wurde von klein an so erzogen. Sie konnte die Missachtung in Lichtenthal gegenüber dem Adel nicht verstehen, dass man sie plötzlich ignorierte, wenn bekannt wurde für wen sie arbeitet. Man schimpfte sie Bäuerin.

>>Ich bin keine Bäuerin! Es ist normal, dass eine Haushälterin und dessen Magd selber Gemüse anbauen. Das macht einen noch lange nicht zu einem Bauern!<<

Charlotte war sauer, wenn man sie so nannte. Sie würde es sich nie erlauben zu sagen, dass sie etwas vom Bauernhandwerk verstehe. Gemüse für den Eigenbedarf, das war alles was sie anbauen konnte. Aber selten konnte etwas dem kleinen Sonnenschein die gute Laune verderben. Nicht einmal hochnäsige Kundschaft, die selber nur Handlanger und Dienstboten sind. Ein Handwerker dient, ganz gleich welche Stellung und welchen Wohnsitz er hat. Er dient dem Volke, seinen Vorgesetzten und den Göttern.

Leben heißt dienen.

Zeige jemanden wie du bist und sie zeigen dir, wer sie sind. Das lernte Charlotte schon sehr früh. So filterten sich die Leute raus, die es nicht wert waren, Aufmerksamkeit an sie zu verschwenden. Ihre Mutter hatte sie zu einem guten Mädchen, einer guten Frau erzogen, anständige Manieren waren das A und O. Die Etikette, war regelmäßige Abendlektüre. Manche, nein viele Menschen konnten das nicht verstehen, wie Charlotte so leben, denken und handeln konnte. Aber ein Hase wird auch nicht fliegen, auch wenn der Vogel es ihm versucht zu erklären. Dem Adel zu dienen, das war eine so reine Selbstverständlichkeit, wie für andere das tägliche Brot ist. Ein dickes Fell gegenüber verächtliches Schnauben, missmutigen Worten und Ignoranz, ließ man sich in diesem Beruf sehr früh wachsen und man stand darüber und tat dies, was für einen richtig ist.

Leben heißt dienen.

Vielleicht war es auch deswegen, wieso Charlotte so viel arbeitete. Wenn man kein anderes leben kennt und auch weder Freunde noch einfache Gesellschaft hat, dann sucht man sich Dinge, die jene Lücken stopften. Ein leidiges Thema ihrer Mutter war, das Charlotte mit ihren knappen 23 Jahren immer noch nicht verlobt, geschweige denn verheiratet war. Aber die Knechte in Winterfels waren alles andere als reif für solche Dinge gewesen. Und den Hof hatte man ihr eh noch nie gemacht. Vielleicht wirkte sie auch zu beschäftigt, zu fern, weil sie dem Adel so nahe stand. Charlotte machte sich wenig Gedanken um solche Dinge. Ihr Kopf war eher mit Buchtiteln gefüllt, die noch gelesen werden musste. Der Essensplan für einen ganzen Monat, die Rheinfolge der Saat, die ausgebracht und nach erfolgreichem Gedeihen eingeholt werden musste. Solche Dinge eben. Dinge, die vollkommen normal für die blondgelockte Frau mit den neugierigen graublauen Augen waren.

Leben heißt dienen.

Selten hielt sie an und stand einfach nur da um zu beobachten oder zu lauschen. Dabei gab es so viele schöne Dinge in Lichtenthal zu erkunden. Sie hatte nicht einmal ihre neue Heimat zur Gänze gesehen. Sie hatte keine Zeit, würde sich wünschen, man würde sie an die Hand nehmen und ihr alles zeigen, die Schönheit dieser Orte. Aber selber würde sie jenen Wunsch nie aussprechen. Wünsche und Träume sind Märchenwesen, die eine Angestellte ihren Standes nicht besitzt. Und nie besitzen würde. Aber das war für Charlotte wieder vollkommen normal. Das Wohl des Adels ging immer vor und würde auch immer vorgehen.

Leben heißt dienen.


Zuletzt bearbeitet von ehemals Charlotte Bach am 21 Jul 2018 01:43, insgesamt einmal bearbeitet
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 14 Jul 2018 01:20    Titel:
Antworten mit Zitat

Leben heißt dienen.

An jenem Abend konnte Charlotte noch nicht wirklich zu Bett gehen, es warteten noch Aufgaben auf sie. Die Gläser wollten noch gespült und das Feld umgegraben werden. Aber noch stand sie einfach nur da, hinter dem Tresen mit dem Putzlappen in der Hand und starrte auf die gegenüberliegende Wand. Ihre schmalen Fingern zupften an einem losen Faden des Lappens und ihr Gesicht sah aus, als würde sie geistig in einer anderen Welt sein. Nur gelegentlich blinzelte sie, aber nicht einmal das merkte sie. Die Gespräche des Abends hallten in ihrem Kopf nach.

>> Was ist für euch Glück? <<

Charlotte konnte die Frage gar nicht richtig beantworten, was war es, was sie glücklich machte? Die Bierbrauerei? In jene steckte sie zumindest Leidenschaft und große Sorgfalt. Aber war es das? Je weiter der Abend fortgeschritten war, um so mehr kam ein kleines Flämmchen einem innerlichen Docht näher und entzündete diesen so sanft, dass Charlotte es erst viel später merkte. Das winzige Flämmchen flackerte und drohte immer wieder auszugehen, aber eine angenehme Gesellschaft hielt jenes Flämmchen am Leben. Die Gespräche waren offener und eine Spur vertraut? Charlotte schüttelte den Kopf und ihre kleinen blonden Locken tanzten hin und her.

>> Nein, nicht für mich.<<

Flüsterte sie in den einsamen Raum hinein. Der schwimmende Zaunpfahl hatte es ihr bewiesen. Sie kannte sich zwar nicht mit den Dingen wirklich aus. Aber eine Metapher war ihr bestens bekannt. Wie hätte sie denn anders zum Ausdruck bringen sollen, dass sie auf ein Wiedersehen hoffte? Das gehörte sich nicht, es gehörte sich nicht für eine Frau und nicht für ihren Stand.

Leben heißt dienen.

Das kleine Flämmchen flackerte und Charlotte wusste immer noch nicht, wo sie jenes Gefühl einordnen sollte. Sie seufzte leise auf und blinzelte mehrfach. Das Hier und Jetzt hatte sie wieder. Sie blickte durch den Raum, auf den Tresen und auf den runden Fleck, der das Glas, was dort gestanden, hinterlassen hatte. Sie streckte langsam die Finger aus um jenen Fleck zu berühren, hielt davor inne und atmete tief durch.

>> Ich bin ein Närrin.<<

Murmelte sie und wischte mit dem Lappen den Tresen weiter sauber, den ringförmigen Fleck des Glases ebenfalls.

Es war spät, als sie den Laden hinter sich abschloss und Trudi sattelte um aus der Stadt zu reiten. Der Gardist am Tor winkte ihr noch freundlich nach.
Die Parzelle benötigte dringend noch ein paar Handschläge, bevor sie endgültig zu Bett gehen konnte. Die routinierte Arbeit ließ ihren Kopf wieder frei werden und das Flämmchen erlosch und hinterließ einen winzigen roten Glühfunken zurück, der fortan wieder schlummernd warten würde, bis er von neuem entfacht wurde.
Die Nacht war bereits weiter fortgeschritten, als Charlotte das Tor zur Parzelle abschloss und eine rauchige Männerstimme sie aus den gewohnten Gedanken riss.

>> Tschuldigung, Fräulein, könnens mir mal helfen?<<

Charlotte drehte sich überrascht um und musterte den Mann im leicht flackernden Schein ihrer Laterne. Sie drückte sich etwas weiter an Trudi um sich irgendwie Schutz zu suchen.

>> J...ja, bitte?<<

Stammelte sie leise, sie ärgerte sich darüber, dass in jenem Moment ihre Stimme leicht piepste.

>> Tschuldige die späte Störung, aber ich suche Wildkraut, bauste das an?<<

Charlotte blinzelte leicht verstört. Ihre Augen brannten bereits vor Müdigkeit und es machte ihr sichtlich Mühe jene auch wieder auf zu bekommen.

>> Was genau ist Wildkraut?<<

Piepste sie abermals und schluckte dezent, der Mann war ihr unheimlich und sein Geruch zog mit dem Wind zu ihr rüber. Charlotte krauste die Nase und Übelkeit kroch ihr den Hals hinauf.

>> Na Wildkraut, das raucht man halt und man kann es auch in Rum rein tun, wird damit gebrannt, weiste?!<<

>> Ehm, n..nein, aber ich habe Pfeifentaba....<<

Charlotte konnte die Worte nicht mehr zu Ende führen, da traf sie ein harter Schlag am Hinterkopf und sie sank erst auf die Knie, dann lag sie auf dem Boden vor der Parzelle. Die Laterne war weggekullert und erloschen. Es piepste, ein Summen, es drehte sich einfach alles. Trudi schnaubte unruhig auf.

>> 's schon gut, meine Süße. …. 's wird ihr scho nichts passiere...<<

Charlotte vernahm eine zweite Stimme, das Piepsen in ihrem Kopf wurde lauter und sie kämpfte darum, nicht die Sinne zu verlieren.

>> Trudi...<<

Charlotte war um ihre Stute mehr besorgt als um sich selber. Aber ihr Wehklagen wurde jäh unterbrochen, als ein Fuß sich auf ihr Gesicht drückte und ihre rechte Wange in den Dreck und auf einen kleinen Stein gedrückt wurde. Sie kneifte das Auge zusammen, es schmerzte heftig und leise keuchend wirbelte sie den Dreck vor ihrem Mund auf. Welcher beim einatmen den Weg in ihrem Mund fand.

>> Bitte...<<

Keuchte die junge Frau und einer der Männer lachte schallend auf.

>>Oh, hörste das, 's Vögelche piept um ihr Leben.<<

Der Fuß wurde von Charlottes Gesicht gezogen und stieß ihr Sekunden später in die hinteren Rippen. Es knackte bedrohlich, sie hustete, krümmte sich und ein weiterer Tritt in ihre Magengrube beschloss, dass sie ihr Abendessen wiedersehen musste. Die Männer lachten um so lauter. Charlotte rang nach Atem und versuchte sich auf zu drücken, aber ein erneuter Tritt brachte sie zu Fall.

>> Du bleibst wo du bist, Vögelchen.<<

Charlotte rührte sich nicht mehr, sie hörte ein Rascheln hinter sich. Sie mussten anscheinend die Satteltasche ihrer Stute durchwühlen. Trudi schnaubte und war unruhig.

>> Sie.. ist.. nervös..<<

Hauchte Charlotte in den Dreck, aber das Rascheln wurde nur lauter. Ein Wiehern, eine Stute, die sich in der schalen Nachtluft aufbäumte und einen der Männer mit den Vorderhufen an der Schulter traf.

>> Verdammte Schei.. was soll.. das? Ich mach Hackfleisch aus dir, du dummes Viech!<<

Der Mann strauchelte, Trudi riss sich los und rannte davon. Charlotte ergriff die Gelegenheit und nestelte an ihrem Stiefel herum, zog einen Dolch und rammte jenen in den Oberschenkel des Mannes, der ihr die Tritte verpasst hatte. Ein Schrei, ein Fluchen.

Leben heißt kämpfen.

Charlotte rappelte sich auf, rannte, stolperte über ihre Röcke.
Fiel zu Boden.
Rappelte sich wieder auf, strauchelte ein paar Meter und rannte endlich los.
Sie rannte, Trudi, wo war ihr Pferd? Nicht da, so rannte Charlotte einfach Richtung Adoran, einem Soldaten der gerade Nachtdienst am Tor hatte genau in die Arme. Er fing sie auf und rief gleich einen Kameraden dazu, der die Straße absichern sollte.

>> Trudi...<<

Sagte Charlotte, hing halb auf den Knien und der Soldat griff an ihre Hüfte und brachte sie mit Schwung auf die Füße.

>> Um Himmelswillen, Fräulein Bach, was ist denn nur passiert?...<<

Sie erkannte den Mann nicht einmal, aber ihre Geschichte war rasch dahin gestammelt. Sein Augenmerk fiel auf die kleine blutende Wunde auf ihrer Wange, ihre Blutverschmierte Hand und der Dreck auf Händen, Gesicht und Kleidung. Sie sprach die Wahrheit. Sie wurde an ihrer Parzelle überfallen und hatte sich gewehrt.

Leben heißt Kämpfen.
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 14 Jul 2018 14:19    Titel:
Antworten mit Zitat

Leben heißt dienen.

>> Ihr solltet nicht mehr so spät zur Parzelle gehen, der Weg im Wald von Hagentor ist nicht unbedingt sicher und dort treiben sich immer zu Wegelagerer herum. <<

Charlotte nickte schweigend, ihre Augen blickten den Gardisten nicht an, sondern starrten auf sein Rangabzeichen an der Brust. Er zog ein Taschentuch aus der Tasche und hielt es ihr hin. Sie drehte den Kopf in desen Richtung und blickte es einige Herzschläge lang an. Nur langsam hob sich ihre Hand an und ergriff das Taschentuch, sie hielt es fest. Einfach nur fest.

>> Lasst mich euch helfen. <<

Der Gardist nahm das Taschentuch und strich sanft den groben Dreck von ihrer Wange und den Lippen. Er war dabei so behutsam, dass sie plötzlich aufsah und ihn ansah. Er hielt inne und lächelt sie freundlich an. Was war das gerade? Charlottes Herz schlug so heftig, dass sie Angst hatte, er könne es hören.

>> Ihr solltet einen Heiler aufsuchen, die Wunde muss gesäubert werden. <<

Er sprach vollkommen freundlich und distanziert, wie man es als Soldat tat, wenn Bürger Hilfe benötigten. Aber für sie war es ein seltsamer Moment, viel zu nahe. Er war ihr viel zu nahe!

>> Ich bringe euch Heim und bleibe, wenn ihr wünscht. <<

Natürlich musste sie es falsch verstehen, natürlich hob sie die Hand und die Ohrfeige, die sie ihm verpasste, hallte von den steinernen Mauern des Wehrturmes zurück. Fassungslos blinzelte er und hob seine Hand an seine Wange und rieb jene flüchtig.

>> So war das nicht gemeint!... Ich.. wollte.. nur. Eure Sicherheit..<<

>> Verzeiht... meine Nerven … es ist mit mir durchgegangen. <<

Fettnäpfchen.

>> Schon gut, Fräulein Bach, ich verstehe das. <<

Glücklicherweise hatte er so viel Mitgefühl für das, was ihr an jenem Abend widerfahren war, dass er auf eine Anzeige wegen Angriff auf einen Soldaten verzichtete. Ein emotionaler Moment und blanke Nerven.

