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Tagebuch einer Schwärmerin
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Alathair - Online Rollenspielshard Foren-Übersicht » Chargeschichten » Tagebuch einer Schwärmerin
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 13 Jan 2017 22:08    Titel: Tagebuch einer Schwärmerin
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13ter Hartung 260, Rahal:

Ich sitze in meinem Zimmer und verfluche innerlich meinen Vetter. Meine Beine ziehen mir bis ins Mark hinein und noch immer scheint meine Lunge mich durch ein Ziehen an der Seite dafür zu strafen, dass ich so durch den Schnee gescheucht wurde. Ich hätte wissen müssen, dass die Gastfreundlichkeit einen Haken hat! Wie Paps auch so schön sagt: 'Hinter jedem guten Handel steckt eine Kiste voller faulem Fisch.'

Mein Start hier in Rahal war gänzlich anders als geplant. Ich hatte mit einer ruhigen Schifffahrt hier her gerechnet und auch damit, dass Dazen mich abholen würde am Hafen. Tja... das Leben spielt gern mit einem gezinkten Blatt, sodass es dann ganz anders ablief. Der Brief, der längst meinen Vetter erreichen sollte, bleibt bis heute verschollen. Unser Schiff war durch mehrere eisige Stürme und wildes Gewässer gefahren und hatte kurz vor der gerimorianischen Küste ein Leck hineingeschlagen. Natürlich an die Stelle, an der meine Sachen auch gelagert waren, sodass ich nur mit dem, was ich am Leib trug, das Land betrat. Wir fuhren in Bajard ein, einem kleinen Dorf im Süden Gerimors... wie ich gelernt habe, ein umstrittener Ort, in dem man einerseits viele Leute kennenlernt, andererseits wohl auch nicht vor gaunerischem Pack gefeit ist.
Wie auch immer, das kleine Örtchen ließ ich schnell hinter mir und machte mich nach Rahal. Ich wollte unbedingt in warme Wände, da ich mir sprichwörtlich den Hintern abfror.... also rauschend an der Gesetzestafel vorbei, mich dick und fett in meine Robe gemummelt und erstmal an der nächstbesten Kohlenschale aufgewärmt.

Lorcan wäre wohl sauer und amüsiert zugleich, wenn er meinen fetten Faux Pas miterlebt hätte. Ich höre in Gedanken sein warmes Lachen, dieser dunkle Klang, der mein Herz immer wieder schmelzen ließ und nicht mehr wissen ließ, wie ich eigentlich heiße. Er fehlt mir wieder einmal unendlich und dass obwohl ich weiß, dass es nie sein soll. Die wenige Zeit, die wir hatten waren durchwandert mit langen Gesprächen und tiefgründigen Diskussionen. Ob er je eigentlich meine Schwärmerei bemerkt hat? Elea, du schweifst ab! Worauf ich hinauswollte: Ich wurde von einem Ritter überrascht und verwarnt und aufgrund meiner Blödheit sogar mit einer Strafe belegt. Was ein Glück aber, dass mein Vetter just in diesem Moment ebenso auftauchte und mich zumindest einsammelte und erstmal in sein Haus verfrachtete... später konnte ich dann auch direkt meine Strafe erledigen, indem ich einem Gardisten den aufgebrummten Vortrag direkt mündlich vortrug. Als Belohnung gab es zudem noch einiges an neuen Klamotten.... na gut, ich muss Dazen das Geld wiedergeben, aber ich durfte mir trotzdem einiges aussuchen.

Das Wichtigste ist aber, dass ich nun einen Termin beim Tempel erhalten werde. Meine Strafe hatte den Vorteil, dass ich direkt mit einer Wiederholung des Vortrages vor der hiesigen Clerica glänzen konnte. Ich hoffe zumindest, das die Worte sie einigermaßen beeindruckt haben. Ihr Blick erinnert mich ein wenig an Lorcan. Die gleiche Unergründlichkeit und ein Geheimnis, das man nicht erraten kann. Ist das etwa so eine Templersache? Ich sollte unbedingt mehr Templer kennenlernen, schreibe dir das auf deine Aufgabenliste, Elea! Dort drauf steht auch noch, sich um einen Bürgerbrief zu bemühen und eine Lösung zu finden, sich aus den morgendlichen Laufstrecken herauszuwinden, wobei letzteres sicher ein Ding der Unmöglichkeit ist. Dazen lässt da nicht wirklich mit sich reden. Meine Lunge wird sicher irgendwann deswegen den Dienst einfach quittieren und aus mir herausploppen und wegrennen, dessen bin ich mir sicher!

Ich sollte bald auch Mama und Paps schreiben, dass ich gut angekommen bin. Sie fehlen mir, aber gleichzeitig wissen sie auch, dass meine Neugier gestillt werden muss. Ich muss unbedingt wissen, ob ich hier mehr erreichen kann als in Sinael. Lorcan hat etwas in mir gesehen. Er wies mir den Weg nach Rahal. Es muss hier also etwas geben, das für mich bestimmt ist. Was genau das ist, weiß ich noch nicht. Seltsam dass dies so mit der Aufgabe der Clerica passt: Sie wies mich an, mir Gedanken darüber zu machen, was ich sein will... oder so ähnlich. Eine gute Frage, die bis zum Gespräch beantwortet werden sollte von mir. Ich muss noch ne Menge lesen und mir Gedanken machen.

Ich werde jedenfalls wieder etwas notieren, wenn ich eine Idee dazu habe. Es wird sicher spannend hier: Eine neue Stadt, neue Menschen und vielleicht ein neuer Weg für mich.
Man wird sehen.
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 18 Jan 2017 22:17    Titel:
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15ter Hartung 260, Rahal:

Ich zittere und bin zugleich SO müde, dass mir jeden Moment die Augen zufallen zu drohen. Mich wundert es zugleich, dass ich bis zu diesem Augenblick nicht ein einziges Mal eine Träne verlor. Dabei habe ich heute Abend Dinge erlebt, nein vielmehr so intensiv gespürt, dass jede Faser in mir eigentlich danach schreit, sich in Tränen zu entladen.
Mein Vetter sagte mir vor wenigen Momenten aber, dass mein weiterer Weg nun aus vielen Prüfungen bestehen wird. Jeder Tag, jedes Gespräch, jede Frage die man mir stellt... alles kann zur Prüfung werden. Ich zwinge also meinen Körper, nicht schwach zu sein. Es darf ab sofort keine Tränen mehr geben! Selbst im größten Schmerz muss ich ausgetrocknet bleiben, einem toten Baum gleich. Oder wie die Wüste... alles voller Sand, Hitze und dem Wissen, dass der Tod über einen kreist wie die Aasgeier. Ich darf nicht wie ein Kind in der Ecke sitzen, schmollend, weinend und schreiend. Die Zeiten sind vorbei. Bilde ich mir das ein oder klinge ich auf einmal ätzend erwachsen?

Ich schwafel mal wieder ohne etwas auszuformulieren. Dabei wollte ich doch unbedingt davon berichten, was mir heute passiert ist. Ich hatte mein ersehntes Gespräch mit der Clerica. Wie auch die letzten Male war ich immens beeindruckt von ihrer Art und ihrer Ausstrahlung. Der Blick ist genauso bohrend wie jener von Lorcan. Ich hatte das Gefühl, sie suche etwas in mir. Irgendetwas, von dem ich selbst nicht weiß, was genau es sein soll. Vielleicht bilde ich mir das aber auch nur ein und sie wollte mich einfach unsicher machen mit ihrem intensiven Blick. Das klappte auch teilweise, aber ich geriet weder ins Stottern noch in Erklärungsnot. Ich legte ihr einfach dar, wie es in mir drin aussieht, was ich erreichen möchte. Schonungslos, ohne zierendes Beiwerk in meinen Worten. Ich äußerte den Wunsch, dem Tempel zu dienen und mich dem All-Einen hinzugeben. Für ihn zu dienen und von ihm zu lernen.

Und wieder zitter ich bei der bloßen Erinnerung daran, was danach geschah. Ich fürchte mich davor, was passierte und bin zugleich fasziniert von dieser Macht... seiner Macht. Ich spürte es genau, aber ich kann sicher nur erahnen, wie groß seine Kräfte wirklich sind. Was er wohl alles wirken, wie er seinen Willen durchsetzen könnte. Und dieser Zorn... diese unglaubliche Wut. Von dem Schmerz will ich gar nicht zu sprechen anfangen... ich werde mich noch gut genug in nächster Zeit daran erinnern, sodass er nicht hier ausformuliert werden muss....
Oh Lorcan. Hast du das wirklich gewollt? Traust du mir ernsthaft diesen Weg zu? Ich spüre bereits, wie ich mich zur Vorsicht mahne, zur inneren Stärke. Meine Hände haben nun eine Waffe mal in Händen gehalten und ich durfte die Luft verprügeln. Mein Vetter ist ein wahrer Ritter und er duldet keine Schwäche in diesem Metier. Disziplin, Eifer, Stärke... überall um mich herum wird es nun erwartet. Die faulen Tage sind vorbei, die geselligen Abende in dem Kontor nur noch pure Vergangenheit.

Ich habe sieben Tage. Sieben Tage, um meine Gefühle für den All-Einen in ein Gebet zu formulieren. Ich war nie eine große Schreiberin, aber wie heißt es so schön: Dir zu dienen heißt sich in der Sprache zu schulen... - Ich werde mich zwingen müssen, die perfekten Worte zu finden. Es muss gut werden, nein, es muss mehr als gut werden. Alles ist ab sofort eine Prüfung. Das darf ich schlichtweg nicht vergessen.
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 28 Jan 2017 21:21    Titel:
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28ter Hartung 260, Rahal

Ich komme gerade wieder vom Haus meines Vetters zurück. Alles, was ich mitnahm, war mein Tagebuch, denn die Worte wollen unbedingt auf die Seiten. Ich bin immer noch elendig müde, erschöpft und mein Kopf ist zum explodieren voll mit Eindrücken und Gedanken.
Gestern hat sich mein komplettes Leben auf den Kopf gestellt... die große Prüfung, die viele weitere folgen lassen wird. Ich weiß gar nicht, wie ich das in Worte fassen soll,... will,... kann. Das Schlimmste von allem waren wohl die Tränen, die mir gestern Abend im Bett in die Augen schossen. Ich konnte sie nicht aufhalten, sie kamen so plötzlich und unerwartet und ohne Vorwarnung. Vielleicht fiel in diesem Moment die Anspannung von mir ab, vielleicht realisierte ich auch, was alles passiert war. Vielleicht waren es auch Tränen des Glücks.

