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Man soll den Bogen nicht überspannen...
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Allgemeines Rollenspiel » Man soll den Bogen nicht überspannen...
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 07 Nov 2016 21:18    Titel:
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Die Farben der Bruderschaft...

    "Na, komm - beweg dich du Stück Scheiße!", polterte es am Lagerfeuer entlang und eine schwielige Hand drückte sich gegen die Schulter des mageren Jugendlichen, der sogleich ein wenig mehr Platz auf dem glattgesessenen Baumstamm bot. Das Gelächter drum herum war rau, ein Bellen, dem keine Schadenfreude anhaftete. Es war der Alkohol, es war ein Pulk von Männern, die keine besonders hohen Freuden kannten außer Suff, Essen, Weiber und Beute und sich die ersten drei Dinge leisten zu können. Das letzte Mal hatte eine Truppe einen Ausfall vor sechs Tagen gewagt und sich hinaus in die Wälder Richtung Nordosten geschlagen, in Richtung des Südschattens vom Drachenfels. Nebelig und klamm war es gewesen. Man will meinen die beste Zeit für Ortskundige. Mordeks Hinzustoßen ans Feuer kommentierte Fann nur mit einem schmalen Lächeln und ging mit dem Knie gebeugt nach vorne um sich noch einmal eine Kelle heißen, verdünnten Weins aus dem zerbeulten Topf zu nehmen. Die Kälte des Spätherbstes kroch ihr unter die Felle bis tief in die Knochen und drohte ihr die rauen Finger zu lähmen. Ihre Heimat war kalt und klamm, von je her hatte der Nebel tief in den dicht bewaldeten Tälern gelegen und wurde nur von den Bergspitzen gespalten. Man musste hier aufgewachsen sein, um die Wege und Gefahren zu kennen und davon lauerten viele. Die Kriege, die hier zwischen den einzelnen Gruppierungen untereinander und gegen die Regierung des Lehens geführt wurden, waren alt verankert und immer wieder frisch entfacht. Es führte zu Blut, Verlusten, Gesetzlosigkeiten und Armut. Es war das 'Leben da draußen', fern vom bräsigen Bürgertum und der ewigen Gewissheit guter und sicherer Versorgung. Warum Fann die Tage unbehelligt am Feuer sitzen konnte verdiente sie ihrem Aufstieg in der Bande. Sie gehörte zu den Schwärmern. Ihre Ketten waren kürzer, gleichwohl ihr bei Flucht auch eine Hetzjagd bis zum Tod gedroht hätte. Jäger mit kurzer Kette kamen allerdings nicht sehr weit und manchmal mussten sie auch mehrere Nächte im Wald verbringen um ein kräftiges Wild zu finden und zu erlegen. Aber mit ihren siebzehn Jahren war die junge Frau in ihrer aufgetragenen Lederkleidung noch bei weitem recht weit unten in der Hierarchie. Genauso ein Stück Scheiße wie alle anderen, die hier festsaßen, und das Größte, was sie hier in diesem Lager erwarten würde war in dieser winzigen isolierten Welt aus Zeltplanen, Höhlen und Holzbrettern - zwischen Dieben, Streunern, edlen Kriegern in dreckigen Ringrüstungen und Lagerhuren mehr Stimmgewalt in der Fraktion der Schwärmer zu erhalten. Sie hatte bereits mehrfach überlegt wegzulaufen und zuvor den Hauptmann zu töten, die Ketten ganz zu kappen. Aber dafür wusste sie, dass sie stärker werden musste und so lange nutzte man gegebene Systeme für das eigene Interesse aus. Sie wusste bereits früh, dass sie mehr war als dieser Abschaum, und sie und... ja, sie beide kämen hier heraus. Auch wenn sie eines Tages eine blutige Spur hinter sich her ziehen würden...

    Zehn Jahre später waren die Herbste noch immer kühl und nass. Aber Gerimors Landschaft fehlte es an den reichen Hügeln und Tälern, dem Teich des Nebels, über dem der Schatten des riesigen Felsens hing. Die Verbrechen und Spuren waren im Nebel geblieben. Sie ging nicht auf einen Pranger zu, sie folgte der Ahad - dem General Seiner Legion - die Stufen der Ritterburg zum hohen Turm hinauf. Ein Name auf einer Liste, ein Wappenrock in den Farben der Bruderschaft, ein Schlüssel in ihrer Hand. Fann Wolfseiche, geborene Thalwa, hatte das geschafft, was der Herr seinen Dienern versprochen hatte: Belohnung und Anerkennung für die wahren Taten in Seinem Namen. Der kleinste Bastard konnte es verdient schaffen etwas zu erreichen, auch ohne Sonnenschein aus seinem Hintern strahlen zu lassen. Die Scharfschützen des heiligen alatarischen Reiches waren angekommen und sie hatte sie dorthin geführt. Ja, Fann erlaubte es sich für eine Weile stolz darauf zu sein. Es war an der Zeit sich das nächste Ziel zu stecken... und dabei würde sie sich auch nicht von einer Schwangerschaft aufhalten lassen. Und Dazen hatte sie auch noch an ihrer Seite.