>> Ich geleite euch ins Adelsviertel, in Ordnung? <<

Er versuchte nun so distanziert wie nur irgendwie möglich zu klingen, damit sie nicht den Eindruck hatte, dass er ihre Situation ausnutzen wolle. Charlotte nickte stumm, griff nach seinem Taschentuch und rieb sich weiter den Schmutz aus dem Gesicht.

>> Wie ist euer Name? <<

Gerade drehte der Gardist sich Richtung Türe, er hielt inne und drehte sich zurück.

>> Gardist Thomas Enpehzeh <<

Er brachte Charlotte Heim und sie verabschiedete sich mit den Worten, dass sie Morgen noch ein mal zum Regiment kommen würde um den Vorfall in der Nacht zu schildern.

Ein stechender Schmerz schoss der jungen Frau durch den Kopf und Gliedern, als sie sich beim Krähen des Hahnes aus dem Bett aufdrückte und aufsetzte. Einen Moment saß sie nur da, etwas blass um die Nase herum. Mit einem Male fiel es ihr wieder ein. Sie hatte das erlebt, was sicher schon viele vor ihr erlebt hatten.
Weiter machen, nicht drüber nachdenken.
Tränen sind was für Schwache.
Immer weiter machen.

Leben heißt dienen.

Auf Fragen, wegen ihrem Gesicht sagte sie nur, dass sie gestolpert war. Sie wollte keine Mühe machen, wollte niemanden zur Last fallen. Man würde sie fort schicken, wenn sie zur Last wurde. So wie man es bereits getan hatte. War sie wirklich eine Last gewesen? Sie wusste es nicht, dachte auch nicht darüber nach, sondern funktionierte nur.

Leben heißt dienen.

Die hohen Herren und Damen schliefen noch, das Frühstück war rasch vorbereitet und aufgedeckt. Charlotte erlebte nie mit, wenn die Familie zu speisen pflegte. Meistens kam sie vom Feld zurück und räumte den genutzten Tisch dann wieder ab. So war es auch zu allen anderen Speisen. Sie aß für sich alleine. So gehörte es sich eben.

Leben heißt dienen.

Der Tisch war gedeckt und so zog sich Charlotte an den Schreibtisch im Arbeitseckchen ihrer Hochgeboren zurück und setzte einen Brief für ihre Mutter auf.

Zitat:
Liebste Mutter,

es freut Euch sicher zu hören, dass ich mich in Adoran gut eingelebt habe und ihrer Hochgeboren von Talgrund fleißig und mit großer Mühe zur Hand gehe. Ich verrichte meine Arbeit, so wie Ihr es mich gelehrt habt.
Die Hochzeit war eine wirklich schöne Feier und ihre Hochgeboren war zufrieden mit mir. Fortan kümmere ich mich auch um den Sir Heinrik und dessen Tochter, das Fräulein Alsted.

Bitte richtet dem Pa-pa und meinen lieben Geschwistern die besten Grüße von mir aus.

Hochachtungsvoll
Charlotte


Das, was Charlotte eigentlich hatte schreiben wollen, blieb in ihr verborgen. Wie sehr sehnte sie sich nach Hause, wollte ihr Mutter anflehen, dass man sie wieder nach Hause holte. Aber nicht, weil sie schlecht behandelt wurde, nein, im Gegenteil. Charlotte wurde sehr gut von ihren Lehensherren behandelt. Aber ihr Herz war schwer vor Heimweh und Sorge um die jüngeren Geschwister. Die vertraute Umgebung fehlte ihr so ungemein, der Hof und der Garten. Die Pferde und auch der ekelige Stallbursche. Die Geschichten am Abend in der Wohnstube der Familie, die Mutter beim Nähen oder Stricken zu beobachten, während sie viele Geschichten, Fabeln und Lieder wieder gab. Einfach alles.
Das erste Mal in Charlottes Leben, wusste sie, was man an der eigenen Familie hatte. Man war nie alleine. Aber sie konnte es sich nicht aussuchen, musste gehorchen und arbeiten. Auch wenn so langsam in ihr der Zweifel nagte.

Heißt Leben dienen?

Charlotte schüttelte den Gedanken ab und machte sich auf den Weg zu der kleinen Parzelle in Talgrund. Ein erleichtertes Lächeln zierte ihre zerkratzten Wangen. Trudi stand friedlich grasend vor dem Parzellentor und wedelte mit ihrem Schweif hin und her. Sie machte den Eindruck, als sei nie etwas passiert und so ging Charlotte langsam auf sie zu, machte sich mit einer Begrüßung bemerkbar und ergriff die Zügel. Die junge Frau schmiegte sich an die Flanke ihrer Stute und streichelte über das helle Fell.

>> Ich habe mir schon Sorgen um Dich gemacht, Trudi. Ich hoffe, du hast nicht wieder die Äpfel von Baum der Nachbarparzelle gefuttert. <<

Ein leises Schnauben quittierte die Worte Charlottes.

>> Na komm, wir haben noch eine Menge Arbeit vor uns. <<

Charlotte zog Trudi sanft mit sich und ging ihrem Tagewerk nach, als sei nichts am Abend zuvor passiert.

Leben heißt dienen.


Zuletzt bearbeitet von ehemals Charlotte Bach am 14 Jul 2018 14:22, insgesamt 2-mal bearbeitet
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 15 Jul 2018 15:53    Titel:
Antworten mit Zitat

Leben heißt lernen.

Er hat von Liebe gesprochen. Er suche danach.

>> Aber was ist Liebe für euch? <<

So gerne, hätte Charlotte jene Frage laut gestellt. Aber auf Grund der vielen Gäste und seiner fehlenden Aufmerksamkeit ihr gegenüber, wollte sie es nicht - nein! Sie traute sich nicht. Sie traute nicht zu fragen, was für ihn Liebe sei, da es sich nicht gehörte. Und auch ihre Lehensherrin saß an jenem Abend dort und vor ihr durfte sie solche Fragen nicht stellen.

Leben heißt dienen.

Charlotte wurde immer nachdenklicher, die Taverne war jetzt schon gut besucht, der Tresen jeden Abend recht voll, aber überschaubar und immer mehr Menschen brachte es hervor, dessen sie einfach zu wenig ihrer Aufmerksamkeit schenken konnte. Dabei gab es schon ein paar, die sie gerne mal mit weniger Menschen drumherum gesprochen hätte. Vielleicht traf man sich ja noch mal, irgendwo, irgendwann.

Vielleicht.

Mit zufriedenem Lächeln saß die blondgelockte Frau am Abend am Tresen und notierte eifrig den Kassensturz des Tages. Wenn es weiter so gut laufen würde, bräuchte sie dringend Personal! Aber bisher war das Angebot in jener Richtung recht klein. Sie spielte mit dem Gedanken einen Aushang dafür an zu fertigen um zu sehen, was sich ergeben würde.
Natürlich hatte sie schon jemanden dafür ins Auge gefasst. Vielleicht würde sie jenen Menschen ja mal beiläufig fragen.

Vielleicht...


Es war noch früh, als Charlotte das Haus im Adelsviertel verließ. Die hohen Herrschaften und die braven Hühner draußen im Stall waren versorgt. Sie hatte heute einiges zu tun und wollte unbedingt noch einen Kuchen für Amelie backen. Eine kleine Aufmerksamkeit zu ihrem Geburtstag. Kuchen ging immer, auch wenn man ansonsten die Vorlieben des Menschen noch nicht kannte. Aber ohne etwas in den Händen wollte Charlotte nicht mit Viv dort hingehen. Heute würde sie ihr neues Kleid ausführen, was ihr die gute Frau Mauerfeld geschneidert hatte. Ein Gutschein der Schneiderin wurde ausgestellt und Charlotte war ganz aus dem Häuschen gewesen. So viele Geschenke, soviel Aufmerksamkeit und das alle ohne Gegenleistung. Das war so ungewohnt für Charlotte, sie war einfach nur überwältigt.
Gut gelaunt wurde der Boden in der Parzelle bestellt und Weizen weiter ausgesät. Schließlich kamen viele Bestellungen für Bierfässer rein und jene wollten abgearbeitet werden.
Ein paar Äpfel waren auch schon herrlich rot und schreiten förmlich danach für Amelies Kuchen herzuhalten. Aber es würde auch für einen weiteren Kuchen reichen, den sie für Timdrael backen wollte. Immerhin hatte er ihr Steinmöbel für die Taverne geschenkt, einfach so. Die Äpfel waren recht schnell in einen Korb gelegt, Trudi bekam natürlich den ein oder anderen ab und schon ging es Richtung Adoran zur Taverne. Die Großküche hatte sie nun dort hin verlegt, um das Haus der Hochgeborenen schön sauber und geruchsneutral zu halten.

Leben heißt dienen.

Das Gartentor klackte leise, die blondgelockte Frau war in ihren Gedanken versunken und so hoben sich ihre Brauen und sie stockte mitten in der Bewegung, die Blüte vor der Wirtschaft betrachtend

>> Nanu, habe ich eine Blüten für das Gesteck verloren?<<

Charlotte ließt sich nieder, stellte den Korb mit Äpfeln nieder und hob behutsam die Tulpe auf. Mit spitzen, sanften Fingern strich sich zärtlich über die weichen Blütenblätter und hob sie anschließend an um daran zu schnuppern. Erst jetzt fiel ihr auf, dass um den Stiel ein Zettelchen gebunden war. Mit behutsamen Griffen nestelte sie den Zettel ab und las die Zeilen. Ihr Lächeln, was sie den ganzen Vormittag bereits getragen hatte, erhellte sich noch mehr und die gepflegten Beißerchen blitzten in der Sonne. Sie war vollkommen gerührt über jene Geste und lange saß sie einfach dort und streichte sanft über die Blütenblätter. Noch nie ihrem ganzen Leben, hatte ein Mann ihr eine Blume geschenkt und sie war gefühlstechnisch hin und her gerissen. Nach einer Weile schob sie sich die zarte Blüte in die blonden Locken, erhob sich und verschwand in der singenden Katze.

Leben heißt, neue Dinge zu lernen.


Zuletzt bearbeitet von ehemals Charlotte Bach am 16 Jul 2018 16:46, insgesamt 3-mal bearbeitet
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 16 Jul 2018 16:12    Titel:
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>> Wenn du nichts erwartest, so wirst du auch nicht enttäuscht. Warte nicht darauf, es wird von alleine passieren. <<

Die Worte ihrer Mutter hallten in Charlottes Blondschopf nach. Was sollte sie auch erwarten? Dass ein strahlender Ritter auf einem weißen Ross vorbei kam und sie mit nahm? Pustekuchen. So etwas gab es nicht. Sie glaubte nicht an Liebe und solcherlei seltsamen Märchenwesen. Das war etwas für Leute mit zu viel Zeit und Langeweile. Sollten die hohen Herrschaften sich mal mit solchen Dingen genauer befassen. Rationales denken war für Charlotte ihr täglich Brot. Aber sie war dem Thema aus reiner Betrachtungsweise nicht abgeneigt. Sie sprach gerne darüber, wie sie auch über ein gutes Buch oder der Bierbrauerei plauderte.

>> Arbeite stets fleißig, sei gehorsam und gebe nie Wiederworte.<<

Leben heißt dienen.

Die Worte waren Charlotte ins Fleisch und Mark übergegangen. Von klein auf wurde sie so erzogen, dass sie hinten anzustehen hatte. Nicht vorne bei den Adeligen, nicht neben ihnen und nicht unmittelbar dahinter. Nein, ganz am Ende, wenn alle versorgt waren, durfte sich das Küchenmädchen die Reste aufklauben und mit dem eigenen gesellschaftlichen Stand teilen. Wenn man nur einen Weg kennt, wird man jenen immer verfolgen. Man dreht aus eigenem Antrieb keine Steine um und pflückt keine Blumen am Wegesrand. Aber wieso ist das so? Seit Charlotte in Adoran lebte und sehr selbstständig geworden war, tickte es in ihr. Sie dachte nach, zweifelte, stellte Überlegungen an und sah plötzlich mehr als nur den einen Weg.

Leben heißt, sich und sein Umfeld zu verändern.

Und das tat sie, Charlotte veränderte sich, wurde stärker, wurde selbstbewusster und das Kinn war nun waagerecht und nicht mehr gesenkt. Sie blickte die Menschen durch andere Augen an, durch Augen die nach mehr suchten, mehr erreichen wollten. Leben wollten. Leben.

Leben heißt leben.

Hier war alles anders. Größer, bunter, lauter. Leben.
Das wollte sie auch, sie wollte ein eigenständiges Leben. Sich selber schützen können und auf niemanden angewiesen sein. Unabhängig und stark. Das war sie bereits, nur der Anstand verbot es ihr immer noch, jene Dinge raus zu lassen. Aber ihre Zeit würde kommen.
Die Arbeit bei den Hochgeborenen von Talgrunds würde sie natürlich weiterhin erledigen. Dafür mochte sie Eveliina viel zu sehr, als dass sie kündigen würde. Aber sie hatte den Tellerrand nun schon erreicht und blickte darüber hinaus ins Unbekannte. Es war fremdartig, beängstigend und doch sehr aufregend. Sie sah es. Charlotte wollte mehr.

Leben heißt leben.

Die Taverne lief gut, jeden Abend waren neue Gesichter da, alle rund um freundlich. Charlotte fühlte sich wohl. Taranee vollbrachte tolle Arbeit und eine Tür öffnete sich. Der Start war gelungen, nun fehlte es nur an „Langer Atem.“ Wie es Sir Heinrik genannt hatte. Langer Atem, den hatte sie, denn es war ihre Aufgabe ein Ort für Gesellschaft zu schaffen. Ein Ort, an dem man gerne hin kam, gerne etwas trank und sich unterhielt. Das Schild musste nur umgedreht werden und es lief immer gleich ab.

Stille.
Eine knarzende Türe.
Leben, Lachen und Heiterkeit.

Es war ein wunderschönes Gefühl, wenn Charlotte zufrieden über die trink bereite Kundschaft blickte, in ihre amüsierten Gesichter sah und ihren Gesprächen lauschte. Nie hätte sie gedacht, dass es so einfach sein würde. Sie fühlte sich plötzlich zuhause. Winterfels im Herzen, aber nicht mehr einsam. Der Absprung war geschafft und nun war es lediglich die Zeit, die alles entscheiden würde. Zeit, langer Atem und eine gewisse Distanz.

Wenn die Gäste zu später Stunde fort waren und Charlotte alleine am Tresen saß um die Abrechnung zu machen, schloss sie oft die Augen und sog die Bilder vor ihrem geistigen Auge tief in sich auf. Die Worte die gesprochen wurden, der Klang des Lachens, die freundlichen Gesichtszüge und Lächeln der Kunden. Das alles zauberte der jungen Frau ein zufriedenes Lächeln auf das Antlitz.