Oh Lorcan, hast du das alles eigentlich gewusst? Wusstest du, was kommen wird?

Ich träumte diese Nacht unruhig. Von Zuhause, von Sinael.
Ich stand vor dem Kontor meiner Eltern, die Tür stand offen. Eine unschierbare Angst und Scham machte sich in mir breit und das Gefühl, versagt zu haben. Langsam näherte ich mich, trat an die Türe und blickte in einen leeren Raum. Die Kisten, die Gerüche, die Farbenpracht... alles weg. Ein leerer, nackter Raum vor mir. Einzig die Dachstreben und die dicke Holzsäule in der Mitte, die als Verstärkung diente, erinnerten wage, dass ich hier einmal daheim war. Das Licht fiel diffus in den Raum, Staubflocken wirbelten auf, als ich mich weiter hinein wagte.
Und als ich mitten im Raum stand, das Holz der Säule wie prüfend betastend, hörte ich eine Stimme hinter mir.
„Du willst mich doch nicht enttäuschen, Elea.“
Eine Gänsehaut fuhr mir über den Leib. Die Betonung meines Namens war mir so unendlich vertraut und in mir entflammte wieder diese Sehnsucht. Nur Sekunden später spürte ich zwei Hände auf meinen Schultern. Ich wagte mich nicht umzudrehen.
„Enttäusche mich bloß nicht...“ Mit einem Ruck drehte er mich herum und ich sah hinauf in seine stahlgrauen Augen, die mich durchdringend ansahen. Ein Blick, der sich fest in mich bohrte, mich festhielt und ergründete bis in die tiefsten Ecken meines Herzens. Ich wusste in dem Moment nicht, ob ich Angst haben oder mich sicher fühlen sollte. Bis er seine Hand um meinen Hals legte und zudrückte.
„Er wird dich prüfen, Elea. Er wird dich aufs Äußerste fordern. Wehe, du fällst!“

In dem Moment schreckte ich auf, schweißgebadet, atemlos. Alles an mir schmerzte; die Luft stach durch meine Lungen hindurch und mein Herz raste wie wild. Mein Hals war rauh und ich fürchte, dass ich entweder im Schlaf gesprochen oder geschrien habe. Ich erinner mich lose noch an andere Schattengestalten in meiner Nacht, an wildes Hin- und Herwälzen, doch der Blick Lorcans, sein Suchen nach Etwas habe ich am meisten in Erinnerung behalten. Diese Augen... verdammt seien diese Augen, die mich selbst im Angesicht des Todes verzaubern könnten!

Vielleicht war diese Nacht wieder eine Prüfung. Wie zuvor an diesem Abend. Wobei mir der ganze Abend eher einem Traum gleich kommt. Vielleicht aufgrund des vorigen Betens, meiner Müdigkeit oder auch meinen zerschundenen Knien, die so lange den Tempelboden unter sich hatten. Aber... ich trage immer noch die Robe einer Catula. Mein Kopf ist immer noch blank und ohne Haar, dafür geschmückt mit einigen Blessuren. Und ich sitze im Studierraum des Tempels, umgeben von den Lehren des All-Einen.
Es wirkt alles so weit weg von mir, als würde ich von außen mich betrachten können, wie ich da sitze und schreibe. Wie ich Bücher lese, die ich noch nie in der Hand hatte. Wie ich immer und immer wieder mir über den Kopf fahre und immer und immer wieder zurückschrecke, wenn ich mir keine Locke aus der Stirn wischen kann. Ich hätte nicht gedacht, dass mir der Verlust meines Haares mir zu schaffen machen würde. Insgeheim tut es das aber doch. Ich war stolz auf meine Haarlänge und die leichten Locken in jenen, dieses wellige. Ja Elea, du bist da wohl doch etwas eigen. Ich muss das dringend loswerden... nicht, dass die Clerica das irgendwann in meinem Blick sieht, wie unzufrieden ich damit bin.

Sie wird dich immer und immer wieder prüfen... erst Recht, wenn du den Weg beginnst zu gehen. Ich darf mir keine Fehler erlauben, darf nicht scheitern. Scheitern ist keine Option. Ich muss beginnen, mich an den rauhen Ton zu gewöhnen, an die ständigen Prüfungen, an das ständige beobachtet werden. Es fällt mir so schwer noch und ich bin für jeden Moment dankbar, in dem ich einfach mal ruhig durchatmen und für mich sein kann. Augenblicke, in denen ich Kraft tanken und mir sagen kann: Du kannst es Elea. Du bist stark genug... stur genug... hart genug, um das zu bestehen.

Ich muss meine nächste Aufgabe im Fokus behalten. Darf nicht ausruhen.

Ich muss. Muss einfach.




Auf der nächsten Seite wurde eine Rosenblüte zwischen zwei Seiten gelegt und anscheinend über Nacht gepresst.
Sie scheint frisch zu sein und woher auch immer zu stammen...
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 10 Feb 2017 23:49    Titel:
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10ter Eisbruch 260, Rahal,

ich träume seit Nächten immer wieder von dieser Thyrin. Dabei habe ich weder das Messer in der Hand gehalten, noch die Schale, um das Blut aufzufangen. Aber ich musste ihr in die Augen sehen, als ich vor ihr stand in der Zelle. Ich musste dem bewusstlosen Körper die Rüstteile abnehmen. Und ich musste letztlich ihren toten Körper in die Katakomben bringen. Es war eklig... ich versuchte mir die ganze Zeit einzureden, dass ich nur einen Sack Getreide schleifen würde. Ich versuchte mir das Bild aus dem Kopf zu streichen, diese starren, glasigen Augen, die klaffende Wunde... es ging nicht. Es hat sich so eingebrannt, dass die Bilder nachts mich besonders heimsuchen. Immer und immer wieder sehe ich sie im Traum. Einmal springt sie mir einem Wolf gleich an die Kehle und beißt sich dort fest. Ein anderes Mal stehe ich an dem Pfahl und werde von ihr aufgeschlitzt. Und in anderen Träumen sucht sie mich als Untote heim.... mit diesem glasigen Blick.

Ich halte mich gerade immens an meiner einzigen Freude fest, die mir noch ein Lächeln auf die Lippen zaubert, egal, wie wenig ich derzeit wirklich durchschlafe: Iyda. - So nah sind also Glück und Leid beieinander. An einem Tag wird ein Leben zur Welt gebracht, an einem anderen Tag wird ein anderes Leben beendet. Der kleine Fratz ist so unendlich hübsch und niedlich, ich könnte die Kleine von morgens bis abends einfach nur halten. Sie weiß noch so wenig von dieser Welt und wie sie funktioniert. So unschuldig, so rein und ohne Vorbehalte... es ist ein Wunder. Da war an diesem Abend so ein kleiner Stich in meinem Herzen, als ich sie hielt und das kleine Wesen da in meinem Arm zu verstehen versuchte, wo es nun war und warum es so hell war. Ich werde also nun wirklich nie Kinder bekommen, nie eine Familie gründen. Meine Familie ist allein nun Alatar.
Es sickert so langsam in meine Gedanken. Eine Erkenntnis, die sich erst durch die Erlebnisse der letzten Zeit immer weiter in mir festsetzt. Ich bin wirklich im Tempel, tausche Kerzen aus, schrubbe den Boden, lese Bücher. Ich mache Besuche, stelle mich vor. Wie sagte die Clerica? Alles, was vorher war, zählt nun nicht mehr. Mein neues Leben hat angefangen mit dem Tag meiner Weihe. Ab jetzt bin ich nur noch seinem Willen unterworfen.

Dieses neue Leben. Es fühlt sich einerseits so fremd und doch vertraut an. Ich habe mich schnell an den Rhythmus im Tempel gewöhnt. Und auch das frühe Aufstehen, um beim morgendlichen Lauf dabei zu sein, ist mittlerweile Routine geworden. Meine Lunge sticht immer noch bis zum Bersten während des Gerennes, aber ich merke langsam, wie ich immer längere Abschnitte durchhalte. Hoffentlich wird meine Ausdauer bald besser sein.

Ich sollte bald nach Hause schreiben. Meine Eltern sollten wissen, dass ich noch lebe. Sie werden sicher stolz sein, dass ich es in den Dienst des Tempels geschafft habe... aber ich lasse lieber die unschönen Seiten weg. Sie würden es nicht verstehen. Vielleicht sogar sorgen. Beim heiligen Panther, den Blick meiner Mutter könnte ich so gar nicht gebrauchen derzeit! Dieses mitfühlende Gesicht würde mich nur schwach machen. Das letzte, was ich nun gebrauchen kann, ist Schwäche in mir.
Das Gute an all den Dingen hier ist, dass ich durch all die Aufgaben nicht mehr so oft an Lorcan denke. Ich weiß, dass auch er eine Schwäche für mich ist und umso dankbarer bin ich, wenn ich abends körperlich und geistig so erschöpft ins Bett falle, ohne mich hin und her zu wälzen. Allerdings hätte ich lieber Träume von ihm als von der Thyrin. Aber mir kann man es wohl nicht Recht machen.

Ach ja... ich fühle mich immer noch beobachtet. Eigentlich mehr denn je. Die Besuche bei den Würdenträgern schüren dieses Gefühl und ich werde den Eindruck nicht los, dass das auch so beabsichtigt ist. Viele Augen sehen besser als nur ein paar. So kann die kleine Catula besser kontrolliert werden. Oh wei Elea... du wirst noch sarkastisch. Vielleicht hilft das, die Prüfungen zu bestehen. Tag für Tag für Tag. Ein Leben lang. Ob ich wirklich so viel Kraft habe? Wenn nicht, werde ich es früh genug erleben. Mir wurde ja von einigen Seiten bereits bestätigt, dass die Enttäuschung des All-Einen dann nur allzu deutlich auf mich niederprasseln würde.

Bewahre dir gut deinen Sturkopf Elea. Vergiss nie, wie die Falons erfolgreich wurden mit ihrem Kontor. Sie haben durchgehalten und eisern weiter gemacht. Das kannst du auch!
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 09 Apr 2017 15:18    Titel:
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08ter Wechselwind, 260, Rahal

Ich befinde mich in einem Zustand des größten Misstrauens und der Zweifel zugleich. Nein, nicht dass ich an meiner Entscheidung zweifeln würde, keineswegs! Ich bin fester denn je davon überzeugt, dass ich dem All-Einen dienen will und seine Worte und Gebote in meinem Herzen und auf der Zunge tragen werde. Meine alltäglichen Aufgaben im Tempel sind langsam aber sicher zur Gewohnheit geworden und ich verrichte sie nun in einem meditativen Zustand der absoluten Routine. Ich habe mich sogar an die Stille gewöhnt, die in den Hallen am frühen Morgen verweilt. So weit weg scheint der Hafenlärm mit all den Seemännern, die sich anschreien, das Geschrei der Möwen und die Hektik, die sich im Kontor breit macht, wenn eine Lieferung doch ganz schnell raus oder reingeschafft werden muss. Es ist wie ein anderes Leben, das ich einmal gelebt habe... seltsam.