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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 29 Jan 2017 22:02    Titel:
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    Die meiste Zeit über dachte sie nur eines: Ich will meinen Körper zurück.
    Sie war die Umstände leid, in denen sie sich befand. Der Fluch von Eluives Schöpfung. Er machte sie schwach und verlangte gleichzeitig zu viel Stärke in diese Investition für des Herrn wachsende Armee. Und nur dafür ertrug sie es. Stände sie nicht bewusst zu ihrer Entscheidung dem All-Einen, dem einzig Wahren, zu folgen, so hätte sie sich dieses Unbills schon in den ersten Wochen entledigt.
    Dieses Lebewesen speiste von ihr, es bestimmte ihren Tag, ihre Nacht. Es sorgte für Schmerzen, für Einschränkungen, es lähmte ihren Verstand, zerkratzte ihr Gedächtnis und machte sie reizbar und unkontrollierter in ihrer sonst kargeren Emotionalität. Müde war sie, ständig erschöpft, kurzatmig, Schmerzen im Rücken und in den Füßen. Ihre Haut spannte sich und Riss auch, wie gut sie auch eincremen mochte. Seit einem halben Jahr oder länger gar hatte sie jedem Kampf fern bleiben müssen. Seit einigen Monaten schaffte sie es nicht mehr recht den Bogen zu bedienen. Daher ignorierte sie auch so manchen guten Vorschlages des Trotzes wegen. Noch lange stand sie bei den Appellen, bis die Vorwehen sie übermannten nahm sie an den Festen der Honorable teil. Auch Unterrichte hatte sie noch bis zum Winteranfang hinein gegeben. Und jedes Mal wieder musste sie sich anhören: Denk an deine Gesundheit, denk an das Kind.
    Sie lebten in keiner Traumwelt voller Blumen, Glanz und Gloria, wo Krankheiten, Gebrechen und Geburten nicht zum Tode führen könnten. Und in all der Zeit war in ihr nicht der Instinkt erwacht das Leben dieses Ungeborenen über ihren eigenen Überlebenssinn zu stellen. Und allein deshalb nahm sie sich mehr zurück als sie eigentlich eingestehen wollte.
    Nicht mehr lange, hofften die Wolfseiches, bis diese Prüfung geschafft war. Eine Prüfung für ihren Verstand, ihre Selbstkontrolle, ihren Glauben und ihren Körper. Damit sich in dem Erbe der Familie das kräftige Blut von Ritter und Scharfschütze vereine... Wolf und Drache. Schwert und Feuer. Die führende Stimme und der leise Tod.
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 22 März 2017 21:17    Titel:
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    Dazen litt weiter unter Fanns Launenhaftigkeit. Nur war diese weniger gereizt denn schlichtweg unmotiviert, leidenschaftsloser, frei von ihrem sonst so strebsamen Biss. Es war nicht so, als käme Fann nicht weiter konstant ihren Aufgaben und Unterrichten nach. Sie öffnete die Taverne – sogar mit Veranstaltungen - , sie beteiligte sich wieder mit sich steigerndem Maß an den morgendlichen Übungen und leistete sich hier und dort mehrere Stunden am Schießstand. Auch konnten die Scharfschützen sich in der Hinsicht nicht beklagen, dass Fann anfing sie zu regelmäßigen Treffen in die Ritterburg einzuberufen. Sie planten Unterrichte, besprachen vorab den angedachten Austausch mit der Bruderschaft, erwähnten Kandidaten für die Aufnahmeprüfung zur Ausbildung und hatten sogar vor intern für sich weiterführende Übungen abzuhalten. Und da waren sie noch nicht am Ende. Sie hatte für die Scharfschützen bei der Bruderschaft angefragt, wann die Jagd zum Einfangen eines Ungeheuers stattfinden sollte, da von den Rittern selbst nichts gekommen war. Die Jagd war... mittelmäßig interessant. Ungefähr so fahl und fade wie der Arena-Kampf. Wobei der Kampf der Rashar gegen den Lavalord durchaus etwas zu bieten hatte. Pflichtbewusst hatte sie hier und da etwas in die Menge gerufen, aber eigentlich hatte sie sich selbst von den Rufen nicht anstecken lassen. Es war eine 'nette' Gelegenheit für Kampffertigkeit eine Belobigung zu erhalten – gut für jene, die sonst nicht groß in den Fokus gerieten. Eine Auszeichnung gab es nicht für diejenigen, die ihre öffentliche Pflicht regelmäßig erfüllten. Warum auch, es war ihre Pflicht als Würdenträger. Man erwartete es, vor allem im Sinne der Gebote.
    Die Ausbilderin der Schützen bemüßigte sich auch zu den Appellen zu erscheinen, je nachdem wie Iyda es zuließ. Aber auch da empfand sie derzeit schlichte Langeweile, fernab ihrer Interessen. Die Appelle hatte auch ihre bemerkenswerte Kontinuität, aber so wie Fann sich oft nicht involviert fühlte (selbst bei ihren eigenen Themenbereichen wurde sie nicht zu Rate gezogen) und keine Einbindung geboten wurde sah sie auch bei anderen, wie sie teilweise zwei Stunden vollkommen wortlos in der Reihe standen, weil Aufmerksamkeit gezielt ein oder zwei Personen gewidmet wurde. Am letzten Wochenanfang war diese Aufmerksamkeit zur Hälfte bei Walther gelegen gewesen. Hier erhielt Fann die Gelegenheit ihm mit ein paar Worten einen Dolch zu überreichen. Seine Beförderung zum Trabanten bedeutete auch, dass er eine weitere Grundlage gelegt hat um sich für die Scharfschützenausbildung zu qualifizieren. Mit großer Vorfreude wollte sie dem Ganzen jedoch noch nicht begegnen. Einfach weil sie schlichtweg zu hohe Erwartungen an Walther hatte. Er war engagiert, er war zuverlässig und alles andere als auf den Kopf gefallen. Er würde mit Fann mithalten können, eindeutig. Und das würde sie auch nicht unterbinden, solange er die Säge von ihrem Stuhlbein fernhielt. Walther hatte Förderung aber verdient, nur war Fann nicht bereit sich auf eine Enttäuschung einzulassen, wenn er vorher doch kippt. Also abwarten, mit klaren Kopf den nächsten Schritt planen und vor allem beobachten.
    Aber da war einfach etwas, was ihr fehlte, dieser eine Anreiz etwas bestimmtes haben zu wollen, erreichen zu wollen, sich etwas bestimmtes zu erarbeiten.
    Was sie hatte war nun dieses einige Wochen – bald schon in Monaten zu rechnende – kleine Bündel an Mensch, das eindeutig von ihr stammte, aber... auch hier fehlte etwas. Und dieser Vorwurf, die Frage dahinter, was da nicht stimmte, machte sie auch müde.
    Die schlanke, dabei sehnig muskulöse Frau legte ihre mit Schwielen besetzten Hände an die Seiten des eingemummelten Säuglings und hoben das wache Mädchen auf. Blau erschienen die Augen noch immer, die ganz groß und aus tiefstem, unerklärbaren Vertrauen zur Blonden sahen. Sie aber blickte nur fragend zurück, mit ernst gesenkten Brauenbögen über dem kühlgrünen Augenpaar, das eigentlich so etwas wie Wärme nicht kannte. Fann war kein Sympath, sie war nicht gefühlsbetont, sie hat selten geliebt und besah selbst Freundschaften mit Distanz. Man mochte sie oder man mochte sie nicht. Und dann kam da nun so ein kleines Wesen in ihr Leben – gegen ihren Wunsch und Willen – und wollte diese Brücken einfach umgehen. Wollte einen Teil ihres Lebens dominieren und bestimmen, wollte Liebe, Wärme und Zeit, Nähe. Aber konnte Fann das auch? Sie legte das Mädchen gegen ihre Brust und Schulter und trug es so durch den Schlafraum des Kindes, zog durch die Nacht ihre Kreise bis Iyda irgendwann nach langer Zeit wieder eingeschlafen war.
    Wo war das Ziel, wo der Ehrgeiz... was wurde ihr noch geboten...