Leben heißt dienen und Freude daran haben.
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 18 Jul 2018 14:18    Titel:
Antworten mit Zitat

>>Geschäftspartner also....<<

Charlotte hatte einen recht langweiligen Nachmittag gehabt, bevor sie mit einem grässlich, gelben Oberteil und einem Rock in Richtung Bauernviertel aufgebrochen war. Ein kleiner Vorwand um ein wenig Gesellschaft zu haben. Eigentlich war es ihr nicht so wichtig, dass Feoras ihr die Kleidung heute schon umfärbte, aber schnell entwickelte sich daraus ein heiteres und sehr amüsantes Gespräch. Sie hatte bisher selten jemanden getroffen, der offensichtlich ihren Humor teilte und so fröhlich ist, wie sie es war. Schnell fand sich ein gemeinsamer Nenner und eine Ebene der Unterhaltung. Charlotte fühlte sich sehr wohl in der kleinen Schneiderei und sein Handwerk verstand er wirklich gut. Sie war froh, dass er ihr dieses Sandgelb in ein schönes Weinrot geändert hatte. Sie fühlte sich sehr gut beraten und würde sicherlich nicht das letzte Mal für Kleidung da gewesen sein. Auch wenn sie eher die Gesellschaft, statt der Arbeit Feoras schätzte. Was sein Handwerk um keines Wegs minderte, er war großartig! Und sie würde ihn, Thalia sowie Taranee sicher erneut besuchen.

Leben heißt, die Freuden einer Freundschaft zu genießen.

Umso mehr bedauerte Charlotte es, als sie aufbrach um in den Hort zu wissen zu reisen, aber sie kam nicht dazu, leider. Sie kam genau bis zur Taverne der singenden Katze, dann fiel ihr ein, dass sie noch eine Lieferung ab zu geben hatte. Frau Mauerfeld hatte doch noch etwas bestellt. Ja, Warentausch war das neue Wort. Es floss seltener Gold, es sei denn, es war mal ein etwas teureres Kleidungsstück oder mehr Heu, Federn oder Flachs. Eine ähnliche Übereinkunft hatte sie auch mit Viv getroffen. Kräuter gegen Trankfässer für die Parzelle. Ein Nehmen und Geben auf gleichem Niveau. Sie traf unterwegs eine Menge Leute und man plauderte natürlich etwas miteinander. Gesuche nach Schloßknackkünsten, Einladungen für das Restetrinken am Samstag und so weiter.
Ihr doch, eigentlich freier Tag war etwas anders als erwartet. Charlotte konnte ihren Hintern kaum still halten, sie steckte schon immer voller Tatendrang und musste sich mit irgend etwas beschäftigen. So traf sie gerade Morish, als sie einen Jutesack mit Weizen zur Bank brachte. Sie lagerte viele Säcke zwischen, damit die unterschiedlichen Trocknungsgrade nicht all zu sehr ins Gewichtig fielen. Er war, wie immer zuvorkommend und half ihr, den pieksenden Weizensack ins Lager der Bank zu verstauen.

Leben heißt, sich gegenseitig zur Hand zu gehen.

Überraschender Weise lud Morish sie auf eine kleine Privatunterhaltung in die eigene Taverne ein und er versprach zu zahlen. Charlotte war skeptisch, höflich und distanziert, zahlende Kunden waren gern gesehen. Das Gespräch entwickelte sich nicht, wie erwartet. Was allerdings angenehm war. Eine Weile wurde erzählt und gelacht, bis es zu einem Abkommen kam und Morish und Charlotte fortan Geschäftspartner waren. Ein Handschlag sollte dies versiegeln.
Und er hatte die Zeche geprellt, nicht anders erwartet. Charlotte schüttelte schmunzelnd den Kopf, als sie die Krüge wegspülte und den Abend noch mal überdachte.

>> Das nächste Mal wird er aber für das teure Zwergenbier blechen!<<

Charlotte mahnte das Bierfass, als hätte es ein Gesicht und Ohren, welche ihr zuhören würden.
Vielleicht war sie doch einsam. Natürlich hatte sie zwei Menschen gefunden, mit denen sie mittlerweile auch etwas privater sprechen konnte. Aber für jeden Gedankenaustausch lief sie nun nicht dort hin. Vielleicht ein Tagebuch führen?

Leben heißt, zu kommunizieren.

Der Gedanke war verlockend. So räumte Charlotte die Taverne auf, bereit für den nächsten Abend und griff dann zur Handkerze, welche sie langsamen Schrittes vor sich nach oben trug. Es war so still in dem Haus, die Dielen knarzten leise unter ihren Füßen. Sie ging etwas schneller, denn sie mochte die Dunkelheit nicht. Ungewohnt für sie, so alleine zu sein, aber der Weg ins Adelsviertel war nun gefährlicher als die Streiche ihrer Fantasie. Es war spät, sehr spät sogar. So scheuchte sie den Gedanken an einen Tagebucheintrag aus ihren Gedanken und legte sich schlafen.

Leben heißt, zu träumen.


Und was sie für einen seltsamen Traum gehabt hatte! Es war sehr früh, das Licht der Morgenröte hatte kaum das Fenster der Kammer erreicht, als Charlotte die Beine aus dem Bett baumeln ließ. Die blonden Locken waren zerzaust und man könnte meinen, dass sie in einem Heuhaufen gewütet hättet.
Der Gedanke des Tagebucheintrag kam wieder auf und vielleicht war es hilfreich jenen Traum zu notieren, auch wenn er ihr wirklich sehr peinlich war. Sie richtet sich den Morgenrock und die Haare und wechselte rüber in das kleine Büro der Taverne um sich an den Schreibtisch zu setzen.
Ihr kleines Notizbuch lag wie immer dort, aber ein neues, in duftendem Leder gespanntes Buch würde nun als neues Tagebuch herhalten.

Zitat:
Adoran, Taverne zur singenden Katze, 16. Cirmiasum 261

Mein Traum der letzten Nach treibt mir immer noch die Schamesröte auf die Wangen. Ich habe geträumt, dass er mich geküsst hat. Mein erster Kuss und das ausgerechnet mit ihm? Ich weiss nicht, was ich davon halten soll. Aber es war ja auch nur ein Traum.
Großmutter sagte ein mal, dass man in seinen Träume innige und geheime Wünsche durchlebt. Aber ich wünsche mir nicht, dass dieser Mann mich küsst!
Er hat sicher schon einige Frauen und leichte Mädchen geküsst. Die Vorstellung ist wiederlich! Aber... auch....irgendwie... reizvoll.


Charlotte klappte das Tagebuch heftig zu, die Tinte würde sicherlich ein paar Abdrücke auf der anderen, leeren Seite hinterlassen. Schwer atmend und erschrocken über die eigenen Worte starrte sie die Wand vor sich an. Entschieden schüttelte sie den Kopf.

>> Ich muss an die Arbeit.<<

Sagte sie lauter, als musste sie ihre Gedanken lautstark davon überzeugen wieder klarer zu werden.
Und schon machte sich der Blondschopf auf den Weg zurück in ihre Kammer um sich an zu kleiden und ihrem Tagewerk nach zu gehen.

Leben heißt dienen.


Am Nachmittag wollte sie auf Morish warten um ihm die Schlüssel aus zu händigen, als ein kleiner Bub an ihr vorbei rannte und ihr zurief, dass es auf dem Salberghof schöne Waren zu kaufen gab. Und so stieg Charlotte in den Sattel und wollte nur kurz vorbei sehen.

Sie wurde nach freundlichen Begrüßungen und kleineren Plauschen auch gleich fündig.
Ein kleines, gruseliges Schiff und endlich, die lang ersehnte Eluivepriesterstatuette. Sie war überglücklich und erstarrte innerlich zu Eis, welches sehr rasch wieder schmolz, als sie jemand hinter ihr grüßte. Charlotte versuchte die Anspannung und aufkommende Hitze in ihren Wangen zu unterdrücken. Alleine seine Begrüßung brachte sie aus dem Konzept. Sie grüßte höflich und recht kurz angebunden. Schnell weg und etwas sammeln... Das dachte sie in jenem Moment und wechselte rasch den Marktstand.

>> Warum muss er ausgerechnet heute hier sein, nach meinem Traum?<<

Charlotte wuselte über den Hof, bloss jetzt nicht ansehen, sie merkte, wie schrecklich rot ihre Wangen geworden waren. Aber irgendwie folgte er ihr, es lag wohl an der Dame neben ihr, seine Begleitung. Charlotte zwang sich erst ein mal durch zu atmen und starrte die seltsamen Stoffwalrösser der Kaluren vor sich an. Bei Eluive, sie waren wirklich hässlich!
Aber sie konnte nicht einfach so.. Ja, so einfach wen ignorieren. Ihre gelernte Höflichkeit verbot es ihr. So atmete sie also tief durch, wendete sich von der, recht haarigen Zwergin ab und steuerte direkt auf ihn zu.

>> Danke für die Blume!<<

Sie eröffnete mutig das Gespräch und versuchte möglichst unnahbar zu erscheinen. Nicht unbedingt Gefühlskalt, sondern wie gewohnt höflich und distanziert. Aber die Fasade war nur hauchdünn. Sie blieb in einem größeren Abstand stehen, damit sie ihm nicht zu nahe kam. Nicht seine Nähe spüren oder seinen Geruch wahr nahm. Zum Henker! Wie hatte er das nur geschafft! Charlotte fluchte, das erste mal in ihrem Leben. Und Eluive sei Dank nur in ihren Gedanken.

>> Nur eine Kleinigkeit. Und ihr habt sie wirklich und wahrhaftig verdient. Mehr als so eine kleine Geste der Wertschätzung sogar. <<


Charlotte wusste nicht wirklich was sie sagen sollte. Ihr war nicht entgangen, dass die Begleitung von ihm recht barsch reagiert hatte. Waren sie ein Paar? Nein, das konnte nicht sein, sie hatte an jenem Abend in der Taverne gehört, dass sie verheiratet ist.
Aber warum reagierte sie dann auf das freundliche Plaudern dann so seltsam? Charlotte wollte mit niemanden in irgendeiner Art Ärger haben. Schon gar nicht, wenn es um einen Kerl ging. Darum wurde ihr Verhalten noch distanzierter, wenn nicht sogar abweisender und es tat ihr schrecklich leid. Sie wollte sich so gerne mit ihm unterhalten, so wie sie mit Feoras am Nachmittag zuvor geplaudert hatte. Unbeschwert, einfach nur Charlotte sein.

>> Wer ohne Wurzel ist, der weiss jeden Halt zu schätzen. <<


Die Worte brannten sich tief in ihr Gedächtnis ein. Ihr Herz pochte so heftig, dass sie geglaubt hatte, dass es gleich raus springen würde. Ihn anspringen. Charlotte schüttelte sich dezent, kaum auffällig.

>> Vielleicht solltet Ihr auch ein Kuss-Sofa anschaffen. <<

Die Hitze in Charlottes Wangen pochte heftig. Warum in aller Welt musste er sie nun auf diese seltsame Kusssofa ansprechen? Ihr Traum fiel ihr wieder ein, so deutlich vor ihren Augen, als hätte sie es wirklich erlebt. Und sie schluckte schwer, versuchte ihm möglichst nicht auf die Lippen zu starren. Sie verfluchte sich in jenem Moment, als sie an den Traumkuss dachte und blickte ihm kurzweilig doch auf die Lippen. Er hatte sie im Traum so innig geküsst und sie im Arm gehalten, dass sie nun jene Begegnung mit peinlich berührtem Geschweige und Worte der Höflichkeit durchlebte. Sie konnte keine richtigen Worte finden. Er machte sie vollkommen nervös. Und er würde es sicher nicht ein mal merken oder gar ahnen, was da so in ihr vorging.

>> Dann will ich euch nicht länger abhalten, von was auch immer. <<

Charlotte wollte nicht gehen, nein im Gegenteil. Sie wollte mit ihm plaudern, ihn kennen lernen.

>> Ich habe schon eingekauft. Eine ganze Tasche voller Blumen. Ich muss ja gerüstet sein. Für das nächste Mal. <<

>> Für jedes einsame Frauenherz in Adoran eine? <<

Charlotte versuchte zu scherzen, ihn von ihrer brennenden und unterdrückenden Errötung ab zu lenken. Sie kam sich wie eine Närrin vor, was faselte sie denn da? Das kannte sie gar nicht von sich, warum in aller Welt macht er sie so nervös?! Waren die Blumen nun wirklich nur für sie bestimmt? Oder hatte sie mit ihrer scherzenden Aussage den Nagel auf den Kopf getroffen?

>> Nein ... nein. Die Blumen sind nur für jene, die mir.. besonders ins Auge springen. Weil sie freundlich sind oder hilfreich oder einfach liebenswert. Ich habe manchmal das Gefühl, daran mangelt es zu oft und noch seltener wird es dann auch gesehen und nicht einfach abgetan. <<

Nah und doch so fern. Sie wusste nicht, was sie davon halten sollte. Also versuchte sie den Zaunpfahl auszupacken und winkte damit. Taverne, jetzt, bitte! Lasst uns reden! Es klang fast so, als hätte er begriffen was sie vor hatte. Also entschloss Charlotte nun zu gehen und hoffte, dass sie ihn noch am gleichen Abend wiedersehen konnte. Sie ritt nach Adoran zurück und schloss die Wirtschaft auf, ihre Gedanken hingen dem seltsamen Gespräch nach.

>> Ich bin wirklich eine Närrin...<<

Die Worte geflüstert an das frisch gestrichene Holz der Tavernentüre, ein Seufzen folgen, trat sie in den Schankraum ein und bereitete alles für die erhofften Gäste vor. Sie wartete.
Aber er kam nicht, auch wenn Charlotte bei jedem Knarzen der Haustüre aufblickte und sich nach seinem Gesicht sehnte. Er kam nicht. - Ich hab es vermasselt. - Dachte sie insgeheim. Also widmete sie ihre volle Aufmerksamkeit ihren Gästen, den neuen Gesichtern an jenem Abend.

Leben heißt dienen.


Wieder viel zu spät schloss sie hinter dem letzten Gast die Wirtschaft zu und stieg die Treppen ins Obergeschoss empor um in die Kleine Kammer zu gehen. Sie hielt abprubt inne und sah auf den Schreibtisch. Sie musste etwas los werden.