Meine Zweifel also und das Misstrauen.... ich habe fast Angst, es aufzuschreiben. Zu sehr fürchte ich schon, dass man mein Tagebuch finden und die Worte lesen könnte, um sie gegen mich zu verwenden. Werde ich langsam paranoid? Es sieht fast so aus, wenn ich schon zögere, meine Gedanken sogar schriftlich zu formulieren. Doch was raus will, will raus und wenn es einmal aufgeschrieben ist, habe ich Platz für anderes im Kopf. Hoffentlich.

Zunächst eine Beichte: Ich habe eine Aufgabe nicht vollendet. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob sie wirklich beendet werden sollte, oder die Entscheidung darüber die eigentliche Prüfung war. Zumindest habe ich Berahthraban bis heute nicht erzählt, dass ich bereits früher aufgehört habe, die Wunde an der Hand wieder zu öffnen. Das Gespräch mit Clerica Treublatt darüber nahm mir so viel Unsicherheit und Schuldgefühle ab. Ich hatte wirklich erst einmal gedacht, ketzerisch zu denken, wenn ich die Aufgabe der Letharen nicht erfüllen würde. Doch der All-Eine gab uns den Verstand und den freien Gedanken, um Dinge zu betrachten und letztlich Entscheidungen zu treffen. Die wahre Stärke liegt in diesen Entscheidungen. Und ich fühlte mich gut damit. Es war wie ein kleiner Triumph, den ich still und heimlich auskosten konnte. Der Verband an meiner Hand ist zwar unnötig, doch darunter versteckt sich mein eigener Sieg. Wenn auch ganz heimlich...

Nicht so heimlich dagegen geht Vicarius Kheldairon vor. So sehr ich mich bei der Clerica öffnen, ihr meine Fragen stellen kann und auch traue, meine Schwächen zu offenbaren (Ich sage nur Lorcan!), so sehr musste ich feststellen, das dies beim Vicarius vielleicht zu viel Vertrauen war im Unterricht.
Der erste Leitgedanke brennt nun nicht nur theoretisch in mir, sondern auch sehr anschaulich. Und immer noch frage ich mich: Hasst mich der Vicarius wirklich oder stimmt es doch, dass Berahthraban mich angelogen hat? Zweifelt man an mir? Beobachtet man mich besonders? Oder rede ich mir das nur ein und gelange wieder in diese Position der Panik und Paranoia? Im Moment weiß ich ehrlich gesagt nicht, wem ich trauen kann im Tempel. Einerseits will ich gerne offen und ehrlich sein und meine Fragen stellen können. Wenn ich jedoch jedesmal daraufhin mit körperlichen Strafen versehen werde, weiß ich nicht, wie lange ich das durchhalten kann. Ich rede mir sogar derzeit ein, dass der Vicarius nur den Catulus mit bestraft hat, damit die Strafe an mich überwacht wird und ich sie ausführe. Ob er meine Sturheit im Blick erkennt? Ob er ahnt, dass ich so viel über alles nachdenke und alles aus verschiedenen Seiten beleuchten möchte?

Oh Herr, gib mir die Kraft, auf deinem Weg zu bleiben! Ich will lernen und stark für dich werden. Ich will die Worte aufsaugen und lesen und studieren, will sie verinnerlichen und weiter tragen. Und ich will auch endlich gern begreifen, was der Zorn und Hass ausmacht in seiner Kraft. Doch muss das wirklich durch geschundene Knie geschehen? Durch Wunden an mir und Einschränkungen? Es wäre doch viel logischer, für dich kräftig und stark zu sein. Aufrecht gehend und stehend... es ist alles irgendwie so unlogisch. Und auch wenn ich weiß, dass wir unseren Körper stählen müssen und gewappnet gegen jeden Schmerz und Probe von dir...
Jetz hör dich jammern Elea! Das wollen sie doch, dir zuhören, wie du sagst, dass du aufgibst. Und auch wenn ich vielleicht nicht die stärksten Muskeln habe oder die beste Erfahrung im Kampf.. ich habe meinen Willen, durchzuhalten.

Ich muss sehen, ob ich wenigstens weiterhin der Clerica trauen kann. Mit ihr scheinen die Gespräche so entspannt und in einer ruhigen Atmosphäre zu sein. Doch wer weiß, ob sie sich mit dem Vicarius über mich austauscht. In diesen Momenten wünsche ich mir Lorcan wieder herbei, wo ich wusste, dass ich ihm hundertprozentig vertrauen konnte. Egal, welches Wort meinen Mund verließ und welche Frage. Und es war genau diese Neugier, die mich doch weiter führte und den Weg ebnete. Neugierig bleiben, offen... aber vertrauen?
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 30 Jul 2017 13:39    Titel:
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29ter Cirmiasum 260, endlich wieder in Rahal...

Noch nie hatte ich mich so sehr wieder angekommen und Zuhause gefühlt wie in diesen Tagen. Ich glaube, ich habe den halben Abend nach meiner Ankunft nur betend verbracht, meine ganzen Gedanken, Dankesworte und Respektsbekundungen gegenüber dem All-Einen Stunde um Stunde formulierend. Es war einer dieser Abende, an denen mich die geschundenen Knie nicht interessierten und ich mir keinerlei Gedanken um so profane Dinge wie Essen, Trinken und Schlafen machte. Es tat gut... alles im Zwiegespräch an ihn mitzuteilen, mein Herz zu öffnen und meine Gedanken wieder so lesbar wie ein aufgeschlagenes Buch ihm darzubieten. Es fehlte etwas in der letzten Zeit. Als wäre ich in ein enges Mieder gedrängt worden und es war mir verboten gewesen, tief durchzuatmen. Man spürt erst, was Teil von Einem ist, wenn es einem weggenommen wird.

Und so eingerostet ich mich einerseits fühle, so stark bin ich geworden. Ich entdeckte eine neue Seite an mir, die mir selbst nicht bewusst war bis zu den vergangenen Tagen und Wochen. Noch immer überrascht es mich, gleichzeitig fühlt es sich so gut und selbstverständlich an. Als hätte dieses kleine Talent schon Ewigkeiten in mir geschlummert und nur darauf gewartet, ausprobiert zu werden und an die Oberfläche zu treten. Ich ahne so langsam, wie ich dem All-Einen wahrhaftig dienen kann. Ich bin seine Augen, seine Ohren, bin das Werkzeug, das er braucht, um weiter sehen und hören zu können, als es manchmal möglich ist.
Ich bin aufgekratzt. Meine Lippen zieren so oft ein breites Grinsen, dass nur schwerlich sich unterdrücken lässt. Ich bin Zuhause... endlich wieder Daheim!
Oh wie meine Eltern mich wohl schelten würden, dass ich Rahal längst als meine Heimat begreife. Und doch fühle ich mich hier so angekommen. Mein Herz schlägt für die Stadt, den Tempel und den All-Einen. Ich bin angekommen und werde vielleicht sogar alt hier. Und wer weiß, wie weit ich es bringen werde...

Zumindest steht der nächste große Schritt an. Die Clerica sagte, ich solle mich vorbereiten auf meine nächste Prüfung. Noch immer schwitzen meine Hände und mein Herz klopft vor Aufregung in Gedanken an das Gespräch. Es ist... es ist anders irgendwie. Ich fühle dieses Beben, dieses Zittern, diese... berauschende Erfahrung von Neuem. Wie damals, als Lorcan mich das erste Mal an den Lehren des Herrn teilhaben ließ. Alles in mir will mehr, will weiter voran und ergründen, was noch Verborgen scheint.
Bald wird es soweit sein, dass man mich prüfen wird. Ich werde in die Wüste geschickt, um das rettende Wasser zu finden. Es wird hart, entbehrend und kräftezehrend werden. Ich soll mich vorbereiten, darauf einstellen. Das Nagelbrett scheint mir der falsche Weg, auch wenn ich ahne, worauf die Clerica hinauswill. Ich habe nun den Boden als Schlafplatz gewählt, dies aber nur für zwei Stunden. Kein Brot, wenig Wasser. Ich überlege, ob ich die Methode mit dem Messer wähle, aber bin noch unschlüssig. Der Geist zehrt sich meist nach den richtig wichtigen Belangen: Hunger, Durst und Schlaf. Dem zu widerstehen ist das Wichtigste; der Geist muss funktionieren trotz dem Fehlen dieser Notwendigkeiten. Darin besteht die wahre Stärke. Und ich werde sie beweisen.
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 22 Aug 2017 13:18    Titel:
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22ter Ashatar 260, Rahal,

Ich bin unendlich müde und aufgedreht zugleich. Mein Magen knurrt zum Glück nicht mehr einem Bären gleich, weil ich ihm den Zugang zu genug Essen genommen habe. Und auch meine Kehle hat sich so langsam daran gewöhnt, dass ich nur das Nötigste an Wasser trinke. Das ist einerseits ein Erfolg und eine Genugtuung, da ich nun weiß, dass ich meinen Körper doch so kontrollieren kann wie ich das möchte. Andererseits aber ist es ein zu großer Erfolg. Die Gewöhnung bedeutet, dass ich weiter gehen muss in meiner Selbstentbehrung... und das würde automatisch bedeuten, dass ich die Sachen ausführen muss, zu denen ich nicht bereit bin. Das Prinzip der Selbstverletzung will sich mir noch immer nicht erschließen, so ganz und gar nicht. Wieso soll ich mich schwächen, um stärker daraus hervorzugehen? Wunden schließen sich von selbst irgendwann, das hat nichts mit meiner eigenen Stärke zu tun oder meinem inneren Willen. Ich könnte auch versuchen, noch weniger zu schlafen und zu essen, aber ich will auch nicht irgendwann Unsinn reden aus der Müdigkeit heraus. Schließlich habe ich bereits Verantwortung zu tragen.