Zuletzt bearbeitet von Fann Wolfseiche am 22 März 2017 22:53, insgesamt einmal bearbeitet
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 16 Apr 2017 12:45    Titel:
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    Sie folgte der breitschultrigen ShoKa in die Versammlungshalle. Fann versteckte sich nicht im Durchgang und wartete darauf, dass die Situation sich auflöste. Nein, sie folgte mit langen festen Schritten und platzierte sich sichtbar schräg hinter der Rashar, die sie um einige Köpfe überragen mochte. Aber die Länge eines Leibes entschied nicht über Größe. Rayana schloss sich nach kurzem Abwarten an. Die Anwesenden, die sich um das labende Feuer versammelt hatten und in ihrer grotesken Sprache Sätze austauschten, sollten die Scharfschützen des heiligen alatarischen Reiches sehen. Sie kamen als geladene Gäste, als Gäste, welche die zwei Rassen unter dem Zeichen von Pranke und Glut näher zusammenführen sollten. Hochgewachsen in gerader Haltung, die Schritte leise abrollend. Ihre blauschwarzen Rüstungen sogen den Schein der Fackeln und Feuer auf, stumpf nur zeigte sich hier und dort eine Reflexion auf den dunklen Lamellen. Vier Augen wanderten Aufmerksam durch den Raum aus Knochen und Stein, die Worte blieben höflich, ein Danke folgte, als die Gruppe der Rashar sich erhob um die Örtlichkeit zu wechseln. So verblieben die zwei der drei anwesenden Scharfschützen mit der Fernkämpferin LynLish, welche die Nachricht an Fann geschickt hatte. Eine Woche vor der eingetretenen Zusammenkunft hatten die drei Scharfschützen bereits über die Bitte aus den Reihen der Rashar während ihrer Sitzung in der Burg der Bruderschaft diskutiert. Und so wie sie es besprochen hatten sollte es aufgehen.
    Als Fann neben Rayana auf der knöchernen Bank platz nahm blieb sie weiter vorne auf der Kante, die Knie weiter auseinander. Es gab keinen Grund es sich zu bequem zu machen oder nur einen Deut von Anspannung zu zeigen. Eine Annäherung durfte und musste ihren Lauf nehmen. Dennoch wurden die Gäste reichlich mit Essen und Trinken versorgt, fast schon einem Festgelage gleichend. Ja, LynLish richtete ein respektvolles Willkommen aus, und zeigte keinerlei Zögern ihre Bitte ein zweites Mal zu äußern: Die Frage nach der Grundausbildung durch die Scharfschützen aus der Armee seiner Heiligkeit. Keinesfalls fehlte es den Rashar an der Kampfkraft und an Talenten, welche Bögen zu verwenden wussten. Aber wenn jemand wusste, wie man „ausbildet“, dann war es Fann Wolfseiche, die Ausbilderin der Schützen Seiner Legion. Von ihr – so wie von Rayana und Asedya – sollte die ShoKa aus dem Volk von Feuer und Glut lernen ihre eigenen Schüler zu unterweisen. Sie legten sich auf die Unterrichtseinheiten fest, die sie bereit waren den Rashar zukommen zu lassen und einigten sich darauf einige davon zusammen mit ihrem eigenen Schülern durchzuführen. LynLish war berechtigt diese mündliche Vereinbarung im Namen ihrer Anführerin zu treffen. Und Fann nahm sich diese Berechtigung – alle drei hatten sie sich dafür entschieden durch diese Vereinbarung die beiden Völker näher zu bringen und militärisch weiter zu einen. Denn wenn man wusste, was die Verbündeten konnten, wer und wie sie sind, werden aus vielen Fingern eine fest zuschlagende Faust.

    Nicht mehr lange und es würde beginnen.
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 24 Aug 2017 11:43    Titel:
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    Es lag ein langer Tag hinter ihr. Aber die Erschöpfung wollte nicht recht nach ihr greifen, sondern näherte sich lediglich scheu und schleichend an die Scharfschützin an. Vielleicht in einem Stundenlauf würde die bleiernde Schwere zugreifen und sie problemlos in den Schlaf zwängen. Sie wurde von nichts umhergetrieben, das ihr eine wahrliche Unruhe verschaffen würde, aus einem Grund: Sie zwang sich selbst hier und dort Gleichmütigkeit über den Zorn zu legen. Ob nun in der Honorable Societe, die jetzt wieder einen Aufschwung erlebte, ob die Taverne mit seiner überschaulichen Anzahl an Mitarbeitern oder die Scharfschützen. Gerade letztere hatte sie lange genug mit durchgezogen, für sie die Kämpfe ausgefochten und den Weg geebnet. Es waren erwachsene Frauen, sie würden künftig zusehen müssen, wie sie ihre Pflicht erfüllen. Sie waren nicht mehr Fanns Schüler und damit standen sie in einem anderen Verhältnis zueinander. Die Erwartungen und Ansprüche wandelten sich. Kameraden, Weggefährten, Verbündete, Vertraute und nun in der Bringschuld ihren Teil zu leisten für das, was man für sie damals geleistet hat. Im Reich bekommt niemand etwas geschenkt. Aber Fann hatte neue Schüler, nun schon im vierten Monat ihrer Ausbildungszeit. Die Rashar LynLish hatte sie über die Zeit einfach adoptiert in einem gewissen Maße. Am Anfang sollte die ShoRa lediglich eine kleine Auswahl an Unterrichten durch die Scharfschützen erhalten, nun war sie bei fast jeder Unterweisung dabei. Auf eine gewisse Weise würde Fann sich damit auch im RaKun verewigen, als gäbe sie ihr Erbe in ein anderes Volk weiter: Wissen. LynLish würde es nutzen um später ihre Schüler auszubilden. Starke Verbündete dienten dem Vorteil des heiligen alatarischen Reiches, Seinem Reich. Zudem waren zwei Schüler durchaus von einem unabstreibtbaren Vorteil. Sie konnten in Diskussion gehen, Aufgaben aus verschiedenen Blickwinkeln beleuchten, sich Unterstützung und gesunde Konkurrenz sein, ein Ansporn. Zog man sie gemeinsam groß, würden sie auch als ausgebildete Scharfschützen vertraut miteinander agieren können. So wie Rayana und Fann, die durch die gemeinsame Ausbildung ein Band geknöpft hatten. Auch Walther war alles andere als eine Enttäuschung, geradezu ein Vorzeigeschüler: Ehrfürchtig, respektvoll, ehrgeizig, wissbegierig, aufnahmefähig, pünktlich. Wenn Walthers Lehr-"Partnerin" einen Unterricht versäumte, wurde ihm aufgetragen diesen mit ihr nachzuholen. Es schulte ihn, prüfte sein Wissen und raubte Fann keine weitere Zeit. Alles keine Schwierigkeit oder ein Grund zum Klagen. Die Kooperation mit der Garde blieb auch fruchtbar. Fann besuchte die Appelle, wenn es die Zeit ermöglichte, die Garde bildete Walther zum Rang eines Provost aus und dafür erschienen die Gardisten stets fleißig zu ihren öffentlichen Unterrichten und Unterweisungen. Allein heute war die Kampfschule in Rahal so gefüllt wie lange nicht mehr. Vom Menschen, Rashar, Letharen. Unbekannte Namen bis hin zu den höchsten Ämtern und Dienern des Palastes. Krieger, Liedwirker, Kleriker, Handwerker... sie alle hatten sich eingefunden um etwas mehr über Gifte zu erfahren.
    Die einzige Unsicherheit lauerte Zuhause auf sie. Nicht Dazen. Sondern ihrer beider Produkt: Iyda. Das Mädchen war nun etwas über ein halbes Jahr alt und lag, vom Kindermädchen zu Bett gebracht, im Tiefschlaf. Durch den Spalt der Vorhänge fiel das Mondlicht in das rechtecktig geschnittene Kinderzimmer - etwas, was Fann damals nicht hatte. Aus irgendeinem Grund war es Fann möglich das Kind - ihr Kind - für einige Stunden einfach zu vergessen und aus ihren Gedanken zu verdrängen. Vor allem seit sie nicht mehr oder kaum mehr stillt ist die zarte Bindung mehr und mehr abgebrochen. Es war einfach da und streckte immer wieder die Händchen nach der Mutter aus, die es nicht schaffte sich in diese Rolle einzufinden und dem Begehren des Wesens mit unbedingter Liebe und zärtlicher Fürsorge zu begegnen. Wie Fann nun dort mit verschränkten Armen in der offenen Tür stand, auf Dazens Rückkehr wartend, wusste sie, dass das nicht normal war. Sie hatte aber heute wie damals schon gewusst, dass sie zu anderen Menschen nicht normale Bindungen aufbaut, wie normale Menschen es tun. Es dauert viel länger und oftmals ist der Umgang mit der Umgebung eher ein Produkt der Anerziehung und des Willens sich gewissen Konventionen zu fügen. Dann fiel es auch nicht so deutlich auf. Scherzhaft wurde oft gesagt, dass Fann niemanden leiden könne. Aber eigentlich war es viel häufiger Gleichmut, gerade Fremden gegenüber. Fann tat sich schlichtweg mit Mitgefühl schwer.
    Doch sollte ihr ihre Tochter auch gleichmütig sein? Fann strich sich durch das kurzgeschnittene Haar, das sie zur Zeit an den Seiten um im Nacken noch kürzer trug, während die oberen Strähnen länger herabfielen. Sie beugte sich über das Kinderbett und zog die Decke über dem Mädchen zurecht. Vielleicht sollte sie daran arbeiten, um das richtige Muster zu erlernen. Oder es hinnehmen wie es ist und nehmen wie es kommt.