Zitat:
Adoran, Taverne zur Singenden Katze, 17. Cirmiasum 261

Meine Gedanken spielen mit Streiche, mein herz schlägt aus heiterem Himmel ganz aufgeregt und fest in meiner Brust. Warum denke ich so oft an ihn? Warum sehnen sich meine Augen nach seinem Antlitz?
Ich vermag es nicht zu sagen. Das ist alles vollkommen neu für mich. Aber ich bin auch nicht naiv! Ich weiss, dass er ein Schürzenjäger ist. Ich nehme es zu mindest an. Ich will nicht in dieses wohlgesponnene Netz aus Blumen und netten Worten sinken und mich einlullen lassen. Mein Verstand verbietet es mir. Meine Ehre und mein Schwur. Alles verbietet es mir, jene Dinge einzugestehen und mich darauf ein zu lassen.
Ich möchte den Schwur der Keuschheit bis zur Eheschlieung aufrecht erhalten. Auch wenn das hier in Lichtenthal nicht sonderlich üblich ist. Aber ich bin anders!


Wieder klappte Charlotte barsch das Tagebuch zu, stecke es sich in die Rocktasche und verschwand in ihrer winzigen Kammer.

Leben heißt, seinen Prinzipien treu zu bleiben


Zuletzt bearbeitet von ehemals Charlotte Bach am 18 Jul 2018 14:20, insgesamt 2-mal bearbeitet
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 19 Jul 2018 01:12    Titel:
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Leben heißt dienen.

Die Tatsache, dass Charlotte mit ihrer kleinen Taverne Erfolg hatte, musste man ihr nicht sagen. Die Leute saßen schon im Garten oder kamen zur Türe rein, bevor sie überhaupt auf hatte. So war Charlotte heute auch extrem überrascht, als es plötzlich an der Türe klopfte.
Morish! Es war ihr Geschäftspartner. Ein paar Dinge mussten natürlich besprochen werden und ein gewissem Fingerspitzengefühl war nun gefragt. Es würde erfolgreich, aber so was von! Morish wusste das und Charlotte wusste das. Die beiden hatten viele Pläne und jene mussten nun eingehend organisiert werden.
Und dann klopfte es erneut. Mitten in der Unterhaltung hielt Charlotte inne und erhob sich, zur Türe waren es ja nur drei Schritte. Die Türe aufdrückend, der Blick neugierig hinaus steckend. Und da blieb ihr schier das Herz stehen. Damit hatte der blonde Lockenkopf nun nicht gerechnet. Die dunklen Augen sahen sie an und Charlotte hätte sich am liebsten geohrfeigt, damit sie nicht das Bewusstsein verlor. - Reiß dich zusammen, Lotte! - Die Worte ihrer Mutter hinkten in ihrem Kopf. Festgesetzt, immer zu in den Sinn rufen könnend, wenn sie gebraucht wurden.
Natürlich bat sie den Gast in die Taverne. Und natürlich, prellte Morish sie abermals. Sie hatte damit gerechnet, Zwergenbier und Kuchen schnorrend. Was würde das nur geben! Aber mit einem amüsierten Schmunzeln ließ sie ihn ziehen. Er würde sich revanchieren, dass wusste sie. Eines Tages.

Vielleicht.

Aber irgendwie war sie dann auch froh darüber, dass Morish davon zog und sie alleine mit dem Mann war, der ihren Herzschlag ungewollt nach oben trieb. Sie hatte sichtbar Mühe sich stets distanziert und höflich zu geben. Es war nicht so, dass Charlotte ihm auf den Schoss springen wollte, nein, ganz und gar nicht! Sondern eher den Mut gehabt hätte, ihm zu sagen, dass sie ihn sympathisch fand. Aber das, würde sie in tausend Jahren zu niemanden sagen können. Wirklich zu niemandem. Gefühle ausdrücken, war eine Sache, die sie nie gelernt hatte und es auch nie durfte. Stets der Welt ein Lächeln schenken, auch wenn einem nicht danach war. Eine Frau zu sein, bedeutete lediglich, hübsch sein, lächeln, heiraten und Kinder kriegen. Man wurde halt so erzogen. Aber das mit den letzten beiden Dingen wollte sich bei Charlotte, Teufel komm raus, einfach nicht einspielen! Heiraten, das taten viele, nur sie nicht. Aber sicher eines Tages.

Vielleicht.

Fünf Kronen für einen Kuss, war dies nun diskutabel, für einen guten Zweck oder nicht? Nein! War es nicht. Charlotte wusste nicht einmal wie es war, jemanden zu küssen. Das war etwas für andere Leute, andere Gepflogenheiten. Aber nicht für sie. Ihre Vorstellungen gerieten mit einem Male ins wanken. Sie war selbstverständlich mit ihren 23 Jahren neugierig wie es war, jemanden so nahe zu sein, aber die Vernunft strafte ihre Gedanken mit erhobenem Zeigefinger.
Die Vorstellung machte sie verlegen und wieder starrte sie auf seine Lippen. Ihre Fassade bröckelte, immer weiter und dann, ganz plötzlich, knallte die Türe auf.

>> Meine Sippe!<<

Charlotte atmete innerlich tief durch. Eluive sei Dank. - Euch schickte der Himmel persönlich! - Charlotte wusste nicht, inwiefern sie alle verwandt waren, aber jetzt wo die Gäste schon ein mal drin waren, nebst der Tatsache, dass sie eigentlich noch nicht auf hatte, erhob sie sich amüsiert lachend und öffnete die Pforten der singenden Katze.

Leben heißt dienen.

Die Gäste stromerten auch schon nur so durch die Türe. - Was in aller Welt... - Es war wirklich interessant zu sehen, wie viele Menschen sich einfanden. Wieder neue Gesichter, aber auch bereits ein paar Stammgäste. Valora, einer ihrer liebsten Gäste, war natürlich auch wieder da. Mittlerweile nannte man sich schon beim Vornamen. Aber niemandem bot sie das „Du“ an.
Noch nie in ihrem ganzen Leben, hatte Charlotte auch nur einen Menschen geduzt. Nicht von Angesicht zu Angesicht. Manchmal in Briefen, aber es war ihr auf die Seele gebrannt. Einer ihrer Prinzipien, wenn auch ungewollt. Sie ließ sich von vielen duzen, aber würde nie jenes erwidern. Und ihre eigenen Gedanken straften sie Lüge. Sie hatte heute Abend jemanden geduzt und sogar seine Hand berührt.

Leben heißt, einander zu vertrauen.

Sie wollte damit etwas erreichen, Mitgefühl und Beistand spenden. Jemanden das Gefühl geben, nicht alleine mit seinen Sorgen zu sein. Ganz gleich, was jene Geste zu bedeuten hatte, es wahr aufrichtiger Natur und sie wollte nur helfen.

Leben heißt, einander zu vertrauen.

Charlotte lag in ihrem Bett, starrte die dunkle Decke an und ihre Gedanken ließen den Abend Revue passieren. So viele Gäste, ein Tunnel aus trinkenden, lachenden und redenden Menschen und kein Blick von ihm. Nicht die geringste Andeutung, vielleicht schämte man sich vor der Sippe?

Vielleicht.


Und da kam der Lichtblick in den sirrenden Tunnel. Taranee. - Der Himmel schickt euch! - Charlotte war sichtlich erfreut, als ihre junge Kollegin ihr zur Hilfe kam. Als habe Temora sie persönlich zu ihr geschickt, damit sie ihr aus dem Tunnel half.
Zu viele Leute, verstohlene Blick warf sie ihm rüber.
Keine Erwiderung, kein Eingeständnis, kein Zuspruch.

Das war falsch.

So was von falsch.

Sie wollte nicht.

Charlotte wollte keine Eroberung sein, nicht heute, nicht Morgen und auch nicht in einigen Jahren. Auch seine leisen Worten brachten das dumpfe Gefühl von Enttäuschung in ihr nicht zum schweigen.

>> Liebe sollte keinen Preis kennen, Taranee. <<

Charlottes eigene Worte hallten in ihrem Kopf nach.
Natürlich ergab das alles nur Sinn in ihrem Kopf, aber sie musste diese Bausteine zu einem Gesamtbild zusammen setzen. Tristoban hatte sie einen Rebell genannt, wider den Prinzipien und fest im Stande. - Wenn er nur wüsste... -
Charlotte war alles andere als rebellisch, oder? Oder war sie doch einer? Sie wusste nur, dass hier, in Lichtenthal einfach alles anders war. Anders wollte sie auch sein, sich anpassen, leben.

Sie wollte Leben!

Aber dabei sich nicht selber verlieren und auch nicht ihre Ehre beschmutzen.
Ein langes Seufzen erklang in der Dunkelheit. Die graublauen Augen, die nun vollkommen schwarz wirkten, starrten auf den Lichtfleck, der das Mondlicht im Zimmer an der Wand hinterließ.

>> Flüchtig, kalt und einsam, liegst du auf der Erde und doch! Viele verehren dich, deine silberne Schönheit und deine Kraft und ein Licht in der Finsternis für die verlorenen.
So sei auch du, mir ein Licht an finsteren Tagen und schenk meinen Gedanken einen Lichtblick.
Rette aber nicht nur mein, voller Sorge getränktes Herz, sondern auch das von Tristoban. Er verdient dein Augenmerk. Schenk ihm Zuversicht in seinem Handeln, denn es steckt mehr in ihm, als er zu sehen vermag. <<


Nur Charlotte wusste in jener Nacht, ob sie an die Schildmaid ein Gebet entsandte oder mit dem Mondlicht und der Schöpfung der Eluive sprach. Vielleicht ein wenig von Beiden.

Vielleicht.


Zuletzt bearbeitet von ehemals Charlotte Bach am 21 Jul 2018 01:43, insgesamt 2-mal bearbeitet
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ehemals Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 21 Jul 2018 16:46    Titel:
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Leben heißt dienen.

Freundschaften entwickeln sich nie von alleine. Man muss sie pflegen, immer ehrlich sein und sich kümmern. Und nicht jede Freundschaft war aufrichtig und bedingungslos.
Charlotte hatte ein wenig Zeit zum nachdenken gehabt. Und sie sehnte sich nach jemanden, der sie verstand und nichts bösartiges im Sinn hatte.
Vertrauen war immerhin ein seltenes und sehr kostbares Gut geworden. Wie schnell jenes doch enttäuscht wurde.
Auch wenn manche glaubten, dass die Adelsdienerin noch jung und naiv war, so konnten sie nicht wissen, was Charlotte bereits alles erlebt, gesehen und hören musste.
Sie sprach nie darüber, was sie für Geheimnisse des Adels kannte. Welch schmutzigen und intimen Dinge sie über jeden kannte, dem sie schon gedient hatte. Charlotte schwieg, sie schwieg wie ein alte Eiche, die Kriege, Tod und Liebende, die sich unter ihr vergnügten, gesehen hatte. Man nahm jene Dinge mit ins Grab, denn Vertrauen war ein zerbrechlicher Schein von Leben.

Die blondgelockte Frau verachtete Menschen, die mit Eifer an einem Trugbild ihrer Selbst arbeiteten. Jeder wusste, dass so ein Trugbild oft einer Maske glich und kleinste Abweichungen die Fassade bröckeln ließen. Aber trug sie selbst nicht auch oft eine Maske? Eine Maske von Heiterkeit? Nein, die Arbeit in der Taverne war anstrengend und oft war sie zu erschöpft um wirklich Gesprächsfähig zu sein, aber sie bemühte sich. Aufrichtig.

>> Eine stille Gastgeberin.. wird bald ein stilles Haus haben. <<

Xenia hatte den Nagel so auf den Kopf getroffen. Man machte weiter, auch wenn es manchmal schwer war. Aber das war ja in vielen Bereichen des Lebens so.

Leben heißt dienen.

Charlotte erinnerte sich noch an jenem Abend, bevor sie ihre Taverne wirklich auf hatte. Es kamen immer mehr Leute rein und bei Eluive, sie war so froh, dass sie mit Kilian nicht alleine sein musste.
Auch wenn man sie wenig miteinander gesprochen hatte, bemerkte sie, was er wirklich für ein Mensch war, oder vorgab zu sein.

>> Glaubt er in allem Ernst, dass eine Blume auf meiner Schwelle die Tür zu meinem Herzen, gar meiner Kammer und dem Bett darin ist? Nein! - Aber ich entschuldige mich auch nicht dafür, ein menschliches Wesen mit Emotionen und einer Gefühlswelt zu sein! <<

Sie wusste, was für ein Typ Kerl er war und sie würde mit Sicherheit nicht so dumm sein und auf seine Masche rein fallen. Wenn er es aufrichtig und ehrlich meinte, dann würde er dafür einiges tun müssen. Denn Charlotte würde nicht leichthin ihr Versprechen, dass der erste Kuss und der Rest alleine ihrem zukünftigen Eheman gehören würde, brechen. Nicht für eine Nacht voller Leidenschaft, die eine faden und sauren Beigeschmack nach sich ziehen würde.

>> Liebe sollte keinen Preis kennen, Taranee. <<

Charlotte musste sich schon in Winterfels vor dem Stallburschen und seinem Bruder hüten. Die Adeligen warfen auch oft ein Blick auf die Dienstmägde und die eine oder andere hatte sich locken lassen, wurde schwanger und musste rasch mit irgendwem verheiratet werden. Ein zerstörtes Leben für ein Quäntchen von vermeintlichem Glück. Charlotte war klug, sie wusste, was mit einer Frau passierte, die unverheiratet sich in die Arme eines Mannes hingab, der ihr das Blaue vom Himmel versprach und gleich am nächsten Morgen fort war.
Sie verachtete auch diese Art von Mensch. Naiv, Blauäugig und leicht zu haben. Genau das waren Dinge, die Charlotte nicht verstehen konnte. Und sie war nicht blind, sie wusste, dass man sie hinterrücks jetzt schon für etwas bedauerte, was überhaupt nicht da war. Charlotte war immer schon vorsichtig gewesen und vertraute den Menschen nur so, wie es zu erwarten war. Gar nicht.

Leben heißt, stets misstrauisch zu sein.

Und darum war Charlotte froh, dass sie in Xenia einen Menschen gefunden hatte, bei der sie nicht viel sagen musste und doch blickten die mandelförmigen Augen Xenias, ihr bis zum tiefen Abgrund ihrer Seele und dem Herzen. Sie teilten die geliebte Einsamkeit, betrauerten Verluste, auch wenn Charlotte ihr Päckchen bei weitem harmloser empfand, als der Schicksalsschlag, den Xenia getroffen hatte.
Eine zarte Blüte der Vertrautheit legte sich um diese Beiden, so unterschiedlichen Frauen. Ein zartes Geständnis von Heimkehr, denn das trauernde Herz, ist nicht länger alleine, wenn man Schmerz teilen konnte. Und so kam es auch, dass Charlotte die Etikette bei ihr abschüttelte und sie, als einzigen Menschen mit dem, für Charlotte so intimen 'Du' ansprach und sich dabei sichtlich wohl fühlte.

Leben heißt, einander zu vertrauen.