Die Clerica hat mich ausgepickt, Gespräche zu führen, Gläubiger zu empfangen und vor allem... soll ich mich auch um die potentiell neuen Catuli kümmern. Ich fühle mich ein wenig überrumpelt und geehrt zugleich. Sie sieht etwas in mir... genau wie Lorcan. Das macht mir etwas Angst und zugleich schwillt mein Herz so sehr an vor eigener Aufregung, dass es schlichtweg heraushüpfen und fortrennen will... oder es wird irgendwann explodieren. Die neuen Aufgaben sind aufregend und nervenaufreibend zugleich. Wieder eine Prüfung? Wieder die bohrenden Blicke auf mir? Verdammt Dazen, warum musstest du mir das am Anfang so sehr eintrichtern? Ich will mich nicht immer beobachtet fühlen und tue es doch.
Wo wir bei Lorcan waren... komischerweise vergesse ich ihn derzeit immer öfter. Mein Herz hüpft nicht mehr bei einem kleinen Gedanken an ihn und genauso wenig träume ich von seinen Augen. Ich kann ihn mir vorstellen ohne innerlich zu schmelzen... und bin sowohl verwundert als auch erstaunt darüber. Der Zauber scheint vorbei, die Vergangenheit darf endlich dort ruhen, wo sie hingehört: Im Vergangenen. Ich merke, wie eine Last von mir abfällt, auch wenn meine Schultern immer noch einiges an Gewicht tragen müssen. Da gibt es so viel Neues, so immens frische Erfahrungen, Gedanken und Abenteuer. Eindrücke, Erlebnisse und Empfindungen überschwemmen mich, machen mich manchmal so sprachlos und wirr, dass ich sie niemals wirklich ausformulieren könnte. Ich finde keine Worte für das, was sich in mir abspielt und das... ist wirklich eine seltene Erfahrung.

Meine Prüfung lässt auf sich warten. Wobei... ich werde ja tagtäglich geprüft und wahrscheinlich beobachtet. Wahrscheinlich sind die Augen immer auf mich gerichtet. Aus dem Schatten heraus und in schleichender Art und Weise. Eine prickelnd erfrischender Gedanke... oder ist das doch eher die Müdigkeit, die da aus mir heraus spricht? Elea, du brauchst Schlaf! Und gleichzeitig darf ich nicht; ich muss durchhalten, muss mich selbst herausfordern. Der Weg wird nicht leichter, er wird steiniger und steiler werden. Das war dir von Anfang an klar. Kein Ausruhen, sondern immer weiter gehen.

Fünf Minuten. Der All-Eine wird mich schon nicht strafen wegen fünf Minuten Augen ausruhen...
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 03 Sep 2017 16:36    Titel:
Antworten mit Zitat

Die Seite lag so unschuldig und unbeschrieben vor ihr und wartete nur geradezu darauf, beschrieben zu werden. Der Federkiel lag bereits zwischen ihren Fingern, bereit, in das Tintenfaß getaucht zu werden, um den Gedanken freien Lauf zu lassen. Und dennoch... wollte sich recht kein Anfangswort bilden. Wo sollte sie anfangen? Was traute sie sich, auf das Papier zu bringen. Sie wusste: Alles, was dort stand, war mit einem Male Realität. Wahrheit. Es würde unweigerlich Tatsache sein. Und genau das machte ihr Angst. Seufzend legte sie die Feder beiseite, lehnte sich zurück im Stuhl und schloss die Augen. Die bleierne Müdigkeit lag ihr immer noch in den Knochen von der unruhigen Nacht zuvor. Wie gern wollte sie einfach schlafen und Ruhe finden und wusste doch, dass sie keine erhalten würde. Nur kurz war auch das Ausruhen, als sich in ihren inneren Gedanken ein Gesicht formte, mit großen Augen, erschrockenem Blick. Rasch öffnete sie wieder die Lider, griff ein weiteres Mal nach der Feder und tunkte jene ein. Irgendetwas würde sich schon finden an Worten. Es wollte heraus... was es werden würde, würde sie sehen.


02ter Searum 260, Rahal

Der Herr hat mich geprüft und für stark genug befunden. Die neue Robe lastet mir schwer auf den Schultern, kaum dass ich die neue Bürde auf mich genommen habe. Vicaria... So fremd scheint mir nun die neue Ansprache, das neue Titular an mir. So seltsam ist auch der Anblick im Spiegel, wenn ich meine Miene sehe. Ich bin mir fremd geworden an einem einzigen Abend.

Ich fühle mich müder als die Tage zuvor. Meine Nacht war von Alpträumen geplagt, von Schatten und Stimmen in meinem Ohr, die mir furchtbare Dinge einflüstern wollten. Zitternd wachte ich immer wieder auf, durchgeschwitzt auf Mark und Bein, mich selbst überreden müssend, dass ich in sicheren Wänden mich befinde. Ich erinnere mich auch an Tränen, aber bin nicht sicher, ob ich dies nur geträumt habe oder in halb wachem Zustand tat. Es ist schrecklich fremd alles im Moment: Der neue Robenstoff an mir, die Decke, die die Nacht auf mir lag, die Worte, die ich wohlwollend erhielt den Abend zuvor. Ich fühle mich fremd mir selbst gegenüber. Einer Blase gleich kapsel ich mich ab, um zu begreifen, was in mir geschieht. Um zu verstehen, wie ich so... ja, was eigentlich? Ist es wirklich Schwäche? Hätte Alatar mich nicht direkt gestraft dafür und mir den Weg weiter versperrt in meiner Prüfung, wenn es wirklich Schwäche ist, die durch mich hindurchfließt? Ich weiß nicht, ob ich auf mich selbst wütend sein soll. Generell weiß ich gar nicht, wie ich fühlen soll.

Mein Herz hat einfach erst mal seinen Dienst versagt und mir jegliche Auskunft über sein Befinden verweigert. Ich habe eine große Ehre erfahren. Man hat Vertrauen in mich. Andererseits verlangte man auch Sachen von mir, die sich in mancher Hinsicht mir widerstreben. Ich bin verwirrt, maßlos überfordert mit mir und dem inneren Wirrwarr. Da tut es fast gut, dass ein Teil in mir gerade so gar nicht funktionieren will. Ich fürchte aber den Tag, an dem mein Herz wieder einsetzt und mir schmerzhaft mitteilt, was es fühlt und wie intensiv es fühlt. Mein Kopf macht mir schon Schwierigkeiten. Sekunde für Sekunde wird er von einem Namen geplagt und immer, wenn ich die Augen schließe, sehe ich das Gesicht dazu. Ich will... kann nicht formulieren, wie sehr dies mir zusetzt. Es ist auf jeden Fall nicht gerecht dem, was von mir erwartet wird. Ich sollte mich der Realität stellen, wie es die Clerica sagte. Die Wahrheit ist eine andere, als ich zunächst erwartet hatte; sie ist viel intensiver und in mancherlei Hinsicht auch härter. Die Welt ist nicht mehr die, die sie gestern war.

„Wunden brauchen Zeit zum heilen.“ - meine Mutter hat keine Ahnung, wie Wunden im Inneren aussehen können. Die Narben auf einer Haut sind eine Erinnerung; doch das, was man einmal gesehen und erlebt hat, vergisst man nicht so schnell. Soldaten vergessen nie den Krieg. Wie kann ich da vergessen, was ich gesehen habe? Aber wie kann ich mir erdreisten zu sagen, dass ich das Recht auf Vergessen habe?
Ich muss der Zeit eine Möglichkeit geben, die Erinnerung als das werden zu lassen, was es nun ist: Vergangenes. Nach einem Tag habe ich schlicht kein Recht auf Normalität. Keinen Anspruch auf direkte Heilung und das Vergessen.

Ich wurde geprüft und für gut genug befunden. Vicaria. Neue Verantwortung, neue Aufgaben. Ich muss wieder zu Stärke finden und im besten Falle auch Schlaf. Ruhe, Meditation, Gebet. Genau jetzt brauch es meine letzten Kräfte, um nicht direkt zu versagen.

Ich darf es nicht.


Zuletzt bearbeitet von Elea Falon am 03 Sep 2017 16:51, insgesamt einmal bearbeitet
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 07 Okt 2017 14:44    Titel:
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07ter Goldblatt 260, Rahal,
mein letzter Eintrag erschreckt mich gerade so sehr, dass ich fast darauf aus war, meine Handschrift noch einmal zu prüfen. Aber nein, das war wirklich Ich, die das geschrieben hat. Es ist also kaum einen Monat her, dass ich zur Vicaria geweiht wurde und das Lächeln hat schon wieder meine Lippen erreicht. Was hatte ich noch geschrieben? „Ich muss der Zeit eine Möglichkeit geben, die Erinnerung als das werden zu lassen, was es nun ist: Vergangenes.“ - und das ist es nun auch. Wie einfach kann ich mich also doch belügen. Der Geist ist ein starkes Konstrukt, das daran interessiert ist, intakt zu bleiben. Er nimmt diese belastenden Bilder und Spukgeister und versteckt sie; sortiert sie weit weg in Schubladen, die ich nie wieder öffnen will. Ich weiger mich gerade immens, mich mit dieser Thematik zu beschäftigen und sehe, wie gut mir das tut. Mache ich es mir einfach? Vielleicht.

Meine Leidenschaft hat sich auf die Worte fixiert. Ich sitze manchmal derzeit Stunden in der Bibliothek und lese Schriftrollen, Bücher, Abhandlungen. Ich bin bestrebt darin, meine Gedankengänge mit den gängigen Theorien zu vereinen oder auch diese zu hinterfragen. Ich merke, wie mir Gespräche gut tun, wo ich offen meine Worte darstellen kann. Argumentationen und anregende Diskussionen; eine Sache, die ich damals mit Lorcan auch so genoss. Schriften können dir nur zeigen, was geschrieben steht. Du kannst den Worten keine Fragen stellen oder noch einmal eine genauere Beschreibung verlangen. Im wahren Leben, unter den Menschen aber, kann man sich in der rhetorischen Übung messen. Neue Ideen, neue Gedanken und Formulierungen. Das ist es, was mich mit Leben füllt.
Ich muss auch zugeben, dass das Lesen derzeit länger bei mir ausfällt, aufgrund meiner viel zu kurzen Nächte. Der Schlaf will sich selten bei mir einfinden, sodass mir gern einmal ein Satz in einzelne Buchstaben und neue Anordnungen zerfällt, bis ich nach dem dritten Anlesen doch dessen Sinn erfasst habe. Allerdings nehme ich diese Bürde gern auf mich...