Zuletzt bearbeitet von Fann Wolfseiche am 09 Apr 2018 14:48, insgesamt einmal bearbeitet
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 09 Apr 2018 14:47    Titel:
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    Man hatte es ihr offenbar bereits angesehen, die Übermüdung und die gereizte Launenhaftigkeit, welche die Menschen um sie herum wieder einmal gehörig auf Distanz hielt und sie als Gesprächspartner höchst uninteressant gestaltete. Dazen war abgereist, nach Meran, zum Hof seiner Eltern. Die Gründe waren vielfältig. Vermutlich wollte er sich besinnen und bei seinen Wurzeln wieder einen klaren Kopf erhalten, seinen Bruder sehen und seinen Eltern zur Hand gehen. Auch sie waren nicht mehr die jüngsten. Vielleicht hatten sie ihn auch um Hilfe gebeten, aber klar ausgesprochen hatte Dazen es seiner Frau gegenüber nicht. Zumindest gewann er – wie auch immer dies gelang – die Diskussion, ob er das Kind mitnehme oder es bei Fann bliebe. Iyda blieb bei Fann und zu allem Unglück in Zusammenhang mit dieser vermaledeiten Wasserplage war das Kindermädchen erkältet und weigerte sich aus Sorge, sie könne sterbenskrank sein, ihre Arbeit zu machen. Und danach hatte die „normale“ Erkältung wirklich fiebrig zugeschlagen. Ersatzweise fand Fann nur für wenige Stunden jemanden, der einsprang und vor allem nicht bei Nacht. Iyda war ein Papa-Kind und schrie und heulte die ersten Tage ganz besonders, bis sie sich langsam an die Situation gewöhnte. Dazen würde es allerdings ärgern, dass er Iydas erste, schon relativ erfolgreich aussehenden Schritte ohne Festhalten verpasst hatte.

    Fann war beschäftigt, ließ die Tage ohne Dazen vorbeiziehen. Körperliche Ertüchtigungen, Übungen am Bogen, die Hafentaverne, der Mäusemarkt, Walthers Ernennung mit dem Tempel und der Bruderschaft koordinieren und natürlich das Kind. Es gab Pflichten und Aufgaben.

    Dazen mochte zwar nicht da sein, aber das Gefühl seiner baldigen Heimkehr ließ in Fann keine Leere aufkommen. Er war stets präsent, seine Briefe lagen offen auf dem Tisch, sein Mantel hing am Haken, sein Milchfass war im Keller kühlgestellt. Umso überraschender war daher der Brief, der sie im Laufe des Nachmittags erreichte. Verschlossen war es mit dem unspektakulär, klassisch rot gefärbten Wachs samt Siegel einer kleinen Ortschaft. Die Schrift war unvertraut, die Worte und Zeilen in einer Mischung aus Beschämung, Ärger und schleierhaften Umschreibungen verfasst worden. Und dann erhoffte man Fanns baldige Anwesenheit. Die Zeilen wurden von einem Mitglied der örtlichen Verwaltung von Meran unterschrieben. Irgendwas stimmte nicht und Fann erinnerte sich wieder daran, wie sich im Inneren klammer Frost anfühlte, der sich um die Eingeweide schloss. Und sie schwieg, wie so oft, drüber…
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 10 Apr 2018 14:16    Titel:
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    Das Frühlingswetter war mild, der Himmel nur leicht behangen und die Winde, welche über die weiten Felder des Lehens rauschten, mehr frisch als eisig. Gleich welchen der ländlichen Wege sie passierte, stets sah sie irgendwo Ochsenkarren und Knechte bei der Feldarbeit oder vernahm das Blöcken der mit Schafen oder Kühen besiedelten Weiden. Einer der reicheren Bauern hatte sich sogar eine Pferdekoppel leisten können, aber es waren eher wenige Tiere die durch den Schlamm trabten, den sie sich selbst in den Rasen getrampelt hatten. Die mit dem nur nötigsten gepackten Taschen hingen hinter der Scharfschützin auf dem Sattel. Vor ihr saß, mit einer Decke unter dem Hintern ausgepolstert, Iyda und lehnte sich im Dämmerschlaf an den Oberkörper der Reiterin, beruhigt von dem Auf und Ab der dunklen Stute. Hoch zu Ross und gewandet in die Farben der Bruderschaft war Fann bereits seit einigen Stunden auf dem Wege zum entlegenen Dorf Meran, geschützt durch die Lamellenrüstung und für jedermann sichtbar der Bogen und Köcher an ihrem Leibe. Mit Argwohn und Respekt gleichermaßen begegnete man ihrer Reise und ließ Fann nicht lange warten, wenn sie nach einer Auskunft verlangte – und den richtigen, fordernden Tonfall hatte sie zu treffen gelernt. Jene ihr innewohnende Art, die andere davon abhielt den Ärger mit ihr zu suchen. Jede weitere Unterhaltung, jeder Versuch eines Plausches oder die Hoffnung auf Auskunft aus der Ferne wurde blockiert. Je weiter die Reiterin jedoch in das Land eindrang, desto mehr veränderten sich die Blicke und die Haltungen.
    Zum Zeitpunkt der späten Abendsonne, als die Rauchschwaden der Kamine und Feuer über die Dächer zogen, erkannte Fann den ihr beschriebenen Weg, der zu einem Holztor führte. Dahinter lagen steinerne Gebäude, hölzerne Ställe und mit Stroh bedeckte Dächer. Überschaubar. Kühe grasten vor dem offenen Scheunentor und ein verwirrtes Huhn lief gackernd über den halb gepflasterten, aber primär glattgetrampelten Innenhof. Noch etliche Schritte entfernt hielt die Reiterin inne und betrachtete mit Ernst die langsam in die Dämmerung eintauchende Szenerie und erlag dem Gedanken, dass sie zum ersten Mal Dazens Heimat und die Zeit seiner Kindheit und Jugend vor sich liegen sah. Und sie wurde daran erinnert, dass sie so etwas wie das, was er hatte, nicht besaß. Wie es sich wohl anfühlte, nach Hause zu kommen, zu etwas, was einem vertraut und lieb war? Sie erinnerte sich nicht. Suchte nach Dazen in irgendetwas von dem, was sie erblicken konnte.
    Langsam brachte sie sich und ihre Tochter näher an den Hof und ein alter, schon etwas gebeugter Mann öffnete ihnen das Tor, den Blick kaum ihr aufhebend. Eine Frau mit graudurchzogenem Haar erschien in der Tür des Kücheneinganges und wischte ihre Hände an der umgebundenen Schürze ab. Ihr Blick still und ernst, fest auf Fanns Gesicht ruhend.

    Da wusste sie es.
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 11 Apr 2018 12:07    Titel:
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    „Wenn ich einen Menschen mitnehmen würde, dann dich.“


    Während Fann sich abermals unter einem recht niedrigen Türbalken bücken musste um in das weiß getünchte Fachwerkhaus einzutreten zu können, hörte sie die dumpf und in den Hintergrund getretenen Stimmen des Ortsverwalters und seiner zwei Büttel. Mal redeten sie untereinander, mal richteten sie wohl ihre Worte an die Scharfschützin, die keine Bemühungen zeigte nach außen zu demonstrieren, ob sie ihnen zuhörte oder nicht.