Und das tat Charlotte. Sie zweifelte bei jener Sache nicht. Keine seltsamen hormonellen, übersprudelten Gefühle vernebelten ihr das Hirn, sondern ließen sie klar sehen. So klar wie lange nicht mehr. Die Frauen saßen eine, oder waren es zwei? Stunden zusammen im Wald und sprachen mit einander. Xenia war offen, und Charlotte bemerkte wie ihre Fassade zu bröckeln begann und ihre Mundwinkel sogar einen dezenten Schatten eines Lächelns wiedergaben. Sie mochte Xenia.

Leben heißt, einander zu vertrauen.

Weitab von den Tavernenabenden war Charlotte schlicht damit zufrieden, ihre Ruhe zu haben und alleine für sich zu sein. Alleine im Wald, auf dem Acker oder in ihrer Kammer. Ihr träumerischer Kopf hing dann in den Wolken und sie gab jenen Dingen nach, ließ sich in ferne Welten tragen und lauschte der Stille. Die Stille war ein vertrauter Begleiter geworden. Und es war ihr wohlgehüteter Schatz, den sie nun mit Xenia teilte.

Sie trug doch nur eine Maske. Die Maske der fröhlichen Schankmaid, die es liebte, nach Ladenschluss alleine zu sein. Aber sie war damit zufrieden. Wenn nicht sogar glücklich.

>> Ich bin eine Träumerin, mit festem Boden unter den Füßen. <<

Leben heißt, ohne schlechtes Gewissen zu träumen.


Zuletzt bearbeitet von ehemals Charlotte Bach am 21 Jul 2018 16:48, insgesamt einmal bearbeitet
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 30 Jul 2018 22:43    Titel:
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Es war ein so schönes Wochenende gewesen und doch fehlte etwas. Charlotte konnte nicht sagen was es war. Dennoch war sie sichtlich zufrieden, als sie Mia nach Hause gebracht hatte. Sie mochte die Kleine, sehr sogar. Und auch die anderen Mädchen, Clara und Sarah. Sie waren in Charlottes Augen eine Erinnerung an ihre Geschwister in Winterfels. Sie vermisste Winterfels. Der Trennungsschmerz wurde an den stillen Abenden immer sehr groß und so versuchte Charlotte ihren Kopf mit Arbeit zu füllen und die Sehnsucht darin zu ertränken.
Mia war nun versorgt und Charlotte machte sich noch mal zur Parzelle auf um dort nach dem Rechten zu sehen. Sie nestelte ihre Schlüssel aus dem Beutel am Gürtel und schob jenen in das Schloss des Parzellentores. Aber sie kam nicht mehr zum umdrehen. Sie wurde grob gepackt, eine Hand so riesig wie die eines Ogers, presste sich über ihren Mund und ein kühler Gegenstand drückte sich an ihren Hals.

>> Glaubst du wirklich, wir haben dich vergessen, Weib? <<

Ein grausames Lachen drang an ihre Ohren und sie sah den Widerling von neulich Abend vor ihr. Die zwei Kerle hatten ihr erneut aufgelauert. Charlottes Augen waren panisch aufgerissen und sie wehrte sich vehement. Sie wollte schreien, kratzen, beißen und nach ihm treten. Ihre Zähne bohrten sich in die Hand, die um ihr Gesicht geschlungen war. Der Mann schrie auf und schubste Charlotte in die Arme des Anderen. Dieser fing sie auf, schob sie auf Armeslänge von sich und verpasste ihr eine scheppernde Ohrfeige. Charlotte wurde zur Furie und sprang ihn an. Sie grub ihre Fingernägel in seinen Hals und der Wange. Er brüllte auf und schlug ihr nun mit der Faust mitten ins Gesicht. Sie fiel zu Boden. Es klingelte in ihrem Schädel und ihr Gesicht sah aus, als ob ein tobender Ettin ihr eine verpasst hätte.
Sie merkte, wie sie an den Handgelenken gepackt und hochgerissen wurde. Und ihr etwas, leises aber sehr bedrohliches ins Gesicht gehaucht wurde.

>> Ich mach dich fertig, Miststück! <<

Charlotte wurde schlecht. Sein Atem roh nach Rum, Tabak und Verderbnis. Sie wankte einen Moment, dann spie sie ihm eine Mischung aus Blut und Speichel ins Gesicht.

>> Verpiss dich! <<

Ihre Stimme klang seltsam, so kalt und weit weg. Hatte sie das gerade wirklich gesagt? So respektlos und ungehalten hatte sie sich noch nie sprechen hören. Geschweige denn jemals so gedacht. Nicht ein mal als Benni, der Stallbursche aus Winterfell ihrem Rock nachgejagt war. Allgemein, war das ihre erste Begegnung mit Gewalt. Ihre Gedanken explodierten wie tausende kleine Sterne in ihrem Kopf, als ein weiter Schlag sie ins Gesicht traf und sie zu Boden geschubst wurde.

Stille.

Vollkommene Dunkelheit.

Ein Rauschen, das Blut rauschte in ihren Ohren.

Ist es schon Zeit aufzustehen?

Charlotte versuchte die Augen zu öffnen. Sie waren schwer, noch voller Müdigkeit. Der Schlaf hatte ihr kaum die Augen gekühlt.

Welcher Schlaf?

Die Augenlider wurden aufgerissen und Charlotte sah sich um. Sie war alleine. Und bei Eluive, ihr Kopf drohte zu explodieren. Die Schmerzen waren unglaublich. Sie versuchte sich zu bewegen und brach schnaufend auf dem Arm, welcher sie nach oben befördern sollte wieder zurück. Die rechte Schulter war ausgekugelt. Sie wusste, wie es sich anfühlte, es war nicht das erste Mal.
Sie erinnerte sich an den Schmerz, sie war noch klein gewesen, vielleicht sieben Jahre alt. Als sie die Treppe in den Trockenkeller runter gestürzt war. Der stechende Schmerz ließ sie ins Hier und Jetzt zurück schnellen. Dieses Mal konnte sie es nicht verschweigen. Sie musste es anzeigen. Aber erst einmal, würde sie nach Hause gehen und ihre Arbeit verrichten. Blut, Tränen und Schmutz wurden grob aus dem Gesicht gewischt und sie suchte sich möglichst die dunkleren Gassen von Adoran aus, damit sie keine Schande über ihre Lehensherren brachte, weil sie so sehen würde.

Leben heißt dienen.

Charlotte hatte ihre Wange den halben Morgen lang gekühlt. Die Schwellung war etwas zurück gegangen, dennoch sah sie aus, als hätte sie eine Eiche geküsst. Mühselig vollbrachte sie ihre Pflichten bei den Hochgeboren, hatte etwas Schminke über ihr Antlitz gelegt, damit es nicht zu schnell auffiel und den Arm in eine Schürzenschlaufe gelegt. Da sie stets alles sehr penibel sauber hielt, hatte sie lediglich an diesem Morgen nur das Frühstück vorzubereiten, die Hühner zu füttern und den Kamin auszukehren.

>> Ich muss Lucien aufsuchen. Mein Kopf schmerzt... <<

Sie nuschelte leise vor sich hin, als Charlotte sich in den Sattel von Trudi zog. Schwerfällig, denn sie war immerhin Rechtshänderin. Aber nach einem Moment der Anstrengung war es geschafft. Der Weg nach Schwingenstein war lang und sie musste durch den Wald, aus dem nun schon zwei Mal diese grässlich riechenden Kerle gekommen waren und versucht hatten sie aus zu rauben. Bei dem Versuch war es dieses Mal sogar nicht nur geblieben. Ihre Tageseinnahmen waren fort und eine Sack Kartoffeln hatte auch gefehlt.
Charlotte konnte nicht verstehen, warum sie nicht einfach um die Kartoffel oder etwas Gold gebeten hatten. Sie hätte ihnen jene selbstverständlich freiwillig überlassen. Niemand sollte Hungern, nicht in so einem reichen Herzogtum wie Lichtenthal. Und doch waren die Beiden wie ausgehungerte Wölfe über sie hergefallen, hatten sie außer Gefecht gesetzt und ihren Goldbeutel mit genommen.

>> Trudi, bitte mach langsamer... <<

Charlotte verzog schmerzverzerrt ihr Gesicht. Jede Unebenheit des Bodens, wurde durch Huf, Pferd und ihrem Arm direkt in die Schulter gestoßen. Der dröhnende Schädel steuerte einen Anflug an Bewusstseinsschwund herbei. Ihr wurde flau im Magen und machte eine recht erbärmliche Erscheinung auf dem Pferd.
Die ansonsten so quirlige und fröhliche junge Frau sah aus wie der Tod selber. Ihr Gesicht war blass, das Veilchen leuchtete wie ein frisches Wachssiegel und ihre Unterlippe von feinem Wundschorf belegt. Sie hoffte inständig, dass sie dem Heiler nicht auf die Füße brechen würde.

Sie würde gar nicht dazu kommen. Denn plötzlich fiel ihr ein, dass sie dringend noch etwas bei ihrer Parzelle abholen musste. Trudi wurde locker am Gartentor festgebunden und Charlotte kramte eine ganze Weile in einer kleinen Holzkiste, die bereits vom Wetter in Mitleidenschaft gezogen war. Plötzlich vernahm sie eine Stimme und sie blickte sie panisch um. Zu tief saß noch der Schock des Überfalls.

>> Hallo, ist da jemand? <<

Eine weibliche Stimme wurde erkannt und Charlotte verließ die Parzelle um diese zu umrunden. Elana kletterte gerade auf den Zaun um über die Beerenbüsche sehen zu können. Charlotte machte sich leise bemerkbar und Elana fiel vor Schreck fast in jene Büsche. Charlotte traute sich kaum der Frau ins Gesicht zu sehen. Ihre kunterbunte Gesichtskirmes ließ sie den Kopf senken und versuchte das Unheil der letzten Nacht zu verbergen. Aber als Elana näher kam, wurde die Schande entdeckt und die junge Frau war plötzlich ganz außer sich vor Fürsorge. Elana bestand darauf, Charlotte in die Stadt zu bringen und einen Heiler auf zu suchen und damit auch gleich den Vorfall beim Regiment zu melden. Charlotte schämte sich.
Sie wollte doch niemanden zur Last fallen oder Schande über das Hause Talgrund bringen. Elana zog sie unbarmherzig mit sich. Sie wollte Charlotte einfach nur helfen, weil sie die Ungerechtigkeit erkannte, die Charlotte so arg zu verstecken suchte.
Wie der Zufall es wollte, trafen die beiden Frauen auch gleich auf einen Rekruten und Korporal van Quellhain. Und so musste Charlotte noch ein mal alles erleben. Der Weg bis zur Parzelle war eine Qual für die blondgelockte Frau. Viele Bilder und eine stille Finsternis kamen hoch. Sie erinnerte sich nicht an viel, zu viele Schläge ins Gesicht hatten einige Dinge aus ihrem Gedächtnis katapultiert.
Sie kam sich bei der Täterbeschreibung recht nutzlos vor, aber Luninara hatte anscheinend schon einen Verdacht, wer das gewesen sein könnte. Für Charlotte war es eine reine Tortur hier zu stehen, die Stelle vor der Parzelle zu besuchen und alles zu schildern, woran sie sich erinnerte. Luninara bemerkte wie es ihr ging und so kam sie näher und sprach sanft auf sie ein.

>> Es ist demütigend nicht wahr? Bitte zögert niemals um Hilfe zu bitten wenn ihr jene braucht, egal wie lächerlich oder klein euer Problem auch sein mag. Wir werden euch immer zur Seite stehen <<

>> Ich will meinen Lehensherren nur keine Schande machen. <<

>> Wie solltet ihr? Weil euch Feiglinge angegriffen haben? <<

Das Gespräch wurde vom Rekruten unterbrochen, denn ihm war der Kohlestift abgebrochen. Charlotte sah dem Mann an, dass er wohl lieber wo anders wäre, damit er den Bericht nicht aufnehmen musste und sie schämte sich nur noch mehr. Sie wollte den Soldaten nicht zur Last fallen, geschweige denn Umstände bereiten.
Nach dem Vorfall und Täterbeschreibung notiert wurden, verabschiedeten sich die Soldaten und Elana brachte Charlotte nach Kronwalden zum Heilerhaus.

Die blondgelockte Frau hielt die ganze Zeit über ihren rechten Arm fest an ihrem Leib gepresst, jede Bewegung darin tat ihr unheimlich weh. Dass sich jemand so für Charlotte sorgte und ihr half kannte sie gar nicht. Sie war das letzte Mal als Kind krank gewesen und da hatte sich ihre Mutter um sie gekümmert. Seit dem an, war sie eigentlich immer putzmunter und sehr fröhlich gewesen.
Aber der Vorfall von letzter Nach hatte ihr schier das Lächeln aus dem Antlitz gescheucht und eine Mischung aus geprügelter Hund und einem Häufchen Elend war zurück geblieben.

Nathelia hatte gerade die Heilerstube in Kronwalden besetzt und empfing die Beiden sofort. Sie kümmerte sich liebevoll um Charlotte, während Elana erzählte, was vorgefallen war. Trotz der Schmerzen die die blondgelockte Frau empfand, musste Nathelia sie leider von Kopf bis Fuß abtasten, was sie natürlich sehr behutsam tat. Bei der rechten Schulter wimmerte Charlotte ungewollt auf und ein Ergebnis war schnell gefunden.
Die Schulter war tatsächlich ausgekugelt und es tat wirklich höllisch weh, als Nathelia diese wieder einrenkte. Charlotte drückte Elanas Hand so fest, dass sie geglaubt hatte, sie würde ihre Finger zerquetschen. Während der Untersuchung plauderte Elana sie mit Essen und Lieblingsbeschäftigungen zu. Charlotte wurde leider nur wenig vom Schmerz in ihrem Arm abgelenkt, aber sie war Elana sehr dankbar.
Der Schmerz wurde aber schon besser, Nathelia legte Charlotte eine Schlinge um die andere Schulter, damit der rechte Arm fortan etwas geschont werden konnte.

>> ihr werdet bitte mindestens vier Tage gar nicht arbeiten. Der Arm braucht Ruhe, und ihr auch. <<

>> Vier Tage? Und was ist mit kleineren Hausarbeiten? <<


>> Ja, eigentlich wollte ich sieben sagen, aber ich weiß ja das ihr das nicht könnt. <<

Charlotte war erschrocken darüber, dass die Heilerin ihr verbat zu arbeiten.

Leben heißt dienen.

Aber sie würde natürlich auf Nathelia hören, trotz der Schande die sie nun offensichtlich, ihrer Meinung nach vollbracht hatte. Nathelia und Elana versuchten ihr klar zu machen, dass sie nichts dafür konnte und ganz bestimmt keine Schuld daran trug. Und auch keine Schande über das Haus Talgrund gebracht hatte. Aber Charlotte fühlte anders. Sie würde ihren Pflichten die nächsten Tage nicht nach kommen können und auch nicht die Taverne auf machen.
Die Zwangspause würde ihr mit Sicherheit nicht gut bekommen.