Im schlimmsten Fall werde ich also wohl zur vollendeten Bücherratte, die sich in den Tiefen des Tempels durch die Schriften frisst. Ich habe so manches Fest wegen der Studien verpasst. Allerdings reizen mich die Menschenmengen derzeit auch nicht. Ich weiß nicht warum und wieso, aber es scheint, als sei dies ein Teil dessen, den ich einbüßen musste durch meine Weihe. Was rannte ich doch gern früher in meiner Heimat gern durch die Straßen und blieb an jeder Bude stehen. Zuckerwerk und Dosenwerfen, hier mal ein Zwinkern bekommen, dort mit jemanden anstoßen. Die Geselligkeit schien so voller Leben, voller bunter Möglichkeiten. Doch hier? Hier scheue ich mich, wieder an die Buden zu treten. Vielleicht ist es die Tatsache, dass ich hier anders angesehen werde mittlerweile. Noch immer kann ich mich schwer an das Titular halten und einfordern, wie man damit umzugehen hat. Ich bin doch immer noch Ich, tief unter der Robe. Aber man sieht nur das Äußerliche... und das ist eine junge Vicaria, von der man die Antworten auf alle Fragen über Alatar einfordert und erwartet. Elea Falon sieht kein Mensch mehr. Nein, das stimmt nicht ganz. Es gibt ein oder zwei Menschen, die mich auch anders sehen. Die wissen, dass ich auch Stunden habe, in denen ich zweifel an meiner Verantwortung. Vor denen ich auch Schwäche zeigen kann, ohne dafür leiden zu müssen. Besonders nach der Weihe hatte dies gut getan, sodass ich aus der Asche wiedergeboren und stärker hervortreten konnte. Aber es sind genau diese Kleinigkeiten, die mir aufzeigen, dass ich doch mich ein wenig verändert habe. Die fehlende Leidenschaft für Volksfeste, das Vergraben in Büchern, der wenige Schlaf. Zu was werde ich wohl werden?

Ich habe ein wenig ein schlechtes Gewissen, dass ich so selten bei Dazen vorbeischaue. Selbst meinen angereisten Cousin habe ich noch nicht treffen können. Es ist fast traurig, dass ich mich in den Tempelräumen mittlerweile wohler fühle als im Anwesen Wolfseiche. Letztens hatte ich mich einmal reingetraut, als alle außer der Kleinen und ihrer Hüterin dort waren. Ich sah ihr beim Schlafen zu und wunderte mich, dass sie nun schon so groß geworden war. Wie wird sie mich wohl irgendwann in Erinnerung haben? Ich werde sicher ganz anders sein, sobald das Kind einen klaren Gedanken formulieren kann. Die Zeit wird es zeigen.
Ich hoffe zumindest, meine Cousins nun vielleicht doch wieder öfter zu sehen, nachdem ich betraut wurde, der seelische Beistand der Burg in Grünwaid zu sein. Ein wenig nervös bin ich ja schon, dort für irgendwelche Nöte und Fragen die Verantwortung zu tragen, doch die Clerica scheint vollstes Vertrauen in mich zu haben. Sie hat generell ein ziemliches Vertrauen in mich, sodass ich manchmal nicht weiß, ob sie dies aus einer Prüfung heraus oder der Tatsache, dass uns etwas verbindet, mir zutraut. Es ist anders als bei Lorcan damals. Intensiver. Anders kann ich es nicht beschreiben, doch ich lerne so viel, beobachte so viele Facetten an ihr, die mir neue Sichten schaffen. Wie ein Geheimnis, dass man immer tiefer ergründen möchte.

Ich hörte gestern so schön den Satz: „Ich bin ein Blinder, der sehen möchte...“

Oh nein, ich bin es, die nicht sieht und es möchte. Das, was ich derzeit sehe, sind Schemen. Und ich bin mehr als leidenschaftlich darauf aus, mehr sehen zu wollen.

Ich will sehen.
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 22 Okt 2017 16:07    Titel:
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Zwei Körper, die sich dicht an dicht drängen. Atmen. Schweiß. Nähe. Wieder atmen,... zu Luft kommen. Die Welt ist so klein und gedrungen. Kein Wort dringt über die Lippen, nur Blicke zählen. Gesten. Berührungen... zwei Schatten, die an die Wand fallen. Von außen betrachtet, einem heimlichen Beobachter gleich. Zwei namenlose Gesichter.

Bis das Feuer sich lodernd in die Gedanken schiebt, knackend und bedrohlich. Weitaus größer als das sanfte Spiel eines Kaminscheits. Und mit dem Feuer kommen die Schreie, das Klirren von Schwertern, das Brüllen von kampfgeschwängerten Lungen. Die Welt stürzt ein, die Hitze umreisst den eigenen Körper und man findet sich in einem Raum voller Flammen wieder. Ketten drücken schwer auf den Handgelenken, die Flucht ein wager Wunsch, der sich nicht erfüllen kann.

„Seh sie sterben.“

Das Feuer knackt und knistert, es greift sich alles, was es in die Hände bekommt. Auch Kleidung und vor allem die Haare. Es liebt das Spiel der Macht, der absoluten Beherrschung. Schreie. Noch mehr Schreie und die eigene Fassungslosigkeit. Die Blicke der Schuld und Verurteilung, sie schreien ebenso laut wie die Stimmen des Schmerzes. Deine Schuld... es ist deine Schuld...


~ ~ ~

Sie wachte hustend und nach Luft ringend auf. So sehr drängte der Rauch sich in ihren Verstand, dass sie das Gefühl nicht loswurde, immer noch diesen auf der Zunge zu schmecken. Als hätte der bittere Beigeschmack von Asche und Rauch sich festgesetzt und wollte sie nicht loslassen. Schon wieder eine kurze Nacht, schon wieder zu viel der Träumerei. War das das Los eines Menschen, der dem All-Einen diente?

Die Gunst wurde genutzt, um sich in Hemd und Hose zu schälen und den Weg in die tempelinterne Bibliothek zu gehen. Einmal keine Robe, mitten in der Nacht fürchtete sie da keine Konsequenzen. Sie setzte sich an ihren mittlerweile eingesessenen Stammplatz und holte ihr kleines Büchlein hervor, das sie mitgenommen hatte. Der Federkiel und das Tintenfass lagen bereit und warteten nur darauf, genutzt zu werden:

20ter Goldblatt 260, Rahal,

gerade in diesem Moment verachte ich jede einzelne Faser von meiner Schwäche an mir. Ich verabscheue mich dafür, ein Mensch zu sein, der jegliches Für und Wider betrachten muss. Vielleicht denke ich zu viel. Das kann in manchen Situationen ein Vorteil sein, bei anderen jedoch muss man Handeln, ohne groß abzuwägen. Man sollte dann schlichtweg wissen, was zu tun ist. Handeln darf nicht immer in Frage gestellt werden. Würden diese Zeilen auch endlich meinen Kopf erreichen, so wäre einiges um Längen einfacher.

„Du wirktest von Beginn an ein wenig Skeptisch... Wie jemand der sich erst ein eigenes Bild darüber machen muss um es bewerten zu können.“

Mir hallen die Worte immer noch nach. Ich sehe vor meinem inneren Auge dieses starre Augenpaar vor mir, das mich zu ergründen versucht. Die Fragen, die mir penetrant gestellt wurden. Ob ich hier richtig bin, ob ich meinen Willen kennen würde. Willst du wirklich die Wahrheit verbreiten? - die Frage ist so absurd, um darüber überhaupt nachdenken zu müssen. Es hat mich wirklich für einen Moment verärgert, das an mir so offensichtlich gezweifelt wurde. Ist das wieder eine dieser Prüfungen? Oder soll es mir eine Lehre sein? Das Gewicht der Peitsche an meinem Gürtel ist ungewohnt. Die Zeichen darauf sind mir fremd, das Siegel, das dort prangt, dafür umso bekannter. Nachsicht... sie ist der größte Feind in mir. Weil ich zu viel nachdenke. Weil ich immer den Sinn ergründen will.

Aber es gibt nur Schwarz oder Weiß.
Es gibt nur Gewinnen oder Verlieren...
Leben oder Sterben


Ich vertrete die größte Selbstsicherheit in meinen Worten. Ich kann debattieren und diskutieren. Ich sehe, wie die Leute meine Worte aufnehmen und etwas in ihnen geschieht. Solch eine Kraft zu besitzen und Menschen zum nachdenken zu bringen ist so berauschend und antreibend zugleich. Mich durchströmte ein Gefühl der vollkommenen Zufriedenheit, als sich Herr Kreutz mir endlich öffnete und ich nicht mehr nur den Schausteller vor mir sitzen hatte. Ich kenne die Warnungen von genügend Menschen, aber ich bilde mir ein, erwachsen genug zu sein, um unangebrachte Situationen selbst zu lösen. Es gab sie schlichtweg auch noch nicht und nur unser zukünftiges Abkommen könnte knifflig werden. Es gibt mir aber die Option, noch so vieles herausfinden zu können. Der Abend mit dem Glaubensunterricht war ebenso berauschender Natur wie die Gespräche, die ich alleine führe. Da sitze ich, kaum dem Kindesalter entsprungen und dem Recht nach zunächst erstmalig eine junge Frau und zaubere Funkeln in Augenpaare hervor. Ich weiß, Elea, ich weiß, der Stolz sollte dich nicht übermannen. Aber dieser Moment der Anerkennung! - er zeigte mir, wie richtig ich doch bin auf diesem Wege. Es kann nichts anderes geben für mich als den Weg im Tempel. Zum ersten Mal begreife ich, welche Kräfte da in mir und auf meiner Zunge schlummern. Würde es nur um die Rhetorik gehen, so wäre mein Stand sicher ein anderer derzeit. Die Gebote aber lehren viel mehr und ich weiß, dass auch ich nicht perfekt bin, jedes gleichermaßen einzuhalten und danach zu leben. Meine Waffe halte ich lieber weiterhin in theoretischer Weise in der Hand und übe auch weiterhin nur mit Dazen ab und an. In die Höhlen hat es mich allerdings noch nicht verschlagen.

"Der All-Eine lehrt uns die Realität anzuerkennen, gleich wie hart sie ist. Wenn wir uns dieser Wahrheit verschließen in blinder Hoffnung darauf, dass etwas gut sein muss, dass es andere Wege geben muss,...dann verlieren wir. Wenn wir verlieren, liegen alle Menschen die dir jemals etwas bedeutet haben in Ketten..."