    „Also wir dachten, das hier wäre am angemessensten. Wir haben hier keinen Tempel, nie gehabt – sind ein einfaches Dorf. Und hier unten haben wir den kühlsten Raum. Die Kisten wurden auch aus dem Weg geräumt – soll ja angemessen sein und…“

    Ein schwerer Schlüsselbund klimperte, als ein ihr unbekannter Mann mit schmutziger Schürze die mit gerostete Eisen verstärkte Holztür im Keller des Gasthauses aufschloss und sich nach dem Aufziehen eben jener vor der Scharfschützin verneigte. Ihr kühlgrüner Blick tangierte ihn nur nebensächlich, ehe sie voran schaute in den gewölbten, etwas modrig kühlen Kellerraum. Die Rippen an der Decke, die sich überkreuzten, waren dunkel vom Ruß der letzten Jahrzehnte. Ein paar Lichter brannten an den dunkelöligen Halterungen und gaben dem an den Rändern mit Fässern gefüllten Keller einen rot-orangenen Schein, während der Rest in nachtschwarze Dunkelheit rückte. Sie trat vor – zwei Schritte. Noch ehe der Verwalter wieder seine Stimme erheben und ihr weiter folgen konnte hob sie nur ihre linke Hand hinauf, einhaltgebietend – ihnen nicht die angespannten Gesichtszüge offenbarend, in denen die Muskeln am Kiefer schon hervortraten.

    „Lasst mich allein und kommt nicht herein.“

    „Aber…“

    Sie wandte ihren Blick und offenbar zeigte er dies, was sie auch im inneren Empfand: tiefste Abscheu diesen fremden Menschen gegenüber, die es auch nur wagten allein schon anwesend und existent zu sein. Die Tür wurde hinter ihr zugezogen und plötzlich war es still und alles was hier geschah, wollte sie nicht. Wollte sie nicht wahrhaben. Nicht anerkennen. Die Zahnreihen aufeinanderpressend zog Fann bebend die Luft durch die Nase ein und trat weiter über den unebenen Boden hinein.

    Auf einem recht massiven Tisch sah sie die Konturen eines liegenden Mannes, von hochgewachsener Gestalt. Die Rüstung an seinem Leibe, hochwertige Platten aus wertvollen Metall, verschlang mehr Licht als dass sie es reflektieren würde. So wie die Farbe Fanns eigenen Lamellen am Leibe. Das dunkle schwarz-blau der Bruderschaft des heiligen alatarischen Reiches. Je näher sie trat, desto klarer wurden Dazens helle, blasse Züge, jede einzelne vertraute Linie seines Gesichtes, das sie Jahre ihres Lebens betrachtet hatte. Seine Augen waren geschlossen, als würde er schlafen und einem ernsten Traum folgen. Einfach nur tief schlafen. Das braune Haar aber lag nicht, wie es üblicher Weise in seine Stirn zu fallen neigte. Dann verschwammen seine bleichen Züge vor ihren Augen. Die nach seinem Haar ausgerichteten Finger konnten hinter dem Schleier von bleichen, verwischten Farben nicht mehr ausmachen, wo sie hinwollten. Und ehe Fann sich versah und begriff, was geschah, spürte sie sich immer wieder mit ihren Fäusten auf seinen Panzer einschlagen. Sie schlug und schlug und hörte selbst nicht, ob sie am Brüllen oder Schreien war oder ob sie gänzlich geschwiegen hatte. In ihrem Kopf toste es. Blinder Zorn und Schmerz bemächtigte sich ihrer in der Wucht eines unkontrollierbaren Ausbruchs. Bis sie vollkommen ausgebrannt auf ihre Knie niederfiel und ihre Arme nach Luft ringend auf der Kante der Bahre ließ.


Zuletzt bearbeitet von Fann Wolfseiche am 11 Apr 2018 12:08, insgesamt 3-mal bearbeitet
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 12 Apr 2018 18:27    Titel:
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    „Du weißt doch, ich bin stets hinter dir und passe auf dich auf.“
    „Ich hätte dort auch niemand anderen lieber als dich.
    Aber doch nicht mit Brandpfeilen, Drache! Du feuerspeiendes Ungetüm von Eheweib!“


    Dazens Mutter trug ihre Enkeltochter auf ihrer Hüfte und blickte mit festem, sturen Blick zu dem aufgetürmten Holzstapel. Ihr ältester Sohn lag dort unter einem schweren, samtig roten Tuche – so satt der Ton wie das Rot der Robe des Vicarius. Aber sie war wie Dazen selbst von einer stolzen, kontrollierten Art und verbarg ihren Schmerz hinter der harten Miene in ihrem faltigen, sonnengebräunten Gesicht. Ihr Ehemann und Dazens Ziehvater hatte seine besten, bäuerlich schlicht braunen Kleidungsstücke an dem bereits gebeugten Leib gezogen und berührte nur einmal schweigend das Kreuz seiner Gattin. Sie alle warteten.

    „… und so nehme seine Seele zu dir, in dein ewigliches Reich. Gewähre ihm einen Platz in der mächtigsten Festung, wo er als dein treuer Streiter seinen Dienst für dich so aufopferungsvoll und ehrfürchtig fortsetze, wie er dies in seiner weltlichen Gestalt getan hat. Seine Klinge für deinen Willen, sein Schild für die Freiheit, die du uns gibst. Seine Seele für dich, Allmächtiger. Für ewig.“

    Der Blick des Templers, der zwecks der Beisetzung nach Meran angereist kam, traf nun jenen von Fann. Die Menschen zu ihrer beider Seiten traten zurück und eine Gasse tat sich vor ihr auf. Es war Dazens Bruder, der eine brennende Fackel zur ihr führte und für einen Augenblick verfing sich ihr kühlgrünes Augenmerk in diesem zehrenden Flackern. Die Spitze ihres mit einem Metallkorb ausgestatteten Brandpfeils wurde in das Feuer gesenkt und nach einigen Herzschlägen brannten die wachsgetränkten Tücher im eisernen Käfig. Fann setzte ihren rechten Fuß nach hinten, krümmte ihre Finger um die Sehne und klemmte zwischen ihnen die Nocke ein. Ihre Hand zitterte.

    Die Hand eines Scharfschützen des heiligen alatarischen Reiches durfte niemals zittern. So schloss sie ihre Augen – es war ihr gleich, ob man sie beobachtete, ob jemand wartete. Was ihr selbst wie eine Ewigkeit vorkam, mochte um sie herum nur wenige Herzschläge angedauert haben. Fann atmete tief durch, fand diesen einen Punkt in sich selbst, in dem nur kühle Stille herrschte. Jener Winkel in ihr, der es ihr erlaubte frei von Empathie zu töten. Es war ihr Recht. Es war ihre Pflicht. Und niemand würde ihr das nehmen.

    Fest fixierte sie wieder den Scheiterhaufen – spannte die Sehne und ließ ihren Blick entlang des Schaftes gleiten, bis er fast von den züngelnden Flammen geblendet wurde. Der schwere Pfeil schwirrte zielsicher durch die Luft und die Spitze drängte sich zwischen die Holzblöcke und das dazwischen geklemmte Stroh als Brandbeschleuniger. Als die ersten Flammen an jenem einen Punkt ihre Nahrung gefunden hatten ging nun Dazens Familie vor und legte ihre Fackeln hinzu. Es folgten danach die Nachbarn und alsbald hatte sich das zehrende, züngelnde Feuer um den gesamten Holzstapel ausgebreitet und lechzte danach Dazens Körper zu verschlingen.