Leben heißt dienen.

Elana brachte sie anschließend zurück nach Adoran um sich dort noch einen Moment um sie zu kümmern. Nathelia hatte empfohlen, dass Charlotte die nächsten Tage besser nicht alleine sein sollte. Aber es gab niemanden, den Charlotte darum bitten würde. Ihre Familie war in Winterfels und ihre Lehensherrin würde die nächtens Tage nicht da sein, also war sie auf sich alleine gestellt. Es würden nicht viele Arbeiten im Haus anfallen und das erleichtere Charlottes Gewissen etwas.
Elana hatte sie mit Tee versorgt und verabschiedete sich dann auch schon bald von ihr. Charlotte war sehr müde, ihr Kopf dröhnte immer noch und sie dämmerte ungewollt weg, sobald sie alleine war. Sie saß im Schankraum, den Arm in der Schlinge und den Kopf gesenkt.
Irgendetwas hatte sie abrupt aus dem Schlaf gerissen.

Es roch seltsam, verbrannt irgendwie.
Verbrannt.
Es brannte!
Feuer!

Charlotte riss die Augen auf und sah sich um. Um ihr züngelten die Flammen aus der Küche und dem halbem Schankraum, sowie das Obergeschoss. Es stand alles in hellen Flammen. Die Panik schoss in Charlotte hoch und mit einem stechenden Schmerz in ihrer Schulter griff sie zum Putzeimer und kippte den Inhalt mit einem hohen Bogen in die Flammen. Es zischte kurz, aber es brauchte noch viel mehr Wasser. Die Alkoholfässer brannten wie trockener Zunder.
Charlotte rannte aus dem Haus und es waren auch schnell ein paar, ihr unbekannte Bürger da um ihr zu helfen. Das Feuer wurde nach und nach, gemeinsam gelöscht. Aber eine schwarze Ruine aus verkohltem Holz, zu Klumpen geschmolzenem Glas und stinkenden Überresten blieb zurück.

Sie war ruiniert.
Die Taverne war ruiniert.

Charlotte konnte es nicht fassen. Was war nur passiert? Erst der Überfall an der Parzelle und nun das? Hatten die Angreifer ihr Haus in Brand gesteckt? Und was würde nun aus ihr werden?

Voller Demut packte Charlotte das verblieben Hab und Gut ein und machte sich auf den Weg ins Adelsviertel. Sie war vollkommen fertig mit der Welt und wollte sich nur noch in ihre Kammer im Keller zurück ziehen. Alles was sie sich aufgebaut hatte, war mit einem Fingerschnippen fort. Aber selbst jetzt, verlor die blondgelockte Frau nicht eine Träne über ihren Zustand.
Sie würde sich erholen, weiter machen und sich wahrscheinlich nun erst ein mal etwas sehr ruhiges suchen und sich aus dem Tagesgeschehen aus Adoran zurückziehen. Es sollte einfach nicht sein. Vielleicht.

Leben heißt, sich in Demut zu beugen.


Zuletzt bearbeitet von Charlotte Bach am 30 Jul 2018 22:45, insgesamt einmal bearbeitet
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 31 Jul 2018 13:01    Titel:
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Platz für etwas Neues.

Als Charlotte aus dem Glaubenshaus trat, in welchem sie ein wenig Zuflucht, saubere Kleidung und etwas warmes zu Essen bekommen hatte, wollte sie einfach nur nach Hause. Aber ihre Beine wollten sie nicht weiter tragen, sie stand einfach vor der Türe und blickt die gegenüberliegende Hauswand an. Ihre Gedanken waren recht trüb, das Gesicht und die Glieder schmerzten nach wie vor. Als plötzlich etwas ihren Blick durchquerte blinzelte sie, der Mann kam ihr irgendwie bekannt vor, auch wenn er genauso verbeult aussah wie sie selber.

>> Guten Abend Herr Fanras <<

>> Meine Güte. Ihr .. tragt die Haare heute anders, oder? <<

Charlottes Veilchen leuchtete genauso wie die von Kilian. Ein lustiger, aber auch mitleiderregender Zufall. Die beiden plauderten eine Weile und scheinbar hatte er etwas Zeit. Auch wenn Charlotte nicht wirklich nach plaudern zumute war, schlug sie selber vor, dass man sich irgendwo setzen könnte um zu plaudern. Ein kurzer Spaziergang zum Stadtpark und man setzte sich und redete. Tiefsinnige Gedanken wurden geteilt und aufmunternde Worte gesprochen.
Kilian brachte den Blondschopf zum nachdenken. Sie bewunderte seine Lebenserfahrung und dachte sorgfältig über seine Worte nach.

>> Würdet ihr wieder aufstehen? Einen erneuten Versuch wagen, etwas zu schaffen? <<

>> Unbedingt. <<

Seltsamerweise fühlte sich Charlotte in diesem Moment irgendwie geborgen, einfach gut aufgehoben und verstanden. Kilian hatte offensichtlich ein Gespür dafür, wie sie sich in jenem Augenblick fühlen musste. Sie war kein Mensch der so leicht aufgab, aber manchmal kam ein Punkt im Leben, der einen stolpern ließ und man benötigt eine Hand, damit man sich wieder mit ihrer Hilfe aufrappeln konnte. Diese Hand wurde ihr gerade gereicht.

>> Weil das Leben ist. Ganz selbstsüchtig. Man spürt es umso besser, je schärfer die Kante ist, auf der man balanciert. <<

Es prägte ihr Wesen, eine neue Erfahrung und ein Lichtblick in ihren düsteren Gedanken. Menschen die einem nahe kommen, hinterließen stets ihre Spuren und dies war so ein Augenblick in Charlottes Leben, der eine Spur hinterlassen hatte.

Leben heißt, über sich hinauswachsen.

Der Regen unterbrach die Beiden und sie suchten rasch etwas Unterschlupf. Es war Zeit sich zu verabschieden. Die Worte des Gesprächs hallten lange nach, brachten vor dem Einschlafen manches ins Reine, manches warf noch mehr Fragen auf. Aber eines war gewiss. Charlotte wollte nicht aufgeben.

Leben heißt kämpfen.


Und das tat sie auch. Es vergingen zwei Tage, seid dem Gespräch mit Kilian und da sie irgendwie nur Absagen von allen umliegenden Bauernhöfen erhalten hatte, fasste Charlotte den Entschluss weiter zu machen. Einfach weiter zu machen wo sie gerade aufgehört hatte.

>> Die Katze wird wieder aufmachen! <<

Gesagt, getan. Dieses Mal wurde alles ohne die Hilfe von Heinrik und Eve angeschafft. Mühselig stand Charlotte dafür, trotz schmerzender Schulter stunden lang im Wald und hackte Holz, schnitzte Pfeilschäfte und verkaufte sie im Handelshaus. Tausende von Bündel trug sie dafür hin und her.
Auch wenn ihre Finger blutig waren, gelegentlich krampften und einfach müde waren, so machte sie immer weiter. Pflückte für Salvia viele Kräuter und brachte ihr jene. Es ging Schritt für Schritt. Erst die Einrichtung saniert, dann ein Bierfass und etwas Weizen gekauft. Das erste Bier war trink bereit in Flaschen abgefüllt und auch bald konnte sie sich wieder einen Kochtopf leisten.
Es ging voran und sie hatte immerhin Taranee, Kilian und auch Elana, hatte ihr die Hilfe angeboten und wollte im Laden mit aushelfen. Allerdings fragte sich Charlotte, wo Morish abgeblieben war. Sie hatte seit dem Brand nichts mehr von ihm gehört.

Auch wenn Charlotte Tag ein Tag aus so viel arbeite, vergaß sie nicht, auch ihren Pflichten bei den Hochgeborenen nach zu kommen und sich einen freien Abend zu gönnen. Man würde nun sehen, wie es mit der Taverne weiterging und welche Vorhaben für den Weinkeller geplant wurden.

Leben heißt dienen.
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 01 Aug 2018 15:08    Titel:
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Manche Dinge ändern sich nie.

Und damit waren auch Menschen gemeint. Denn niemand konnte so leicht aus seiner Haut und eine Veränderung fand immer über großem Zeitraum statt. Aber sein wahres „Ich“ konnte man nie lange verbergen. Manche versuchte das nicht ein mal und spielten mit offenen Karten. Doch manchmal, glaubt man auch an das Gute in einem, an etwas, was Loyalität in sich hegt. Die Erwartungshaltung war hier eher gering, denn Charlotte wusste, was sie von den meisten Menschen zu erwarten hatte. Man stellte sich auf die Dinge ein und es wurde leichter, damit um zu gehen.

Funkelnde, tanzende und herumschwirrende Lichter umgaben die blondgelockte Frau. Märchenwesen offenbarten sich. Zeigten ihr die Optionen auf, die sie bei klarem Verstand nicht sehen konnte. Eine tiefgehende Melodie drang an ihre Ohren und sie wiegte im Takt ihren Blondschopf. Der Zustand zeigte ihr, wie einfach alles sein wird, wenn sie eine Entscheidung traf. Sie musste so oder so eine finden und jener Moment gab ihr eine so glasklare Einsicht, wie sie es noch nie gesehen hatte. Die Melodie wurde jäh durch das Gemurmel von Kilian unterbrochen. Charlotte hatte keine Ahnung was er von sich gab, denn sie hörte ihm nicht zu. Sie folgte mit ihren Fingern den Wesen ihrer eigenen, kleinen Welt. Die blauen und gelben Flügel ihrer Träume flatterten ungehindert hin und her. Ihre Augen waren geschlossen, sie sah mehr, als sie bei wachem Zustand vernommen hätte. Und als sie die Lider wieder anhob, sah sie Kilian Gesicht. Mit den tiefen Furchen seiner Vergangenheit, dem sehnsüchtigen, dunklen Blick und dem dahinter liegenden Schmerz. Sie würde ihn nicht retten können. Niemand konnte das. Er würde stets weiter machen wie bisher, seinem Muster folgen und ein Taugenichts und Tunichtgut bleiben. Sie hatte es sicher versucht, aber sie wollte nicht riskieren sich selber dabei opfern zu müssen. Auch wenn sie lockerer mit dem Umstand ihrer Prinzipien wurde, so würde sie ihren Weg nicht ändern. Streng und bedacht blieb sie weiterhin auf jenem steinigen Pfad.
Eine Bewegung aus dem Augenwinkel verriet ihr, dass es Kilian nicht gut ging. Sie war plötzlich besorgt, die Feenwesen und Träume huschten zurück in die, wohlbehütete Dunkelheit ihres Unterbewusstseins. Sie näherte sich ihm und griff an seinen Oberarm um ihm Halt zu geben, damit er nicht umkippte.

>> Charlotte, es ist alles gut. <<


Der Tomatenmodus war abermals erreicht. Sie wollte nur behilflich sein und fühlte sich wegen ihrer Sorge für ihn nun verlegen und suchte den Rückweg. Aber dieser wurde jäh unterbrochen. Kilian streckte die Arme nach ihr aus und zog sie mit so einer Wucht an sich, dass sie gegen ihn prallte und ihr schier die Luft aus den Lungen gepresst wurde. Sie keuchte vor Schrecken und dezentem Schmerz auf. Der Krieger umklammerte die zierliche Frau so fest, dass sie nicht atmen konnte. Er war nicht Herr seiner Sinne und gab nun plötzlich eine Verletzlichkeit preis, die sie nie für möglich gehalten hatte. Er klammerte sich an ihr fest, wollte sie nicht mehr los lassen und vergrub sein Gesicht in ihren Haaren. Sie versuchte sich aus der Umklammerung zu winden, denn sie drohte zu ersticken. Und dann sagte er etwas, was Charlotte erstarren ließ. Drei Worte, die ihr nicht fremd waren, aber sie bis ins Mark erschütterten. Drei Worte, die jegliche Feenwesen erröten ließen und die Traumwölkchen fortwehten. Das hatte er nicht gerade wirklich zu ihr gesagt, oder? Drei Worte, die ihr komplettes Bild von ihm über den Haufen warf. Nein, das sollte nicht sein.
Und ehe Charlotte nun reagieren konnte, etwas darauf sagen konnte, obwohl sie so arg sprachlos und auch wortwörtlich atemlos war, da entspannte sich mit einem Schlag die Umklammerung und Kilian sank in sich zusammen und regte sich nicht mehr. Charlotte hielt es für eine Ohnmacht, vielleicht wegen seiner eigenen Worte. Dennoch war sie sehr besorgt und rüttelte an seinen Schultern. Versuchte ihn zu wecken und stellte fest, dass er fror. Bei den sommerlichen Temperaturen fror der Mann und war vollkommen ausgeliefert. Schutzlos lag er da und Charlottes Blick pendelte zwischen Türe und Kilians blassem Gesicht. Sie konnte ihn nicht alleine zurück lassen, das ging einfach nicht. Auch wenn er ein Hallodri war, ein Taugenichts und Tunichtgut, sie konnte ihn einfach nicht schutzlos zurück lassen. Auch wenn er es nun verdient gehabt hätte. Charlotte war nicht so ein Mensch, so rücksichtslos wie er selber. So unfähig in jenem Moment auf sie Acht zu geben.

>> Nur dieses eine Mal, Kilian. <<

Sie ermahnte ihn, ganz gleich ob er es hören konnte oder nicht. Sie strich ihm die verschwitzen Haare aus der Stirn und kühlte seine Stirn mit einem feuchten Tuch. Wischte sanft über seine markanten Züge und betrachtet ihn eingehend dabei, jetzt, wo er nicht mehr nach ihr greifen würde, traute sie sich an den schlafenden Löwen heran. Sie seufzte leise, ihre Gedanken waren nun voller Sorge um den Mann, der ihr eigentlich gleichgültig sein sollte. Aber er hatte sein Wort gehalten, er war immer offen und ehrlich zu ihr gewesen und würde es weiterhin sein. Er gab ihr die Option damit zu leben oder auch nicht. Es lag an ihr, welchen Weg sie nun einschlagen würde. Aber als sie nun sein Gesicht mit dem Tuch und dessen Kühle benetzte, schob sie all jene Gedanken fort und kümmerte sich einfach nur. Spendete ihm Trost, gab auf ihn Acht und beschützte ihn in jenem Moment, wo er es selber nicht konnte. Sie deckte ihn auch so weit es ging zu und behielt ihn die halbe Nacht im Auge.

Leben heißt dienen.

