Ein Brief an das Kloster der Temora, z.Hd. der Erztemplerin

[Calor von Gryffenhorst]

Ein mit dem Grossiegel von Tirell verschlossener Brief wird von einem kapuzenverhuellten Boten an die Pforte des Klosters gebracht. Das Schreiben uebergibt der Bote nur der Erztemplerin oder ihrem Stellvertreter.

~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~
Gegeben am 19. Eluviar des Jahres 248
zu Tirell

Der Orden der Magier von Tirell grüßt Eure Heiligkeit, die Verkünderin des Willens der Temora, Beschützerin der Gläubigen!

Zum heutigen Tage hat das Hochgericht des Ordens sein Urteil über die Ordensrätin und Arcomaga Nuridanya Erlias gesprochen. Sie ist durch eigenen Leichtsinn in die Nähe des Kultes des Alatar geraten und hat sogar seinen Tempel - wenn auch wohl unfreiwillig - betreten. Das Hochgericht hat es darum für richtig erachtet, die Arcomaga Erlias für die Dauer von 4 Wochen dem Gebet und der Fürsorge der Schwestern und Brüder der Temora anzuvertrauen. Sie soll sich in dieser Zeit in innerlicher Einkehr von aller Last und allem Makel des verfluchten Alatar reinigen und über ihre Taten der Vergangenheit genauso nachsinnen wie über ihre Zukunft.
Mögen Licht und helle Worte die Dunkelheit aufheben, die durch den Starrsinn und die Leichtfertigkeit der Arcomaga über uns gekommen sind.

Wir möchten Euch oder eines Eurer Klostergeschwister bitten, dem Orden vom Fortschritt der seelischen Genesung und Reinigung der Arcomaga Bericht zu erstatten.

Verbunden in der Bewahrung der freien Länder der Rechtgläubigen, wenn auch auf unterschiedlichen Pfaden, zeichnen dieses Sendschreiben

Freiherr Calor von Gryffenhorst zu Riddmannsfluren und Wetterbruch
Ratsmagier des Ordens von Tirell
Vorsteher der Fakultät für Elementarmagie

Larion la Fei
Ratsmagier des Ordens von Tirell
Vorsteher der Fakultät für Kamfpmagie
Protektor Tirells


~~~~~~~~~~~~~~~~~~~~

[Alyssa Arnis]

Nachdenklichkeit lag in den Zügen der alternden Frau, welche seit Jahr und Tag, durch Vertrauen und Güte Temoras selbst, jenes Amt bekleidete, zu dem so viele aufblickten in Vertrauen. Vertrauen, würde es jene haben, die man nun zu ihr entsandte? Es würde nötig sein, doch Vertrauen war ein Gut, dass niemandem leichtfertig geschenkt wurde. Es zu erarbeiten würde vielleicht nicht leicht werden, forderte man doch von ihr einen Weg zu gehen, der zum einen schwer würde, zum anderen von ihr verlangte, was Alyssa selbst in ihrem Kloster nie gut heissen wollte. Eine gewisse Form der Haft würde es werden, inmitten der Mauern, die doch eigentlich nur Freiheit verheissen sollten. Hatte sie nicht höchstselbst ihrer jungen Schülerin Aviel versichert, dass niemand in diesen Mauern je eingesperrt würde? Nun verlangte man eben dies zu tun von ihr. War es gut für das Seelenheil jener Frau, würde es wirklich eine Hilfe stellen oder ihren Geist doch nur jenem näher führen, dessen Nähe sie möglicherweise suchte? Wahrer Glaube liegt im Herzen, hiervon war Alyssa immer überzeugt. Für welchen Glauben schlug jenes Herz, das man nun zu ihr entsandte? Errettung oder Verlust einer Seele, was würde das Ergebnis sein? Man vertraute ihr diese Frau an, sie würde sie aufnehmen. Ihr Herz zu erreichen und zurückzuführen dorthin wo es einst geschlagen haben musste, war sie doch eine anerkannte Persönlichkeit der Akademie, war eine Aufgabe die sie annehmen würde. Doch würde es nicht nur an ihr liegen, ob dies Erfolg haben konnte. So machte sie sich daran, eine Antwort aufzusetzen:

20. Eluviar, Kloster des Ordens der Templer unser gütigen Herrin Temora

Unter dem Zeichen unser gütigen Behüterin Temora entbiete ich meine Grüsse!

Euer Schreiben erreichte mich am späten Abend und mit Bedauern erfasste ich jene Worte, die über das traurige Schicksal der Ordensrätin berichteten. Unser aller Herzen werden im Leben Prüfungen auferlegt, so ist nun auch sie offensichtlich in einer solchen befindlich. Es betrübt mich zu vernehmen, dass ihr Herz möglicherweise wankt.

Eurem Urteil über jene Dame will ich nicht widersprechen, denn Weisheit liegt in eurem Wunsche. So bitte ich entsendet jene Dame alsbald in die Hallen des Glaubens, welche zu leiten mir obliegt. Ich werde mir ein Bild vom Glauben und der möglichen Verwirrtheit des Herzens jener Dame machen und mein möglichstes geben, gemeinsam mit den mir anvertrauten Gläubigen, diese verirrte Seele zurückzuführen auf den Pfad der gütigen Herrin Temora.

Wie es euer Wunsch ist, werdet ihr stetig benachrichtigt, wie es um die Seele dieser Frau bestellt ist. Möge Temora ihrem Herzen beistehen und sie mit Liebe und Güte wärmen.

Hochachtungsvoll

Alyssa Arnis
Erztemplerin des Ordens der Temora

Kaum, dass die Tinte getrocknet war, versiegelte sie es mit dem Symbol des Adlers, rief Leon zu sich und trug ihm auf, jenes Schreiben auf schnellstem Wege zur Akademie von Tirell zu verbringen.