    Nur Fann stand noch immer an ihrem Platz, im Rücken der anderen, die wie Bachwasser an einem Felsen vorbeigezogen waren.
    Allein.
    Mit ihrem Bogen in der Hand.
    Und sie sah nicht fort.


"Ich sage dir das in diesem Leben nur das eine Mal. Ich liebe dich."
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 14 Apr 2018 15:19    Titel:
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    Schweiß rann ihr die Haut herab, salzig schmeckend auf ihren vom heftigen Atem aufgerauten Lippen. Eine Mischung aus Schmerz und Schwere durchzog zitternd ihre Muskeln, als die langbeinige, sehnig-muskulöse Gestalt sich unter dem Apfelbaum niederließ und einen keuchenden Atemstoß entließ. Ein leichtes Flimmern wimmelte vor ihren Augen herum, so lehnte sie ihren Kopf zurück an die Rinde und strich sich mit dem Handrücken die Laufbahnen des Schweißes aus ihrer Stirn, die bereits die Säume ihres ärmellosen Hemdes getränkten. Fann lauschte wie das Rauschen ihres Blutes leiser wurde und durch die Geräusche des Landes und Hofes ausgetauscht wurden. Irgendwo wurde Holz geschlagen – das Beil ging in weiten Zeitabständen auf den Holzblock herunter. Zwei Hennen keilten sich hinter dem Stall und aus der Richtung des Haupthauses drang Iydas freudvolles Kreischen, als wohl etwas bei ihr spaßigen Gefallen weckte.

    Die Arbeit auf dem Hof ging weiter. Niemand hatte Zeit oder den Luxus die Notwendigkeiten zum Leben ruhen zu lassen.

    Als die Scharfschützin nach ihren Übungen und Ertüchtigungen die Augen wieder öffnete, sah sie Aayla Wolfseiche auf sie zukommen. Dazen hatte, je mehr Fann dies beobachten konnte, viel von seiner Mutter – auch einige Züge ihres Gesichtes. Als die ältere Frau ebenfalls unter den Schatten des Obstbaums gelangt war, reichte sie ihrer Schwiegertochter zunächst noch wortlos einen Krug mit klarem Wasser herunter. Fann nahm ihn und während sie sich durstig das Nass die Kehle herunterlaufen ließ, wurde sie aus graublauen Augen beobachtet.

    „Dazen hat das auch jeden Morgen getan.“ Stellte die Bäuerin fest, ohne dabei viel Emotionalität in die Stimmlage zu bringen. Fann bejahte diese Aussage nur knapp und zog nun bereits etwas erholter das rechte Knie ran, um den Unterarm locker darauf zu betten. Sie wusste, dass sie gemustert wurde und ließ dies zu. Sie strich sich lediglich die kürzer geschnittenen Haare aus der klebrigen Stirn.

    „Ich werde morgen aufbrechen – zurück nach Rahal.“ Warum, erklärte sie nicht. Es gab keinerlei Grund sich zu rechtfertigen und auch kein starkes Bedürfnis länger hier zu bleiben. Es wäre rein aus falscher Sentimentalität, zu der es Fann nicht drängte. Als ein Sonnenstrahl durch das Geäst brach musste sie ein Auge zusammenkneifen.

    „Gut, wenn ihr beide…“
    „Nein.“ Lenkte Fann ein und zog tief dir nach Rasen duftende Luft ein. „Nein, Aayla. Nur ich. Iyda bleibt bei euch. Euch tröstet sie, mir ist sie nur eine Last.“
    Und Fann schämte sich nicht für diese Worte. Sie waren pragmatisch und wahr. Das Kind war ihr eine unliebsame Pflicht und vielleicht bei ihr derzeit wesentlich unsicherer aufgehoben.

    „Wenn ich in Rahal alles habe regeln können, hole ich sie zurück.“

    Aayla schmälerte ihre Lippen und ein hartes Nicken, das gedankenreich sein musste, ging in die Richtung der Scharfschützin, die nun den letzten Schluck aus dem gebrannten Tonbecher nahm und sich aufdrückte.

    „Ihr seid hier immer Zuhause, Fann. Ihr gehört zur Familie.“

    Fann reichte ihr den Becher zurück und korrigierte: „Sie gehört zur Familie.“

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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 23 Apr 2018 08:18    Titel:
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    Als sie sich erhob, schweifte ihr Blick über die Reihe der fünf erhabenen Templer des All-Einen, die sich hinter dem eindrucksvollen, schwarzen Altar im Rahaler Tempel aufgestellt hatten. Ihre Roben so dunkel und rot wie Blut und Flammen, sodass der Unterschied zwischen Mensch und Lethar für die Scharfschützin in dieser optischen Erscheinung keinerlei Ausschlag mehr gab. Leise sprach sie ein paar Anweisungen, ehe sie ihren Blick über die Schulter zur Ahad lenkte. Auch sie platzierte sich nach vorne, aber dezent und zurückhaltend an den Rand.

    In der Mitte des Tempels zu stehen, mit der Templerschaft im Rücken, den Scharfschützen an ihrer Seite und den Gläubigen auf den Bänken vor ihr kam sie sich entfremdet vor. Sie spürte selbst, dass sie da war, spürte ihre Füße auf dem Boden, das Gewicht ihrer Rüstung auf den Schultern, roch den Qualm der entzündeten Flammen, hörte hier und dort ein Rascheln und Tuscheln. Ihre eigene Stimme, wie sie sich erhob und Weite in der hohen Halle einnahm. Alles fand einen mechanisierten Ablauf, in dem sie ihre Pflicht tat, stur ihre Aufgabe erfüllte, die sie sich nicht hätte streitig machen lassen.

    "...Im heiligen alatarischen Reich soll ihm dies unter dem wachsamen Blick des Allmächtigen gerecht belohnt werden. Walther Holzer hat seine Prüfungen bestanden und soll..."

    War das der rechte Lohn? Sie sprach weiter, die auswendig gelernten Zeilen. Schaute, stockte vielleicht kurz, hörte beim Fortführen der Ansprache ganz andere Gedanken in ihrem Kopf.
    Gedanken zwischen Gleichmut, Hass und Ablehnung.

    Sie selbst hatte nichts von alledem bekommen. Niemand hatte etwas für sie getan, sie hier ausgebildet oder unterstützt. Als Lohn für die Erfüllung ihres Auftrages für den Palast gab ihre Ausrüstung zwischen dem Dreck und Gerümpel einer abgelegenen Stelle des Hafens. Einen Ausbilder, einen Ausbildungsraum, jemand, der ihr etwas organisierte, eine Ehrung oder Anerkennung? Nicht einmal einen Titel. Einen Dreck gab es. Und alles, was aus der Scheiße hervorgehoben worden war, musste sie sich selbst erarbeiten. Und wer davon profitierte waren ihre Schüler, die sie durch alle Widrigkeiten mit durchgeschlagen hatte. Ob sie sich mit der Garde anlegte oder der Bruderschaft. Würdenträgertitel, die Farben der Bruderschaft, das Austrittsrecht aus der Garde, eigene Messen im Tempel...

    "Eure Scharfschützenrüstung, nach Euren Ansprüchen gefertigt...", hört sie nun alsbald Asedyas Stimme neben sich.