Und jene Nacht war so kräftezehrend gewesen, dass Charlotte zwischenzeitlich selber eingenickt war, die Feenwesen und geflügelten Träume waren wieder Teil ihres Zustandes geworden. Zeigten ihr weitere Optionen, gaben Warnungen, die ihr Herz nicht hören wollte und lobten, für die Aufrichtigkeit sich selber gegenüber. Das, was sie aus jener Gedankenwelt raus lockte war ein Geräusch, dass so ungewohnt war, wie den Hahn an jenem Morgen nicht zu hören. Seit wann schnarchte Meister Zottelratte? - Ihr Stoffbär wurde am Abend noch von Kilian so getauft.
Der Gedanke, dass ihr Stoffbär schnarchen könnte ließ sie so abrupt hochfahren und sah sich blitzartig um. Kilian schnarchte - welch Überraschung. Charlotte rieb sich durch das Gesicht und blickte den dunkelhaarigen Mann dann eine Weile an.

>> Wenn er schnarcht, dann lebt er noch. <<

Ihre Worte waren sachlicher Natur, höflich distanziert, wie immer. Sie hatte ihn beschützt, es ging ihm gut und nun war es an der Zeit ihn zu verlassen. Charlotte erhob sich, strich ihr Kleid zurecht, zog die Schuhe wieder an ihre Füße und stieg erst mit dem Einen, dann mit dem anderen Bein über das schlafende Wesen und ging, sie ging ohne sich noch einmal umzudrehen.

Leben heißt, Entscheidungen zu treffen.

Manche Entscheidungen waren nicht wirklich wichtig, manche hingegen veränderte einfach alles. Aber jene kleinen Entscheidungen, die niemand spüren würde, die niemandem ein Leid zufügen würde und auch sonst, keine Spuren an andere hinterlassen würde. Ja, diese Entscheidungen, die fielen Charlotte so schwer, als würde sie sich zwischen Gerimor und Winterfels entscheiden müssen. Man würde mit ihrem inneren Kompromiss leben können. Nichts würde sich verändern, nichts würde so bleiben wie es war. Aber man würde damit zufrieden sein.

Als Charlotte ihrem Tagewerk nachging, fiel ihr ein hellblauer Umschlag in ihrem Postkasten auf.

>> Post aus der Heimat. <<

Mit gut gelaunter Miene ging sie ins Haus, machte sich einen Tee und setzte sich an den Tresen um die Zeilen zu lesen.


Maria Luisa Bach hat Folgendes geschrieben:
Meine liebe Charlotte,

nun ist es mehr als ein Mondlauf her, als ich dich das letzte Mal sehen durfte. Ich hoffe, dass es dir gut geht, mein Kind.
Die Hochgeboren von Talgrund ist vor ein paar Tagen eingetroffen und sieht wirklich sehr glücklich aus. Die Hochzeit mit Sir Heinrik war eine gute Entscheidung.

Das ist aber nicht alleine der Grund, warum ich dir heute schreibe.
Meine geliebte Tochter, ich möchte mich bei dir entschuldigen. Stets war es meine Pflicht und meine Aufgabe dich zu beschützen, dich zu tadeln und zu mahnen. Dir sogar einen Mann aufzuzwingen, den du nicht wolltest und zu Recht!

Meine liebe Charlotte, ich möchte dir nicht vorenthalten, was es bedeutet aus Liebe zu heiraten. Denn selbst ich, durfte frei wählen und habe den Mann meines Herzens, deinen Vater aus Liebe geheiratet.

Und doch, möchte ich dir noch ein paar Worte mit auf den Weg geben.
Bitte bedenke, dass der Weg zum Herzen einer Frau, keiner Worte bedürfen, sondern stets aufrechte Handlungen.
Ich weiß, dass ich dich zu einem guten Mädchen erzogen habe, die nicht die selben Fehler wie ihre Schwestern machen wird.
Aber bitte, gibt auf dich Acht.

In Liebe
Mama

Charlotte drückte den Brief fest an die Stelle, wo ihr Herz lag und schniefte gerührt. Selten hatte ihre Mutter solche Zeilen oder Worte für sie über gehabt. Aber die Hochzeit der Hochgeboren und jenes Glück, musste Veränderungen bewirkt haben. Die Sicht auf die Dinge wurden anders, und das nicht nur von Charlotte selber.

>> Ach, liebste Mama. Liebe ist etwas für Menschen, die damit umzugehen wissen. <<

Charlotte sprach die Worte so fürsorglich in den leeren Schankraum, als wäre sie an jener Stelle die Mutter. Ein sanftes Lächeln umgab die Züge der jungen Frau, sie schloß ihre AUgen, den Moment genießend. Und da waren wieder die bunten Lichter, Feenwesen und die geflügelten Träume.


Zuletzt bearbeitet von Charlotte Bach am 01 Aug 2018 15:16, insgesamt einmal bearbeitet
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 02 Aug 2018 17:34    Titel:
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Vergiss niemals wo du her kommst.

Das Blut tropfte langsam von Charlottes Händen, wieder einmal hatte sie sich die Finger blutig gearbeitet. Tausende von Pfeilschäfte wurden geschnitzt. Aktuell so ziemlich der einzige Lebensunterhalt von der blondgelockten Frau. Es war so mühselig alles alleine auf zu bauen, ihre Muskeln und Glieder brannten. Es würde noch etwas dauern, bis Charlotte wieder alles so zusammen hatte, wie es zuvor war. Solange ihre Lehensherrin auf Reisen war, konnte sie keinen neuen Parzellenschein von ihr erhalten und der Anbau des Weizens, für Bier würde sich noch eine Weile hinziehen. Allmählich fing Charlotte an zu überlegen, ob es nicht einen anderen Weg gab. Einen anderen Weg für sie.
So hart zu arbeiten für Lohn und Brot kannte sie nicht. Sie hatte immer einen warmen Platz zum schlafen in einem Adelshaus gehabt. Aber die Taverne war ihr erstes, eigenes Projekt. Ob sie nun wirklich den „langen Atem“ dafür hatte, wusste sie noch nicht.
Aber sie wusste, dass sie sich im Moment etwas verlassen fühlte. Verlassen von den Gefühlen, die sie am Anfang hatte. Die Gefühle, die jemand hat, wenn man neue Dinge kennen lernt. Neue Erfahrungen macht und neue Menschen kennen lernt. Die jüngsten Ereignisse waren aufbrausend, überraschend und wurde keine zwei Tage wieder unter einem Haufen Asche vergraben. Gefühle, die man zu vermeiden versucht hatte, Gefühle, die lichterloh in Flammen standen und nun im Wind als kleine Rußpartikel davon getragen wurden. Eine brennende Erfahrung hatte Charlotte nun auf ihre Seele geschrieben. Aber es hatte sich rein gar nichts verändert. Nicht ihre Umgebung, nicht die Menschen darin, aber sie. Charlotte hatte sich verändert und sie wuchs weiter. Sie wurde selbstsicherer und traute sich plötzlich Dinge zu, die sie vorher nie getan hatte. Aber machte sie alles richtig? Wer würde ihr sagen, dass etwas falsch lief? Wer?
Es gab nur einen, der ihr das Gefühl von Sicherheit bot. Von Vertrauen und Familie.

>> Eure Sorge um mich, ehrt euch. <<

>>Wir sind aus dem gleichen Stand, Charlotte. Bei uns daheim hat man sich um einander gesorgt. Ich kenne es nicht anders. Und uns binden die Erfahrungen. Es ist etwas Vertrautes an euch, was ich gern weiter teilen würde. <<

Sie hatten viele Gemeinsamkeiten. Ihre Kindheit war ähnlich durch eine strenge Hand in der Erziehung geprägt. Er verstand sie. Immer. Charlotte musste kaum etwas sagen, denn er konnte es nachempfinden. Seine Sorge um sie, rührte sie sehr. Und wie gerne hätte Charlotte ihn umarmt. Einfach so, weil ihr danach war. In ihm hatte sie wirklich einen guten Freund gefunden. Jemand der ihre Einstellungen und Prinzipien verstand, nicht belächelte oder ihr ständig etwas unterstellte.

>> Einer Dame unterstellt man nichts. Nur Kerlen. <<

Wie Recht er doch hatte. Und wie Recht er damit hatte, dass sie unbedingt an ihrer Selbstverteidigung arbeiten musste. Er würde es ihr lehren, ihr lehren, wie man sich selbst schützte. Er würde sie ein Stück weit formen, ihr helfen weiter zu wachsen, über sich hinaus zu wachsen. Charlotte zweifelte nicht daran, dass sie mehr in ihrem Leben erreichen konnte.
Er war an jenem Abend zu ihr gekommen um nach ihr zu sehen, sich nach ihrem Wohlergehen zu erkundigen und ihr zusagen, dass er sie gerne in der Burg sehen würde. Eine neue Stelle, eine neue Herausforderung. Kochen war nicht wirklich eine Herausforderung für Charlotte. Sondern eher die Stadt zu verlassen, die schützende Mauer und die gefühlte Sicherheit. Aber er wusste nicht, dass sie fast täglich mit Pfeil und Bogen durch den Wald wanderte, sich dort auf die Lauer legte und Wild schoss. Insgeheim suchte Charlotte nach Xenia. Sie hatte lange nichts von ihr gehört und auch ihren Begleiter nicht gesehen. Dass die Taverne kurzzeitig leer war, hatte anscheinend viele verunsichert und auch verschreckt. Es war mühselig immer wieder die Geschichte zu erzählen, wie, wann, wo, wieso, wer.
Und auch ihrem neuen Vertrauten hatte sie alles haarklein erzählt und fühlte sich bei ihm nicht, überflüssig. Charlotte hatte das Gefühl, dass er ihr zuhörte, auch wenn sein Wesen steif und undurchdringlich schien. Er hörte ihr ganz genau zu und sie wusste ganz genau, wo sie bei ihm dran war. Die Erfahrungen verband sie, ein Band, was immer weiter geflochten und gestärkt wurde.

Leben heißt, Freundschaften zu schließen.

>> Und bitte... sag Bescheid, wenn du wieder Ängste oder Sorgen hast. <<

>> Das werde ich, versprochen. <<

>> Danke... <<

Er verließ sie an jenem Abend mit einem guten Gefühl. Mit einem Gefühl von Familie. Sicher- und Geborgenheit. Charlotte schloss hinter sich die Türe zu, drehte den Schlüssel herum und blickte durch den leeren Schankraum. Noch eine ganze Weile dachte sie über seine Worte nach, die Versprechen die gegenseitig gegeben wurden. Und über die Art, wie er mit ihr umging. Es erinnerte sie sehr an ihre Lieben in Winterfels. An ihre Eltern und Geschwister. Ihr wurde warm ums Herz und Charlotte lächelte sanft vor sich her.

Leben heißt, zu vertrauen.

Es war bereits spät in der Nacht, als Charlotte die Taverne aufgeräumt hatte. Sorgfältig brachte sie Ordnung in den Schankraum. Es half ihr, auch Ordnung in ihren Kopf zu bringen. Sie dachte darüber nach die Taverne umzustrukturieren. Den Keller auszubauen. Die Uniformen zu ändern. Den Garten zu bepflanzen und vielleicht sogar Zimmer im oberen Stock einzurichten um jene vermieten zu können. Mit einem Male, merkte Charlotte wie schwer es war, wenn man das alles alleine stemmen musste. Morish war spurlos verschwunden. Taranee ließ sich nicht mehr blicken und auf Kilian war so oder so kein verlass. Er prügelte sich lieber mit Ehemänner und für verheiratete Weiber, die gerne mit dem Feuer spielten und jedem schöne Augen machten, wenn der Gatte nicht anwesend war. Traurig. Charlotte war wirklich traurig über diese Umstände.

>> Gutes Personal ist selten. <<


Selten und oft blieb es nicht. Schade. Es fing alles so gut an und auf den Aushang für die Aushilfen, hatte sich genau einer gemeldet und der war nicht da. Freie Zeiteinteilung, das war Charlottes Meinung dazu und es war gut so. Sie wollte niemanden etwas aufzwingen. Aber rein finanziell würde sie die Taverne nicht mehr lange halten können. Die Eintönigkeit im Wald, Holz zu hacken und Schäfte zu schnitzen, waren wirklich nur dafür da, damit sie sich über Wasser halten konnte. All die Dinge, die ihr beim ersten versuch von ihren Mitmenschen geschenkt wurden, konnte sich ja nicht einfach noch mal anfordern. Das gehörte sich einfach nicht. Und so grübelte die blondgelockte Frau wieder einmal, bevor sie letztendlich vor Erschöpfung einschlief.

Leben heißt dienen.


Zuletzt bearbeitet von Charlotte Bach am 02 Aug 2018 17:36, insgesamt einmal bearbeitet
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 16 Aug 2018 16:10    Titel:
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>> Ich habe den Tod gesehen. Seit dem, habe ich nicht mehr eine Träne vergießen können. <<

>> Wie lange ist das her? <<

>> 12 Jahre. <<

Charlottes Gesicht war eisenhart. Die ansonsten so weichen Züge wirkten befremdlich, schon düster. Der Gedanke an frühere Ereignisse waren für die blondgelockte Frau sichtlich schmerzhaft. Niemand wusste was sie für ein schreckliches Geheimnis mit sich trug und verbarg. Die eiserne Entschlossenheit, das Rückgrat aus Stahl und die festgefressenen Prinzipien waren nichts zu dem, was eigentlich in ihr schlummerte. Sie hatte geliebt, sie hatte getötet und sie hatte getrauert. Seit dem an war sie ein Fels und doch gutmütig, fröhlich - nach außen hin ganz normal. Aber war das nicht jeder? Jeder trug sein Päckchen, aber nur die Wenigsten gingen damit hausieren. Es gab auch Ausnahmen. Nervende Ausnahmen. Niemand will das Leid des Anderen erfahren, weil jeder genug Pferdemist am eigenen Stiefel mit sich trug.

Wehrtage, Fressalien mit sich tragen. Versorgungssoldat. Wo war Charlotte nur rein geraten? Gehorsam war ihr nicht fremd. Gut erzogen war sie. Der Ton weniger rau als erwartet, Zusammenhalt und Idioten. Ja, es gab ein paar Idioten. Aber man diente nicht, damit sich alle lieb hatten. Man diente um seine Pflicht zu erfüllen und das tat die blondgelockte Frau mit eisernem Willen.

Leben heißt dienen.

Mit einer erschreckenden Disziplin kochte Charlotte drei Tage und Nächte Gemüse ein, um es für das Feldlager haltbar zu machen. Der Rekrut, der ihr zugeteilt wurde, ließ sich nicht blicken und so war es fast wie gewohnt, alleine die Versorgung zu gewährleisten. Bier, Kaffee, Essen. Mehr brauchte es nicht. Thyren und Zwerge brachten ebenfalls etwas mit. Alle trugen ihren Teil dazu bei. Manche mehr, manche weniger – aber stets so viel man konnte.
Es war eine Einheit, ein Manöver, ein Rammbock in der Geschichte Gerimors. Man würde darüber lange reden, so wie in Schwingenstein eins und zwei. Oder der Faustkrise des letzten Sommers. Wie würde man diese Schlacht nennen? Varunas Tor? Die Varunaoffensive? Aber Varuna hatte eigentlich nichts damit zu tun. Man lagerte eben nur davor. Ketztergemetzel kam sicher auch nicht in Frage.