Ich träumte schlecht. Von einem Feuer, an dem ich die Schuld trug. Von Menschen, die ich liebe und die sterben mussten. Aufgrund meiner Nachsicht. Die Schuld liegt mir noch immer im Nacken, auch wenn mir mein Verstand ständig sagt, dass es nur ein Traum war. Der Geruch von Rauch will immer noch nicht aus meiner Nase weichen, ebenso wenig das Kratzen in meinem Hals.
Ich will nicht versagen. Die Erkenntnis ist so einfach wie beängstigend zugleich. Ich will es einfach nicht eingestehen, dass ich etwas nicht lernen könnte. Ich habe keine Wahl... zögere ich, dann werde ich wohl so oder so spüren, dass mein Verhalten falsch war. Das schlimmste Szenario hat mir das Gespräch und mein Traum aufgezeigt: Man verliert alles.

Härte bringt Stärke.

Mir wurde eine weitere Aufgabe anvertraut. Es ist diesmal eine, die ich fürchte. Weil ich mich beweisen werden muss und meine Vorahnung mir sagt, dass dies bereits bald sein wird. Ich habe Angst vor mir selbst, in diesem Moment zu versagen. Nein Elea, keine Nachsicht. Du musst reifen und erstarken.


Zuletzt bearbeitet von Elea Falon am 22 Okt 2017 16:09, insgesamt einmal bearbeitet
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 31 Okt 2017 16:32    Titel:
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31ter Goldblatt, Rahal,

ich bin äußerst verwirrt, da ich auf einmal Seiten an mir entdecke, die so neu und... anders sind, als ich sonst bin. Ich verbrachte die heutige Nacht bei meinem Cousin, in meinem Zimmer, das ich hier bewohnen darf. Es steht leider viel zu oft leer und jedes Vorhaben auf Besserung ist bereits beim bloßen Formulieren des Gedankens, was es ist: Ein Vorhaben ohne die Möglichkeit auf Umsetzung. Mehr oder minder real ist aber, wie der gestrige Abend verlief. Die Laute neben mir auf dem Tisch und der Notenständer erinnern mich daran, wie ich auf eine geistige Probe gestellt wurde.

Hinterlist, Intrigen und Schattenkünste : Der Ehrgeiz in der Gunst des Einen zu steigen treibt seine Jünger oft weit voran, wobei auch nicht vor Intrigen, Hinterlist und Tücke zurückgewichen wird.

Der vierte Leitgedanke ist derzeit wohl von mir derjenige, der am meisten seinen Reiz hat. Die Templerin wird zur Schaustellerin. So absurd und interessant in einem. Ich finde Gefallen an dem Spiel und der Täuschung und genau das ist es, was in mir so Unbehagen hervorruft. Weil ich einen Reiz habe, ein Interesse... eine neue Leidenschaft. Es ist, als ob sich etwas in mir einnistet, sich selig und gemütlich einrichtet und nur darauf wartet, eines Tages vollkommen herauszukommen. Ist es das, was die Saat ausmacht? Findet sich darin mein Potential? Und sollte dieses Potential nicht gefördert werden? Ich spüre geradezu, wie sich über meine Haut beim bloßen Gedanken die Härchen aufstellen. Was genau passiert hier, Herr?

Ich habe entgegen meines besseren Wissens das Regular des Fastens gebrochen. Noch immer schmecke ich die süße Note des Weines auf meiner Zunge. Ein Bier hätte mir mehr zugesprochen; ich weiß, dass ich bei solchen mehr vertrage und bereute bereits den zweiten Schluck dieses so dumpf herben Weines, der die Gedanken so schnell träge machen konnte. Doch plötzlich war da dieses Brennen im Nacken, das sich mir durch Mark und Bein schob, sich in meinen Kopf ausbreitete und meine Gedanken klarten so schnell auf, dass ich selbst überrascht davon war. Es war, als hätte ich innerlich so gegen die Trunkenheit gekämpft, dass mein Körper mir schlicht gehorchte. Und ab da begann das Spiel... kaum dass ich wieder klarer denken konnte, begann ich meine Phase der Erprobung. Es war unheimlich. Ich war in dem Moment nicht mehr ich. Irgendetwas... ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll, doch war es so, als ob sich ein so völlig anderer Schlag an Charakter in mir entfaltete und sich ausprobierte. Was sollte geschehen? Die Person einem Gegenüber hatte die schweren Gedanken und ebenso eine lallende Zunge. Ich hatte ja nichts zu befürchten, oder? Ich war völlig fokussiert auf diese Herausforderung. Ich erprobte Grenzen, schritt zu tiefen Gewässern, um hineinsehen zu können und traute mich sogar, meinen Kopf unter die Wasseroberfläche zu tauchen... und erst heute wird mir bewusst, wie irre gefährlich dieser Seiltanz war. Es hätte jederzeit etwas passieren können. Gestern dachte ich, ich hätte die Kontrolle gehabt... und heute? Heute sitze ich hier und frage mich, ob dies eine andere Art von Rausch war, den ich ausleben musste. Was geschieht in dir Elea?

Ich spürte sogar den Zorn.
Den, den ich aus der Theorie nur las.
Von dem ich nichts anzufangen wusste...
von dem man immer sprach.
Den ich ebenso lehre und behaupte, ich wüsste, worum es ginge.
Und doch eigentlich nichts weiß.
Er flackerte auf einmal auf.
Eingenistet.
Er hat sich eingenistet und mich für einen kurzen Moment beherrscht.

*mehrere Sätze wurden begonnen und sorgsam durchgestrichen bis zur Unkenntlichkeit, das Schreiben als Mühsal, als verarbeitender Prozess, der Satz für Satz ausgelöscht werden musste*

Etwas ist auf einmal anders. In gewisser Weise... macht es mir Angst. Andererseits eröffnet es mir neue Ansichten. Da ist mehr. Und ich will mehr erfahren davon, will tiefer tauchen und es ergründen.

Ich bin mir nur nicht sicher, wie hoch der Preis sein wird.
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 08 Nov 2017 14:55    Titel:
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08ter Rabenmond 260, Rahal,

ich habe diverse Theorien, was derzeit mit mir geschieht: Entweder falle ich dem Wahnsinn anheim oder der All-Eine unterzieht mich einer immensen Prüfung meines Verstandes und Geistes. Es könnte auch schlichtweg sein, dass ich das ganze träume und ich jederzeit aufwachen könnte. Die Behauptung, dass man keine Schmerzen in Träumen haben kann, ist nämlich schlichtweg falsch. Genauso intensiv sind auch die Gefühle, die man spüren kann, sogar stärker und mächtiger im Traum als im wahren Leben. Ich bin schon wieder in Versuchung, mich zu kneifen und weiß genau: Es wird weh tun.

Meine Gefühle wissen gerade nicht, was sie eigentlich spüren sollen. Ich könnte heulen, doch die Tränen kommen nicht. Ich möchte schreien, doch meine Stimme versagt in den Tiefen meiner Kehle. Meine Wut sammelt sich chaotisch, unorganisiert und zerstörerisch in meiner Seele, ohne genau zu wissen, wie sie kanalisiert und sinnvoll genutzt werden kann. Und manchmal kommt dieser absurde Moment in mir hoch, in dem ich der Welt um mich herum ins Gesicht lachen will... es ist jedoch kein frohes Lachen, sondern eines, das in diese ganze Absurdität in Frage stellt.

Warum?
Ich frage mich, wo der Sinn in dieser ganzen Sache sein soll. Welche Prüfung dies sein soll und ob Alatar so etwas wie Humor auf einmal besitzt. Die Frage habe ich mir noch nie gestellt; vielleicht sollte ich das irgendwann einmal untersuchen: „Der Humor der Götter.“ - ist das Sarkasmus, Elea? Du solltest so etwas nicht schreiben, nicht einmal annähernd denken.
Aber... dann kommt da wieder diese absurde Situation auf, in der ich mich gerade befinde. Ich muss immer wieder hinsehen und kann es doch nicht glauben. Als würde ich einem Trugbild erliegen. Das Problem: Jeder andere sieht dieses Trugbild auch und somit kommt die harte Erkenntnis: Es ist wahr.

In manchen Situationen hilft nur noch der Glaube und das tiefe Vertrauen, so sagte sie. Alles in mir will dagegen rebellieren, weil es in die Tatenlosigkeit verdammt. Hilflos zusehen, wie das Schicksal sich der Geschichte annimmt und seinen Schabernack treibt. Da haben wir ihn wieder, den Humor und die Absurdität des Ganzen. Und ich suche immer noch den Sinn in diesem Spiel, während ich mich frage: Welche Rolle nehme ich ein? Bin ich eine Schachfigur, die nur am Rand steht? Wurde ich bereits aussortiert, weil der Bauer geschlagen wurde von einer der höheren Figuren? Ich fühle mich so verdammt hilflos derzeit und stehe dabei nur an der Seite. Wie muss es erst ihr gehen?

Unbewusst muss ich an die Zeit denken, wenn Lorcan immer abreiste. Die Panik des Verlassens werden stand mir geradezu ins Gesicht geschrieben damals und er sagte schlicht nur: „Fräulein Falon, sie sind ein starker Geist. Ihr werdet euch auch weiterhin Fragen stellen, werdet die Suche nicht aufgeben. Ob mit mir... oder ohne mich.“ - und er hatte Recht. Jedes Mal. Jedes... verdammte... Mal.

Rationalität.
Diese ganze absurde Situation braucht rationale Gedanken, Elea. Ich werde mich nicht der Tatenlosigkeit stellen, sondern versuchen, so zu handeln, wie es erforderlich ist. Den Kopf behalten, vernünftig sich den Fakten stellen und vor allem nicht durchdrehen. Die Clerica hat noch ihren Geist und ihre Vernunft ist auch noch so, dass man sich nicht sorgen muss. Sie kann weiter mit Rat und Tat zur Seite stehen. Und vor allem hat, wenn überhaupt, nur sie das Anrecht darauf, nun durchzudrehen. Denk dran Elea: Du stehst nur am Rand des Schachbretts und die großen Kräfte spielen ohne dich gegeneinander. Aber selbst das Beobachten hilft und kann Ergebnisse bringen. Augen aufsperren, die Ohren spitzen. Jedes Wort ist nun wichtig, jeder Zug der Figuren, jede Geste. Es kann nicht sein, dass wir nichts wissen. Irgendwo gibt es jemanden, der etwas weiß, was einem selbst nicht bekannt ist. Niemand ist vollkommen blind oder ahnungslos, irgendjemand hat sicher etwas, das Licht ins Dunkle bringt.