    Aber war das hier der gerechte Lohn? War das hier alles?


Zuletzt bearbeitet von Fann Wolfseiche am 23 Apr 2018 08:24, insgesamt einmal bearbeitet
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 25 Apr 2018 19:02    Titel:
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„Ob es sich so anfühlt, wenn man nach Hause kommt?“


    Fann verbrachte nur wenig Zeit in dem Haus, das Dazen zuletzt für sie drei ausgesucht hatte. Er war die Oberstadt leid gewesen, die horrenden Mieten, die Abgeschiedenheit und Fann störten die ewig weiten Wege, bis man endlich ein Stadttor oder die Zivilisation erreicht hatte. Er konnte sich das neue Haus aussuchen – Hauptsache es war nicht Düstersee. Aber nun waren es eben nicht mehr als ein paar noch fremde Wände mit einer ihr fremden Einrichtung, die nichts von ihr hatten. Das Kinderzimmer war so leer wie Dazens Arbeitszimmer und die Schlafräume im Keller hatten keinerlei Reiz oder Nutzen für sie. Es war einfach ein Haus, irgendeines.

    Stattdessen schlief sie jede Nacht in der Taverne, oben im Gemeinschaftszimmer der Honorable Societe. Statt nun unter der Theke zu nächtigen tat die Scharfschützin es eine Etage über ihr und störte sich nicht daran. Seit vier Jahren nun arbeitete sie hier, fast genauso lang gehörte ihr die Taverne am Rahaler Hafen, zwischen Lagerhäusern und Scheißhaus. Alle Möbel hatte sie aufgestellt, die Einrichtung war von ihr ausgesucht worden. In jeder Ecke des Schankraums standen Objekte, welche von der gemeinsamen Geschichte der Ehrenwerten Gesellschaft sprachen. Einer Geschichte, an der sie Teil hatte. Fann formulierte es nicht einmal für sich selbst, aber in der Taverne zu sein hatte etwas Tröstliches an sich und machte es ihr leichter die Fassade aufrecht zu erhalten.

    Eine Woche war es nun her, dass sie die Bruderschaft um einen Termin gebeten hatte und nur einer der Ritter zu diesem erschienen war. Ruhig und gefasst hatte man die Nachricht von Dazens Tod aufgenommen, während Fann selbst noch immer diesen Hass spürte, diese Verachtung und Gereiztheit. Gegen die, die hier waren. Die da waren. Aber sie durfte es nicht ausbrechen lassen. Durfte jetzt niemanden wissen lassen, dass ihr Ehemann tot war. Durfte es sich nicht anmerken lassen, dass etwas anders war als sonst. Es war ihr nicht gestattet, bis die Ahad sich dazu entschieden hatte eine offizielle Ankündigung zu machen. Man würde hierbei keine Rücksicht auf Fann nehmen, denn dies war unwichtig in Anbetracht der politischen Bedeutung, die hinter seinem Tode gewittert wird.

    Bis dahin würde sie weiter trinken, arbeiten, schweigen. Ihren Dienst tun. Warten. Und so tun als wäre nichts anders - als müsste nichts erklärt werden.
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 06 Mai 2018 21:04    Titel:
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    „Ob es sich so anfühlt, wenn man nach Hause kommt?“


    Die Nacht zog über ihre Köpfe hinweg, verschleierte den eigentlich so sonnig anmutenden Tag. Noch hielt die Wärme schwer, aber sie wurde weniger drückend. Fann saß auf einer der langen Bänke und schaute schweigend der Gruppe an Gardemitgliedern zu, wie sie ein lebendiges Theaterstück mit Kunstblut aufführten. Joran, mit roter Farbe beschmiert, windete sich dramatisch auf dem Boden und gab ganz und gar realistisch das bedauerliche Todesgejammer eines sterbenden Jugendlichen von sich, der vermutlich noch zu wenig Bettgeschichten für dieses frühe Ende vorzuweisen hatte. Das Mama-Papa-Kind-Gespann aus Düstersee war als Ersthelfer hinzugekommen um unter Linnets Anweisungen und Anregungen die Behandlung des Kameraden zu beginnen. Der Abend war wenigstens weniger trocken als der klassische Appell mit seinen langwierigen Wiederholungen von Salut und Hacken schlagen. Aber Fann konnte sich nicht erweichen ihre distanzierte Position zu verlassen und sich der praktischen Übung anzuschließen. Vermutlich hätte sie nur aufstehen müssen. Hätte nur die Stufen herunter gehen und sich mit einem Wort oder Satz anschließen können. Aber sie tat es nicht. Sie kannte die meisten nun seit einigen Jahren, hatte sie teilweise selbst als Schüler gehabt und damit den Fokus ihrer Aufmerksamkeit genossen. Sie kannte sie aus der Taverne, als Handwerker, als Mitglieder ihrer Gemeinschaft im Hafen, als Teil der Bruderschaft, deren Farben sie ebenso trug. Aber doch blieb sie sitzen. Und niemand sprach sie an. Dem Gruß war zu beginn ihrem Rang gemäß zu genüge getan worden.
    Und so schweiften ihre Gedanken manches Mal von den Gesprächen des Feldschertums ab. Sie sah sich wieder mit Muireall in Rahal sitzen und spürte dieses Flackern von Enttäuschung, Vorwurf und Zorn. Da war soviel Zorn…
    Als Joran gerade mittels eines Buches einen Druckverband angelegt bekam spürte Fann Fenias Atem in ihrem Nacken, als die Tetrachin versuchte die Scharfschützin hinter den Mauern hervorzulocken und sie zum Ausbruch zu bewegen. „Er war dir ein Klotz am Bein.“ „Dann bist du ja nun endlich frei…“ „Dein Kind wird dich hassen und dich fragen, warum du nicht da warst.“
    Fenia brauchte ihr keinen Hass einzuflößen. Er war da. Er war immer da gewesen und die Gefahr lag darin, dass er sich – ironischer Weise für eine Fernkämpferin – immer ein Ziel in der nähe suchte, in den eigenen Reihen und Grenzen.
    Weiter wurde im Schein der Laternen der sterbende Schwan seinem Ende zugeführt und während Fann sich als Schatten auf den Bänken einen Glimmstängel anzündete, dachte sie an ihre Scharfschützen, wie sie letzte Woche in der Burg saßen und den Rum auf den Tisch stellten, passend zur hochoffiziellen Versammlung.

    Ja, nach Rum war ihr...


Zuletzt bearbeitet von Fann Wolfseiche am 06 Mai 2018 21:17, insgesamt einmal bearbeitet
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 22 Mai 2018 20:57    Titel:
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    In dem, was man umgangssprachlich – wenn auch nicht gefühlt – ihr Zuhause nannte, ließ sie sich auf den Sessel des Esstisches fallen und legte nur mit einem schweren Seufzen den Kopf in die verschränkten Arme. Eine ganze Weile lang lauschte sie allein dem Rhythmus ihres eigenen Atems, der zwischen Tisch, Armen und Gesicht zirkulierte. Es beruhigte sie auf eine gewisse Weise und sie wurde sich ihrer Müdigkeit gewahr. Da war diese furchtbare Erschöpfung...