Und es war wirklich ein Gemetzel gewesen.

Die Magier hatten wirklich beeindruckende Arbeit geleistet. Eine Nebelwand verschleierte das Lager eine Weile. Umso erschreckender war es, als die Glocken des Klosters laut wurden. Charlotte ahnte eine Finte. Aber sie war Rekrutin. Man würde ihr nicht zuhören. Kaum war ein kleiner Trupp Richtung Schwingenstein unterwegs, klapperte der Feind aus dem Westen ran. Erst war es ein Geräusch. rasselnd, klappernd, schleifend. Dann drangen Schatten durch die Nebelschwaden. In jenem Moment schluckte Charlotte schwer und brauchte einen Moment, ehe sie Meldung machte.

>> Feindkontakt, Westtor! <<

Ihre Freuerprobe. Schlag auf Schlag. Augenblick um Augenblick. Ein Dröhnen, der Kampflärm brach über sie ein, als die blondgelockte Frau endlich ihre Armbrust anhob und nach Leibeskräften einen Köcher nach dem Anderen leer feuerte. Traf sie? Sie wusste es nicht. Aber sie schoss unermüdlich. Und überraschenderweise gab sie Befehle. Befehligte die Schützen neben sich. Woher kam das? Und durfte sie das? Sollte sie überhaupt hier sein? Keine Zeit für Fragen, funktionieren. Einfach funktionieren.

Leben heißt dienen.

Ein Geschoss traf sie in die linke Schulter, sie wankte, spannte die Armbrust scharf und feuerte erneut. Irgendwann wurde auf den Bogen gewechselt. Schneller schießen, höhere Reichweite und die Pfeilspitzen wurden entzündet.
Ein Summen, ein Klirren. Kampfeslärm der lauter und lauter wurde. Schreie, Stöhnen und Lichtblitze. Feuer. Feuer! Es brannte unter ihr. Grünes Feuer. Es war nicht heiß, es erreichte sie nicht mal. Charlotte feuerte weiter, entschlossen bei dem Versuch drauf zu gehen, einer dieser Hunde mit sich zu reißen.

Und dann, war es mit einem Schlag vorbei.
Die dunkle Streitmacht zog ab, offensichtlich brannte ihr Lager. Nicht ein mal das, brachte die Blondine zum Lächeln. Der stechende Schmerz in ihrer Schulter wurde nun deutlich vernehmbar. Das Adrenalin sankt schlagartig und sie war müde, so endlos müde. Jeder Knochen schmerzte. Ihr Kopf pochte und der Geruch im Lager, war Varunas Gewässer ebenbürtig. Es roch nach Niederlage, es roch nach Sieg um des Lebens Willen und es roch nach Blut. Sehr. Viel. Blut.
Ein Heiler verband ihr notdürftig die Schulter, sie ließ nicht mehr zu. Medizinmänner waren ihr immer schon suspekt gewesen. Und von einem Kerl wollte sie sich erst recht nicht angrabschen lassen. Auch wenn er nur seine Arbeit tat. Charlotte war skeptisch.

Was ebenfalls unangenehm war, war der Moment, als der Schwarzhaarige sie nach ihrem Wohlergehen fragte. Warum fragte und sorgte er sich überhaupt? Die Beiden verband rein gar nichts. Zumindest empfand Charlotte das so. Er war ihr egal, so wie viele Menschen in Lichtenthal. Sie hatte zwar etwas anderes gesagt, aber die Maske die sie trug, blieb nur mit jenen Worten aufrecht getragen. Es bröckelte nichts, es schlief tief in ihr drin und würde nie nach außen dringen. Ihre eiserne Entschlossenheit und das stahlharte Rückgrat, waren Folgen von jenem schrecklichen Tag vor 12 Jahren.

Es gab Dinge, die trug man mit sich, es gab Dinge, die sollten begraben und vergessen werden und dann gab es wiederum Dinge, die einem etwas gaben, was nicht jeder in sich entdecken und begreifen würde.

Der Blick über den Tellerrand.
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 18 Aug 2018 22:19    Titel:
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Offensive, Defensive.... Hirngrütze!
Verrat unter Kameraden und ein entlaufener Späher rahalischer Truppen.
Es reichte ihr. Charlotte hatte die Schnauze gestrichen voll. Sie hatte sich um die verletzten Kameraden mit gekümmert, Getränke und Speisen geholt, dafür gesorgt, dass sie wieder auf die Mauer durften und dann das? Man fiel in den Rücken, obwohl die Gardisten selber den Befehl zur Festnahme einfach ignoriert hatten?

>> Ben, was machst du denn hier? <<

Wirklich? Man kannte sich? Will man nicht gleich auf ein Tässchen Mocca einladen und sich über die schönsten Weiber in den verfeindeten Feldlagern austauschen? Sie konnte es einfach nicht glauben, dass Alanna einfach den Feind per Du ansprach und Sigarins Befehl ignorierte. Charlotte, der Kalure und Andra waren die Einzigen gewesen, die die Situation wirklich begriffen hatten und dem Späher hinterher hetzten. Natürlich hatte sie einen Befehl missachtet, natürlich, ging sie anschließend selber zum Oberstleutnant und meldete ihren verstoß. Die beiden Gardisten verpfiff sie allerdings nicht, nicht so wie Tristoban Charlotte anschließend anschwärzen ging.

>> So viel zur Freundschaft. <<

Charlotte spuckte aus. Sie fühlte sich verraten, verraten von den eigenen Kameraden. Mehrfach hatte sie den Feindkontakt gemeldet, schon bevor sie aus der Späheruniform in die Regimentsuniform gewechselt war. Mehrfach, hatte sie es erwähnt! Mehrfach! Aber ein Rekrut hat den Schnabel zu halten, sich auf den Wachposten zu stellen und möglichst keinen Mucks von sich zu geben. Es herrschte eine allgemeine Gereiztheit im Lager. Lagerkoller.
Sie behielt als Rekrutin die Nerven, erkannte die Situation und stürzte sich in die Situation um den Feind endlich zu stoppen und wurde von den eigenen Kameraden in den Rücken gestochen.
Sie atmete tief ein, rutschte im Mannschaftszelt auf den Boden, den Rücken an die, leicht nachgebende Zeltwand gelehnt und reinigte ihre Ausrüstung. Zu allem Überfluss wurde sie auch noch von dem Mann angekeift, dem sie die ganze Nacht die Wadenwickeln gewechselt hatte, damit sein Fieber sank und er schnell wieder zu Kräften kam.

Danke für Nichts.

Charlotte war stinksauer und sie stand zu ihrer Befehlsmissachtung und würde sich die Schelte mit erhobenem Kopf beim Oberstleutnant abholen, weil sie der Meinung war, in jenem Moment richtig gehandelt zu haben.

Aktion und Reaktion.

Jeder beschwerte sich, dass man "ein leeres Lager" beschützte. Der Feind stand vor der Türe und man bellte nur idiotische Befehle von der Wehr runter, anstatt selber die Eier aus der Hose zu packen und Hand an zu legen. Hand an den Feind und einen Späher von ihnen fest zu setzen und nach Informationen auszuquetschen.

Tristoban erhielt einen finsteren Blick, nachdem er sie zurecht gewiesen hatte. Die Zeit der Höflichkeit war vorbei. Charlotte reichte es einfach. Es war genau das, was Luninara schon zu ihr gesagt hatte.
Die blondgelockte Frau schüttelte nur den Kopf und verschwand in der Dunkelheit der Nacht, irgendwo auf einen Wachturm und legte sich aufs Ohr. Man würde darüber schlafen, man würde darüber entscheiden und Charlotte stand dazu. Sie stand immer zu ihren Prinzipien. Aber nicht zu falschen Freunden.

Leben heißt, auch mal Gefühle zu zu lassen - Auch wenn sie negativ sind.
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Charlotte Bach





 Beitrag Verfasst am: 08 Sep 2018 12:00    Titel:
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Leben heißt dienen.

In stillem Einverständnis zog man Charlotte vom Schlachtfeld und beförderte sie samt Ausrüstung und ihrem Pferd nach Adoran zurück. Die Befehle waren klar gewesen und sie war froh, endlich, ohne Furcht in den Knochen wieder eine Nacht durchschlafen zu können.
Sie bereute ihren Wunsch schlagartig, als sie mit schweißnassem Gesicht aufgerichtet im Bett saß und sich keuchend umsah. Der Alptraum war noch so frisch, dass sie jedes Detail vor dem inneren Auge sehen konnte.

Das Zischen der Klinge des dunklen Ritters schnitt das zarte Fleisch ihrer Wange durch, als sei es Wachs und seine Klinge so heiß wie das Schmiedefeuer in Krathors Schlund. Der rote Lebenssaft spritzte auf seine Rüstung und ran Charlotte über die Wange, über den Hals und in die Rüstung. Sie rannte, er trat zu und sie fiel. Das Toben des Kampfes lies nicht ausmachen, ob die junge Schützin noch lebte. Sie blieb regungslos im Dreck, nahe des Waldes liegen. Er ließ von ihr ab und es dauerte lange, bis die blondgelockte Frau keuchend die Augen aufschlug und sich vorsichtig umsah. Aus den Augenwinkeln nahm sie eine Bewegung wahr und sah Kilian nach, der humpelnd? Zurück zum Feldlager ging. Er hatte sie zurück gelassen. Alle hatten die Kameraden liegen lassen. Die Schlacht musste noch wüten und es war grausam, so viele Leichen neben ihr, so viele schreckensstarre Visagen und aufgerissenen Augen blickten sie an,

strafend,

mahnend.

Neidvoll, weil sie noch lebte.

Charlotte hustete, die zähe Sommergrippe, die sie sich während der letzten Schlacht geholt hatte, nahm ihr die Kraft. Sie schlug erneut die AUgen auf. Noch nie hatte sie sich so alleine gefühlt. Einsam, keine Mutter die ihr Suppe brachte, keine Schwester, die ihr ins Nachthemd half und niemand, der ihre Gedanken in der Realität fest hielt. Sie griff schwach nach einem Glas und benetzte nur ganz vorsichtig Lippen und Kehle mit dem abgestandenen Wasser. Für mehr war sie nicht in der Lage. Charlotte lehnte sich zurück, binnen von Sekunden war sie wieder im Fieberdämmerschlaf entschwunden.

>> Ein Späher, vor dem Tor, im Wald <<

Die Blondine machte schnell Meldung, als sie von dem Spähereinsatz zurück kam. Niemand reagierte, niemand nahm auch nur Notiz von ihr. Sie zog die Uniform an, sprang von der Brüstung und schlich sich an den Späher ran.

Warum in aller Welt, folgte ihr der greisige Heiler?

Warum schrie Alanna, die eigentlich im Feldlazarett liegen sollte, die Befehle von der Wehr?

Warum, sah niemand, was Charlotte in jenem Moment sah?

Wenn sie sich jetzt umdrehen würde, dann würde ein Arsenal an Wurfmessern ihren Rücken treffen. Wenn der Heiler nur nicht gefolgt wäre, nun musste sie auch noch sein Leben schützen. Ohne Rüstung kam er raus, stand da in seiner Heilerrobe und redete auf den jungen Kerl ein. Charlottes Nackenmuskulatur verkrampfte sich, der Schweiß ran ihre Schläfe runter, kitzelte ihre Haut und bahnte sich den Weg über ihre Wange.

Sie hatte die Hosen voll.

Mächtig voll!

Sie war Rekrutin, hatte gerade einen Fehler gemacht und konnte, um Temoras Willen, nicht dem Befehl folgen, nun zurück ins Lager zu kommen. Die Situation war angespannt. Erst als zwei Gardisten aus der Türe kamen. Kampfuntaugliche Gardisten, marschierte der Heiler endlich zurück in Sicherheit. Und da kam er, der Befehl zur Festnahme und Charlotte sprintete los, dem Späher hinterher. Hin und hergerissen, Gefühle ballten sich in ihrem Schädel zu einer Faust zusammen und schlug wild um sich. Ein anderes Bild taucht auf.

>>Sie ist eine Kameradin und Freundin. Nicht mehr. <<

Die Worte hallten nach. Selbst jetzt, wo ihre Armbrust angehoben war, entsichert und auf des Feindes Haupt zielte. Der Unterkiefer der Blondine malte langsam, aber stetig hin und her. Mit großer Mühe unterdrückte sie den Impuls die Spitze des Bolzen nicht auf ein anderes Ziel zu bewegen, ein Ziel, dass ihr so unsagbaren Schmerz zugefügt hatte. Diese Worte nagten in ihrem Verstand, machten sie blind für das Wesentlich und zerrissen etwas, was noch geschlummert hatte. Was nicht ausgesprochen werden sollte. In die Freundschaftsschublade gedrückt, ohne dass jemals die Worte die jenes Gefühl in ihr preis gab, ausgesprochen werden konnten. Charlottes Beherrschung war dahin. Sie ließ jener Laune freien Willen, ließ es an Alanna aus, an dem Späher und an anderen Kameraden.

Charlotte schreckte abermals aus dem Schlaf und sah sich um. Irgendetwas stimmte nicht. Sie hob eine Hand an und streifte sich durch die Augen. Sie hatte im Schlaf geweint. Darüber war sie so überrascht, dass sie sich wieder in die Kissen sinken ließ und jenen Gefühlen freie Bahn gab. Das, was man in einem Krieg erlebt hatte, musste irgendwann raus und so weinte die Frau. Einsam und alleine, wo sie niemand sehen würden. Aber es war nicht alleine die erschreckenden Bilder, die Nacht für Nacht hochkamen. Es waren auch die Worte gewesen, die ein Gefühl der Verliebtheit im Keim erstickt hatten und der erste, süße Schmerz in jene Richtung wurde in den Weg der blondgelockten Frau gebrannt. Steinig war jener Weg stets gewesen, einsam und angsteinflößend. Und dann kam jemand, der sie ein Stück begleitete und ihr das Gefühl gegeben hatte, nicht alleine zu sein. Und er schubste sie auf jenem Weg, sie stolperte und fiel hin.

Leben heißt, auch mal naiv zu sein.

Die Grippe war bald überstanden und die jüngsten Ereignisse und Worte verdaut. Es wurde zeit wieder auf zu stehen und weiter zu machen. Seinen Pflichten nach zu kommen und weiterhin höfliche Miene zum bösen Spiel zu machen.

Leben heißt dienen.


Zuletzt bearbeitet von Charlotte Bach am 08 Sep 2018 12:04, insgesamt 2-mal bearbeitet
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