Ich bin müde. Die Nachtwache war erschöpfend. Immerhin konnte die Clerica sich erholen, auch wenn ich nicht weiß, wie man so tief auf einem Steinboden schlafen kann. Ich war versucht, ihr eine Decke zu holen, doch das hätte bedeutet, sie einen Moment allein zu lassen. Die Nacht bringt vor allem Schatten zutage, denen wir tagsüber aus dem Weg gehen, sodass ich es dann sein blieben ließ. Schatten... was hat es nur mit diesen Schatten auf sich? Sie fürchten keine Tempelmauern und keine Gottheit, wie es aussieht. Die Bauernfigur am Rand kann nicht alles wissen...

Und dann habe ich noch anderen Aufgaben nachzugehen als herauszufinden, wie und warum diese absurde Situation geschah. Briefe schreiben, der Pflicht nachgehen, weiter das Gesicht zu wahren, Aufgaben ohne Wenn und Aber annehmen. Habe ich schonmal erwähnt, dass ich müde bin?

Manchmal müssen wir vertrauen und schlichtweg unseren Glauben als die unmittelbare Kraft heranziehen.

Wenn es doch nur so einfach wäre...
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 Beitrag Verfasst am: 11 Dez 2017 12:28    Titel:
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11ter Alatner, 260, Rahal

Die vielen Verpflichtungen lassen mir kaum Zeit zum schreiben, geschweige denn ausruhen und innehalten. Ich hetze von einer Sache zur nächsten, habe gefühlt zehn Dinge gleichzeitig zu erledigen und einen Haufen an Verschriftlichung vor mir. Wie ich eigentlich mir nun erlaube, meinen privaten Gedanken nachzuhängen, weiß ich selber nicht.

Vielleicht, um einmal selbst mir klar zu werden, worin meine kommenden Herausforderungen bestehen. Die Zeit des Alatner wurde vor kurzem vom Tempel eingeläutet und ich selbst habe die Predigt halten dürfen. Beim All-Einen was war ich nervös! Vor so vielen Menschen zu sprechen ist eine ganz andere Sache als mit einigen wenigen über Theorien und Gebote zu diskutieren. So viele Augen, die einen beobachten, so viele Ohren, die einem lauschen. Alles, was du sagst, wird bewertet und entweder als nützlich oder letzter Dreck eingeordnet. Bisher habe ich nur positive Anmerkungen zu der Messe gehört, aber mein eigener Ehrgeiz sagt mir, dass ich es noch besser kann. Klarer formulieren, intuitiver mit den Worten spielen und zugleich damit Botschaften transportieren.

Ehrgeiz... er treibt mich im Moment sowieso in eine gefährliche Richtung. Ich entwickle zusehends eine Eifersucht... oder ist es Neid? - So oder so, ich stecke in einem Zwiespalt der Verantwortung und der eigenen Erkenntnis, dass mir eine Person gefährlich werden könnte. Da spielt jemand auf einmal auch mit Worten. Zugegeben, er hat noch viel zu lernen und derzeit sind die Grenzen klar abgesteckt, aber es wird die Zeit der Prüfung kommen. Und dann könnte es zu einem Konkurrieren kommen. Ich weiß nicht, ob ich für diese Prüfung bereit bin und ob ich sie überhaupt annehmen will. Wobei sich diese Frage nicht stellen wird: ich werde sie annehmen müssen, sobald sie mir gestellt wird. Wer sie besteht, steht allerdings in den Sternen.

Das ist eben so eine Sache, wenn man noch nicht viel an Erfahrung hat. Noch so eine Angelegenheit, die mir derzeit Kopfzerbrechen bereitet. Das Gespräch mit unserem speziellen... 'Gast' im Tempel. Immer wieder ging es um mein Alter und meine Jugend und der Tatsache, dass ich nichts vom Leben wüsste. Ich weiß, es war eine Finte, ein Angriff, der die eigene Hilflosigkeit von ihm untermauerte und als eigener Schutz fungierte. Aber ich muss gestehen, dass es mich getroffen hat. Denn was weiß ich von der Welt? Ich weiß, dass ich in einem viel zu behüteten Haushalt aufwuchs, sah Menschen ein und ausgehen dort und hörte Geschichten von dem, was dort draussen vor sich ging. Geschichten, Erzählungen, Sagen... das ist also das, was ich von der Welt weiß. Ich war nie auf einem Schlachtfeld, habe nie den Krieg erlebt. Heldengeschichten kenne ich ebenso nur aus Büchern wie die großen Dramen der Liebe. Mein Herz wurde wahrscheinlich noch nie so in rasende Schmerzen getaucht wie die der gebrochenen Heldin in den diversen Epen. Und genauso wenig habe ich das tiefste, innere Hassen gelernt bisher, um dem Widersacher seinem Leben nachzutrachten. Was ist es also, das Leben? Wie wird man mich ernst nehmen, wenn ich es doch angeblich nicht erlebt... gelebt habe? Es nagt an mir, diese verdammte Erkenntnis der Jugend und des Unwissens. Hätte ich erst die Welt bereisen und alles sehen sollen, bevor ich im Tempel meiner Bestimmung nachgegangen wäre? Ist es die Erfahrung, die uns den Weg weiter ebnet, und wenn ja, ist das nun mein Nachteil? Es kann so schädlich sein, zu viel nachzudenken. Diese verdammten Gewissensbisse treiben mich schon seit Tagen an, schweben immer und immer wieder mir durch den Kopf, wenn ich mal eine freie Minute habe. Vielleicht ist es derzeit besser, zu viel zu tun zu haben...

Eine Antwort auf diese Fragen habe ich nicht. Ich kann nicht rückgängig machen, was ich entschieden habe. Irgendwo liegt bereits die Erkenntnis vor mir, sie ist allerdings noch tief begraben.

Fangen wir also an zu graben...
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 11 Feb 2018 23:37    Titel:
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10ter Eisbruch 261, Rahal,

ich war 12 Jahre alt, als ich mich dazu entschieden hatte, Severin küssen zu wollen. Er war der Sohn der Schneidersfamilie eine Seitenstraße weiter und 3 Jahre älter als ich. Genauso seltsam und komisch diese Kombination schon war, so seltsam und unbehaglich war unsere harmlose Knutscherei. Von dem romantischen ersten Kuss, wie er so oft in Büchern steht, habe ich nicht viel gespürt damals. Es gab keine wilden Schmetterlinge im Bauch, kein Herzklopfen und keine schwitzigen Hände. Nur Geschmatze und ein wenig Speichel. Danach hatte ich den festen Entschluss gefasst, keine weiteren Kuss-Versuche zu starten. Severin sah das glücklicherweise genauso und so trennten sich unsere Wege von dem Tag an. Ich muss gestehen, ich war nie sonderlich an dem realen Liebesleben interessiert, von dem die Seemänner immerzu sprachen und mit ihren Eroberungen prahlten. Meine Mutter wollte mich dann auch immer ins Bett verfrachten, wenn es zu anzüglich wurde. Dass ich doch manchmal am Türrahmen dann noch lauschte, konnte sie mir aber nicht verbieten.

Zwei Jahre später trat Lorcan in mein Leben und meine Welt stand auf einmal Kopf. Mir zitterten die Knie, mein Magen rumorte und mir wurde heiß und kalt zugleich. Ich erinnere mich an seinen stahlgrauen Blick und diese unendliche Reife und Erfahrung, die sich in diesem fand. Er war weitaus in einem Alter, in dem er mein Vater hätte sein können. Und doch sehnte ich nichts mehr herbei, als meine Unschuld gänzlich diesem Mann hinzugeben. Er hat sie mir genommen, nur anders, als ich es erwartet hatte. Er öffnete mir die Augen, sprach mit mir über den All-Einen und dessen Theorien. Was habe ich doch stundenlang mit ihm debattiert und geredet, ihm Fragen gestellt, um die Welt begreifen zu lernen, die er mir so offen darlegte. Es war, als würden wir beide ein Geheimnis teilen; eines, das keiner sonst in Sinael so sehr verstand wie er und ich. „Was ist Liebe, Elea?“, fragte er mich einst. Und ich sagte ihm unverblümt, ohne einmal gescheit nachgedacht zu haben: „Ein Gefühl.“ Und erst als er nachhakte, was ich genau damit meinte, begann das Nachdenken: Liebe... ein Gefühl, das durch eine Anziehung zu einer Person entsteht. Sie bindet sowohl den Körper ein als auch den Geist. Symptome können Schwitzen, Herzrasen, Tagträumereien sein. Viele berichten von Schmetterlingen im Bauch und einer Sehnsucht nach der Person ihrer Begierde. Ich fühlte mich mehr und mehr ertappt, während wir darüber sprachen. Soweit ich mich entsinne, fand dieses Gespräch bei seinem zweiten Besuch im Kontor statt, also als ich 16 Lenze war. Ich fühlte mich innerlich bereits als Frau und wollte auch so wirken, allerdings weiß ich im Nachhinein, wie sehr Kind und Mädchen ich noch war zu diesem Zeitpunkt. „Wir stellen also fest, Elea, dass dieses Gefühl eine Gefahr sein kann... wenn der Geist nicht mehr Herr seiner Sinne ist, der Körper geschwächt wird... wie kann es da ein gutes Gefühl sein?“ Ich wollte ihn verfluchen und zugleich meine Lippen auf seine drücken in diesem Moment, so sehr stritten Zorn und Begehren in mir in diesem Moment. Ich erinnere mich noch wage, dass wir Stunden noch redeten, auch die Themen wechselten und doch immer weiter diese Frustration, dieser Zorn in mir war. Ich war sauer, dass er mich durchschaut hatte. Zornig darüber, dass er mein Gefühl als Schwäche abtat und frustriert, dass er nicht so fühlte, wie ich es wollte. Er wollte mich nicht, hatte kein Auge für mich übrig. Und das tat in dem Moment mehr weh als die Erkenntnis darüber, dass ich auch eine Lehre dadurch gewann.