    Zuerst wollte sie das alles nicht wahrhaben. Nicht akzeptieren. Sie konnte Dazens Tod in gewissen Teilen ignorieren und der Befehl hatte es ihr sogar ermöglicht ihn öffentlich zu verleugnen… diesen Verlust, der sich so gravierend eingeschnitten hatte. In der Phase der Ignoranz waren auch alle anderen stecken geblieben. Wie oft hatte man sie auf Dazens Tod angesprochen? Viermal. Ja, das war… der berühmte Respekt und Zusammenhalt, den man im Westreich pflegte. Das war der Respekt, den man jemanden gegenüber brachte, der für das Reich gekämpft hat, der im Glauben gehandelt hat.

    Die zweite Phase… die Wut. Der Hass. Die Verzweiflung. Diese Gedanken hatten es alles aufgewühlt. Die Emotionen hatten derart in ihr gewütet, dass man von außen nur das raue Lüftchen zu spüren bekommen hatte. Aber wer hätte es spüren sollen, wer sollte ihr das schon mit Nachsicht verzeihen? Niemand. Seit dem Aushang mit der Kundgebung war selbst die ehrenwerte Gesellschaft ferngeblieben, ihre Scharfschützenkameraden lenkten sie zumindest ab, auch wenn sie es tunlichst vermieden etwas anzumerken. Die Garde hatte einen Wisch von ihr abbekommen, ja. Einen kurzen Anflug von Kameradschaft musste sie sich eingebildet haben, es war auch zu trügerisch.

    Und jetzt, wo sie zu müde war andere anzubrüllen, da wich dem allen ein Hauch von Einsamkeit. Sie erwischte sich dabei, wie sie wieder mehr Zeit in ihrem Heim verbrachte, seine Unterlagen durchlas um in den Zeilen seine Stimme wiederzufinden. Sie hatte auch geglaubt in seiner Bruderschaft etwas von ihm wiederzufinden, als sie heute Abend bei jener vorsprach. Dass dieser Saal ihr etwas geben würde, die Wappenröcke, die sie schließlich verbunden hatten, sie aufnehmen würden. Aber stattdessen fand sie etwas anderes, was Dazen auch dort zuletzt erlebt hatte: Anfeindungen und Vorwürfe. Und dabei war das einzige, was sie wollte, irgendwo dazuzugehören. Angestiert wurde sie stattdessen, als nehme sie jemanden etwas weg. Vorgehalten wurde ihr ein billiges Erkaufen von Rechten.
    Und sie stellte fest, dass nachdem sie anderen verholfen hatte in Gemeinschaften zu kommen, in Ausbildungen, in Anstellung, sie für ihre Positionen eingetreten war, ja – sogar in Kämpfe ging -, jetzt allein war. Und was folgte war ein Schluck Rum und Verbitterung, die sie mehr in den Schlund des Einzelgängers von vor über vier Jahren zurückzog.

    Plätze wurden nicht gewährt. Sie kosten. Und irgendjemand musste den Preis bezahlen.


"Zuhause ist da, wo man dich wieder aufnimmt,
auch wenn du mal etwas falsch gemacht hast."
- Christian Morgenstern
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Fann Wolfseiche





 Beitrag Verfasst am: 06 Aug 2018 19:20    Titel:
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    Sie hatte Dörfer schon immer gehasst. Niemand war dort anonym, jeder war auf eine gewisse Weise von seinem Nachbarn abhängig, sei es im Guten oder Schlechten. Die Zeit verging auf eine andere Weise. Fast zwei ganze Wochenläufe war Fann im Geburtsort ihres verstorbenen Ehemannes gewesen und war auf dem Hof ihrer Schwiegereltern untergekommen, in der Nähe ihrer Tochter. Schon während der Schwangerschaft und auch die Zeit danach hatte die Scharfschützin kein enges Band verspürt, aber so etwas wie Pflichtgefühl und vielleicht ein Hauch von Nostalgie ließ sie ihrer Verantwortung nachkommen. Iyda war groß geworden, lernte laufend den Hühnern nachzujagen und zu plappern. Sie hatte das braune Haar ihres Vaters und dem Rest der hiesigen Sippe der Wolfseiches und Falons, aber das Grün ihrer Augen war das ihrer ‚Mutter‘. Vermutlich würde es nicht das einzige Erbe sein, das sie dem Kind hinterlassen würde. Jetzt vermisste sie ein wenig den Ort ihres kurzen Aufenthalts.

    Denn nun war sie seit einigen Tagen wieder zurück auf Gerimor und saß in der brütenden Hitze des Ashatars im Schatten der Bäume und hielt behielt den Durchgang zur Durrah im Blick. Immer im Nacken hier und dort einige Wachhabende der Reichsgarde, die mit ihrem Rüstwerk durch den Wald trampelten und sichtbare Präsenz vermittelten. Wenn es Fann besonders in den Füßen kribbelte ging sie ein Stück gen Osten, kletterte über ein paar Felsbrocken der frisch erschaffenen Ruine oder… es war die beschissenste Aufgabe, die man ihr in den letzten fünf Jahren erteilt hatte. Unausgereift, undefiniert und vollkommen frei von Hauch irgendeiner Kompetenz und Handlungsmöglichkeit. Sie sollte eine Grenze bewachen, ohne etwas zu sagen zu haben, ohne Anrecht selbst Informationen zu erhalten. Wie ein Hund sollte sie zu vier Institutionen rennen, wenn sich etwas tat. Aber es war ein Befehl seiner Heiligkeit. Fann selbst hatte sich als Kriegerin verstanden, als eine schlagkräftige Kämpferin an der Fernkampfwaffe, die aus ihrer Vergangenheit heraus eine zusätzliche Kompetenz mitbrachte sich in der freien Natur behaupten zu können. Ja, des Spurenlesens war sie mächtig, weil sie eine Vergangenheit als Wilderer hatte, weil sie wie ein gemeiner Räuber das Hab und Gut anderer an sich hatte nehmen müssen. Doch war sie Teil des Militärs, nicht der Spionage. Aber spähen… nein, das war niemals Teil ihrer Ausbildung gewesen. Vorreiten, Meldungen bringen, mit den übrigen Wachen auf der Mauer stehen, auch mal eine Burg auskundschaften… aber in dieser Aufgabe fand sie sich nicht wieder. Damals noch auf einer Höhe mit dem Hauptmann der Garde bemessen spürte sie, wie die Veränderungen des Reiches sie in der Hierarchie immer weiter runterdrückten. Und nicht nur die Hierarchie. Teile der Bruderschaft und Garde beteiligten sich eifrig daran. Und sie war es müde, diese eitlen, egoistischen Kriege, die sie nun zwingen sollten diesen elendigen Kampf um die rechtmäßige Anerkennung ihrer Leistungen weiterzuführen. Tag für Tag. Sitzung für Sitzung. Für nichts, für Vorwürfe sich billig eingekauft zu haben. Für ein Stück Dreckfresserei und das Ende jeglicher Entwicklung nach oben vor Augen. Sicherlich. Jeder war seines Glückes Schmied. Den richtigen Leuten nachhecheln, welche gerade unangreifbar in der Gunst des Alkas standen, sich an jeder Ecke immer und immer Arme schwenkend anbiedern. Sie hatte gerade keine Ausdauer dafür und überlegte, ob sie woanders nicht mehr erreichen könnte, während sie die Hand schirmend vor die Augen legte und auf den von der Hitze flimmernden Weg blickte. Und sie fragte sich wieder, ob Rahal ihr soviel anzubieten hatte wie es umgekehrt der Fall gewesen war. Das Reich war groß.

    Vermutlich brauchte es Zeit und Geduld abzuwarten, ob das Ganze tatsächlich weiter diesen Verlauf nehmen sollte. Da war zuviel Hass in ihr.
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