Warum schweife ich so weit zurück in etwas, was längst Jahre zählt an Erinnerung? Weil ich derzeit mit dem Thema Liebe so immens konfrontiert werde, dass ich schon nicht mehr weiß, wie es war, als es nur um Messen vorbereiten und Tempel fegen ging. Ich werde die kommenden Monate ein Paar betreuen, dass sich entschliesst, den Ehebund einzugehen. Gleichzeitig gab... es gewisse Begebenheiten in der Thematik, in der der Tempel mit involviert wurde. Sagen wir schlicht: Totgeglaubte Ehemänner leben länger. Und dann gibt es da noch dieses Phänomen, dass ich scheinbar nun doch zu einer Frau herangereift bin und ich mich manchmal frage, wo diese ganzen Schmeicheleien waren, als ich noch in Sinael lebte. Ich glaube, ich hatte für die Hafenstadt einfach nicht den rechten Vorbau und Kurven. Ich bin zu schlank, zu schlaksig und so gar nicht Vollweib, wenn man es so nennen darf. Dass hier in Rahal wirklich das Wort auch Wirkung haben kann, ist mir immer noch ein fremdartiger Geschmack auf der Zunge. Vor allem, da ich keinerlei Drang habe, diese Kost zu probieren. Mag man in mir die verbohrte Gläubige sehen oder jene, die sich gern in die Bibliothek des Tempels einschliesst und Männern die Tür nach draussen weist. Ich kann damit leben und will ihnen auch nicht antun, ihnen sagen zu müssen, wieso sie eigentlich nicht für mich geschaffen sind. Ein Mann hat ihnen jegliche Möglichkeit genommen, sich je eine reelle Möglichkeit zu erhoffen. Und auch wenn ich ihn wahrscheinlich nie wieder sehen werde... ja, was eigentlich, Elea? Mein Herz hat schon längst einen anderen Platz gefunden und wird dort unter Verwahrung gestellt. So ehrlich muss ich dann doch zu mir sein....

Der Tempel erfüllt mich und meine Aufgaben füllen schon wieder Seiten, in gefühltem Maße. Neben dem Pärchen wird es wohl bald wieder Zuwachs im Tempel geben, dann stehen diverse Gespräche an und ich müsste weiter mich an meine Ausarbeitungen setzen. Außerdem warte ich noch auf das Angehen eines Auftrages und erhoffe mir da eine baldige Meldung zu. Eventuell muss ich ansonsten selbst nochmal den jungen Mann anschreiben und nachfragen, wie der Stand der Dinge ist. Und wäre es nicht so, dass ich im Tempel eigentlich schlafen könnte und mein Heim nur zur Dekoration da steht, habe ich mich gleichzeitig für einen weiteren Wahnsinn entschlossen. Ich versuche tatsächlich, auch wieder ein Leben außerhalb der Pflichten zu führen, indem ich mich einer der Gemeinschaften hier anschloss. Der erste Abend, an dem ich in Rock und Hemd hinausging statt der mittlerweile schützenden Robe war mehr als ungewohnt. Doch wie der Zahn der Zeit dafür sorgte, dass ich ganz und gar die Robe genieße und deren Schutz, so merke ich langsam, wie mein Selbst sich gern aussucht, was sie anzieht, sobald das Armband gegen den Ring getauscht ist. Meine Locken müssen nicht mehr ständig im Zopf gebändigt werden und können manchmal offen bleiben. Ein altes Laster... ich wollte zumindest immer eine gute Frisur haben, wenn ich schon damals den Körper nicht hatte, um aufzufallen. Vielleicht wieder eine dieser Prüfungen des Herrn, der ich mich stellen muss. Doch was ist so schlimm daran, sich zu gefallen? Solange alles ordentlich und bedeckt ist...
So oder so, ich stehe nun in der Anwärter Position der Aeternum. So ganz recht sind mir die Strukturen dessen noch nicht klar und ersichtlich und ich versuche mich mehr oder minder, erstmal allen vorzustellen. Nach und nach sieht man das ein oder andere Gesicht und mit einigen hatte ich schon mehrmals das Vergnügen. Vielleicht erinnert es auch wieder an den Kontor und daheim, diese bunte Mischung an Menschen. Es würde vielleicht einen fehlenden Teil in mir zurückbringen oder etwas, was ich manchmal schmerzlich misse: Gemeinschaft. - Das Miteinander, der große Trubel in den Räumen meiner Eltern. Bis spät in die Nacht war dort immer etwas los. Die Stille war das erste hier damals, was mich so schreckte. Heute habe ich mich zwar dran gewöhnt und meide noch immer die allzu großen Feste, aber nach und nach mich ranzutasten an alte Muster kann einen Versuch wert sein.

Neue Verantwortungen und neue Wege, die mir offen stehen. Ich muss sehen, dass ich keine meine Pflichten vernachlässige und trotzdem weiterhin meinem Rang einer Vicaria in Nichts nachstehe. Zu viele Augen und noch immer ist da auch die offene Entschuldigung, die mich noch nicht erreichte. Ich bin noch nicht sicher, ob ich mich auf dieses Gespräch freuen oder es fürchten soll. So oder so:

Zu viel zu tun in zu kurzer Zeit...
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Elea Falon





 Beitrag Verfasst am: 14 Jul 2018 18:56    Titel:
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14ter Cirmiasum 261, Grenzwarth, Glaubenshaus an der Grenze,

Ich fühle mich derzeit seltsam lebendig. Mein Körper hat herausgefunden, dass er wahrlich zu einer jungen Frau gehört, die auch jenen spüren soll und darf. Egal, was ich derzeit anrühre, es kribbelt mir unter den Fingern. Jede Bewegung, jeder Hüftschwung, jeder Blick... eine neue Offenbarung für mich. Da ist so eine Regung in mir, ein Sehnen, ein Zittern. Diese Leidenschaft, die ich zuvor in die Bücher legte, scheint sich mehr und mehr mit in den Alltag zu verschieben. Ist dies das Erblühen eines Menschen, von dem immer gesprochen wird? Wobei dies rein biologisch gesehen schon einige Jahre hätte her sein sollen. Und meine legendären Küssversuche mit Severin waren ebenso rein faktisch gesehen der Versuch, die Knospe erblühen zu lassen. Lorcan hatte diese Knospe öffnen können. Sein Bild ist in diesen Tagen wieder präsenter in meinem Schopf. Vielleicht würde er mich heute anders betrachten. Ebenbürtig. Beachtenswert. Attraktiv...?

Meine Suche indes nach Aufklärung zu dem alten Bericht war für einige Wochen aufregend und neu, bis diese Sackgasse auftauchte und die Vicaria und mich mit mehr Fragen als Antworten zurücklässt. Der Fund der Wegbeschreibung zu einem ehemaligen Weinkeller des alten Tempels hatte mir zu sehr Flügel verliehen und verleitete mich zu der Annahme, einer großen Entdeckung auf der Spur zu sein. Den Keller fanden wir, oh ja. Mein Hintern und ein Teil meines Oberschenkels ist immer noch stummer Zeuge dessen und Beweis zugleich mit seiner herrlichen Farbenpracht, die ich durch den Sturz in die Tiefe erhielt. Man spürte sofort, wie vergessen jener Ort war, so dick lag der Staub auf den Fässern. Ich bedaure fast, keine Flasche mitgenommen zu haben. Meine Eltern hätten sich sicher darüber gefreut, hätte ich sie ihnen nach Sinael gesandt. Doch zu jenem Zeitpunkt schwelte noch die Vorsicht in mir. Denn... Vicaria Nhua'lyr und ich waren nicht allein in diesem Gewölbe. Man hört viel von den Untieren in den diversen Höhlen und Gewölben auf Gerimor. Genauso weiß man ja auch, sich vor jenen in Acht zu nehmen und besser zu gut bewaffnet vor jenen zu stehen als gar nicht. Doch dieses... Wesen war anders. Augenscheinlich ein ehemalig dem Herrn dienliches Wesen, so zumindest dessen Erklärung. Da ich aber leider einer Täuschung unterlag mit seinem linken Handel, bin ich mir über die wirklichen Umstände unsicher. Ich muss definitiv mehr darüber herausfinden, wie jene Wesen heißen und was sie ausmacht. Worauf wollte ich hinaus eigentlich? - Selbst die Feder in meiner Hand macht mich wahnsinnig, so sensibel scheint derzeit mein Empfinden auf alles um mich herum. Vielleicht eine Laune der Natur. Es wird gern einmal behauptet, dass eine Frau alle paar Jahre gewisse Veränderungen durchmacht, sobald sie das erste Mal ihren Monatszyklus erhält. Vielleicht bin ich gerade in einer solchen Phase, denn was genau sich dabei ändert und inwiefern, wurde natürlich nie ausgesprochen. - Nun, um wieder auf die Ereignisse zurückzukommen: Dieses Wesen schien alt, sehr alt zu sein und über Vorgänge Bescheid zu wissen, die sich gänzlich dem unseren entzog. Von einem Paladin Lefar sprach es und einem Mündel, das seinen Weg nach Rahal fand. Eine alte Lethra ohne Namen und das Wesen spielte dabei eine gewichtige Rolle und der Paladin selbst war es wohl gewesen, der eben jenes Wesen in den Weinkeller gebannt hatte. Es trug eine Kette, mit einem Stein, bei dem sich alsbald herausstellte, dass jener mit der Kraft Temoras gefüllt war. Und eigentlich, ja eigentlich sollten wir im Gegenzug der Befreiung des Wesens von der Kette das erhalten, wonach wir suchten: Das Gefäß, von dem in dem alten Schriftstück die Rede war.

Warum eigentlich? Nun, ganz einfach... wir erhielten einen Kelch. Einen äußerst schönen und gut gearbeiteten Kelch. Doch das ist auch alles, was man an jenem finden konnte: Schönheit, gutes Handwerk und ein verdammt leckerer Schluck Wein darin. Mein Vater würde wohl schlicht sagen: „Elea, da hast du Weizen statt Hafer gekauft.“ - Wir wurden übers Ohr gehauen und das ist bitter. Anders kann und will ich es gar nicht formulieren. Die Vicaria will noch nicht aufgeben und sieht irgendwo noch ein Ziel, eine Lösung. Ich indes werde mich dem widmen, was ich am besten kann: Bücher wälzen und alles über diesen Paladin herausfinden, was es zu erfahren gibt. Wer weiß, vielleicht gibt es doch irgendwo eine Anmerkung zu diesem Wesen, im Zusammenhang mit diesem Lefar. Eigentlich hoffe ich, dass wir es noch einmal finden können. Denn es hätte eine ordentliche Schelte verdient. Wenn da nicht dieses Flattern in meinem Magen gewesen wäre, kurz bevor es seinen Namen verraten hatte. Lus... Seltsam, sehr seltsam jener Name. Ich spüre, wie die Neugier mich noch immer treibt, aber wo suchen? Wie finden? Und war da gerade ein Schauer über meinen Rücken? Elea, krieg dich ein, das bildest du dir ein.

Bücher wälzen. Konzentriere dich, fokussiere. Du willst mehr erfahren. Wenn da nicht dieses Kribbeln unter den Fingerspitzen nur wäre...
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